umwelt-online: VwV zur 92/43/EWG (FFH-RL) und 79/409/EWG (Vogelschutz-RL) (2)

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5. Verträglichkeit von Projekten

5.1 Begriffsbestimmungen

Nach § 48 d Abs. 1 Satz 1 LG ist vor der Zulassung oder Durchführung eines Projektes dessen Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines Europäischen Vogelschutzgebietes zu überprüfen (FFH-Verträglichkeitsprüfung). Dies gilt jedenfalls nicht für Projekte, die vor dem 9. Mai 1998 (Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes) bestandskräftig zugelassen waren.

5.1.1 Projekte sind nach § 19a Abs. 2 Nr. 8 BNatSchG

  1. Vorhaben und Maßnahmen innerhalb eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines Europäischen Vogelschutzgebietes, sofern sie einer behördlichen Entscheidung oder einer Anzeige an eine Behörde bedürfen oder von einer Behörde durchgeführt werden,
  2. Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne des § 8 BNatSchG und § 4 LG, sofern sie einer behördlichen Entscheidung oder einer Anzeige an eine Behörde bedürfen oder von einer Behörde durchgeführt werden und
  3. nach dem BImSchG genehmigungsbedürftige Anlagen sowie Gewässerbenutzungen, die nach dem WHG einer Erlaubnis oder Bewilligung bedürfen,

soweit sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen (Summation) geeignet sind, ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein Europäisches Vogelschutzgebiet erheblich zu beeinträchtigen.

Durch den im Buchstaben a) genannten Tatbestand wird das gesamte Störpotential erfasst, das von Vorhaben und Maßnahmen innerhalb des Gebietes ausgehen kann. Dazu können auch Vorhaben und Maßnahmen gehören, welche die Tatbestände der Buchstaben b) und c) erfüllen.

Projekte, die von außerhalb ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein Europäisches Vogelschutzgebiet nachteilig beeinflussen können, können also nur Projekte im Sinne der Buchstaben b) und c) sein. Darunter fallen auch Eingriffe, die nach § 6 Abs. 4 LG genehmigungspflichtig sind, wie z.B. Energieleitungen nach dem EnWG.

Die Tätigkeiten oder Maßnahmen der täglichen Wirtschaftsweise in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft nach den Grundsätzen der guten fachlichen Praxis sind keine Projekte nach § 19a Abs. 2 Nr. 8 BNatSchG, wenn sie keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde bedürfen. Entsprechendes gilt für Genehmigungen nach § 3 Abs. 4 Düngeverordnung.

5.1.2 Erhaltungsziele sind nach § 19a Abs. 2 Nr. 7 BNatSchG Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands (s. Art. 1 Buchstabe e) 2. Abs. FFH-RL)

  1. der in Anhang I der FFH-RL aufgeführten natürlichen Lebensräume und der in Anhang II dieser Richtlinie aufgeführten Tier- und Pflanzenarten, die in einem Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung vorkommen,
  2. der in Anhang I der Vogelschutz-RL aufgeführten und der in Art. 4 Abs. 2 dieser Richtlinie genannten Vogelarten sowie ihrer Lebensräume, die in einem Europäischen Vogelschutzgebiet vorkommen.

5.2 Notwendigkeit der Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung (Prüfungsveranlassung)

Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung ist immer dann durchzuführen, wenn die Möglichkeit besteht, dass das Projekt einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen (Summation) eines der vorgenannten Gebiete erheblich beeinträchtigen könnte (vgl. Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL).

Die Frage, ob das Projekt tatsächlich zu einer erheblichen Beeinträchtigung führen kann, ist dagegen erst im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung selbst zu beantworten (vgl. § 48 d Abs. 4 LG) (siehe auch Nr. 5.5.2).

Vorkehrungen zur Vermeidung oder Minderung schädlicher Auswirkungen des Projektes auf ein Gebiet können bei der Feststellung, ob eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss, nur dann schon berücksichtigt werden, wenn durch sie offensichtlich und eindeutig eine erhebliche Beeinträchtigung ausgeschlossen werden kann.

Die Frage, ob die Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung notwendig ist, prüft und entscheidet die verfahrensführende Behörde (s. Nr. 10.1.1) im Benehmen mit der Landschaftsbehörde ihrer Verwaltungsebene. Dafür hat der Vorhabenträger diejenigen Unterlagen und Angaben beizubringen, die die Beurteilung zulassen, ob eine erhebliche Beeinträchtigung des Gebietes eintreten kann oder nicht.

5.3 Maßstäbe (Prüfungsumfang)

Die Maßstäbe für die Verträglichkeit eines Projektes ergeben sich aus den besonderen Erhaltungszielen für das jeweilige Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder für das jeweilige Europäische Vogelschutzgebiet. Soweit dafür eine Schutzgebietsausweisung vorliegt, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem besonderen Schutzzweck und den dazu erlassenen Geboten und Verboten sowie aus den für die Europäische Kommission erstellten Meldeunterlagen.

Liegt (noch) keine Schutzgebietsausweisung vor, so sind auch andere fachliche Vorgaben des Naturschutzes und der Landschaftspflege für das betreffende Gebiet (z.B. im Fachbeitrag des Naturschutzes und der Landschaftspflege nach § 5a LG, Biotopkataster NRW, Meldeunterlagen) unter Berücksichtigung der besonderen Ziele der FFH oder der Vogelschutz-RL heranzuziehen, soweit sie eine Bewertung der gemeinschaftlichen Bedeutung beinhalten.

Bei der Bewertung der Verträglichkeit wird zur Sachverhaltsfeststellung empfohlen, vergleichbare naturschutzfachliche Bewertungsmethoden und -maßstäbe wie bei der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung zu berücksichtigen.

5.4 Verknüpfung mit anderen Verfahren

Die Verträglichkeitsprüfung nach § 48d Abs. 4 LG wird im Rahmen des behördlichen Verfahrens durchgeführt, das für die Gestattung des Projektes oder zu seiner Anzeige vorgeschrieben ist.

Zur Durchführung der FFH-Verträglichkeitsprüfung kann ggf. an eine für das Projekt notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung oder an eine Prüfung nach der Eingriffsregelung angeknüpft werden. Die Anknüpfung bezieht sich jedoch nur auf die Frage, ob das Projekt zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebiets, in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Die Umweltverträglichkeitsprüfung und die Prüfung nach der Eingriffsregelung haben in diesem Fall die vorgenannten besonderen Prüfungsvorgaben der FEH und der Vogelschutz-RL in einem eigenen Kapitel gesondert darzustellen und zu bewerten. Soweit bereits eine Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine Prüfung nach der Eingriffsregelung durchgeführt worden ist, macht das eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht entbehrlich.

Eine Anknüpfung an bereits durchgeführte Umweltverträglichkeitsstudien ist nur dann möglich, wenn darin bereits auch das Datenmaterial und die besonderen Aspekte der Verträglichkeit nach der FFH-RL enthalten sind. In diesem Fall ist eine ergänzende FFH-Verträglichkeitsprüfung erforderlich.

5.5 Unzulässigkeit (Prüfungsergebnis)

Ergibt die Prüfung, dass das Projekt einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen (Summation) zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Gebietes in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig; es sei denn, es liegt eine Ausnahme nach Nr. 5.6 vor.

5.5.1 Eine Beeinträchtigung liegt dann vor, wenn entweder einzelne Faktoren eines Wirkungsgefüges, z.B. eines Ökosystems, oder das Zusammenspiel der Faktoren derart beeinflusst werden, dass die Funktionen des Systems gestört werden (Flächen- und/ oder Funktionsverluste).

Erheblich ist eine Beeinträchtigung, wenn die Veränderungen und Störungen in ihrem Ausmaß oder in ihrer Dauer dazu führen, dass ein Gebiet seine Funktionen in Bezug auf die Erhaltungsziele der FFH- bzw. Vogelschutz-RL oder die für den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteile nur noch in eingeschränktem Umfang erfüllen kann.

Je schutzwürdiger das Habitat oder die Art ist, um derentwillen das besondere Schutzgebiet eingerichtet ist, desto eher wird eine erhebliche Beeinträchtigung anzunehmen sein. Von dieser Annahme ist immer dann auszugehen, wenn nicht nur kleinflächige räumliche Teile oder nicht nur unwesentliche Funktionen des besonderen Schutzgebietes verloren gehen.

Ob eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt, kann letztlich nur im Einzelfall beurteilt werden.

5.5.2 Von einer erheblichen Beeinträchtigung kann z.B. in folgenden Fällen in der Regel nicht ausgegangen werden:

Sofern Erweiterungen vorhandener, legal ausgeübter Nutzungen (dazu gehören auch solche im Bereich von Sport, Freizeit und Erholung) und genehmigter Anlagen nach Art und Umfang den Verboten und Geboten für das betroffene Naturschutzgebiet oder Landschaftsschutzgebiet oder sonstigen Rechtsvorschriften nicht zuwiderlaufen, stellen sie in der Regel keine erhebliche Beeinträchtigung der für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteile des FFH- oder Europäischen Vogelschutzgebietes dar, so dass in diesen Fällen eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht erforderlich ist.

5.6 Ausnahmen

Wenn ein Projekt zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines FFH- oder Europäischen Vogelschutzgebiets führen kann, darf es abweichend von § 48 d Abs. 4 LG nur zugelassen werden, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

5.6.1 Eine zumutbare Alternative darf nicht gegeben sein, d.h. der mit dem Projekt verfolgte Zweck kann an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen nicht erreicht werden (§ 48 d Abs. 5 Nr. 2 LG).

Bei der Prüfung, ob eine Alternative vorhanden ist, ist von den Zielen auszugehen, die mit dem Projekt erreicht werden sollen. Es stellt sich somit die Frage, ob es Alternativlösungen für den Standort oder die Ausführungsart gibt, nicht jedoch, ob auf das Projekt ganz verzichtet werden kann. Durch die Alternative müssen allerdings die mit dem Projekt angestrebten Ziele jeweils im wesentlichen in vergleichbarer Weise verwirklicht werden können; den durch das Projekt verfolgten Interessen muss durch die Wahl eines anderen Standortes oder einer anderen Art der Ausführung entsprochen werden können. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Alternativen ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Betriebswirtschaftliche Erwägungen allein sind dafür nicht ausschlaggebend, da auch finanziell aufwendigere Lösungen grundsätzlich als "zumutbare Alternativen" in Betracht kommen.

5.6.2 Das Projekt ohne zumutbare Alternative nach Nr. 5.6.1 muss aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art notwendig sein (§ 48d Abs. 5 Nr. 1 LG).

Als öffentliches Interesse kommen alle Belange in Betracht, die dem Wohl der Allgemeinheit dienen. Private, nicht zugleich öffentlichen Interessen dienende Projekte kommen damit als Rechtfertigung für die Zulassung von Ausnahmen von vornherein nicht in Betracht. Zu den öffentlichen Interessen gehören auch solche wirtschaftlicher oder sozialer Art. Deshalb können auch private Projekte im Einzelfall im öffentlichen Interesse liegen.

Allerdings genügt nicht jedes öffentliche Interesse, um ein Projekt zu rechtfertigen. Vielmehr muss das öffentliche Interesse, das mit dem Projekt verfolgt wird, im einzelnen Fall gewichtiger sein als die im konkreten Fall betroffenen und mit der FFH- und Vogelschutz-RL geschützten Interessen (überwiegendes öffentliches Interesse). Die Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses müssen zwingend sein.

5.6.3 Das Verfahren zur Zulassung von Ausnahmen aus Gründen im Sinne des § 48 d Abs. 5 Nr. 1 LG ist durch § 48 d Abs. 6 LG modifiziert, wenn sich in dem von dem Projekt betroffenen Gebiet prioritäre Biotope oder prioritäre Arten befinden und diese gemäß Nr. 5.5.1 erheblich beeinträchtigt werden.

Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses sind in diesem Fall zunächst nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit einschließlich der Landesverteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung oder Projekte, die maßgeblich günstige Auswirkungen auf die Umwelt haben.

Andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses können nur berücksichtigt werden, wenn zuvor die zuständige Behörde über das BMU eine Stellungnahme der Europäischen Kommission eingeholt hat (vgl. Nr. 10.1.4).

Die Stellungnahme der Europäischen Kommission ist in der Abwägung über die Zulassung oder Durchführung des Projekts zu berücksichtigen. Die Behörde hat sich also mit der Kommissionsauffassung inhaltlich auseinander zu setzen, ist aber nicht daran gebunden (vgl. Nr. 10.1.5).

5.6.4 Wird ein Projekt nach § 48 d Abs. 5 oder 6 LG zugelassen oder durchgeführt, sind alle notwendigen Maßnahmen zur Sicherung des Zusammenhangs des Europäischen ökologischen Netzes "Natura 2000" (Maßnahmen) oder die dafür erforderlichen Kosten dem Projektträger aufzuerlegen (§ 48 d Abs. 7 Satz 1 LG). Art und Umfang der Maßnahmen sind einer Abwägung nicht zugänglich, d.h. es hat ein vollständiger Funktionsausgleich für das Europäische ökologische Netz "Natura 2000" zu erfolgen.

Falls nur geringe Funktionsbeeinträchtigungen auftreten, kann es ausreichend sein, die Beeinträchtigungen innerhalb des konkret betroffenen Gebietes auszugleichen. Bei Flächenverlusten und schweren Funktionsbeeinträchtigungen wird es dagegen nötig sein, neue Lebensräume für das Netzwerk "Natura 2000" zu schaffen und nachzumelden.

Die zuständige Behörde unterrichtet nach ihrer Entscheidung über das Projekt die Europäische Kommission über die angeordneten Ausgleichsmaßnahmen (§ 48 d Abs. 7 Satz 2 LG). Die Unterrichtung erfolgt in gleicher Weise wie die Einholung der Stellungnahme der Europäischen Kommission nach Nr. 5.6.3 (vgl. zum Verfahren Nr.10.1.4).

5.7 Bestandsschutz

Zulassungen von Vorhaben und Maßnahmen, die Rechte und Pflichten begründen, bleiben von der Verpflichtung zur Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung nach § 48 d LG jedenfalls dann unberührt, wenn sie vor dem 9. Mai 1998 bestandskräftig geworden sind. Gleiches gilt für durch Gesetz oder durch Rechtsverordnung zugelassene oder vorgeschriebene Maßnahmen.

Dazu zählen bestandskräftige Verwaltungsakte (z.B. Baugenehmigung, immissionsschutzrechtliche Genehmigung, wasserrechtliche Erlaubnis und Bewilligung, Planfeststellung nach Straßen-, Wasser- und Luftverkehrsrecht, bergrechtliche Betriebsplanzulassungen oder Abgrabungsgenehmigung), durch die ein Vorhaben zugelassen worden ist.

Zu den gesetzlich zugelassenen oder vorgeschriebenen Maßnahmen zählen z.B. die ordnungsgemäße Unterhaltung von Straßen und Gewässern oder technische Einrichtungen zur Einhaltung des Standes der Technik bei bestehenden Anlagen.

Im übrigen wird auf die Regelungen in Nr. 5.5.2 letzter Absatz hingewiesen.

6 Verträglichkeit von Plänen

6.1 Begriffsbestimmungen

Nach § 19d BNatSchG/ § 48 d Abs. 8 LG sind auch Pläne auf die Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines Europäischen Vogelschutzgebietes entsprechend § 19c BNatSchG/ § 48 d Abs. 1 bis 7 LG zu überprüfen.

Pläne im Sinne der Vorschrift von § 19a Abs. 2 Nr. 9 BNatSchG sind z.B.

a) Gesamtplanungen

b) Fachplanungen

c) sonstige Pläne i. S. d. § 19a Abs. 2 Nr. 9 BNatSchG

Die Verpflichtung zur Durchführung der FFH-Verträglichkeitsprüfung für Raumordnungspläne sowie Bauleitpläne und Satzungen nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB ergibt sich unmittelbar aus den für diese Planungen geltenden besonderen gesetzlichen Bestimmungen (§ 19d Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 BNatSchG).

6.2 Abstände in der Bauleitplanung

Von einer erheblichen Beeinträchtigung von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung und von Europäischen Vogelschutzgebieten durch in Flächennutzungsplänen darzustellende Bauflächen im Sinne des § 1 Abs. 1 BauNVO 1 § 5 Abs. 2 BauGB und in Bebauungsplänen auszuweisende Baugebiete im Sinne des § 1 Abs. 2 BauNVO 1 § 9 Abs. 1 BauGB kann bei Einhaltung eines Mindestabstands von 300 m zu den Gebieten in der Regel nicht ausgegangen werden.

Diese Regelvermutung gilt nicht für

Sie gilt ferner nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass durch die beabsichtigte Darstellung von Bauflächen bzw. die Ausweisung von Baugebieten trotz Einhaltung des Mindestabstandes erhebliche Beeinträchtigungen hervorgerufen werden können (z.B. bei Industriegebieten).

Ansonsten gilt für die FFH-Verträglichkeitsprüfung die Nr. 5 entsprechend.

6.3 Plangewährleistung

Jedenfalls Pläne, in denen über die Behördenverbindlichkeit hinaus vor dem 9. Mai 1998 Rechte für Dritte begründet worden sind, deren Entzug den Tatbestand einer Enteignung oder einer entschädigungspflichtigen Inhaltsbestimmung des Eigentums darstellen würde, bleiben von den Verpflichtungen der §§ 19c ff BNatSchG/ § 48 d LG unberührt.

Beispiele für solche Pläne sind u. a. rechtsverbindliche Bebauungspläne (§ 30 BauGB) und rechtsverbindliche Ergänzungssatzungen (§ 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB).

Beispiele für Pläne ohne Plangewährleistung sind der Landesentwicklungsplan NRW, die Gebietsentwicklungspläne, Linienbestimmungen und in der Regel die Flächennutzungspläne.

7 Emissionsbedingte Belastungen

§ 19e BNatSchG betrifft den Sonderfall der FFH-Verträglichkeitsprüfung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren. Die Vorschrift tritt an die Stelle des § 19c Abs. 2 BNatSchG und enthält insofern eine abschließende Regelung für die Genehmigung von Anlagen nach dem BImSchG im Hinblick auf ihre Verträglichkeit mit den Zielen der FFH- und Vogelschutz-RL.

Inhaltliche Abweichungen bestehen für die Durchführung der FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht. Es kann daher auf die Ausführungen zu Nr. 5 verwiesen werden.

8 Gewässerbenutzungen

Die FFH-Verträglichkeitsprüfung für die Erlaubnis und Bewilligung von Gewässerbenutzungen richtet sich nach der Sondervorschrift des § 6 Abs. 2 WHG. Sie tritt an die Stelle des § 19c BNatSchG und enthält insoweit eine besondere Voraussetzung für die wasserrechtliche Zulassung von Gewässerbenutzungen im Hinblick auf ihre Verträglichkeit mit den Zielen der FFH- und Vogelschutz-RL. Sie weist gleichzeitig darauf hin, dass der Anwendungsbereich der FFH-Verträglichkeitsprüfung sich auch auf die Konzertierungsgebiete i.S.d. § 19a Abs. 2 Nr. 3 BNatSchG erstreckt.

Inhaltliche Abweichungen für die Durchführung der FFH-Verträglichkeitsprüfung bestehen nicht. Es wird daher auf die Ausführungen zu Nr. 5 verwiesen.

9 Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften

9.1 Baurecht

9.1.1 Die FFH-Verträglichkeitsprüfung gemäß § 19c BNatSchG wird auf Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 BauGB nicht angewendet, weil sie nach § 1a Abs. 2 Nr. 4 BauGB schon bei der Aufstellung des Bebauungsplans ggf. durchzuführen ist. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan nach § 12 BauGB ist ein Unterfall des Bebauungsplans nach § 30 BauGB, so dass Vorhaben danach keiner FFH-Verträglichkeitsprüfung mehr unterliegen. Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung ist ferner nicht für Vorhaben erforderlich, die nach § 33 BauGB während der Aufstellung eines Bebauungsplans zugelassen werden, da auch hier die FFH-Verträglichkeitsprüfung bei der Aufstellung des Bebauungsplans erfolgt.

Die Nrn. 7 und 8 bleiben unberührt.

9.1.2 Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile nach § 34 BauGB, Vorhaben im Außenbereich nach § 35 BauGB sowie die eine Planfeststellung ersetzenden Bebauungspläne erfordern dagegen eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG (§ 29 Abs. 3 BauGB). Ist die FFH-Verträglichkeitsprüfung schon beim Erlass einer Ergänzungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB durchgeführt worden, bedarf es einer solchen bei der Zulassung eines Vorhabens im Bereich dieser Satzung nicht mehr.

Wie unter Nr. 5.5.2 im Einzelnen aufgeführt, bedarf es in den dort genannten Fällen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung grundsätzlich nicht bei der Schließung von Baulücken innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile nach § 34 BauGB sowie bei privilegierten Vorhaben im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauGB und bei begünstigten Vorhaben im Außenbereich nach § 35 Abs. 4 BauGB.

9.2 Naturschutzrecht

9.2.1 Die Vorschrift des § 48e Abs. 1 LG befasst sich mit dem Verhältnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu anderen Vorschriften über geschützte Teile von Natur und Landschaft und für gesetzlich geschützte Biotope. Danach sollen die Vorschriften über die FFH-Verträglichkeitsprüfung nur insoweit Anwendung finden, als die Schutzvorschriften z.B. in Naturschutzverordnungen oder nach § 62 LG keine strengeren Regeln für die Zulassung von Projekten enthalten. Das Gesetz folgt hier dem Grundsatz, dass die jeweils strengeren Vorschriften zum Schutz der Natur einschließlich der Vorschriften für Ausnahmen und Befreiungen Anwendung finden sollen.

Gleichwohl verbleibt es bei der Verpflichtung zur Beteiligung und Unterrichtung der Europäischen Kommission nach Nr. 5.6.3 und 5.6.4 (vgl. zum Verfahren Nrn. 10.1.4 und 10.1.5).

Die Maßstäbe für die Verträglichkeit eines Projekts mit den Erhaltungszielen oder dem Schutzzweck nach der FFH- und der Vogelschutz-RL sind also der (Schutz-)Festsetzung des Landschaftsplans oder der ordnungsbehördlichen Verordnung oder dem Tatbestand des § 62 LG zu entnehmen, soweit diese strengere Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Projektes enthalten.

Die Notwendigkeit der Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung nach den Vorschriften oder auf Grund des LG erlassener Vorschriften bleibt unberührt.

Die Ausnahme oder Befreiung ersetzt keine FFH-Verträglichkeitsprüfung; umgekehrt ersetzt auch die FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht die Befreiung. Die für die Ausnahme oder Befreiung geltenden Maßstäbe werden jedoch auch für die FFH-Verträglichkeitsprüfung verwandt, soweit sie strengere Voraussetzungen für die Zulassung des Projektes enthalten.

9.2.2 Bei § 48e Abs. 2 LG handelt es sich um eine Klarstellung: Die FFH-Verträglichkeitsprüfung nach der FFH-RL ersetzt nicht die Anwendung der Eingriffsregelung nach den §§ 4 bis 6 LG und den Vorschriften über die Integration der Eingriffsregelung in die Bauleitplanung gemäß § 8a BNatSchG. Auch die Vorschrift des § 9 BNatSchG (Verfahren der Beteiligung von Behörden des Bundes) ist weiterhin anzuwenden.

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