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Regelwerk

LASI-Veröffentlichung (LV) 47 - Anforderungen an Anlagen für bioethanolhaltige Kraftstoffe
- Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik (LASI) -

(Ausgabe 03/2007aufgehoben 2017)


(wird nicht mehr veröffentlicht - 2017 zurückgezogen)

Vorwort

Der Verbrauch von Ottokraftstoffen trägt wesentlich zur Emission von Kohlendioxid in die Erdatmosphäre bei und spielt deshalb bei der beabsichtigten Verminderung der Emissionen bis zum Jahre 2012 eine besondere Rolle. Die verstärkte Nutzung regenerativer Energiequellen kann hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten. Bis zum Jahr 2010 soll nach den gegenwärtigen energiepolitischen Vorstellungen der Europäischen Union der Anteil aus Biokraftstoffen am Gesamtkraftstoffverbrauch 5,75 % betragen.

Für den Kraftfahrzeugsektor bieten sich verschiedene Möglichkeiten an. So können z. Z. für den Betrieb von Ottomotoren in bestimmtem Umfang Ethanol, Gemische aus herkömmlichen Ottokraftstoffen und Bioethanol bzw. Ethyl-Terziär-Butyl-Ether verwendet werden.

In Deutschland spielen vor allen Dingen Gemische aus Ottokraftstoff und Bioethanol eine zunehmende Rolle, so z.B. ein Gemisch aus je 50 Vol. % Ottokraftstoff und Bioethanol (E 50) bzw. aus 85 Vol. % Bioethanol und 15 Vol. % Ottokraftstoff (E 85).

Im Jahr 2003 wurden ca. 280.000 m3 Ethanol erzeugt. Die Produktion von Bioethanol wird in Deutschland vorrangig auf der Grundlage von Getreide und Zuckerrüben realisiert. Weltweit betrug die Produktion 2004 ca. 41 Mio. m3. Der größte Teil der Erzeugung vollzieht sich in Nord-, Mittel- und Südamerika. In den nächsten Jahren ist mit einem weiteren Anstieg der Produktion zu rechnen.

Mit der verstärkten Verwendung bioethanolhaltiger Kraftstoffe stellt sich die Frage, welche technischen Veränderungen an bestehenden Anlagen für die Lagerung und Abgabe von brennbaren Flüssigkeiten, insbesondere von Ottokraftstoffen, notwendig sind, um einen sicheren Anlagenbetrieb zu gewährleisten.

Diese Veröffentlichung enthält eine Darstellung der notwendigen Maßnahmen aus der Sicht des technischen Arbeitsschutzes. Auf ebenfalls bestehende Anforderungen des Umweltschutzes wird verwiesen. Die Mehrzahl der Angaben bezieht sich auf Kraftstoffe mit Bioethanolanteilen von weniger als 90 Vol. %, da derzeit davon ausgegangen wird, dass anders als bspw. in Südamerika eine Verwendung von reinem Bioethanol als Kraftstoff in Deutschland in absehbarer Zeit kaum zu erwarten ist.

Ich hoffe, dass diese Veröffentlichung von der Planung über die Errichtung bis hin zum Betreiben im Sinne der Sicherheit der Anlagen eine Hilfestellung geben kann.

Vorbemerkung

Diese Handlungsanleitung basiert auf Untersuchungen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zur Bestimmung explosionsschutztechnischer Kenngrößen von Mischungen von Bioethanol und Ottokraftstoffen 1 (im Weiteren als "bioethanolhaltige Kraftstoffe" bezeichnet), welche im Rahmen des temporären Arbeitskreises zur Erarbeitung von Anforderungen an Tankstellen für biogene Kraftstoffe beim ABS Ua 5 durchgeführt wurden. Sie bezieht sich auf die dort verwandten Daten.

Bezüglich grundsätzlicher Anforderungen an Tankstellen wird auf TRbF 40 "Tankstellen" verwiesen. Für Läger ist TRbF 20 "Läger" anzuwenden.

Diese Handlungsanleitung unterstützt die Anwendung der einschlägigen Regelwerke beim Einsatz von bioethanolhaltigen Kraftstoffen an Tankstellen nach TRbF 40 und Lägern nach TRbF 20. Eine Vermischung der Anforderungen aus der TRbF 20 und 40 ist nicht zulässig.

Hinweis:

Auf § 27 Abs. 6 BetrSichV wird hingewiesen. Weiterführende Regelungen zum Explosionsschutz können der TRBS 2152 ff. entnommen werden.

Für die nach Wasserrecht erforderliche Rückhaltung ausgelaufenen Kraftstoffs gilt TRwS 781 Teil 3.

Anlagen für die Lagerung oder Umfüllung von Gemischen aus Bioethanol und Ottokraftstoff fallen in den Anwendungsbereich der 20. und 21. BImSchV.

Nach § 2 Nr. 15 der 20. BImSchV sind Ottokraftstoffe Erdölderivate mit oder ohne Zusätze, deren Dampfdruck (nach Reid) mindestens 27,6 kPa beträgt und die zur Verwendung als Kraftstoff für Ottomotoren bestimmt sind. Dies trifft für alle bekannten Gemische aus Ethanol und Sommersuper (Reid-Dampfdruck e59,9 kPa) mit einen Volumenanteil von nicht mehr als 89 % Ethanol zu. Für Gemische mit Sommersuper, dessen Reid-Dampfdruck unter 59,9 kPa liegt, verschiebt sich diese Grenze zu niedrigeren Ethanolanteilen. Wintersuper hat einen höheren Reid-Dampfdruck als Sommersuper.

1 Geltungsbereich

Diese Handlungsanleitung gilt für die technischen Anforderungen zum Explosionsschutz an Tankstellen bzw. Lägern, an bzw. in denen bioethanolhaltige Kraftstoffe abgefüllt bzw. gelagert werden.

2 Explosionsschutztechnische Kenngrößen

Den Anforderungen dieser Handlungsanleitung sind die folgenden explosionsschutztechnischen Kenngrößen zu Grunde gelegt:

< 50 Vol.-%
Bioethanol
< 60 Vol.-%
Bioethanol
< 90 Vol.-%
Bioethanol
> 90 Vol.-%
Bioethanol
Zünd-
temperatur*)
> 300 °C > 300 °C > 300 °C > 300 °C
Flammpunkt < -20 °C < -20 °C < -20 °C -20,0 °C bis
+12,0 °C
Explosions-
gruppe
IIA[1] IIA IIA IIB / IIB1[2]
Explosions-
punkte
(Gemisch mit
Sommersuper)
Füllungs-
grad
in %
OEP**)
in °C
Füllungs-
grad
in %
OEP
in °C
Füllungs-
grad
in %
OEP
in °C
44,0 °C****)
20

10

3

1

- 11,0

-10,0

- 9,0

- 5,0

20

10

3

1

- 9,5

-9,0

- 8,5

- 4,5

20

10

3

1

+ 3,5

+ 4,5

+ 8,5

+ 18,0

Explosions grenze
Gemisch mit
UEG***)
in Vol %
OEG***)
in Vol %
UEG
in Vol %
OEG
in Vol %
UEG
in Vol %
OEG
in Vol %
UEG
in Vol %
OEG
in Vol %
- Sommersuper

- Wintersuper

1,3

1,5

14,0

17,2

1,5

-

15,8

-

2,2

2,1

25,5

25,2

3,1****) 27,7****)

*) Die Angaben zur Zündtemperatur basieren auf entsprechenden Untersuchungen der PTB und sind erst ab einem Ethanolanteil von 50 Vol.-% belegt. Ottokraftstoff ohne oder mit geringem Ethanolanteil kann Zündtemperaturen unter 300 °C aufweisen und insofern den Einsatz von Geräten der Temperaturklasse T3 erfordern.

**) OEP: oberer Explosionspunkt

***) UEG /OEG: untere bzw. obere Explosionsgrenze (gemessen bei 20 °C bzw. 100 °C) ****) Werte gelten für 100 % Ethanol

[1] gemäß IEC 60079-1-1, 2002-07-05 Electrical apparatus for explosive gas atmospheres Part 1-1: Flameproof enclosures' d' - Method of test for ascertainment of maximum experimental safe gap

[2] DIN EN 12874, Ausgabe:2001-04 Flammendurchschlagsicherungen - Leistungsanforderungen, Prüfverfahren und Einsatzgrenzen

Hinweis:

Reid-Dampfdruck (37,8 °C) in kPa

Die in der obigen Tabelle genannten Kennwerte wurden bestimmt für Gemische, deren Ottokraftstoffbestandteil folgende Reid-Dampfdrücke hatte: 58,0 kPa (Sommersuper) / 87,5 kPa (Wintersuper)

Für Gemische mit Ethanol-Volumenanteilen >50 % ergaben sich teilweise merklich niedrigere Dampfdrücke.

3 Ausrüstung mit Flammendurchschlagsicherungen

1) Die Notwendigkeit von Flammendurchschlagsicherungen für unterirdische Tanks an Tankstellen hängt vom jeweiligen OEP ab. Für Kraftstoffe mit einem Ethanolanteil von mehr als 60 Vol.-% ist wegen des zu erwartenden OEP von über -4 °C gemäß TRbF 40 Nr. 5.2 Abs. 2 Nr. 3 und 4 eine Absicherung mit Flammendurchschlagsicherungen der Explosionsgruppe IIa nach DIN EN 12874 erforderlich. Bei Ethanolanteilen von mehr als 90 Vol.-% sind Flammendurchschlagsicherungen der Explosionsgruppe IIB1 nach DIN EN 12874 erforderlich.

2) In Lägern mit ober- oder unterirdischen Tanks sind gemäß TRbF 20 Nr. 9.2 Flammendurchschlagsicherungen der Explosionsgruppe IIa bei Kraftstoffen mit einem Ethanolanteil bis zu 90 Vol.-% und der Explosionsgruppe IIB1 bei höherem Ethanolanteil erforderlich.

3) Für Dauerbrandsicherungen für Gemische mit Alkoholen ist gemäß DIN EN 12874 eine besondere Prüfung erforderlich.

4) Die Eignung von Gasrückführpumpen als Flammendurchschlagsicherung ist grundsätzlich gegeben, wenn sie für die entsprechende Explosionsgruppe zulässig sind.

4 Produktverwechselungen

Eine mögliche Produktverwechselung beim Befüllen von Lagerbehältern mit bioethanolhaltigen Kraftstoffen ist explosionsschutztechnisch unbedenklich, wenn die Ausrüstung der Tanks und die Zapfsäule für bioethanolhaltige Kraftstoffe mit bis zu 90 Vol.-% Ethanol für die Explosionsgruppe IIa sowie mindestens für die Temperaturklasse T3 ausgelegt sind.

5 Beständigkeit

Alle mit bioethanolhaltigen Kraftstoffen und deren Dämpfen beaufschlagten Anlagen bzw. Anlagenteile, wie Lagerbehälter, Zapfsäulen, Geräte, Schutzsysteme oder Dichtungen, müssen sowohl gegen die Flüssigkeiten als auch gegen deren Dämpfe beständig sein.

Hinweis:

Werkstoffe, wie Aluminium, Zink, Messing und Blei sowie Nitril-Butadien-Kautschuk-Dichtungen sind kritisch zu betrachten.

Die Angaben zur Beständigkeit sowie weitere Einsatzbedingungen sind der technischen Dokumentation des Herstellers zu entnehmen.

Sofern die erforderlichen Angaben fehlen, sind auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung / sicherheitstechnischen Bewertung Maßnahmen zur Früherkennung von Leckagen oder ggf. anderer Schädigungen zu treffen. Dazu können z.B. regelmäßige Prüfungen durch hierfür befähigte Personen bzw. die Verkürzung der Fristen der wiederkehrenden Prüfungen durch die zugelassene Überwachungsstelle gehören.

6 Lüftungsleitungen, Gaspendel- und Gasrückführungsleitungen

Bei gemeinsamen Lüftungs-, Gaspendel- und Gasrückführungsleitungen ist eine Verschleppung von Dämpfen in andere Tankkammern möglich. Daher ist bei bioethanolhaltigen Kraftstoffen mit einem Ethanolanteil über 60 Vol.% eine Absicherung aller miteinander verbundenen Tanks mit Flammendurchschlagsicherungen (inkl. Füllleitungen) notwendig (TRbF 40 Nr. 3.4.1 Abs. 10 und 11).

Abweichend von TRbF 40 Nr. 5.5 Abs. 1 Satz 1 reicht bei Tanks für bioethanolhaltige Kraftstoffe mit einem Ethanolanteil über 60 Vol.% die Installation einer Flammendurchschlagsicherung an der Öffnung der Gaspendelleitung im Fernfüllschacht/-schrank aus (siehe auch TRbF 40 Nr. 5.3).

Für Lüftungsleitungen ist TRbF 40 Nr. 5.4 zu beachten.

Hinweis:

Eine Explosion im Tank kann aufgrund der vorhandenen Ausrüstung für Zone 0 ausgeschlossen werden.

Da die Gaspendelleitung unterirdisch verlegt ist, können Zündquellen zwischen Anschlussstutzen im Fernfüllschacht/-schrank und dem Tank ebenfalls ausgeschlossen werden. Insofern ist lediglich die Zündung am Anschlussstutzen zu berücksichtigen.

Dies gilt nicht, wenn die Gaspendelleitung durch eine KKS -Anlage mit Fremdstrom geschützt wird.

7 Erlaubnisbedürftigkeit

Montage, Installation, Betrieb, wesentliche Veränderungen und Änderungen der Bauart oder der Betriebsweise der in § 13 Abs. 1 Nr. 3 BetrSichV genannten Anlagen für bioethanolhaltige Kraftstoffe, welche die Sicherheit der Anlage beeinflussen, sind erlaubnisbedürftig.

Hinweis:

Bei Umbelegung von Tanks für Ottokraftstoffe auf bioethanolhaltige Kraftstoffe mit mehr als 60 Vol-% Ethanol an Tankstellen handelt es sich stets um eine erlaubnisbedürftige Änderung i. S. von § 13 BetrSichV. Eine Änderung nach § 13 BetrSichV liegt bei einer Umbelegung an Tankstellen jedoch nicht vor, wenn der Bioethanolanteil im Ottokraftstoff 60 Vol-% nicht übersteigt.

Ggf. sind im Erlaubnisverfahren auch wasserrechtlichen Regelungen der einzelnen Bundesländer zu berücksichtigen.

§ 14 Abs. 2 BetrSichV ist zu beachten!

Abkürzungen

ABS Ausschuss für Betriebssicherheit
ABS UA 5 Ausschuss für Betriebssicherheit Unterausschuss 5 "Brand- und Explosionsschutz"
BetrSichV Betriebssicherheitsverordnung
BImSchG Bundes-Immissionsschutzgesetz
DIN Deutsches Institut für Normung
LASI Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik
OEG Obere Explosionsgrenze
OEP Oberer Explosionspunkt
PTB Physikalisch-Technische Bundesanstalt
TRbF Technische Regel brennbare Flüssigkeiten
TRwS Technische Regel wassergefährdender Stoffe
UEG Untere Explosionsgrenze
_____
1) Brandes, E., Frobese, D.-H., Mitu, M.: Sicherheitstechnische Kenngrößen ethanolhaltiger Ottokraftstoffe. TÜ Bd. 47 (2006) Nr. 9, S. 23 - 26;

Brandes, E.; Frobese, D.-H.; Mitu, M.: Safety Characteristics of Ethanol / Automotive Petrol Mixtures. Erdöl Erdgas Kohle, Heft 12, 122. Jahrgang, Dezember 2006 S. 199-202 sowie OIL GAS European Magazine, Volume 32, 4/2006, page 199-202.

Brandes, E., Frobese, D.-H.: Sicherheitstechnische Kenngrößen ethanolhaltiger Ottokraftstoffe - Zusätzliche Untersuchungen. TÜ Bd. 48 (2007) Nr. 3, S. 16-17.

ENDE

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