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Regelwerk

TRBS 2152 Teil 2 / TRGS 722 - Vermeidung oder Einschränkung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre
Technische Regeln für Betriebssicherheit (TRBS)
Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)

Vom 15. März 2006
(BAnz. Nr. 103 vom 02.06.2006 S. 11; 03.05.2012 S. 398aufgehoben)


zur aktuellen Fassung

Vorbemerkung
(Vgl. "Berufsgenossenschaftliche Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGR)"
BGR 104 EX-RL - Regeln für das Vermeiden der Gefahren durch explosionsfähige Atmosphäre mit Beispielsammlung;
BGR 132 Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen;
Übersicht)

Bei der nachfolgenden Technischen Regel handelt es sich um eine Technische Regel für Betriebssicherheit (TRBS) und eine Technische Regel für Gefahrstoffe ( TRGS).

Diese Technische Regel für Betriebssicherheit (TRBS 2152) gibt dem Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene entsprechende Regeln und sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für die Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln sowie für den Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen wieder. Sie wird vom Ausschuss für Betriebssicherheit ermittelt und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Bundesarbeitsblatt bekannt gemacht. Die Technische Regel konkretisiert die Betriebssicherheitsverordnung ( BetrSichV) hinsichtlich der Ermittlung und Bewertung von Gefährdungen sowie der Ableitung von geeigneten Maßnahmen. Bei Anwendung der beispielhaft genannten Maßnahmen kann der Arbeitgeber insoweit die Vermutung der Einhaltung der Vorschriften der Betriebssicherheitsverordnung für sich geltend machen. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, hat er die gleichwertige Erfüllung der Verordnung schriftlich nachzuweisen.

Diese Technische Regel für Gefahrstoffe (TRGS 722) gibt dem Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene entsprechende Regeln und sonstige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, einschließlich deren Einstufung und Kennzeichnung, wieder. Sie wird vom Ausschuss für Gefahrstoffe ermittelt und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Bundesarbeitsblatt bekannt gemacht. Die Technische Regel konkretisiert die Gefahrstoffverordnung ( GefStoffV) hinsichtlich der Ermittlung und Bewertung von Gefährdungen sowie der Ableitung von geeigneten Maßnahmen. Bei Anwendung der beispielhaft genannten Maßnahmen kann der Arbeitgeber insoweit die Vermutung der Einhaltung der Vorschriften der Gefahrstoffverordnung für sich geltend machen. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, hat er die gleichwertige Erfüllung der in der Gefahrstoffverordnung enthaltenen Anforderungen in der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung zu begründen.

1 Anwendungsbereich

Diese Technische Regel konkretisiert die Anforderungen zur Vermeidung oder Einschränkung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre. Sie gilt sowohl für Arbeitsmittel als auch überwachungsbedürftige Anlagen; wenngleich in dieser Technischen Regel immer Bezug auf Anlagen und Anlagenteile genommen wird, erstreckt sich ihre Anwendung auf Arbeitsmittel und überwachungsbedürftige Anlagen.

2 Maßnahmen, die gefährliche explosionsfähige Atmosphäre verhindern oder einschränken (Vermeiden explosionsfähiger Atmosphäre)

2.1 Allgemeines

Zu den Explosionsschutzmaßnahmen, die gefährliche explosionsfähige Atmosphäre verhindern oder einschränken, gehören:

2.1.1 Vermeiden oder Einschränken von Stoffen, die explosionsfähige Atmosphäre zu bilden vermögen (s. Nummer 2.2),

2.1.2 Verhindern oder Einschränken explosionsfähiger Atmosphäre im Innern von Anlagen und Anlagenteilen (s. Nummer 2.3),

2.1.3 Verhindern oder Einschränken gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre in der Umgebung von Anlagen und Anlagenteilen (s. Nummer 2.4),

2.1.4 Überwachung der Konzentration in der Umgebung von Anlagen oder Anlagenteilen (s. Nummer 2.5),

2.1.5 Maßnahmen zum Beseitigen von Staubablagerungen in der Umgebung von staubführenden Anlagen und Anlagenteilen sowie Behältern.

2.2 Vermeiden oder Einschränken von Stoffen, die explosionsfähige Atmosphäre zu bilden vermögen

Es ist zu prüfen, ob brennbare Stoffe durch solche ersetzbar sind, die keine explosionsfähigen Gemische zu bilden vermögen.

Bemerkung:
Beispiele für Ersatzmöglichkeiten:
Hinweis:
Werden Kohlernwasserstoffen niedrigsiedende nicht- oder schwerbrennbare Halogenkohlenwasserstoffe zugesetzt, kann der Flammpunkt dieser Mischung heraufgesetzt oder gar unterdrückt werden. Bei der Verdampfung des Gemisches kann allerdings in diesen Fällen der Anteil von Halogenkohlenwasserstoffen im Flüssigkeitsgemisch so stark abnehmen, dass die später frei werdenden Dämpfe wieder explosionsfähige Atmosphäre bilden, z.B. bei Reinigungsarbeiten oder wenn das Lösemittelgemisch in offenen Gefäßen gehandhabt wird. Bei derartigen Gemischen entfallen weitere Schutzmaßnahmen nur dann, wenn für den jeweiligen Anwendungsfall die Unbedenklichkeit sichergestellt ist.

2.3 Verhindern oder Einschränken explosionsfähiger Atmosphäre im Inneren von Anlagen und Anlagenteilen

2.3.1 Allgemeines

(1) Lässt sich der Umgang mit Stoffen, die explosionsfähige Atmosphäre zu bilden vermögen, nicht vermeiden, so kann die Bildung explosionsfähiger Atmosphäre in gefahrdrohender Menge innerhalb von Anlagen und Anlagenteilen durch Begrenzung der Menge oder der Konzentration oder durch Inertisierung verhindert oder eingeschränkt werden.

(2) Maßnahmen nach Absatz 1 sind in geeigneter Weise zu überwachen, sofern nicht die Einhaltung einer unbedenklichen Konzentration durch die Verfahrensbedingungen sichergestellt ist.

(3) Die Überwachung kann z.B. durch geeignete und hinreichend funktionssichere Vorrichtungen, wie Strömungswächter oder Gaswarngeräte mit der Auslösung von Alarmen, von automatischen Schutzmaßnahmen oder von automatischen Notfunktionen erfolgen.

(4) Druckabsenkung unter den atmosphärischen Druck kann die Explosionsheftigkeit oder -gefahr herabsetzen, da entweder der maximale Explosionsdruck abnimmt oder keine Explosion mehr stattfindet.

2.3.2 Konzentrationsbegrenzung

(1) Durch Maßnahmen zur Konzentrationsbegrenzung soll die Konzentration der brennbaren Stoffe unterhalb der unteren oder oberhalb der oberen Explosionsgrenze gehalten werden. Beim Anfahren und Abstellen kann der Explosionsbereich durchfahren werden. Dieses ist in geeigneter Weise zu berücksichtigen.

Hinweis 1:
Liegt die Konzentration in einem Arbeitsmittel einschließlich Anlagen und Anlagenteilen über der oberen Explosionsgrenze, besteht zwar im Inneren keine Explosionsgefahr; austretende Gemische können jedoch durch Luftvermischung Explosionsgefahr außerhalb des Anlagenteils hervorrufen.
Hinweis 2:
Liegt die Temperatur einer Flüssigkeitsoberfläche in einem Anlagenteil oberhalb des oberen Explosionspunktes, so ist dort nicht notwendigerweise mit Gemischkonzentrationen oberhalb der oberen Explosionsgrenze zu rechnen.
Bemerkung:
Es ist möglich, durch Zugabe von brennbaren Gasen die Gesamtkonzentration der brennbaren Komponenten stets oberhalb der für das gesamte Gemisch gültigen oberen Explosionsgrenze zu halten.

(2) Bei brennbaren Flüssigkeiten wird die untere Explosionsgrenze sicher unterschritten, wenn die Temperatur an der Flüssigkeitsoberfläche hinreichend weit (etwa 5 K bis 15 K, vgl. TRBS 2152 Teil 1 Nr. 3.2, Abs. 4, Ziffer 2b)/TRGS 721 Nr. 3.2, Abs. 4, Ziffer 2.b)) unterhalb des Flammpunktes gehalten wird.

(3) Bei Stäuben ist die Vermeidung explosionsfähiger Gemische durch Begrenzung der Konzentration schwer zu erreichen. Insbesondere ist die Wechselwirkung zwischen aufgewirbeltem und abgelagertem Staub zu beachten. Homogene Staub/Luft-Gemische treten äußerst selten auf. Daher ist es in der Regel nur selten möglich, als Staubkonzentration die Gesamtmenge des Staubes bezogen auf den gesamten Raum oder das Gesamtvolumen eines Arbeitsmittels einschließlich Anlagen und Anlagenteilen zu betrachten und dabei eine gleichmäßige Verteilung anzunehmen.

(4) Bei inhomogener Staubverteilung kann in Teilen von Anlagen und Anlagenteilen sowie Behältern oder Räumen auch dann Explosionsgefahr bestehen, wenn die auf das Gesamtvolumen bezogene Staubmenge außerhalb der Explosionsgrenze liegt.

2.3.3 Inertisierung

2.3.3.1 Allgemeines

(1) Bei der Inertisierung kann durch Zugabe von gasförmigen Inertstoffen (z.B. Stickstoff, Kohlendioxid, Edelgase, Wasserdampf) oder von pulverförmigen Inertstoffen die Bildung explosionsfähiger Gemische verhindert werden.

Bemerkung:
Als Inertisierungsmethoden mit gasförmigen Inertstoffen haben sich in der Praxis Druckwechselverfahren mit oder ohne Vakuumanwendung, die Durchflussspülung sowie die Inertgasbeatmung mit Druckhaltung zur Aufrechterhaltung der vorhandenen Inertisierung bewährt.
Hinweis:
Bei Inertisierung mit Wasserdampf ist der Einfluss der Kondensation zu berücksichtigen.

(2) Es ist zu unterscheiden zwischen partieller und totaler Inertisierung.

Hinweis:
In der Regel kann eine totale Inertisierung nur bei explosionsfähiger Atmosphäre mit brennbaren Gasen und Dämpfen angewendet werden.
Hinweis:
Die Sauerstoffgrenzkonzentration ist vor allem vom brennbaren Stoff und vom Inertgas, aber auch von Temperatur und Druck abhängig.

(5) Die höchstzulässige Sauerstoffkonzentration ergibt sich aus der experimentell bestimmten Sauerstoffgrenzkonzentration durch Abzug eines Sicherheitsabstandes. Der Sicherheitsabstand zwischen der experimentell bestimmten Sauerstoffgrenzkonzentration und der höchstzulässigen Sauerstoffkonzentration ist unter Berücksichtigung der betriebs- und störungsbedingten örtlichen und zeitlichen Schwankungen der Sauerstoffkonzentration und der Zeitspanne für das Wirksamwerden ausgelöster Schutzmaßnahmen oder Notfunktionen festzulegen.

(6) Wesentliche Voraussetzung für die Wirksamkeit der Inertisierung ist ihre Sicherstellung (z.B. durch Überwachung der Sauerstoffkonzentration, der Inertgaskonzentration, des Gesamtdruckes oder der Mengenströme von Inertgas und brennbarem Stoff). Weiterhin ist eine Alarmschwelle unterhalb der höchstzulässigen Sauerstoffkonzentration festzulegen. Bei Erreichen der Alarmschwelle müssen - den Bedingungen des Einzelfalles entsprechend von Hand oder automatisch - Schutzmaßnahmen ausgelöst und durchgeführt werden. Die festzulegende Alarmschwelle, die Eigenschaften der Überwachungseinrichtungen, ihre erforderliche, Funktionssicherheit und die Reaktionszeiten des Personals und der Anlage sind aufeinander abzustimmen. Abhängig von der Zuverlässigkeit der Inertisierung ist eine Zonenreduzierung für das Innere von Behältern und Anlagenteilen möglich.

2.3.3.2 Inertisierung explosionsfähiger Atmosphäre aus brennbaren Gasen und Dämpfen

(1) In Tabelle 1 sind für einige Stoffe die bei Inertisierung sicher zu unter- oder überschreitenden Grenzwerte angegeben.

Hinweis:
Es sind hinreichende Sicherheitsabstände zu den experimentell bestimmten Grenzwerten vorzusehen.

Tabelle 1: Grenzwerte für die Inertisierung brennbarer Gase und Dämpfe bei 1 bar Gesamtdruck

    Partielle Inertisierung Totale Inertisierung
Brennbarer Stoff Tempe-
ratur in °C
Sauerstoffgrenz- konzentration im Gesamtgemisch brennbarer Stoff/ Inertgase/ Luft bei der Inertisierung mit: Mindestwert des Verhältnisses der Molanteile von Inertgas (N2 oder CO2) und Luft (L) zur Inertisierung bei beliebiger Zugabe von brennbarem Stoff Mindestwert des Verhältnisses der Molanteile von Inertgas (N2 oder CO2) und brennbarem Stoff (B) zur Inertisierung bei beliebiger Zugabe von Luft
1 2 3 4 5 6 7 8
    N2 CO2 N2/L CO2/L N2/B CO2/B
    Cmax O2
in mol %
Cmax O2
in mol %
       
Benzol 100 8,5 11,8 1,4 0,7 42 22
n-Butan 20 9,6 ~12 1,1 - 27 -
i-Butan 20 10,3 13,1 1,0 0,5 28 13
Cyclopropan 20 9,0 ~12 - - - -
Ethan 20 8,8 11,7 1,3 0,7 21 11
Ethylen 20 7,6 10,5 1,7 0,9 24 13
Ethylenoxid 20 wegen Zerfallsfähigkeit von Ethylenoxid existieren diese Werte nicht 17 15
Hexan 20 9,3 11,6 *
(100 °C)
1,3 0,8 *
(100 °C)
42 32 *
(100 °C)
Kohlenmonoxid 20 4,3 4,6 3,1 1,7 6 3
Methan 20 9,9 13,7 1,0 0,4 11 5
Pentan 20 9,3 - ~1,3 - ~42 -
Propan 20 9,8 12,6 1,1 0,6 26 13
Propylen 20 9,3 12,6 1,2 0,6 23 12
Vergaserkraftstoff 20 ~9,3 - ~1,3 - ~42 -
Wasserstoff 20 4,3 5,2 3,4 1,8 17 12
Heptan 100 - 10,9 - 0,9 - 35
Toluol 100 9,6 12,9 1,1 0,6 42 21
Xylol 100 9,7 13,1 1,1 0,6 42 21
Methylethylketon 20 9,5 - 1,2 - 26 -
Ethanol 20 8,5 - 1,4 - 17 -
Methanol 20 8,1 - 1,4 - 7 -
Propanol-1 20 9,3 - 1,3 - 19 -
Propanol-2 20 8,7 - 1,4 - 25 -
Ethylacetat 20 9,8 - 1,1 - 23 -
Propylformiat 20 9,8 - 1,1 - 21 -
Schwefelkohlenstoff 20 4,6 - 3,5 - 49 -
~ = Schätzwert
*) Konzentration bei 20 °C nicht erreichbar.

(2) Bei der totalen Inertisierung werden explosionsfähige Gemische dadurch vermieden, dass das Verhältnis des Partialdruckes des Inertgases zu demjenigen des brennbaren Gases oder Dampfes einen bestimmten Grenzwert (s. Tabelle 1) überschreitet. Im Anhang ist ein Rechenbeispiel für eine totale Inertisierung, aufgeführt.

Hinweis: Die besondere technische Schwierigkeit besteht darin, dass der Partialdruck des brennbaren Gases oder Dampfes oft verfahrenstechnisch oder physikalisch (nämlich entsprechend der Dampfdruckkurve der Flüssigkeit) vorgegeben ist und damit zur Aufrechterhaltung der totalen Inertisierung ein erheblicher Gesamtüberdruck erforderlich sein kann.

(3) Bei der partiellen Inertisierung muss die in Tabelle 1 angegebene Sauerstoffgrenzkonzentration unterschritten oder der Mindestwert des Verhältnisses der Molanteile von Inertgas (N2 oder CO2) und Luft (L) (zur Inertisierung bei beliebiger Zugabe von brennbarem Stoff) überschritten werden. Im Anhang ist ein Rechenbeispiel für eine partielle Inertisierung aufgeführt.

2.3.3.3 Inertisierung explosionsfähiger Atmosphäre aus brennbaren Stäuben

In Tabelle 2 sind für einige Stäube die für die Inertisierung von Staub/Luft-Gemischen mit Stickstoff maßgeblichen Sauerstoffgrenzkonzentrationen zusammengestellt.

Tabelle 2: Sauerstoffgrenzkonzentration für verschiedene Stäube für das Inertisieren von Staub/Luft-Gemischen durch Stickstoff bei einer Gemischtemperatur von etwa 20 °C und einem Gesamtdruck von etwa 1 bar

  Feinheit
(Medianwert)
[µm]
Sauerstoffgrenz-
konzentration
(Molgehalt in der Gasphase)
[%]
1 2 3
ABS Mischgut 125 11
Aluminium 22 5
Bariumstearat < 63 13
Braunkohle 63 12
Cadmiumlaurat < 63 14
Cadmiumstearat < 63 12
Calciumstearat < 63 12
Cellulose 22 9
Erbsenmehl 25 15
Harnstoff < 10 10
Harz < 63 10
Herbizid 10 12
Holz 27 10
Hopfen 500 17
Kakao < 63 9
Kautschuk 95 11
Kolophonium, Balsamharz 440 12
Lykopodium 30 7,5
Maisstärke 17 9
Malzschrot 25 11
Methionin < 10 12
Methylcellulose 70 10
Organisches Pigment < 10 12
Paraformaldehyd 23 6
Polyacrylnitril 26 10
Polyethylen (HDPE) 26 10
Polymethacrylat 18 7
Roggenmehl Typ 1150 29 13
Ruß 13 12
Stärkederivat 24 14
Steinkohle (Fett-) 17 14
Weizenmehl Typ 550 60 11
Hinweis 1:
Es sind hinreichende Sicherheitsabstände zu den experimentell bestimmten Grenzwerten vorzusehen.
Hinweis 2:
Ebenso wie bei Gasen und Dämpfen ist die Sauerstoffgrenzkonzentration von der Art des Inertgases abhängig. Beim Einsatz von Kohlendioxid als Inertgas werden für die Sauerstoffgrenzkonzentration höhere Werte gemessen als beim Einsatz von Stickstoff. Die Sauerstoffgrenzkonzentration fällt mit zunehmender Temperatur und steigendem Druck ab.
Hinweis 3:
Da viele Leichtmetallstäube mit Kohlendioxid und zum Teil auch mit Stickstoff reagieren können, können diese in diesen Sonderfällen nicht als Inertgas verwendet werden. In solchen Fällen können z.B. Edelgase eingesetzt werden.
Hinweis 4:
Zum Vermeiden von Glimm- oder Schwelbränden bei Ablagerungen brennbarer Stäube müssen zum Teil noch wesentlich niedrigere Sauerstoffkonzentrationen eingehalten werden, als es zum Vermeiden von Staubexplosionen notwendig ist. Die dafür maßgeblichen Sauerstoffkonzentrationen müssen gesondert ermittelt werden.
Hinweis 5:
Explosionsfähige Staub/Luft-Gemische können auch durch Zugabe von inerten Stäuben (z.B. Steinsalz, Natriumsulfat oder Phosphat) ausreichend inertisiert werden. Im Allgemeinen ist hierfür jedoch ein Inertstaubzusatz von mehr als 50 % (Massegehalt) erforderlich.

2.3.3.4 Inertisierung explosionsfähiger Atmosphäre aus hybriden Gemischen

Bei gleichzeitigem Vorhandensein gasförmiger, staubförmiger und nebelförmiger brennbarer Stoffe ist zur Ermittlung der höchstzulässigen Sauerstoffkonzentration die Komponente mit der niedrigsten Sauerstoffgrenzkonzentration zugrunde zu legen.

2.3.4 Vermeidung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre durch Druckabsenkung

(1) Der zu erwartende Explosionsdruck beträgt üblicherweise das 8 - 10fache des Ausgangsdruckes. Durch Herabsetzen des Betriebsdruckes unter den Atmosphärendruck kann der zu erwartende Explosionsdruck minimiert werden. Wird der Betriebsdruck unter 0,1 bar abgesenkt, liegt der zu erwartende Explosionsdruck unter dem Atmosphärendruck. In diesem Fall ist kein unzulässiger Überdruck zu erwarten.

(2) Wird der Betriebsdruck unter ca. 50 mbar abgesenkt, ist i. d. R. nicht mehr mit einer gefährlichen Explosionsausbreitung zu rechnen.

(3) An- und Abfahrvorgänge sind hinsichtlich des Explosionsschutzes gesondert zu betrachten.

(4) Der abgesenkte Druck ist messtechnisch zu überwachen. Für Betriebsstörungen (z.B. bei Lufteinbruch) und An- und Abfahrvorgänge sind zusätzliche geeignete Maßnahmen (z.B. zeitweise Inertisierung oder zeitweise Vermeidung von Zündquellen) vorzusehen.

2.4 Verhindern oder Einschränken gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre in der Umgebung von Anlagen und Anlagenteilen

2.4.1 Allgemeines

In der Umgebung von Anlagen und Anlagenteilen ist die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre zu verhindern oder einzuschränken, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist. Die nachfolgend beschriebenen Maßnahmen sind geeignet, die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre zu verhindern bzw. einzuschränken.

Hinweis:
Beim Ausströmen brennbarer Stoffe aus Öffnungen, undichten Stellen usw. können sich außerhalb der Anlagen und Anlagenteile gefährliche explosionsfähige Atmosphäre und bei Stäuben auch Ablagerungen bilden. Bei Stäuben ist besonders zu beachten, dass sich unerwünschte Staubablagerungen entfernt von der Austrittsstelle bilden können, besonders wenn es sich um sehr feinkörnigen Staub handelt. Sie können durch Aufwirbeln zur Entstehung explosionsfähiger Atmosphäre führen. Als Schutzmaßnahme ist daher häufiges und gründliches Entfernen (ohne Aufwirbeln) der Staubablagerungen notwendig.
Bemerkung:
Auch durch Befeuchten oder durch Überschichten mit Inertstoffen lassen sich Staubablagerungen - zumindest zeitweise - unschädlich machen.

2.4.2 Verfahrenstechnische Maßnahmen, Bauart und räumliche Anordnung der Anlagen und Anlagenteile

Schon bei der Planung einer Anlage zur Handhabung brennbarer Stoffe in großen Mengen ist anzustreben, dass sich die Stoffe stets in geschlossenen Anlagenteilen befinden. Beispielsweise kann das Befüllen und Entleeren von Behältern mit brennbaren Flüssigkeiten in geschlossenen Systemen vorgenommen werden, wenn sowohl die Flüssigkeits- als auch die Gasräume der Behälter durch Leitungen miteinander verbunden werden (Gaspendelverfahren). Kontinuierliche Verfahrensweisen sind diskontinuierlichen, chargenweisen Arbeitsabläufen in der Regel vorzuziehen. Arbeitsvorgänge in benachbarten Anlagen sollten so ablaufen, dass keine gefährliche Beeinflussung eintritt. Dies lässt sich z.B. durch räumliche Trennung oder gegenseitige Abschirmung erreichen. Die weitgehende Unterteilung der brennbaren Stoffe in kleinere Mengen und die gleichzeitige Anwesenheit jeweils nur kleinerer Mengen an einem bestimmten Ort - selbst bei großem Mengenstrom - kann sicherheitstechnische Vorteile bringen. Freianlagen sind Anlagen in Gebäuden im Allgemeinen vorzuziehen, vor allem im Hinblick auf die natürliche Luftbewegung.

2.4.3 Dichtheit von Anlagenteilen

2.4.3.1 Allgemeines

Die Bildung von gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre außerhalb von Anlagenteilen kann durch die Dichtheit des Anlagenteils verhindert oder eingeschränkt werden. Hierbei wird unterschieden in:

Hinweis 1:
Bei der Konstruktion von Anlagenteilen für die Handhabung mit brennbaren Gasen, Flüssigkeiten und Stäuben sollen die Werkstoffe so ausgewählt werden, dass sie den zu erwartenden mechanischen, thermischen und chemischen Beanspruchungen standhalten. Gefahren durch Reaktionen des Wandmaterials mit den brennbaren Gemischen sind auszuschließen.
Hinweis 2:
Bei der Auswahl der Werkstoffe ist das Korrosionsverhalten zu berücksichtigen. Bei flächenhafter Abtragung sind bei der Berechnung der Wanddicke Zuschläge zu berücksichtigen; gegen Lochfraßkorrosion sind als grundsätzliche Schutzmaßnahme geeignete Werkstoffe auszuwählen sowie insbesondere auch sachgerechte Konservierungsmaßnahmen in Stillstandsphasen durchzuführen.

2.4.3.2 Auf Dauer technisch dichte Anlagenteile

(1) Bei Anlagenteilen, die auf Dauer technisch dicht sind, sind keine Freisetzungen zu erwarten.

(2) Anlagenteile gelten als auf Dauer technisch dicht, wenn

  1. sie so ausgeführt sind, dass sie aufgrund ihrer Konstruktion technisch dicht bleiben oder
  2. ihre technische Dichtheit durch Wartung und Überwachung ständig gewährleistet wird.

(3) Anlagenteile, die auf Dauer technisch dicht sind, verursachen durch ihre Bauart in ihrer Umgebung im ungeöffneten Zustand keine explosionsgefährdeten Bereiche.

(4) Auf Dauer technisch dichte Anlagen- und Ausrüstungsteile nach Absatz 2 Buchstabe a) sind z.B.

  1. geschweißte Anlagenteile mit
  2. Wellendurchführungen mit doppelt wirkender Gleitringdichtung (z.B. Pumpen, Rührwerke),
  3. Spaltrohrmotorpumpen,
  4. magnetisch gekoppelte dichtungslose Pumpen,
  5. Armaturen mit Abdichtung der Spindeldurchführung mittels Faltenbalg und Sicherheitsstopfbuchse, Stopfbuchsenabdichtung mit selbsttätig nachstellenden Packungen,
  6. stopfbuchsenlose Armaturen mit Permanent-Magnetantrieb (SLMA-Armaturen).

(5) Auf Dauer technisch dichte Rohrleitungsverbindungen 1 nach Absatz 2 Buchstabe a) sind z.B.

  1. unlösbare Verbindungen, z.B. geschweißt,
  2. lösbare Verbindungen, die betriebsmäßig nur selten gelöst werden, z.B.

(6) Auf Dauer technisch dichte Verbindungen nach Absatz 2 Buchstabe a) zum Anschluss von Armaturen sind, soweit sie selten gelöst werden, z.B.

  1. die vorgenannten Rohrleitungsverbindungen und
  2. NPT-Gewinde (National Pipe Taper Thread, kegeliges Rohrgewinde) oder andere konische Rohrgewinde mit Abdichtung im Gewinde bis DN 50, soweit sie nicht wechselnden thermischen Belastungen (Δt > 100 °C) ausgesetzt sind.

(7) Neben den rein konstruktiven Maßnahmen können nach Absatz 2 Buchstabe b auch technische Maßnahmen, kombiniert mit organisatorischen Maßnahmen, zu einem auf Dauer technisch dichten Anlagenteil führen. Hierunter fallen bei entsprechender Überwachung und Instandhaltung z.B.

  1. dynamisch beanspruchte Dichtungen, z.B. bei Wellendurchführungen an Pumpen,
  2. thermisch beanspruchte Dichtungen an Anlagenteilen.

(8) Umfang und Häufigkeit für die Überwachung und Instandhaltung richten sich im Einzelnen nach der Art der Verbindung und Konstruktion, Betriebsweise, Beanspruchung sowie Zustand und Eigenschaften der Stoffe. Sie sollen die technische Dichtheit auf Dauer gewährleisten. Es ist darauf zu achten, dass Umfang und Häufigkeit für die Überwachung und Instandhaltung zur Aufrechterhaltung der auf Dauer technischen Dichtheit im Explosionsschutzdokument oder in dort in Bezug genommenen Unterlagen festgelegt sind, z.B. in einer zugehörigen Betriebsanweisung oder im Instandhaltungsplan.

(9) Für die Überwachung kann eine der folgenden Maßnahmen ausreichend sein:

  1. Begehung der Anlage und Kontrolle z.B. auf Schlieren, Eisbildung, Geruch und Geräusche infolge Undichtheiten,
  2. Begehung der Anlage mit mobilen Leckanzeigegeräten oder tragbaren Gaswarneinrichtungen,
  3. kontinuierliche oder periodische Überwachung der Atmosphäre durch selbsttätig arbeitende, fest installierte Messgeräte mit Warnfunktion.
Hinweis:
Anlagenteile mit der Klassifizierung 0,5 oder 1 gemäß TRGS 420 Anhang 1 gelten als auf Dauer technisch dicht.
Bemerkung:
Geeignete vorbeugende Instandhaltung kann den Umfang und die Häufigkeit der Überwachung auf Dichtheit reduzieren.

2.4.3.3 Technisch dichte Anlagenteile

(1) Bei Anlagenteilen, die technisch dicht sind, sind seltene Freisetzungen zu erwarten.

(2) Anlagenteile gelten als technisch dicht, wenn bei einer für den Anwendungsfall geeigneten Dichtheitsprüfung oder Dichtheitsüberwachung bzw. -kontrolle, z.B. mit schaumbildenden Mitteln oder mit Lecksuch- oder -anzeigegeräten, eine Undichtheit nicht erkennbar ist.

(3) Beispiele für technisch dichte Anlagenteile sind:

  1. Flansch mit glatter Dichtleiste und keinen besonderen konstruktiven Anforderungen an die Dichtung,
  2. Schneid- und Klemmringverbindungen in Leitungen größer DN 32,
  3. Pumpen, deren Dichtheit nur auf einer einfach wirkenden Gleitringdichtung beruht,
  4. lösbare Verbindungen nach Nummer 2.4.3.2, die nicht nur selten gelöst werden.

2.4.3.4 Verringern betriebsbedingter Austritte brennbarer Stoffe

(1) Außerhalb von Anlagenteilen, die weder auf Dauer technisch dicht noch technisch dicht sind, ist mit der Bildung von gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre durch betriebsbedingten Austritt brennbarer Flüssigkeiten, Gase, Dämpfe oder Stäube zu rechnen.

Bemerkung 1:
Betriebsbedingte Austrittstellen sind z.B. Entlüftungs- und Entspannungsleitungen, Umfüllanschlussstellen, Peilventile, Probenahmestellen, Entwässerungseinrichtungen und bei Stäuben z.B. Übergabestellen.
Bemerkung 2:
Andere mögliche Austrittstellen sind nicht kontrollierte Flansch- oder Gehäuseverbindungen (z.B. Pumpengehäuse).

(2) Durch technische Maßnahmen können die Austrittsmengen, die Zonenausdehnung oder die Auftrittswahrscheinlichkeit explosionsfähiger Atmosphäre verringert werden, wenn z.B.:

  1. beim Umfüllen ein Vollschlauchsystem verwendet wird,
  2. in geschlossenen Systemen unter Anwendung der Gaspendelung umgefüllt wird,
  3. Entlüftungs- und Entspannungsleitungen in Gassammelsysteme geführt werden,
  4. an Probenahmestellen und Peilventilen durch besondere Einrichtungen sichergestellt ist, dass nur geringe Mengen austreten können,
  5. Entwässerungen über Schleusen geringen Rauminhalts mit gegeneinander verriegelten Absperrarmaturen vorgenommen werden,
  6. die Übergabestellen von staubförmigen bzw. staubhaltigen Produkten mit einer gegebenenfalls auch flexiblen Umhüllung aus weitgehend staubundurchlässigen Materialien versehen werden,
  7. durch Unterdruckfahrweise bei betriebsbedingten Austrittstellen ein Austreten von brennbaren Stoffen vermieden oder verringert wird,
  8. bei Anwendung der Unterdruckfahrweise (z.B. 900 mbar abs.) die Wahrscheinlichkeit des Auftretens gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre in der Umgebung von Anlagenteilen (z.B. Öffnungen, Wellendurchführungen) sehr gering ist.

2.4.3.5 Prüfen der Anlagenteile auf Dichtheit

Anlagen nach Nummer 2.4.3.2 Abs. 2 Buchstabe a) sind vor der ersten Inbetriebnahme sowie nach längeren Betriebsunterbrechungen, Veränderungen und Reparatur- oder Umbauarbeiten größeren Ausmaßes als Ganzes oder in Abschnitten auf Dichtheit zu prüfen. Technisch dichte Anlagen und Anlagen nach 2.4.3.2 Abs. 2b sind zusätzlich regelmäßig entsprechend einem Prüfplan auf ihre Dichtheit zu prüfen.

2.4.4 Lüftungsmaßnahmen

2.4.4.1 Allgemeines

(1) Durch Lüftungsmaßnahmen soll so weit wie möglich die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre verhindert oder eingeschränkt werden. Die Wirksamkeit einer Lüftungsmaßnahme wird durch verschiedene Parameter, u. a. Stärke, Verfügbarkeit und Art der Luftführung (Güte), bestimmt. (Einzelheiten hierzu siehe DIN EN 60079-10, Ausgabedatum: Sept. 1996, informativer Anhang B.)

Hinweis:
Bei der Beurteilung von Lüftungsmaßnahmen kann nicht immer von einfachen Verhältnissen ausgegangen werden. Die zu erwartende Quellstärke brennbarer Stoffe im Betriebs- und Störungszustand ist nicht immer einfach abschätzbar. Zudem sind die Verteilung brennbarer Substanzen im Raum, die Strömungsverhältnisse, die "Totzonen" sowie die Verdünnung der explosionsfähigen Atmosphäre zu berücksichtigen. Insbesondere in Ecken, abgeteilten Bereichen, Bodenvertiefungen etc. kann sich bei Gasen oder Dämpfen, die schwerer als Luft sind, gefährliche explosionsfähige Atmosphäre bilden. Trotz Lüftungsmaßnahmen können im Bereich der Austrittsstelle von brennbaren Stoffen explosionsfähige Konzentrationen verbleiben. Eine Beurteilung von Lüftungsmaßnahmen ist häufig nur mit besonderer Fachkenntnis möglich.

(2) Die Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre kann nur dort durch Lüftungsmaßnahmen sicher vermieden werden, wo eine Abschätzung der maximalen Menge (Quellstärke) evtl. austretender Gase und Dämpfe, die explosionsfähige Atmosphäre zu bilden vermögen, möglich ist und die Lage der Quelle sowie die Ausbreitungsbedingungen ausreichend bekannt sind.

Hinweis 1:
Bei Stäuben bieten Lüftungsmaßnahmen im Allgemeinen nur dann einen ausreichenden Schutz, wenn der Staub an der Entstehungsstelle abgesaugt und zusätzlich gefährliche Staubablagerungen sicher verhindert werden (vgl. 2.6).

Darüber hinaus müssen folgende Umstände berücksichtigt werden:

(3) Sind die lokalen Lüftungsverhältnisse in den betrachteten lüftungstechnischen Bereichen stark inhomogen, so muss bei der Beurteilung im Fall fehlender weiterer Zusatzinformationen von den Bedingungen der lokal niedrigsten Lüftung ausgegangen werden.

Bemerkung 1:
Bei Gasen, die leichter als Luft sind, ist die Gestaltung von Decken und Deckenauslassöffnungen wichtig. Hier hilft lüftungsunterstützend die glatte, gegebenenfalls zur Abluftöffnung hin aufsteigende Decke. Kassettendecken und breite Querträger oder Deckenbalken können die ausreichende Verdünnung solcher Gase verhindern.
Bemerkung 2:
Im günstigsten Fall können Lüftungsmaßnahmen zur Vermeidung explosionsgefährdeter Bereiche führen. Die nachstehend genannten einschränkenden Verhältnisse können jedoch dazu führen, dass lediglich eine Verringerung der Wahrscheinlichkeit des Auftretens gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre (Zone 1 oder 2 statt Zone 0, Zone 2 statt Zone 1) oder eine Verringerung der Ausdehnung der explosionsgefährdeten Bereiche (Zonen) erreicht wird.
Hinweis 2:
Bereits einfache Veränderungen der Randbedingungen können die Wirksamkeit der Lüftung wesentlich beeinträchtigen.

2.4.4.2 Natürliche Lüftung

Natürliche Lüftung ist Luftaustausch ohne gezielte technische Mittel. Der Luftaustausch erfolgt auf Grund von Dichte- bzw. Druckdifferenzen der Luft räumlich benachbarter Bereiche, ausgelöst durch Temperaturdifferenzen innerhalb/außerhalb eines Raumes oder durch Wind.

Natürliche Lüftung kann als Explosionsschutzmaßnahme nur in Anspruch genommen werden, wenn die notwendigen treibenden Kräfte der natürlichen Lüftung einen ausreichenden Luftaustausch gewährleisten.

Bemerkung 1:
In Räumen oberhalb Erdgleiche ohne besondere Be- und Entlüftungsöffnungen darf aufgrund von Witterungseinflüssen und baulicher Gestaltung eine Luftwechselzahl von mindestens n = 1 angenommen werden (Ausnahmen: Energiespar-Bauweise). Industriebauten mit Entlüftungsöffnungen im Dachbereich weisen häufig einen höheren Luftwechsel auf.
Bemerkung 2:
In Kellerräumen ist mit geringerer natürlicher Lüftung zu rechnen. Es stehen meist nur kleine Öffnungen und Fenster zur Verfügung, Temperaturdifferenzen im Raum können zwar zu Konvektion führen, aber der Luftaustausch mit Luft von außerhalb des betrachteten Raumes ist gering. Als Luftwechselzahl ist bei allseits unter Erdgleiche liegenden Kellerräumen als Richtwert etwa n = 0,4 anzunehmen. Durch gezielte Zu- und Abluftöffnungen lässt sich dieser Wert bis auf ungefähr das Doppelte erhöhen. Eine weitere Erhöhung ist bei großflächigen Wärmequellen (Temperaturdifferenz gegenüber Außentemperatur mind. 5 K) möglich.
Bemerkung 3:
Die räumliche Anordnung der Öffnungen von Zuluft und Abluft sollte die natürliche Konvektion unterstützen. Bei kleinen Räumen wird in der Regel die beste Wirkung erzielt, wenn sich die Öffnungen raumdiagonal gegenüber befinden (Querlüftung). Die sich in größeren Räumen deutlich ausprägenden Konvektionswalzen können genutzt und unterstützt werden durch entsprechende Abluftöffnungen im Deckenbereich.
Bemerkung 4:
Wenn bauliche Maßnahmen für ungehinderten Ein- und Auslass von Luft vorgesehen werden und als treibende Kräfte für natürliche Lüftung großflächig andauernd warme Flächen mit einer Temperaturdifferenz von mindestens 5 K gegenüber Außentemperatur zur Verfügung stehen, stellt sich eine natürliche Lüftung ein, die signifikant über einer üblichen technischen Lüftung liegen kann. In diesen Fällen kann die natürliche Lüftung explosionstechnisch gleichwertig behandelt werden wie eine technische Lüftung nach Nummer 2.4.4.3.

2.4.4.3 Technische Lüftung (Raumlüftung)

(1) Technische Lüftung ist der Luftaustausch mit gezielten technischen Mitteln (z.B. Ventilatoren, Luftinjektoren). Sie führt zu einer Reduzierung brennbarer Stoffe innerhalb des betrachteten lüftungstechnischen Bereiches. Sofern die technische Lüftung als Explosionsschutzmaßnahme eingesetzt wird, ist sie hinsichtlich Stärke, Güte und Verfügbarkeit zu bewerten.

Bemerkung:
Treibende Kraft ist bei der technischen Lüftung entweder Unterdruck (z.B. bei lokaler Absaugung) mit in der Regel niedriger "Reichweite" oder Überdruck (z.B. aus Frischluftauslässen) mit hoher "Reichweite".

Dabei sind folgende Erfordernisse zu beachten:

  1. Die Wirksamkeit der Lüftung ist in Abhängigkeit von der Wahrscheinlichkeit, mit der explosionsfähige Atmosphäre entstehen kann oder deren Auftreten eingeschränkt werden soll, zu überwachen. Sofern die Überwachung der Lüftung automatisch erfolgt, muss sie sich auf das Auftreten gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre selbst (z.B. durch Gaswarngeräte) oder zumindest auf den zu überwachenden Luftstrom (z.B. durch Strömungswächter) beziehen. Eine Überwachung des Betriebes von Teilen der Lüftungsanlage (z.B. Überwachung der Ventilatordrehzahl) ist in der Regel nicht ausreichend.
  2. Das in einem explosionsgefährdeten Abluftsystem geförderte Gemisch ist in Bereiche ohne Zündgefahren abzuführen; andernfalls sind Maßnahmen gegen Zündgefahren (entsprechend der im Abluftsystem vorliegenden Zone) in diesen Bereichen zu treffen oder es ist ein Flammenrückschlag in das Abluftsystem zu verhindern.
Hinweis:
Diese Forderung ist von besonderer Bedeutung für das Vermeiden von Zündgefahren durch nachgeschaltete Abluftreinigungsanlagen.
  1. Ansaugen von Zuluft aus explosionsgefährdeten Bereichen darf die Gefährdung nicht erhöhen. Wird Zuluft aus explosionsgefährdeten Bereichen entnommen, sind daher zusätzliche Maßnahmen (z.B. Einsatz von Gaswarngeräten) erforderlich.
  2. Zur Auslegung der Lüftung ist die Kenntnis von Ort, maximaler Stärke und Häufigkeit der Quelle explosionsfähiger Atmosphäre erforderlich; hierbei sind auch Betriebsstörungen (z.B. Leckagen an Dichtelementen) zu berücksichtigen.

(2) Ein Beispiel für die Be- und Entlüftung des Inneren von Anlagenteilen und anderen umschlossenen Räumen ist im Anhang aufgeführt.

2.4.4.4 Objektabsaugung

(1) Ist eine Austrittstelle brennbarer Gase, Dämpfe oder Stäube aus einem Anlagenteil bekannt (z.B. Entlüftungs- und Beschickungsöffnungen), so können die austretenden Stoffe gezielt erfasst und abgeführt werden, z.B. durch Randabsaugung an offenen Behältern.

(2) Die Absaugung ist auf der Grundlage der spezifischen Parameter der zu erfassenden Stoffe, der anlagen- und prozesstechnischen sowie der betrieblichen Gegebenheiten auszulegen. Mögliche Störungen sind zu berücksichtigen.

Hinweis:
Werden keine besonderen technischen Maßnahmen getroffen, bleibt die Erfassung brennbarer Gase, Dämpfe oder Stäube auf den unmittelbaren Bereich der Objektabsaugung beschränkt.

2.5 Überwachung der Konzentration in der Umgebung von Anlagenteilen

2.5.1 Allgemeines

(1) Zur Erkennung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre können Gaswarngeräte verwendet werden. Sie dienen als Grundlage für die Einleitung von Schutzmaßnahmen. Sie werden verwendet zur manuellen oder automatischen Auslösung von Schutzmaßnahmen oder auch von Notfunktionen zur Stilllegung der Anlage.

Hinweis:
Neben ihrer Aufgabe der Warnung vor Explosionsgefahr können Gaswarngeräte auch Aufgaben der Warnung vor Gesundheitsgefahren übernehmen. Die hierfür maßgeblichen Konzentrationen liegen in der Regel um Zehnerpotenzen niedriger als die unteren Explosionsgrenzen.

(2) Für den Einsatz von Gaswarngeräten gilt:

  1. genügende Kenntnis über die zu erwartenden Stoffe, die Lage ihrer Quellen, ihre maximalen Quellstärken und die Ausbreitungsbedingungen,
  2. eine den Einsatzbedingungen angemessene Funktionsfähigkeit der Geräte, insbesondere bezüglich Ansprechzeit, Ansprechwert und Querempfindlichkeit,
  3. vermeiden von gefährlichen Zuständen bei Ausfall einzelner Funktionen der Gaswarnanlage (Verfügbarkeit),
  4. Möglichkeit, die zu erwartenden Stoffe durch geeignete Wahl von Anzahl und Ort der Messstellen ausreichend schnell und sicher zu erfassen,
  5. Kenntnis des Bereiches, der bis zum Wirksamwerden der durch das Gerät auszulösenden Schutzmaßnahmen explosionsgefährdet wird. In diesem Bereich (abhängig von den Nummern 1 bis 4) sind Schutzmaßnahmen zur Zündquellenvermeidung erforderlich,
  6. ausreichend sicheres Verhindern des Auftretens gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre außerhalb des Bereiches in Nummer 5 durch die auszulösenden Schutzmaßnahmen und
  7. durch eine Fehlauslösung dürfen keine anderweitigen Gefahren auftreten.

(3) Gaswarngeräte für den Einsatz im Rahmen von Explosionsschutzmaßnahmen gem. TRBS 2152 Teil 2/TRGS 722 sind hinsichtlich der messtechnischen Funktionsfähigkeit und der funktionalen Sicherheit für den vorgesehenen Einsatzfall geeignet auszuwählen. Hierbei sind die in der Betriebsanleitung genannten Anforderungen hinsichtlich der messtechnischen Funktionsfähigkeit zu beachten.

Bemerkung 1:
Die Anforderungen an die messtechnische Funktionsfähigkeit von Gaswarngeräten sind im Anhang II, Abschnitte 1.5.5 bis 1.5.7 der Richtlinie 94/9/EG beschrieben.
Bemerkung 2:
Die in der von der Berufsgenossenschaft der Chemischen Industrie herausgegebenen "Liste des Verzeichnisses der durch anerkannte nationale Prüfstellen auf Funktionsfähigkeit geprüften Gaswarngeräte" aufgeführten Gaswarngeräte gelten als geeignet.

(4) Die Gaswarngeräte sind nach ihrer Errichtung und in angemessenen Zeitabständen auf ihre Funktionsfähigkeit zu überprüfen. Darüber hinaus sind sie regelmäßig instand zu halten.

(5) Gaswarnanlagen müssen so installiert und betrieben werden, dass jederzeit ein Eingreifen von Hand in den von der Gaswarnanlage gesteuerten automatischen Ablauf möglich ist. Dieser Eingriff darf nicht zum Verlust der Explosionssicherheit führen und darf nur von hierfür befugten Personen vorgenommen werden.

2.5.2 Gaswarnanlagen mit Alarmierung

(1) Die Sensoren oder Detektierungsstellen der Gaswarngeräte sind in der Nähe der Stellen anzubringen, an denen mit dem Auftreten explosionsfähiger Atmosphäre zu rechnen ist.

Die Alarmschwelle des Gerätes muss auf eine Konzentration mindestens so weit unterhalb der unteren Explosionsgrenze eingestellt sein, dass nach Alarmierung die in der Betriebsanweisung festgelegten Maßnahmen wirksam werden können.

(2) Es ist zu prüfen, ob allein organisatorische Maßnahmen zur Vermeidung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre ausreichend sind.

Bemerkung:
Es empfiehlt sich, die Alarmschwelle bei so niedrigen Konzentrationen festzusetzen, wie es aus betriebstechnischen Gründen gerade noch sinnvoll ist.

2.5.3 Gaswarnanlagen mit automatischen Schaltfunktionen

(1) Gaswarnanlagen können neben der Alarmierung noch zusätzliche Funktionen übernehmen. Die Anlage bleibt dabei in Betrieb. Die Maßnahmen können sich entweder auf die Atmosphäre außerhalb oder auf das Innere der Anlagenteile beziehen. Beim Erreichen einer Schaltschwelle 2 oder bei darüber liegenden, aber noch unbedenklichen Konzentrationen löst die Gaswarnanlage über automatische Schaltvorgänge Maßnahmen aus, die erfahrungsgemäß eine Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre sicher verhindern. Beispielsweise können beim Erreichen der Schaltschwelle besondere Lüftungseinrichtungen von der Gaswarnanlage in Betrieb gesetzt werden. In dem Anlagenteil können weitere Maßnahmen ausgelöst werden, z.B. Herabsetzung des Innendruckes, Absperren der undichten Anlagenteile, Inertisierung, Abschalten von wirksamen Zündquellen.

(2) Diese Maßnahmen haben damit in der Regel einen Einfluss auf die Ausdehnung der gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre oder auf die Wahrscheinlichkeit des Auftretens explosionsfähiger Atmosphäre.

2.5.4 Gaswarnanlagen mit automatischer Auslösung von Notfunktionen

(1) Erreicht die Konzentration eine festzulegende Schaltschwelle, die üblicherweise oberhalb der Schaltschwelle nach Nummer 2.5.2 oder Nummer 2.5.3 liegt, werden durch die Gaswarnanlage über die in Nummer 2.5.3 beschriebenen Maßnahmen hinaus automatische Abschaltvorgänge ausgelöst, die ein gefahrloses Abfahren der gefährdeten Anlagen oder Anlagenteile bewirken.

(2) Diese Maßnahmen haben damit in der Regel einen Einfluss auf die Ausdehnung der gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre oder auf die Wahrscheinlichkeit des Auftretens gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre.

2.6 Maßnahmen zum Beseitigen von Staubablagerungen in der Umgebung staubführender Anlagenteile und Behälter

(1) Staubablagerungen in der Umgebung staubführender Anlagenteile und Behälter sind nach Möglichkeit zu vermeiden. Unvermeidbare Staubablagerungen sind regelmäßig zu beseitigen.

(2) In Arbeits- und Betriebsräumen sind daher regelmäßige Reinigungsmaßnahmen durchzuführen, z.B. auf der Grundlage von Reinigungsplänen, in denen Art, Umfang und Häufigkeit von Reinigungsmaßnahmen und die jeweiligen Verantwortlichkeiten verbindlich geregelt werden. Die Festlegungen sind den individuellen Verhältnissen des Einzelfalls anzupassen (vgl. auch TRBS 2152 Teil 1/TRGS 721).

Hinweis 1:
Besonders zu beachten sind schlecht einsehbare (z.B. höher gelegene) oder schwer zugängliche Oberflächen, auf denen sich im Lauf der Zeit erhebliche Staubmengen ablagern können. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass bei größerer Staubfreisetzung infolge von Betriebsstörungen (z.B. Beschädigen oder Platzen von Gebinden, Leckagen) zusätzliche Maßnahmen zur unverzüglichen Beseitigung der Staubablagerungen getroffen werden.

3 Zoneneinteilung explosionsgefährdeter Bereiche

(1) Sofern es nicht gelingt, gefährliche explosionsfähige Atmosphäre völlig zu vermeiden, ist eine Einteilung explosionsgefährdeter Bereiche in Zonen erforderlich.

(2) Aus der Zoneneinteilung ergibt sich der Umfang der zu ergreifenden Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten, die durch gefährliche explosionsfähige Atmosphäre gefährdet werden können.

(3) Bezüglich der Zonendefinition wird auf TRBS 2152 Teil Allgemeines Nummer 2.2/TRGS 720, Nummer 2.2 verwiesen.

Bemerkung 1:
Zur Zone 0 kann in der Regel nur das Innere von Behältern oder das Innere von Anlagenteilen (Verdampfer, Reaktionsgefäße usw.) gehören.
Bemerkung 2:
Zur Zone 1 können u. a. gehören:
Bemerkung 3:
Zur Zone 2 können u. a. gehören:
Bemerkung 4:
Zur Zone 20 kann in der Regel nur das Innere von Behältern oder das Innere von Anlagenteilen (z.B. Behältern, Rohrleitungen, Apparaturen) gehören.
Bemerkung 5:
Zur Zone 21 können Bereiche im Inneren von Anlagen (z.B. Silos, Mischer) oder Bereiche in der unmittelbaren Umgebung von Anlagen (z.B. Staubentnahmestellen oder Füllstationen) gehören. Weiter können dazu auch Bereiche gehören, in denen abgelagerter Staub in so großer Menge vorliegt, dass es bereits im Normalbetrieb gelegentlich zum Aufwirbeln gefährlicher explosionsfähiger Staub-/Luft-Gemische kommen kann.
Bemerkung 6:
Zur Zone 22 können auch Bereiche in der Umgebung Staub enthaltender Apparaturen gehören, wenn Staub nur in nicht explosionsfähiger Konzentration austritt und sich lediglich längerfristig Staubablagerungen bilden, die auch nur kurzzeitig zu gefährlichen explosionsfähigen Staub-/Luft-Gemischen aufgewirbelt werden können.

(4) Bestehen bei der Einteilung in Zonen Zweifel, muss sich in dem gesamten explosionsgefährdeten Bereich der Umfang der Schutzmaßnahmen nach der jeweils höchstmöglichen Wahrscheinlichkeit des Auftretens gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre richten. Aus diesem Grunde ist in den Fällen, in denen Stäube mit Gasen, Dämpfen oder Nebeln gemeinsam gefährliche explosionsfähige Atmosphäre bilden können (hybride Gemische), die Einteilung des explosionsgefährdeten Bereiches sowohl nach den Zonen 0, 1 und 2 als auch nach den Zonen 20, 21 und 22 in Erwägung zu ziehen.

(5) Durch geeignete Maßnahmen gemäß Nummern 2.2 bis 2.6 kann die Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins explosionsfähiger Atmosphäre reduziert werden. Dies ist bei der Zoneneinteilung zu berücksichtigen.

(6) Durch eine funktionssichere, einfach überwachte betriebliche Inertisierung mit entsprechenden Maßnahmen bei Ausfall der Inertisierung (z.B. Abfahren der Anlage) ist in der Regel eine Reduzierung um eine Stufe gegenüber dem nichtinertisierten Zustand möglich (z.B. von Zone 1 ohne Inertisierung auf Zone 2 mit Inertisierung).

(7) Durch eine Inertisierung, die bei Auftreten eines vorhersehbaren Fehlers noch wirksam ist, ist in der Regel eine Reduzierung um zwei Stufen gegenüber dem nichtinertisierten Zustand möglich (z.B. von Zone 0 ohne Inertisierung auf Zone 2 mit Inertisierung).

(8) Durch eine Inertisierung, die bei Auftreten von zwei voneinander unabhängigen Fehlern noch wirksam ist, kann ein explosionsgefährdeter Bereich der Zone 0 oder 20 in einen nichtexplosionsgefährdeten Bereich überführt werden.

(9) Die Absätze 6 bis 8 gelten sinngemäß auch für Lüftungsmaßnahmen.

_______________
1) Schlauchleitungen sind wie Rohrleitungen zu behandeln.

2) Aus der Sicht des Anlagenbetreibers entspricht die "Schaltschwelle" der Gaswarnanlage dem Begriff "Grenzwert"

.

  Anhang zur
TRBS 2152 Teil 2/ TRGS 722

1 Auslegung einer Inertisierung

1.1 Partielle Inertisierung

Nachfolgend ist ein Rechenbeispiel für die partielle Inertisierung aufgeführt:

Ein bestimmer Prozess mit Propan (als einzigem brennbaren Stoff) ist bei ca. 20 °C und 1 bar so mit Stickstoff zu inertisieren, dass im Inneren der Anlagenteile und Rohrleitungen keine gefährliche explosionsfähige Atmosphäre entsteht. Die Sauerstoffkonzentration der Gasphase kann überwacht werden.

Die Sauerstoffgrenzkonzentration wird Tabelle 1 entnommen (Molgehalt Cmax O2 = 9,8 %, alte Bezeichnung Cmax O2 = 9,8 Vol.%). Im vorliegenden Fall sei bekannt, dass verfahrensbedingt die Sauerstoffkonzentration örtlich und zeitlich um ±1 % (Molgehalt) schwanken kann. Ferner sollen evtl. Schutzfunktionen so schnell wirksam werden, dass nach ihrer Auslösung die Sauerstoffkonzentration maximal noch um 1 % ansteigen kann. Für die Schwankung werden hier 2 % angesetzt, da bei einer möglichen Schwankung von ±1 % um einen mittleren Wert der höchste Wert (der in diesem Beispiel nicht über 9,8 % - dem Wert der Sauerstoffgrenzkonzentration - liegen darf) und der niedrigste Wert (der z.B. am Ort der Sauerstoffkonzentrationsmessung vorliegen kann) um 2 % auseinander liegen können.

Damit wird die höchstzulässige Sauerstoffkonzentration auf

(9,8-2-1) % = 6,8%

festgelegt. Zur Berücksichtung der Eigenschaften der Sauerstoffüberwachungseinrichtung (u. a. Messabweichungen, Alarmverzögerungen) wird weiterhin eine Alarmschwelle unterhalb der höchstzulässigen Sauerstoffkonzentration bestimmt. Der hierfür nötige Sicherheitsabstand betrage im vorliegenden Fall ca. 3 %, so dass die Alarmschwelle bei

(6,8 - 3) % = 3,8 %

liegt. Überschreitet die im Prozess gemessene Sauerstoffkonzentration die Alarmschwelle von 3,8 % (Molgehalt), so werden die Schutzfunktionen ausgelöst.

1.2 Totale Inertisierung

Nachfolgend ist ein Rechenbeispiel für die totale Inertisierung mit zwei unterschiedlichen Inertgasen aufgeführt:

In einem Behälter soll Hexan bei 20 °C mit Inertgas (ohne Luft) so unter Druck stehen, dass bei einer Undichtigkeit im Gasraum des Behälters explosionsfähige Atmosphäre im Freien nicht entstehen kann. Hexan hat bei 20 °C einen Sattdampfdruck von ca. 0,16 bar.

a) Stickstoff als Inertgas:
Der Tabelle 1 ist zu entnehmen, dass für die Inertisierung mit Stickstoff das Verhältnis der Molanteile und damit in guter Näherung der Partialdrücke von Stickstoff und Hexandampf mindestens 42 betragen muss, d. h. der Partialdruck des Stickstoffs muss mindestens bei

(42 x 0,16) bar = 6,7 bar

liegen. Bei homogener Mischung des Stickstoffs mit dem Hexandampf im Behälter ist somit durch Aufdrücken von Stickstoff ein Gesamtdruck von

(6,7 + 0,16) bar = 6,9 bar

(entsprechend einem Überdruck gegen Atmosphäre von 5,9 bar) im Behälter erforderlich.

b) Kohlendioxid als Inertgas:
Bei der Inertisierung mit Kohlendioxid beträgt das Verhältnis der Molanteile von Kohlendioxid zu Hexandampf nach Tabelle 1 mindestens 32. Die analoge Rechnung ergibt, dass zum Erreichen des Schutzzieles durch Zugabe von Kohlendioxid ein Gesamtdruck von

(32 x 0,16 + 0,16) bar = 5,3 bar

(entsprechend einem Überdruck von 4,3 bar) einzustellen ist.

2 Erkenntnisquellen für die Zoneneinstufungen

Für bestimmte Anwendungsfälle kann die Beispielsammlung der BG Chemie als Erkenntnisquelle für die Einstufung explosionsgefährdeter Bereiche in Zonen herangezogen werden.

ENDE

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