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VSK Abbeizverfahren - Anwendung des Abbeizverfahrens für das Entfernen bleihaltiger Beschichtungen auf Holz und die Vorbereitung für die anschließende Neubeschichtung im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen auf Baustellen
- Verfahrens- und stoffspezifische Kriterien (VSK) -
Berufsgenossenschaft Holz und Metall
Stand 23. Juli 2014aufgehoben
Siehe Fn. *
Vom Ausschuss für Gefahrstoffe - AGS als VSK gem. TRGS 420 anerkanntes standardisiertes Arbeitsverfahren.
1 Allgemeines
Aufgrund seiner guten technischen Eigenschaften wurde Bleiweiß (Handelsbezeichnungen u.a. Kremser Weiß, Schieferweiß und Holländerweiß) bis in die 60er Jahre (ehemalige DDR bis Mitte der 80er) des 20. Jahrhunderts als Zusatz in Lacken verwendet.
Beim herkömmlichen Entfernen von Altbeschichtungen auf Bauteilen aus Holz mittels Schleifen bzw. thermischer Verfahren können bleihaltige Stäube bzw. bleihaltige Rauchgase entstehen, die eine Belastung für Personen und die Umwelt darstellen.
Bei dem hier beschriebenen Verfahren wird über alle Arbeitsschritte hinweg die Staubentstehung dadurch minimiert, dass man im Nassverfahren (hier: kaltes pastöses und staubbindendes Abbeizverfahren) arbeitet.
Diese Expositionsbeschreibung deckt keine Schleifarbeiten ab. Sowohl beim Anschleifen von nicht vollständig entfernten Beschichtungsresten als auch beim Nachschleifen bereits abgebeizter Oberflächen kann immer noch Blei in der Luft in messbaren Konzentrationen nachgewiesen werden. Deswegen sind für solche Schleifarbeiten eine zusätzliche Gefährdungsbeurteilung und gegebenenfalls weitere, über die hier beschriebenen hinausgehende Schutzmaßnahmen erforderlich.
Die Gefahrstoffverordnung [ 1] fordert den Arbeitgeber in §§ 7 und 9 auf, zu ermitteln, ob die Arbeitsplatzgrenzwerte eingehalten sind. Dies kann durch Arbeitsplatzmessungen oder durch andere gleichwertige Beurteilungsverfahren erfolgen. Falls keine Arbeitsplatzgrenzwerte vorliegen, ist die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen durch geeignete Beurteilungsmethoden nachzuweisen.
Diese Expositionsbeschreibung kann entsprechend § 7 Gefahrstoffverordnung als Hilfe zur Gefährdungsbeurteilung bei der Festlegung der Maßnahmen verwendet werden. Darüber hinaus kann bei der Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 Arbeitsschutzgesetz [ 2] und § 3 Betriebssicherheitsverordnung [ 3] diese Expositionsbeschreibung mit herangezogen werden. Die Verpflichtungen zum Einsatz von Stoffen und/oder Verfahren mit geringerem Risiko, zur Beachtung der Rangfolge der Schutzmaßnahmen und zur Unterrichtung und Unterweisung der Beschäftigten usw. bleiben bestehen.
2 Anwendungsbereich
Diese Expositionsbeschreibung gilt für das Entfernen bleihaltiger Beschichtungen auf Holz und die Vorbereitung für die anschließende Neubeschichtung im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen auf offenen Baustellen an offenen Fenstern und Türen der Gebäudefassade und stellt ein Beurteilungsverfahren für die verschiedenen Arbeitsschritte beim Entfernen von bleihaltigen Beschichtungen (Abbeizer auftragen, angelöste Farbschichten entfernen) und den Nachbehandlungsverfahren (feucht Nachreinigen, Glätten der Grundierung) nach diesem Verfahren dar. Sämtliche Arbeitsschritte werden im Nassverfahren durchgeführt. Das Auftragen der Maskierung, die gleichzeitig der Grundierung dient, sowie Holzreparaturen sind ebenfalls Gegenstand dieser Expositionsbeschreibung.
Diese Expositionsbeschreibung ist nur für Arbeiten an offenen Baustellen an geöffneten Fenstern und Türen gültig, d.h. für das Abbeizen von Fenstern und Türen der Gebäudefassade.
Es werden Kriterien für die unmittelbare Anwendung von Schutzmaßnahmen bei gleichzeitigem Verzicht auf eine messtechnische Überwachung der beschriebenen Tätigkeiten festgelegt.
3 Arbeitsverfahren
Das Verfahren ist ein Abbeiz- und Beschichtungsverfahren, das eine staubarme Bearbeitung bleibelasteter Anstriche auf Holz unter Einhaltung der Anforderungen der TRGS 505 "Blei" [ 4] ermöglicht. Alle nachfolgend aufgeführten Einzeltätigkeiten und Messungen beziehen sich auf Arbeiten am Sanierungsobjekt, direkt auf der Baustelle.
Die Expositionsbeschreibung gilt für die Anwendung von Abbeizern mit der folgenden Rahmenrezeptur:
| Identifikation | Gefährlicher Inhaltsstoff | Konzentrationsbereich |
| EG-Nummer: 906-170-0 Reg.Nr.: 01-2119475445-32 |
Reaktionsmasse aus Dimethyladipat, Dimethylglutarat, Dimethylsuccinat | 40 - 45 % |
| CAS: 111-90-0 EINECS: 203-919-7 Reg.Nr.: 02-2119679655-21 |
2-(2-Ethoxyethoxy)-ethanol | 14 - 18 % |
| CAS : 34590-94-8 EINECS: 252-104-2 |
Dipropylenglykolmonomethylether, Isomerengemisch | 8 - 12 % |
| CAS: 2687-91-4 EINECS: 220-250-6 |
N-Ethyl-2-pyrrolidon | 3 - < 5 % |
| CAS: 64742-48-9 EINECS: 265-150-3 |
Naphta (Erdöl), mit Wasserstoff behandelte schwere (Benzol < 0,1 %) | 3 - 5 % |
| CAS: 69011-36-5 | Oxoalkohol C13 ethoxyliert mit 6 - 9 Mol EO | 1 - < 3 % |
| CAS: 27323-41-7 EINECS: 248-406-9 |
Dodecylbenzolsulfonsäure, Verbindung mit 2, 2", 2"- Nitrilotriethanol |
< 2,5 % |
sowie Stoffe ohne gefährliche Eigenschaften und ohne AGW.
3.1 Arbeitsvorbereitung für die Abbeiztätigkeit
Bei einer Sanierung werden üblicherweise alle beweglichen Teile der zu bearbeitenden Holzbauteile ausgebaut und in der Werkstatt bearbeitet; auf der Baustelle selbst werden somit in der Regel nur die Fensterrahmen und/oder Türzargen saniert.
Für das Abnehmen der angelösten Farbschichten sowie das Nachreinigen ist die nähere Umgebung z.B. am Fenster bzw. einer Tür mit Malervlies und Folien so abzudecken bzw. sind Auffangrinnen so anzubringen, dass die frei werdenden angelösten Farbschichten vollständig aufgenommen werden können.
Gefährdungen können für andere Beschäftigte entstehen, die nicht unmittelbar mit den Abbeizarbeiten beschäftigt sind, wie auch für Dritte. In diesen Fällen sind die Arbeitsbereiche durch eine Abschottung abzutrennen. Ebenso kann es notwendig werden, Grundstückbereiche vor der Gebäudefassade vor Kontamination zu schützen.
3.2 Abbeizer auftragen
Das Auftragen des Abbeizers erfolgt je nach Witterung und Temperatur sowie in Abhängigkeit der Schichtdicke und der Art des abzutragenden Lackes in der Regel am Vortag der eigentlichen Farbentfernung. Erfahrungsgemäß dauert die Einwirkung mehrere Stunden. Der Auftrag des pastösen Abbeizmittels erfolgt mit Pinsel, Rolle oder Quast.
Abb. 1: Fensterrahmenbeschichtung nach mehrstündiger Einwirkung des Abbeizers (Bildnachweis: Denkmalpflege Hans Ritt, Untergriesbach)
3.3 Angelöste Farbschichten abtragen
Die Abnahme der pastös gebundenen Farbschichten erfolgt von Hand mit Schaber, Profileisen, Ziehklinge usw. Für stark profilierte Teile kann im Einzelfall auf Messingbürsten zurückgegriffen werden. Um Verschleppungen der abgebeizten Farbschichten zu vermeiden sowie zusätzliche Emissionen aus dem Abbeizer zu reduzieren, müssen die anfallenden Reste regelmäßig in verschließbaren Gefäßen gesammelt werden.
Durch das Arbeiten im Nassverfahren und die überwiegend pastöse Struktur kommt es zu keiner Staubentstehung, siehe Kapitel 5.
Abb. 2: Staubarmes Abschaben der angelösten Fensterrahmenbeschichtung (Bildnachweis: Denkmalpflege Hans Ritt, Untergriesbach)
3.4 Feucht Nachreinigen der freigelegten Holzoberfläche
Der freigelegte Untergrund ist mit Wasser intensiv nachzureinigen um Abbeizerrückstände restlos zu entfernen. Diese Reinigung erfolgt manuell unter Verwendung von Schwamm und Messingbürste. Das Reinigungswasser ist zu sammeln und fachgerecht zu entsorgen.
Aufgefangen wird das Reinigungswasser in Auffangrinnen (Halbschalen); diese werden manuell in dicht verschließbare Behälter entleert.
3.5 Holzreparaturen
Eventuell notwendige Holzreparaturen dürfen erst nach vollständiger Beschichtungsentfernung durchgeführt werden.
Abb. 3: Holzreparatur nach vollständiger Beschichtungsentfernung (Bildnachweis: Denkmalpflege Hans Ritt, Untergriesbach)
3.6 Maskierung auftragen
Vor einer weiteren Bearbeitung ist das Holz ausreichend (Holzfeuchte < 15 %) trocknen zu lassen. Unmittelbar danach erfolgt ohne Zwischenschliff ein manueller Auftrag der gefärbten Maskierung. Diese dient der optischen Kontrastgebung gegen Durchschleifen auf eventuell bleihaltigen Restschichten.
Mit dem Verfahrensschritt der Maskierung wird eine Warnwirkung vor dem Durchschleifen auf bleihaltige Schichten erzielt, was ein besonderer Aspekt dieses Verfahrens im Sinne des Arbeitsschutzes ist.
Das Auftragen der Maskierung erfolgt typischerweise auf Basis von Alkydharz, wasserlösliches Acrylharz bzw. Leinöl und dient damit gleichzeitig der Grundierung.
3.7 Glätten der neu aufgebrachten Maskierung
Nach Erreichen einer ausreichenden Schicht wird die Oberfläche erstmals mit feuchtem Faservlies egalisiert. Das Faservlies muss dabei regelmäßig ausgewrungen und ständig nass gehalten werden. Das Wasser ist zu sammeln und fachgerecht zu entsorgen.
4 Gefahrstoffe
Beim Auftrag des Abbeizers sind im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung in Bezug auf einer inhalativen Exposition ausschließlich die Inhaltsstoffe aus dem Abbeizer, beim nachträglichen Entfernen der angelösten Farbschichten sowohl die Inhaltsstoffe aus dem Abbeizer als auch bleihaltige Stäube und beim Glätten der aufgebrachten Grundierung (Maskierung) ausschließlich bleihaltige Stäube zu berücksichtigen. Beim Auftragen der Maskierung auf Basis von Alkydharzen bzw. Leinöl sind es Lösemittel und bei Holzreparaturarbeiten Holzstaub.
4.1 Komponenten aus dem Abbeizer
Bei diesem Verfahren kommen Dichlormethan-, Aromaten- und N-Methyl-2-pyrrolidonfreie Abbeizer der unter Nummer 3 aufgeführten Rahmenrezeptur zum Einsatz. Als Stoffe mit Arbeitsplatzgrenzwerten nach TRGS 900 "Arbeitsplatzgrenzwerte" [ 6] bzw. als Beurteilungsmaßstab für die Befundermittlung nach TRGS 402 "Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition" [ 7] sind zu berücksichtigen:
| Gefahrstoff | Beurteilungsmaßstab zur Befundermittlung gemäß TRGS 402 (alle Werte in mg/m3) |
| Dimethyladipat | 8 AGW, KZW Kat I (Überschreitungsfaktor 2) |
| Dimethylglutarat | 8 AGW, KZW Kat I (Überschreitungsfaktor 2) |
| Dimethylsuccinat | 8 AGW, KZW Kat I (Überschreitungsfaktor 2) |
| Gemisch aus Dimethyladipat, Dimethylglutarat, Dimethylsuccinat | 8 AGW (Summengrenzwert), KZW Kat I (Überschreitungsfaktor 2) |
| 2-(2-Ethoxyethoxy)-ethanol (Diethylenglykolmonoethylether) |
35 AGW, KZW Kat I (Überschreitungsfaktor 2) |
| (2-Methoxymethylethoxy)propanol (Isomerengemisch) | 310 AGW, KZW Kat I (Überschreitungsfaktor 1) |
| Kohlenwasserstoffgemisch | 600 AGW (RCP-Methode), KZW Kat II (Überschreitungsfaktor 2) |
| N-Ethyl-2-pyrrolidon | 9,4 MAK, KZW Kat I (Überschreitungsfaktor 2) |
4.2 Bleihaltige Stäube
Für Blei und seine Verbindungen ist momentan kein nationaler Arbeitsplatzgrenzwert festgelegt. Daher ist die Arbeitsplatzkonzentration soweit wie möglich zu minimieren. Bei abrasiven Arbeiten kann durch den Einsatz von staubarmen Maschinen eine Arbeitsplatzkonzentration von 0,1 mg/m3unterschritten werden [ 12]. In der TRGS 903 "Biologische Grenzwerte" [ 8] ist für Blei ein Biologischer Grenzwert von 400 μg/l, für Frauen < 45 Jahre 300 μg/l aufgeführt.
5 Befund
Üblicherweise werden die vorgenannten Tätigkeiten nicht über die gesamte Schicht durchgeführt. Bei der Berechnung der Stoff- und Bewertungsindices wurden für das Auftragen des Abbeizers als maximale Expositionsdauer 2 Stunden pro Schicht angesetzt, für alle anderen Tätigkeiten als Worst Case-Betrachtung die gesamte Schicht.
Kurzzeitwertbetrachtung: auf Grund der quasi kontinuierlichen Arbeitsweise beim Auftragen des Abbeizers bzw. beim Entfernen der angelösten Farbschichten kann verfahrensbedingt grundsätzlich von einer gleichmäßigen Belastung der Atemluft ausgegangen werden. Die effektive Tätigkeitsdauer während der Expositionsmessungen lag i.d.R. bei 80 bis 90 % der Messdauer. Realistisch betrachtet sind keine größeren Schwankungen der Konzentration der Stoffe in der Atemluft und somit keine relevanten Abweichungen von den Schichtmittelwerten nach oben zu erwarten.
5.1 Bleibelastung
Beim Abtragen der angelösten Farbschichten liegt der mit Abstand höchste Stoffindex für das Blei bei 0,36, der nächst niedrigere bei 0,19. Alle weiteren Stoffindices liegen unterhalb von 0,10. Bei den parallel durchgeführten ortsfesten Messungen in unmittelbarem Bereich der Bearbeitungsstelle liegt der höchste Stoffindex bei 0,02; alle weiteren Stoffindices liegen unterhalb von 0,01 (analytische Bestimmungsgrenze des Verfahrens).
Beim nachträglichen Glätten der neu aufgebrachten Maskierung liegt der höchste Stoffindex bei 0,06, der nächst niedrigere Stoffindex bei 0,01. Von den 7 Messungen an der Person liegen insgesamt 4 Stoffindices unterhalb von 0,01 (analytische Bestimmungsgrenze des Verfahrens).
Während Instandsetzungsarbeiten (Stemmen, Sägen, Fräsen, Bohren usw.) an den abgebeizten, gereinigten und getrockneten Bauelementen wurden einzelne personengetragene Messungen der Bleibelastung durchgeführt. Der höchste Stoffindex liegt bei 0,03, die weiteren Indices bewegen sich im Bereich der analytischen Bestimmungsgrenze des Verfahrens. Die Ergebnisse der parallel durchgeführten ortsfesten Messungen lagen unterhalb der analytischen Bestimmungsgrenze des Verfahrens.
5.2 Belastung durch Komponenten aus dem Abbeizer
Beim Auftragen des Abbeizers liegt für das Gemisch der Dibasenester der höchste Bewertungsindex bei 0,23, der nächst niedrigere bei 0,07. Für das Gesamtgemisch der flüchtigen organischen Verbindungen liegt der höchste Bewertungsindex bei 0,28, der nächst niedrigere bei 0,14.
Beim Abtragen der angelösten Farbschichten liegt für das Gemisch der Dibasenester der höchste Bewertungsindex bei 0,54, der nächst niedrigere bei 0,44. Für das Gesamtgemisch der flüchtigen organischen Verbindungen liegt der höchste Bewertungsindex bei 0,66, der nächst niedrigere bei 0,56.
Der Stoffindex für die Komponente N-Ethyl-2-pyrrolidon (NEP) liegt beim Auftragen des Abbeizers bei max. 0,02 und beim Abtragen der angelösten Farbschichten bei max. 0,03.
Zur Risikobeurteilung des eingesetzten NEP-haltigen Abbeizers und dem toxikologischen Endpunkt der möglichen Fruchtschädigung von NEP:
Der Stoff N-Ethyl-2-pyrrolidon (CAS 2687-91-4) ist auch unter Berücksichtigung des reproduktionstoxischen Potentials in der MAK-Liste bewertet und es ist ein MAK-Wert von 2 ppm (9,4 mg/m3) mit einer Schwangerschaftsgruppe "C" abgeleitet.
Schwangerschaftsgruppe C bedeutet, dass eine fruchtschädigende Wirkung bei Einhaltung des MAK-Wertes nicht befürchtet werden muss. Da diese Expositionsbeschreibung die Einhaltung des MAK-Wertes sicherstellt, ist demnach keine Gefährdung von Frauen im gebärfähigen Alter/Schwangeren zu erwarten.
Es ist zu beachten, dass der Stoff NEP mit "H" markiert ist. Dies bedeutet, dass der Stoff über die Haut resorbiert wird, so dass der Hautkontakt zu berücksichtigen ist. Die TRGS 900 Abschnitt 2.6 [ 6] führt dazu aus:
"(2) Beim Umgang mit hautresorptiven Stoffen ist die Einhaltung des Luftgrenzwertes für den Schutz der Gesundheit nicht ausreichend. Durch organisatorische und arbeitshygienische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass der Hautkontakt mit diesen Stoffen unterbleibt. Bei unmittelbarem Hautkontakt ist die TRGS 401 [ 10] zu beachten."
Eine fruchtschädigende Wirkung von NEP ist nicht gegeben, da aufgrund der in dieser Expositionsbeschreibung festgelegten Arbeitsbedingungen davon ausgegangen werden kann, dass einerseits der MAK-Wert deutlich unterschritten wird und andererseits durch Anwendung der in Kapitel 6 beschriebenen Schutzmaßnahmen Hautkontakt vermieden wird.
5.3 Belastung durch Komponenten aus der Maskierung
Im Analogieschluss zur Expositionsbeschreibung - Einsatz von Bautenlacken [ 11], die sich auf das Auftragen von Flächen mit jeweils unverdünnten Bautenlacken wie Alkydharzlackfarben und pigmentierte Grundanstrichstoffe von Hand mittels Rolle oder Pinsel im Baubereich an Fenstern, Fensterrahmen, Türen und Türzargen bezieht, können Expositionsmessungen entfallen.
Dieser Analogieschluss wird begründet durch:
Renovierungsarbeiten im Baubereich nach [ 11] .
Diese Aussage gilt nur, sofern die eingesetzten Produkte frei von 2-Butanonoxim (MEKO) sind, z.B. wasserlösliches Acrylharz bzw. Leinöl.
Beim Auftragen von Maskierung ist von der Einhaltung der Summengrenzwerte für Stoffgemische (TRGS 402) [ 7] auszugehen. Expositionsmessungen können entfallen.
5.4 Belastung durch Staub bei Holzreparaturen
Holzreparaturen dürfen erst nach vollständiger Beschichtungsentfernung staubarm gemäß TRGS 553 "Holzstaub" [ 5] durchgeführt werden.
Unter Beachtung der Schutzmaßnahmen nach [ 5] ist von der Einhaltung einer Konzentration für Holzstaub in der Luft von 2 mg/m3oder weniger als Schichtmittelwert auszugehen.
5.5 Gesamtbetrachtung
Die durchgeführten Expositionsmessungen sowie die Betrachtungen zu den Kurzzeitwertbedingungen belegen, dass bei Anwendung dieses Verfahrens die aktuell bestehenden Luftgrenzwerte sowohl für das Blei als auch für die Komponenten aus dem Abbeizer deutlich unterschritten und die Kurzzeitwertkriterien eingehalten werden. Dies gilt auch für Lösemittel aus der Maskierung auf Alkydharzbasis bzw. Leinöl sowie für Holzstaub bei Reparaturarbeiten.
Gemäß TRGS 402, Abschnitt 5 [ 7], lassen die Messwerte den Befund "Schutzmaßnahmen ausreichend" zu.
6 Schutzmaßnahmen
Der Anwender dieses Verfahrens kann auf die Ergebnisse der vorgenannten Expositionsmessungen zurückgreifen. Im Rahmen der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung sind keine weiteren Arbeitsplatzmessungen erforderlich.
Die im Anwendungsbereich beschriebenen Tätigkeiten erfordern eine besondere Unterweisung zu den erforderlichen Schutzmaßnahmen in Hinblick auf eine mögliche dermale Belastung. Diese Tätigkeiten dürfen nur unter Verwendung folgender persönlicher Schutzausrüstungen durchgeführt werden:
Ein Kontakt des Abbeizers mit den Augen und der Haut ist zu vermeiden. Nach evtl. Augenkontakt sind die Augen mehrere Minuten bei geöffneter Lidspalte unter fließendem Wasser zu spülen. Nach evtl. Hautkontakt ist die betroffene Stelle sofort mit Wasser und Seife abzuwaschen und gut nachzuspülen. Getränkte Kleidung muss sofort entfernt werden.
Weiterhin sind entspr. Abschnitt 4 der TRGS 500 "Schutzmaßnahmen" [ 9] insbesondere - auch im Hinblick auf eine mögliche orale Aufnahme - folgende Hygienemaßnahmen einzuhalten:
In den Unterweisungen sind Frauen insbesondere auf die fruchtschädigende Wirkung von NEP und auf das frühzeitige Anzeigen einer Schwangerschaft hinzuweisen.
Der Flammpunkt des Abbeizers liegt mit 79 Grad Celcius weit oberhalb der üblichen Temperaturen auf Baustellen. Da darüber hinaus auf Grund des pastösen Zustandes nur mit geringen Freisetzungsmengen an Lösemitteln zu rechnen ist, kann das Risiko der Bildung einer gefährlichen explosionsfähigen Atmosphäre als äußerst gering eingestuft werden.
Bei Tätigkeiten mit lösemittelhaltigen Alkyharzfarben bzw. Leinöl bei dem Verfahrensschritt der Maskierung sind gesonderte Schutzmaßnahmen erforderlich und Anforderungen zur Lagerung zu beachten. Für die Lagerung von lösemittelhaltigen Alkydharzfarben gelten z.B. die Anforderungen der TRGS 510. Leinöl neigt wegen der ungesättigten Fettsäureester zur Autooxidation und in der Folge mit brennbaren Stoffen (z.B. Lappen, kontaminierte Kleidung, Pinselborsten und -haare) zur Selbstentzündung. Deshalb müssen leinölgetränkte Gegenstände (z.B. Pinsel) sorgfältig gereinigt und leinölgetränkte Lappen unter Sauerstoffabschluss (z.B. in feuerfesten Metallbehältern mit selbstschließendem Deckel, verschlossenen Behältern o.ä.) aufbewahrt werden.
In Bezug auf den Brand- und Explosionsschutz sind bei der Handhabung und Lagerung keine besonderen Maßnahmen erforderlich.
7 Wirksamkeitsüberprüfung
Der Anwender dieser Expositionsbeschreibung muss bei Verfahrensänderungen und ansonsten regelmäßig, mindestens aber einmal jährlich, die Gültigkeit der Voraussetzungen überprüfen und das Ergebnis dokumentieren. Hierzu zählt u.a. die Prüfung, ob die Expositionsbeschreibung auf die konkreten Tätigkeiten zutrifft und ob sich die stoffspezifischen Voraussetzungen (Zusammensetzung des Abbeizers) verändert haben.
8 Literatur
[ 1] Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (Gefahrstoffverordnung - GefStoffV) vom 26. November 2010 (BGBl. I S 1643) geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 28. Juli 2011 (BGBl. I S 1622)
[ 2] Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz - ArbSchG) vom 7. August 1996 (BGBl. I, S. 1246 ff.)
[ 3] Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und der Benutzung bei der Arbeit, über Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und über die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes (Betriebssicherheitsverordnung - BetrSichV), Artikel 1 der Verordnung vom 27. September 2002 (BGBl. I, S. 3777 ff.)
[ 4] Technische Regel für Gefahrstoffe: Blei (TRGS 505)
[ 5] Technische Regel für Gefahrstoffe: Holzstaub (TRGS 553)
[ 6] Technische Regel für Gefahrstoffe: Arbeitsplatzgrenzwerte (TRGS 900)
[ 7] Technische Regel für Gefahrstoffe: Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition (TRGS 402).
[ 8] Technische Regel für Gefahrstoffe: Biologische Grenzwerte (TRGS 903)
[ 9] Technische Regel für Gefahrstoffe: Schutzmaßnahmen (TRGS 500)
[ 10] Technische Regel für Gefahrstoffe: Gefährdung durch Hautkontakt - Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen (TRGS 401)
[ 11] Rühl, Kluger - Handbuch der Bau-Chemikalien - 31. Erg.Lfg. 6/04, Expositionsbeschreibung, Einsatz von Bautenlacken III - 1.9.8, Stand: März 2004
[ 12] Expositionsbeschreibung der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau): "Anschleifen bleihaltiger Beschichtungen auf Holz" vom 27. Januar 2011
(1. Überarbeitete Auflage); http://www.bgbau.de/gisbau/fachthemen/expo/doku/expoanblei.pdf
9 Anhang: Grundlagen der Beurteilung
9.1 Messdaten Expositionsmessungen
Die den Auswertungen zugrunde liegenden Messwerte wurden in den Jahren 2008 bis 2011 erhoben. Die Messungen wurden gemäß IFA-Arbeitsmappe "Messung von Gefahrstoffen, Expositionsermittlung bei chemischen und biologischen Einwirkungen" (Erich Schmidt Verlag) unter betriebsüblichen Bedingungen auf Baustellen durchgeführt. Die Probenahme erfolgte mit Personal Air Sampler, grundsätzlich direkt an der Person.
Um zusätzlich Erkenntnisse über eine mögliche Verteilung der bleihaltigen Stäube im direkten Arbeitsumfeld ("Gefährdung Dritter") zu gewinnen, wurden die personengetragenen Bleimessungen überwiegend durch ortsfeste Messungen ergänzt. Die Probenahmegeräte wurden hierbei i.d.R. in einer maximalen Entfernung von 3 m von der eigentlichen Bearbeitungsstelle und in einer Ansaughöhe von 1,50 m positioniert. Um zuverlässige Aussagen zur Exposition der Beschäftigten machen zu können, wurde grundsätzlich eine Probenahmedauer von 2 Stunden angestrebt.
9.1.1 Auftrag Abbeizer
Der Auftrag des Abbeizers stellt vergleichsweise den kürzesten Bearbeitungsschritt dar und liegt realistisch mit maximal 2 Stunden am Tag deutlich unterhalb einer Schichtlänge. Die Stoffindices beziehen sich auf eine Expositionsdauer von zwei Stunden pro Schicht. Aufgrund der geringen Anzahl der Messungen beim Auftragen des Abbeizers werden in der Tabelle lediglich die einzelnen Stoffindices angegeben, es erfolgt keine statistische Auswertung.
Auf 4 Baustellen wurden insgesamt 6 Messungen mit folgendem Ergebnis durchgeführt:
| Gefahrstoff | Stoffindices der 6 Messungen | |||||
| 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | ||
(Stand: 15.07.2024)
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