991. Sitzung des Bundesrates am 29. Juni 2020
A
Der federführende Finanzausschuss, der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik, der Ausschuss für Frauen und Jugend und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat erinnert an die sowohl dem Ergebnispapier des Koalitionsausschusses vom 3. Juni 2020 als auch öffentlichen Äußerungen der Bundesregierung zu entnehmende Zusage, dass die finanziellen Lasten eines einmalig auszuzahlenden Kinderbonus in Höhe von 300 Euro je Kind ausschließlich durch den Bund getragen werden.
Der Bundesrat fordert deshalb, im laufenden Gesetzgebungsverfahren eine weitere Änderung der Umsatzsteuerverteilung im Jahr 2020 vorzusehen, um die Steuerausfälle von Ländern und Gemeinden infolge der Gewährung des Kinderbonus zu kompensieren.
Begründung:
Während im aktuellen Entwurf für das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz über das Finanzausgleichsgesetz (FAG) ein erster Ausgleich für Steuermindereinahmen durch die Absenkung der Umsatzsteuersätze (Ziffer 1 des Ergebnispapiers) enthalten ist, ist ein Ausgleich für die finanziellen Belastungen durch den Kinderbonus in Höhe von 300 Euro noch nicht vorgesehen.
Bei beiden Sachverhalten geht es aber um steuerliche Maßnahmen mit Auswirkungen auf mehreren Ebenen. Bei der Formulierung der Ziffer 26 im Ergebnispapier des Koalitionsausschusses wurde die gleiche Formulierung gewählt wie in Ziffer 1 und nicht eine andere Formulierung mit einer gesonderten Ausweisung der Kosten für den Bund ähnlich z.B. Ziffern 4, 5 oder 6.
Auch im Rahmen von Maßnahmen zur Überwindung der globalen Wirtschaftskrise 2008/2009 hat der Bund die Kosten für einen Kinderbonus in Höhe von damals 100 Euro alleine getragen.
Von einer alleinigen Tragung der finanziellen Auswirkungen durch den Bund spricht im Übrigen auch die Bundesregierung selbst. So führt das zuständige Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aus:
"Der Bund gibt 4,3 Mrd. Euro für den Kinderbonus aus."
Die Länder gehen deshalb davon aus, dass eine Regelung zum Ausgleich der durch den Kinderbonus ausgelösten finanziellen Belastungen von Ländern und Kommunen über das FAG noch gesetzgeberisch umzusetzen ist.
2. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat fordert, im weiteren Gesetzgebungsverfahren die Änderung durch Artikel 10 ( § 1 Absatz 2 des Finanzausgleichsgesetzes) dergestalt anzupassen, dass die Korrekturbeträge für die vertikale Umsatzsteuerverteilung mit den im Finanztableau für die Länder und Gemeinden ausgewiesenen Steuermindereinnahmen aus der Absenkung der Umsatzsteuersätze in den Kassenjahren 2020 und 2021 übereinstimmen.
Begründung:
Das im Gesetzentwurf enthaltene Finanztableau (Begründung, A. Allgemeiner Teil, VI. Gesetzesfolgen, 3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand) weist unter Ziffer 7 die Steuermindereinnahmen aufgrund der Absenkung der Umsatzsteuersätze für die Länder und Gemeinden wie folgt aus (in Mio. Euro):
Gebietskörperschaft | Kassenjahr | |
2020 | 2021 | |
Länder | -5.862 | -2.996 |
Gemeinden | -259 | -133 |
Die im Gesetzentwurf vorgesehene Änderung des Finanzausgleichsgesetzes (FAG) sieht hingegen nur für das Jahr 2020 geänderte Korrekturbeträge für die vertikale Umsatzsteuerverteilung in Höhe von 6000 Mio. Euro zugunsten der Länder vor. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf geht sodann hervor, dass die Anpassung der Festbeträge im Jahr 2021 von Bund und Ländern auf der Grundlage der dann vorliegenden Informationen über das Umsatzsteueraufkommen des Jahres 2020 überprüft und auf der Grundlage der Empfehlung des Arbeitskreises Steuerschätzungen festgelegt werden soll. Ziel dieser Überprüfung soll es sein, dass die Belastungswirkungen der Senkung der Umsatzsteuersätze im Ergebnis ausschließlich vom Bund getragen werden.
Die Länder halten es zur Sicherung ihrer Rechtsposition für selbstverständlich und für die Haushaltsaufstellung in Krisenzeiten unabdingbar, dass bereits im laufenden Gesetzgebungsverfahren auch eine Kompensationsregelung für das Jahr 2021 getroffen wird. Außerdem ist es sachgerecht, die Höhe der Festbeträge an den von der Bundesregierung prognostizierten Steuermindereinnahmen auszurichten. Der Bundesrat fordert deshalb, die Festbeträge in § 1 Absatz 2 FAG für das Jahr 2020 zugunsten der Länder um 5862 Mio. Euro und zugunsten der Gemeinden um 259 Mio. Euro sowie für das Jahr 2021 zugunsten der Länder um 2996 Mio. Euro und zugunsten der Gemeinden um 133 Mio. Euro zu erhöhen, und seine Festbeträge dementsprechend anzupassen. Auf der Grundlage der Empfehlung des Arbeitskreises Steuerschätzungen kann dann zu gegebener Zeit eine Spitzabrechnung durchgeführt werden.
3. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, alsbald einen Gesetzentwurf vorzulegen, der auch die vom Koalitionsausschuss am 3. Juni 2020 im Rahmen des Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets vereinbarte Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts enthält. Neben dem im Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket explizit genannten Optionsmodell zur Körperschaftsteuer für Personengesellschaften sind eine attraktivere Ausgestaltung der Begünstigung einbehaltener Gewinne für Personenunternehmen (Thesaurierungsbegünstigung) und eine Absenkung der Gesamtsteuerbelastung für Kapitalgesellschaften von derzeit regelmäßig über 30 Prozent auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau von 25 Prozent, zum Beispiel durch Teilanrechnung der Gewerbesteuer auf die Körperschaftsteuer, erforderlich.
Begründung:
Gerade vor dem Hintergrund des massiven Konjunktureinbruchs durch die Corona-Pandemie braucht die Wirtschaft eine Unternehmensteuerreform, die ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen wichtigen Industrienationen langfristig sichert.
Die Position Deutschlands im internationalen Steuervergleich hat sich in der letzten Zeit erheblich verschlechtert. Wichtige Industrienationen wie die USA, Großbritannien, Frankreich und Belgien haben umfangreiche Steuerreformen und Steuersatzsenkungen vorgenommen. Die letzte Unternehmensteuerreform in Deutschland liegt über zehn Jahre zurück. Deutschland ist zum Hochsteuerland geworden.
Durch eine Senkung der Unternehmensteuerbelastung erhält die Wirtschaft eine weitreichende Zukunftsperspektive. Die Standortattraktivität Deutschlands wird gestärkt und Arbeitsplätze gesichert.
4. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat hält es für erforderlich, die Stromsteuer auf das europarechtlich zulässige Mindestmaß zu senken. Dadurch würden ein deutlicher Impuls für die Konjunktur in Deutschland gegeben und darüber hinaus ein klimapolitischer Anreiz zur Nutzung von Strom, der zu immer größeren Anteilen aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, im Verkehrsbereich sowie bei der Wärmeerzeugung gesetzt werden.
Begründung:
Die hohen Strompreise in Deutschland belasten die Privathaushalte und vor allem die mittelständischen und kleinen Unternehmen, die nicht von den Sonderregelungen für die energieintensive Industrie profitieren, in erheblichem Ausmaß. Die von Seiten der Bundesregierung vorgeschlagene Deckelung der EEG-Umlage durch Bundeszuschüsse erscheint für sich genommen nicht als ausreichend, um die gewünschten Entlastungseffekte sowie die klimapolitische Lenkungswirkung zu entfalten. Daher sollte zusätzlich die Absenkung der Stromsteuer auf das europarechtliche Mindestmaß beschlossen werden. Aktuell beträgt die Stromsteuer in Deutschland 20,5 Euro/MWh, wobei europarechtlich ein Mindestmaß in Höhe von 1 Euro/MWh bei nichtbetrieblicher Verwendung und 0,5 Euro/MWh bei betrieblicher Verwendung vorgesehen ist.
5. Zu Artikel 1 allgemein
Der Bundesrat begrüßt die Anhebung des Höchstbetrages beim Verlustrücktrag für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021. Er bittet aber darum, den Rücktragszeitraum auf zwei Jahre - 2019 und 2018 - auszudehnen. Nur dann kann der Verlustrücktrag effektiv genutzt werden. Denn in 2020 dürfte angesichts der hohen Verluste der Unternehmen durch die Corona-Pandemie kein Verrechnungsvolumen für einen Rücktrag aus 2021 vorhanden sein.
6. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 6 Absatz 2 Satz 1, Absatz 2a EStG, Nummer 8 Buchstabe a (§ 52 Absatz 12 Satz 3)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
a) Nummer 2 ist wie folgt zu fassen:
"2. § 6 wird wie folgt geändert:
- a) In Absatz 1 Nummer 4 ... < weiter wie Vorlage >
- b) In Absatz 2 Satz 1 wird die Angabe "800 Euro" durch die Angabe "1000 Euro" ersetzt.
- c) Absatz 2a wird gestrichen."
b) In Nummer 8 ist Buchstabe a wie folgt zu fassen:
"a) § 52 Absatz 12 wird wie folgt geändert:
- aa) Nach Satz 1 ... < weiter wie Vorlage >
- bb) Nach Satz 3 wird folgender Satz eingefügt:
" § 6 Absatz 2 Satz 1 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom ... (BGBl. I S. ...) [einsetzen: Ausfertigungsdatum und Fundstelle des vorliegenden Änderungsgesetzes] ist erstmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2019 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt werden."
- cc) Nach Satz 6 werden folgende Sätze eingefügt:
" § 6 Absatz 2a in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 2074) ist letztmals bei Wirtschaftsgütern anzuwenden, die vor dem 1. Januar 2020 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt worden sind. Für Sammelposten, die am 31. Dezember 2019 noch vorhanden sind, ist Absatz 2a in der am 31. Dezember 2019 geltenden Fassung weiter anzuwenden.""
Begründung:
Zu Artikel 1 Nummer 2
Zu Buchstabe b:
Mit dem Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27. Juni 2017 wurde die Grenze für eine Sofortabschreibung als geringwertiges Wirtschaftsgut von bisher 410 Euro auf 800 Euro zum 1. Januar 2018 angehoben.
Die Bewertungsfreiheit des § 6 Absatz 2 dient der Vereinfachung und vermeidet Streitigkeiten in Fragen der Bewertung bei einer Vielzahl von Wirtschaftsgütern.
Das seit 2010 bestehende "Nebeneinander" von sofort abschreibbaren geringwertigen Wirtschaftsgütern bis zu einer Grenze von nunmehr 800 Euro und der Poolabschreibung im Rahmen eines Sammelpostens bei Anschaffungsoder Herstellungskosten oder einem Einlagewert bis zu 1000 Euro über fünf Jahre führt zu einer deutlichen Verkomplizierung und zu einem erhöhten Aufwand durch zusätzliche Aufzeichnungspflichten und deren Überwachung.
Mit der Anhebung der Grenze für sofort abschreibbare geringwertige Wirtschaftsgüter auf 1000 Euro entfällt die Poolabschreibung. Dies führt zu einer deutlichen Vereinfachung und zu einem Abbau von Bürokratie.
Hierauf hatte der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften hingewiesen (BR-Drucksache 372/18 (PDF) (Bechluss)). Die Bundesregierung sagte in ihrer Gegenäußerung zu Ziffer 6 eine Überprüfung der Schwellenwerte zu (BT-Drucksache 19/4858). Eine Anhebung der Grenze für sofort abschreibbare geringwertige Wirtschaftsgüter erfolgte aber im weiteren
Gesetzgebungsverfahren nicht.
Der Bundesrat hält die Anhebung der Grenze weiterhin aus Gründen der Vereinfachung und dem Abbau von Bürokratie für erforderlich.
Zu Buchstabe c:
Folgeänderung aufgrund der Anhebung der Grenze für eine Sofortabschreibung als geringwertiges Wirtschaftsgut.
7. Zu Artikel 1 Nummer 8 Buchstabe b ( § 52 Absatz 14 EStG)
Artikel 1 Nummer 8 Buchstabe b ist wie folgt zu fassen:
"b) Dem Absatz 14 werden die folgenden Sätze angefügt:
"Bei einer Veräußerung in einem nach dem 28. Februar 2020 und vor dem 1. Januar 2022 endenden Wirtschaftsjahr ist ein Abzug nach § 6b Absatz 1 von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern zulässig, die im Wirtschaftsjahr der Veräußerung, im vorangegangenen Wirtschaftsjahr oder im Wirtschaftsjahr vor dem vorangegangenen Wirtschaftsjahr (vorvergangenes Wirtschaftsjahr) angeschafft oder hergestellt worden sind. Erfolgt der Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines im vorvergangenen Wirtschaftsjahr angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsguts, tritt an die Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Sinne des § 6b Absatz 1 der Buchwert am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs. Die Fristen des § 6b Absatz 3 Satz 2, 3 und 5, Absatz 8 Satz 1 Nummer 1 sowie ... (weiter wie bisheriger Text der Regierungsvorlage).""
Begründung:
Der Gesetzentwurf sieht lediglich eine Verlängerung der Reinvestitionsfrist für die Fälle vor, in denen aufgrund der Corona-Krise Investitionen zurückgestellt werden müssen. Umgekehrt sind bereits Fälle bekannt geworden, in denen die Veräußerung von Grundstücken zur Reduzierung von Schulden, die für eine bereits getätigte Investition aufgenommen wurden, aufgrund der Corona-Krise gescheitert sind. Einen neuen Investor zu finden, benötigt gerade unter den gegenwärtigen konjunkturellen Rahmenbedingungen Zeit. Dies kann dazu führen, dass eine Übertragung des Veräußerungsgewinns auf die in der Vergangenheit getätigten Investitionen nicht mehr möglich ist, wenn die Investorensuche über einen weiteren Bilanzstichtag hinaus andauert. Mit der vorgeschlagenen Ergänzung wird daher geregelt, dass befristet auf die Wirtschaftsjahre, die nach dem 28. Februar 2020 und vor dem 1. Januar 2022 enden, Veräußerungsgewinne nach § 6b Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes auf Investitionen übertragen werden können, die im vorvergangenen Wirtschaftsjahr getätigt wurden.
8. Zu Artikel 1 Nummer 8 Buchstabe b (§ 52 Absatz 14 Satz 5 EStG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Regelung in Artikel 1 Nummer 8 Buchstabe b (§ 52 Absatz 14 Satz 5 EStG-E) um die Fristenregelung des § 6b Absatz 2a EStG zu erweitern ist.
Begründung:
Die vorgesehene Änderung des § 52 Absatz 14 EStG verlängert die Reinvestitionsfristen des § 6b Absatz 3 Satz 2, 3 und 5, Absatz 8 Satz 1 Nummer 1 sowie Absatz 10 Satz 1 und 8 EStG um ein Jahr.
§ 6b Absatz 2a EStG enthält zwar einen anderen systematischen Ansatz als die im Gesetzentwurf aufgeführten Regelungen des § 6b EStG, ist aber in Bezug auf die Fristsetzung ("folgenden vier Wirtschaftsjahre") durchaus vergleichbar.
Auch wenn die vorgeschlagene Erweiterung europarechtlich nicht zwingend erscheint, sollte zur Vermeidung langwieriger Rechtsstreite die Fristverlängerung auch die Tatbestände des § 6b Absatz 2a EStG erfassen.
9. Zu Artikel 1 Nummer 10 (§ 110 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 § 111 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 EStG)
In Artikel 1 ist Nummer 10 wie folgt zu ändern:
- a) § 110 ist wie folgt zu ändern:
- aa) In Absatz 1 Satz 1 sind nach der Angabe "um 30 Prozent" die Wörter "vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen" einzufügen.
- bb) Absatz 2 ist wie folgt zu fassen:
(2) Abweichend von Absatz 1 wird der für die Bemessung der Vorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 2019 zugrunde gelegte Gesamtbetrag der Einkünfte um einen höheren Betrag als 30 Prozent vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen gemindert, wenn der Steuerpflichtige einen voraussichtlichen Verlustrücktrag im Sinne des § 10d Absatz 1 Satz 1 für 2020 in dieser Höhe nachweisen kann."
- b) § 111 ist wie folgt zu ändern:
- aa) In Absatz 1 Satz 1 sind nach den Wörtern "Verlustrücktrag aus 2020" die Wörter "vom Gesamtbetrag der Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen" einzufügen.
- bb) Absatz 2 ist wie folgt zu fassen:
(2) Abweichend von Absatz 1 wird ein höherer Betrag als 30 Prozent vom Gesamtbetrag der Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abgezogen, wenn der Steuerpflichtige einen voraussichtlichen Verlustrücktrag im Sinne des § 10d Absatz 1 Satz 1 für 2020 in dieser Höhe nachweisen kann."
Begründung:
Nach der Gesetzessystematik des § 10d Absatz 1 Satz 1 EStG erfolgt der Verlustabzug vom Gesamtbetrag der Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen. Hierdurch wird deren Abzugsvolumen ggf. gemindert.
Die neuen Sondervorschriften zur Bewältigung der Corona-Pandemie (§§ 110 und 111 EStG) enthalten hierzu jedoch keine konkrete Aussage. Zwar wird der Begriff des Verlustrücktrags in der Gesetzesformulierung zu § 111 EStG verwandt, jedoch ohne einen Bezug zu § 10d Absatz 1 Satz 1 EStG. Die vorgeschlagene Änderung erfolgt daher aus Gründen der Rechtsklarheit.
Darüber hinaus erfolgt eine redaktionelle Korrektur der Fundstelle in § 10d Absatz 1 Satz 1.
10. Zu Artikel 1 Nummer 10 (§ 110 Absatz 1 Satz 2, Satz 3 § 111 Überschrift, Absatz 1 Satz 2 EStG)
In Artikel 1 ist die Nummer 10 wie folgt zu ändern:
- a) § 110 Absatz 1 ist wie folgt zu ändern:
- aa) Satz 2 ist wie folgt zu fassen:
"Bei der Berechnung des vorläufigen Verlustrücktrags aus 2020 sind Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19) nicht zu berücksichtigen, die im Gesamtbetrag der Einkünfte enthalten sind."
- bb) Satz 3 ist wie folgt zu fassen:
"Voraussetzung für die Anwendung des Satzes 1 ist, dass keine Vorauszahlungen für 2020 festgesetzt oder die Vorauszahlungen für 2020 auf null Euro herabgesetzt wurden."
- aa) Satz 2 ist wie folgt zu fassen:
- b) § 111 ist wie folgt zu ändern:
- aa) Die Überschrift ist wie folgt zu fassen:
" § 111 Vorläufiger Verlustrücktrag aus 2020 für die Steuerfestsetzung 2019"
- bb) In Absatz 1 ist Satz 2 wie folgt zu fassen:
"Bei der Berechnung des vorläufigen Verlustrücktrags aus 2020 sind die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19) 2019 nicht zu berücksichtigen, die im Gesamtbetrag der Einkünfte 2019 enthalten sind."
- aa) Die Überschrift ist wie folgt zu fassen:
Folgeänderung:
In Artikel 1 Nummer 1 ist die Angabe zu § 111 wie folgt zu fassen:
" § 111 Vorläufiger Verlustrücktrag aus 2020 für die Steuerfestsetzung 2019"
Begründung:
Die vorgeschlagenen Ergänzungen dienen der Klarstellung und machen die Rechtsnorm damit anwendungsfreundlicher.
Zu Buchstabe a:
Zu Doppelbuchstabe aa:
Die Formulierung in § 110 Absatz 1 Satz 2 EStG wird der des § 111 Absatz 1 Satz 2 EStG angepasst, da beide Regelungen die identische Rechtsfolge haben.
Zu Doppelbuchstabe bb:
Die Formulierung des Entwurfs berücksichtigt nicht den Fall, in dem die Vorauszahlungen nicht auf null Euro herabgesetzt wurden, sondern von vornherein null Euro betragen haben.
Zu Buchstabe b:
Sprachliche Präzisierung, insbesondere weil in dem Satz unterschiedliche Zeiträume angesprochen werden.
11. Zu Artikel 1 Nummer 10 (§ 111 Absatz 4 Satz 1, Satz 2 EStG)
In Artikel 1 Nummer 10 § 111 ist Absatz 4 wie folgt zu ändern:
- a) In Satz 1 sind nach den Wörtern "des Steuerpflichtigen" die Wörter "bis spätestens einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids für den Veranlagungszeitraum 2020 unter dem Vorbehalt des Widerrufs und unter dem Vorbehalt der Zinsfestsetzung zinslos" einzufügen.
- b) Satz 2 ist zu streichen.
Begründung:
§ 111 Absatz 4 EStG enthält abweichend von der bisher im BMF-Schreiben vom 24. April 2020 (BStBl I S. 496) enthaltenen Stundungsmöglichkeit keine zeitliche Befristung, bis wann die Stundung einer etwaigen Nachzahlung möglich wäre. Spätestens mit Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides 2020 steht allerdings fest, wie hoch der Verlustrücktrag tatsächlich ausfällt. In das Gesetz sollte daher entsprechend der Regelung im o.g. BMF-Schreiben eine Befristung aufgenommen werden.
12. Zu Artikel 3 allgemein
Die temporäre Absenkung des Umsatzsteuersatzes stellt sowohl für Unternehmen, als auch für Bezieher von kleineren Einkommen, die einen größeren Anteil ihres Einkommens für den Konsum ausgeben, eine Erleichterung dar. Gleichzeitig ist die Umstellung mit einem erheblichen Mehraufwand für die Wirtschaft verbunden und es bleibt abzuwarten, ob die Absenkung des Steuersatzes durch Preissenkungen an die Verbraucher weitergegeben wird.
Aufgrund der Kurzfristigkeit und des erheblichen Umstellungsaufwands fordert der Bundesrat:
- a) eine temporäre Aussetzung der Belegausgabepflicht oder eine Stellungnahme des BMF, um Verstöße gegen die Pflicht, die sich durch die Umstellung ergeben, sanktionslos möglich zu machen,
- b) eine Übergangsregelung für bereits abgerechnete Leistungen,
- c) eine Verlängerung der Nichtbeanstandungsregel zum Einsatz der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE),
- d) eine Fristverlängerung für die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung,
- e) die temporäre Aussetzung des Grundsatzes der Zeitgerechtigkeit zu den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD).
Begründung:
Zu Buchstabe a:
Alle Steuerpflichtigen mit elektronischem Aufzeichnungssystem (Kassen) unterliegen der Belegausgabepflicht (§ 146a Absatz 2 AO) . Mit der befristeten Umsatzsteuersenkung zum 1. Juli 2020 müssen alle Systeme umgestellt werden. Dies ist von den Kassenaufstellern voraussichtlich nicht leistbar. Wenn ab dem 1. Juli 2020 ein Beleg mit zu hohem Umsatzsteuerausweis herausgegeben wird, schuldet der Unternehmer die Steuer gemäß § 14c UStG. Damit würde die Steuersatzermäßigung unter Umständen wirtschaftlich ins Leere laufen.
Zu Buchstabe b:
In vielen Fällen rechnen Unternehmer bereits über Leistungen ab, die erst zu einem späteren Zeitpunkt erbracht werden. Für die Entstehung der Umsatzsteuer und die korrekte Anwendung des Umsatzsteuersatzes kommt es darauf an, wann die Leistung ausgeführt wird.
Das führt dazu, dass Unternehmer vor Ankündigung der Absenkung bereits über Leistungen mit 7 oder 19 prozentigem Umsatzsteuerausweis abgerechnet haben, die erst in der zweiten Jahreshälfte 2020 ausgeführt werden.
Nachträgliche Rechnungsberichtigungen sind in diesen Fällen sehr aufwendig und nicht immer praktikabel.
Aus diesem Grund sollte eine Übergangsregelung für bereits abgerechnete Leistungen eingeführt werden.
Zu Buchstabe c:
Seit dem 1. Januar 2020 gilt die gesetzliche Pflicht, elektronische Aufzeichnungssysteme (digitale Kassen) durch den Einsatz einer so genannten zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) vor Manipulation zu schützen. Das BMF-Schreiben vom 6. November 2019 sieht eine Nichtbeanstandungsregelung vor. Danach reicht es aus, wenn die digitalen Kassen ab dem 1. Oktober 2020 über eine TSE verfügen.
Im Hinblick auf die ohnehin angespannte Lage in der Bargeldbranche und die unklaren Folgen der Steuersatzsenkung auf die TSE ist es geboten, die Nichtbeanstandungsregel zum Einsatz der TSE zu verlängern. Die Pflicht sollte gesetzlich erst ab dem 1. Januar 2021 greifen.
Zu Buchstabe d:
Steuerpflichtige und deren steuerliche Berater müssen sich binnen weniger Wochen auf die abgesenkten Umsatzsteuersätze einstellen. Aus diesem Grund sind massive zeitliche Probleme bei der Umstellung der Buchführungssoftware zu erwarten. Bislang ist nicht absehbar, ob die Buchführungssoftware rechtzeitig auf die abgesenkten Umsatzsteuersätze umgestellt werden kann.
Es ist daher eine Verlängerung der Frist der Umsatzsteuer-Voranmeldung erforderlich, damit eine Abarbeitung zu schaffen ist.
Zu Buchstabe e:
Soweit die Buchführungssoftware nicht zum 01.07.2020 angepasst wird und die Buchführungsmandate temporär nicht bearbeitet werden können, ergeben sich Implikationen zu den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronsicher Form sowie zum Datenzugriff (GoBD), da die GoBD eine zeitgerechte Buchung und Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle verlangen (§ 146 Absatz 1 AO, § 239 Absatz 2 AO) . Das BMF-Schreiben zu den GoBD vom 28. November 2019 fordert auf Basis der BFH-Rechtsprechung, dass ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den Vorgängen und ihrer buchmäßigen Erfassung besteht (BMF-Schreiben, Rz. 45 ff.). Jeder Geschäftsvorfall ist danach zeitnah, das heißt möglichst unmittelbar nach seiner Entstehung in einer Grundaufzeichnung oder in einem Grundbuch zu erfassen.
Die Passagen des BMF-Schreibens zu den GoBD zu zeitgerechten Buchungen und Aufzeichnungen (ab Rz. 45) müssten temporär ausgesetzt bzw. wenigstens an die Herausforderungen durch die kurzfristige Absenkung der Umsatzsteuersätze angepasst werden.
13. Zu Artikel 6 Nummer 2 (§ 375a AO)
In Artikel 6 Nummer 2 ist § 375a wie folgt zu fassen:
" § 375a Verhältnis zur strafrechtlichen Einziehung
Das Erlöschen eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis durch Verjährung nach § 47 steht einer Einziehung nach §§ 73 bis 73c des Strafgesetzbuches nicht entgegen."
Begründung:
Durch die Neuregelung soll eine Ungleichbehandlung in Folge des § 73e Absatz 1 StGB behoben werden, wonach eine Einziehung nach den §§ 73 bis 73c StGB ausgeschlossen ist, soweit der Anspruch, der dem Verletzten aus der Tat auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, erloschen ist. Stattdessen sollen steuerrechtliche Ansprüche künftig im strafrechtlichen Einziehungsverfahren genauso behandelt werden wie zivilrechtliche, wodurch gegenüber Steuerhinterziehern die Einziehung von Taterträgen künftig auch angeordnet werden kann, wenn der steuerrechtliche Anspruch bereits verjährt ist.
Die Neuregelung wäre jedoch teilweise wirkungslos, wenn lediglich auf die Einziehung nach § 73 StGB abgestellt würde. Denn im Steuerstrafverfahren erfolgt eine Einziehung nicht nur nach § 73 StGB, sondern auch nach den nachfolgenden §§ 73a bis 73c StGB. Insbesondere in Steuerhinterziehungsfällen, in denen keine ungerechtfertigten Steuervorteile erlangt wurden, sondern Aufwendungen für Steuerzahlungen erspart werden, ist eine Einziehung des Tatertrags nach § 73 StGB regelmäßig aus tatsächlichen Gründen nicht möglich. Stattdessen ist nach § 73c Satz 1 StGB der Wert des erlangten Liquiditätsvorteils einzuziehen (Wertersatz). Daneben bedarf es in Fällen, in denen die Person des Täters bzw. Teilnehmers nicht mit dem Steuerpflichtigen identisch ist, wie z.B. in Fällen juristischer Personen, einer Einziehung nach § 73b StGB gegen Drittbegünstigte. Mit Blick auf den Wortlaut des § 73e StGB stellt sich auch in den Fällen der §§ 73a bis 73c StGB die gleiche Problematik der Ungleichbehandlung wie bei § 73 StGB. Diese Ungleichbehandlung wird durch den erweiterten Verweis auf die §§ 73 bis 73c StGB behoben.
14. Zu Artikel 11 Nummer 4 (Satz 2a - neu - KBNAnrG)
Artikel 11 Nummer 4 ist wie folgt zu fassen:
"4. Folgende Sätze werden angefügt:
"Sie sind auch nicht gemäß § 1612b des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf den Unterhaltsanspruch anzurechnen. Die Einmalbeträge werden < ... weiter wie Vorlage ... >""
Begründung:
Wird der Kinderbonus unterhaltsrechtlich wie Kindergeld behandelt, führt dies bei einer entsprechenden Anwendung des § 1612b Bürgerliches Gesetzbuch dazu, den Unterhaltsanspruch des Kindes in den beiden Monaten der Zahlung durch Anrechnung zu verringern. Damit werden unterhaltsberechtigte Kinder von alleinerziehenden Elternteilen, die keinen Unterhaltsvorschuss beziehen, benachteiligt. Das Ziel, mit Hilfe des Kinderbonus einen zusätzlichen Nachfrageimpuls zur Stärkung der Konjunktur bei Familien mit Kindern zu schaffen, wird verfehlt, wenn der Kinderbonus nicht bei den Erziehenden ankommt, sondern unterhaltsrechtlich zwischen getrennten Eltern aufgeteilt werden muss.
Mit der vorgeschlagenen Änderung würde der Bonus auch bei den Alleinerziehenden, die keinen Unterhaltsvorschuss erhalten, in vollem Umfang ankommen. Zusätzlich würde der deutliche Mehraufwand bei den Beistandschaften in den Jugendämtern vermieden werden, der durch eine unterhaltsrechtliche Anrechnung entsteht.
B
15. Der Ausschuss für Familie und Senioren und der Ausschuss für Kulturfragen empfehlen dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.