Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 15. November 2000 gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität sowie zu den Zusatzprotokollen gegen den Menschenhandel und gegen die Schleusung von Migranten

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 15. November 2000 gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität sowie zu den Zusatzprotokollen gegen den Menschenhandel und gegen die Schleusung von Migranten

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 7. Januar 2005
Der Bundeskanzler

An den
Präsidenten des Bundesrates

Hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 15. November 2000 gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität sowie zu den Zusatzprotokollen gegen den Menschenhandel und gegen die Schleusung von Migranten mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.

Gerhard Schröder



Entwurf
Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 15. November 2000 gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität sowie zu den Zusatzprotokollen gegen den Menschenhandel und gegen die Schleusung von Migranten

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Folgenden völkerrechtlichen Verträgen wird zugestimmt:

Das Übereinkommen und die Zusatzprotokolle werden nachstehend mit einer amtlichen deutschen Übersetzung veröffentlicht.

Artikel 2

Begründung zum Vertragsgesetz

Zu Artikel 1

Auf das Übereinkommen und die Zusatzprotokolle findet Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes Anwendung, da sie sich, soweit sie in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften fallen, auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen. Da die in dem Übereinkommen und seinen Zusatzprotokollen vorgesehene internationale Zusammenarbeit im Wege der Rechtshilfe bereits heute nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen möglich ist, ist ein besonderes Ausführungsgesetz nicht erforderlich. Die Regeln dieses Gesetzes über die Auslieferung, Vollstreckungshilfe, sonstige Rechtshilfe und die anderen dort geregelten Bereiche zur vertragslosen Zusammenarbeit finden Anwendung.

Zu Artikel 2

Die Bestimmung des Absatzes 1 entspricht dem Erfordernis des Artikels 82 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes. Nach Absatz 2 ist der Zeitpunkt, in dem das Übereinkommen sowie die Zusatzprotokolle in Kraft treten, im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.

Schlussbemerkung

Für Bund, Länder und Gemeinden entstehen durch dieses Gesetz keine Kosten. Es hat auf Grund der bloßen Zustimmung zu dem Übereinkommen und den Zusatzprotokollen auch keine preislichen Auswirkungen.

Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität

Artikel 1
Zweck

Zweck dieses Übereinkommens ist es, die Zusammenarbeit zu fördem, um die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität wirksamer zu verhüten und zu bekämpfen.

Artikel 2 Begriffsbestimmungen Im Sinne dieses Übereinkommens

Artikel 3 Geltungsbereich

Artikel 4
Schutz der Souveränität

Artikel 5
Kriminalisierung der Beteiligung an einer organisierten kriminellen Gruppe

Artikel 6
Kriminalisierung des Waschens der Erträge aus Straftaten

Artikel 7
Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche

Artikel 8
Kriminalisierung der Korruption

Artikel 9
Maßnahmen gegen die Korruption

Artikel 10
Verantwortlichkeit juristischer Personen

Artikel 11
Strafverfolgung, Aburteilung und Sanktionen

Artikel 12
Einziehung und Beschlagnahme

Artikel 13
Internationale Zusammenarbeit zum Zweck der Einziehung

Artikel 14
Verfügung über eingezogene Erträge aus Straftaten oder Vermögensgegenstände

Artikel 15
Gerichtsbarkeit

Artikel 16
Auslieferung

Artikel 17
Überstellung von Verurteilten

Die Vertragsstaaten können erwägen, zwei- oder mehrseitige Übereinkünfte zu schließen, auf Grund deren Personen, die wegen Straftaten nach diesem Übereinkommen zu einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Formen des Freiheitsentzugs verurteilt sind, in ihr Hoheitsgebiet überstellt werden, um dort ihre Reststrafe verbüßen zu können.

Artikel 18
Rechtshilfe

Artikel 19
Gemeinsame Ermittlungen

Die Vertragsstaaten prüfen den Abschluss zwei- oder mehrseitiger Übereinkünfte, nach denen die zuständigen Behörden in Bezug auf Angelegenheiten, die Gegenstand von Ermittlungen, Strafverfolgungsmaßnahmen oder Gerichtsverfahren in einem oder mehreren Staaten sind, gemeinsame Ermittlungsorgane errichten können. In Ermangelung derartiger Übereinkünfte können gemeinsame Ermittlungen von Fall zu Fall vereinbart werden. Die beteiligten Vertragsstaaten stellen sicher, dass die Souveränität des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet diese Ermittlungen stattfinden sollen, uneingeschränkt geachtet wird.

Artikel 20
Besondere Ermittlungsmethoden

Artikel 21
Übertragung von Strafverfahren

Die Vertragsstaaten prüfen die Möglichkeit, einander Verfahren zur Strafverfolgung wegen einer Straftat nach diesem Übereinkommen in Fällen zu übertragen, in denen die Übertragung dem Interesse einer geordneten Rechtspflege dienlich erscheint, insbesondere in Fällen, in denen mehrere Gerichtsbarkeiten betroffen sind, mit dem Ziel, die Strafverfahren zu konzentrieren.

Artikel 22
Feststellung von Vorstrafen

Jeder Vertragsstaat kann die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Maßnahmen treffen, um unter den Bedingungen und zu den Zwecken, die er für angemessen erachtet, frühere Verurteilungen einer verdächtigen Person in einem anderen Staat zu berücksichtigen, um diese Information in Strafverfahren im Zusammenhang mit einer Straftat nach diesem Übereinkommen zu verwenden.

Artikel 23
Kriminalisierung der Behinderung der Justiz

Jeder Vertragsstaat trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Maßnahmen, um folgende Handlungen, wenn vorsätzlich begangen, als Straftaten zu umschreiben:

Artikel 24
Zeugenschutz

Artikel 25
Hilfe und Schutz für Opfer

Artikel 26
Maßnahmen zur Verstärkung der Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden

Artikel 27 Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung

Artikel 28
Sammlung, Austausch und Analyse von Informationen über das Wesen der organisierten Kriminalität

Artikel 29
Ausbildung und technische Hilfe

Artikel 30
Sonstige Maßnahmen: Anwendung des Übereinkommens durch wirtschaftliche Entwicklung und technische Hilfe

Artikel 31
Verhütung

Artikel 32
Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens

Artikel 33
Sekretariat

Artikel 34
Anwendung des Übereinkommens

Artikel 35
Beilegung von Streitigkeiten

Artikel 36
Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme, Genehmigung und Beitritt

Artikel 37
Verhältnis zu Protokollen

Artikel 38
Inkrafttreten

Artikel 39
Änderung

Artikel 40
Kündigung

Artikel 41
Verwahrer und Sprachen

Zusatzprotokoll
zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen und Kinderhandels, zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität

Präambel

Die Vertragsstaaten dieses Protokolls

unter Hinweis darauf, dass wirksame Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, ein allseitiges internationales Vorgehen in den Herkunfts, Transit- und Zielländern erfordern, das unter anderem Maßnahmen zur Verhütung dieses Handels, zur Bestrafung der Händler und zum Schutz der Opfer dieses Handels umfasst, namentlich durch den Schutz ihrer international anerkannten Menschenrechte,

unter Berücksichtigung dessen, dass zwar eine Reihe internationaler Übereinkünfte bestehen, die Vorschriften und praktische Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbeutung von Menschen, insbesondere von Frauen und Kindern, enthalten, dass es jedoch keine umfassende Übereinkunft gibt, die alle Aspekte des Menschenhandels einbezieht,

besorgt darüber, dass in Ermangelung einer solchen Übereinkunft Personen, die besonders leicht Opfer des Menschenhandels werden, nicht ausreichend geschützt sein werden, im Hinblick auf die Resolution 053/111 der Generalversammlung vom 9. Dezemhaber 1998, in der die Versammlung beschloss, einen allen Mitgliedstaaten offen stehenden zwischenstaatlichen Adhoc-Ausschuss einzusetzen mit dem Auftrag, ein umfassendes internationales Übereinkommen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität auszuarbeiten und unter anderem die Ausarbeitung einer internationalen Übereinkunft zur Bekämpfung des Frauen- und Kinderhandels zu erörtern

überzeugt, dass die Ergänzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität durch eine internationale Übereinkunft zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels, für die Verhütung und Bekämpfung dieser Art der Kriminalität von Nutzen sein wird sind wie folgt übereingekommen:

I. Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1
Verhältnis zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität

Artikel 2
Zweck

Zweck dieses Protokolls ist es,

Artikel 3
Begriffsbestimmungen Im Sinne dieses Protokolls

Artikel 4
Geltungsbereich

Artikel 5
Kriminalisierung

II. Schutz der Opfer des Menschenhandels

Artikel 6
Hilfe und Schutz für die Opfer des Menschenhandels

Artikel 7
Rechtsstellung der Opfer des Menschenhandels in den Aufnahmestaaten

Artikel 8
Rückführung der Opfer des Menschenhandels

III. Verhütung, Zusammenarbeit und sonstige Maßnahmen

Artikel 9
Verhütung des Menschenhandels

Artikel 10
Informationsaustausch und Ausbildung

Artikel 11
Maßnahmen an den Grenzen

Artikel 12
Sicherheit und Kontrolle von Dokumenten

Jeder Vertragsstaat trifft im Rahmen der verfügbaren Mittel die erforderlichen Maßnahmen,

Artikel 13
Rechtmäßigkeit und Gültigkeit von Dokumenten

IV. Schlussbestimmungen

Artikel 14
Vorbehaltsklausel

Artikel 15
Beilegung von Streitigkeiten

Artikel 16
Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme, Genehmigung und Beitritt

Artikel 17
Inkrafttreten

Artikel 18
Änderung

Artikel 19
Kündigung

Artikel 20
Verwahrer und Sprachen

Zusatzprotokoll
gegen die Schleusung von Migranten auf dem Land, See und Luftweg zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität

(Übersetzung)

Präambel

Die Vertragsstaaten dieses Protokolls

sind wie folgt übereingekommen:

I. Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1
Verhältnis zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität

Artikel 2
Zweck

Zweck dieses Protokolls ist es, die Schleusung von Migranten zu verhüten und zu bekämpfen sowie die diesbezügliche Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten zu fördern und dabei gleichzeitig die Rechte der geschleusten Migranten zu schützen.

Artikel 3
Begriffsbestimmungen Im Sinne dieses Protokolls

Artikel 4
Geltungsbereich

Dieses Protokoll findet, soweit darin nichts anderes bestimmt ist, Anwendung auf die Verhütung, Untersuchung und strafrechtliche Verfolgung der in Übereinstimmung mit Artikel 6 umschriebenen Straftaten, wenn die Straftaten grenzüberschreitender Natur sind und eine organisierte kriminelle Gruppe daran mitwirkt, sowie auf den Schutz der Rechte der Personen, die Gegenstand dieser Straftaten waren.

Artikel 5
Strafrechtliche Verantwortlichkeit der Migranten

Migranten können nicht nach diesem Protokoll strafrechtlich dafür verfolgt werden, dass sie Gegenstand der in Artikel 6 genannten Handlungen wurden.

Artikel 6
Kriminalisierung

II. Schleusung von Migranten auf dem Seeweg

Artikel 7 Zusammenarbeit

Die Vertragsstaaten arbeiten so weit wie irgend möglich zusammen, um die Schleusung von Migranten auf dem Seeweg im Einklang mit dem Internationalen Seerecht zu verhüten und zu bekämpfen.

Artikel 8
Maßnahmen gegen die Schleusung von Migranten auf dem Seeweg

Artikel 9
Schutzklauseln

III. Verhütung, Zusammenarbeit und sonstige Maßnahmen

Artikel 10
Information

Artikel 11
Maßnahmen an den Grenzen

Artikel 12
Sicherheit und Kontrolle von Dokumenten

Jeder Vertragsstaat trifft im Rahmen der verfügbaren Mittel die erforderlichen Maßnahmen,

Artikel 13
Rechtmäßigkeit und Gültigkeit von Dokumenten

Auf Ersuchen eines anderen Vertragsstaats überprüft ein Vertragsstaat in Übereinstimmung mit seinem innerstaatlichen Recht innerhalb eines angemessenen Zeitraums die Rechtmäßigkeit und Gültigkeit von Reise- oder Identitätsdokumenten, die tatsächlich oder angeblich in seinem Namen ausgestellt wurden und die mutmaßlich für die in Artikel 6 genannten Handlungen benutzt werden.

Artikel 14
Ausbildung und technische Zusammenarbeit

Artikel 15
Sonstige Verhütungsmaßnahmen

Artikel 16
Schutz und Hilfsmaßnahmen

Artikel 17
Übereinkünfte

Die Vertragsstaaten erwägen den Abschluss zweiseitiger oder regionaler Übereinkünfte oder operativer Vereinbarungen oder Absprachen mit dem Ziel,

Artikel 18
Rückführung geschleuster Migranten

IV. Schlussbestimmungen

Artikel 19
Vorbehaltsklausel

Artikel 20
Beilegung von Streitigkeiten

Artikel 21
Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme, Genehmigung und Beitritt

Artikel 22
Inkrafttreten

Artikel 23
Änderung

Artikel 24
Kündigung

Artikel 25
Verwahrer und Sprachen

Zu Urkund dessen haben die unterzeichneten, von ihren Regierungen hierzu gehörig befugten Bevollmächtigten dieses Protokoll unterschrieben.

Denkschrift zum Übereinkommen

I. Allgemeines

Das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität enthält neue völkerrechtliche Verpflichtungen, um die weltweite Zusammenarbeit bei der Bekämpfung dieses Bereichs der Kriminalität zu verbessern.

lm Jahre 2002 verursachte die organisierte Kriminalität nach dem Lagebericht zur organisierten Kriminalität des Bundeskriminalamtes in Deutschland einen Schaden von mehr als 3 Mrd. Euro. In knapp 80 % der Fälle wirkten Tatverdächtige unterschiedlicher Nationalität zusammen, über 80 % der Delikte wiesen grenzüberschreitende Bezüge auf. eine effektive Bekämpfung dieser Art von Kriminalität ist daher nur durch ein abgestimmtes internationales Vorgehen möglich.

einen wichtigen Beitrag mit dem Ziel einer verstärkten internationalen Kooperation stellt dabei das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität dar. Es wurde am 15. November 2000 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. Die internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung und Verfolgung von organisierter Kriminalität mit grenzüberschreitendem Faktor zu intensivieren, ist Zweck des Übereinkommens. Die Staaten verpflichten sich mit dem Übereinkommen zudem, eine Reihe von Delikten der organisierten Kriminalität unter Strafe zu stellen. Hierzu gehört z.B. die Beteiligung an einer organisierten kriminellen Gruppe, die schwere Straftaten mit einer Mindeststrafe von vier Jahren begeht. Außerdem werden in dem Übereinkommen einzelne Taten genannt, wie z.B. Geldwäsche und Korruption im Zusammenhang mit Delikten organisierter Kriminalität sowie Behinderung der Justiz beziehungsweise Strafvereitelung, die unter Strafe gestellt werden müssen.

Die Vertragsstaaten sind durch das Übereinkommen insbesondere dazu verpflichtet:

Vermögenswerte, welche bei der Tatbegehung verwendet oder mit der Tat erlangt wurden, sollen beschlagnahmt werden können. Dieses soll auch grenzüberschreitend im Wege der internationalen Zusammenarbeit ermöglicht werden.

Andere Schwerpunkte der Konvention sind umfangreiche Regelungen über die gegenseitige Auslieferung von Tatverdächtigen sowie über die internationale Rechtshilfe bei der Verfolgung der Täter der durch das Übereinkommen erfassten Straftaten. Weitere Regelungen betreffen die internationale Zusammenarbeit beim Informationsaustausch und der Aus und Fortbildung, Maßnahmen der Prävention und Regelungen über den Schutz von Opfern und Zeugen.

Das Übereinkommen wird ergänzt durch drei Protokolle

Die Protokolle enthalten für die speziellen dort genannten Bereiche grenzüberschreitender Kriminalität zusätzliche Sonderbestimmungen. Obwohl voneinander unabhängig, stellen die Protokolle jedoch jeweils eine Einheit mit der Konvention dar und sind deshalb entsprechend dem Mutterübereinkommen auszulegen. Die Bestimmungen des Übereinkommens können in sieben Bereiche aufgeteilt werden:

1. Definitionen

Die Eröffnungsbestimmungen der Konvention erläutern wichtige Begriffe, die in der Konvention verwandt werden. In ihnen werden die Elemente der Taten festgelegt, die auf Grund des Übereinkommens unter Strafe gestellt werden müssen und sie bestimmen die Umstände, in welchen die verschiedenen Regelungen Anwendung finden. Die Definitionen werden auch helfen, die internationale Begrifflichkeit zur Erfassung des grenzüberschreitenden organisierten Verbrechens zu standardisieren.

2. Schaffung von Strafvorschriften

Das Übereinkommen regelt vier besondere Bereiche, in denen Straftatbestände geschaffen werden müssen Beteiligung an einer organisierten kriminellen Gruppe (Artikel 5), Geldwäsche (Artikel 6), Korruption (Artikel 8) und Behinderung der Justiz (Artikel 23). Dadurch sollen Tätigkeiten bekämpft werden, die häufig im Bereich der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität angetroffen werden. Die Staaten, die das Übereinkommen ratifizieren, müssen Vorschriften haben oder erlassen, um diese Tätigkeiten als nationale Straftaten verfolgen zu können.

3. Nationale Maßnahmen zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens

Durch das Übereinkommen werden die Vertragsstaaten dazu verpflichtet, nationale Gesetze und Praktiken zu schaffen, welche vorbeugend oder verhindernd spezielle Arten von organisierten Verbrechen erfassen. Um zum Beispiel Geldwäsche bekämpfen zu können, werden die Staaten aufgefordert, Regelungen zu schaffen, die ihre Banken verpflichten, Aufzeichnungen über Konten und Transaktionen aufzubewahren und diese den zuständigen nationalen Behörden zur Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Anonyme Bankkonten sollen nicht mehr erlaubt sein; der Missbrauch des Bankgeheimnisses zur Verdeckung krimineller Aktivitäten soll verhindert werden.

4. Verpflichtung zur internationalen Zusammenarbeit im Kampf gegen das grenzüberschreitende organisierte Verbrechen

Das Übereinkommen geht davon aus, dass es für die national zuständigen Stellen unerlässlich ist, international vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, um mit Erfolg die organisierte Kriminalität bekämpfen zu können. Dies bedeutet, dass die Vertragsparteien sich mit Nachdruck in Einzelfällen gegenseitig unterstützen müssen. Zusammenarbeit nach dem Übereinkommen beinhaltet Auslieferung (Artikel 16), Rechtshilfe (Artikel 18) und andere besondere Maßnahmen sowie die Sammlung und den Austausch von Informationen.

5. Ausbildung und technische Unterstützung

Eine Reihe von Artikeln verpflichten die Vertragsparteien, angemessenen nationalen Sachverstand aufzubauen und zu erhalten, um die Probleme des grenzüberschreitenden organisierten Verbrechens in Angriff zu nehmen. Dies setzt auch angemessene Ausbildungsmöglichkeiten voraus. Das Übereinkommen enthält deshalb Vorschriften, in denen entwickelte Länder zu technischer Hilfe und anderweitiger Unterstützung der Entwicklungsländer aufgefordert werden. Gemäß Artikel 30 Abs. 2 Buchstabe c werden die Vertragsstaaten aufgefordert, angemessene und regelmäßige freiwillige Zahlungen auf ein Konto der Vereinten Nationen zu leisten, welches für die Unterstützung von Entwicklungsländern in ihrem Kampf gegen grenzüberschreitende organisierte Kriminalität errichtet wurde. Nach den Möglichkeiten der nationalen Gesetzgebung sollen dafür auch beschlagnahmte Erträge aus Verbrechen herangezogen werden.

6. Verhütung

In Artikel 31 der Konvention werden die Vertragsparteien aufgerufen, Maßnahmen zur Verhütung verschiedener Formen grenzüberschreitender organisierter Kriminalität zu ergreifen. Dies beinhaltet Sicherheitsmaßnahmen, die Ausbildung von Beamten, das Führen von Aufzeichnungen über Verbrechen und die Kontrolle von besonderen Aktivitäten, wie zum Beispiel die Ausgabe von Reisedokumenten und den Handel mit Schusswaffen.

7. Schlussvorschriften

Die Schlussvorschriften schließlich regeln unter anderem den Zeitpunkt, an dem das Übereinkommen in Kraft tritt. Dies ist gemäß Artikel 36 Abs. 3 und Artikel 38 der 90. Tag nach dem Tag, an welchem der 40. Staat seine Ratifizierungsurkunde übermittelt hat. Des Weiteren ist hier ein System vorgesehen, welches eine Überprüfung der Umsetzung des Übereinkommens ermöglichen soll.

Die Regelungen des Übereinkommens, das auch nach der Ratifizierung nur Pflichten der Vertragsparteien enthält, sind bereits heute umfassend im nationalen deutschen Recht verwirklicht, so dass bei Ratifizierung keine Änderungen des deutschen Rechts, insbesondere des Straf und Strafprozessrechts, erforderlich sind. Das Übereinkommen stellt keine Ermächtigungsgrundlage zum Eingriff gegen einzelne Bürger dar.

II. Besonderes

Zu den Bestimmungen des Übereinkommens im Einzelnen:

Zu Artikel 1 Zweck

In Artikel 1 wird der Zweck des Übereinkommens bestimmt. Dieser besteht darin, die internationale Zusammenarbeit zu fördern, um eine wirksamere Verhütung und Bekämpfung der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität zu erreichen. Damit wird angesichts der zunehmenden Bedeutung des grenzüberschreitenden Charakters der organisierten Kriminalität die Wichtigkeit der Zusammenarbeit festgestellt.

Zu Artikel 2 Begriffsbestimmungen

In dieser Vorschrift werden verschiedene, in dem Übereinkommen häufig verwendete Begriffe näher bestimmt.

eine organisierte kriminelle Gruppe" ist eine strukturierte Gruppe von mindestens drei Personen, welche für eine gewisse Dauer besteht und das gemeinsame Ziel verfolgt, eine oder mehrere schwere Straftaten oder andere in diesem Übereinkommen bestimmte Straftaten zur Erlangung eines unmittelbaren oder mittelbaren finanziellen oder sonstigen materiellen Vorteils zu begehen. eine schwere Straftat" stellt ein Verhalten dar, das mit einer Freiheitsstrafe von mindestens vier Jahren im Höchstmaß oder einer schwereren Strafe bedroht ist.

eine strukturierte Gruppe" ist keine Gruppe, die sich zufällig zur unmittelbaren Begehung einer Straftat gebildet hat. Sie setzt jedoch nicht notwendigerweise eine förmlich festgelegte Rolle für ihre Mitglieder, eine kontinuierliche Mitgliedschaft voraus. eine besonders ausgeprägte Struktur wird vom Übereinkommen nicht verlangt.

Vermögensgegenstände" sind Vermögensgegenstände jeglicher Art, körperliche oder nicht körperliche, bewegliche oder unbewegliche, materielle oder immaterielle Gegenstände sowie rechtserhebliche Schriftstücke oder Urkunden, die das Recht auf solche Gegenstände oder Rechte daran belegen. Der Begriff Erträge aus Straftaten" bezeichnet jeden unmittelbar oder mittelbar aus der Begehung einer Straftat stammenden oder dadurch erlangten Vermögensgegenstand. Durch die weite Fassung des Begriffs des Ertrages, welcher im Zusammenhang mit der Umschreibung des Vermögenswertes in Artikel 2 Buchstabe d zu sehen ist, soll gewährleistet werden, dass dem Täter alle aus seiner kriminellen Tätigkeit herrührenden wirtschaftlichen Vorteile entzogen werden können. Nach deutschem Verständnis wird dieser Begriff abgedeckt durch den Begriff des Erlangten im Sinne von § 73 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB).

einfrieren" oder Beschlagnahmen" erfassen das vorübergehende Verbot der Übertragung, der Umwandlung oder Bewegung von Vermögensgegenständen oder der Verfügung darüber oder die vorübergehende Verwahrung oder Kontrolle von Vermögensgegenständen. Voraussetzung ist, dass dies auf Grund einer von einem Gericht oder einer anderen zuständigen Behörde getroffenen Entscheidung erfolgt.

Unter Einziehung" ein Begriff, der auch den Verfall umfassen kann wird die dauerhafte Entziehung von Vermögensgegenständen auf Grund einer Entscheidung eines Gerichts oder einer anderen Behörde verstanden. Somit umfasst er Sanktionen gegen das Vermögen, die sowohl nach nationalem Recht als Strafe als auch wie nach deutschem Recht als Maßnahme ausgestaltet wurden.

Dabei ist zudem, wie auch der Hinweis auf den Verfall zeigt, dieser Begriff als Oberbegriff für den Verfall nach den §§ 73 ff. StGB und die Einziehung nach den §§ 74 ff. StGB zu verstehen. Notwendig ist die Verbindung der Maßnahme mit einer strafbaren Handlung. Nicht entscheidend ist, ob die Einziehung in einem strafrechtlichen Urteilsverfahren angeordnet wird. Sie kann auch gemäß § 438 Strafprozeßordnung (StPO) durch Strafbefehl oder gemäß § 440 StPO in einem selbständigen Verfahren angeordnet werden. Erforderlich ist in jedem Falle, dass die Anforderungen des unabhängigen Gerichts im Sinne des Artikels 6 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten eingehalten sind und der Anordnung der Einziehung in jedem Fall eine gemäß § 48 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (lRG) als mit Strafe bedrohte Tat zugrunde liegt.

Der Begriff der Haupttat", der sich auch schon in dem Übereinkommen des Europarats vom 8. November 1990 über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten wiederfindet, bezieht sich auf die den Ertrag hervorbringende Vortat, also diejenige, die der Geldwäschehandlung vorausgeht.

Der Begriff der kontrollierten Lieferung" wird bereits im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen verwendet. Vorliegend hat man weitgehend auf die bereits dort gefundene Definition zurückgegriffen.

Zu Artikel 3 Geltungsbereich

Artikel 3 regelt den Geltungsbereich des Übereinkommens. Dieser ist zum einen begrenzt durch den Umstand, dass eine Grenzüberschreitung gegeben sein und eine organisierte kriminelle Gruppe an der Handlung mitwirken muss. So wird eine Beschränkung des Übereinkommens auf Fälle von grenzüberschreitender Natur und Fälle der organisierten Kriminalität erreicht, wie seine Überschrift schon deutlich macht. Zugleich erfolgt eine Beschränkung auf vier charakteristische Arten von Straftaten, nämlich die Beteiligung an einer kriminellen Gruppe an einer schweren Straftat, die Geldwäsche, die Korruption und die Beeinträchtigung der Justiz. Durch die daneben in Artikel 2 vorgesehene Definition der schweren Straftat, die eine Höchststrafe von mindestens vier Jahren erfordert, wird der Geltungsbereich einerseits ausgeweitet, andererseits aber auch eingeschränkt. Er wird von den nationalen Standards bei der gesetzlichen Strafandrohung abhängig gemacht. Praktisch besteht damit die Gefahr einer Umgehung des Anwendungsbereichs des Übereinkommens durch die nationale Festlegung eines Strafmaßes. Das Merkmal der Grenzüberschreitung" wird in Absatz 2 näher bestimmt. eine Grenzüberschreitung liegt bereits vor, wenn die Tat in einem Staat begangen wird und erhebliche Auswirkungen in einem anderen Staat hat.

Zu Artikel 4 Schutz der Souveränität

Diese Bestimmung entspricht Artikel 2 Abs. 2 und 3 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen. Sie hat einschränkenden Charakter. Die Bestimmung stellt klar, dass ein Staat bei der Erfüllung der Verpflichtungen nach diesem Übereinkommen nicht in die hoheitlichen Befugnisse eines anderen Vertragsstaats eingreifen darf.

Zu Artikel 5 Kriminalisierung der Beteiligung an einer organisierten kriminellen Gruppe

Artikel 5 enthält wie die Artikel 6, 8 und 23 die Bestimmung eines bestimmten Verhaltens, welches umfassend unter Strafe gestellt werden muss. Dieses Verhalten wird seiner Natur nach als unabdingbar der organisierten Kriminalität zugehörig angesehen. Nach deutschem Recht wird das in Artikel 5 Abs. 1 Buchstabe a beschriebene Verhalten insbesondere durch § 129 StGB erfasst. Dies gilt für Artikel 5 Abs. 1 Buchstabe a Ziffer i allerdings nur insoweit, als eine organisierte kriminelle Gruppe an der Verabredung teilnimmt. Diese Einschränkung erlaubt das Übereinkommen ausdrücklich. Die Voraussetzungen des Artikels 5 Abs. 3 Satz 1 des Übereinkommens liegen im Hinblick auf § 129 StGB vor. lm Übrigen sind in diesem Zusammenhang die Vorschriften der Anstiftung gemäß § 26 StGB, der Beihilfe gemäß § 27 StGB, des Versuchs gemäß § 23 StGB und des Versuchs der Beteiligung gemäß § 30 StGB zu nennen. Dem in Artikel 5 Abs. 1 Buchstabe b beschriebenen Verhalten wird durch die zweite Alternative von § 129 StGB, der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Rechnung getragen. Nach Absatz 2 soll das Vorliegen bestimmter subjektiver Tatbestandselemente bei der Beteiligung an einer organisierten kriminellen Gruppe aus objektiven und faktischen Umständen hergeleitet werden können. eine derartige Vorschrift befindet sich bereits in Artikel 6 Abs. 2 Buchstabe c des Geldwäscheübereinkommens des Europarates. Sie steht im Einklang mit dem Ziel der freien richterlichen Beweiswürdigung, welches eine Berücksichtigung aller relevanten Umstände im Rahmen der Beweiswürdigung gestattet beziehungsweise erfordert.

Zu Artikel 6 Kriminalisierung des Waschens der Erträge aus Straftaten

Diese Vorschrift stellt eine der zentralen Bestimmungen des Übereinkommens dar. Jede Vertragspartei ist verpflichtet, die vorsätzlich begangene Geldwäsche unter Strafe zu stellen. Dabei entspricht die Umschreibung der unter Strafe zu stellenden Tathandlung weitgehend der Ausgestaltung der entsprechenden Bestimmungen in Artikel 3 Abs. 1 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen und in Artikel 6 Abs. 1 des Übereinkommens vom 8. November 1990 über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten. Wie schon bei den zuletzt genannten Übereinkommen wird der Kreis der Haupttaten, also derjenigen Taten, aus denen Erträge gewaschen werden, nicht eingeschränkt. In Absatz 2 Buchstabe a wird die Verwendung eines möglichst breit gefächerten Katalogs von Haupttaten gefordert.

Die deutsche Regelung in § 261 StGB erfüllt bereits die Anforderungen dieser Vorschrift. Dabei geht die Bundesregierung davon aus, dass in Artikel 6 Abs. 2 Buchstabe b Satz 1 und 2 Alternativlösungen dargestellt werden. Die Bundesrepublik Deutschland verfügt über ein System, das der Listenlösung in Satz 2 entspricht, da nicht nur Verbrechen" gemäß § 12 Abs. 1 StGB, sondern auch näher bezeichnete, besonders aufgelistete Vergehen als Haupttaten in Betracht kommen.

Der Notwendigkeit, umfassend Straftaten als Haupttaten anzusehen, die mit organisierten kriminellen Gruppen zusammenhängen, wird durch das Anknüpfen an ein gewerbsmäßiges oder innerhalb einer Bande verwirklichtes Vorgehen gemäß § 261 Abs. 1 Nr. 4 und 5 StGB Rechnung getragen. Artikel 6 Abs. 2 Buchstabe c ist durch § 261 Abs. 8 StGB umgesetzt.

Insgesamt geht die bestehende Fassung von § 261 StGB deutlich über den in Artikel 6 festgelegten Mindeststandard hinaus. Abhängig von den Umständen des Einzelfalls kommt auch eine Strafbarkeit nach den §§ 257 ff. StGB in Betracht.

Zu Artikel 7 Maßnahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche

In dieser Vorschrift werden Maßnahmen aufgelistet, die jeder Vertragsstaat zur Bekämpfung der Geldwäsche zu schaffen hat.

Hierzu zählt unter anderem ein umfassendes innerstaatliches Regulierungs und Aufsichtssystem für Banken, Finanzinstitutionen und für andere, besonders für geldwäschegefährdete Einrichtungen. Die mit der Bekämpfung der Geldwäsche befassten Behörden müssen sowohl national, als auch international zusammenarbeiten und Informationen austauschen können. Vertragsstaaten sollen darüber hinaus erwägen, praktisch durchführbare Maßnahmen zu ergreifen, um grenzüberschreitende Bewegungen von Bargeld und gegebenenfalls Wertpapieren aufzudecken und zu überwachen. Sie werden aufgefordert, sich bei der Schaffung eines Regulierungs und Aufsichtssystems von Initiativen regionaler, interregionaler und multilateraler Organisationen gegen die Geldwäsche anregen zu lassen. Die Zusammenarbeit der mit der Geldwäschebekämpfung befassten Behörden soll auf den unterschiedlichen Ebenen ausgebaut und gefördert werden.

Artikel 7 Abs. 1 Buchstabe a wird von der Bundesrepublik Deutschland durch verschiedene bestehende Vorschriften erfüllt. Zu nennen sind § 24c Kreditwesengesetz (KWG) (automatisierter Abruf von Kontoinformationen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht), § 25a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KWG (Verpflichtung der Finanzinstitute zur organisatorischen Umsetzung des Knowyourcustomer-Prinzips) und § 25b KWG (besondere organisatorische Pflichten von Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten im grenzüberschreitenden bargeldlosen Zahlungsverkehr).

Daneben werden die inhaltlichen Vorgaben in Artikel 7 Abs. 1 Buchstabe a im Wesentlichen vom Geldwäschegesetz (GwG), insbesondere den dortigen §§ 2 bis 4, 6, 8 (Identifizierung), 9 (Aufzeichnung und Aufbewahrung) und 11 (Anzeige von Verdachtsfällen), erfüllt, wobei die Beaufsichtigung für den zentralen Bereich der Banken und anderen Finanzinstitutionen durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht erfolgt (§ 16).

Artikel 7 Abs. 1 Buchstabe b wird vorrangig durch § 5 GwG und die damit eingerichtete Financial Intelligence Unit beim Bundeskriminalamt (Zentralstelle für Verdachtsanzeigen) im geltenden deutschen Recht erfüllt.

Auf die bewährten Regeln der internationalen Zusammenarbeit gemäß der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen kann zurückgegriffen werden.

Außerdem ist in § 9 KWG eine Weitergabe von Tatsachen, die der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht und Tätigkeit bekannt geworden sind, unter anderem an in und ausländische Strafverfolgungsbehörden und Gerichte sowie an andere Aufsichtsbehörden geregelt, was auch den in Artikel 7 Abs. 1 Buchstabe b geforderten Informationsaustausch ermöglicht.

Die in Absatz 2 angeregte Aufdeckung und Überwachung grenzüberschreitender Bewegungen ist durch die §§ 12a und 31a des Zollverwaltungsgesetzes (ZollVG) im Hinblick auf die Kontrolle des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs bereits umgesetzt.

Deutschland hat sich bei seiner nationalen Geldwäschebekämpfungsgesetzgebung nachdrücklich durch die zwei relevanten Richtlinien der Europäischen Union und durch die 40 Empfehlungen der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) anregen lassen. Deutschland arbeitet bereits heute in verschiedenen internationalen und multinationalen Gremien zur Bekämpfung der Geldwäsche umfassend mit. Beispielhaft sind hier als Zusammenarbeitsmechanismen Eurojust, Europol, das Europäische Justitielle Netz und als weltweit aktive Organisation, auf die in den Interpretationsnoten zu dem Übereinkommen ausdrücklich Bezug genommen wird, die FATF zu erwähnen.

Zu Artikel 8 Kriminalisierung der Korruption

ein Herzstück des Übereinkommens sind die Regelungen zur Bekämpfung der Bestechung in und ausländischer Amtsträger. Artikel 8 enthält eine Begriffsbestimmung der aktiven und passiven Bestechung von Amtsträgern und fordert die Schaffung der notwendigen Strafbestimmungen. Die Vorgaben von Absatz 1 werden bereits von den §§ 331 bis 334 StGB erfüllt.

Artikel 8 Abs. 2 dieser Vorschrift fordert die Vertragsstaaten auf, in Erwägung zu ziehen, auch ausländische Amtsträger oder internationale Beamte den nationalen Strafbestimmungen im Bereich der Bestechung zu unterwerfen. Durch das Europäische Bestechungsgesetz vom 10. September 1998 (BGBl. 1998 II S. 2340) wurde bereits der Anwendungsbereich der aktiven und passiven Bestechung auf Amtsträger" der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft erstreckt. Durch das Internationale Bestechungsgesetz vom 10. September 1998 (BGBl. 1998 II S. 2327), mit dem die OECD-Konvention vom 17. Dezember 1997 über die Bekämpfung von Bestechung von ausländischen Beamten im internationalen Geschäftsverkehr umgesetzt wurde, wird sichergestellt, dass Amtsträger" ausländischer Staaten oder internationaler Organisationen bei internationalen Geschäftstransaktionen wie nationale Amtsträger" behandelt werden, soweit es die Anwendung der Strafvorschriften über die aktive Bestechung anbelangt und sich die Handlung auf zukünftiges Verhalten des Amtsträgers" bezieht.

Durch § 299 StGB hat Deutschland der Forderung nach Artikel 8 Abs. 2 Satz 2, auch andere Formen der Korruption als Straftaten zu umschreiben, bereits Rechnung getragen. Daneben gibt es nach deutschem Recht noch weitere Delikte der Bestechung, wie die Abgeordnetenbestechung nach § 108e StGB und Wählerbestechung nach § 108b StGB. Ferner finden sich Sonderregelungen außerhalb des Strafgesetzbuches, welche jedoch in der Praxis eine untergeordnete Rolle spielen.

Absatz 4 schließlich enthält eine Definition des Begriffs Amtsträger".

Zu Artikel 9 Maßnahmen gegen die Korruption

Artikel 9 fordert, ähnlich wie Artikel 7, konkrete Maßnahmen zur Verhinderung beziehungsweise Aufdeckung von Straftaten nach Artikel 8. Die geforderten Maßnahmen sind im deutschen Recht bereits verwirklicht.

Die Integrität von Amtsträgern und die Verhütung von Korruption wird in Deutschland durch § 54 Satz 2 Bundesbeamtengesetz (BBG) und § 36 Satz 2 Beamtenrechtsrahmengesetz (BRRG), wonach ein Beamter sein Amt uneigennützig nach bestem Gewissen zu verwalten hat, bereits heute gewährleistet. Nach § 70 BBG und § 43 BRRG ist die Annahme von Belohnungen oder Geschenken, auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, ausdrücklich verboten. ein schuldhafter Verstoß kann disziplinarisch geahndet werden; er stellt ein Dienstvergehen gemäß § 77 BBG und § 45 BRRG dar. Die hierbei vorgesehenen Sanktionen reichen von einem Verweis bis zu einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.
Zur Aufdeckung und Bestrafung der Korruption von Amtsträgern stehen den Strafverfolgungsbehörden die allgemeinen Ermittlungsbefugnisse, wie sie in der Strafprozeßordnung geregelt sind, zur Verfügung.
Zu der in Absatz 2 geforderten Unabhängigkeit der Ermittlungsbehörde ist festzuhalten, dass die Staatsanwaltschaft nach § 152 Abs. 2 StPO grundsätzlich verpflichtet ist, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes haben nach § 163 StPO Straftaten zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen. Diese Ausprägung des Legalitätsprinzips (Pflicht zur Verfolgung von Straftaten) sowie die organisatorische Unabhängigkeit der Justizstrukturen von justizfremden Behördenzweigen garantieren den Strafverfolgungsbehörden eine ausreichende Unabhängigkeit, um unangemessene Einflussnahmen auf ihr Handeln zu verhindern.

Zu Artikel 10 Verantwortlichkeit juristischer Personen

Absatz 1 dieser Vorschrift enthält die Verpflichtung, die erforderlichen Maßnahmen zu erlassen um sicherzustellen, dass auch juristische Personen für die Beteiligung an den schweren Straftaten, an denen eine organisierte kriminelle Gruppe mitwirkt, sowie für die Begehung der in Artikel 5, 6, 8 und 23 umschriebenen Straftaten zur Verantwortung gezogen werden können. Absatz 2 stellt klar, dass diese Verantwortlichkeit juristischer Personen strafrechtlicher, zivilrechtlicher oder verwaltungsrechtlicher Art sein kann.

Nach § 30 auch in Verbindung mit § 130 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) können juristische Personen für die Begehung von jeder Art von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten bußgeldrechtlich verantwortlich gemacht werden. Artikel 10 bedarf folglich keiner weiteren Umsetzung in nationales Recht.

Auch die in Absatz 4 enthaltene Verpflichtung, nach der jeder Vertragsstaat sicherzustellen hat, dass juristische Personen, die nach diesem Artikel verantwortlich sind, angemessenen und abschreckenden Sanktionen unterworfen sind, ist bereits durch das bestehende deutsche Recht erfüllt. Nach § 30 OWiG kann eine Geldbuße bis zu 1 Mio. Euro verhängt werden, wobei dieser Betrag nochmals überschritten werden kann und soll, bis die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil aus der Tat übersteigt (§ 30 Abs. 3 OWiG i. V. m. § 17 Abs. 4 OWiG). Auch sind nach dem Strafgesetzbuch Maßnahmen der Einziehung und des Verfalls gegen juristische Personen möglich (§ 73 Abs. 3, § 75 StGB). Daneben sind auch die Möglichkeiten des Zivilrechts zu berücksichtigen, wie z.B. Schadensersatzansprüche oder Strafen nach dem Handels und Gesellschaftsrecht, welche auf juristische Personen angewandt werden können und bis zur Einziehung von Geschäftszulassungen oder zur Auflösung der Gesellschaft führen können.

Zu Artikel 11 Strafverfolgung, Aburteilung und Sanktionen

Artikel 11 fordert eine angemessene Strafandrohung im Hinblick auf die in den Artikeln 5, 6, 8 und 23 umschriebenen Straftaten (Absatz 1 ). Daneben werden die Vertragsstaaten aufgefordert sicherzustellen, dass eine etwaige bestehende Ermessensfreiheit bei der Strafverfolgung im Hinblick auf Straftaten des Übereinkommens so ausgeübt wird, dass die Maßnahmen der Strafrechtspflege größtmögliche Wirksamkeit erlangen (A b s a t z 2 ). Bei Entscheidungen über Haftentlassungen soll die Notwendigkeit berücksichtigt werden, die Anwesenheit des Beschuldigten im weiteren Strafverfahren sicherzustellen (Absatz 3 ). Auch die Gerichte oder die anderen zuständigen Behörden sollen bei der Prüfung einer vorzeitigen oder bedingten Haftentlassung die Schwere der Straftaten nach diesem Übereinkommen berücksichtigen (Absatz 4 ). Die Verjährungsfrist muss angemessen lang sein (Absatz 5 ). Zwar enthalten die diesbezüglichen deutschen Bestimmungen keine Sonderregelung für die von diesem Übereinkommen erfassten Straftaten; es ist jedoch durch die bestehenden Regeln im deutschem Recht gewährleistet, dass die Anforderungen bereits heute vollständig erfüllt sind. In Absatz 6 wird betont, dass die Definition der nach diesem Übereinkommen beschriebenen Straftaten und die Beschreibung der Gründe zum Ausschluss der Strafbarkeit oder der Rechtfertigung dem innerstaatlichen Recht eines Vertragsstaats vorbehalten sind und dass diese Straftaten nur nach dessen Recht verfolgt und bestraft werden. Dadurch wird die Erfüllung der Verpflichtungen zur Strafbarkeit den Grundsätzen der jeweiligen nationalen Rechtsordnungen unterworfen. Die Grundlagen der Strafbarkeitsverpflichtung werden im Übereinkommen niedergelegt, die Einzelheiten, insbesondere auch im Hinblick auf etwaige Strafaufhebungs, Schuldausschließungs und Rechtfertigungsgründe bleiben den nationalen Gesetzgebungen überlassen. ein Eingriff in das allgemeine Strafrecht ist nicht vorgesehen und wäre mit dem Sinn und Zweck des Übereinkommens nicht zu vereinbaren.

Zu Artikel 12 Einziehung und Beschlagnahme

Artikel 12 enthält die Verpflichtung zur Ermöglichung der Einziehung von Vermögensgegenständen, die aus den Straftaten nach diesem Übereinkommen stammen, und von solchen Vermögensgegenständen, Geräten oder anderen Tatwerkzeugen, die zur Begehung von Straftaten nach diesem Übereinkommen verwendet wurden oder bestimmt waren, in größtmöglichem Umfang. Bei der Auslegung dieser Vorschrift ist zu berücksichtigen, dass sich der Umfang weitgehend an den Grundsätzen der nationalen Rechtsordnungen orientiert und nach allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts das Eigentum eines ausländischen Staates, welches nicht für kommerzielle Zwecke benutzt wird, nur mit dessen Zustimmung beschlagnahmt werden darf. Die Anwendung der Vorschrift steht unter dem Vorbehalt des nationalen Rechts (Absatz 8).

Die Erfüllung dieser Verpflichtung wird in Deutschland bereits durch §§ 73 ff. StGB über Einziehung und Verfall die Begriffsdefinition in Artikel 2 Buchstabe g deckt insoweit beide deutsche Begriffe ab gewährleistet. Den Vorgaben der Absätze 3 bis 5 entsprechend eröffnen § 73 Abs. 2 und § 73a StGB auch die Anordnung des Verfalls von Nutzungen und Surrogaten sowie des Verfalls des Wertersatzes.

Mit den §§ 94 ff. StPO und den §§ 111b ff. StPO sind in der Bundesrepublik Deutschland auch ausreichende prozessuale Maßnahmen vorhanden, um die Erfüllung der in Artikel 12 enthaltenen Verpflichtungen sicherzustellen.

Artikel 12 Abs. 6 Satz 2, der das Bankgeheimnis betrifft, bedarf keiner Umsetzung in das nationale Recht. Nach den §§ 94 ff., 111 StPO kann das Bankgeheimnis im Ermittlungs und im Strafverfahren nicht geltend gemacht werden.

Nach Absatz 7 können die Vertragsstaaten eine Beweislastumkehr im Hinblick auf den Ursprung von Vermögensgegenständen einführen. Die nach deutschem Rechtsverständnis insofern weitestmögliche Regelung findet sich in § 73d StGB, wie er von der höchstrichterlichen Rechtsprechung einengend ausgelegt wird (vgl. BVerfGBeschluss vom 14. Januar 2004, 2 BvR 564/95).

Absatz 8 stellt klar, dass die Rechte gutgläubiger Dritter unberührt bleiben. Durch § 73 Abs. 1 Satz 2, § 73e Abs. 1 Satz 2 und § 74e Abs. 2 Satz 1 StGB werden diese Rechte in materieller Hinsicht geschützt. Nach den §§ 304, 431 ff., 439, 442 Abs. 1 StPO haben Personen, die durch Maßnahmen im Sinne von Artikel 12 in ihren Rechten berührt werden, die Möglichkeit, eine gerichtliche Überprüfung zu veranlassen.

Zu Artikel 13 Internationale Zusammenarbeit zum Zweck der Einziehung

Artikel 13 regelt die internationale Zusammenarbeit zum Zwecke der Einziehung in einer Weise, wie sie von Deutschland und anderen Staaten seit langer Zeit praktiziert wird. Absatz 1 entspricht Artikel 13 Abs. 1 des Übereinkommens über Geldwäsche sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten vom 8. November 1990 mit dem Unterschied, dass die unter den Buchstaben a und b aufgeführten Vorgehensweisen in der Bezifferung umgekehrt sind. Die Vorschrift enthält eine Verpflichtung zur Einziehung auf Ersuchen einer anderen Vertragspartei. Dabei eröffnet sie den Vertragsparteien eine Wahlmöglichkeit. So kann ein selbständiges nationales Einziehungsverfahren durchgeführt werden oder aber es wird die gerichtliche Anordnung der Einziehung der ersuchenden Partei vollstreckt, soweit sie sich auf Gegenstände nach Artikel 12 Abs. 1 bezieht, die sich im Hoheitsgebiet des ersuchten Vertragsstaats befinden. Entsprechendes gilt für die Maßnahmen nach Artikel 12 Abs. 2 ( Absatz 2 ). Die Bundesrepublik Deutschland hat sich schon bei der Ratifikation des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen dafür entschieden, prinzipiell die ausländische Anordnung der Einziehung auf Ersuchen zu vollstrecken, vorausgesetzt, die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen gemäß den §§ 48 ff. IRG sind erfüllt. Absatz 3 enthält Einzelheiten zu den Angaben, die nach diesem Artikel gestellte Ersuchen zu enthalten haben. Absatz 4 wiederholt einen aus anderen Übereinkommen bekannten Grundsatz, wonach die Erledigung des ausländischen Ersuchens auf der Grundlage des nationalen Verfahrensrechts erfolgt. Wenn beispielsweise nach dem Recht der ersuchten Partei Verjährung eingetreten ist, kommt eine Vollstreckung der ausländischen Entscheidung nicht in Betracht. Absatz 7 betont, dass sich die Zusammenarbeit nach diesem Artikel nur auf Straftaten, die in den Geltungsbereich dieses Übereinkommens fallen, bezieht. Artikel 13 bedarf keiner Umsetzung in deutsches Recht. Selbst im vertraglosen Bereich sieht das Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen eine umfassende Zusammenarbeit in diesem Bereich vor. Auf § 67 Abs. 1 IRG sei hingewiesen. Nach dieser Vorschrift kann und das sogar vor Eingang eines entsprechenden Ersuchens eine Beschlagnahme oder Sicherstellung vorgenommen werden hinsichtlich Gegenständen, deren Herausgabe an einen ausländischen Staat in Betracht kommt.

Zu Artikel 14 Verfügung über eingezogene Erträge aus Straftaten oder Vermögensgegenstände

Absatz 1 enthält die Grundsatzentscheidung, dass der ersuchte Staat über die eingezogenen Vermögensgegenstände nach seinem innerstaatlichen Recht und Verwaltungsverfahren verfügt. eine Änderung der nationalen Bestimmungen im Hinblick auf den Verbleib der eingezogenen Erträge und Vermögensgegenstände ist aufgrund des Übereinkommens mithin nicht erforderlich.

Sofern dies nach dem innerstaatlichen Recht zulässig ist, sollen die ersuchten Vertragsstaaten gemäß Absatz 2 vorrangig erwägen, die eingezogenen Erträge und Vermögensgegenstände an den ersuchenden Vertragsstaat zurückzugeben, damit dieser die Erträge zur Entschädigung von Opfern verwenden oder aber die Erträge oder Vermögensgegenstände den rechtmäßigen Eigentümern zurückgeben kann. Die Möglichkeit der Herausgabe von Erträgen oder Gegenständen richtet sich nach § 66 IRG. Dabei ist die in § 66 Abs. 1 Nr. 2 IRG vorgesehene Möglichkeit der Herausgabe nicht beschränkt auf den vom ersuchenden Staat verfolgten Zweck der Einziehung oder des Verfalls, so dass hierunter auch die Herausgabe zur Aushändigung an den Geschädigten in Betracht kommt. Voraussetzung hierfür ist, dass die weiteren in § 66 Abs. 2 IRG aufgezählten Voraussetzungen erfüllt sind. eine Änderung des deutschen Rechts ist nicht geboten.

Nach Artikel 14 Abs. 3 Buchstabe a soll in Erwägung gezogen werden, Übereinkünfte abzuschließen, die die Übertragung des Wertes solcher Erträge oder Vermögensgegenstände oder die aus dem Verkauf derselben stammenden Geldmittel ganz oder teilweise auf ein nach Artikel 30 Abs. 2 Buchstabe c eingerichtetes Konto und auf zwischenstaatliche Organe zum Kampf gegen die organisierte Kriminalität vorsehen.

In Absatz 3 wird die Möglichkeit angesprochen, Übereinkünfte über das Aufteilen von Erträgen oder Vermögensgegenständen, das sogenannte AssetSharing, zu schließen. Ob und in welchem Umfang international hiervon künftig Gebrauch gemacht wird, lässt sich derzeit nicht vorhersehen. Die Bundesregierung hat bislang die Auffassung vertreten, dass das AssetSharing einen Fremdkörper in der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen darstellt. Angesichts der Überzeugung der Staatengemeinschaft, dass es ein Anliegen und eine Aufgabe aller Staaten sei, bei der Bekämpfung der Kriminalität zusammenzuarbeiten, war es bisher international üblich, keine Erstattung von Rechtshilfekosten zu fordern und die eingezogenen Gegenstände im ersuchten Staat zu lassen. Schafft man in gewissen Bereichen der Kriminalitätsbekämpfung finanzielle Anreize, kann dies dazu führen, dass Rechtshilfeersuchen unterschiedlich bearbeitet werden. Finanzielle Interessen könnten dann beispielsweise Einfluss haben auf die Schnelligkeit oder Gründlichkeit der Bearbeitung eingehender Ersuchen. lm Rahmen der EU wird das Thema AssetSharing allerdings in letzter Zeit im Rahmen der Erarbeitung eines Rahmenbeschlusses über die Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen mit unterschiedlichen Ansätzen erörtert.

Zu Artikel 15 Gerichtsbarkeit

Artikel 15 ist in engem Zusammenhang mit Artikel 16, der die Auslieferung regelt, zu sehen. Zusammen sollen beide Vorschriften sicherstellen, dass Täter, die Straftaten nach den Artikeln 5, 6, 8 und 23 des Übereinkommens begangen haben, entweder der Gerichtsbarkeit ihres Aufenthaltsstaats unterliegen und dort strafrechtlich verfolgt oder aber von diesem Staat an den Tatortstaat ausgeliefert werden (Prinzip aut dedere aut iudicare"). Gerichtsbarkeit muss nach Absatz 1 begründet werden, wenn die Straftat in dem Hoheitsgebiet des jeweiligen Vertragsstaats, an Bord eines seiner Schiffe oder seiner Luftfahrzeuge begangen wurde. Darüber hinaus enthält Absatz 3 eine zwingende Gerichtsbarkeit für Fälle, in denen die Tat von einem Täter begangen wurde, der sich in dem Hoheitsgebiet des jeweiligen Vertragsstaats aufhält und an einen anderen Vertragsstaat nicht ausgeliefert wird, weil er eigener Staatsangehöriger ist. Darüber hinaus werden nach dem Vorbild des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen Fälle in Absatz 2 aufgeführt, in denen jeder Staat seine Gerichtsbarkeit begründen kann. In Absatz 6 wird hervorgehoben, dass unbeschadet der Regeln des allgemeinen Völkerrechts dieses Übereinkommen die Ausübung einer Strafgerichtsbarkeit, die von einem Vertragsstaat nach innerstaatlichem Recht begründet ist, nicht ausschließt. Die deutschen Regelungen über die Gerichtsbarkeit gemäß den §§ 3 bis 7 StGB erfüllen die Verpflichtungen des Übereinkommens nach Artikel 15. Es bedarf keiner neuen Rechtsvorschriften. Nach Absatz 5 soll eine Konsultation stattfinden, wenn ein Vertragsstaat, der nach Absatz 1 oder 2 seine Gerichtsbarkeit ausübt, erfährt, dass ein oder mehrere andere Vertragsstaaten in Bezug auf dieselbe Tat Ermittlungen, Strafverfolgungsmaßnahmen oder ein Gerichtsverfahren durchführen. Hierdurch sollen zu treffende Maßnahmen abgestimmt werden.

Zu Artikel 16 Auslieferung

Diese Vorschrift ist nach der Bestimmung über die Rechtshilfe in Artikel 18 die umfangreichste des Übereinkommens. Sie enthält zahlreiche Vorgaben für das nationale Auslieferungsrecht im Bereich der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität, stellt jedoch keine Ermächtigungsgrundlage zur Auslieferung im Einzelfall dar. Artikel 16 berücksichtigt, dass die Regelungen zum Europäischen Haftbefehl, bi und multilaterale Auslieferungsverträge, welche auch für die Bundesrepublik Deutschland Bedeutung haben, und die Regeln über den vertraglosen Auslieferungsverkehr nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen weiterhin die Auslieferung umfassend regeln. Sie werden durch Artikel 16 nicht inhaltlich verändert. Da diese nationalen Regeln die Vorgaben von Artikel 16 umfassend erfüllen, ist auch eine Anpassung nicht erforderlich.
Absatz 2 betrifft die akzessorische Auslieferung; Absatz 3 will gewährleisten, dass Kataloge von auslieferungsfähigen Taten als ergänzt anzusehen sind,
soweit Straftaten nach diesem Übereinkommen vorliegen. In zukünftig abzuschließenden Auslieferungsverträgen sind und hierzu verpflichten die Vertragsstaaten sich die Straftaten des Übereinkommens als auslieferungsfähig einzubeziehen.
Absätze 4 und 5 beziehen sich auf Staaten, die im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland nach ihrem innerstaatlichen Recht auf vertragloser Grundlage nicht ausliefern dürfen. Diesen wird es durch das Übereinkommen ermöglicht, eine ausreichende Grundlage für die Auslieferung wegen der in Absatz 1 genannten Straftaten zu haben.
Die Absätze 6 bis 9 und 1 6 enthalten weitere Regelungen zu Einzelfragen des Auslieferungsrechts. Sie sind im Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen bereits berücksichtigt.
In Absatz 1 0 ist das Prinzip aut dedere aut iudicare" enthalten. eine Pflicht zur Unterbreitung des Falls an seine zuständigen Behörden zum Zwecke der Strafverfolgung besteht jedoch nur bei einem dahin gehenden Verlangen des um Auslieferung ersuchenden Vertragsstaats. Die dort enthaltene Formulierung ähnelt der in Artikel 6 Abs. 2 Satz 1 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 13. Dezember 1957. Absatz 10 Satz 2 stellt klar, dass die Behörden des ersuchten Staates im Falle des Unterbreitens in der gleichen Art und Weise verfahren sollen wie in jedem Falle einer anderen schweren Straftat nach ihrem innerstaatlichen Recht. Die Verpflichtung nach Absatz 10 gilt nach Absatz 1 1 als erfüllt, wenn Staaten eigene Staatsangehörige zur Strafverfolgung unter der Bedingung ausliefern, dass eine später im ersuchenden Staat wegen der Straftat, wegen der die Auslieferung erfolgt ist, verhängte Strafe im ersuchten Staat vollstreckt wird.
Absatz 1 2 entspricht Artikel 6 Abs. 10 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen. Er regt an, dass Staaten, die eine Auslieferung zur Vollstreckung einer Strafe mit der Begründung der Nichtauslieferung eigener Staatsangehöriger ablehnen, in Erwägung ziehen, über das Instrument der Vollstreckungshilfe eine Vollstreckung dieser Strafe im eigenen Lande vorzunehmen.
Die Absätze 1 3 und 1 4 enthalten Schutzvorschriften zu Gunsten des Verfolgten im Auslieferungsverfahren. Sie sind im Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen bereits berücksichtigt.
Absatz 1 5 sieht vor, dass ein Auslieferungsersuchen nicht alleine deswegen abgelehnt werden kann, weil die Straftat als eine Tat angesehen wird, die auch fiskalische Angelegenheiten berührt.
In Absatz 1 7 verpflichten sich die Vertragsstaaten, die Wirksamkeit des Übereinkommens durch den Abschluss bi und multilateraler Auslieferungsverträge zu erhöhen.

Zu Artikel 17 Überstellung von Verurteilten

In dieser Vorschrift werden die Vertragsstaaten dazu aufgerufen, in Erwägung zu ziehen, bi oder multilaterale Übereinkünfte über die Vollstreckungshilfe und Überstellung abzuschließen, um eine wegen einer Straftat nach diesem Übereinkommen verurteilte Person zur Verbüßung der Restfreiheitsstrafe zu überstellen. Für Deutsch land gilt bereits das im Rahmen des Europarats geschlossene Übereinkommen vom 21. März 1983 über die Überstellung verurteilter Personen.

Zu Artikel 18 Rechtshilfe

Dieser Artikel weist 30 Absätze auf. Es handelt sich hierbei, ähnlich wie Artikel 16 zur Auslieferung, fast um ein eigenes Übereinkommen zur Rechtshilfe im Rahmen dieses VN-Übereinkommens. Der Artikel enthält zahlreiche Vorgaben für das nationale Rechtshilferecht im Bereich der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität, stellt jedoch keine Ermächtigungsgrundlage zur Rechtshilfe im Einzelfall dar. Artikel 18 berücksichtigt, dass die Rahmenbeschlüsse im Bereich der Mitgliedstaaten der Europäischen Union zur Rechtshilfe, bi und multilaterale Rechtshilfeverträge, welche auch für die Bundesrepublik Deutschland Bedeutung haben, und die Regeln über den vertraglosen Rechtshilfeverkehr nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen weiterhin die Rechtshilfe umfassend regeln. Sie werden durch Artikel 18 nicht inhaltlich verändert. Da diese nationalen Regeln die Vorgaben von Artikel 18 umfassend erfüllen, ist auch eine Anpassung nicht erforderlich.
Absatz 1 stellt klar, dass nach diesem Übereinkommen so weit wie möglich Rechtshilfe zu leisten ist. Das Kriterium der grenzüberschreitenden Natur muss nicht eindeutig feststellbar sein; ausreichend ist, wenn ein hinreichender Grund zu dem Verdacht des Vorliegens dieser Eigenschaft vorliegt.
Nach Absatz 2 ist auch bei Verfahren gegen juristische Personen, die gemäß Artikel 10 im ersuchenden Vertragsstaat zur Verantwortung gezogen werden können, Rechtshilfe in größtmöglichem Umfang, den das Recht des ersuchten Vertragsstaats zulässt, zu leisten. Dies kann im Einzelfall zu Schwierigkeiten nach deutschem Recht führen. Soweit eine beiderseitige Strafbarkeit nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen zur Leistung von Rechtshilfe erforderlich ist, kann ihr Fehlen im Einzelfall der Rechtshilfe entgegenstehen. In den meisten Fällen der Sonstigen Rechtshilfe ist das Erfordernis der beiderseitigen Strafbarkeit jedoch nicht zwingend (§ 59 IRG), sondern ausreichend, dass ein Straf oder Bußgeldverfahren vorliegt.
Absatz 3 Buchstabe a bis h bestimmt den Mindestumfang der zu leistenden Rechtshilfe. Buchstabe i stellt fest, dass darüber hinausgehend Hilfe jeder anderen Art nicht ausgeschlossen ist, sofern sie nicht im Widerspruch zum innerstaatlichen Recht des ersuchten Staates steht.
Die Absätze 4 und 5 betreffen Spontanmitteilungen, soweit diese nach nationalem Recht zulässig sind.
Absatz 6 stellt klar, dass Artikel 18 andere vertragliche Verpflichtungen im Bereich der Rechtshilfe unberührt lässt.
Absatz 7 stellt klar, dass die Absätze 9 bis 2 9 nur gelten, sofern die betroffenen Vertragsstaaten nicht durch einen Vertrag über Rechtshilfe anderweitig gebunden sind oder, wenn dies der Fall ist, sie statt dessen die Anwendung dieser Absätze vereinbaren. Für den Bereich der vertraglosen Rechtshilfe entspricht die nationale deutsche Rechtslage bereits inhaltlich den Regelungen der Absätze 9 bis 2 9 .
Absatz 8 schließt den Einwand des Bankgeheimnisses" als Grund, der zur Verweigerung der Rechtshilfe berechtigen würde, aus. Nach deutschem Recht steht das Bankgeheimnis Maßnahmen im Bereich der internationalen Rechtshilfe nicht entgegen.
In Absatz 9 wird den Vertragsstaaten die Möglichkeit eingeräumt, Rechtshilfe nach diesem Artikel bei fehlender beiderseitiger Strafbarkeit zu verweigern. Gleichzeitig wird festgehalten, dass der ersuchte Vertragsstaat auch in Ermangelung des Vorliegens dieser Voraussetzung Rechtshilfe leisten kann, soweit er dies nach eigenem Ermessen für zweckmäßig hält. Mit Ausnahme der in § 66 IRG geregelten Maßnahmen bedarf es im Falle der Sonstigen Rechtshilfe nach deutschem Recht des Vorliegens der beiderseitigen Strafbarkeit nicht.
Die Absätze 1 0 bis 1 2 entsprechen sinngemäß Artikel 13 des Internationalen Übereinkommens zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge. Die vorübergehende Überstellung einer Person, die sich im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats in Haft befindet, in einen anderen Vertragsstaat zum Zwecke einer Identifizierung, der Vernehmung oder einer sonstigen Hilfeleistung zur Beschaffung von Beweisen für Ermittlungen, Strafverfolgungsmaßnahmen oder Gerichtsverfahren gemäß den Straftaten dieses Übereinkommens kann erfolgen, wenn die Person nach vorheriger Aufklärung einwilligt und die zuständigen Behörden beider Staaten ihre Zustimmung erteilen, wobei diese auch an Bedingungen geknüpft werden kann. Der Staat, dem die Person überstellt wird, hat die Pflicht, die betreffende Person in Haft zu halten, sofern der andere Staat nichts anderes verlangt oder genehmigt. Auch darf der Staat, dem die Person überstellt wird, den anderen Staat nicht um eine Auslieferung zwecks Rücküberstellung in Bezug auf diese Person ersuchen. Die Haftzeit, welche in dem Staat verbracht wurde, wird von dem Staat, in dem die Person die Strafe zu verbüßen hat, angerechnet. In Absatz 1 2 ist geregelt, dass die Person von dem Vertragsstaat, in den sie überstellt wurde, grundsätzlich nicht wegen Handlungen oder Verurteilungen, die vor ihrer Überstellung liegen, strafrechtlich verfolgt, in Haft gehalten oder einer anderen Beschränkung ihrer persönlichen Freiheit unterworfen werden darf. Sie genießt damit grundsätzlich freies Geleit, es sei denn, dass der überstellende Vertragsstaat zustimmt. Die Regelung entspricht der deutschen Rechtslage (§ 62 IRG).
Nach Absatz 1 3 muss jeder Vertragsstaat eine zentrale Behörde zur Entgegennahme von Rechtshilfeersuchen benennen. Da im Bereich der vertraglosen Rechtshilfe regelmäßig der diplomatische Geschäftsweg eingehalten werden soll, nach § 74 Abs. 1 IRG im Regelfall das Bundesministerium der Justiz im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt über die Bewilligung von Rechtshilfeersuchen entscheidet und eine zentrale deutsche Justizbehörde im föderativen System der Bundesrepublik Deutschland nicht vorhanden ist, kann nur das Bundesministerium der Justiz als zentrale Behörde für den Bereich der vertraglosen Rechtshilfe benannt werden. Soweit im Einzelfall durch bi oder multilaterale völkerrechtliche Übereinkünfte abweichende Geschäftswegregelungen vorhanden sind, bedarf es, wie aus Absatz 7 folgt, keiner Benennung einer zentralen Behörde.
Absatz 1 4 bestimmt die Anforderungen an Form und Sprache eines Rechtshilfeersuchens. ein in Deutschland eingehendes Rechtshilfeersuchen muss in deutscher Sprache abgefasst oder ihm muss eine deutsche Übersetzung beigefügt sein.

Die Absätze 1 4 bis 2 9 enthalten weitere, international allgemein übliche Regelungen für den Bereich der Rechtshilfe. Sie entsprechen im deutschen Recht den Möglichkeiten nach dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen. Hervorzuheben sind

Die Bundesrepublik Deutschland, die weltweit zahlreiche Rechtshilfeübereinkommen ratifiziert hat, ist bestrebt, entsprechend Absatz 3 0 weitere bi und multilaterale Vereinbarungen über die Rechtshilfe, nicht nur im Anwendungsbereich dieses Übereinkommens abzuschließen.

Zu Artikel 19 Gemeinsame Ermittlungen

Diese Vorschrift entspringt dem zunehmenden Bewusstsein, dass die grenzüberschreitende Kriminalität in einem immer weiter zusammenwachsenden Umfeld nur gemeinsam, unter Bündelung des vorhandenen Wissens der Strafverfolgungsbehörden wirksam bekämpft werden kann. Die Möglichkeit, zukünftig gemeinsame Ermittlungsgruppen zu bilden, kann maßgeblich zu einer Verbesserung der operativen Handlungsspielräume der Strafverfolgungsbehörden beitragen. Rechtliche Grundlage der Einsetzung der Ermittlungsgruppen sollen dabei bi oder multilaterale Übereinkünfte (z.B. Artikel 13 EuRHÜ) oder aber Vereinbarungen von Fall zu Fall sein. Die Souveränität des Vertragsstaats, auf dessen Hoheitsgebiet die Ermittlungen stattfinden, darf dabei nicht angetastet werden. Nach deutschem Recht sind gemeinsame Ermittlungen bereits heute möglich; ein Umsetzungsbedarf besteht nicht.

Zu Artikel 20 Besondere Ermittlungsmethoden

In Absatz 1 wird zunächst festgehalten, dass jeder Vertragsstaat im Rahmen seiner Möglichkeiten und unter den Bedingungen seines nationalen Rechts die erforderlichen Maßnahmen zu treffen hat, um eine angemessene Anwendung der kontrollierten Lieferung und dies wird in das Ermessen des Vertragsstaats gestellt anderer besonderer Ermittlungsmethoden zu gewährleisten. Bei der kontrollierten Lieferung handelt es sich um eine bewährte Maßnahme der Zusammenarbeit mehrerer Staaten bei der Ermittlung insbesondere im Bereich des illegalen Betäubungsmittelhandels. eine Begriffsbestimmung im Einzelnen enthält Artikel 2 Buchstabe i. Der Begriff ist in Übereinstimmung mit den internationalen Standards in der Kriminalitätsbekämpfung und dem innerstaatlichen Recht der Vertragsstaaten auszulegen. Zu den anderen besonderen Ermittlungsmethoden werden als Beispiele die elektronische oder andere Formen der Überwachung und verdeckte Ermittlungen aufgezählt.
Gemäß Absatz 2 der Vorschrift wird angeregt, sofern dies erforderlich ist, geeignete zwei oder mehrseitige Übereinkünfte für die Anwendung dieser besonderen Ermittlungsmethoden abzuschließen. Daneben soll auch die Möglichkeit gegeben sein, von Fall zu Fall die Anwendung dieser besonderen Ermittlungsmethoden zu vereinbaren. Nach deutschem Recht sind die in diesem Artikel angesprochenen Maßnahmen bereits heute möglich; ein Umsetzungsbedarf besteht nicht.

Zu Artikel 21 Übertragung von Strafverfahren

Nach dieser Bestimmung sollen die Vertragsstaaten die Übertragung von Strafverfahren auf andere Vertragsstaaten prüfen, sofern dies dem Interesse einer geordneten Rechtspflege entspricht. Damit sollen insbesondere die Fälle erfasst werden, in denen mehrere Gerichtsbarkeiten betroffen sind und in denen eine Bündelung von Strafverfahren sinnvoll erscheint. Nach deutschem Recht ist die Übertragung von Strafverfahren bereits heute möglich; ein Umsetzungsbedarf besteht nicht.

Zu Artikel 22 Feststellung von Vorstrafen

Hiernach können die Vertragsstaaten die gesetzgeberischen und andere Maßnahmen treffen, die es ihnen ermöglichen, frühere rechtskräftige Verurteilungen einer verdächtigen Person in einem anderen Staat in einem eigenen Strafverfahren gegen diese Person im Zusammenhang mit einer Straftat nach diesem Übereinkommen zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung früherer rechtskräftiger Verurteilungen ist nach deutschem Recht möglich.

Zu Artikel 23 Kriminalisierung der Behinderung der Justiz

Nach Artikel 23 sind die Vertragsstaaten verpflichtet, die Behinderung der Justiz" unter Strafe zu stellen. einerseits sollen Zeugen, Sachverständige oder Beschuldigte von unzulässiger Beeinflussung, andererseits Justiz- oder Polizeibeamte bei der Ausübung ihrer Dienstpflichten geschützt werden. Der Begriff des Justizbeamten erfasst nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift den Richter.

Das in Artikel 23 des Übereinkommens dargestellte Verhalten ist im deutschen Recht mit Strafe bewehrt. Ausdrücklich hervorgehoben seien in diesem Zusammenhang die §§ 159,160, 223 ff., 240, 241, 258, 334 und 343 StGB (versuchte Anstiftung zur Falschaussage, Verleitung zur Falschaussage, Körperverletzung, Nötigung, Bedrohung, Strafvereitelung, Bestechung und Aussageerpressung).

Zu Artikel 24 Zeugenschutz

Nach Absatz 1 sind geeignete Maßnahmen zu treffen, Zeugen in Strafverfahren über Straftaten dieses Übereinkommens zu schützen. In Absatz 2 werden ausdrücklich Maßnahmen zum physischen Schutz der Zeugen und Maßnahmen verfahrensrechtlicher Art genannt. Nach deutschem Recht ist der geforderte Zeugenschutz umfassend bereits heute gewährleistet; ein Umsetzungsbedarf besteht nicht.

Zu Artikel 25 Hilfe und Schutz für Opfer

Nach Absatz 1 hat jeder Vertragsstaat nach seinem Recht den Opfern von Straftaten im Sinne dieses Übereinkommens Hilfe und Schutz zu gewähren. Absatz 2 verpflichtet die Vertragsstaaten, geeignete Verfahren zur Opferentschädigung und Rückerstattung zu schaffen. Nach Absatz 3 soll ein Opfer nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts in einem Strafverfahren beteiligt und ihm insbesondere auch rechtliches Gehör gewährt werden, wobei die Rechte der Verteidigung aber nicht beeinträchtigt werden dürfen. Nach deutschem Recht ist der geforderte Opferschutz umfassend bereits heute gewährleistet; ein Umsetzungsbedarf besteht nicht.

Zu Artikel 26 Maßnahmen zur Verstärkung der Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden

Nach Artikel 26 sollen Straftäter aus dem Bereich der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität ermutigt werden, vertrauensvoll mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenzuarbeiten. Die Vertragsstaaten werden aufgefordert, geeignete Maßnahmen zu treffen. Beteiligte an organisierten kriminellen Gruppen sollen zu einer Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden bewegt werden, um die Gruppe zu identifizieren oder ihre finanziellen Erträge aus Straftaten einziehen zu können. Dabei soll auch die Möglichkeit einer Strafmilderung oder Verzicht auf eine Strafverfolgung in Erwägung gezogen werden. Gemäß Absatz 5 soll eine solche Erwägung auch für den Fall des Aufenthalts der in dieser Vorschrift erfassten Person in einem anderen Vertragsstaat angestellt werden. Nach deutschem Recht sind die angesprochenen Maßnahmen umfassend bereits heute gewährleistet; ein Umsetzungsbedarf besteht nicht.

Zu Artikel 27 Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung

Absatz 1 betont noch einmal, dass die Vertragsstaaten im Einklang mit ihrer jeweiligen innerstaatlichen Rechts und Verwaltungsordnung eng zusammenarbeiten, um die Effektivität der Strafrechtspflege zur Bekämpfung der Straftaten nach diesem Übereinkommen zu stärken. Die Einschränkung im Einklang mit ..." gibt ihnen dabei eine gewisse Flexibilität im Hinblick auf Art und Ausmaß der Zusammenarbeit. Die Zusammenarbeit kann in den Fällen verweigert werden, in denen eine solche in Widerspruch zu den nationalen Gesetzen oder der nationalen Verwaltungspraxis steht.

Es werden Maßnahmen aufgelistet, die für die Strafverfolgung zur Bekämpfung der Straftaten nach diesem Übereinkommen als wirksam angesehen werden und die von den Vertragsstaaten zu treffen sind. Hierbei handelt es sich zum einen um die Verwirklichung eines effektiven Nachrichtenaustauschs zwischen seinen eigenen zuständigen Behörden und nach Ermessen auch mit ausländischen Stellen, aber auch um Maßnahmen zur Verwirklichung der Zusammenarbeit mit anderen Vertragsstaaten bei der Ermittlung zu einzelnen Fragen in Bezug auf Straftaten nach diesem Übereinkommen. Als Rechtsgrundlage der angesprochenen zwischenstaatlichen Zusammenarbeit kommen für die Bundesrepublik Deutschland vor allem die jeweils anwendbaren Bestimmungen zur internationalen Rechtshilfe in Strafsachen in Betracht. ein Umsetzungsbedarf besteht nicht.

In Absatz 2 werden die Vertragsstaaten ermutigt, zwei oder mehrseitige Übereinkünfte über eine unmittelbare Zusammenarbeit zwischen ihren Strafverfolgungsbehörden zu vereinbaren bzw. bestehende Übereinkünfte anzupassen. Der angesprochene unmittelbare Geschäftsweg ist bereits heute in verschiedenen für die Bundesrepublik Deutschland gültigen bi und multilateralen Verträgen, wie zum Beispiel dem Schengener Durchführungsübereinkommen, enthalten. Der in Absatz 3 geforderte einsatz moderner Technologien bei der Kriminalitätsbekämpfung ist in Deutschland verwirklicht.

Zu Artikel 28 Sammlung, Austausch und Analyse von Informationen über das Wesen der organisierten Kriminalität

Diese Vorschrift stellt in das Ermessen der Vertragsstaaten, inwieweit sie den Bereich der organisierten Kriminalität in ihrem Hoheitsgebiet mit der wissenschaftlichen und akademischen Fachwelt analysieren, ihre dahingehenden Erkenntnisse international austauschen und ihre politischen Konzepte und konkreten Maßnahmen zur Bekämpfung überwachen und im Hinblick auf ihre Wirksamkeit überprüfen. Der Bereich der organisierten Kriminalität wird in Deutschland auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Gremien auch wissenschaftlich analysiert. Zu erwähnen ist hier beispielsweise die Arbeit des Max-Planck-Instituts, aber auch die jährlichen Berichte zur organisierten Kriminalität unter Federführung des Bundesministeriums des Innern. ein Informationsaustausch hierüber mit anderen Staaten findet in den unterschiedlichsten internationalen Gremien, wie zum Beispiel im Rahmen des Europarats, aber auch bilateral regelmäßig statt. Zu den in Absatz 2 genannten Organisationen zählen auch Interpol, Europol und Eurojust.

Zu Artikel 29 Ausbildung und technische Hilfe

Soweit dies erforderlich ist, werden die Vertragsstaaten aufgerufen, besondere Ausbildungsprogramme für das Personal ihrer Strafverfolgungsbehörden und für sonstiges Personal, das zur Bekämpfung und Verhütung der von diesem Übereinkommen erfassten Straftaten eingesetzt wird, zu verbessern oder aufzubauen. Hierbei soll auch eine Zusammenarbeit der Vertragsstaaten untereinander mit dem Ziel des Austauschs von Fachkenntnissen stattfinden. Ausbildung und technische Hilfe sollen durch die Vertragsstaaten gefördert werden, damit Auslieferung und Rechtshilfe erleichtert werden.

Zu Artikel 30 Sonstige Maßnahmen: Anwendung des Übereinkommens durch wirtschaftliche Entwicklung und technische Hilfe

Diese Vorschrift befasst sich in erster Linie mit dem Verhältnis der entwickelten Länder zu den Entwicklungsländern. Dabei ist vorgesehen, dass sich die Vertragsstaaten in Abstimmung untereinander sowie in Abstimmung mit internationalen und regionalen Organisationen bemühen", die Entwicklungsländer bei ihrer Fähigkeit zu unterstützen, die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität zu verhüten und zu bekämpfen. Dies soll durch finanzielle und materielle, aber auch durch technische Hilfe erfolgen. Ausdrücklich eingeschlossen als potenzielle Empfänger der letztgenannten Art von Hilfe werden in Artikel 30 Abs. 2 Buchstabe c auch die Länder im wirtschaftlichen Übergang, also die Länder, die den Wechsel von der Plan zur Marktwirtschaft vollziehen. Es ist vorgesehen, hierzu ein Konto der Vereinten Nationen einzurichten, auf das die Vertragsstaaten einzahlen und das dazu dient, die Gelder für die zuvor erwähnte Hilfe bereitzustellen. Absatz 3 bestimmt, dass die in dieser Vorschrift vorgesehenen Maßnahmen möglichst ohne Einfluss auf bereits bestehende Zusagen auf dem Gebiet der Auslands und Entwicklungshilfe erfolgen sollen. Artikel 30 enthält jedoch letztlich keine verbindliche rechtliche Regelung, konkrete in der Höhe bezifferbare Leistungen zu erbringen. Mögliche künftige Leistungen sind im Haushaltsverfahren zu behandeln.

Zu Artikel 31 Verhütung

Artikel 31 fordert auf, zur Verhütung der organisierten Kriminalität Projekte zu entwickeln und die besten Praktiken und politischen Konzepte auszuarbeiten und zu fördern. Sie sollen sich bemühen zu verhindern, dass organisierte kriminelle Gruppen mit ihren unrechtmäßig erworbenen Erträgen an rechtmäßigen Märkten teilnehmen. Hierzu sind geeignete Gesetzgebungs, Verwaltungs oder sonstige Maßnahmen zu ergreifen, welche unter anderem die Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden und den in Betracht kommenden privaten Rechtsträgern fördern. Außerdem sollen Maßnahmen ergriffen werden, um die Integrität betroffener öffentlicher und privater Rechtsträger zu schützen. Öffentliche Ausschreibungsverfahren, Subventionen und Lizenzen sollen vor einem Missbrauch durch organisierte kriminelle Gruppen geschützt werden. Entsprechendes gilt für einen Missbrauch juristischer Personen durch organisierte kriminelle Gruppen. In Deutschland gibt es bereits verschiedene gesetzgeberische und andere Maßnahmen, die der in dieser Vorschrift geforderten Verhütung den Weg bereiten. Beispielhaft seien die Tätigkeit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen im Bereich der Banken, Wertpapier und Versicherungsaufsicht, die Identifizierungspflichten der Banken und Finanzinstitutionen aber auch anderer Berufszweige, die nicht zum Finanzsektor gehören, nach dem Geldwäschegesetz und die Tätigkeiten der beim Bundeskriminalamt angesiedelten Financial Intelligence Unit erwähnt. lm Hinblick auf die Korruption von Amtsträgern wird auf die bereits oben zu Artikel 9 genannten Bestimmungen des Bundesbeamtengesetzes und des Beamtenrechtsrahmengesetzes hingewiesen. Die Verhütung des Missbrauchs juristischer Personen durch organisierte kriminelle Gruppen wird in Deutschland nicht nur durch verschiedene Kontrollmechanismen hinsichtlich des letztlich wirtschaftlich Berechtigten von Gesellschaften sichergestellt, sondern auch durch weitere Registrierungen von Gesellschaften, beispielsweise im Handelsregister, oder der Verpflichtung zur Offenlegung der Identität der Anteilseigner bei der Erreichung eines gewissen Schwellenwertes von Anteilen nach dem Wertpapiergesetz. Die Bundesregierung beabsichtigt, das Bundeskriminalamt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen gemäß Absatz 6 dieser Vorschrift als Behörde zu bezeichnen, die anderen Vertragsstaaten bei der Ausarbeitung von Maßnahmen zur Verhütung der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität behilflich sein kann.

Zu Artikel 32 Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens

In Artikel 32 Abs. 1 wird eine Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens eingerichtet. Ziel dieser Konferenz ist es, es den Vertragsstaaten zu ermöglichen, grenzüberschreitende internationale Kriminalität besser zu bekämpfen und die Anwendung dieses Übereinkommens zu evaluieren. ein erstes Zusammentreffen dieser Konferenz ist für das Jahr 2004 ins Auge gefasst worden. Zur Erreichung ihrer Ziele soll die Konferenz Mechanismen beschließen, welche teilweise in Absatz 3 vorgegeben sind.
Die Konferenz verschafft sich das erforderliche Wissen über die Anwendung des Übereinkommens in den einzelnen Vertragsstaaten und die dabei aufgetretenen Schwierigkeiten. Sie stützt sich hierbei einerseits auf die Informationen aus den Vertragsstaaten selbst, kann jedoch andererseits auch zusätzliche, nicht näher bestimmte Überprüfungsmechanismen anwenden.

Zu Artikel 33 Sekretariat

Das Sekretariat der Konferenz der Vertragsparteien wird durch den Generalsekretär der Vereinten Nationen ausgestattet. In Absatz 2 werden die Aufgaben des Sekretariats der Konferenz der Vertragsparteien näher beschrieben.

Zu Artikel 34 Anwendung des Übereinkommens

Absatz 1 betont, dass jeder Vertragsstaat im Einklang mit den wesentlichen Grundsätzen seines innerstaatlichen Rechts die erforderlichen Maßnahmen zur Erfüllung seiner Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen zu leisten hat. In Absatz 2 ist hervorgehoben, dass die in den Artikeln 5, 6, 8 und 23 bezeichneten Straftaten in dem nationalen Recht eines jeden Vertragsstaats vorzusehen sind, unabhängig von der grenzüberschreitenden Natur oder der Mitwirkung der organisierten kriminellen Gruppe nach Artikel 3 Abs. 1. Gemäß Absatz 3 kann jede Vertragspartei auch strengere oder schärfere Maßnahmen treffen als in diesem Übereinkommen vorgesehen sind.

Zu Artikel 35 Beilegung von Streitigkeiten

Die Vertragsstaaten sollen gemäß Absatz 1 dieser Vorschrift Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens auf dem Verhandlungswege lösen. Absatz 2 entspricht Artikel 20 Abs. 1 des Internationalen Übereinkommens zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge. In dieser Vorschrift ist ein Schiedsverfahren vorgesehen für den Fall, dass zwei oder mehr Vertragsstaaten ihren Streit über die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens nicht innerhalb einer angemessenen Frist durch Verhandlung beilegen können. Für den Fall, dass sich die Parteien nicht binnen sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem das Schiedsverfahren verlangt worden ist, über seine Ausgestaltung einigen können, kann jede der Parteien die Streitigkeit dem Internationalen Gerichtshof vorlegen.

Zu Artikel 36 bis 41 Allgemeine Schlussbestimmungen

Hierin enthalten sind allgemeine Schlussbestimmungen zu dem Übereinkommen von überwiegend formeller Natur, wie zum Beispiel zur Dauer der Auslegung zur Unterzeichnung, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens, zu einer Änderung des Übereinkommens, zur Kündigungsmöglichkeit sowie zu den verbindlichen Sprachfassungen.

In Artikel 37, welcher die Überschrift Verhältnis zu Protokollen" trägt, wird festgeschrieben, dass das Übereinkommen durch ein oder mehrere Protokolle ergänzt werden kann. Um Vertragspartei eines Protokolls zu werden, muss man Vertragspartei des Übereinkommens sein. eine Auslegung der Protokolle zu diesem Übereinkommen hat unter Berücksichtigung des Mutterübereinkommens zu erfolgen. Derzeit gibt es drei Zusatzprotokolle zu dem Übereinkommen.

Denkschrift zum Zusatzprotokoll
zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen und Kinderhandels

A. Allgemeines

I. Entstehungsgeschichte

Schon die Vorläuferorganisationen der Vereinten Nationen haben seit 1904 Menschenhandel in mehreren völkerrechtlichen Dokumenten als Verbrechen bezeichnet, das nur in internationaler Zusammenarbeit bekämpft werden kann. Dem Internationalen Abkommen vom 18. Mai 1904 über Verwaltungsmaßregeln zur Gewährung wirksamen Schutzes gegen den Mädchenhandel (RGBl. 1905 S. 695, 705, 708), das durch ein Änderungsprotokoll der Vereinten Nationen vom 4. Mai 1949 (BGBl. 1972 II S. 1074) ergänzt wurde, folgten das Internationale Übereinkommen zur Bekämpfung des Mädchenhandels vom 4. Mai 1910 (RGBl. 1928 II S. 314), für das das oben genannte Änderungsprotokoll ebenfalls gilt, die Internationale Übereinkunft vom 30. September 1921 zur Unterdrückung des Frauen und Kinderhandels (RGBl. 1924 II S. 180, 202) mit einem Zusatzprotokoll der Vereinten Nationen vom 12. November 1947 (BGBl. 1972 II S. 1074, 1081) und das Übereinkommen vom 11. Oktober 1933 zur Unterdrückung des Handels mit volljährigen Frauen (BGBl. 1972 II S. 1478), auf das sich das Protokoll von 1947 ebenfalls bezieht. Bereits 1937 unternahm der Völkerbund den Versuch, ein weiteres Übereinkommen auszuhandeln, mit dem alle vorhergehenden Instrumente in einem Übereinkommen gebündelt werden sollten. Dieses Vorhaben konnte jedoch bedingt durch den Zweiten Weltkrieg und die Auflösung des Völkerbundes nicht zum Abschluss gebracht werden. Schon kurz nach ihrer Gründung im Jahre 1945 griffen die Vereinten Nationen das Thema Menschenhandel auf und einigten sich auf die oben erwähnten Zusatzprotokolle zu den Übereinkommen. 1949 verabschiedete die Generalversammlung ein Übereinkommen zur Unterdrückung des Menschenhandels und der Ausbeutung der Prostitution anderer", das die Wiederaufnahme des erwähnten Dokuments von 1937 darstellt, dessen Fertigstellung durch den Zweiten Weltkrieg verhindert wurde. Diese Konvention blieb aber umstritten und ist von der Bundesrepublik Deutschland nicht gezeichnet bzw. ratifiziert worden.

II. Verhältnis zu anderen Übereinkommen

Das hier vorliegende Protokoll greift das Thema Menschenhandel angesichts der immer größer werdenden Mobilität der Menschen und der zunehmenden Vernetzung der Welt unter neuen Voraussetzungen auf und stellt zum ersten Mal in der Geschichte der Vereinten Nationen und ihrer Vorläufer eine klare Verbindung zwischen organisierter Kriminalität und Menschenhandel her. Das Protokoll ergänzt das Übereinkommen zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität und bezieht sich auf spezifische Maßnahmen gegen den Menschenhandel. ein weiteres Zusatzprotokoll regelt die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Schleusung von Migranten. Übergreifende Fragen, wie z.B. die Feststellung einer Schweren Straftat" oder grundsätzliche Maßnahmen des Zeugen und Opferschutzes sind im Übereinkommen geregelt, so dass sich die Zusatzprotokolle auf tatspezifische Aspekte beschränken. Das hier vorliegende Zusatzprotokoll unterscheidet sich von seinen oben angeführten Vorläufern insbesondere durch die Erweiterung des Begriffs Menschenhandel". Die neue Definition des Menschenhandels löst die Beschränkung auf die Ausbeutung zur Prostitution auf und verpflichtet die Mitgliedstaaten, Handel mit Menschen in alle Formen der Ausbeutung unter Strafe zu stellen. Es ist gelungen, einen breiten Konsens zu dieser Definition zu erzielen. Das zeigt sich auch daran, dass bereits in der ersten Woche 81 Staaten das Protokoll gezeichnet haben; damit hatte das Protokoll bereits sieben Tage nach der Auslegung einen breiteren Zeichnerkreis, als die Konvention von 1949 insgesamt Mitgliedstaaten besitzt.

III. Bedeutung

Die besondere Bedeutung dieses Protokolls liegt darin, dass ein weltweit gültiger Begriff für Menschenhandel festgeschrieben wurde, der die Vertragsstaaten verpflichtet, alle Formen des Handels mit Menschen zum Zwecke der Ausbeutung unter Strafe zu stellen und zu verfolgen. Darüber hinaus wird die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten geregelt und gestärkt. Das Übereinkommen gegen die organisierte Kriminalität stellt durch zwei getrennte einschlägige Zusatzprotokolle klar, dass Menschenhandel und Schleusung zwei unterschiedliche Tatbestände sind, die auch unterschiedliche Bekämpfungsstrategien erforderlich machen. Die Regelungen des Zusatzprotokolls, das auch nach der Ratifizierung nur Pflichten der Vertragsparteien enthält, sind bereits heute umfassend im nationalen deutschen Recht verwirklicht, so dass bei Ratifizierung keine Änderungen des deutschen Rechts, insbesondere des Strafrechts, erforderlich sind. Das Zusatzprotokoll enthält keine Ermächtigungsgrundlage zum Eingriff gegen einzelne Bürger.

B . B e s o n d e r e s

Zu den Bestimmungen des Zusatzprotokolls im Einzelnen:

Zu der Präambel

Die Präambel stellt das Protokoll in den historischen und sachlichen Kontext der Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels und legt die Erkenntnis der Vertragsstaaten dar, dass das Verbrechen Menschenhandel nur in grenzüberschreitender Zusammenarbeit gelöst werden kann. Ferner wird festgestellt, dass die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verhandelten internationalen Übereinkünfte nicht alle Aspekte des Menschenhandels erfassen. Neuere frauenrechtliche Dokumente der Vereinten Nationen, wie z.B. das Übereinkommen vom 18. Dezember 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau oder die Aktionsplattform der Vierten Weltfrauenkonferenz in Peking von 1995 greifen das Thema zwar auf, beschäftigen sich aber nur mit Teilaspekten des Verbrechens. Daher fehlte eine allgemein gültige, auf die Erfordernisse des 21. Jahrhunderts ausgerichtete Übereinkunft, die nun mit diesem Protokoll ausgehandelt wurde.

Darüber hinaus bekräftigen die Vertragsstaaten in der Präambel, dass zur Bekämpfung dieses Verbrechens eine Ergänzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität um dieses Zusatzprotokoll erforderlich ist, um den spezifischen Herausforderungen des Menschenhandels begegnen und der Schwere der Straftat Rechnung tragen zu können.

I. Allgemeine Bestimmungen

Zu Artikel 1 Verhältnis zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität

Die Bestimmungen in den Absätze n 1 und 2 über das Verhältnis des Protokolls zu dem Übereinkommen sind das Pendant zu Artikel 37 Abs. 1 und 3 des Übereinkommens. Für die Vertragsparteien des Protokolls gelten Protokoll und Übereinkommen als einheitliches Ganzes. Absatz 3 stellt klar, dass die in Artikel 5 des Protokolls genannten Straftaten solche im Sinne des Artikels 5 des Übereinkommens sind, so dass die allgemeinen Maßnahmen der Zusammenarbeit bei der Verhütung und Verfolgung von Straftaten der organisierten Kriminalität, die das Übereinkommen vorsieht, auch auf erstere anwendbar sind. ein Staat kann nach Artikel 37 Abs. 2 des Übereinkommens gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität nur Mitglied des Protokolls werden, wenn er auch Mitglied des Übereinkommens ist.

Zu Artikel 2 Zweck

Artikel 2 benennt die drei Stoßrichtungen des Protokolls:

Mit der Zielsetzung Opferschutz verfolgt das Protokoll über die Regelung der polizeilichen und justitiellen Zusammenarbeit zur Verbrechensbekämpfung und verhütung hinaus die Gewährleistung und den Schutz von Menschenrechten. Es grenzt sich dadurch auch vom Protokoll gegen die Schleusung von Migranten auf dem Land, See und Luftweg ab, das den Opferschutz nicht in der Zweckbestimmung führt.

Zu Artikel 3 Begriffsbestimmungen

Artikel 3 Buchstabe a verdeutlicht, dass Menschenhandel als ein komplexes Phänomen mit vielfältigen Erscheinungsformen zu verstehen ist. Menschenhandel bedeutet die Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder den Empfang von Personen

Artikel 3 Buchstabe b regelt, dass eine Zustimmung des Opfers zu der unter Buchstabe a benannten Ausbeutung unwirksam ist, wenn die aufgeführten Mittel angewendet wurden.Artikel 3 Buchstabe c trifft eine besondere Regelung für Kinder. Hier reichen die Handlungen der Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder der Empfang eines Kindes zu Ausbeutungszwecken aus, um als Menschenhandel erfasst zu werden. Die unter Buchstabe a genannten Mittel müssen anders als bei Erwachsenen nicht vorliegen.Artikel 3 Buchstabe d definiert als Kind in Übereinstimmung mit der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen jede Person unter 18 Jahren.

Zu Artikel 4 Geltungsbereich

Artikel 4 stellt klar, dass die Bestimmungen des Protokolls auf die Verhinderung, Untersuchung und Strafverfolgung sowie den Schutz der Opfer von Menschenhandelsdelikten Anwendung finden. Voraussetzung ist allerdings, dass eine organisierte kriminelle Gruppe gemäß Artikel 2 Buchstabe a des Übereinkommens an den Straftaten mitgewirkt hat und die Straftaten grenzüberschreitender Natur sind, wie in Artikel 3 Abs. 2 des Übereinkommens geregelt.

Zu Artikel 5 Kriminalisierung

Artikel 5 Abs. 1 verpflichtet jeden Vertragsstaat, die in Artikel 3 genannten Handlungen, wenn sie vorsätzlich begangen werden, unter Strafe zu stellen. Dieser Personalisierungsverpflichtung trägt das geltende Recht bereits hinreichend Rechnung. Hinsichtlich des Menschenhandels zwecks sexueller Ausbeutung ist im Strafgesetzbuch (StGB) insbesondere auf die §§ 180b, 181 (Menschenhandel, schwerer Menschenhandel), außerdem auf die §§ 180a (Förderung der Prostitution) und 181a (Zuhälterei) hinzuweisen. Dabei berücksichtigen § 180b Abs. 1 Satz 2 und § 181 Abs. 1 Nr. 2 StGB die besondere Erscheinungsform des Heiratshandels. Hinsichtlich des Menschenhandels zwecks Ausbeutung der Arbeitskraft sind für den Bereich des StGB in erster Linie § 234 (Menschenraub), aber auch die allgemeinen Strafvorschriften z.B. gegen Freiheitsberaubung (§ 239) und Nötigung (§ 240), für den Bereich des Nebenstrafrechts die §§ 406 und 407 des Sozialgesetzbuches III sowie die §§ 15 und 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zu nennen. Das besondere Schutzbedürfnis von Kindern und Jugendlichen wird darüber hinaus in § 235 StGB (Entziehung Minderjähriger) und § 236 StGB (Kinderhandel), außerdem in den Straf und Bußgeldvorschriften der §§ 58 und 59 des Jugendarbeitsschutzgesetzes berücksichtigt. Die Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/die GRÜNEN haben im Mai 2004 einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht (Bt-Drucksache 015/3045), mit dem die oben genannten Vorschriften fortentwickelt werden sollen, um dem besonderen Unrechtsgehalt der verschiedenen Erscheinungsformen des Menschenhandels im Sinne des Zusatzprotokolls und weiterer internationalen Regelungswerke noch besser Rechnung tragen zu können.

II. Schutz der Opfer des Menschenhandels

Zu Artikel 6 Hilfe und Schutz für die Opfer des Menschenhandels

Die Bestimmungen dieses Artikels ergänzen die Regelungen des Übereinkommens nach Artikel 24 (Zeugenschutz) und Artikel 25 (Hilfe und Schutz für Opfer).

Nach Artikel 6 Abs. 1 werden die Vertragsstaaten aufgefordert, zum Schutz der Privatsphäre und der Identität der Opfer die Gerichtsverfahren in geeigneten Fällen unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchzuführen, soweit dies nach innerstaatlichem Recht möglich ist.

Das strafgerichtliche Verfahren ist gemäß § 169 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) grundsätzlich öffentlich. Der Grundsatz der Öffentlichkeit ist eine grundlegende einrichtung des Rechtsstaats und Prozessmaxime für die Hauptverhandlung, der jedoch unter bestimmten engen Voraussetzungen u. a. folgende Einschränkungen erfahren hat:

Die Ausführung der in Artikel 6 Abs. 3 genannten Maßnahmen zum Opferschutz fallen nach Artikel 83 Grundgesetz in den Zuständigkeitsbereich der Länder. In den meisten Bundesländern gibt es Fachberatungsstellen, die die Betroffenen entsprechend unterstützen und sichere Unterkunft gewähren. In einzelnen Bundesländern werden die dafür anfallenden Kosten aus Sondertiteln der Landeskasse getragen. lst dies nicht der Fall, bestehen Ansprüche für die Zeit des Aufenthalts in Deutschland je nach Aufenthaltsstatus des Opfers entweder nach Bundessozialhilfegesetz (BSHG) oder dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Opfer von Menschenhandel in Deutschland können nach Erlass des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit an die Bundesanstalt für Arbeit unter bestimmten Voraussetzungen eine Arbeitserlaubnis ohne Wartefrist bekommen. Dies dient zum einen der Integration der Opfer in das normale Arbeitsleben, zum anderen entlastet es die Staatskasse, da diese Opfer ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Grundlage hierfür ist § 1 Abs. 2 Nr. 1 der Arbeitsgenehmigungsverordnung.

Absatz 4 fordert die Mitgliedstaaten auf, bei der Durchführung der in diesem Artikel angeführten Maßnahmen auf Alter, Geschlecht und die besonderen Bedürfnisse der Opfer Rücksicht zu nehmen, vor allem, wenn es sich um Kinder handelt.

Absatz 5 legt fest, dass jeder Vertragsstaat für die körperliche Sicherheit der Opfer sorgen soll, während sich diese in seinem Hoheitsgebiet aufhalten. Diese Bestimmung korrespondiert mit Artikel 24 Abs. 2 Buchstabe a und Artikel 25 Abs. 1 des Übereinkommens.

Der Schutz der Opfer fällt in den Zuständigkeitsbereich der Bundesländer. Verschiedene Bundesländer haben Kooperationsabkommen zwischen Polizei und Fachberatungsstellen abgeschlossen, wonach die Fachberatungsstellen für die professionelle Unterstützung und Betreuung der Opfer zuständig sind, während die Polizei für den Schutz der Opferzeugen Sorge trägt.

Absatz 6 regelt, dass jeder Vertragsstaat sicherstellen soll, dass seine innerstaatliche Rechtsordnung Maßnahmen vorsieht, die den Opfern des Menschenhandels ermöglichen, Entschädigungen für den erlittenen Schaden zu erlangen. Diese Regelung korrespondiert mit Artikel 25 Abs. 2 des Übereinkommens.

Die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland sieht entsprechende Entschädigungsansprüche in den §§ 823, 249 und 253 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vor. So besteht etwa bei schuldhafter Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und Freiheit nach § 823 Abs. 1 BGB eine Schadensersatzpflicht des Schädigers. Daneben werden über die sonstigen Rechte" im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB auch erhebliche Persönlichkeitsrechtsverletzungen von der Pflicht zum Ersatz des Schadens erfasst. Zu solchen Persönlichkeitsrechtsverletzungen zählen nach ständiger Rechtsprechung insbesondere Verletzungen des sexuellen Selbstbestimmungsrechts.

Darüber hinaus kommt für die Opfer von Menschenhandel ein Schadensersatzanspruch auf der Grundlage von § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. einem Schutzgesetz in Betracht. Als Schutzgesetze im Sinne der Norm sind Gesetze zu verstehen, die nicht lediglich dem Schutz der Allgemeinheit dienen, sondern einen Individualschutz gewähren. Hierzu zählen insbesondere eine Reihe von Strafvorschriften des Strafgesetzbuchs wie etwa die Beleidigung (§ 185), Aussetzung (§ 221), Körperverletzung (§ 223), Freiheitsberaubung (§ 239), Nötigung (§ 240), Menschenhandel (§§ 180b, 181) und andere Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 ff.).

Nach § 825 BGB ist außerdem zum Schadensersatz verpflichtet, wer einen anderen durch Hinterlist, durch Drohung oder unter Missbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen bestimmt.

lm Rahmen der §§ 823ff. BGB sind gemäß § 249 BGB zunächst alle Vermögensschäden zu ersetzen. Grundsätzlich ist der Zustand wiederherzustellen, der ohne das schadensstiftende Ereignis bestünde. Darüber hinaus kann nach § 253 Abs. 2 BGB im Falle der Verletzung des Körpers und der Gesundheit, bei Freiheitsentziehung sowie bei Verstößen gegen die sexuelle Selbstbestimmung auch für immatrielle Schäden eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden. Zudem erkennt die Rechtsprechung gestützt auf Artikel 1 und 2 Grundgesetz einen Anspruch auf Geldentschädigung auch bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen an, sofern diese Verletzungen als schwerwiegend anzusehen sind und sich nicht in anderer Weise befriedigend ausgleichen lassen.

Das damit gegebene relativ hohe Schutzniveau für Opfer von Menschenhandel wird mit dem am 1. August 2002 in Kraft getretenen Zweiten Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften weiter verbessert. Erstmals im deutschen Recht wurde ein umfassender Anspruch auf Schmerzensgeld bei Verletzungen des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit und der sexuellen Selbstbestimmung geschaffen. Dieser Anspruch geht unter anderem dadurch über die bisherige Rechtslage hinaus, dass der Anspruch auf Schmerzensgeld auf Haftungssysteme erweitert wird, die kein Verschulden voraussetzen (Gefährdungshaftung). Weiterhin ist mit der Neufassung von § 825 BGB der Schutz der sexuellen Selbstbestimmung nicht länger nur auf Frauen beschränkt. Vielmehr werden im Wege einer jedermann schützenden Formulierung auch Kinder und Männer in den Schutzbereich der Norm einbezogen. Opfer des Menschenhandels können, wenn sie nicht nur vorübergehende gesundheitliche Schäden erlitten haben, gegebenenfalls Ansprüche auf eine staatliche Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz OEG) geltend machen. Das damalige Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung hat am 5. März 2001 einen entsprechenden Erlass zur einbeziehung von Gewalttaten im Zusammenhang mit Tatbeständen des Menschenhandels herausgegeben. Zu den Leistungen nach dem OEG zählen dauernde Renten, Krankenbehandlung und fürsorgerische Leistungen. Sie werden auf Antrag gewährt; die Einhaltung einer Frist ist nicht erforderlich. Der Leistungsumfang ist dabei abhängig von der Dauer des Aufenthalts und dem Ausmaß der Integration des Opfers in der Bundesrepublik Deutschland.

Zu Artikel 7 Rechtsstellung der Opfer des Menschenhandels in den Aufnahmestaaten

Absatz 1 legt fest, dass die Vertragsstaaten erwägen, in geeigneten Fällen Opfern des Menschenhandels ein befristetes oder unbefristetes Aufenthaltsrecht zu gewähren. Dieser Artikel ergänzt die Regelungen über die Hilfe und den Schutz für die Opfer des Menschenhandels und soll auch deren Anwesenheit für die Dauer des Strafverfahrens gegen die Menschenhändler ermöglichen. ein Anspruch der Opfer auf Gewährung eines Aufenthaltsrechts und eine Verpflichtung der Vertragsstaaten zu einem gesetzgeberischen Handeln bestehen aufgrund dieses Artikels allerdings nicht. Die bestehenden deutschen ausländerrechtlichen Regelungen lassen bereits jetzt einen Aufenthalt für die Dauer des Strafverfahrens gegen Menschenhändler oder zur Stabilisierung der Opfer zu.
Absatz 2 stellt klar, dass bei der Entscheidung über die Gewährung eines Aufenthaltsrechts nicht allein strafverfahrensrechtliche, sondern auch humanitäre und in der Person der Opfer liegende Umstände zu berücksichtigen sind. Diesen Forderungen wird bereits im geltenden Ausländerrecht Genüge getan.

Zu Artikel 8 Rückführung der Opfer des Menschenhandels

Artikel 8 enthält eine besondere Klausel über die Rückführung der Opfer des Menschenhandels in die Herkunftsländer. Nach Absatz 1 erleichtern und akzeptieren die Vertragsstaaten die Rückkehr dieser Personen. Absatz 2 legt fest, dass die Rückführung unter Berücksichtigung des Standes der Strafverfahren gegen die Menschenhändler, der Sicherheit der Opfer und vorzugsweise freiwillig erfolgen soll. Die Absätze 3 und 4 sehen eine beschleunigte Prüfung und Feststellung der Nationalität und des dauernden Aufenthaltsrechts sowie die Ausstellung von Heimreisedokumenten durch die Vertragsstaaten vor. Nach den Absätze n 5 und 6 bleiben die den Opfern eingeräumten innerstaatlichen Rechte der aufnehmenden Vertragsstaaten und aus zwischenstaatlichen und sonstigen internationalen Abkommen und Vereinbarungen, die die Rückführung von Opfern von Menschenhandel regeln, unberührt.

III. Verhütung, Zusammenarbeitung sonstige Maßnahmen

Zu Artikel 9 Verhütung des Menschenhandels

Absatz 1 gibt den Vertragsstaaten auf, Leitlinien, Programme und andere Maßnahmen durchzuführen, um Menschenhandel zu verhindern und zu bekämpfen sowie um zu verhindern, dass die Opfer erneut Opfer von Menschenhandel werden. Hier ist Deutschland als Mitglied der Europäischen Union im Rahmen des früheren STOP, jetzt AGIS-Programms an der Förderung verschiedener Projekte beteiligt, zum anderen werden national vielfältige Maßnahmen von Nichtregierungsorganisationen in diesem Bereich unterstützt.

Deutschland hat 1999 den Aktionsplan der Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen aufgelegt, in dem ein umfassendes Gesamtkonzept zu allen Formen der Gewalt gegen Frauen, so auch gegen Frauenhandel, entworfen wurde. Die umgesetzten Maßnahmen in diesem Bereich beinhalten u. a. verschiedene Förderungen von Nichtregierungsorganisationen, die Förderung einer bundesweiten Vernetzungsstelle von Fachberatungsstellen im Bereich Frauenhandel sowie die Arbeit der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Frauenhandel, in der neben Regierungsstellen auch Nichtregierungsorganisationen vertreten sind. Damit wird den Forderungen in Artikel 9 Abs. 2 und 3 entsprochen, bestimmte Maßnahmen und Initiativen zur Bekämpfung des Frauenhandels zu ergreifen und dabei auch die Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen zu suchen. Der Aktionsplan der Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen wird fortgeschrieben werden; zu dem neuen Konzept werden auch weiterhin Maßnahmen gegen Frauenhandel gehören.

Absatz 4 verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Bekämpfung der Ursachen für Menschenhandel in den Herkunftsländern, wie insbesondere Armut, fehlende Bildungschancen und mangelnde Chancengleichheit. Mit der Millenniumserklärung der Vereinten Nationen hat sich die Weltgemeinschaft dazu verpflichtet, bis zum Jahre 2015 den Anteil der extrem armen Menschen in der Welt zu halbieren. Die Bundesregierung trägt mit ihrem Aktionsprogramm 2015 zur Erreichung dieses Ziels bei. lm Aktionsprogramm wird bekräftigt, dass die Ursachen der Armut auch in der mangelnden Gleichberechtigung der Geschlechter liegen. Alle Aktivitäten werden daher so ausgerichtet, dass die unterschiedlichen Bedürfnisse von Frauen und Männern gleichberechtigt berücksichtigt werden. ein eigenes Kapitel widmet sich dem gezielten Empowerment" von Frauen. eine der darin vorgesehenen Aktionen ist die Bekämpfung des Frauenhandels und der Zwangs und Kinderprostitution. In Entwicklungsländern will die Bundesregierung gefährdeten Kindern und Frauen besondere Unterstützung anbieten, um ihnen neue Beschäftigungsmöglichkeiten und Zukunftsperspektiven zu eröffnen.

Die Bundesregierung war aber bereits aber auch schon vor der Verabschiedung des Aktionsprogramms tätig: Die Zusage der Bundesregierung auf der Pekinger Weltfrauenkonferenz, 40 Mio. USDollar für die rechts und sozialpolitische Beratung unter besonderer Berücksichtigung der Interessen von Frauen in Entwicklungsländern bis zum Jahr 2000 bereitzustellen, wurde erfolgreich umgesetzt. So wurden beispielsweise öffentliche Stellen beraten, die ihr Rechtssystem im Sinne der Gleichberechtigung der Geschlechter modernisieren wollen, Fraueninitiativen wurden bei ihrer Lobby und Aufklärungsarbeit unterstützt.

Das in Absatz 5 benannte Ziel, Menschenhandel auch auf der Nachfrageseite zu bekämpfen, hat die Bundesregierung bereits im Aktionsplan Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen" als Ziel festgesetzt und wird auch in der Fortschreibung Berücksichtigung finden.

Zu Artikel 10 Informationsaustausch und Ausbildung

Absatz 1 eröffnet den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten die Möglichkeit einer engeren Zusammenarbeit durch den Austausch von Informationen zu Personen, die ohne oder mit fremden Dokumenten Grenzübertritte durchgeführt haben oder beabsichtigen. Weiterhin können Informationen zu den dabei genutzten Reisedokumenten, zu Mitteln und Methoden des Menschenhandels sowie zu den Bekämpfungsmöglichkeiten ausgetauscht werden. eine Verpflichtung der Vertragsstaaten zum Informationsaustausch besteht aufgrund dieses Artikels nicht. ein gesetzgeberisches Handeln der Vertragsstaaten ist nicht gefordert, da der Informationsaustausch auf der Basis des jeweiligen innerstaatlichen Rechts ermöglicht wird.

Absatz 2 legt fest, dass jeder Vertragsstaat den Beamten der Strafverfolgungs, Einwanderungs und anderen zuständigen Behörden Aus und Fortbildungsmaßnahmen zur Verhütung und Verfolgung des Menschenhandels anbietet bzw. diese ausbaut. Dabei soll auch zur Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen ermutigt werden. Die Staaten sollen Aus und Fortbildung der für Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels zuständigen Beamten in notwendigem Umfang gewährleisten. Die Regelungen entsprechen der bereits in Deutschland gängigen Praxis.

Das Bundeskriminalamt führt seit 1997 regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen im Polizeibereich zum Thema Menschenhandel durch, an denen auch Nichtregierungsorganisationen beteiligt sind.

Die Bekämpfung des Menschenhandels ist in Deutschland eine zentrale Aufgabe aller mit der Strafverfolgung betrauten Kräfte. Daher wird der Fortbildung von Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten auf diesem Gebiet insbesondere durch Veranstaltungen der Deutschen Richterakademie breiter Raum eingeräumt. Die dort angebotenen Tagungen gehen über die reine Information zur Bekämpfung des Menschenhandels hinaus und vermitteln auch Methoden, wie der Entstehung dieser Art von organisierter Kriminalität entgegengewirkt werden kann. Darüber hinaus wird durch die Teilnahme deutscher Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte an internationalen Fortbildungsveranstaltungen ermöglicht, dass zum einen beispielsweise die Verfahren der internationalen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von grenzüberschreitender organisierter Kriminalität oder aber verschiedene Methoden in der Verbrechensbekämpfung nähergebracht werden; zum anderen können auch persönliche Erfahrungen ausgetauscht werden, die später im Berufsalltag von Nutzen sind.

Absatz 3 verpflichtet die Vertragsstaaten, etwaige Verwendungsbeschränkungen des übermittelnden Staates bezüglich der übermittelten Informationen zu beachten.

Zu Artikel 11 Maßnahmen an den Grenzen

Absatz 1 verpflichtet die Vertragsstaaten im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu verstärkten zielgerichteten Maßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels bei der Durchführung von Grenzkontrollen, soweit bindende Verpflichtungen über den freien Personenverkehr im Einzelfall nicht entgegenstehen.

Nach Absatz 2 haben die Vertragsstaaten durch gesetzgeberische oder andere geeignete Maßnahmen so weit wie möglich zu verhindern, dass die von gewerblichen Beförderungsunternehmern betriebenen Beförderungsmittel zu Zwecken des Menschenhandels benutzt werden. Hierzu gehört nach Absatz 3 auch die Verpflichtung sofern angemessen und mit sonstigen internationalen Verpflichtungen vereinbar , den Beförderungsunternehmern aufzugeben, sich davon zu überzeugen, dass die beförderten Personen über die erforderlichen Grenzübertrittsdokumente verfügen. Für Verstöße gegen diese Verpflichtung sind nach Absatz 4 Sanktionen vorzusehen.

Nach Absatz 5 sollen die Vertragsstaaten ferner Maßnahmen erwägen, um Personen, die an Straftaten im Sinne von Artikel 5 in Verbindung mit Artikel 3 beteiligt sind, bereits an der Grenze zurückzuweisen bzw. ihre etwaigen Einreisesichtvermerke für ungültig zu erklären, soweit dies nach nationalem Recht zulässig ist.

Gemäß Absatz 6 sollen die Vertragsstaaten unabhängig von der allgemeinen Pflicht zur Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung nach Artikel 27 des Übereinkommens die verstärkte Zusammenarbeit ihrer Grenzkontrollbehörden erwägen.

Zu Artikel 12 Sicherheit und Kontrolle von Dokumenten

Artikel 12 verpflichtet die Vertragsstaaten im Rahmen ihrer verfügbaren Mittel zur Schaffung von Qualitätsstandards im Hinblick auf die Fälschungssicherheit von Dokumenten sowie zur Durchführung von Maßnahmen zur Verhinderung des Dokumentenmissbrauchs.

Zu Artikel 13 Rechtmäßigkeit und Gültigkeit von Dokumenten

Artikel 13 soll sicherstellen, dass auf Antrag eines ersuchenden Vertragsstaats tatsächlich oder angeblich zu Zwecken des Menschenhandels benutzte Reise oder Identitätsdokumente eines anderen Vertragsstaats innerhalb eines angemessenen Zeitraums von diesem überprüft werden. Mit dieser Vorschrift soll u. a. eine beschleunigte Durchführung der Ermittlungen erreicht werden.

I V. S c h l u s s b e s t i m m u n g e n

Zu Artikel 14 Vorbehaltsklausel

Mit der Nichtberührensklausel in Absatz 1 soll klargestellt werden, dass die Bestimmungen des Protokolls die sonstigen Verpflichtungen der Vertragsstaaten aus einschlägigen Normen des internationalen Menschenrechtsschutzes und des humanitären Völkerrechts sowie sonstige völkerrechtliche Bindungen nicht verkürzen oder verändern. Insbesondere die Rechtsstellung der Flüchtlinge wird durch das Protokoll nicht berührt. Das gilt für die Vertragsparteien des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951 und des Protokolls von 1967 auch hinsichtlich des darin enthaltenen Grundsatzes der Nichtzurückweisung.

Die Auslegungsregel des Absatz e s 2 soll die Opfer des Menschenhandels vor Diskriminierung schützen. Sie ist so formuliert, dass sie jeweils für alle mit einem konkreten Einzelfall befassten Vertragsstaaten gilt. Satz 1 betrifft die Diskriminierung aufgrund der Tatsache, dass eine Person Opfer des Menschenhandels geworden ist. Satz 2 bezieht im Wege einer Generalklausel alle anderen international geltenden Diskriminierungsverbote mit ein.

Zu Artikel 15 Beilegung von Streitigkeiten

Die Streitbeilegungsklausel entspricht der des Übereinkommens und folgt einem international weithin üblichen Vorgehen.

Zu Artikel 16 Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme, Genehmigung und Beitritt

Artikel 16 enthält die üblichen völkerrechtlichen Regelungen über die Unterzeichnung und Ratifikation bzw. Annahme oder Beitritt. Die Absätze 2 bis 4 enthalten Sonderregelungen zugunsten von Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration, die in derselben Weise wie Staaten Vertragspartei werden können, sofern mindestens einer ihrer Mitgliedstaaten Vertragspartei geworden ist. In ihrer Ratifikations oder Beitrittsurkunde muss eine solche Organisation den Umfang ihrer Zuständigkeiten in Bezug auf das Protokoll erläutern.

Zu Artikel 17 Inkrafttreten

Für das Inkrafttreten des Protokolls ist dieselbe Zahl von Vertragsparteien erforderlich wie bei dem Übereinkommen und den beiden anderen Protokollen, nämlich 40.

Zu Artikel 18 Änderung

Nach Absatz 1 können Änderungen frühestens fünf Jahre nach Inkrafttreten des Protokolls vorgeschlagen werden. Die Entscheidung über eine Vertragsänderung obliegt den üblichen Grundsätzen des Vertragsrechts entsprechend den Vertragsparteien, die darüber im Rahmen der Konferenz der Vertragsstaaten nach Artikel 32 des Übereinkommens beraten.

Die Stimmrechtsregelung für Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration in Absatz 2 entspricht der des Übereinkommens.

Änderungen bedürfen nach Absatz 3 der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung durch die Vertragsstaaten.

Angenommene Änderungen treten für einen Vertragsstaat 90 Tage nach Hinterlegung einer entsprechenden Ratifikations, Annahme oder Genehmigungsurkunde in Kraft (Absatz 4 ).

Bindend ist diese Änderung nur für die Vertragsstaaten, die ihre Zustimmung dazu ausgedrückt haben (Absatz 5 ).

Zu Artikel 19 Kündigung

Zur üblichen Vorschrift über die Kündigung in Absatz 1 tritt eine Sonderregelung für Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration in Absatz 2 hinzu, die der Vorschrift über den Beitritt einer solchen Organisation (Artikel 16) entspricht. Danach hört eine solche Organisation automatisch auf, Vertragspartei zu sein, wenn keiner ihrer Mitgliedstaaten mehr Vertragspartei ist. Zu Artikel 20 Verwahrer und Sprachen

Die Vorschrift über den Verwahrer und die Sprachenklausel folgen der üblichen Praxis bei Übereinkommen der Vereinten Nationen.

Denkschrift zum Zusatzprotokoll
gegen die Schleusung von Migranten auf dem Land, See und Luftweg

I. Allgemeines

Die weltweite Vernetzung unserer modernen Informations und Kommunikationsgesellschaft fördert auch die kriminelle Energie von Verbrechern, die sich dieser neuen Freiheiten" bedienen. So scheint sich die grenzüberschreitende Kriminalität nahezu als notwendiges Nebenprodukt moderner Gesellschaften zu etablieren. Schleusungskriminalität ist nicht nur der grenzüberschreitenden Kriminalität, sondern zunehmend der organisierten Kriminalität zuzurechnen. Aufgrund dieses wachsenden Bedrohungspotenzials für die Innere Sicherheit, insbesondere durch destabilisierende Einflussnahme auf Gesellschaft und Wirtschaft, liegt in der Schleusungskriminalität eine ernstzunehmende kriminalpolitische Herausforderung mit weltweitem Charakter.

Das Schleusungsprotokoll ist aus der Erkenntnis entstanden, dass dauerhafte Erfolge im Kampf gegen die grenzüberschreitende Schleusungskriminalität in einer globalisierten Welt nicht durch isolierte nationalstaatliche Maßnahmen, sondern letztlich nur durch eine international vernetzte Zusammenarbeit der Staatengemeinschaft der Vereinten Nationen zu erreichen sind.

Der Zweck des Schleusungsprotokolls ist die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten zur Verhinderung und Bekämpfung der Schleusung von Migranten bei gleichzeitigem Schutz der Rechte der geschleusten Menschen. Da die gemeinsame Verantwortung und das gemeinsame Ziel unbestritten sind, ist es trotz unterschiedlicher Interessen der Herkunfts und Zielländer gelungen, ein abgestimmtes Protokoll und damit einen Interessensausgleich herbeizuführen. In den Verhandlungen war jedoch von Anfang an klar, dass die Ursprungsländer von Migration keinem Instrument zustimmen würden, das neue Rechtsgrundlagen für die Bestrafung der Migranten selbst schaffen würde. So sehr diese Länder auch die Einschätzung der Zielländer teilten, dass die organisierte Schleusung ein riesiger illegaler Markt für organisierte kriminelle Gruppen geworden ist, so wurde doch deutlich, dass sie kein Interesse daran haben, ihre eigenen Landsleute, die ihr Heimatland aus wirtschaftlicher Not verlassen hatten, im Ausland polizeilicher Verfolgung auszusetzen.

Von Anfang an hatten die Zielländer nicht die Absicht, das Protokoll als Rechtsinstrument gegen die geschleusten Migranten auszugestalten. lhr Ziel war nicht die Regelung von Migration als solcher, sondern die Bekämpfung organisierter Gruppen, die daraus Geschäfte machen. Sie konnten ihrerseits aber auch keiner Formulierung von Regelungen zustimmen, die die illegalen Einwanderer von jeglicher Form der Sanktion freistellen und die dahingehend hätten interpretiert werden können, dass sie das Recht der Mitgliedstaaten zur Gestaltung ihres nationalen Ausländer und Einwanderungsrechts einschränken. Für die Zielländer war es insofern wichtig, dass das Protokoll nicht als Gewährung von Immunität" missverstanden werden konnte. Dieses Anliegen konnten aber auch die Ursprungsländer akzeptieren, da alle Staaten der Welt über Einwanderungs, Visa und sonstige aufenthaltsrechtliche Normen verfügen, die zu ändern sich letztlich kein Staat verpflichten wollte. Beide Interessenlagen fanden in einer engen Verbindung der Artikel 5 und 6 ihre Berücksichtigung.

Die besondere Bedeutung des Zusatzprotokolls gegen Schleusung liegt in der weltweiten Verpflichtung, Schleusungen unter Strafe zu stellen.

Die Regelungen des Zusatzprotokolls, das auch nach der Ratifizierung nur Pflichten der Vertragsparteien enthält, sind bereits heute umfassend im nationalen deutschen Recht verwirklicht, so dass bei Ratifizierung keine Änderungen des deutschen Rechts, insbesondere des Straf- und Ausländerrechts, erforderlich sind. Das Zusatzprotokoll enthält keine Ermächtigungsgrundlage zum Eingriff gegen einzelne Bürger.

II. Besonderes

Zu den Bestimmungen des Übereinkommens im Einzelnen:

Zu Artikel 1 Verhältnis zum Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität

Die Bestimmungen über das Verhältnis des Protokolls zu dem Übereinkommen in den Absätze n 1 und 2 sind das Gegenstück zu Artikel 37 Abs. 1 und 3 des Übereinkommens. Für die Vertragsparteien des Protokolls gelten Protokoll und Übereinkommen als einheitliches Ganzes. Absatz 3 stellt klar, dass die in Artikel 6 des Protokolls genannten Straftaten solche im Sinne des Artikels 5 des Übereinkommens sind, so dass die allgemeinen Maßnahmen der Zusammenarbeit bei der Verhütung und Verfolgung von Straftaten der organisierten Kriminalität, die das Übereinkommen vorsieht, auch auf die vom Protokoll erfassten Taten anwendbar sind.

Zu Artikel 2 Zweck

Der Zweck des Zusatzprotokolls gegen Schleusung ist die Verhinderung und Bekämpfung der Schleusung von Migranten sowie die Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten zur Erreichung dieses Ziels bei gleichzeitigem Schutz der Rechte geschleuster Personen.

Zu Artikel 3 Begriffsbestimmungen

Artikel 3 enthält die Legaldefinitionen für eine Reihe von zentralen Begriffen des Protokolls. Schleusung von Migranten" im Sinne des Protokolls ist das Herbeiführen der unerlaubten Einreise in das Gebiet einer Vertragspartei, deren Staatsangehöriger die betreffende Person nicht ist oder für die sie kein dauerndes Aufenthaltsrecht hat. Mit dem Tatbestandsmerkmal zum Zwecke der Erzielung eines finanziellen oder sonstigen materiellen Vorteils" soll nur die geschäftsmäßig betriebene Schleusung erfasst werden. Die Unterstützung von illegalen Migranten aus humanitären Erwägungen, z.B. durch Nichtregierungsorganisationen, kirchliche Einrichtungen oder die eigene Familie, soll nicht darunter fallen.

Zu Artikel 4 Geltungsbereich

Artikel 4 regelt den sachlichen Geltungsbereich des Protokolls. Danach fallen unter den Anwendungsbereich des Protokolls nur die in Artikel 6 genannten Tathandlungen, d.h. die Mitwirkung an Taten, die grenzüberschreitenden Charakter haben und an deren Begehung eine organisierte kriminelle Gruppe im Sinne von Artikel 2 Buchstabe a des Übereinkommens beteiligt ist.

Zu Artikel 5 Strafrechtliche Verantwortlichkeit der Migranten

Artikel 5 bestimmt ausdrücklich, dass die geschleusten Personen selbst obwohl sie begriffsnotwendig an ihrer eigenen Schleusung mitwirken nicht aufgrund dieses Protokolls strafrechtlicher Verfolgung unterliegen sollen. Diese Klarstellung entspricht dem Gesamtverständnis des Protokolls, welches nicht als allgemeines Instrument zur Steuerung von Migration gedacht ist, sondern der Bekämpfung der in diesem Bereich tätigen organisierten Kriminalität dienen soll. Die Bestimmung schließt allerdings nicht aus, dass gegen Personen, die sich durch ihre unerlaubte Einreise eines Verstoßes gegen das nationale Recht schuldig gemacht haben, aufgrund nationalen Rechts Maßnahmen ergriffen werden. Das ergibt sich wiederum ausdrücklich aus Artikel 6 Abs. 4. Artikel 5 beschränkt also nicht das Recht der Vertragsparteien, die geschleuste Person selbst wegen Verstoßes gegen das eigene Aufenthalts und Einwanderungsrecht zu verfolgen.

Zu Artikel 6 Kriminalisierung

In Absatz 1 Buchstabe a verpflichten sich die Vertragsparteien, die Schleusung von Migranten unter Strafe zu stellen, die begangen wird, um unmittelbare oder mittelbare finanzielle oder materielle Vorteile zu erlangen. Diese Pflicht wird durch die Straftatbestände in den §§ 92a und 92b des Ausländergesetzes (AuslG) bereits erfüllt.

Unter Strafe zu stellen ist ferner die Herstellung gefälschter Reise oder Ausweisdokumente und die Beschaffung, Bereitstellung oder der Besitz solcher Dokumente zum Zweck der Schleusung von Migranten. ein Migrant, der ein gefälschtes Dokument nur sich selbst verschafft oder nur für den Zweck der eigenen Schleusung besitzt, fällt nicht unter Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe b. Die hier beschriebenen Taten sind bereits nach den §§ 267 und 276 StGB strafbar.

Gemäß Artikel 6 Abs. 1 Buchstabe c soll auch die Beihilfe zur Begründung unerlaubten Aufenthalts unter Strafe gestellt werden, obwohl diese Tathandlung nicht unter den Begriff der Schleusung" als Ermöglichung der unerlaubten Einreise im Sinne des Artikels 3 Buchstabe a fällt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Beihilfehandlung die Herstellung oder den Gebrauch gefälschter Reisedokumente oder sonstige rechtswidrige Mittel einschließt. Auch das ist durch die §§ 92a und 92b AuslG gewährleistet.

Absatz 2 bestimmt, dass auch der Versuch sowie die Mittäterschaft unter Strafe zu stellen sind, sofern das betreffende nationale Strafrecht generell die Bestrafung des Versuchs und der Beteiligung erlaubt. Dies ist im deutschen Strafrecht bzw. in den strafrechtlichen Neben bestimmungen der Fall (Versuch, § 92a Abs. 3 AuslG; Mittäterschaft, § 25 StGB; Beihilfe und Anstiftung, § 92a Abs. 1 AuslG).

Nach Absatz 3 sollen erschwerende Umstände der Tatbegehung definiert werden. Hierzu gehören vor allem Schleusungsfälle, die geeignet sind, das Leben oder die Sicherheit der geschleusten Personen zu gefährden, oder die mit unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung verbunden sind. eine ausdrückliche Regelung für diese Fälle, z.B. als Erfolgsqualifikation oder als besonders schwerer Fall, gibt es bislang im deutschen Strafrecht bzw. in den strafrechtlichen Nebenbestimmungen nicht. Allerdings können die genannten erschwerenden Umstände nach § 46 StGB schon heute von den Gerichten bei der Strafzumessung berücksichtigt werden.

Absatz 4 stellt klar, dass die Vertragsstaaten durch Artikel 6 nicht gehindert sind, Strafvorschriften auch für andere Fälle vorzusehen, die nicht von Artikel 6 Abs. 1 erfasst werden.

Zu den Artikeln 7 bis 9 Schleusung von Migranten auf dem Seeweg

Die Bestimmungen der Artikel 7 bis 9 enthalten spezielle völkerrechtliche Regelungen für das Aufbringen und Durchsuchen fremder und eigener Schiffe auf der Hohen See auf Ersuchen oder mit Genehmigung des jeweiligen Flaggenstaats. Diese sind für die Bekämpfung der Schleusung von Migranten auf dem Seeweg wegen seevölkerrechtlicher Vorgaben erforderlich. Nach Artikel 89 des Seerechtsübereinkommens (SRÜ) kann kein Staat für sich das Recht in Anspruch nehmen, Teile der Hohen See seiner Souveränität zu unterstellen und Eingriffe in die Freiheit der Schifffahrt anderer Staaten vorzunehmen. Einschränkungen dieses Grundsatzes sind nur nach Maßgabe des Seerechtsübereinkommens und nach sonstigen Regeln des Völkerrechts zulässig (vgl. Artikel 87 Abs. 1 Satz 2 SRÜ). Das allgemeine Seevölkerrecht stellt den Staaten nur in wenigen speziellen Fällen (z.B. Seeräuberei, Sklavenhandel, Nacheile bei Verletzung von Rechtsvorschriften eines Küstenstaats) klare Eingriffsrechte gegen die Schiffe anderer Staaten auf der Hohen See zur Verfügung und überlässt die Weiterentwicklung dieses Rechtsregimes der internationalen Zusammenarbeit der Staaten aufgrund völkervertraglicher Verpflichtungen. Die Einwirkungsmöglichkeiten der Küstenstaaten in ihrem Küstenmeer (vgl. Artikel 27 SRÜ) werden durch die Artikel 7 bis 9 nicht eingeschränkt.

Artikel 8 und 9 stellen international bindende ausführliche Grundsätze der gegenseitigen Rechtshilfe bei der Strafverfolgung der Schleuserkriminalität auf der Hohen See auf, die auf dem Vorrang der Zuständigkeit des Flaggenstaats basieren.

Zu Artikel 7 Zusammenarbeit

In Anlehnung an Artikel 17 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1988 gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen unterstreicht Artikel 7 des Schleusungsprotokolls, dass die Zusammenarbeit der Vertragsstaaten zur Verhütung und Bekämpfung der Schleusung auf dem Seeweg in Übereinstimmung mit dem Internationalen Seerecht" erfolgen soll. Durch die damit geschaffene vertragliche Basis für eine weltweite Zusammenarbeit wird die Rechtfertigung für geeignete Eingriffe gegen verdächtige Schiffe auf der Hohen See mit Zustimmung des Flaggenstaats im Einzelfall begründet.

Zu Artikel 8 Maßnahmen gegen die Schleusung von Migranten auf dem Seeweg

Absatz 1 regelt den Fall des Eingriffs einer Vertragspartei gegen ein verdächtiges Schiff auf Ersuchen des Flaggenstaats. Hat eine Vertragspartei, die nicht Flaggenstaat des Schiffes ist, hinreichende Anhaltspunkte für den Verdacht, dass ein Schiff an der Schleusung von Migranten beteiligt ist, kann sie nach Absatz 2 den Flaggenstaat zunächst um Überprüfung und Bestätigung der Registrierung des Schiffs bitten. Wenn dieser die Registrierung bestätigt, kann der ersuchende Staat den Flaggenstaat um Erlaubnis zum Anhalten und Durchsuchen sowie ggf. zu angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung der Schleusung bitten. Der Flaggenstaat kann insbesondere die Erteilung der Erlaubnis an Bedingungen für den Umfang und die Art und Weise der Eingriffsmaßnahmen knüpfen, die ggf. zwischen ihm und dem ersuchenden Staat zu vereinbaren sind.

Nach Absatz 6 muss jeder Vertragsstaat Behörden benennen, die Ersuchen um Hilfe, um Registrierungs- bzw. Flaggenbestätigungen und um die Genehmigung von Maßnahmen entgegennehmen und beantworten. Flaggenbehörde ist in Deutschland das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie. Diese Behörde führt ein Register aller Seeschiffe, die zur Führung der Bundesflagge berechtigt sind, und ist daher für die Erteilung der Bestätigung die nach Artikel 8 Abs. 6 zuständige Behörde, soweit das Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen keine abweichende Regelung vorsieht. Soweit ein Rechtshilfeersuchen in Betracht kommt, ist beabsichtigt, das Bundesministerium der Justiz entsprechend der allgemeinen Rechtshilfe als Behörde im Sinne von Artikel 8 Abs. 6 zu bestimmen (vgl. Artikel 18 Abs. 13 des Übereinkommens gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität).

Für die Praxis bedeutsam ist Artikel 8 Abs. 7 . Hat ein Vertragsstaat stichhaltige Gründe für die Annahme, dass die Schleusung von Migranten durch ein staatenloses Schiff betrieben wird, kann er dieses Schiff auf der Hohen See anhalten und durchsuchen und bei bestätigtem Verdacht geeignete Maßnahmen in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht und dem Völkerrecht ergreifen.

Zu Artikel 9 Schutzklauseln

Ergreift ein Staat Maßnahmen gegen das verdächtige Schiff, muss er nach Absatz 1 die Sicherheit und die humanitäre Behandlung der Personen an Bord garantieren und hat die Sicherheit des Schiffs und seiner Ladung ebenso zu berücksichtigen wie die wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen des Flaggenstaats oder eines anderen betroffenen Staates.
Absatz 2 sieht vor, dass dem Eigentümer des Schiffs für den Fall, dass die gegen das Schiff ergriffenen Maßnahmen einen Schaden verursacht haben und der Verdacht der Schleusung unbegründet war, ein Entschädigungsanspruch zu gewähren ist.

Zu Artikel 10 Information

Mit Blick auf das gemeinsame Ziel einer effektiven Bekämpfung der Schleusungskriminalität sollen die Vertragsparteien und hier insbesondere diejenigen mit gemeinsamen Grenzen bzw. diejenigen, die als Transitland für internationale Schleusungen genutzt werden Informationen der in Absatz 1 Buchstaben a bis f genannten Art austauschen, soweit dies nach nationalem Recht zulässig ist. Gemäß Absatz 2 kann der übermittelnde Staat im Einzelfall die Verarbeitung und Weitergabe mit Einschränkungen versehen, denen der empfangende Staat nachkommen muss.

Zu Artikel 11 Maßnahmen an den Grenzen

Absatz 1 verpflichtet die Vertragsparteien, im Rahmen ihrer Möglichkeiten Kontrollmaßnahmen zur Bekämpfung der Schleusungskriminalität im Rahmen von Grenzkontrollen zu verstärken, soweit bindende Verpflichtungen über den freien Personenverkehr wie z. B innerhalb der Europäischen Union dem nicht im Einzelfall entgegenstehen.

Nach Absatz 2 haben die Vertragsstaaten durch gesetzgeberische oder andere geeignete Maßnahmen zu verhindern, dass die von gewerblichen Beförderungsunternehmern betriebenen Beförderungsmittel zu Schleusungszwecken benutzt werden. Hierzu gehört nach Absatz 3 auch die Verpflichtung sofern angemessen und mit sonstigen internationalen Verpflichtungen vereinbar , den Beförderungsunternehmern aufzugeben, sich davon zu überzeugen, dass die beförderten Personen über die nötigen Grenzübertrittsdokumente verfügen.

Für Verstöße gegen diese Verpflichtung sind nach Absatz 4 Sanktionen vorzusehen. Diese Regelung entspricht § 74 AuslG.

Nach Absatz 5 sollen die Vertragsparteien ferner Maßnahmen erwägen, um Personen, die an Straftaten im Sinne von Artikel 6 beteiligt sind, bereits an der Grenze zurückzuweisen bzw. ihre etwaigen Einreisesichtvermerke für ungültig zu erklären, soweit dies nach nationalem Recht zulässig ist. Dies ist in Deutschland bereits gängige Praxis.

Gemäß Absatz 6 erwägen die Vertragsparteien, unabhängig von der allgemeinen Pflicht zur Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung nach Artikel 27 des Übereinkommens die Zusammenarbeit ihrer Grenzkontrollbehörden zu verstärken.

Zu Artikel 12 Sicherheit und Kontrolle von Dokumenten

Artikel 12 verpflichtet die Vertragsstaaten zur Schaffung von Qualitätsstandards im Hinblick auf die Fälschungssicherheit von Dokumenten sowie zur Durchführung von Maßnahmen zur Verhinderung des Dokumentenmissbrauchs. Dies ist in Deutschland bereits gängige Praxis.

Zu Artikel 13 Rechtmäßigkeit und Gültigkeit von Dokumenten

Artikel 13 soll sicherstellen, dass auf Antrag eines ersuchenden Staates tatsächlich oder vermeintlich zu Schleusungszwecken benutzte Dokumente eines anderen Staates von diesem innerhalb einer angemessenen Frist auf ihre Echtheit überprüft werden. Mit dieser Vorschrift soll u. a. eine beschleunigte Durchführung der Ermittlungen erreicht werden.

Zu Artikel 14 Ausbildung und technische Zusammenarbeit

Absatz 1 verpflichtet die Vertragsstaaten, für die Bediensteten der Einwanderungs und Sicherheitsbehörden spezielle Aus und Fortbildungsmaßnahmen zur Verhütung von Schleusungskriminalität sowie für den Umgang mit Migranten vorzusehen.

Um einen bestimmten Qualitätsstandard bei der Aus- und Fortbildung und im Umgang mit Migranten zu erreichen, verpflichtet Absatz 2 die Vertragsstaaten nicht nur zur gegenseitigen Zusammenarbeit, sondern gegebenenfalls auch zur Zusammenarbeit z.B. mit internationalen Behörden und nichtstaatlichen Organisationen. Mit dieser Vorschrift soll die zur wirksamen Bekämpfung der Schleusungskriminalität erforderliche große fachliche Kompetenz durch intensive Aus und Fortbildungsmaßnahmen auf ein einheitlich hohes Niveau gebracht werden. Unter den Buchstaben a bis e sind die Regelungsinhalte im Einzelnen aufgeführt, darunter auch Ausbildungsmaßnahmen über die humane Behandlung von Migranten und den Schutz ihrer Rechte nach diesem Protokoll.

Absatz 3 appelliert an die Staaten, die bereits Erfahrungen bei der Bekämpfung der Schleusungskriminalität besitzen (i. d. R. die Zielstaaten unkontrollierter Migration), den Herkunfts und Transitstaaten unkontrollierter Migration technische Ausstattungshilfe zu gewähren. Hierbei handelt es sich lediglich um eine Bemühens" bzw. Erwägens"Verpflichtung. Artikel 14 enthält keine verbindliche rechtliche Regelung, konkrete in der Höhe bezifferbare Leistungen zu erbringen. Mögliche künftige Leistungen sind im Haushaltsverfahren zu behandeln.

Zu Artikel 15 Sonstige Verhütungsmaßnahmen

Nach Artikel 15 sollen die Vertragsstaaten öffentlichkeitswirksame Aufklärungsmaßnahmen im Sinne einer gezielten Präventionsstrategie ergreifen. Der Bevölkerung soll die kriminelle Energie der Schleusungskriminalität und ihre zunehmende Affinität zur organisierten Kriminalität verdeutlicht werden. ein weiteres Ziel besteht darin, potenzielle Migranten auf die erheblichen Risiken hinzuweisen, die sich aus einer Zusammenarbeit mit Schleuserorganisationen ergeben können. Durch diese Aufklärungsmaßnahmen und entsprechende Zusammenarbeit der Vertragsparteien sollen potenzielle Migranten dazu bewogen werden, von ihrem Vorhaben Abstand zu nehmen. Des Weiteren sollen die Vertragsstaaten auch Maßnahmen fördern, um die Ursachen der Schleusungskriminalität wie Armut und Unterentwicklung zu beseitigen.

Zu Artikel 16 Schutz und Hilfsmaßnahmen

Artikel 16 schreibt vor, dass die Vertragsparteien bei der Anwendung des Protokolls Maßnahmen erforderlichenfalls auch gesetzliche Maßnahmen ergreifen, um die Rechte von Personen, welche Gegenstand einer Straftat im Sinne von Artikel 6 waren, zu schützen, insbesondere das Recht auf Leben und den Schutz vor Folter oder sonstiger grausamer, unmenschlicher oder herabsetzender Behandlung oder Bestrafung. Absatz 2 verpflichtet die Staaten zum Ergreifen angemessener Maßnahmen zum Schutz von Migranten vor Gewalt, die ihnen als Opfer von Schleusung drohen kann, durch dritte Personen. Geschleuste Personen, deren Leben oder Sicherheit durch die Schleusung in Gefahr geraten ist, sollen geeignete Hilfe erhalten. Hieraus lässt sich jedoch durch den Betroffenen kein Rechtsanspruch auf einen Aufenthaltstitel herleiten. Bei allen Maßnahmen nach Artikel 16 sollen die besonderen Bedürfnisse von Frauen und Kindern Berücksichtigung finden. Für den Fall einer Verhaftung von Migranten im Zusammenhang mit einer Straftat nach Artikel 6 verweist Absatz 5 auf die Verpflichtungen des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen und insbesondere das Recht der betroffenen Personen auf unverzügliche Belehrung über die Kontaktaufnahme zu den für sie zuständigen Konsularbeamten. Gleichwohl hat eine Benachrichtigung des zuständigen Konsularbeamten nur auf Verlangen des Betroffenen zu erfolgen (vgl. Artikel 36b des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen).

Zu Artikel 17 Übereinkünfte

Zur wirksamen Bekämpfung der Schleusungskriminalität sollen die Vertragsstaaten zum Abschluss bilateraler und regional begrenzter Übereinkünfte oder Vereinbarungen angehalten werden, die zur Umsetzung und Optimierung der Regelungen dieses Protokolls beitragen.

Zu Artikel 18 Rückführung geschleuster Migranten

Absatz 1 verpflichtet die Vertragsstaaten, sowohl eigene als auch fremde Staatsangehörige, die zum Zeitpunkt ihrer Rückkehr ein Daueraufenthaltsrecht besitzen, in angemessener Zeit zurückzunehmen. Der Begriff des Daueraufenthaltsrechts" meint längerfristige, aber nicht notwendig zeitlich völlig unbegrenzte Aufenthaltserlaubnisse und beeinträchtigt nicht das Recht der Staaten, die Laufzeit der von ihnen gewährten Aufenthaltstitel frei zu bestimmen.

Absatz 2 ergänzt Absatz 1 im Hinblick auf solche Personen, die zum Zeitpunkt der Einreise in das Zielland ein Daueraufenthaltsrecht in ihrem Ursprungsland hatten, dieses aber vor dem Zeitpunkt der Rückkehr verloren haben. Hier sind die Herkunftsstaaten verpflichtet, die Möglichkeit der Rücknahme in Erwägung zu ziehen. Die besondere Fallgruppe, dass ein geschleuster Migrant nach der Einreise auch seine ursprüngliche Staatsangehörigkeit verloren hat, ist wegen der damit verbundenen komplexen Rechtsfragen des Staatsangehörigkeitsrechts, die nicht in den Kontext dieses Protokolls gehören, hier nicht geregelt worden. Der Verzicht auf eine gesonderte Regelung erfolgte in der Annahme, dass Staaten ihren Staatsangehörigen diesen Status nicht im Widerspruch zum Völkerrecht entziehen.

Die Absätze 5 bis 7 enthalten Einzelbestimmungen über den Ablauf und die Bedingungen einer Rückführung geschleuster Migranten. Absatz 8 stellt klar, dass sonstige Verabredungen oder Vereinbarungen einzelner oder mehrerer Vertragsparteien untereinander oder mit dritten Staaten über die Rückführung illegaler Migranten von diesen Bestimmungen nicht berührt werden.

Zu Artikel 19 Vorbehaltsklauseln

Mit der Nichtberührensklausel in Absatz 1 soll klargestellt werden, dass die Bestimmungen des Protokolls die sonstigen Verpflichtungen der Vertragsparteien nach dem Völkerrecht sowie sonstigen völkerrechtlichen Bindungen nicht verkürzen oder verändern. Insbesondere die Rechtsstellung der Flüchtlinge wird durch das Protokoll nicht berührt. Das gilt für die Vertragsparteien des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1951 und ggf. des Protokolls von 1967 auch hinsichtlich des darin enthaltenen Grundsatzes der Nichtzurückweisung.
Die Auslegungsregel des Absatz e s 2 soll die Opfer von Schleusung vor Diskriminierung aufgrund der Tatsache, dass sie Opfer einer Straftat nach diesem Protokoll geworden sind, schützen.

Zu Artikel 20 Beilegung von Streitigkeiten

Die Streitbeilegungsklausel entspricht dem des Übereinkommens und folgt einem international üblichen Muster.

Zu Artikel 21 Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme, Genehmigung und Beitritt

Artikel 21 enthält die üblichen völkerrechtlichen Regelungen über Unterzeichnung und Ratifikation bzw. Annahme oder Beitritt. Die Absätze 2 bis 4 enthalten Sonderregelungen zugunsten von Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration, die in derselben Weise Vertragspartei werden können, sofern mindestens einer ihrer Mitgliedstaaten Vertragspartei geworden ist. In ihrer Ratifikations oder Beitrittsurkunde muss eine solche Organisation den Umfang ihrer Zuständigkeiten in Bezug auf das Protokoll erläutern.

Zu Artikel 22 Inkrafttreten

Für das Inkrafttreten des Protokolls ist dieselbe Zahl von Vertragsparteien erforderlich wie bei dem Übereinkommen und den beiden Zusatzprotokollen gegen den Menschenhandel und zur Bekämpfung der unerlaubten Herstellung und des unerlaubten Handels mit Feuerwaffen.

Zu Artikel 23 Änderung

Änderungen können frühestens fünf Jahre nach Inkrafttreten des Protokolls vorgeschlagen werden. Die Entscheidung über eine Vertragsänderung obliegt den üblichen Grundsätzen des Vertragsrechts entsprechend den Vertragsparteien, die darüber im Rahmen der Konferenz der Vertragsstaaten nach Artikel 32 des Übereinkommens beraten. Die Stimmrechtsregelung für Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration in Absatz 2 entspricht der des Übereinkommens. Änderungen binden wie üblich nur diejenigen Vertragsparteien, die eine entsprechende Ratifikations, Annahme oder Genehmigungsurkunde hinterlegt haben.

Zu Artikel 24 Kündigung

Zur üblichen Vorschrift über die Kündigung tritt eine Sonderregelung über Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration hinzu, die spiegelbildlich der Vorschrift über den Beitritt einer solchen Organisation (Artikel 21 Abs. 4) entspricht. Danach hört eine solche Organisation automatisch auf, Vertragspartei zu sein, wenn keiner ihrer Mitgliedstaaten mehr Vertragspartei ist.

Zu Artikel 25 Verwahrer und Sprachen

Die Regelungen über den Verwahrer und die Sprachenklausel folgen der üblichen Praxis bei Übereinkommen der Vereinten Nationen.