Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments vom 22. Mai 2008 zu dem Entwurf einer Verordnung der Kommission zur Festlegung von Prüfmethoden gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe
(REACH)

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 112095 - vom 13. Juni 2008.

Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 22. Mai 2008 angenommen.

Das Europäische Parlament,

A. unter Hinweis darauf, dass der Entwurf einer Verordnung der Kommission Folgendes bis zum 1. Juni 2008 vorsieht:

B. unter Hinweis darauf, dass der Entwurf für eine Verordnung der Kommission von besonderer Bedeutung für Rechtsvorschriften über weitere Sektoren ist, wie Rechtsvorschriften über Kosmetik4 und Pestizide5, weil diese sich auf Prüfmethoden beziehen, die in den Rechtsvorschriften über Chemikalien genannt werden,

C. in der Erwägung, dass 2005 in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union insgesamt ungefähr 12 Millionen Tiere zu Versuchen und anderen wissenschaftlichen Zwecken herangezogen wurden6 und dass ein bedeutender Prozentsatz dieser Tiere für vorgeschriebene Tierversuche verwendet wird,

D. in der Erwägung, dass gemäß dem Protokoll zum Vertrag von Amsterdam über den Tierschutz und das Wohlergehen der Tiere die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten dem Wohlergehen der Tiere bei der Festlegung und Durchführung der Politik der Gemeinschaft in den Bereichen Landwirtschaft, Verkehr, Binnenmarkt und Forschung in vollem Umfang Rechnung tragen und hierbei die Rechts- und Verwaltungsvorschriften und die Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten insbesondere in Bezug auf religiöse Riten, kulturelle Traditionen und das regionale Erbe berücksichtigen müssen,

E. unter Hinweis darauf, dass gemäß der REACH-Verordnung zur Vermeidung von Tierversuchen Versuche an Wirbeltieren für die Zwecke der Verordnung nur als letzte Möglichkeit durchgeführt werden sollten und dass insbesondere Informationen über die Toxizität für Menschen so weit wie möglich durch andere Methoden als Wirbeltierversuche gewonnen werden sollten, z.B. durch Invitro-Verfahren, Modelle der qualitativen oder quantitativen Struktur-Wirkungs-Beziehung oder durch Untersuchungen strukturell verwandter Stoffe (Gruppierung oder Analogie),

F. in der Erwägung, dass aufgrund der Richtlinie 86/609/EWG des Rates vom 24. November 1986 zur Annäherung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zum Schutz der für Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere7 Tierversuche nicht durchgeführt werden sollen, wenn zur Erreichung des angestrebten Ergebnisses eine andere wissenschaftlich zufrieden stellende vertretbare und praktikable Alternative zur Verfügung steht, bei der kein Tier verwendet werden muss, und dass bei der Wahl zwischen Versuchsverfahren dasjenige auszuwählen ist, bei dem die geringere Anzahl Tiere und sinnesphysiologisch am wenigsten entwickelte Tiere verwendet werden, die geringsten Schmerzen, Leiden, Ängste oder dauerhaften Schäden auftreten und die Wahrscheinlichkeit am größten ist, dass zufrieden stellende Ergebnisse erzielt werden,

G. in der Erwägung, dass das Europäische Zentrum zur Validierung alternativer Methoden (ECVAM) 2006/2007 eine Reihe alternativer Methoden validiert hat8, die jedoch in dem Verordnungsentwurf der Kommission nicht genannt werden,

H. in der Erwägung, dass der Verordnungsentwurf der Kommission darüber hinaus auch eine Tierversuchsmethode nennt, die überholt ist, weil in demselben Verordnungsentwurf eine alternative Methode zum Erreichen desselben Ergebnisses genannt wird,

I. in der Erwägung, dass die Kommission als Rechtfertigung dafür, dass die validierten alternativen Testmethoden nicht aufgenommen worden sind, angibt, dass diese noch nicht zu rechtlichen Zwecken gebilligt worden seien,

J. in der Erwägung, dass die Kommission das Verfahren der rechtlichen Anerkennung im Fall von dreien der fünf Testmethoden an die OECD verwiesen hat,

K. unter Hinweis darauf, dass die Ausarbeitung und Veröffentlichung einer "OECD Test Guideline" im Allgemeinen mindestens drei Jahre dauert, weil die zuständigen Gremien sich nur einmal im Jahr treffen, und dass die "Test Guidelines" nicht immer von allen OECD-Mitgliedstaaten auf die gleiche Weise umgesetzt werden,

L. in der Erwägung, dass die Kommission erklärt hat, dass sie immer versucht, zunächst im Rahmen der OECD vorzugehen; dass dies den EU-Rechtsvorschriften und der Ausrichtung der Kosmetik-Richtlinie 76/768/EWG zuwiderläuft, die dem Verfahren im Rahmen der Europäischen Union Vorrang gibt,

M. in der Erwägung, dass ein Vorrang für das OECD-Verfahren der rechtlichen Anerkennung im günstigsten Fall lange Verzögerungen mit sich bringt und sogar verhindern kann, dass alternative Verfahren angewendet werden,

N. unter Hinweis darauf, dass es offenbar keine ausreichenden Regeln gibt, die gewährleisten dass eine effiziente Voranalyse der rechtlichen Relevanz durchgeführt wird bevor alternative Prüfverfahren durch das ECVAM wissenschaftlich validiert werden

O. in der Erwägung, dass Grundbegriffe von Validierung und rechtlicher Anerkennung auf nationaler, internationaler und Gemeinschaftsebene unterschiedlich gehandhabt werden und dass in den Rechtsvorschriften der EU keine Definitionen für "Validierung" (oder Kriterien für diejenigen, die Validierungen durchführen) oder "rechtliche Anerkennung" festgelegt wurden9,

P. in der Erwägung, dass in der Mitteilung der Kommission SEK(91)1794 dem ECVAM nur ein relativ schwaches Mandat für die Validierung alternativer Prüfmethoden erteilt wird obwohl das ECVAM in den letzten Jahren hoch geschätzte, wertvolle Arbeit geleistet hat,

Q. in der Erwägung, dass Validierungen auch von anderen nationalen und internationalen Einrichtungen durchgeführt werden und dass deshalb die Notwendigkeit für eine förmliche Validierung und die Art der Validierung bzw. Bewertung für jeden Sektor bzw. Zweck bewertet und definiert werden sollten10,

R. in der Erwägung, dass das interne Verfahren der rechtlichen Anerkennung im Europäischen Chemikalienbüro (ECB) nach der Validierung durch das ECVAM und vor Beginn des Verfahrens für die mögliche Aufnahme von Prüfmethoden in Rechtsvorschriften unangemessen erscheint,

S. in der Erwägung, dass die Bedingungen, unter denen Entscheidungen im Rahmen dieses Verfahrens getroffen werden, die weitreichende Auswirkungen haben können, wie das Infragestellen der wissenschaftlichen Validierung durch das ECVAM oder die Übertragung der Validierung und rechtlichen Anerkennung auf die Ebene der OECD, jeweils im Einzelfall auf transparente und überprüfbare Weise auf politischer Ebene bestimmt werden sollten,

T. in der Erwägung, dass es nicht hinnehmbar ist, dass neue vom ECVAM validierte alternative Methoden aufgrund von Verzögerungen, die durch die undurchsichtigen, langsamen schwerfälligen und teilweise unzulänglichen Verfahren für die rechtliche Anerkennung validierter Alternativmethoden zu Tierversuchen entstehen, nicht rechtzeitig in den Entwurf für eine Verordnung der Kommission aufgenommen werden können

U. in der Erwägung, dass die bekannten Probleme im Bereich der Rechtsvorschriften über Chemikalien im Zusammenhang mit der Validierung und rechtlichen Anerkennung alternativer Prüfmethoden möglicherweise sogar breitere Auswirkungen haben, wenn dabei auch andere Wirtschaftszweige berücksichtigt werden,