Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat und den Rat: Mehr Sicherheit in einer von Mobilität geprägten Welt - Besserer Informationsaustausch bei der Terrorismusbekämpfung und ein stärkerer Schutz der Außengrenzen; - COM (2016) 602 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 223/15 (PDF) = AE-Nr. 150361 und AE-Nr. . 150294, 160181, 160341, 160509

Brüssel, den 14.9.2016
COM (2016) 602 final

1. Einleitung

Der Schengen-Raum ist eine der größten Errungenschaften der EU, denn als Gebiet, in dem es keine Kontrollen an den Binnengrenzen gibt, bietet er einzigartige wirtschaftliche und gesellschaftliche Vorteile. In den letzten Jahren jedoch hat sich die Aufgabe, in einem offenen Europa die Sicherheit zu gewährleisten, zu einer enormen Herausforderung entwickelt. Der Migrationsdruck und die Flüchtlingskrise, ebenso wie eine Welle von Terroranschlägen, machten ein neues Konzept erforderlich. Die Europäische Migrationsagenda und die Europäische Sicherheitsagenda1 haben aufgezeigt, in welcher Weise die engere Zusammenarbeit eine Antwort bietet - nicht nur, was Krisenreaktion anbelangt, sondern auch im Hinblick auf die gemeinsame Nutzung von gebündeltem Knowhow und Wissen zur Schaffung eines robusteren, beständigen europäischen Systems, das den Schutz der Grenzen leistet und auf der umsichtigen Intelligenz basiert, die nötig ist, um die Sicherheit in Europa zu gewährleisten.

Die vorliegende Mitteilung führt diese Agenda noch einen Schritt weiter, indem sie praktische Maßnahmen darlegt, die die laufenden Arbeiten beschleunigen und erweitern. Sie stützt sich auf einen starken Konsens - sowohl in den Organen2 als auch in der Öffentlichkeit3 - darüber, dass die EU alle erdenklichen Anstrengungen unternehmen muss, um ihre Mitgliedstaaten beim Schutz der Bürgerinnen und Bürger zu unterstützen, und zwar derart, dass optimale Bedingungen für die Zusammenarbeit geschaffen werden und zugleich die uneingeschränkte Achtung der Grundrechte sichergestellt ist, die der europäischen Gesellschaft zugrunde liegen.

Grundlage muss das entschlossene Engagement sein, weitere Fortschritte bei sämtlichen Maßnahmen im Rahmen der Europäischen Migrationsagenda und der Europäischen Sicherheitsagenda zu erzielen.

Sichere Grenzen bewirken auch einen Rückgang des Risikos außergewöhnlicher Belastungen solcher Art, wie sie im vergangenen Jahr eingetreten sind, durch die Fortsetzung der enormen Anstrengungen zur Wiederherstellung einer stabilen Lage, was die humanitären Standards und die Migrationssteuerung als Folge der Krise angeht. Hierzu bedarf es eines gemeinsamen Konzepts zu Asyl und Rückführung bei gleichzeitiger Schaffung besserer Möglichkeiten legaler Migration. Dies bedeutet die Umsetzung des Partnerschaftsrahmens mit Blick darauf, die grundlegenden Ursachen irregulärer Migration einzudämmen und eine neue Phase in der Zusammenarbeit mit den zentralen Partnern im Migrationsbereich zu konsolidieren.4 Auf diese Weise bildet eine sichere Außengrenze das Fundament für den Schengen-Raum als Gebiet ohne Kontrollen an den Binnengrenzen - wie in der Mitteilung "Zurück zu Schengen - ein Fahrplan"5 dargelegt -, und sie erhöht die Mobilität.

Was den Aspekt der Sicherheit anbelangt, so bedeutet eine echte und wirksame Sicherheitsunion6, dass die Mitgliedstaaten in Sicherheitsfragen eng zusammenarbeiten und dabei anerkennen, dass die innere Sicherheit eines Mitgliedstaats mit der inneren Sicherheit aller Mitgliedstaaten und der Union insgesamt verknüpft ist. Dringend erforderlich sind Maßnahmen in Bereichen wie Prävention und Bekämpfung von Radikalisierung, verbesserter Informationsaustausch, Schutz der Bürgerinnen und Bürger sowie kritischer Infrastrukturen, Unterbindung des Zugangs von Terroristen und Kriminellen zu Schusswaffen und Finanzmitteln, damit jede der EU zur Verfügung stehende Möglichkeit genutzt wird, gegen Sicherheitsbedrohungen anzugehen. Eine vollständige und rasche Durchführung der Maßnahmen in allen genannten Bereichen bildet den Ausgangspunkt für weitere Schritte.

Diese Mitteilung beschreibt wichtige Maßnahmen zur weiteren Umsetzung der Europäischen Migrationsagenda und der Europäischen Sicherheitsagenda sowie der Sicherheitsunion. Zusammen bilden diese Maßnahmen die grundlegenden Bausteine für die Migrationssteuerung, die Ermöglichung von Bonafide-Reisen (Reisen von Drittstaatenangehörigen mit niedrigem Risikoprofil) und die Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Erhöhung der Sicherheit. Je rascher wirksame, interaktive Systeme eingerichtet werden, desto schneller wird sich der Nutzen zeigen. Die vorliegende Mitteilung beschreibt daher, in welcher Weise diese Arbeit beschleunigt werden muss; darüber hinaus beleuchtet sie kurzfristige zusätzliche Entwicklungen, die ein besseres Management der Außengrenzen ermöglichen, die Sicherheitsbedürfnisse erfüllen sowie gewährleisten, dass Grenzschutzpersonal, Zollbehörden, Asyldienste, Polizeibeamte und Justizbehörden über die einschlägigen Informationen verfügen. Diese intensive Datennutzung erfordert die unbedingte Achtung der Grundrechte und der Datenschutzbestimmungen; Voraussetzung hierfür sind gut konzipierte, zweckmäßig eingesetzte und ordnungsgemäß regulierte Technologie- und Informationssysteme sowie umfassende Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz des Privatlebens und personenbezogener Daten.

2. Mobilität und Sicherheit durch den Schutz der GRENZEN und einen EFFEKTIVEN INFORMATIONSAUSTAUSCH

Sichere Außengrenzen sind unabdingbar für die interne Mobilität. Dies gilt umso mehr für die Europäische Union, wo der Schutz der Außengrenzen eine Vorbedingung für die Freizügigkeit innerhalb des Schengen-Raums ist. Jedes Jahr wird die Schengen-Außengrenze etwa 400 Millionen Mal von EU-Bürger(inne)n und 200 Millionen Mal von Nicht-EUBürger(inne)n überschritten. Die tägliche Realität von Grenzkontrollen ist von zentraler Bedeutung für die EU-Wirtschaft und -Gesellschaft sowie für die Beziehungen zu unseren Nachbarn.

Grenzkontrollen müssen sowohl Effizienz als auch Sicherheit gewährleisten. Für die Millionen von Europäer(inne)n und Nicht-Europäer(inne)n, die auf Reisen die Grenze überschreiten, müssen die Verfahren einfacher und straffer werden, was sowohl den EU-Bürger(inne)n als auch den Bonafide-Reisenden aus Drittländern zugutekommt. Dies bietet einen erheblichen wirtschaftlichen Nutzen für eine auf dem Handel basierende EU-Wirtschaft sowie Einsparungen für die unter Kostendruck stehenden Behörden. Gleichzeitig müssen jedoch auch die anderen Ziele des Grenzmanagements, wie zum Beispiel die Bekämpfung der illegalen Migration, und die Identifizierung von Sicherheitsrisiken vorangetrieben werden. Die Antwort liegt in einer ausgewogenen Balance der unterschiedlichen Anforderungen des Grenzmanagements durch effiziente, sichere, umfassende Maßnahmen, die auf die verschiedenen Arten von Einreisen zugeschnitten sind und die Vorteile einer erhöhten Mobilität mit dem Gebot der Sicherheit in Einklang bringen.

Viele Reisende möchten sich nur kurzfristig in der EU aufhalten (Geschäfts- oder Urlaubsreise oder Studium) und reisen, falls erforderlich, mit einem Visum ein. In solchen Fällen - und das gilt für alle legalen Möglichkeiten der Einreise in die EU -, bietet die Grenze eine Gelegenheit, zu überprüfen, ob alle Einreisebedingungen erfüllt sind, und die Reisenden in Europa willkommen zu heißen.

Die Migrations- und Flüchtlingskrise hat jedoch das Hauptaugenmerk auf die besondere Notwendigkeit des Umgangs mit irregulären Einreisen gelenkt. Die EU ist den Menschen verpflichtet, die internationalen Schutzes bedürfen und Zugang zum Asylsystem erhalten sollten. Andererseits müssen diejenigen, die nicht auf den vorhandenen legalen Wegen gekommen sind und kein Bleiberecht haben, zurückkehren oder rückgeführt werden. Daher ist es unverzichtbar, dass alle Personen bei der Einreise in den Schengen-Raum den Erfordernissen entsprechend registriert werden, geeignete Identifizierungs- und Überprüfungsverfahren durchlaufen und in Einrichtungen untergebracht werden, in denen gewährleistet ist, dass die nötigen Kontrollen erfolgen können.

Im Zuge der Migrations- und Flüchtlingskrise sind offenkundige Mängel und Lücken, einschließlich Schwachstellen an den Außengrenzen der EU, zutage getreten. Zur Wiederherstellung eines effektiven Grenzmanagements bedurfte es erheblicher Anstrengungen. Diese umfassten unter anderem eine noch nie dagewesene Unterstützung der an vorderster Front stehenden Mitgliedstaaten durch das Hotspot-Konzept, die schrittweise Rückkehr zur korrekten Anwendung der Schengen-Vorschriften zum Schutz der Außengrenze sowie eine verstärkte Zusammenarbeit und Koordination zur Aufrechterhaltung einer täglichen Überprüfung der aktuellen Entwicklung. Diese Anstrengungen müssen fortgesetzt werden, vor allem in Griechenland und Italien, wo es nach wie vor Schwachstellen bei den vorhandenen Strukturen, der Umsetzungsgeschwindigkeit und der Bereitstellung von grundlegendem Knowhow aus anderen Mitgliedstaaten gibt. Aus diesem Grund kommt der baldigen Einführung der Europäischen Grenz- und Küstenwache entscheidende Bedeutung zu.

Wenngleich Grenzen nur einen Teil der Lösung hin zu mehr Sicherheit darstellen, führen Lücken bei der Grenzkontrolle zu Sicherheitslücken. Das erhebliche Sicherheitsrisiko, das in jüngster Zeit von ausländischen terroristischen Kämpfern ausgeht, unterstreicht den grenzüberschreitenden Charakter der Gefährdung und die besondere Notwendigkeit umfassender, wirksamer Grenzkontrollen, auch bei EU-Bürger(inne)n. Dieser Umstand verstärkt die allgemeinere Sorge, dass die Terrorismusbekämpfung dadurch behindert wird, dass Terroristen grenzüberschreitend agieren können, und lenkt den Blick auf die Lücken beim Austausch wichtiger nachrichtendienstlicher Erkenntnisse.

Die EU kann von einem gemeinsamen Ansatz Gebrauch machen, um ein leistungsfähiges System zu entwickeln, das den Bürger(inne)n dank seines Umfangs mehr Sicherheit bietet. Wenn die EU ihr Instrumentarium für die Rechtsdurchsetzung und die Grenzkontrolle in vollem Umfang einsetzt, das Potenzial an Interoperabilität zwischen den Informationsquellen zur Identifizierung von Sicherheitsproblemen auf der Grundlage eines gemeinsamen

Informationspools ausschöpft und die Phase der Einreise in die EU als zentralen Zeitpunkt für Sicherheitskontrollen nutzt, wird es Terrornetzwerken unmöglich gemacht, von Lücken zu profitieren. Dies bildet das Herzstück der Sicherheitsunion.

Damit rücken die Einreiseverfahren und das Außengrenzenmanagement in den Mittelpunkt. Im Rahmen der Sicherheitsunion sind gründliche Kontrollen erforderlich, die jedoch nicht zu unnötigen Verzögerungen führen dürfen; hilfreich sind also Überprüfungen bereits vor Beginn der Reise. Des Weiteren erforderlich sind Qualität und Sicherheit von Ausweisdokumenten, was durch vergleichbare Sicherheitsmerkmale und gemeinsame Konzepte zur Bekämpfung von Dokumentenbetrug ermöglicht wird. Zudem müssen die Grenzkontrollen sicher, rasch und modern sein, mit Systemen und Verfahren, die einen schnellen, zuverlässigen Zugriff auf die Informationen erlauben, die zur Überprüfung von Identität und Status nötig sind.

Vermeidung von Sicherheitslücken durch ein gemeinsames Konzept

Im April 2016 eröffnete die Kommission eine Debatte über die Entwicklung von solideren und intelligenteren Informationssystemen7, um die Schwachstellen und Lücken in Architektur und Interoperabilität der vorhandenen Datensysteme zu beseitigen und - in vollem Einklang mit den Datenschutzvorschriften - das ganze Potenzial dieser Systeme auszuschöpfen, um Sicherheitsbedrohungen zu erkennen. Die Leistungsfähigkeit eines Systems hängt natürlich auch von der Qualität der gespeicherten Daten ab, weshalb es nötig ist, dass die Mitgliedstaaten die vorhandenen Vorschriften und Systeme - wie etwa das Schengener Informationssystem, das Visa-Informationssystem, die Interpol-Datenbank für gestohlene und verlorene Reisedokumente sowie Eurodac und die Europol-Datenbanken - vollständig übernehmen und umfassend nutzen.

In Anbetracht der vorhandenen terroristischen Bedrohung ist die Effizienz von Sicherheitskontrollen in hohem Maße vom Informationsaustausch abhängig, und zwar nicht nur zwischen Strafverfolgungsbehörden, sondern auch zwischen Nachrichtendiensten. Ein effektiver, zeitnaher Informationsaustausch zwischen den relevanten Behörden bildet die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Terrorismusbekämpfung. Dennoch besteht auf nationaler Ebene und auf EU-Ebene weiterhin eine Fragmentierung, die zu gefährlichen Sicherheitslücken führen kann. Die EU-Ebene kann dabei helfen, Brücken zwischen beiden Ebenen zu schlagen, indem sie die EU-Mechanismen dadurch verbessert, dass sie die Möglichkeiten der Zusammenarbeit im Rahmen der EU-Verträge in vollem Umfang nutzt, und indem sie dazu beiträgt, eine Kultur der gemeinsamen Verantwortung zu verankern sowie den Willen und die Fähigkeit, diese Kultur in die Praxis umzusetzen.

3. Die wichtigsten operativen Schritte

3.1 Einführung eines integrierten europäischen Managements der Außengrenzen: die Europäische Grenz- und Küstenwache

Das Europäische Parlament und der Rat haben rasch gehandelt, um eine Einigung über den Vorschlag für die Europäische Grenz- und Küstenwache8 zu erzielen: Nach der förmlichen Annahme der Verordnung diese Woche kann die Europäische Grenz- und Küstenwache nunmehr ihre Arbeit in vollem Umfang aufnehmen.

Die Europäische Grenz- und Küstenwache stellt einen wesentlichen Fortschritt im Grenzmanagement der EU dar. Sie zielt speziell auf die Schwachstellen ab, die während der Migrations- und Flüchtlingskrise so offenkundig wurden: die unkoordinierten Anstrengungen, die mangelnde Kohärenz bei den Grenzkontrollen und die Mängel bei der Bereitstellung von nationalem Knowhow. Sie wird ein integriertes Grenzmanagement ermöglichen, indem sie eine neue, starke Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache mit den für das Grenzmanagement zuständigen nationalen Behörden einschließlich der nationalen Küstenwachen, soweit sie mit Aufgaben der Grenzkontrolle betraut sind, zusammenbringt.9 Mit neuen Aufgaben in Bereichen wie der Rückführung wird die Agentur auf der Arbeit von Frontex aufbauen und einen systematischen EU-Ansatz organisieren. Sie wird das HotspotKonzept formalisieren, mit dem derzeit die am stärksten unter Druck stehenden Mitgliedstaaten unterstützt werden. Insbesondere wird sie hohe, einheitliche Standards gewährleisten, mit obligatorischen Gefährdungsbeurteilungen zu den Kapazitäten und der Reaktionsbereitschaft der Mitgliedstaaten, und schließlich kann die Agentur damit betraut werden, im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats direkt einzugreifen10.

Das Ergebnis bezeichnet eine markante Verbesserung der Fähigkeit der EU, auf die fluktuierende Herausforderung durch Migranten zu reagieren, die an der EU-Außengrenze ankommen. Die Reaktionskapazitäten werden dauerhaft bereitstehen, mit ständig verfügbaren Pools an nationalen Grenzschutzbeamten - mindestens 1500 Beamte - und technischer Ausrüstung, wodurch die bisherige Abhängigkeit von kurzfristigen, freiwilligen Beiträgen entfällt. Ebenso wie ein ordnungsgemäßes Außengrenzenmanagement wären auch ordnungsgemäße Identitäts- und Sicherheitskontrollen gewährleistet. Dies ist auch mit der Notwendigkeit verknüpft, den Schengener Grenzkodex dahingehend zu ändern, dass systematische Kontrollen vorgeschrieben werden.11

Die Europäische Grenz- und Küstenwache wird außerdem von zentraler Bedeutung für die Sicherheit sein. Sie wird mit anderen EU-Agenturen wie Europol und Eurojust zusammenarbeiten, um grenzüberschreitende Kriminalität, wie zum Beispiel Migrantenschleusung, Menschenhandel und Terrorismus, zu verhindern oder aufzudecken.12 Darüber hinaus wird sie die Mitgliedstaaten an den Außengrenzen mit ihrem Knowhow unterstützen, beispielsweise bei Einsätzen gegen Schleuser. Die Mitglieder der Teams, die im Rahmen des Grenzmanagements operativ tätig sind, werden nunmehr auch die Möglichkeit haben, die einschlägigen europäischen Datenbanken, einschließlich

Strafverfolgungsdatenbanken, abzufragen. Hierdurch wird gewährleistet, dass die Teams vor Ort Zugriff auf die von ihnen benötigten Informationen haben - und dieser Zugriff kann nach Ermessen des Gastmitgliedstaats auf nationale Datenbanken ausgeweitet werden.13 Die vertiefte Zusammenarbeit mit Europol und Eurojust wird es erfordern, ein besonderes Augenmerk auf den Datenschutz zu legen. Bei der operativen Tätigkeit der Agentur werden personenbezogene Daten von Personen erfasst, die von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten mit hinreichender Begründung der Beteiligung an grenzüberschreitenden kriminellen Handlungen, zum Beispiel Migrantenschleusung, Menschenhandel oder Terrorismus, verdächtigt werden. Diese werden - gemäß dem nationalen Recht und sowie den nationalen und EU-Datenschutzvorschriften - systematisch und unverzüglich an Europol und die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten übermittelt.

Es ist unerlässlich, dass die Europäische Grenz- und Küstenwache ihre Tätigkeit in vollem Umfang aufnehmen kann. Der Umstand, dass die neue Agentur auf Basis der jetzigen Agentur Frontex arbeiten wird, bedeutet, dass sie ihre Kernaufgaben vom ersten Tag an wahrnehmen kann. Die Kommission, Frontex und die Mitgliedstaaten haben die Arbeiten vorangebracht, um den Boden für die vollständige Aufnahme ihrer Tätigkeit zu bereiten. Bereits vor Inkrafttreten der neuen Verordnung wurden fünf operative Prioritäten festgelegt, nämlich die Umsetzung der obligatorischen Bündelung von Ressourcen, die Einführung von Gefährdungsbeurteilungen mittels Festlegung einer gemeinsamen Methodik und Durchführung einer Pilot-Beurteilung, Umsetzung der ersten Schritte bei den neuen Aufgaben im Bereich Rückführung sowie Entwicklung von Standardmodellen für wiederkehrende Aufgaben, zum Beispiel Beschwerdeverfahren und Statusvereinbarungen mit Drittländern. Demnach werden die zentralen Aufgaben der Agentur operativer Natur sein.

Diese beschleunigten Vorbereitungen müssen parallel zu den verstärkten Anstrengungen erfolgen, den Druck hinsichtlich der Grenzsicherung im Rahmen der derzeitigen Regelung aufrecht zu erhalten. Die derzeitige Tätigkeit von Frontex in Griechenland und Italien ist nach wie vor unverzichtbar für die Wiederherstellung eines normalen Grenzmanagements in diesen Mitgliedstaaten. Andere Einsätze in den Balkanländern, beispielsweise Bulgarien, sind ebenfalls äußerst wichtig, um die Entstehung neuer Schleuserrouten zu verhindern. Darüber hinaus sind die Intensivierung dieser Tätigkeiten und ihre reibungslose Überführung in den Rahmen der Europäischen Grenz- und Küstenwache entscheidend, um bis Ende 2016 die Bedingungen für eine Rückkehr zu einem normal funktionierenden Schengen-Raum zu schaffen. Dies bedeutet, dass die ersten europäischen Grenzschutzbeamten im Oktober 2016 einsatzbereit sein müssen. Daher ist es dringend notwendig, dass die Mitgliedstaaten die derzeitigen Defizite bei der Bereitstellung von Experten für Griechenland, Italien und Bulgarien, zu der Frontex aufgerufen hat, beheben.14

Ebenso bedeutsam ist die Aufstockung des Budgets und des Personals der Agentur im Zuge der Erweiterung des derzeitigen Frontex-Mandats und der neuen Aufgaben. Dies bedeutet, dass das Budget mehr als verdreifacht wird, und der Personalbestand der Agentur wird sich bis Ende 2017 gegenüber der ursprünglich für Frontex vorgesehenen Stellenzahl mehr als verdoppelt haben. Um die Durchführung der Verordnung zu beschleunigen, müssen die für 2017 geplanten zusätzlichen Personalressourcen zum Teil vorzeitig bereitgestellt werden. Die Kommission wird der Haushaltsbehörde den Vorschlag machen, der Agentur die Einstellung von Personal vor Ende dieses Jahres zu gestatten. Dadurch sollte die Agentur sofort in der Lage sein, die laufenden Tätigkeiten von Frontex zu übernehmen und in vollem Umfang auf neu entstehende Erfordernisse zu reagieren.

Die Kommission hat sich verpflichtet, den Mitgliedstaaten, die an den Außengrenzen der Union unter extremem Druck stehen, finanzielle Unterstützung für dringende Erfordernisse zu leisten. Die Kommission wird zudem sämtliche Möglichkeiten der Inanspruchnahme von EU-Mitteln nutzen, insbesondere für die Sicherung der Grenzen den Fonds für die innere Sicherheit, um die mittel- und langfristigen Bemühungen der Mitgliedstaaten zu unterstützen, ihrer Verantwortung entsprechend für eine sichere Außengrenze zu sorgen. Die umfassende Nutzung dieser Möglichkeiten kann einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung hochwertiger, kohärenter Grenzmaßnahmen leisten.

Nächste Schritte:

Die Mitgliedstaaten sollten

Frontex sollte

Das Europäische Parlament und der Rat sollten

3.2 Strengere Kontrollen durch das Einreise-/Ausreisesystem (EES)

Die Kommission hat im April 2016 ein neues Einreise-/Ausreisesystem vorgeschlagen.15 Das System wird an der Grenzübergangsstelle Daten zu Identität, Reisedokument und Biometrie sowie zur Ein- und Ausreise (Datum und Ort der Ein- und Ausreise) erfassen. Dieses modernisierte System für das Management der Außengrenzen, welches das Abstempeln von Ausweisdokumenten ersetzt, wird die Effektivität der Grenzkontrollen erhöhen und den Grenzübertritt für Bonafide-Reisende erleichtern, die angesichts der stetig zunehmenden Zahl Reisender Gefahr laufen, übermäßige Verzögerungen in Kauf nehmen zu müssen.

Dem System wird besondere Bedeutung dabei zukommen, zu gewährleisten, dass die Vorschriften sowohl bei visumfreier als auch visumpflichtiger Einreise in die EU angewandt werden. Es wird ferner dazu beitragen, Personen zu identifizieren, die nach Ablauf ihrer Aufenthaltserlaubnis im Schengen-Raum bleiben. Die Vorschriften über die Einreise für einen Kurzaufenthalt (höchstens 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen) im Schengen-Raum gelten für alle Drittstaatsangehörigen. Somit wird das System als zentrales Instrument zur Identifizierung von Drittstaatsangehörigen dienen, die die zulässige Aufenthaltsdauer überschritten haben.

Des Weiteren wird es auch im weiteren Sinne einen Beitrag zur Sicherheit leisten, da es Identitätsbetrug und den Missbrauch von Reisedokumenten sowie etwaige wiederholte Versuche, sich Kontrollen zu entziehen, erkennt und bekämpft, weil es Einreiseverweigerungen ebenfalls erfasst. Durch die Zugriffsmöglichkeit der Strafverfolgungsbehörden auf das System wird der Kampf gegen den Terrorismus und das organisierte Verbrechen unterstützt. In diesem Kontext wird das System zur Prävention, Aufdeckung und Untersuchung terroristischer Aktivitäten und sonstiger schwerer Verbrechen beitragen. Der Legislativvorschlag ist Teil des umfassenderen Pakets "Intelligente Grenzen", das darauf abzielt, die Informationssysteme effizienter zur Verbesserung des Außengrenzenmanagements, zur Erhöhung der inneren Sicherheit und zur wirksameren Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität einzusetzen. Hierzu gehören auch die Mitteilung "Solidere und intelligentere Informationssysteme für das Grenzmanagement und mehr Sicherheit" sowie ein weiterer Vorschlag zur Änderung des Schengener Grenzkodexes zur Berücksichtigung der technischen Änderungen, die für das Einreise-/Ausreisesystem erforderlich sind.

Bei den Legislativvorschlägen waren im Rat auf technischer und auf politischer Ebene wesentliche, rasche Fortschritte zu verzeichnen. Das Zieldatum für die Annahme durch das Europäische Parlament und den Rat, nämlich Ende 2016, dürfte eingehalten werden. Dies wird es eu-LISA ermöglichen, 2017 mit der Entwicklung des Systems zu beginnen, sodass das System Anfang 2020 voll einsatzfähig ist.

Nächste Schritte:

Das Europäische Parlament und der Rat sollten

3.3 Vorab-Kontrolle nicht visumpflichtiger Reisender: ein EU-weites Reiseinformations- und -Genehmigungssystem (ETIAS)

Ein zunehmend wichtiger Bereich bei der Suche nach einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Mobilität und Sicherheitsaspekten ist die legale Einreise in den Schengen-Raum ohne Visumpflicht. Die Visaliberalisierung hat sich als nützliches Instrument zum Aufbau von Partnerschaften mit Drittländern erwiesen und dient zudem als Mittel, um effektive Systeme der Rückführung und Rückübernahme zu gewährleisten und die Attraktivität der EU für den Handel und den Tourismus zu steigern.16 Von Bedeutung ist hierbei das Element der Gegenseitigkeit, da die Visaliberalisierung in der Regel beidseitig funktioniert, also den EU-Bürger(inne)n auch Reisen ins Ausland erleichtert. Die Zahl von der Visumpflicht befreiter Personen, die in den Schengen-Raum einreisen, nimmt stetig zu. Eine zusätzliche17 Ebene systematischer Kontrollen von Staatsangehörigen aus Ländern, die von der Visumpflicht befreit sind, wäre eine wertvolle Ergänzung bereits bestehender Maßnahmen zur Aufrechterhaltung und Stärkung der Sicherheit des Schengen-Raums.

Die Überlegung, ein EU-weites Reiseinformations- und -Genehmigungssystem (ETIAS) einzuführen, wurde in der Mitteilung "Solidere und intelligentere Informationssysteme für das Grenzmanagement und mehr Sicherheit" vom April 2016 vorgestellt. Die Kommission hat nunmehr beschlossen, einen Vorschlag für ein solches System zu unterbreiten. Es würde sich dabei um ein automatisiertes System handeln, anhand dessen festgestellt werden kann, ob von der Visumpflicht befreite Drittstaatsangehörige in den Schengen-Raum einreisen dürfen. Länder wie die USA, Kanada und Australien nutzen bereits ähnliche Systeme und betrachten diese als wesentlichen Bestandteil ihrer grundlegenden Sicherheitsvorkehrungen - dies hat dazu geführt, dass diese Systeme nun zahlreichen Europäer(inne)n vertraut sind.18 Das System würde mindestens alle von der Visumpflicht befreiten Drittstaatsangehörigen umfassen, die für einen Kurzaufenthalt (höchstens 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen) in den Schengen-Raum einreisen. Es wird die Erfassung von Informationen über diese Reisenden vor dem jeweiligen Reisebeginn und die Vorabverarbeitung dieser Daten ermöglichen. Die Reisenden erhalten auf diese Weise die Gewissheit, dass ihr Grenzübertritt reibungslos erfolgen wird. Die EU-Behörden haben auf diese Weise die Möglichkeit, die Reisenden im Hinblick auf potenzielle Sicherheitsrisiken zu überprüfen. Somit würde das System eine Doppelfunktion erfüllen, nämlich in Bezug auf das Grenzmanagement und auf die Rechtsdurchsetzung.

Ein solches System würde den Abgleich mit anderen Datenbanken und die Überprüfung des Antrags gemäß festgelegten Kriterien und Bedingungen ermöglichen. Ziel hierbei wäre es, Folgendes sicherzustellen:

Es wäre auch möglich, eine Anbindung an die Datenbank für die vorab übermittelten Fluggastdaten (API-Daten) und die Datenbank für die Fluggastdatensätze vorzusehen.19 Bei der automatischen Verarbeitung verweigerte Anträge würden an ein zentrales Team weitergeleitet - zum Beispiel in einer bestehenden EU-Agentur -, das die eindeutigen Fälle, wie etwa die Nichtbeachtung der Vorschriften über Kurzaufenthalte, bearbeiten könnte. Anträge, zu denen eine Ausschreibung in einer Datenbank vorliegt, könnten an den bzw. die für die Ausschreibung zuständigen Mitgliedstaat(en) zur weiteren Überprüfung weitergeleitet werden, die beispielsweise in Form einer Befragung der antragstellenden Person in einem Konsulat erfolgen kann.

Der Vorschlag der Kommission wird folgende Punkte aufgreifen: die Entwicklungs- und Betriebskosten des Systems, die Art der zu erfassenden und bewertenden Daten, die Interoperabilität mit anderen bereits vorhandenen und künftigen Systemen, operative Aspekte an den Grenzen, die Datenverarbeitung, rechtliche Aspekte (einschließlich datenschutzrechtlicher Aspekte), Fragen im Zusammenhang mit den Personalressourcen sowie die Auswirkungen auf Tourismus und Handel.

Nächste Schritte:

Die Kommission wird

3.4 Verbessertes Identitätsmanagement und verstärkte Bekämpfung von Dokumentenbetrug: Dokumentensicherheit

Sichere Reise- und Identitätsdokumente sind von entscheidender Bedeutung, wenn die Identität einer Person zweifelsfrei festgestellt werden muss. Ein besseres Management von Freizügigkeit, Migration und Mobilität ist abhängig von leistungsfähigen Systemen zur Verhütung von Missbrauch und zur Abwendung von Bedrohungen der inneren Sicherheit aufgrund von Mängeln bei der Dokumentensicherheit.

Die EU hat ein kohärentes Konzept für sichere Reisedokumente entwickelt, das beispielsweise die Nutzung biometrischer Daten vorsieht. Dies hat zu harmonisierten Lösungen für Pässe von EU-Bürger(inne)n20, für Dokumente von Drittstaatsangehörigen21 und sowie für Informationssysteme22 geführt. Beim Schutz personenbezogener Daten sind hohe Standards gewährleistet.

Es gibt jedoch Belege für die Zunahme des Dokumentenbetrugs in Gebieten mit hohem Risiko.23 Zudem ist bei der Art des Dokumentenbetrugs eine rasche Weiterentwicklung zu verzeichnen. Kriminelle Netzwerke, die am Handel mit gefälschten Identitäts- und Reisedokumenten beteiligt sind, erreichen einen zunehmend höheren Spezialisierungsgrad und entwickeln kontinuierlich neue Techniken, darunter die Manipulation von Vorrichtungen für den Fälschungsschutz und die Umgehung biometrischer Kontrollen. Selbst wenn die Einführung noch differenzierterer Sicherheitsmerkmale, Herstellungsmethoden und Dokumentenprüfungssysteme die Fälschung oder Nachahmung von Identitäts- und Reisedokumenten weiter erschwert, werden die Betrüger nach anderen Wegen suchen, um der Entdeckung zu entgehen. Sie nutzen außerdem auch andere Arten falscher Dokumente, wie zum Beispiel nationale Personalausweise und Meldedokumente (Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden), mit denen echte Identitäts-, Aufenthalts- und Reisedokumente beantragt werden.

Die EU-Agenturen unternehmen bereits erhebliche Anstrengungen zur Bekämpfung des Dokumentenbetrugs. Frontex stellt den Mitgliedstaaten Teams mit Dokumentenexperten und Hilfsmittel zur Überprüfung bei Neuankünften von Migranten in den Hotspots, einschließlich Schulungen und Risikoanalyse, zur Verfügung. Das bei Europol angesiedelte Europäische Zentrum zur Terrorismusbekämpfung ist mit der Verknüpfung zwischen gefälschten Dokumenten und Terrorismus befasst, während die Dokumentsicherheit einen Schwerpunkt der Arbeit des ebenfalls bei Europol angesiedelten Europäischen Zentrums zur Bekämpfung der Migrantenschleusung bildet.

Die Kommission verfolgt kontinuierlich die technischen Entwicklungen und Verbesserungen der Sicherheitsmerkmale des Visumformats, der Aufenthaltstitel für Drittstaatsangehörige und der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässe, wobei ihr besonderes Augenmerk den Grundrechten und dem Schutz personenbezogener Daten gilt. In jüngster Zeit wurden zwei Vorschläge zur Verbesserung und Überarbeitung von Visa und Aufenthaltstiteln vorgelegt.24 Die dringend erforderliche Annahme dieser Vorschläge wird einen wesentlichen Fortschritt markieren.

Darüber hinaus hat die Kommission in ihrer Mitteilung "Solidere und intelligentere Informationssysteme für das Grenzmanagement und mehr Sicherheit" neue Möglichkeiten zur Verbesserung der Sicherheit elektronischer Dokumente und des Managements von Identitätsdokumenten aufgezeigt. Sie wird einen Aktionsplan vorschlagen, der auf die Schwachstellen in den Verfahren abzielt und Abhilfemaßnahmen enthält. Der Aktionsplan wird zwischen Maßnahmen, die auf EU-Ebene zu treffen sind, und Bereichen nationaler Zuständigkeit unterscheiden.

Laut jüngsten Berichten von Frontex handelte es sich bei den festgestellten gefälschten Dokumenten meist um nationale Personalausweise mit geringerem Sicherheitsniveau. Als Followup zum Bericht über die Unionsbürgerschaft 2013 hat die Kommission Ende 2015 eine Studie in Auftrag gegeben, in der näher untersucht werden sollte, wie den Sicherheitsbedenken und den Problemen von EU-Bürger(inne)n im Zusammenhang mit Aufenthaltskarten und Identitätsdokumenten begegnet werden kann. Nach einer öffentlichen Konsultation werden in einer Folgenabschätzung die vorhandenen Optionen mit Blick auf eine mögliche Gesetzesinitiative beurteilt. Die Kommission arbeitet ferner daran, Rückkehrausweise sicherer zu machen.

Nächste Schritte:

Das Europäische Parlament und der Rat sollten

3.5 Entwicklung der Sicherheitsunion: Stärkung von Europol

Eine Welle von Terroranschlägen hat die komplexe, dynamische Bedrohung durch den Terrorismus deutlich gemacht, mit der Europa heute konfrontiert ist. Offenkundig haben Schwachstellen beim Austausch und bei der Nutzung von Informationen dazu beigetragen, dass Anschläge nicht verhindert und mutmaßliche Terroristen nicht festgenommen werden konnten. Ein effektiver, zeitnaher Informationsaustausch zwischen den relevanten Behörden (Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden sowie im Bedarfsfall auch Zoll- und Grenzschutzpersonal) ist eine unerlässliche Voraussetzung für ein erfolgreiches Vorgehen gegen Terrorismus und Schwerkriminalität. Es hat sich jedoch als schwierig erwiesen, auf diesem Gebiet Fortschritte zu erzielen, da sowohl auf nationaler Ebene als auch EU-Ebene nach wie vor eine Fragmentierung festzustellen ist, die das Risiko gefährlicher Sicherheitslücken birgt. In ähnlicher Weise hat die Migrantenkrise gezeigt, dass organisierte kriminelle Gruppen rasch die sich neu eröffnenden Möglichkeiten nutzen und dabei auch menschliche Tragödien in Kauf nehmen. Als zentrales Instrument der EU für die praktische Umsetzung der Zusammenarbeit hat Europol wichtige Schritte in diese Richtung unternommen, indem vor kurzem das Europäische Zentrum zur Terrorismusbekämpfung25, das Europäische Zentrum zur Bekämpfung der Migrantenschleusung26 und das Europäische Zentrum zur Bekämpfung der Cyberkriminalität27 geschaffen wurden. Um den neuen Aufgaben Rechnung zu tragen, wurden zusätzliche Ressourcen bereitgestellt.28 Doch die Dimension der neuen Sicherheitsherausforderungen erfordert noch einen weiteren Schritt, und wie in der Mitteilung zur Sicherheitsunion vorgesehen, werden in der vorliegenden Mitteilung konkrete Maßnahmen zum Ausbau des Europäischen Zentrums zur Terrorismusbekämpfung und zur Stärkung der Arbeit von Europol aufgezeigt.

Während in jüngster Zeit einige Fortschritte zu verzeichnen waren und die Strafverfolgungs- und Terrorismusbekämpfungsstellen zunehmend mit dem Europäischen Zentrum zur Terrorismusbekämpfung bei Europol kooperieren, gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungsstellen und Sicherheitsdiensten immer noch uneinheitlich29. Die Sicherheitsdienste tauschen sich regelmäßiger über die außerhalb des EU-Rahmens angesiedelte Gruppe für Terrorismusbekämpfung (CTG)30 aus, doch operieren Strafverfolgungsstellen und Sicherheitsdienste noch immer unabhängig voneinander.

Die zentrale Herausforderung besteht nach wie vor darin, den potenziellen Nutzen des Austauschs von Informationen und nachrichtendienstlichen Erkenntnisse so auszugestalten, dass ein echter operativer Unterschied erzielt wird. Hierzu bedarf es keiner institutionellen Innovationen. Vielmehr könnte die umfassende Nutzung der Möglichkeiten einer Zusammenarbeit im Rahmen der EU-Verträge eine Änderung beim Austausch und bei der Verknüpfung von Informationen bewirken, und zwar durch multidisziplinäre Zusammenarbeit. Die verfügbaren Optionen zur Verwirklichung dieses Ziels richten sich nach den in den Verträgen übertragenen Zuständigkeiten; die Zuständigkeit für die nationale Sicherheit liegt bei den Mitgliedstaaten. Vor diesem Hintergrund wird die Kommission nach praktischen Lösungen für einen besseren Informationsaustausch suchen.

Europol hat zwar seinen Mehrwert unter Beweis gestellt und bei den nationalen Stellen an Glaubwürdigkeit gewonnen, doch seine Kapazitäten zur Terrorismusbekämpfung müssen ausgebaut werden, wenn es seiner Rolle in vollem Umfang gerecht werden soll. Das Europäische Zentrum zur Terrorismusbekämpfung bei Europol bildet das Fundament der EU-Maßnahmen gegen den Terrorismus, da es bei der Unterstützung der Mitgliedstaaten als Drehkreuz für Information und Zusammenarbeit dient und darüber hinaus Terrorismusanalysen erstellt, Bedrohungen bewertet und an der Entwicklung von Einsatzplänen zur Terrorismusbekämpfung beteiligt ist. Das Zentrum hat bereits dazu beigetragen, den Informationsfluss zwischen den in der Terrorismusbekämpfung tätigen Strafverfolgungsbehörden zu erhöhen, indem es die Infrastrukturen an die Erfordernisse der Terrorismusbekämpfung angepasst hat. Ferner wurde eine Zunahme der in die Europol-Datenbanken eingespeisten Daten verzeichnet.31 Als Kontaktstelle für die Bereitstellung und Analyse von Informationen hängt die Effektivität des Zentrums allerdings von seiner Fähigkeit ab, im entscheidenden Moment innerhalb kurzer Zeit sehr große Mengen an ausgetauschten Informationen zu verarbeiten.

Eine Stärkung des Zentrums würde diesem erlauben, bei der Verhütung und Aufdeckung terroristischer Aktivitäten proaktiver tätig zu werden. Betreffen würde dies die frühzeitige Entdeckung von Verdächtigen und Netzwerken, die Identifizierung neuer Ermittlungsansätze, die Aufdeckung internationaler Geldströme bei der Terrorfinanzierung und beim Kauf illegaler Schusswaffen, die verbesserte Meldung von Internetinhalten und die Ermittlungsunterstützung durch die EU-Meldestelle für Internetinhalte - hierdurch würden die Nutzungsmöglichkeiten des Informationsaustauschs in optimaler Weise ausgeschöpft, was eine gezieltere Risikoermittlung und eine verbesserte Strafverfolgung krimineller Aktivitäten nach sich zöge. Europol hat beispielsweise darauf aufmerksam gemacht, dass einige der an der Migrantenschleusung beteiligten Verdächtigen auch in andere kriminelle Aktivitäten verwickelt sind, darunter Drogenhandel, Dokumentenfälschung, Eigentumskriminalität und Menschenhandel.32 Darüber hinaus herrscht Sorge darüber, dass die Routen und Netzwerke für die Migrantenschleusung auch dazu genutzt werden, potenzielle Terroristen (vor allem ausländische terroristische Kämpfer) in die EU einzuschleusen, und dass die Migrantenschleusung Terrororganisationen als Finanzierungsquelle dient.

Die derzeitigen Kapazitäten des Europäischen Zentrums zur Terrorismusbekämpfung sollen in folgenden Bereichen ausgebaut werden:

- Verbesserter Zugang von Europol zu EU-Datenbanken

Dies betrifft unter anderem das Visa-Informationssystem und Eurodac33, künftige Systeme wie das Einreise-/Ausreisesystem oder ETIAS sowie den umfassenden Zugang zum Schengener Informationssystem im Rahmen des bestehenden Mandats von Europol. Die Kommission wird die Überarbeitung der Rechtsgrundlage des Schengener Informationssystems dazu nutzen, einen erweiterten Zugang von Europol zu allen dort gespeicherten Ausschreibungskategorien und den damit verbundenen Funktionalitäten vorzuschlagen. Europol sollte ferner auch von seiner Möglichkeit Gebrauch machen, Fluggastdatensätze bei den PNR-Zentralstellen in den Mitgliedstaaten abzufragen. Im Rahmen des von der Kommission eingeleiteten Prozesses zur Umsetzung der Interoperabilität der Informationssysteme sollte die hochrangige Expertengruppe für Informationssysteme und Interoperabilität die Optionen einer Optimierung gleichzeitiger Abfragen einschlägiger EU-Datenbanken durch Europol - soweit für dessen Aufgaben erforderlich - sondieren.

- Stärkung der internen Governance des Europäischen Zentrums zur Terrorismusbekämpfung

Vor dem Hintergrund der positiven Erfahrungen des Europäischen Zentrums zur Bekämpfung der Cyberkriminalität bei Europol schlägt die Kommission vor, einen Programmausschuss als zusätzliches Governance-Instrument für die interne Arbeit des Europäischen Zentrums zur Terrorismusbekämpfung einzusetzen. Hierdurch würde ein interner Steuerungsmechanismus für seine Arbeit geschaffen, mit dessen Hilfe Aspekte wie sein Arbeitsprogramm, seine Arbeitsmethoden und bewährte Verfahren behandelt werden könnten. In diesem Programmausschuss würden die in der Terrorismusbekämpfung tätigen Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten, die Kommission und - je nach Bedarf und Notwendigkeit - andere relevante Partner, darunter EU-Agenturen und -Einrichtungen wie Eurojust, Frontex und das beim Europäischen Auswärtigen

Dienst angesiedelte EU INTCEN , zusammenarbeiten. Dabei soll ausdrücklich klargestellt werden, dass sich dies in keiner Weise auf das Mandat des Verwaltungsrats von Europol auswirken würde.

- Maximierung des Nutzens der Zusammenarbeit

Europol hat ein Netzwerk operativer Kooperationspartner innerhalb der EU (Eurojust und Frontex) und darüber hinaus (eine Reihe wichtiger Partner wie die Vereinigten Staaten, Australien, Norwegen und die Schweiz sowie Interpol) aufgebaut. Die Kommission und Europol werden in enger Abstimmung mit dem Europäischen Auswärtigen

Dienst (EAD) Möglichkeiten einer besseren Zusammenarbeit mit anderen Drittländern prüfen, auch im Rahmen der Bemühungen um die Bildung von Antiterror-Partnerschaften mit Ländern im Nahen Osten und in Nordafrika. Sondiert werden sollten unter anderem die Möglichkeiten einer Einbindung der in den EU-Delegationen angestellten Sicherheitsexperten und einer besseren Informationsübermittlung seitens der Drittländer (auch über Interpol als zwischengeschaltete Stelle).

- Zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen

Die jüngsten Erfahrungen nach den Anschlägen von Paris und Brüssel legen nahe, dass das Europäische Zentrum zur Terrorismusbekämpfung zusätzliche finanzielle, technologische und personelle Ressourcen benötigt, um in der Lage zu sein, das gestiegene Volumen an Informationen und kriminalpolizeilichen Erkenntnissen zu handhaben und zu verarbeiten. Dieser Bedarf wird in dem Maße noch weiter zunehmen, wie der Zugang von Europol zu Informationen und Datenbanken erweitert wird. Bereits jetzt reicht die Ausstattung nicht aus, um den Mitgliedstaaten rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche Unterstützung leisten zu können, was im Fall von Ereignissen wie einem schweren Terroranschlag eine gravierende Schwachstelle darstellt. Die Kommission wird eine gründliche Bedarfsanalyse durchführen und die nötigen Maßnahmen für eine beträchtliche Aufstockung ergreifen; dies schließt personelle Ressourcen mit speziellen Sprach- und IT-Kenntnissen sowie langfristige Abordnungen aus den Behörden der Mitgliedstaaten ein.

Diese Verbesserungen erfordern keine Änderung des Rechtsrahmens von Europol - dieser wurde erst 2016 angenommen -, sondern könnten gleichzeitig mit der vollständigen Durchführung der neuen Europol-Verordnung ab Mai 2017 erfolgen.

Des Weiteren muss dringend eine praktische Lösung für die Lücke zwischen der nebeneinander verlaufenden Arbeit der Strafverfolgungsstellen und der Nachrichtendienste sowie des Europäischen Zentrums zur Terrorismusbekämpfung und der Gruppe für Terrorismusbekämpfung gefunden werden, um eine systematischere Interaktion zwischen diesen Stellen und somit eine bessere operative Zusammenarbeit zu erreichen. Die Stärkung der beiden parallelen Arbeitsschienen des Europäischen Zentrums zur Terrorismusbekämpfung und der Gruppe für Terrorismusbekämpfung, indem sie getrennt bleiben, aber miteinander verknüpft werden, würde einen effektiven Kooperationsrahmen für die Terrorismusbekämpfung in Europa schaffen, ohne dass es hierfür neuer Strukturen bedürfte.

Parallel zur Weiterentwicklung des Europäischen Zentrums zur Terrorismusbekämpfung bei Europol wurde die Gruppe für Terrorismusbekämpfung unlängst durch die Einführung einer gemeinsamen Plattform für den Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsdiensten der Mitgliedstaaten gestärkt, was mit der Einrichtung einer sicheren Infrastruktur für eine zeitnahe und sichere Kommunikation verbunden war. Dies bietet eine neue Möglichkeit, das Niveau der Interaktion zwischen dieser Plattform und den Strafverfolgungsbehörden festzulegen, die innerhalb des Europäischen Zentrums zur Terrorismusbekämpfung bei Europol zusammenarbeiten.

Die Kommission regt daher die Mitgliedstaaten an, die Öffnung der Gruppe für Terrorismusbekämpfung, eines zwischenstaatlichen Forums zur nachrichtendienstlichen Erkenntnisgewinnung, für die Interaktion mit Strafverfolgungsbehörden zu erwägen, die im Rahmen von Europol (des Europäischen Zentrums zur Terrorismusbekämpfung) zusammenarbeiten. Um die Einzelteile zusammenzuführen, könnte eine Art Drehkreuz für den Informationsaustausch eine Plattform bieten, auf der Behörden, denen Erkenntnisse in Bezug auf Terrorismus oder sonstige schwere grenzüberschreitende Kriminalität vorliegen, ihre Informationen mit diesen Strafverfolgungsbehörden austauschen.

Ein solches Drehkreuz für den Informationsaustausch wäre keine Neuheit in der europäischen Sicherheitslandschaft. Einige Mitgliedstaaten verfügen auf nationaler Ebene über Verfahren zur Koordinierung der Terrorismusbekämpfung oder so genannte Fusionszentren, in denen die nationalen Sicherheitsdienste und Strafverfolgungsbehörden zusammenkommen. Diese Verfahren unterscheiden sich jedoch erheblich, was die institutionelle Struktur (spezielle Einheit oder zweckbestimmte Einrichtung) und das Mandat (von strategischer Bedrohungsbewertung bis zu operativer Koordination) anbelangt. Die Mitgliedstaaten werden eingeladen, ihre positiven Erfahrungen und ihre Erkenntnisse, die sie auf nationaler Ebene bei der Einführung von Strukturen für den Informationsaustausch gewonnen haben, zu teilen.

Nächste Schritte:

Die Mitgliedstaaten sollten

4. Schlussfolgerung

Ein besseres Grenzmanagement, eine bessere Nutzung der verfügbaren Instrumente und Datenbanken sowie die Entwicklung neuer Instrumente und Kooperationsmechanismen für die Zukunft sind der Schlüssel zu sicheren Grenzen und effektiver Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger in einer von Mobilität geprägten Welt. Dies kann einen entscheidenden Unterschied für die Sicherheit der EU, ihrer Mitgliedstaaten und ihrer Bürgerinnen und Bürger machen.

Die vorliegende Mitteilung erläutert die Maßnahmen, die in unmittelbarer Zukunft - sowohl auf europäischer als auch nationaler Ebene - getroffen werden müssen, um dazu beizutragen, dass die Außengrenzen sicherer werden und ein höheres Maß an Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger gewährleistet ist.

Die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten müssen jetzt bei den Fragen der Umsetzung und operativen Ausgestaltung dieselbe schnelle Reaktion und Entschlossenheit zeigen, mit der sie die rasche Annahme der Europäischen Grenz- und Küstenwache sichergestellt haben; des Weiteren müssen sie die bereits vorhandenen Vorschläge vorantreiben und die künftigen Schritte hin zu einer echten und wirksamen Sicherheitsunion konkretisieren.