Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs
(VAStrRefG)

Der Bundesrat hat in seiner 846. Sitzung am 4. Juli 2008 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf allgemein

Nach Überzeugung des Bundesrates besteht in folgenden Punkten noch Verbesserungsbedarf:

Wenn in Zukunft die gesetzliche Rentenversicherung nicht mehr im Mittelpunkt des Ausgleichs von Anrechten aus der zweiten und dritten Säule steht, kann nicht ausgeschlossen werden, dass

Die für Versorgungsträger vorgesehene Möglichkeit, die Kosten der internen Teilung mit den Anrechten der Ehegatten zu verrechnen, schmälert den Wert dieser Anrechte und damit das Vorsorgevermögen der Betroffenen.

Eine gewisse Begrenzung dieses Wertverlustes wird zwar dadurch erreicht, dass die Kosten angemessen sein müssen und der Kostenabzug der Kontrolle des Familiengerichts unterliegt.

Insbesondere bei im Wert umfangreichen Anrechten kann jedoch ein (gegebenenfalls pauschaler) Kostenabzug von 2 bis 3 Prozent des Deckungskapitals, wie er in der Entwurfsbegründung als von der Rechtsprechung gebilligt erwähnt wird zu empfindlichen Einbußen führen. Zudem führt ein Kostentragungsansatz in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes des Deckungskapitals zu dem verzerrenden Ergebnis, dass die Übertragung hoher Anwartschaften für die Ehegatten teurer ist als diejenige von niedrigen Anwartschaften, obwohl der Aufwand des Versorgungsträgers, etwa für die Einrichtung eines neuen Kontos, in beiden Fällen typischerweise gleich hoch ist. Insbesondere ältere Ehegatten, die bereits einen erheblichen Teil ihrer Altersvorsorge angespart haben, drohen dadurch über Gebühr belastet zu werden.

Der Bundesrat bittet daher, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen,

2. Zu Artikel 1 (§ 3 Abs. 3 VersAusglG)

In Artikel 1 ist § 3 Abs. 3 wie folgt zu fassen:

Begründung

§ 3 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 VersAusglG-E bestimmt den Ausschluss des Versorgungsausgleichs bei kurzer Ehedauer von bis zu zwei Jahren. Es ist geboten, diesen Zeitraum auf drei Jahre zu verlängern und im Gegenzug die Durchbrechung über eine Härtefallregelung zu ermöglichen.

Ein Ausschlusstatbestand ist grundsätzlich sinnvoll: Bei einer kurzen Ehedauer ist keine so starke Verflechtung der wirtschaftlichen Verhältnisse zwischen den Ehepartnern eingetreten, dass zur Verwirklichung der Teilhabegerechtigkeit und zum Ausgleich etwaiger ehebedingter Nachteile ein Versorgungsausgleich durchgeführt werden muss. Ferner werden die Familiengerichte von Verfahren entlastet die regelmäßig nur zu geringen Ausgleichswerten führen.

Sachgerecht ist es sogar, den Versorgungsausgleich - wie noch im Referentenentwurf vorgesehen - auch bei Ehen von bis zu drei Jahren Dauer auszuschließen.

Dies entspricht auch der Höchstfrist, die die Rechtsprechung für den Ausschluss des nachehelichen Unterhalts nach § 1579 Nr. 1 BGB zu Grunde legt (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 1999 - XII ZR 89/97 -, FamRZ 1999, 710 m.w.N.). Eine abweichende Frist würde zu einer unterschiedlichen zeitlichen Bewertung im Vergleich zum Unterhaltsrecht führen. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund der häufigen Fälle, dass der Versorgungsausgleich an die Stelle des Unterhaltsanspruchs aus § 1571 BGB tritt. § 3 Abs. 3 VersAusglG-E ist zudem durch die Einfügung einer Billigkeitsklausel flexibler zu gestalten. Auch im Unterhaltsrecht liegt dem vergleichbaren Tatbestand des § 1579 Nr. 1 BGB eine Billigkeitserwägung zu Grunde. Ein Unterhaltsanspruch ist bei kurzer Ehedauer zu versagen, "soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten ... grob unbillig wäre". Für den Versorgungsausgleich gelten keine anderen Wertungsgesichtspunkte.

Ohne Billigkeitsklausel können in einzelnen Fallgestaltungen erhebliche Friktionen im Verhältnis zum Zugewinnausgleich eintreten. Wenn ein Ehegatte innerhalb der kurzen Ehezeit aus dem bei Eheschließung vorhandenen Vermögen eine Altersversorgung in erheblichem Umfang erwirbt, schmälert dies in der Regel sein Endvermögen und damit auch seinen Zugewinn. Dem steht an sich eine über den Versorgungsausgleich zu berücksichtigende Mehrung der Anrechte gegenüber. Der Versorgungsausgleich ist aber wegen kurzer Ehedauer ausgeschlossen. In solchen Fällen ist es sachgerecht, den Ausschluss des Versorgungsausgleichs wegen kurzer Ehedauer im Einzelfall über eine Billigkeitsklausel durchbrechen zu können. Dies ermöglicht der bisherige § 3 Abs. 3 VersAusglG-E nicht.

3. Zu Artikel 1 (§ 5 Abs. 4 VersAusglG)

In Artikel 1 § 5 Abs. 4 sind der abschließende Punkt durch ein Komma zu ersetzen und folgende Wörter anzufügen:

Begründung

In der Fassung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung ordnet § 5 Abs. 4 VersAusglG-E für den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich an, dass der Versorgungsträger für das Familiengericht lediglich den Rentenbetrag berechnet.

In Einzelfällen kann jedoch auch ein korrespondierender Kapitalwert notwendig sein. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn beide Ehegatten jeweils ein Anrecht mit unterschiedlicher Dynamik schuldrechtlich auszugleichen haben oder die Härteklausel des § 27 VersAusglG-E eingreift.

4. Zu Artikel 1 (§ 13 VersAusglG)

In Artikel 1 § 13 sind nach dem Wort "Kosten" die Wörter "jeweils hälftig" einzufügen.

Begründung

Ausweislich der Begründung soll § 13 VersAusglG-E klarstellen, dass die durch die interne Teilung entstehenden Kosten von den Eheleuten hälftig zu tragen sind. Diese hälftige Teilung geht aus dem Entwurfswortlaut jedoch nicht hervor.

Zur Vermeidung zu erwartender Streitigkeiten empfiehlt sich daher ein entsprechend klarstellender Zusatz im Gesetzeswortlaut.

5. Zu Artikel 1 (§ 13 VersAusglG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob und wie eine Pauschalierung der "angemessenen Kosten" in der Regelung des § 13 VersAusglG-E erfolgen kann.

Begründung

Der im Gesetzentwurf der Bundesregierung verwendete Begriff der "Angemessenheit" ist zu unbestimmt und birgt für alle Beteiligten, insbesondere aber für die Versorgungsträger und die Gerichte, die Gefahr eines unverhältnismäßigen bürokratischen Mehraufwandes.

Nach der derzeitigen gesetzlichen Konzeption müsste die Angemessenheit grundsätzlich in jedem Einzelfall durch das erkennende Gericht gesondert festgestellt werden ohne dass klargestellt wird, welche Kriterien das Gericht hierbei zu Grunde zu legen hat. Hinzu kommt, dass die Versorgungsträger gezwungen wären in jedem konkreten Einzelfall die den entsprechenden Verwaltungskosten zu Grunde liegende betriebswirtschaftliche Kalkulation offenzulegen, was auch auf Seiten der Versorgungsträger zu einem erheblichen bürokratischen Mehraufwand führen würde. Weiter würde dem erkennenden Gericht regelmäßig auch der für die dann notwendige Überprüfung der vorgelegten Kalkulation erforderliche betriebswirtschaftliche Sachverstand fehlen, so dass hierzu gegebenenfalls ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müsste, was die Scheidungskosten für die Parteien in die Höhe treiben würde. In den nicht seltenen Fällen, in denen den Parteien Prozesskostenhilfe bewilligt ist, hätte diese Kosten der Fiskus zu tragen. Zuletzt bestünde auf Grund der sehr offenen Formulierung des § 13 VersAusglG-E die Gefahr einer für die Parteien nicht mehr vorhersehbaren, übermäßigen Kostenabwälzung bis hin zum Missbrauch durch den Versorgungsträger.

Es erscheint daher sachgerecht, diese Kosten zu pauschalieren. Eine derartige Pauschale könnte sich an der bisherigen Rechtsprechung zu § 1 Abs. 2 VAHRG orientieren. Diese hat es für zulässig erachtet, pauschale Abschläge von 2 Prozent des Deckungskapitals (vgl. OLG Celle, FamRZ 1985, 939, 942) bzw. 3 Prozent des Barwertes (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 1998, 626, 628) vorzunehmen. Es bleibt aber zu bedenken, dass insbesondere bei langer Ehedauer auch ein sehr hohes Deckungskapital erwirtschaftet werden kann, was bei einem bloßen, nicht nach oben begrenzten Prozentsatz zu einer übermäßig hohen Verwaltungskostenpauschale führen könnte.

Denkbar wäre daher auch, in einem Satz 2 zu § 13 VersAusglG-E eine Pauschale vorzugeben die nur im Regelfall als angemessen im Sinne des Satzes 1 anzusehen sei. Dies würde den Gerichten und den Beteiligten eine Orientierung ermöglichen ohne die notwendige Einzelfallgerechtigkeit aufzugeben.

6. Zu Artikel 1 (§ 16 VersAusglG)

In Artikel 1 ist § 16 wie folgt zu ändern:

Begründung

Durch die Änderung wird klargestellt, dass die Möglichkeit zur Beibehaltung der externen Teilung von Anrechten sich nicht nur auf die Beamtenversorgung im engeren Sinne, sondern auch auf Versorgungen aus anderen öffentlichrechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnissen wie beispielsweise die Ministerversorgung bezieht.

Gleichzeitig werden damit der Wortlaut der Überschrift und der des Gesetzestextes aneinander angeglichen.

7. Zu Artikel 1 (§ 26a - neu - VersAusglG)

In Artikel 1 ist nach § 26 folgender Unterabschnitt 4 einzufügen:

Unterabschnitt 4
Nachträglicher Ausgleich von Anrechten nach dem Betriebsrentengesetz

§ 26a Anspruch auf nachträgliche Teilung

Begründung

Nach der bisherigen Konzeption des Entwurfs bleibt für Anwartschaften nach dem Betriebsrentengesetz, die erst nach der Ehescheidung unverfallbar werden, nur die Möglichkeit des schuldrechtlichen Ausgleichs nach den §§ 20 bis 26 VersAusglG-E (vgl. § 19 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 VersAusglG-E). Gegenüber dem bisherigen Recht bedeutet dies eine Verschlechterung der Position der ausgleichsberechtigten Person. Sie kann derzeit nach § 10a Abs. 1 Nr. 2 VAHRG eine Abänderung der ursprünglichen Entscheidung beantragen, wenn das Anrecht bereits (unerkannt) unverfallbar war oder nachträglich unverfallbar geworden ist und die übrigen Voraussetzungen des § 10a Abs. 2 VAHRG vorliegen. Dieser nachträgliche öffentlichrechtliche Ausgleich hat gegenüber dem schuldrechtlichen Ausgleich den Vorteil höherer Versorgungssicherheit für die ausgleichsberechtigte Person. Dies zeigt sich insbesondere beim Tod der ausgleichspflichtigen Person: In diesem Fall hat die ausgleichsberechtigte Person keine Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung (§ 25 Abs. 2, § 26 Abs. 2 VersAusglG-E).

Gründe, die diese Verschlechterung rechtfertigen, werden in der Begründung des Entwurfs nicht genannt und sind auch nicht ersichtlich. Mit dem vorgeschlagenen nachträglichen Wertausgleich soll der ausgleichsberechtigten Person die Möglichkeit erhalten bleiben, einen Ausgleich zu erlangen, der vom Schicksal des auszugleichenden Anrechts unabhängig ist.

Als Folge wären die Inhaltsübersicht und die Verweisung in § 19 Abs. 4 VersAusglG-E entsprechend anzupassen.

8. Zu Artikel 1 (§ 27 VersAusglG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob § 27 VersAusglG-E dahin gehend zu ergänzen ist, dass bei treuwidrigem Einwirken eines ausgleichspflichtigen Ehegatten auf das auszugleichende Anrecht ein erweiterter Ausgleich über ein anderes seiner Anrechte ermöglicht werden kann.

Begründung

§ 27 VersAusglG-E sieht eine Beschränkung oder einen Wegfall des Versorgungsausgleichs bei grober Unbilligkeit vor. Nach der Einzelbegründung zu § 27 VersAusglG-E soll es damit zukünftig auch möglich sein, treuwidriges Einwirken des ausgleichspflichtigen Ehegatten auf das auszugleichende Anrecht zu sanktionieren, indem Anrechte des anderen Ehegatten vom Ausgleich ausgenommen werden. Diese Möglichkeit besteht jedoch dann nicht, wenn der andere Ehegatte über keine Anwartschaften verfügt, die gekürzt oder vom Versorgungsausgleich ausgenommen werden könnten.

In solchen Fällen erscheint es nicht unbillig, eventuell bestehende andere Anrechte des ausgleichspflichtigen Ehegatten über die Halbteilung hinaus zum Ausgleich heranzuziehen. Nach der Entwurfsbegründung scheint es zwar in der Absicht der Bundesregierung zu liegen, einen solchen erweiterten Ausgleich gerade nicht zuzulassen, um die ausgleichspflichtige Person zu schützen (vgl. Einzelbegründung zu § 27 VersAusglG-E, Absatz 8 am Ende). Warum die ausgleichspflichtige Person, die treuwidrig auf eines ihrer Anrechte eingewirkt hat insofern schutzwürdig ist, erschließt sich hieraus jedoch nicht.

9. Zu Artikel 1 (§ 34 VersAusglG)

Artikel 1 § 34 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Für die Anpassung wegen Unterhalts soll nach dem Entwurf in Abweichung vom bisherigen Recht (§ 5 Abs. 1, § 9 Abs. 1 VAHRG) das Familiengericht zuständig sein. Begründet wird dies damit, bei den Familiengerichten sei die erforderliche Expertise in Unterhalts- und Versorgungsausgleichssachen vorhanden; die Reform folge einem Wunsch der Versorgungsträger, sie von der Prüfung des nachehelichen Unterhaltsrechts zu entlasten.

Die Zuweisung an das Familiengericht ist sicher in den Fällen sinnvoll, in denen eine Prüfung des materiellen Unterhaltsanspruchs erforderlich ist. Diese dürfte allerdings in vielen Fällen nicht nötig sein, etwa weil bereits eine gerichtliche Prüfung im Rahmen eines Unterhaltsverfahrens stattgefunden hat und der Ausgleichspflichtige auf Grund eines gerichtlichen Vergleichs oder eines Urteils Unterhalt zahlt. In diesen Fällen müsste dem Versorgungsträger der Nachweis der Unterhaltszahlungen in der Regel genügen, um eine entsprechende Anpassung vorzunehmen. Um die zusätzliche Belastung der Familiengerichte durch die Reform so gering wie möglich zu halten, erscheint es daher angebracht die Zuständigkeit beim Versorgungsträger zu belassen und das Familiengericht nur dann tätig werden zu lassen, wenn der Versorgungsträger die bei ihm beantragte Anpassung nicht vornimmt, etwa weil er daran zweifelt, dass der Unterhaltstitel oder der gezahlte Unterhalt noch dem tatsächlich geschuldeten Unterhalt entspricht. Der Antrag an das Familiengericht wäre danach nur zulässig, wenn einer der Ehegatten zuvor vergeblich eine Anpassung beim Versorgungsträger beantragt hat.

Entsprechendes muss für eine Änderung oder Beendigung der Anpassung gelten.

10. Zu Artikel 1 (§ 48 Satz 2 VersAusglG), Artikel 21a - neu - (Änderung des FGG-RG)

Begründung

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung legt in seiner Begründung überzeugend dar dass das neue materielle Recht des Versorgungsausgleichs möglichst weitgehend und schnell zur Anwendung kommen soll (vgl. BR-Drs. 343/08 (PDF) , S. 199). Die Übergangsvorschriften stellen dieses Ziel jedoch nicht hinreichend sicher.

§ 48 Satz 2 VersAusglG-E unterwirft ausgesetzte oder sonst nicht betriebene Verfahren teilweise dem neuen Recht. Die Regelung bezieht sich jedoch nur auf selbstständige Versorgungsausgleichsverfahren, die aus dem Scheidungsverbund abgetrennt wurden. Nicht erfasst sind Scheidungssachen, die nach § 614 ZPO ausgesetzt, nach § 251 ZPO zum Ruhen gebracht oder sonst nicht weiterbetrieben (und nach § 7 Abs. 3 und 4 AktO weggelegt) wurden.

Die Begründung weist - im Kern zutreffend - darauf hin, dass im Hinblick auf Artikel 111 FGG-RG-E eine Abkoppelung des materiellen Rechts vom Verfahrensrecht zu systematischen Verwerfungen führen würde. Jedoch löst § 48 VersAusglG-E nicht das Problem, dass in den nicht weiterbetriebenen Scheidungsverfahren über viele Jahre hinweg nach dem alten Recht des Versorgungsausgleichs zu entscheiden wäre. Der mögliche Ausweg über eine Abtrennung des Versorgungsausgleichsverfahrens nach dem Wiederaufruf steht dem Familiengericht nur offen, wenn beide Ehegatten zustimmen.

Dies schafft Folgeprobleme: Die verfassungsrechtlich bedenkliche Barwertverordnung wäre noch über viele Jahre hinweg weiterhin anzuwenden. Auch die Umrechnungsfaktoren zur Anpassung eines Anrechts an die Dynamik der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 1587a Abs. 3 und 4 BGB wären noch lange fortzuführen. Die Rechtsanwendung in den Altverfahren würde sowohl für die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte als auch für die Richterinnen und Richter auf Grund mangelnder Gewohnheit immer schwieriger, je länger der Stichtag des Inkrafttretens der Reform zurückliegt.

Daher sieht der Antrag eine Änderung der Übergangsvorschriften in Artikel 111 des FGG-Reformgesetzes vor, um die verfahrensrechtliche Lage dem gewünschten materiellrechtlichen Ergebnis anzupassen. Im Gegenzug dazu kann die materiellrechtliche Übergangsvorschrift in § 48 Satz 2 VersAusglG-E auch auf Versorgungsausgleichsverfahren erstreckt werden, die nicht abgetrennt, sondern Teil des Scheidungsverbunds sind.

Im Einzelnen:

Ein neuer Absatz 3 behebt ein weiteres Problem der Übergangsvorschrift in Artikel 111 FGG-RG-E. Die bisherige Vorschrift stellt darauf ab, ob ein Verfahren vor dem Stichtag zum Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes eingeleitet oder seine Einleitung beantragt wurde. Lediglich neu eingeleitete Verfahren werden nach neuem Verfahrensrecht behandelt, Altverfahren dagegen weiterhin nach bisherigem Recht. Diese Gestaltung führt zu einer zeitlich nicht absehbaren Parallelität von altem und neuem Recht in vergleichbaren Fallgestaltungen, insbesondere in den Bestandsverfahren. Für den Extremfall, dass für ein neugeborenes Kind kurz vor Inkrafttreten des Gesetzes eine Vormundschaft eingerichtet werden muss, könnte dies eine Übergangsfrist von knapp 18 Jahren bedeuten.

Ein solcher Doppelbetrieb ist - insbesondere hinsichtlich der EDV-Fachanwendungen - weder praktikabel noch wirtschaftlich. Daher sieht der neue Absatz 3 zu Artikel 111 FGG-RG einen zweiten generellen Stichtag vor. Bestandsverfahren, die nicht per se auf einen erledigenden Beschluss gerichtet sind, werden ein Jahr nach dem Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes stets dem neuen Verfahrensrecht unterstellt.

Dies betrifft

11. Zu Artikel 1 (§ 50 Abs. 1 VersAusglG)

In Artikel 1 ist § 50 Abs. 1 wie folgt zu fassen:

(1) Ein nach § 2 Abs. 1 Satz 2 des Versorgungsausgleichs-Überleitungsgesetzes ausgesetzter Versorgungsausgleich

Begründung

§ 50 Abs. 1 Nr. 2 VersAusglG-E regelt die Wiederaufnahme der nach § 2 Abs. 1 Satz 2 VAÜG ausgesetzten Verfahren. Nach der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung ist die Frist von fünf Jahren, in der die Verfahren wieder aufzunehmen sind, der bisherigen Regelung in § 2 Abs. 3 Satz 2 VAÜG (Wiederaufnahme ausgesetzter Verfahren nach der Einkommensangleichung) nachgebildet. Allerdings wird die "Soll-Regelung" in § 2 Abs. 3 Satz 2 VAÜG - ohne nähere Begründung - in § 50 Abs. 1 Nr. 2 VersAusglG-E zu einer "Muss-Vorschrift". Diese Änderung dürfte die gerichtliche Praxis, insbesondere in den neuen Ländern, vor Schwierigkeiten stellen. Die Zahl der ausgesetzten Verfahren ist mittlerweile hoch. Hinzu kommt, dass die Wiederaufnahme in Einzelfällen wegen des Zeitablaufs mit erheblichem Aufwand verbunden sein kann (z.B. Ermittlung von Erben in Sterbefällen, Umzug ins Ausland, Kanzleischließung des früheren Prozessbevollmächtigten o. Ä.). Es sollte deshalb jedenfalls in Einzelfällen, möglich sein, die Verfahren auch nach Ablauf von fünf Jahren wieder aufzunehmen. Das grundsätzliche Ziel, eine Wiederaufnahme innerhalb von fünf Jahren zu erreichen, würde auch durch eine "Soll-Bestimmung" hinreichend zum Ausdruck kommen.

12. Zu Artikel 2 Nr. 5 (§ 220 Abs. 2 Satz 1 FamFG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob es im Rahmen der Formulierung des § 220 Abs. 2 Satz 1 FamFG-E einer ausdrücklichen Klarstellung bedarf, dass unter dem dort verwendeten Begriff

Begründung

§ 220 Abs. 2 Satz 1 FamFG-E bestimmt, dass die seitens des Gerichts übersandten Formulare im Rahmen der verfahrensrechtlichen Auskunftspflicht zu verwenden sind. Hier sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass unter den Begriff "Formular" im Sinne dieser Vorschrift auch Webformulare fallen, die von der Justiz bereitgestellt werden.

13. Zu Artikel 2 Nr. 5 ( § 229 FamFG)

Artikel 2 Nr. 5 ist wie folgt zu ändern:

Begründung

Bisher müssen gerichtliche Entscheidungen im Versorgungsausgleich in der Regel nur an die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zugestellt werden.

Das Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs sieht vor, dass künftig grundsätzlich alle in der Ehe erworbenen Versorgungsansprüche - einschließlich der betrieblichen und privaten Vorsorge - systemintern geteilt werden. Die Anzahl der an einem Verfahren beteiligten Versorgungsträger wird sich damit in der Regel erheblich vergrößern. Damit erhöht sich auch die Zahl derjenigen an die die Endentscheidung im Versorgungsausgleichsverfahren zugestellt werden muss. Um den Aufwand der bei Gericht beschäftigten Servicekräfte mit dem Nachweis ordnungsgemäßer Zustellung so gering wie möglich zu halten, soll die Möglichkeit einer echten elektronischen Zustellung mit elektronisch übermittelter Eingangsbestätigung an das Gericht geschaffen werden.

§ 174 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 ZPO lässt zwar eine elektronische Zustellung an jeden Verfahrensbeteiligten zu, der der Übermittlung elektronischer Dokumente ausdrücklich zugestimmt hat. § 174 Abs. 3 Satz 3 ZPO setzt hierfür aber eine elektronische Signatur voraus. Zudem ist zum Nachweis der Zustellung nach § 174 Abs. 4 ZPO ein an das Gericht zurückgesandtes Empfangsbekenntnis erforderlich. Dieses kann zwar ebenfalls elektronisch (mit Signatur) erteilt werden, bleibt aber ein Textdokument, das bei der Justiz manuell ausgewertet werden muss. Auch auf Seiten der Versorgungsträger ist die Erstellung eines solchen Empfangsbekenntnisses mit Aufwand verbunden, weil es nicht automatisch erstellt wird, sondern eine "menschliche willensgesteuerte Aktion" voraussetzt.

Angesichts der zu erwartenden Zunahme der Zustellungszahlen im Versorgungsausgleichsverfahren soll das Zustellrecht im Verhältnis zwischen Familiengerichten und Versorgungsträgern dadurch vereinfacht werden, dass in diesem Verhältnis auf das Erfordernis der elektronischen Signatur ( § 174 Abs. 3 ZPO) und den Nachweis der Zustellung durch Empfangsbekenntnis (§ 174 Abs. 4 ZPO) verzichtet wird, wenn die Versorgungsträger über die entsprechenden technischen Voraussetzungen verfügen und einer elektronischen Übermittlung der Entscheidung zugestimmt haben. Die Zustellung erfolgt dann rechtswirksam über sichere Verfahren wie z.B. das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP). Das in diesem Verfahren eingesetzte OSCI-Protokoll hat sich im Bereich der Registerführung seit Inkrafttreten des Gesetzes über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) zum 1. Januar 2007 bewährt. Erstellt das Postfach des Versorgungsträgers bei Eingang der Entscheidung automatisch eine Eingangsbestätigung und übermittelt diese elektronisch an das Gericht, so reicht diese automatisch erzeugte technische Eingangsbestätigung als Nachweis der Zustellung aus.

Maßgeblich für den Zeitpunkt der Zustellung ist der in der Eingangsbestätigung genannte Zeitpunkt. Damit ist gewährleistet, dass der fristauslösende Zeitpunkt der Zustellung an jeden beteiligten Versorgungsträger sowie der Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung für das Gericht - wie bei der Rücksendung eines Empfangsbekenntnisses - einwandfrei feststellbar ist.

Auf der anderen Seite wird kein Versorgungsträger gezwungen, auf die herkömmliche Zustellung der Entscheidung in Papierform bzw. im Falle der elektronischen Zustellung auf die Rücksendung eines manuell erstellten Empfangsbekenntnisses zu verzichten. An der elektronischen Kommunikation kann und wird nur der Versorgungsträger teilnehmen, der der Übermittlung elektronischer Dokumente ausdrücklich zugestimmt hat, über die entsprechenden technischen Vorkehrungen verfügt und diese auch freigegeben hat. Hat der Versorgungsträger den elektronischen Zugang gewählt und erzeugt sein System eine technische Eingangsbestätigung, die dem Gericht automatisch elektronisch übermittelt wird, so ist er an den darin genannten Zeitpunkt der Zustellung gebunden.

Die mit der Regelung in den Absätzen 1 und 2 vorgesehene vereinfachte Zustellung ist begrenzt auf das Versorgungsausgleichsrecht und dort beschränkt auf die Fälle der Zustellungen an die Versorgungsträger. Sie ist gerechtfertigt, weil die Versorgungsträger nur Abwicklungsbeteiligte des Verfahrens sind, die es durch Freischaltung der entsprechenden technischen Voraussetzungen selbst in der Hand haben, ob sie zukünftig auf die Rücksendung eines manuell gesteuerten Empfangsbekenntnisses verzichten möchten.

Durch die Verordnungsermächtigung in Absatz 3 sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Daten und Dokumente zwischen Familiengerichten und Versorgungsträgern in Versorgungsausgleichssachen wechselseitig ausgetauscht werden können. Die Regelung ist angelehnt an die Neufassung des § 135 der Grundbuchordnung durch den Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und der elektronischen Akte im Grundbuchverfahren.

Als Folge wäre Artikel 2 Nr. 1 und 6 entsprechend anzupassen.

Zudem birgt der Gesetzentwurf an verschiedenen Stellen finanzielle Risiken für die Träger von Beamtenversorgungen. An einigen Stellen ergeben sich daneben gravierende Regelungslücken, die zumindest ausgefüllt werden müssten.

Insbesondere weist der Bundesrat auf folgende Punkte hin:

15. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat weist darauf hin, dass die von der Bundesregierung auf Grund der Reform des Versorgungsausgleichs prognostizierten Entlastungen für die Justizhaushalte nicht gesichert sind. Der reformierte Versorgungsausgleich führt auch zu Belastungen, auf die die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung nicht hinreichend eingeht. Der Bundesrat bittet, diese im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu berücksichtigen.

Begründung

In der Begründung zum Gesetzentwurf prognostiziert die Bundesregierung Entlastungseffekte für die Familiengerichtsbarkeit und erwartet positive Auswirkungen auf die Justizhaushalte der Länder (vgl. insbesondere BR-Drs. 343/08 (PDF) , S. 103).

Diese Prognose berücksichtigt nicht hinreichend, dass der reformierte Versorgungsausgleich auch zu Mehrbelastungen für die Familiengerichtsbarkeit führen kann:

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der bisherige Versorgungsausgleich auf Grund seiner Komplexität nur selten im Fokus der Parteien und ihrer Rechtsanwälte steht. Daher kann die ganz überwiegende Zahl der Fälle nach dem Vorliegen der Berechnungsgrundlagen zügig abgewickelt werden. Die Reform soll den Versorgungsausgleich vereinfachen. Sie wird daher auch das Interesse der Parteien und ihrer Rechtsanwälte steigern. Ein transparentes und für den Bürger verständliches Recht ist im Grundsatz zu begrüßen. Jedoch erscheint keineswegs gesichert, dass es auf Grund der Reform zu Entlastungseffekten für die Familiengerichtsbarkeit kommen wird.