umwelt-online: Einzelhandelserlass BW (2)

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3.3 Weitere Erfordernisse der Raumordnung

Bei der raumordnerischen Überprüfung eines Vorhabens sind neben der vorstehenden Kernregelung und entsprechenden regionalplanerischen Konkretisierungen die weiteren im Einzelfall einschlägigen Erfordernisse der Raumordnung, insbesondere die Grundsätze und Ziele im LEP und in den Regionalplänen mit heranzuziehen (zum Beispiel Regelungen des Umweltschutzes, des Städtebaus, des Verkehrs, des Natur- und Landschaftsschutzes).

3.4 Erweiterungsvorhaben

Bei der raumordnerischen Beurteilung von Erweiterungsvorhaben ist auf Warenangebot, Umfang und Auswirkungen des Gesamtbetriebs nach Erweiterung abzustellen.

3.5 Agglomeration

Für Agglomerationen nach Nr. 2.3.3 gelten die Regelungen in Kapitel 3 entsprechend.

3.6 Bindungswirkungen der Erfordernisse der Raumordnung

Gemäß § 4 ROG sind die Ziele der Raumordnung zu beachten und Grundsätze sowie sonstige Erfordernisse der Raumordnung bei der Abwägung zu berücksichtigen.

Bauleitpläne sind gemäß § 1 Abs. 4 BauGB an die Ziele der Raumordnung anzupassen.

3.7 Raumordnungsverfahren

Für Einzelhandelsgroßprojekte ist gemäß § 13 Abs. 1 Landesplanungsgesetz (LplG) in Verbindung mit § 1 Satz 3 Nr. 19 Raumordnungsverordnung (RoV) in der Regel ein Raumordnungsverfahren mit integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung (vgl. hierzu Nr. 4.2.8) durchzuführen. Mit der Einfügung der Nummer 19 in die Raumordnungsverordnung mit Wirkung vom 1. Januar 1998 ist der Schwellenwert in § 13 Abs. 1 LplG ("mehr als 5.000 m2 Verkaufsfläche") durch das überlagernde Bundesrecht hinfällig geworden. Die Regierungspräsidien als höhere Raumordnungsbehörden entscheiden im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen über die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens.

Im Raumordnungsverfahren ist das einzelne Vorhaben nicht isoliert zu betrachten, sondern im Kontext mit den gegebenen und aktuell entstehenden zentralörtlichen Versorgungsstrukturen zu beurteilen. Dabei sind vorhandene Einzelhandelsgroßbetriebe sowie hinreichend bekannte und konkrete Vorhaben mit im Wesentlichen denselben Warensortimenten in die Beurteilung einzubeziehen.

Außerdem können grundsätzlich auch Flächen berücksichtigt werden, die in einem Bebauungsplan als Sondergebiet großflächiger Einzelhandel mit einem bestimmten Sortiment und einer bestimmten Verkaufsfläche festgesetzt sind und deren Erschließung gesichert ist.

Das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens ist im nachfolgenden Bauleitplanverfahren nach Maßgabe der dafür geltenden Bestimmungen als abwägungsrelevanter Belang zu berücksichtigen. Die Pflicht, Ziele der Raumordnung zu beachten ( § 4 ROG) und Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung anzupassen ( § 1 Abs. 4 BauGB), bleibt unberührt.

Im Übrigen wird auf die Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums über die Durchführung von Raumordnungsverfahren (VwV-ROV) in der jeweils geltenden Fassung verwiesen.

3.8 Unterrichtungspflicht, Auskunftspflicht

Nach § 18 LplG haben alle öffentlichen Planungsträger den Raumordnungsbehörden und den Regionalverbänden Auskunft über die von ihnen beabsichtigten oder im Rahmen ihrer Zuständigkeit zu ihrer Kenntnis gelangenden Planungen und Maßnahmen zu erteilen, soweit diese für die Raumordnung von Bedeutung sein können.

Beabsichtigt ein Träger der Bauleitplanung, einen Bauleitplan als Grundlage für die Errichtung eines Einzelhandelsgroßprojekts aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen, so hat er das Regierungspräsidium und den Regionalverband zu unterrichten. Diese beraten nach § 12 Abs. 3 Satz 1 LplG den Träger der Bauleitplanung und unterrichten ihn über die Erfordernisse der Raumordnung.

3.9 Unterrichtung bei grenzüberschreitenden Vorhaben

Auf Grund der mit Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz abgeschlossenen Staatsverträge über die Zusammenarbeit bei der Raumordnung unterrichtet die höhere Raumordnungsbehörde so frühzeitig wie möglich die jeweils zuständige Landesplanungsbehörde des Nachbarlandes über Vorhaben mit grenzüberschreitenden Auswirkungen.

Die förmliche Beteiligung der Nachbarländer und Nachbarstaaten im Raumordnungsverfahren bleibt unberührt.

3.10 Regionale Entwicklungskonzepte für den Einzelhandel

Den Trägern der Regionalplanung wird empfohlen, Entwicklungskonzepte für den Einzelhandel auszuarbeiten, die eine vorausschauende, zielgerichtete und koordinierte Entwicklung der Einzelhandelsstandorte sowie fundierte Standortbewertungen und -entscheidungen ermöglichen.

Auf dieser Grundlage können insbesondere Standorte für regionalbedeutsame Einzelhandelsgroßprojekte in den Regionalplänen gebietsscharf festgelegt werden. Die Regionalbedeutsamkeit eines Vorhabens ist in der Regel ab einer Verkaufsfläche von ca. 5.000 m2 gegeben. Sie ist im Einzelfall zu prüfen. Dabei sind vor allem der jeweilige Betriebstyp und die raumstrukturelle Situation am vorgesehenen Standort von Bedeutung.

4 Gemeindliche Planung

4.1 Gemeindliche Einzelhandelskonzepte

Bei der Steuerung der Einzelhandelsentwicklung kommt den Gemeinden eine entscheidende Rolle zu. Mit der Aufstellung von gemeindlichen Einzelhandelskonzepten und der planungsrechtlichen Absicherung dieser Konzepte durch Bauleitpläne können die Gemeinden die Entwicklung ihrer Zentren und Nebenzentren unterstützen und für eine ausgewogene Versorgung sorgen. Vorhandene regionale Einzelhandelskonzepte sind dabei zu berücksichtigen. Einzelhandelskonzepte schaffen einerseits eine Orientierungs- und Beurteilungsgrundlage für die Bauleitplanung und die Beurteilung von Vorhaben wie auch andererseits Planungs- und Investitionssicherheit für den Einzelhandel, Investoren und Grundstückseigentümer. Einzelhandels- und Verkehrskonzepte müssen Hand in Hand gehen. Sie sind Bestandteil einer integrierten kommunalen Entwicklungsplanung. Der Erschließung von Einzelhandelsstandorten durch den öffentlichen Nahverkehr kommt eine große Bedeutung zu.

In den Einzelhandelskonzepten legen die Gemeinden ihre Entwicklungsziele für den Einzelhandel und die Standorte für die weitere Entwicklung des Einzelhandels fest. Bei der Aufstellung kommunaler Einzelhandelskonzepte ist insbesondere eine Beteiligung der Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskammern und Organisationen des Einzelhandels, der Regionalverbände sowie eine Abstimmung mit den betroffenen Nachbargemeinden im Sinne einer freiwilligen interkommunalen/regionalen Abstimmung zu empfehlen.

Bei der Aufstellung beziehungsweise Änderung von Flächennutzungsplänen muss im Erläuterungsbericht eine Darlegung des Bestandes zentraler Einrichtungen einschließlich Einzelhandelsschwerpunkten und zu deren beabsichtigter Fortentwicklung erfolgen. Dies gehört zu den zentralen Punkten einer vorbereitenden Bauleitplanung. Im Erläuterungsbericht kann insoweit auf eine vorhandene Einzelhandelskonzeption Bezug genommen werden. Bei den Darlegungen ist auch auf noch vorhandene ältere Bebauungspläne, denen eine frühere Fassung der Baunutzungsverordnung zugrunde liegt, nach der Einzelhandelsgroßprojekte in Gewerbegebieten und Industriegebieten zulässig sind, einzugehen (vgl. Nr. 4.3). Soll ausnahmsweise eine umgehende Umstellung solcher älterer Bebauungspläne auf die BauNVO 1990 nicht erfolgen, ist dies ausführlich zu begründen. Ohne ausreichende Thematisierung der Steuerung der zentralen Einrichtungen, namentlich der Einzelhandelsgroßprojekte, ist dem Flächennutzungsplan die Genehmigung zu versagen, da er der Grundanforderung, für das ganze Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen in den Grundzügen darzustellen, nicht gerecht wird.

4.2 Bauleitplanung

4.2.1 Anpassung der Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung

Gemäß § 1 Abs. 4 BauGB sind die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen. Dementsprechend sind Ziele der Raumordnung für die Bauleitplanung unmittelbar bindende Vorgaben und nicht Gegenstand der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB.

4.2.2 Darstellung im Flächennutzungsplan

Wegen der städtebaulichen Bedeutung von Vorhaben nach § 11 Abs. 3 BauNVO sollten außerhalb der eigentlichen Ortskerne mit zentralen Funktionen beabsichtigte Kerngebiete bereits im Flächennutzungsplan als solche dargestellt werden. Bei der allgemeinen Zweckbestimmung des Kerngebiets, neben Handelsbetrieben die zentralen Einrichtungen von Wirtschaft, Verwaltung und Kultur aufzunehmen, wird aber regelmäßig die Darstellung von Kerngebieten in peripherer Lage nicht vertretbar sein. Ebensowenig dürfte in derartigen Lagen die Entwicklung eines Bebauungsplans mit der Festsetzung Kerngebiet aus einer im Flächennutzungsplan dargestellten gewerblichen Baufläche oder gemischten Baufläche zulässig sein.

Bei der Darstellung eines Sondergebiets nach § 11 Abs. 3 BauNVO sollte neben der erforderlichen Zweckbestimmung (zum Beispiel "Sondergebiet - großflächige Einzelhandelsbetriebe") auch schon die Geschossfläche nach § 16 Abs. 1 BauNVO im Flächennutzungsplan dargestellt werden. Nur so können die Auswirkungen zulässiger Vorhaben sicher beurteilt werden. Zur besseren Beurteilung ist außerdem eine weitere Konkretisierung der Zweckbestimmung (zum Beispiel Möbelmarkt) zu empfehlen.

4.2.3 Festsetzung im Bebauungsplan

4.2.3.1 Festsetzung "Kerngebiet"

Die Festsetzung eines Kerngebiets, das lediglich dazu dienen soll, anstelle eines an sich erforderlichen Sondergebiets Vorhaben nach § 11 Abs. 3 BauNVO aufzunehmen, ohne sonstige für das Kerngebiet typische Funktionen zu übernehmen, ist eine Umgehung der Vorschriften der §§ 7 und 11 Abs. 3 BauNVO und daher unzulässig. Bei Festsetzung von Kerngebieten außerhalb der vorhandenen Zentren oder Nebenzentren sowie in kleineren Gemeinden ist zu prüfen, ob eine Einschränkung der Einzelhandelsnutzung auf eine bestimmte Größenordnung vorgesehen werden muss.

4.2.3.2 Festsetzung "Sondergebiet"

Für Sondergebiete muss die Zweckbestimmung speziell festgesetzt werden. Während die Baunutzungsverordnung bei den übrigen Baugebieten der §§ 2 bis 9 die Zweckbestimmung des Gebiets und die zulässige Art der Nutzung selbst festlegt, müssen die Regelungen bei Sondergebieten im Bebauungsplan getroffen werden. Neben der Angabe der Zweckbestimmung (SO-Gebiet für großflächige Einzelhandelsbetriebe) ist die Festsetzung der Art der Nutzung, d. h. der einzeln aufzuführenden zulässigen Anlagen, unerlässlich. Danach sind insbesondere die Verkaufsflächen, das Sortiment sowie die Begrenzung des Randsortiments nach Art und Umfang im Einzelnen festzusetzen (Nr. 2.2.5). Wenn sich aus einer entsprechenden Begründung das städtebauliche Erfordernis ergibt, kann die höchstzulässige Verkaufsfläche als Gesamtverkaufsfläche des Sondergebiets oder Verkaufsfläche einzelner Handelsbetriebe oder Branchen ohne Bindung an vorgegebene Anlagentypen festgesetzt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 1990 - 4 C 36.87 -, NVwZ 1990, S. 1071 = BauR 1990, S. 569 = DVBl 1990, S. 1108).

4.2.3.3 Beschränkung des Einzelhandels in sonstigen Baugebieten

Bei Festsetzungen von Baugebieten, insbesondere von Mischgebieten und Gewerbegebieten, ist zu prüfen, ob im Hinblick auf eine unerwünschte Agglomeration von Einzelhandelsbetrieben (Nr. 2.3.3) oder zum Schutz zentraler Versorgungsbereiche gegebenenfalls eine Einschränkung der Einzelhandelsnutzung vorgesehen werden muss. So können nach § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO bei Vorliegen besonderer städtebaulicher Gründe bestimmte Arten an sich zulässiger Nutzungen und baulicher Anlagen ausgeschlossen beziehungsweise eingeschränkt werden. Festsetzungen, die auf die Größe von Anlagen abstellen (hier: Verkaufsfläche von Handelsbetrieben), sind jedoch nur zulässig, wenn dadurch bestimmte Arten von baulichen oder sonstigen Anlagen (Anlagetypen) - gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse in der Gemeinde - zutreffend gekennzeichnet werden (BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C 77.84 -, BauR 1987, S. 524 = DVBl 1987, S. 1004 = DÖV 1987, S. 1011). Weiterhin kann beispielsweise die Einzelhandelsnutzung in Gewerbegebieten völlig ausgeschlossen oder nur als Ausnahme vorgesehen werden.

4.2.4 Bestimmungen in der Satzung über den Vorhaben- und Erschließungsplan

Eine Satzung über einen Vorhaben- und Erschließungsplan (vorhabenbezogener Bebauungsplan), die ein Vorhaben mit Auswirkungen des § 11 Abs. 3 BauNVO zum Inhalt hat, ist in der städtebaulichen Einbindung wie ein entsprechendes Sondergebiet zu behandeln. Die Ausführungen zur Darstellung von Sondergebieten im Flächennutzungsplan beziehungsweise Festsetzung im Bebauungsplan gelten somit entsprechend.

Werden mit der festgesetzten Einzelhandelsnutzung andere zentrenrelevante Nutzungen wie zum Beispiel Einrichtungen im Bereich von Freizeit und Unterhaltung, Gastronomie, Kultur und dergleichen verbunden, sind auch insoweit die Auswirkungen im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO zu berücksichtigen. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 1 Abs. 5 und 6 BauGB. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan kann demnach unzulässig sein, auch wenn eine Bindung an die Baunutzungsverordnung nicht besteht.

4.2.5 Beteiligung der benachbarten Gemeinden ( § 2 Abs. 2 BauGB)

Wegen des häufig über die Gemeindegrenzen hinausgehenden Einzugsgebietes von Einzelhandelsgroßbetrieben sind alle Gemeinden zu beteiligen, die von den Auswirkungen betroffen sein können. Dies gilt auch dann, wenn Gemeinden in einem anderen Bundesland liegen. Für die (materielle) gemeindenachbarliche Abstimmungspflicht kommt es nicht auf ein unmittelbares Angrenzen der Gemeinde an (BVerwG, Beschluss vom 9. Januar 1995 - 4 NB 42.94 -, DÖV 1995, S. 820).

4.2.6 Beteiligung der Träger öffentlicher Belange ( § 4 BauGB)

Bei der Planung von Einzelhandelsgroßprojekten kommt neben den Regierungspräsidien als höheren Raumordnungsbehörden und den Regionalverbänden den Industrie- und Handelskammern sowie den Handwerkskammern als zu beteiligenden Trägern öffentlicher Belange besondere Bedeutung zu. Sie sind möglichst frühzeitig in das Planverfahren einzuschalten.

Bei Planungen im Zusammenhang mit Einzelhandelsnutzungen kann es fachlich geboten sein, außerhalb der förmlichen Beteiligung der Träger öffentlicher Belange zusätzlich die Einzelhandelsverbände um Stellungnahme zu bitten.

4.2.7 Planungserfordernis, Abwägungsgebot

Bei der Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten wird der Flächenbedarf der Vorhaben und das Koordinationsbedürfnis der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange in der Regel eine förmliche Bauleitplanung erfordern ( § 1 Abs. 3 BauGB). Der Nachweis der Erforderlichkeit der Planung muss deren mögliche Auswirkungen im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO, insbesondere auf die infrastrukturelle Ausstattung der vorhandenen Zentren und Nebenzentren sowohl der planenden als auch der Nachbargemeinden, erkennen lassen.

Die Abwägung der öffentlichen und privaten Belange kann bei der Ansiedlung von Einzelhandelsgroßbetrieben unter Umständen fehlerhaft sein, wenn die Ansiedlung solcher Betriebe zu wesentlichen Beeinträchtigungen ausgewogener Strukturen führt oder nur einzelnen Bevölkerungsgruppen zugute kommt. Dies kann zum Beispiel bei einer einseitigen Bevorzugung der Bevölkerungsgruppen, die sich des Individualverkehrs bedienen, der Fall sein.

4.2.8 Umweltverträglichkeitsprüfung

Für Einzelhandelsgroßprojekte ist in der Regel ein Raumordnungsverfahren mit integrierter raumordnerischer Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ( § 13 LplG i.V. m. § 1 Satz 3 Nr. 19 RoV). Daneben unterliegen Bebauungspläne, die für die Errichtung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO ab einer Geschossfläche von 5.000 m2 aufgestellt werden, der (allgemeinen) Umweltverträglichkeitsprüfung ( § 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung i.V. m. Nummer 18 der Anlage zu § 3).

Der von der Bundesregierung vorgelegte "Entwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz" sieht für Bebauungspläne, die im bisherigen Außenbereich für die Errichtung von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO aufgestellt werden, bei einer zulässigen Geschossfläche von 5.000 m2 oder mehr eine Umweltverträglichkeitsprüfung generell und bei einer zulässigen Geschossfläche von 1.200 m2 bis weniger als 5.000 m2 dann vor, wenn eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls die UVP-Pflicht ergibt; darüber hinaus sind auch solche Bebauungspläne UVP-pflichtig, die für Einzelhandelsgroßprojekte mit einer zulässigen Geschossfläche von 1.200 m2 oder mehr in sonstigen Gebieten aufgestellt werden, wenn eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls die Umweltverträglichkeitsprüfungspflicht ergibt (vgl. Bundesratsdrucksache 674/00, Stand 10. November 2000). Das weitere Gesetzgebungsverfahren bleibt insoweit abzuwarten.

Falls ein Raumordnungsverfahren mit integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird, führt dies zu einer Entlastung der Umweltverträglichkeitsprüfung im anschließenden Bebauungsplanverfahren. Umweltauswirkungen, die bereits im Raumordnungsverfahren geprüft wurden, müssen im Bebauungsplanverfahren nicht erneut geprüft werden. Die Umweltverträglichkeitsprüfung im Raumordnungsverfahren soll sich auf raumbedeutsame überörtliche Umweltaspekte beschränken. Welche Umweltauswirkungen im konkreten Einzelfall als raumbedeutsam einzustufen sind, ist bei der Erarbeitung des Untersuchungsrahmens im Raumordnungsverfahren festzulegen.

4.3 Überprüfung und Anpassung älterer Bebauungspläne

4.3.1 Planungserfordernis und Änderung älterer Bebauungspläne

Im Geltungsbereich von Bebauungsplänen, die noch aufgrund der BauNVO 1962 und 1968 aufgestellt wurden, sind Vorhaben im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO gegebenenfalls uneingeschränkt zulässig. Sind solche Vorhaben im Hinblick auf ihre Auswirkungen dort raumordnerisch oder städtebaulich nicht vertretbar, so kann eine weitere Fehlentwicklung nur durch eine Änderung der Bebauungspläne im Wege der Umstellung auf die BauNVO 1990 verhindert werden. Dies gilt insbesondere für Industrie- und Gewerbegebiete. In diesen Fällen ergibt sich somit ein Planungserfordernis und damit eine Planungspflicht der Gemeinde im Sinne von § 1 Abs. 3 i.V. m. § 2 Abs. 4 BauGB. Die zeit- und sachgerechte Erfüllung dieser gesetzlichen Aufgabe ist von den Aufsichtsbehörden zu überwachen und gegebenenfalls im Aufsichtsweg durchzusetzen.

Die Änderung der Bebauungspläne kann nicht im vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB duschgeführt werden. In der Regel genügt eine textliche Planänderung, auch soweit damit zusätzlich die Instrumente des § 1 Abs. 4, 5 und 9 BauNVO angewendet werden sollen. Eine pauschale Änderung mehrerer Bebauungspläne ohne individuelle Begründung für den einzelnen Plan ist im Hinblick auf die insoweit restriktive Rechtsprechung nicht unbedenklich, es sei denn, sie träfe auf alle geänderten Bebauungspläne in gleichem Maße zu. Bebauungspläne sollten jeweils nicht nur in räumlichen Teilbereichen des Plans auf die BauNVO 1990 umgestellt werden. Die Änderung kann sich jedoch gegebenenfalls auf die Festsetzung der Art der baulichen Nutzung beschränken. Zur Sicherung der Planung empfiehlt sich der Erlass einer Veränderungssperre oder die Zurückstellung kritischer Baugesuche.

4.3.2 Entschädigung bei Änderung oder Aufhebung einer zulässigen Nutzung

Die Änderung von Bebauungsplänen kann zu Entschädigungsansprüchen nach §§ 42 ff. BauGB führen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die durch die Änderung ausgeschlossene Nutzung bisher zulässig war und durch die Aufhebung der zulässigen Nutzung eine nicht nur unwesentliche Wertminderung des Grundstücks eintritt. Der Bebauungsplan muss formell und materiell rechtsgültig sein; nach § 30 BauGB muss die Erschließung rechtlich und tatsächlich gesichert sein. Entschädigungsansprüche gegen die Gemeinde könnten sich danach nur ergeben, wenn vor der Änderung des Bebauungsplans und damit dem Ausschluss von Einzelhandelsgroßbetrieben eine den Erfordernissen des Zu- und Abgangsverkehrs dieser Einrichtungen entsprechende Erschließung gesichert war. Von einer nicht nur unwesentlichen Wertminderung von Grundstücken ist nur dann auszugehen, wenn in dem Gebiet oder für bestimmte Flächen im Hinblick auf die Zulässigkeit dieser Anlagen bei vorhandener Erschließung bereits ein Verkehrswert entstanden ist, der erheblich über dem Verkehrswert vergleichbarer Gewerbegebiete und Industriegebiete liegt, in denen die Ansiedlung von Einzelhandelsgroßbetrieben nicht möglich ist. Auf die Gewinnerwartung des einzelnen Grundstückseigentümers und auf seine persönlichen Nutzungsvorstellungen kommt es nicht an.

Nach Ablauf der in § 42 Abs. 2 BauGB bezeichneten Frist von sieben Jahren ab Zulässigkeit kann ein Entschädigungsanspruch infolge Planänderung nach § 42 Abs. 3 BauGB nur noch für Eingriffe in die tatsächlich ausgeübte Nutzung des Grundstücks geltend gemacht werden. Die Höhe der Entschädigung beim Grundstückswert bemisst sich nach dem Unterschied zwischen dem Wert des Grundstücks aufgrund der ausgeübten Nutzung und seinem Wert nach der Planänderung. Insbesondere bei Bebauungsplänen auf der Grundlage der BauNVO 1962 und 1968 ist diese Frist von sieben Jahren in der Regel seit langem abgelaufen.

5 Baurechtliche Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall

5.1 Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans ( § 30 BauGB)

Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans im Sinne von § 30 Abs. 1 BauGB (qualifizierter Bebauungsplan) ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist. Das gleiche gilt für Vorhaben im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans ( § 30 Abs. 2 BauGB).

Im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans ( § 30 Abs. 3 BauGB) richtet sich die Zulässigkeit des Vorhabens im Übrigen nach § 34 BauGB (Nr. 5.2.4) oder § 35 BauGB (Nr. 5.3).

Ist ein Baugebiet festgesetzt, ist § 15 BauNVO zu beachten (Nr. 5.1.5).

Die zulässige Art der baulichen Nutzung ist in den Bebauungsplänen durch Baugebiete nach der Baunutzungsverordnung festgesetzt. Der jeweils festgesetzte Baugebietstyp der Baunutzungsverordnung findet damit Eingang in den Bebauungsplan ( § 1 Abs. 3 BauNVO). Dem Bebauungsplan ist jeweils die Fassung der Baunutzungsverordnung zugrunde zu legen, die am ersten Tag der öffentlichen Auslegung des Bebauungsplansentwurfs in Kraft war (vgl. §§ 25 bis 25c BauNVO).

Die einzelnen Fassungen der Baunutzungsverordnung sind wie folgt in Kraft getreten:

5.1.1 Bebauungspläne auf der Grundlage der BauNVO 1986/BauNVO 1990

Einzelhandelsbetriebe im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Für sie gilt die Vermutungsgrenze von 1.200 m2 Geschossfläche.

5.1.2 Bebauungspläne auf der Grundlage der BauNVO 1977

Einzelhandelsbetriebe im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. In anderen Baugebieten sind sie daher unzulässig. Für sie gilt die Vermutungsgrenze von 1.500 m2 Geschossfläche. § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO 1986 findet auch auf Bebauungspläne auf der Grundlage des § 11 Abs. 3 BauNVO 1977 entsprechende Anwendung ( § 25b BauNVO).

Der Begriff des "Verbrauchermarkts" entspricht im wesentlichen dem des großflächigen Einzelhandelsbetriebs in den neueren Fassungen der Baunutzungsverordnung ab 1977, in den er aufgegangen ist.

5.1.3 Bebauungspläne auf der Grundlage der BauNVO 1968

Im Geltungsbereich von Bebauungsplänen, denen die BauNVO 1968 zugrunde liegt, sind Einkaufszentren und Verbrauchermärkte, die nach Lage, Umfang und Zweckbestimmung vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung dienen sollen (mehr als 50 % des erwarteten Umsatzes außerhalb der Gemeinde), außer in Kerngebieten nur in den für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig ( § 11 Abs. 3 BauNVO 1968). Einkaufszentren und Verbrauchermärkte, die nicht vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung dienen, sind demnach als Einzelhandels- oder Gewerbebetriebe auch in anderen Baugebieten nach der BauNVO 1968, insbesondere in Mischgebieten, Gewerbegebieten und Industriegebieten zulässig.

Zur Beurteilung der Frage, ob ein Vorhaben vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung dienen soll oder wird, ist im Zweifelsfall (insbesondere bei Vorhaben mit mehr als 1.200 m2 Geschossfläche) ein neutrales Fachgutachten einzuholen.

5.1.4 Bebauungspläne auf der Grundlage der BauNVO 1962

Im Geltungsbereich von Bebauungsplänen, denen die BauNVO 1962 zugrunde liegt, sind Handelsbetriebe aller Art in Mischgebieten, Kerngebieten, Gewerbegebieten und Industriegebieten zulässig.

5.1.5 Zulässigkeitsbeschränkung durch § 15 BauNVO

§ 15 BauNVO ist in der im Baugenehmigungsverfahren gültigen Fassung der Baunutzungsverordnung auf alle nach der Baunutzungsverordnung festgesetzten Baugebiete anzuwenden. Dies gilt unabhängig davon, welche Fassung der Baunutzungsverordnung dem Bebauungsplan zugrunde zu legen ist.

Vorhaben im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO sind demnach im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden. Die durch § 15 BauNVO geschützte maßgebliche Umgebung auch außerhalb des Baugebiets reicht nur so weit, wie unmittelbare Wirkungen eines Vorhabens die Nutzung anderer Grundstücke in baurechtlicher Hinsicht beeinträchtigen können. Eine Verschlechterung der Wirtschaftlichkeit der in der maßgeblichen Umgebung oder in einzelnen Stadtteilzentren ausgeübten Einzelhandelsnutzung kann durch Anwendung des § 15 BauNVO nicht verhindert werden. "Fernwirkungen" finden daher im Rahmen des § 15 BauNVO keine Berücksichtigung.

Unzumutbare Belästigungen oder Störungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO können jedoch beispielsweise darin bestehen, dass ein hohes Verkehrsaufkommen die öffentlichen Straßen in der maßgeblichen Umgebung ungewöhnlich belastet, so dass der Zu- und Anlieferungsverkehr anderer Grundstücke erheblich behindert wird oder Wohngrundstücke durch Immissionen stark beeinträchtigt werden. Die Eigenart eines Baugebiets ( § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) lässt sich einerseits unmittelbar anhand der Festsetzungen des Bebauungsplans sowie aus der bereits vorhandenen und zugelassenen Bebauung feststellen. So können zum Beispiel auch Festsetzungen über die Verkaufsfläche die Eigenart des Baugebiets wesentlich mitbestimmen. Weiterer Aufschluss kann sich aus der Begründung zum Bebauungsplan ergeben. Aus ihr kann beispielsweise hervorgehen, dass der Bebauungsplan der Ansiedlung von Betrieben des produzierenden Gewerbes dienen soll, die aus der Innenstadt verlagert werden sollen.

Kleinere Betriebe, die im Einzelnen keine, in der Ansammlung mit anderen kleinen Betrieben aber Auswirkungen im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO hervorrufen, können im Einzelfall nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO unzulässig sein, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen, zum Beispiel wenn sich in einem Mischgebiet ein Einkaufszentrum oder ein Gebiet für Einzelhandelsgroßbetriebe entwickelt. In einem Mischgebiet allgemein zulässige Einzelhandelsbetriebe können im Einzelfall nach Anzahl und Umfang der Eigenart des Baugebiets widersprechen, weil im selben Gebiet bereits Einzelhandelsbetriebe zugelassen worden sind und das gebotene quantitative Mischungsverhältnis von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe durch die Zulassung eines weiteren Betriebs gestört würde (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Mai 1988 - 4C 34.86 -, BauR 1988, S. 440).

5.2 Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ( § 34 BauGB)

5.2.1 Allgemeines

Die planungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO im unbeplanten Innenbereich ist unterschiedlich zu beurteilen, und zwar

Zulässigkeitsvoraussetzung für die Vorhaben in allen Bereichen ist die gesicherte Erschließung (Nr. 5.2.5).

5.2.2 Zulässigkeit nach § 34 Abs. 1 BauGB

Ein Vorhaben ist zulässig, wenn es sich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Ein Vorhaben fügt sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und zu überbauenden Grundstücksfläche immer dann ein, wenn es sich innerhalb des sich aus der näheren Umgebung ergebenden Rahmens hält, also in der näheren Umgebung bereits vorhanden ist. Sind großflächige Einzelhandelsbetriebe dort noch nicht vorhanden, fällt ein derartiges Vorhaben aus dem Rahmen. Auch ein aus dem Rahmen fallendes Vorhaben kann sich dennoch einfügen, wenn es im Verhältnis zu seiner näheren Umgebung keine bewältigungsbedürftigen Spannungen erzeugt oder vorhandene Spannungen verstärkt. Großflächige Einzelhandelsbetriebe werden in der Regel Spannungen erzeugen oder vorhandene Spannungen verstärken. Eine Spannungsverstärkung ist zum Beispiel auch darin zu sehen, dass der durch das Vorhaben bedingte stärkere Zu- und Abfahrtsverkehr bisher ruhige Wohnstraßen durch Lärm und Abgase belastet oder dass das vorhandene Straßennetz überlastet wird.

Maßgeblich bei Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB ist die Berücksichtigung nur der "näheren Umgebung". Zu beachten ist, dass die nach § 11 Abs. 3 BauNVO zu berücksichtigenden landesplanerischen und städtebaulichen Auswirkungen (vgl. Nrn. 2.3 und 2.3.1) regelmäßig weit über die nähere Umgebung hinausreichen. Derartige "Fernwirkungen" bleiben jedoch bei der Beurteilung des Einfügens außer Betracht.

5.2.3 Zulässigkeit nach § 34 Abs. 2 BauGB

In diesem Fall ist hinsichtlich der Beurteilung der Art der Nutzung die Baunutzungsverordnung (hier § 11 Abs. 3) unmittelbar anzuwenden. Ist die nähere Umgebung als Misch-, Gewerbe- oder Industriegebiet einzuordnen, ist ein Vorhaben, das die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 BauNVO erfüllt, unzulässig. Bei dieser Beurteilung sind auch die landesplanerischen und städtebaulichen Auswirkungen zu berücksichtigen, die räumlich über die nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgebliche nähere Umgebung hinausgehen (Fernwirkungen). Ein Vorhaben im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO ist nur zulässig in einem Gebiet, das als Kerngebiet oder Sondergebiet "großflächiger Einzelhandel" einzustufen ist. Hinsichtlich der Beurteilung des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche ist darüber hinaus auch die Prüfung nach § 34 Abs. 1 BauGB erforderlich (Nr. 5.2.2).

5.2.4 Mit einfachem Bebauungsplan

Liegt ein einfacher Bebauungsplan ( § 30 Abs. 3 BauGB) vor, so sind Handelsbetriebe aller Art nur zulässig, wenn sie dessen Festsetzungen nicht widersprechen; insoweit gelten die Nummern 5.1 bis 5.1.4 entsprechend. Im Übrigen ist das Vorhaben nach § 34 Abs. 1 BauGB (Nr. 5.2.2) oder nach § 34 Abs. 2 BauGB (Nr. 5.2.3) zu beurteilen.

5.2.5 Gesicherte Erschließung

Zur gesicherten Erschließung gehören bei Einzelhandelsgroßprojekten insbesondere der verkehrsgerechte Anschluss an eine leistungsfähige öffentliche Straße mit einwandfreien Grundstücksein- und - ausfahrten sowie gegebenenfalls mit zusätzlichen Ein- und Ausfädelungsstreifen auf der öffentlichen Straße. Außerdem ist in der Regel ein leistungsfähiger Anschluss an das öffentliche Nahverkehrsnetz erforderlich. Die Erschließung ist mit den zuständigen Straßenbaubehörden sowie dem Träger des ÖPNV abzustimmen.

5.3 Im Außenbereich

Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO gehören nicht zu den nach § 35 Abs. 1 BauGB für den Außenbereich privilegierten Vorhaben. Sie können wegen ihres Umfangs und wegen der Beeinträchtigung öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB im Außenbereich ohne bauplanungsrechtliche Festsetzungen nicht zugelassen werden. Dies gilt auch, wenn und soweit in einem Flächennutzungsplan Bauflächen dargestellt sind, die durch Bebauungspläne als Kerngebiete oder als Sondergebiete im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO ausgewiesen werden könnten.

5.4 Nutzungsänderungen und Erweiterungen

Nutzungsänderungen und Erweiterungen sind genehmigungsbedürftig. Für sie gelten die Nummern 5.1 bis 5.3 sowie 5.5 entsprechend.

Eine Nutzungsänderung liegt auch vor, wenn ein Großhandelsbetrieb ganz oder teilweise auf Einzelhandel umstellt (Nr. 2.2.3). Der Bestandsschutz des Großhandels deckt nicht die Fortführung des Betriebs als (Teil-) Einzelhandel. Das Gleiche gilt, wenn ein in der Baugenehmigung festgeschriebenes Sortiment umgestellt beziehungsweise geändert wird oder wenn ein neues Sortiment hinzukommt.

Eine Erweiterung liegt bei einer Vergrößerung der Geschossfläche oder der Verkaufsfläche vor. Bei Erweiterungen sind für die Beurteilung der Zulässigkeit die Auswirkungen der gesamten Anlage zugrunde zu legen. Das Gleiche gilt, wenn anstelle eines größeren Handelsbetriebs mehrere kleinere Handelsbetriebe von jeweils nicht wesentlich unter 1.200 m2 Geschossfläche in räumlicher Nähe und zeitlichem Zusammenhang beantragt werden. Besonderes Augenmerk ist auf eine etwaige Zusammenlegung derartiger Betriebe zu legen, weil dies gegebenenfalls eine Nutzungsänderung oder Erweiterung darstellt.

5.5 Behandlung von Bauanträgen

5.5.1 Antragsunterlagen

Antragsunterlagen für Einzelhandelsbetriebe und sonstige Handelsbetriebe müssen die Art des Betriebs (Einzelhandel, Großhandel), die Geschossfläche, die Verkaufsfläche (Nr. 2.2.4) und die vorgesehenen Sortimente (Nr. 2.2.5), gegliedert nach der Größe der Verkaufsfläche, klar und eindeutig erkennen lassen. Liegen hierzu keine klaren Angaben vor, kann eine Baugenehmigung wegen Unmöglichkeit der Prüfung nach § 11 Abs. 3 BauNVO nicht erteilt werden.

Bei Anträgen für Großhandelsbetriebe ist darzulegen, inwieweit durch geeignete organisatorische Maßnahmen sichergestellt wird, dass der Handel mit dem letzten Verbraucher weitestgehend unterbunden wird (Nr. 2.2.3).

5.5.2 Festschreibung in der Baugenehmigung

In der Baugenehmigung sind die Betriebsarten (Einzel-, Großhandel), die Größe der Verkaufsfläche sowie Art und Umfang beziehungsweise die absolute Größe des Sortiments (nach m2 oder Anteil) festzuschreiben, wenn es sich aus entsprechenden Festsetzungen des Bebauungsplans oder in Anwendung von § 11 Abs. 3 BauNVO ergibt.

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Zentren- und nahversorgungsrelevante Sortimente Anlage

Anhaltspunkte für die Zentrenrelevanz von Einzelhandelssortimenten ergeben sich aus dem vorhandenen Angebotsbestand in den gewachsenen Zentren in Verbindung mit städtebaulichen Kriterien.

Als zentrenrelevante Sortimente gelten:

Nahversorgungs- (gegebenenfalls auch zentren-) relevante Sortimentsgruppen

In der Regel zentrenrelevante Sortimente

Ergänzungen zum Einzelhandelserlass

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) und der VGH Baden-Württemberg haben mit ihren Urteilen vom 24.11.2005 und 22.09.2005 neue Auslegungen zu Fragen des großflächigen Einzelhandels getroffen, weshalb angesichts ihrer grundsätzlichen Ausführungen einzelne Darstellungen im Einzelhandelserlass vom 21. Februar 2001 als überholt angesehen werden müssen. Im einzelnen gilt folgendes:

1. Großflächigkeit von Einzelhandelsbetrieben nach § 11 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO

Während die Großflächigkeit nach der früheren Rechtsprechung bei etwa 700 m² Verkaufsfläche begonnen hat, sind Einzelhandelsbetriebe nunmehr dann als großflächig im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO anzusehen, wenn sie eine Verkaufsfläche von 800 m² überschreiten (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.05 - 4 C 10.04 -, UPR 2006, 150 = DVBl 2006, 448 = ZfBR 2006, 247; BVerwG, Urt. v. 24.11.05 - 4 C 14.04 -, UPR 2006, 154 = DVBl 2006, 452 = ZfBR 2006, 250; BVerwG, Urt. v. 24.11.05 - 4 C 8.05 -, UPR 2006, 156 = ZfBR 2006, 253 und BVerwG, Urt. v. 24.11.05 - 4 C 3.05 -; alle Urteile können auch unter www.bundesverwaltungsgericht.de abgerufen werden).

Die an der früheren Rechtsprechung orientierten Ausführungen zur Großflächigkeit von Einzelhandelsbetrieben in Ziff. 2.2.2 des Einzelhandelserlasses können deshalb keine Geltung mehr beanspruchen.

Das BVerwG hat in seinen Urteilen gleichzeitig klargestellt, dass bei der Berechnung der Verkaufsfläche auch die Thekenbereiche, die vom Kunden nicht betreten werden dürfen, der Kassenvorraum (einschließlich eines Bereichs zum Einpacken der Ware und Entsorgen des Verpackungsmaterials) sowie ein Windfang einzubeziehen sind.

2. Agglomeration, Funktionseinheit im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO

Im Einzelhandelserlass wird (gestützt auf die frühere Rechtsprechung des BVerwG und des VGH Bad.-Württ.) ausgeführt, dass mehrere an sich selbständige nicht großflächige Einzelhandelsbetriebe als ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO angesehen werden können, wenn diese Betriebe aufgrund eines gemeinsamen Nutzungskonzepts eine Funktionseinheit bilden (vgl. Ziff. 2.2.2, 2.3.3 und 5.4).

Der VGH Bad.-Württ. hat in seinem Urteil vom 22.09.2005 (3 S 1061/04 -, ZfBR 2006, 55) eine solche Agglomeration abgelehnt mit der Begründung, der ausdrückliche Wortlaut des § 11 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO stelle für die Frage der Großflächigkeit auf den jeweiligen Einzelhandelsbetrieb ab und lasse für eine Zusammenrechnung der Verkaufsflächen verschiedener Betriebe keinen Raum.

Diesen Grundsatz hat das BVerwG in seinen Urteilen vom 24.11.2005 (4 C 14.04, 4 C 8.05 und 4 C 3.05) bekräftigt. Die Verkaufsflächen baulich und funktionell eigenständiger Betriebe können danach grundsätzlich nicht unter dem Gesichtspunkt der Funktionseinheit zusammengerechnet werden. Von diesem Agglomerationsverbot lässt das BVerwG für den Fall eines "Nebenbetriebs" unter sehr engen Voraussetzungen eine Ausnahme zu: Ist innerhalb eines Gebäudes die Betriebsfläche baulich in mehrere selbständig nutzbare betriebliche Einheiten unterteilt, bilden diese Einheiten gleichwohl einen Einzelhandelsbetrieb, wenn die Gesamtfläche durch einen Betrieb als Hauptbetrieb geprägt wird und auf den baulich abgetrennten Flächen zu dessen Warenangebot als Nebenleistung ein Warenangebot hinzutritt, das in einem inneren Zusammenhang mit der Hauptleistung steht, diese jedoch nur abrundet und von untergeordneter Bedeutung bleibt (Beispiel: flächenmäßig untergeordneter Backshop als Nebenbetrieb zu einem Lebensmittelmarkt).

Aufgrund dieser Rechtsprechung ist für die Annahme einer Funktionseinheit bei mehreren selbständigen Einzelhandelsbetrieben - abgesehen von der oben genannten Ausnahmekonstellation des Nebenbetriebs - im Hinblick auf § 11 Abs. 3 BauNVO kein Raum mehr.

3. Erhöhte Bedeutung der Auswirkungen nach § 11 Abs. 3 Satz 2 bis 4 BauNVO

Nach Auffassung des BVerwG (BVerwG, Urt. v. 24.11.05 - 4 C 10.04 -) kommt dem Gesichtspunkt der Auswirkungen nach § 11 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nunmehr eine erhöhte Bedeutung zu, da sich der Typus des der wohnungsnahen Versorgung dienenden Einzelhandelsbetriebs häufig nicht mehr allein anhand der Großflächigkeit bestimmen lasse. Bei der Prüfung der Auswirkungen sind insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, das Warenangebot und der Einzugsbereich des Betriebs sowie der Umfang des zusätzlichen Verkehrs zu berücksichtigen. Anstelle einer schematischen Handhabung des Schwellenwerts von1200 m² Geschossfläche ist eine Entscheidung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls zu treffen. Dabei bleibt es bei der schon bisher angenommenen Verteilung der Darlegungslast, wonach unterhalb des Schwellenwerts die Genehmigungsbehörde für die Möglichkeit derartiger Auswirkungen darlegungspflichtig ist, während bei Betrieben oberhalb dieser Größe der Bauantragsteller die Darlegungslast für das Fehlen solcher Auswirkungen trägt.

Die Regierungspräsidien, unteren Baurechtsbehörden und Gemeinden sowie die Regionalverbände wurden mit Erlassen des Innenministeriums vom 13.06.2006 (Az.: 6-2500.4/7) und des Wirtschaftsministeriums vom 14.06.2006 (Az.: 5R-4325/69) auf diese veränderte Rechtslage hingewiesen, auf eine förmliche Änderung des Einzelhandelserlasses wurde in diesem Zusammenhang verzichtet

ENDE

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