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Regelwerk, Bau und Planung

Vollz BekThürBO - Bekanntmachung des Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft zum Vollzug der Thüringer Bauordnung
- Thüringen -

Vom 30. Juli 2018
(ThürStAnz Nr. 34 vom 20.08.2018 S. 1052aufgehoben)



Zur aktuellen Fassung

Siehe Textvergleich der Fassungen 2014/2018

Archiv: Vollz BekThürBO 2014, 2004

0. Vorbemerkung

Zum Vollzug der Thüringer Bauordnung ( ThürBO) vom 13. März 2014 (GVBl. S. 49), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. Juni 2018 (GVBl. S. 297), ergehen die nachfolgenden Vollzugshinweise, die die Bekanntmachung zum Vollzug der Thüringer Bauordnung vom 3. April 2014 (ThürStAnz Nr. 17/2014 S. 475) ersetzen.

Die Bekanntmachung soll den Bauaufsichtsbehörden und sonstigen am Bau Beteiligten die Anwendung der Thüringer Bauordnung erleichtern. Sie ist nicht bindend.

Die Hauptnummern beziehen sich auf die jeweiligen Paragrafen des Gesetzes. Die folgende Ziffer nach dem Punkt bezeichnet den Absatz; hat ein Paragraf nur einen Absatz, werden die Erläuterungen fortlaufend nummeriert. Bei ausgelassenen Hauptnummern besteht zu den betreffenden Paragrafen oder Absätzen kein Erläuterungsbedarf. Die Bezeichnung der Zeilen in den tabellarischen Übersichten erfolgt in numerischer Reihenfolge. Die Bekanntmachung kann nach dem folgenden Beispiel zitiert werden: Nr. 1.2.1 Vollz BekThürBO.

Paragrafen ohne Bezeichnung des Gesetzes sind Paragrafen der Thüringer Bauordnung.

1 Anwendungsbereich ( § 1)

1.2.1 Anlagen des öffentlichen Verkehrs sind z.B. Straßen und Wege, öffentliche Parkplätze, Flugplätze und Bahnanlagen, wenn sie grundsätzlich jedermann im Rahmen der Widmung offenstehen. Zu den Straßen gehören nach § 2 Thüringer Straßengesetz z.B. Lärmschutzanlagen, Brücken und Tunnel, Böschungen und Stützmauern, zum Zubehör Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen, zu den Nebenanlagen z.B. Gerätehöfe und Lagerplätze.

1.2.2 Der Umfang der Bergaufsicht ergibt sich aus § 69 i.V.m. § 2 BbergG. Es gibt keinen Automatismus, wonach alle Anlagen auf dem Betriebsgelände eines Bergbaubetriebs der Bergaufsicht unterliegen. Vielmehr ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob die zu genehmigende Anlage von § 2 Abs. 1 Nr. 3 BBergG erfasst ist.

1.2.3 Leitungen der öffentlichen Versorgung bzw. Abwasserbeseitigung dienen nicht ausschließlich oder ganz überwiegend der Eigenver- oder -entsorgung, sondern stehen einem nicht von vornherein beschränkten Nutzerkreis zur Verfügung. Sie sind ungeachtet ihrer Betriebsform (öffentlich-rechtlich oder zivilrechtlich) von der Geltung der ThürBO ausgenommen.

1.2.4 Ungeachtet der Nichtanwendung der ThürBO auf Krane und Krananlagen können sich aus der Montage solcher Anlagen an Gebäudetragwerken Folgerungen für bautechnische Nachweise der Standsicherheit ergeben.

1.2.5 Messestände in Messe- und Ausstellungsgebäuden sind grundsätzlich von der Anwendung des Gesetzes ausgeschlossen. Sie sind Einrichtungen, die dem allgemeinen Sicherheitsrecht unterliegen. Die Sicherheitsbehörden können sich im Rahmen der Amtshilfe der Fachkenntnis der unteren Bauaufsichtsbehörden bedienen.

1.2.6 Anders als beispielsweise Regale, die im Freien errichtet werden und die nach § 60 Abs. 1 Nr. 15 Buchst. c unter bestimmten Voraussetzungen verfahrensfrei sind, sind Regale und Regalanlagen, die in Gebäuden errichtet werden, keine baulichen Anlagen, sondern Einrichtungsgegenstände. Keine Einrichtungsgegenstände sind Regale, die Teil der Gebäudekonstruktion sind oder Erschließungsfunktion haben. Eine Erschließungsfunktion haben Regale, wenn sie Teil der Rettungswege der baulichen Anlage sind, was wiederum dann der Fall ist, wenn sich Aufenthaltsflächen oder -räume auf den Regalen befinden oder (nur) über Regale erreichbar sind.

1.2.7 Auf Regale und Regalanlagen in Gebäuden findet das Bauordnungsrecht keine Anwendung. Davon unberührt bleibt die Berücksichtigung der Regale und Regalanlagen einschließlich Lagergut beim Nachweis der Standsicherheit (Bemessung der Fundamente und gegebenenfalls der tragenden Bauteile, auf die die Regallasten einwirken) und des Brandschutzes (Brandlasten, Löschmöglichkeiten, Bemessung der Rettungswege).

Die Behandlung von Regalen im Freien als bauliche Anlagen sowie von Regallagern mit einer Oberkante Lagerguthöhe von mehr als 7,50 m als Sonderbau nach § 2 Abs. 4 Nr. 18 bleibt hiervon unberührt.

2 Begriffe ( § 2)

2.1.1 Aufschüttungen und Abgrabungen sind künstliche Veränderungen der vorhandenen Erdoberfläche. Dazu gehört auch die Auffüllung eines Grundstücks durch Bauschutt oder die Anlage einer Terrasse. Eine Baugrube stellt keine selbstständige Abgrabung dar, sondern ist Teil der Bauausführung.

2.1.3 Wochenendplätze sind als Einheit geplante und genehmigte Plätze, die zum Aufstellen oder Errichten von Wochenendhäusern mit einer festzulegenden Grundfläche und Firsthöhe dienen. Die Gebäude dürfen nicht zum dauernden Aufenthalt genutzt werden. Dies gilt auch für nicht ortsveränderlich aufgestellte Wohnwagen und Mobilheime. Spiel- und Sportflächen sind Flächen, die diesen Zwecken gewidmet oder dafür planerisch ausgewiesen sind.

2.1.7 Freizeit- und Vergnügungsparks sind als Gesamtheit bauliche Anlagen, bei denen nach Anlage 1 Nr. 3.1 des Thüringer UVP-Gesetzes nach allgemeiner Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflicht zu entscheiden ist.

2.2 Gebäude sind vereinfacht ausgedrückt alle Anlagen, die ein Dach haben und von Menschen aufrecht betreten werden sowie einen Schutzzweck erfüllen können. Daran fehlt es z.B. bei Windkraftanlagen oder unmittelbar auf Holzstapeln aufgelegten Dachplatten. Gebäude sind selbstständig benutzbar, wenn sie ihre Funktion unabhängig von anderen baulichen Anlagen erfüllen, insbesondere einen eigenen Eingang und - bei mehrgeschossigen Gebäuden - eine eigene notwendige Treppe haben. Nicht selbständig benutzbar sind zum Beispiel Anbauten, die nur vom Innern eines angrenzenden Gebäudes aus betretbar sind. Umgekehrt beeinträchtigen innere Verbindungen zwischen aneinandergebauten Gebäuden nicht deren Selbständigkeit, wenn jedes für sich vom Freien zu seiner Benutzung zugänglich ist. Die Verwendung gemeinsamer Bauteile ist nicht ausgeschlossen (OVG Nordrhein-Westfalen, 16.10.2008, 7 a 3096/07).

2.3.1 Die Gliederung der Gebäude in Gebäudeklassen (GK) ist systematische Grundlage für die Konzeption der Brandschutzanforderungen der Thüringer Bauordnung. Das Kriterium der Gebäudehöhe wird mit der Größe von brandschutzrelevanten Nutzungseinheiten (Zellenbauweise) kombiniert. Die Einstufung in Gebäudeklassen ist unabhängig von der Einstufung als Sonderbau nach Absatz 4. Damit gelten für Sonderbauten die an die Gebäudeklassen anknüpfenden Regelungen, soweit in den Sonderbauverordnungen keine abweichenden Anforderungen gestellt werden. Hochhäuser sind der Gebäudeklasse 5 zuzuordnen und außerdem Sonderbauten nach § 2 Abs. 4 Nr. 1.

2.3.2 Die Einstufung ist teilweise von der Zahl und Größe der Nutzungseinheiten abhängig. Als "Nutzungseinheit" gilt eine in sich abgeschlossene Folge von Aufenthaltsräumen, die einer Person oder einem gemeinschaftlichen Personenkreis zur Benutzung zur Verfügung stehen (z.B. abgeschlossene Wohnungen, Einliegerwohnungen, Büros, Praxen). Der Begriff der Nutzungseinheit setzt aber nicht das Vorhandensein eines Aufenthaltsraums voraus (z.B. reine Lagergebäude).

Die Nutzungseinheit kann auch aus einem Raum bestehen, z.B. Ein-Zimmer-Appartement oder ein Beherbergungsraum in einem Hotel (OVG Nordrhein-Westfalen, 07.07.1997, 10 a 3367/94).

Nutzungseinheiten sind brandschutztechnisch abgegrenzte Einheiten, die gegeneinander geschützt sind und den Feuerwehreinsatz durch räumlich definierte Abschnitte für die Brandbekämpfung begünstigen.

Maßgeblich ist also, ob einzelne Räume oder eine Folge von Räumen baulich so voneinander getrennt sind, dass sie jeweils für sich die für Nutzungseinheiten nach der ThürBO geltenden Anforderungen erfüllen.

Dazu gehören

2.3.3 Ob z.B. ein mehrgeschossiges (Büro-)Gebäude eine oder mehrere Nutzungseinheiten aufweist, hängt nicht davon ab, ob das Gebäude von mehreren Firmen genutzt wird, sondern davon, ob einzelne Räume oder eine Folge von Räumen entsprechend den genannten Anforderungen bautechnisch voneinander getrennt sind. Im Extremfall kann jeder einzelne Büroraum eine eigenständige Nutzungseinheit darstellen, wenn er für sich alle Anforderungen an Nutzungseinheiten erfüllt.

2.3.4 Eine Galerie innerhalb einer Wohnung ist jedenfalls dann kein eigenes Geschoss, wenn sie alle nachstehenden Bedingungen erfüllt:

2.3.5 "Freistehend" sind Gebäude, die nicht aneinandergebaut sind und die untereinander und zu den Nachbargrenzen Abstände einhalten. Aneinandergebaute Gebäude wie Reihen- oder Doppelhäuser sind keine freistehenden Gebäude, auch wenn sie auf einem Grundstück mit seitlichem Grenzabstand errichtet werden. Dies folgt aus dem in Absatz 2 bestimmten Gebäudebegriff (s. Nr. 2.2). Der bauordnungsrechtliche Begriff "freistehend" ist nicht mit dem bauplanungsrechtlichen Begriff "offene Bauweise" ( § 22 Abs. 2 BauNVO) identisch.

Bei Anbau von Garagen oder anderen selbständigen Gebäuden, auch wenn sie nach § 6 Abs. 8 an der Nachbargrenze zulässig sind, entfällt die Eigenschaft freistehend. Werden Gebäude angebaut, die nach § 6 Abs. 8 in den Abstandsflächen zulässig sind, bestehen regelmäßig keine Bedenken, von den dann erhöhten Anforderungen (z.B. nach § § 27, 31, 34) Abweichungen zuzulassen.

2.3.6 Für die Einordnung nach der Höhe ist auf die (fertige) Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Geschosses abzustellen, in dem ein Aufenthaltsraum sowohl möglich als auch zulässig ist.

Aufenthaltsräume sind immer dann möglich, wenn die Mindestvoraussetzungen für Aufenthaltsräume nach § 47 erfüllt sind oder ohne bauaufsichtliches Verfahren geschaffen werden können sowie dann, wenn Aufenthaltsräume durch eine Abweichung nach § 66 zugelassen werden. Sie sind jedenfalls dann möglich, wenn das zu betrachtende Geschoss nach § 92 Abs. 2 ein Vollgeschoss wäre.

Ein Aufenthaltsraum ist nicht zulässig, wenn ungeachtet der technischen Möglichkeit nach den Bauvorlagen eine Nutzung für andere Zwecke vorgesehen ist. Werden entgegen den Angaben in den Bauvorlagen Aufenthaltsräume eingebaut und ändert sich dadurch die Gebäudeklasse, kann dadurch das Gebäude materiell und formell rechtswidrig werden. Das gilt auch, wenn die erforderlichen Ausbaumaßnahmen nach § 60 verfahrensfrei sind.

2.3.7 Ist die oberste Ebene ein reines Technikgeschoss, in dem ein Aufenthaltsraum zwar theoretisch möglich wäre und durch verfahrensfreie Baumaßnahmen auch verwirklicht werden könnte, ist sie gleichwohl bei der Ermittlung der Höhe jedenfalls dann nicht zu berücksichtigen, wenn das Technikgeschoss für die funktionsgerechte Nutzung des Gebäudes erforderlich ist (z.B. bei Krankenhäusern).

2.3.8 Maßgebend für die Ermittlung der Höhe ist seit dem 29. März 2014 nicht mehr die Geländeoberfläche an den zum Anleitern bestimmten Stellen sondern die Geländeoberfläche im Mittel. Bei der Geländeoberfläche ist (anders als bei den Abstandsflächen; vgl. Nr. 6.4.2) auf die nach Fertigstellung des Gebäudes vorhandene Geländeoberfläche abzustellen. Im Verhältnis zum Gebäude geringfügige Abgrabungen vor Außenwänden, z.B. vor Kellerfenstern oder -treppen, sind nicht zu berücksichtigen.

Die Höhe des obersten Aufenthaltsraumfußbodens über der Geländeoberfläche im Mittel ergibt sich bei gleichmäßig ansteigendem Gelände aus dem Mittelwert der Höhen der Eckpunkte aller Seiten des Gebäudes und der Höhe des Fußbodens des höchstgelegenen Aufenthaltsraums. Bei besonderen Geländeverhältnissen oder Gebäudegestaltungen muss eine sinnvolle Aufteilung in Teilabschnitte erfolgen. Bei Gebäuden mit versetzten Geschossen ist nur die oberste Ebene mit möglichen Aufenthaltsräumen zu betrachten.

Anforderungen an die Zugänge und Zufahrten für Fahrzeuge der Feuerwehr ( § 5) und an die Rettungswege ( § 33) bleiben unberührt, da sie auf die tatsächlichen Rettungsmöglichkeiten abstellen.

2.3.9 Bei Gebäudekomplexen mit Teilen unterschiedlicher Höhe ist eine getrennte Einordnung der Gebäudeteile in Gebäudeklassen dann möglich, wenn eine selbstständige Betrachtung der Gebäudeteile als eigenständige Gebäude zulässig wäre. Andernfalls ist die jeweils höchste Gebäudeklasse für den Gesamtkomplex maßgeblich.

Werden Gebäude aufgestockt oder wird eine Aufenthaltsnutzung in oberen Geschossen aufgegeben, kann sich die Gebäudeklasse des Bestandsgebäudes verändern.

Bestehende Gebäude, deren Einstufung in die Gebäudeklasse sich durch den durch die ThürBO 2014 veränderten Bezugspunkt der Geländeoberfläche erhöhen würde, haben Bestandsschutz.

2.3.10 Für die Berechnung der Brutto-Grundfläche ist die DIN 277-1;2016-01 maßgebend (vgl. Anlage 4 zur ThürPPVO). Berücksichtigt werden die Grundflächen aller Grundrissebenen eines Gebäudes außer den Flächen in Kellergeschossen. Dabei spielt es keine Rolle, wie die Kellergeschosse genutzt werden (Kellerraum, Wohnnutzung, Garage). Selbstständige unterirdische Gebäude werden in die Gebäudeklasse 5 eingestuft.

2.4.1 Der Sonderbautenbegriff hat verfahrenssteuernde Wirkung, da Sonderbauten immer im Baugenehmigungsverfahren nach § 63 behandelt werden, in dem alle bauordnungsrechtlichen Anforderungen geprüft werden. Soweit für Sonderbauten keine Sonderbauverordnung erlassen wurde, können nach § 51 besondere Anforderungen gestellt oder Erleichterungen zugelassen werden (zur möglichen Berücksichtigung der Muster-Sonderbauverordnungen der Bauministerkonferenz siehe Nummer 51.1.3). Auszugehen ist jedoch zunächst von den für die jeweilige Gebäudeklasse geltenden Regelungen.

Entspricht nur ein Teil des Bauvorhabens einem Sonderbau, unterliegt das Gesamtvorhaben dem Genehmigungsverfahren nach § 63 (Beispiel: Gaststätte in einem Wohngebäude).

2.4.2 Der Gliederung der Sonderbauten liegt folgende Systematik zu Grunde:

Nummer 1 - 3 = Anlagen mit besonderer Höhe oder Ausdehnung,
Nummer 4 - 8 = Gebäude für größere Personenzahlen,
Nummer 9 - 14 = Gebäude mit hilfsbedürftigen Personen,
Nummer 15 - 19 = atypische Nutzungen mit besonderem Gefährdungspotenzial.

Die einzelnen Tatbestände stehen nicht in einem besonderen Spezialitätsverhältnis zueinander. Eine Versammlungsstätte für insgesamt maximal 200 Personen ist zwar nicht nach Nr. 7 ein Sonderbau, kann es aber nach Nr. 6 sein, wenn ein Raum für die Nutzung durch mehr als 100 Personen bestimmt ist. Der Sonderbautenkatalog ist grundsätzlich abschließend. Der Auffangtatbestand der Nr. 20 ist für Sonderfälle vorgesehen, die bei Erstellung des Katalogs nicht erkennbar waren.

2.4.3 Weitere Hinweise:

Nr. 2: Bauliche Anlagen über 30 m sind z.B. Windkraftanlagen oder Masten. Brandschutznachweise sind bei diesen Vorhaben regelmäßig entbehrlich.

Nr. 3: Auch landwirtschaftliche Gebäude über 1.600 m2 sind Sonderbauten ungeachtet möglicher Erleichterungen oder des möglichen Verzichts auf bautechnische Nachweise. Garagen sind keine Sonderbauten. Für sie gilt die Thüringer Garagenverordnung.

Nr. 4: Es gilt die Thüringer Verkaufsstättenverordnung.

Nr. 6: Es kommt entsprechend der Regelung des § 1 der Muster-Versammlungsstättenverordnung - MVStättVO - (www.bauministerkonferenz.de) darauf an, wie viele Personen sich bei bestimmungsgemäßer Nutzung in dem Raum aufhalten sollen, nicht darauf, wie viele Personen sich dort theoretisch aufhalten können. Welche Nutzung beabsichtigt ist, entscheidet der Bauherr im Bauantrag.

Nr. 7: Versammlungsstätten im Freien sind ortsfeste, auf Dauer angelegte Anlagen mit tribünenartiger Anordnung der Besucherbereiche, wie z.B. Freilichttheater, Anlagen für den Rennsport sowie Sportstadien. Beschränken sich die baulichen Anlagen im Wesentlichen auf Bühnen, Sanitäranlagen und eine Einzäunung, liegt keine Sonderbaueigenschaft vor. Auch temporäre Veranstaltungen, wie Musikfestivals auf Freiflächen, sind keine Versammlungsstätten im Sinne der ThürBO. Für sicherheitsrechtliche Anordnungen sind die Ordnungsbehörden zuständig. Für die Fluchtwegbemessung und die Festlegung anderer Vorkehrungen kann im Einzelfall die MVStättVO berücksichtigt werden. Ergänzend wird auf den "Orientierungsrahmen des Ministeriums für Inneres und Kommunales NRW für die kommunale Planung, Genehmigung, Durchführung und Nachbereitung von Großveranstaltungen im Freien" hingewiesen.

Solange keine landesrechtliche Regelung vorliegt, kann die MVStättVO sinngemäß herangezogen werden. Zur Bemessung der Besucherzahl wird auf § 1 MVStättVO verwiesen.

Nr. 8: Gaststätten bis 40 Gastplätze in Gebäuden dürfen zusätzlich eine Außenbewirtschaftung im Freien haben, ohne dass sie dadurch zum Sonderbau werden. Außenplätze haben regelmäßig nur geringe Auswirkungen auf die Rettungswegeführung.

Solange keine landesrechtliche Regelung vorliegt, kann die Muster-Beherbergungsstättenverordnung - MBeVO - (www.bauministerkonferenz.de) sinngemäß herangezogen werden.

Nr. 9 Ein Sonderbau liegt nur vor, wenn Nutzungseinheiten zum Zweck der Pflege oder Betreuung von bestimmten Personen geschaffen werden und diese Nutzungseinheiten (mindestens) eines der Kriterien der Buchstaben a bis c erfüllen. Maßgeblich ist die grundsätzliche Zweckbestimmung, nicht die jeweilige Zusammensetzung der Bewohner und ihre Pflegebedürftigkeit.

Ein Gebäude wird durch den Eintritt der Pflegebedürftigkeit seiner Bewohner nicht nachträglich zum Sonderbau. Ebenfalls sind Wohnungen nicht zu berücksichtigen, in denen Familienangehörige gepflegt werden oder wenn sich die Pflege und Betreuung auf hauswirtschaftliche Versorgung, Verpflegung oder allgemeine Dienstleistungen wie Notruf- oder Hausmeisterdienste, Informations- und Beratungsleistungen beschränkt.

Bei Nutzungseinheiten für 7 bis 12 Personen mit Pflege- oder Betreuungsbedarf kann die Muster-Wohnformen-Richtlinie - MWR - (www.bauministerkonferenz.de) herangezogen werden, bei mehr als 12 Personen, die auf einen gemeinsamen Rettungsweg angewiesen sind, können der MWR unter Nr. 2.3 ebenfalls Hinweise entnommen werden. Bei Intensivpflegebedarf beginnt die Sonderbaueigenschaft mit der ersten Person.

Die Nutzungsänderung von Wohnungen eines bestehenden Wohngebäudes zur Pflege oder Betreuung von Personen bzw. zur Intensivpflege hat bei Überschreitung der in Nummer 9 bestimmten Schwellenwerte die Einstufung des gesamten Gebäudes als Sonderbau zur Folge.

Nr. 11 Stationäre Einrichtungen, die Aufgaben der Pflege oder Unterbringung für bestimmte Gruppen von Menschen erfüllen, sind unabhängig von der Art und Zahl der Nutzer Sonderbauten. Heime bzw. Wohnheime können einer Beherbergungsstätte vergleichbare Gefahren aufweisen. Dies gilt nicht nur für stationäre Einrichtungen des Heimrechts, für die die Heimmindestbauverordnung (Heim MindBauV) gilt, sondern auch für Wohnheime ohne Pflegeangebote. Keine Wohnheime sind Gebäude, die zwar bestimmten Nutzergruppen vorbehalten sind, aber wie Wohngebäude aufgeteilt sind (z.B. Studentenwohnheime\"", bei denen entsprechend Nummer 2.3.2 getrennte Wohneinheiten geschaffen werden).

Nr. 12 Kindertageseinrichtungen für bis zu 10 Kinder sind vom Sonderbautenkatalog ausgenommen. Dies ermöglicht Betreuungseinrichtungen zweier Tagespflegepersonen entsprechend dem Betreuungsschlüssel nach § 10 ThürKitaG (max. 5 Kinder pro Tagespflegeperson) im Rahmen der allgemeinen Anforderungen der ThürBO.

Nr. 13: Zu beachten ist die Thüringer Schulbaurichtlinie (ThürStAnz Nr. 48/2010 S. 1613).

Nr. 17 Anforderungen enthalten die Richtlinie über den Bau und Betrieb Fliegender Bauten - FIBauR - Juni 2010 sowie die Verwaltungsvorschrift des Thüringer Ministeriums für Bau, Landesentwicklung und Verkehr über Ausführungsgenehmigungen für Fliegende Bauten und deren Gebrauchsabnahmen - FlBauVwV (ThürStAnz Nr. 51 + 52/2013 S. 2094 - 2107).

Nr. 18 Zu betrachtende bauliche Anlage ist nicht das Lagerregal. Zur Sonderbauteneigenschaft führt vielmehr die Nutzung "Lagerung von Gegenständen in Regalen mit einer Oberkante Lagergut von mehr als 7,50 m", da bei dieser Lagerform bei der Brandausbreitung und -bekämpfung andere Gesichtspunkte gelten können als bei einer gleich hohen Lagerung ohne Regale.

Nr. 19: Die Explosions- oder erhöhte Brandgefahr muss sich aus dem Umgang oder der Lagerung von Stoffen in der konkreten baulichen Anlage ergeben. Keine Rolle spielt dagegen, ob bei anderen Anlagen mit vergleichbarer Nutzung typischerweise mit Explosions- oder erhöhten Brandgefahren zu rechnen ist. Unbeachtlich ist daher z.B., dass bei Holzbearbeitungsbetrieben Schleif- und Hobelarbeiten verbunden mit einer automatischen Absaugung und Sammlung von Spänen zu einer Erhöhung der Brandgefahr führen können, wenn bei dem konkreten Betrieb keine Späneabsaugung vorgesehen ist. Die für die Beurteilung des Einzelfalls erforderlichen Anhaltspunkte ergeben sich aus der Baubeschreibung nach § 9 ThürBauVorlVO.

Eine Explosionsgefahr ist gegeben, wenn in einer baulichen Anlage die Gefahr des Auftretens einer explosionsfähigen Atmosphäre in gefahrdrohender Menge besteht (vgl. Technische Regeln für Gefahrstoffe - TRGS 721 - Gefährliche explosionsfähige Atmosphäre - Beurteilung der Explosionsgefährdung -).

Eine erhöhte Brandgefahr liegt dann vor, wenn aufgrund der Nutzung ein beträchtliches Risiko (Eintrittshäufigkeit und Eintrittswahrscheinlichkeit) der Entstehung und Ausbreitung eines Brandes besteht. Der Einstufung als bauliche Anlage mit erhöhter Brandgefahr muss insbesondere eine Bewertung der Brandlasten, der Zündquellen, der Nutzung, der zu erwartenden Brandausbreitungsgeschwindigkeiten vorangehen. Eine erhöhte Brandgefahr kann vorliegen, wenn brandfördernde, leichtentzündliche oder hochentzündliche Stoffe entsprechend den Gefährlichkeitsmerkmalen nach der Gefahrstoffverordnung ( GefStoffV) in nicht geringen Mengen gelagert, be- oder verarbeitet werden. Zur weiteren Bestimmung gegebenenfalls erhöhter Gefährdungen können die Technischen Regeln für Gefahrstoffe ( TRGS) herangezogen werden.

Eine Sonderbauteneigenschaft besteht nicht, wenn sich die Explosions- oder Brandgefahr in dem Rahmen bewegt, der mit der Nutzung von Regelbauten üblicherweise verbunden ist. Durch das Lagern von Brennstoffen, wie Heizöl, Flüssiggas, Pellets, und von Kraftstoffen in den zum örtlichen Verbrauch erforderlichen Mengen wird ein Gebäude nicht zum Sonderbau. Auch ergibt sich noch keine Sonderbauteneigenschaft aus dem Erfordernis, bei einem zu betrachtenden Gebäude einzelne Räume nach § 29 Abs. 2 Nr. 2 ThürBO durch eine Trennwand abzutrennen.

Weitere Voraussetzung für die Bejahung der Sonderbauteneigenschaft ist, dass einer ggf. bestehenden Explosions- oder Brandgefahr mit Mitteln des Bauordnungsrechts begegnet werden kann und muss. Das wäre dann nicht der Fall, wenn der Umgang mit diesen Gefahren bereits fachgesetzlich abschließend geregelt ist und in einem (parallelen) fachgesetzlichen Anlagenzulassungsverfahren geprüft wird. Ebenfalls kein Sonderbau ist gegeben, wenn im Fall einer Explosion oder eines Brandes die typischerweise in einem Brandschutznachweis nach § 11 ThürBauVorlV zu behandelnden Fragen keine Rolle spielen.

Beispiele für bauliche Anlagen, deren Nutzung je nach konkreter Ausgestaltung durch Umgang oder Lagerung von Stoffen mit Explosions- oder erhöhter Brandgefahr verbunden sein kann, sind Lackfabriken, Spritzlackierbetriebe, Feuerwerks-, Munitions- und Sprengstofffabriken. Dagegen sind Biogasanlagen und Tankstellen regelmäßig keine Sonderbauten nach Nummer 19.

Nr. 20 Nummer 20 ist ein Auffangtatbestand für Anlagen und Räume, die nicht bereits dem Grunde nach in den konkreten Sonderbautentatbeständen der Nummern 1 bis 19 aufgeführt sind. Anders ausgedrückt ist eine Anlage kein Sonderbau, die bereits unter die Nummern 1 bis 19 fällt, die dort genannten Schwellen aber nicht erreicht bzw. dort aufgeführte besondere Kriterien nicht erfüllt.

Beispiele:

Eine Versammlungsstätte mit Versammlungsräumen, die insgesamt genau 200 Besucher fassen, ist vorbehaltlich der Nummer 6 auch nach Nummer 20 kein Sonderbau, da die Sonderbaueigenschaft nach Nummer 7a erst ab 201 Besuchern gegeben ist.

Eine Arztpraxis, in der regelmäßig Operationen auch unter Vollnarkose durchgeführt werden, ist kein mit einem Krankenhaus vergleichbarer Sonderbau (anders möglicherweise, wenn der Umfang der Operationen der Arztpraxis den Charakter einer Kleinklinik gibt).

Kein der Nummer 9 vergleichbarer Sonderbau liegt vor, wenn in einem Wohnhaus die Bewohner immer älter werden und zunehmend durch externe Hilfsdienste versorgt werden, da es sich bei den Wohnungen nicht um Nutzungseinheiten handelt, die zum Zweck der Pflege oder Betreuung geschaffen worden sind.

Es muss sich um eine Anlage handeln, deren Art oder Nutzung mit vergleichbaren Gefahren verbunden ist. Da das Bauordnungsrecht und hier insbesondere die Sonderbautentatbestände vorrangig die Sicherheit der Personen im Auge haben, die mit der Anlage als Nutzer, Besucher, Nachbarn, Passanten oder in vergleichbarer Weise in Berührung kommen, muss es sich um Gefahren für diesen Personenkreis handeln. Gefahren für die Umwelt sind insoweit nicht ausschlaggebend.

Für die Anwendbarkeit der Nummer 20 muss es sich um besondere Risiken handeln, die denen der Anlagen nach den Nummern 1 bis 19 vergleichbar sind. Diese Risiken können insbesondere

beruhen. Dabei können wie z.B. bei den Anlagen der Nummer 13 auch mehrere Gesichtspunkte für die Einstufung als Sonderbau sprechen.

Da sich das bei Sonderbauten erforderliche Baugenehmigungsverfahren vom vereinfachten Baugenehmigungsverfahren lediglich durch die Prüfung bauordnungsrechtlicher Anforderungen unterscheidet, muss es sich bei den vergleichbaren Gefahren um solche handeln, die Gegenstand der bauaufsichtlichen Prüfung sind und mit Mitteln des Bauordnungsrechts bewältigt werden können. Nicht zu betrachten sind dagegen Gefahren, die in einem anderen Zulassungsverfahren abzuarbeiten sind.

Anlagen sind nicht allein deswegen Sonderbauten nach Nummer 20, weil sie immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig sind. Den Besonderheiten dieser Vorhaben wird hinreichend im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren Rechnung getragen. Sie können aber z.B. nach Nummer 2 oder 3 Sonderbauten sein.

2.4.4 Bei einzelnen Nutzungen, für die es (Muster-)Sonderbauverordnungen gibt, liegt die "Einstiegsschwelle" des § 2 Abs. 4 niedriger als bei den Sonderbauverordnungen. Die Sonderbauverordnungen können als Orientierungshilfe für Entscheidungen nach § 51 herangezogen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vorhaben eben nicht unter die Sonderbauverordnung fallen und damit die Anforderungen der Sonderbauverordnung regelmäßig ganz oder teilweise bis auf die allgemeinen Anforderungen der ThürBO abgemindert werden können. Eine Überschreitung der Anforderungen der Sonderbauverordnung ist dagegen nur unter den in § 58 Abs. 2 genannten Gesichtspunkten möglich.

2.5 Ein nicht nur vorübergehender Aufenthalt liegt vor, wenn ein Raum entweder wie bei einem Wartezimmer durch einen wechselnden Personenkreis über einen insgesamt längeren Zeitraum oder durch einen gleichbleibenden Personenkreis über einen längeren Zeitraum genutzt wird (z.B. Wohn- oder Pausenräume). Aufenthaltsräume sind beispielsweise Wohn- und Schlafräume, Wohndielen, Wohn- und Kochküchen, Versammlungsräume, Arbeitsräume, Gasträume, Unterrichtsräume, Krankenräume, Warteräume, Geschäftsräume, Verkaufsräume und Werkstätten.

Keine Aufenthaltsräume sind beispielsweise Flure, Treppenräume, Wasch- und Toilettenräume, Nebenräume wie Speisekammern und andere Vorrats- und Abstellräume, Trockenräume, Wasch- und Futterküchen, Garagen, Heizräume, Maschinenräume sowie Räume, die zur Lagerung von Waren und zur Aufbewahrung von Gegenständen bestimmt sind, auch wenn in ihnen die mit der Lagerung und Aufbewahrung notwendig verbundenen Arbeiten verrichtet werden.

2.6 Die Definition grenzt oberirdische Geschosse von Kellergeschossen ab (vgl. Absatz 3 Satz 3). Da für Kellergeschosse aus Gründen des Brandschutzes teilweise höhere Brandschutzanforderungen gelten (z.B. § 27 Abs. 2, § 29 Abs. 2), kommt es auf die tatsächliche Geländeoberfläche nach Fertigstellung der Baumaßnahme an.

Die Möglichkeit von Aufenthaltsräumen in Hohlräumen zwischen der obersten Decke und der Bedachung ist bei einer lichten Raumhöhe unter 2 m regelmäßig ausgeschlossen.

2.7 Carports sind offene Kleingaragen und Gebäude i. S. d. Absatzes 2.

2.9.1 Grundanforderungen des barrierefreien Bauens regelt § 50, Einzelanforderungen ergeben sich aus der als Technische Baubestimmung eingeführten DIN 18040.

Zu den Menschen mit Behinderungen gehören auch Menschen mit Sinnesbehinderungen (insbesondere blinde, sehbehinderte, gehörlose, ertaubte und schwerhörige Menschen), denen in gleicher Weise wie anderen Menschen der Zugang und die Nutzung baulicher Anlagen ermöglicht werden muss.

2.9.2 Barrierefreiheit bedeutet, möglichst Sonderlösungen zu vermeiden. Beispielsweise ermöglicht eine Zugänglichkeit nur über Hinter- oder Nebeneingänge oder längere Umwege nicht die Nutzung in üblicher Weise. Die Einschränkung "grundsätzlich ohne fremde Hilfe" schließt Ausnahmefälle nicht aus, in denen auf fremde Hilfe nicht ganz verzichtet werden kann.

2.10 Zur Klarstellung und zur Vereinheitlichung mit Artikel 2 Nr. 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 305/2011 ist in Nr. 2 der Begriff "Bausatz" hinzugefügt worden. Ein Bausatz ist ein Bauprodukt, das von einem einzigen Hersteller als Satz von mindestens zwei getrennten Komponenten, die zusammengefügt werden müssen, um in das Bauwerk eingefügt zu werden, in Verkehr gebracht wird. Das Zusammenfügen von Komponenten eines Bausatzes gilt nicht als Bauart.

2.11 Die Anwendung von Bauarten wird in § 16a geregelt.

3 Allgemeine Anforderungen ( § 3)

3.1 Der Nachweis für die Erfüllung der allgemeinen Anforderungen sowie der Gleichwertigkeit i. S. d. § 87a Abs. 1 obliegt in Zweifelsfällen dem Bauherrn oder dem von ihm beauftragten Entwurfsverfasser oder Fachplaner.

3.2 Instandhalten bedeutet, die baurechtlich relevanten Eigenschaften baulicher Anlagen sowie die Gebrauchstauglichkeit für die Dauer der Nutzung zu sichern. Qualitative Änderungen oder der Austausch wesentlicher Teile einer Anlage fallen nicht darunter.

3.3 Die Nennung der "natürlichen Lebensgrundlagen" erfordert keine Umweltverträglichkeitsprüfung in bauaufsichtlichen Verfahren. Vor Erteilung einer Baugenehmigung ist lediglich zu prüfen, ob das Vorhaben den nach § § 62, 63 zu prüfenden Bestimmungen entspricht. Darunter fallen nur die Anforderungen, die aufgrund spezieller Regelungen gestellt werden. Allgemeine Optimierungsgebote bestehen nicht. Ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss, richtet sich nach dem UVPG und dem ThürUVPG.

3.4 Die Grundanforderungen an Bauwerke entsprechend dem Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 305/2011 sind Bestandteil der Anforderungen, die sich aus der Thüringer Bauordnung ergeben. In der Verwaltungsvorschrift nach § 87a ( ThürVVTB) sind diese Anforderungen konkretisiert.

3.5 Die Einführung Technischer Baubestimmungen und deren Verbindlichkeit ist nunmehr in § 87a geregelt.

4 Bebauung der Grundstücke mit Gebäuden ( § 4)

4.1.1 Die Anforderung gilt nur für Gebäude. Grundstück ist i. d. R. das Buchgrundstück. Andere Anlagen können auch auf gefangenen Grundstücken errichtet werden oder auf Grundstücken, die zwar eine Zufahrt haben, die aber nicht öffentlich-rechtlich gesichert ist.

4.1.2 Als öffentlich-rechtliche Sicherung einer Zufahrt ist nur eine Baulast nach § 82 möglich. Die Zulassung einer Abweichung vom Erfordernis einer gesicherten Zufahrt kommt nur in Betracht, wenn die Errichtung oder Erweiterung eines Gebäudes keine Auswirkungen auf die Wahrscheinlichkeit hat, dass das Grundstück von Fahrzeugen angefahren werden muss, die im öffentlichen Interesse im Einsatz sind (z.B. Krankenwagen, Feuerwehr oder Müllabfuhr). Das kann z.B. bei der Errichtung von Kleingaragen als Bestandteil eines bereits bewohnten Grundstücks der Fall sein. Die Anforderung dient ausschließlich dem öffentlichen Interesse und nicht der Erreichbarkeit des Grundstücks für Nutzer oder Besucher.

Eine öffentlich-rechtliche Sicherung für Leitungsanlagen, die über fremde Grundstücke führen, ist zur Erfüllung der bauplanungsrechtlichen Erschließungspflicht i. d. R. nicht erforderlich; ausreichend ist im Allgemeinen eine zivilrechtliche Sicherung. Im Einzelfall kann eine Baulasteintragung erforderlich werden, wenn Anlagen und Einrichtungen wie Hydranten oder eine gesicherte Netzeinspeisung zur Gefahrenabwehr Versorgungszuleitungen über Fremdgrundstücke zwingend benötigen.

4.1.3 Bei Wohnwegen mit begrenzter Länge (bis ca. 80 m) kann durch Zulassung einer Abweichung auf die Befahrbarkeit verzichtet werden, wenn wegen des Brandschutzes keine Bedenken bestehen. Die Abweichung kommt bei den Gebäudeklassen 4 und 5 regelmäßig nicht in Betracht.

4.2.1 Das Erfordernis einer öffentlich-rechtlichen Sicherung kann auch bei einer Grundstücksteilung nach Errichtung eines Gebäudes oder bei Anbauten an bestehende Gebäude entstehen. Bestehende Gebäude haben Bestandsschutz, soweit nicht die für die materielle Zulässigkeit des Gebäudes relevanten Grundstücksverhältnisse (z.B. durch eine Grundstücksteilung) nachträglich geändert werden.

4.2.2 Wird durch eine nachträglich angebrachte Wärmedämmung die Grundstücksgrenze überbaut, ist eine öffentlich-rechtliche Sicherung entbehrlich, da das Eintreten von Verhältnissen, die bauordnungsrechtlichen Bestimmungen zuwiderlaufen, auch ohne Sicherung nicht zu erwarten ist (siehe auch Nummer 6.7.3).

5 Zugänge und Zufahrten auf den Grundstücken ( § 5)

5.1.1 Detaillierte Anforderungen zur Ausführung der Flächen und deren Kennzeichnung sind in der als Technische Baubestimmung eingeführten Muster-Richtlinie über Flächen für die Feuerwehr (Nr. a 2.2.1.1 ThürVVTB) enthalten. Aufstell- und Bewegungsflächen müssen auf Dauer freigehalten werden.

5.1.2 Die Lage und Ausgestaltung der Feuerwehrzufahrt ist regelmäßig Bestandteil der Baugenehmigung und bedarf daher bei späterer Veränderung einer Genehmigung. Abstimmungen mit der Feuerwehr oder der Bauaufsichtsbehörde können diese nicht ersetzen. Nicht genehmigungspflichtig sind geringfügige Änderungen der Begrenzungen, die zum Genehmigungszeitpunkt nicht Inhalt der Bauvorlagen waren bzw. maßlich nicht genau festgelegt waren.

5.1.3 Soll der Straßenraum als Feuerwehraufstell- und -bewegungsfläche genutzt werden, muss tatsächlich und rechtlich gewährleistet sein, dass die Flächen als Flächen für die Feuerwehr genutzt werden können. Das ist dann der Fall, wenn

Eine Fläche ist dann geeignet, wenn die nach der in 5.1.1 genannten Richtlinie erforderlichen Flächen auf der Verkehrsfläche vorhanden sind, von der Feuerwehr erreicht werden können und nicht für den ruhenden Verkehr genutzt werden.

Der Träger der Straßenbaulast ist zur Frage zu beteiligen, ob Veränderungen vorgesehen sind, die die Eignung als Fläche für die Feuerwehr beeinträchtigen oder aufheben können. Die Eintragung einer Baulast ist nicht erforderlich. Die Straßenverkehrsbehörde sollte im Hinblick auf eventuelle verkehrsrechtliche Hinderungsgründe oder Anordnungserfordernisse beteiligt werden. Wird eine Baugenehmigung erteilt, vermittelt diese auch hinsichtlich der Sicherstellung des zweiten Rettungswegs Bestandsschutz. Veränderungen am Straßenraum können nicht zu Lasten des Bauherrn gehen. Wurde im Baugenehmigungsverfahren zu Unrecht von der Sicherstellung des zweiten Rettungswegs ausgegangen, gelten die allgemeinen Bestimmungen, insbesondere auch § § 48, 49 ThürVwVfG.

5.1.4 Bei Verwendung tragbarer Leitern zur Sicherstellung des zweiten Rettungsweges müssen die Standflächen zugänglich und zum Anleitern geeignet sein. Dies ist in der Regel der Fall, wenn natürliche oder künstlich geschaffene Flächen die Maße 2,50 m Tiefe x 3,00 m Breite zur Außenwand einhalten, eine Neigung von 5 v. H. entlang der Wand nicht überschreiten sowie ausreichend tragfähig und hindernisfrei sind.

6 Abstandsflächen, Abstände ( § 6)

6.1.1 Die Regelung gilt für Abstandsflächen von Gebäuden und Anlagen mit gebäudegleicher Wirkung. Für das Nachbargrundstück kommen Wirkungen wie von Gebäuden besonders in Bezug auf Belichtung oder Belüftung in Betracht. Sie können z.B. ausgehen von Anlagen, die höher als 2 m sind wie Werbeanlagen, Behälter, Masten, aber auch von überdeckten Hundezwingern. Keine gebäudegleichen Wirkungen gehen in der Regel von Masten mit einem Basisdurchmesser bis 1 m, Hausschornsteinen, offenen Pergolen, Freisitzen und Schwimmbecken mit geringer Beckenrandhöhe aus.

6.1.2 Festsetzungen über die Bauweise ( § 22 BauNVO) oder von Baulinien ( § 23 Abs. 2 Satz 1 BauNVO) können eine Grenzbebauung erfordern oder zulassen. Das Gleiche gilt, wenn auf Grund des Einfügenserfordernisses des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB eine Grenzbebauung erfolgen muss.

6.1.3 Sind nach § 34 BauGB andere Abstände als die Regelabstandsfläche oder eine Grenzbebauung zulässig, ist eine entsprechend reduzierte Abstandsfläche ausreichend. Nicht erforderlich ist, dass sich aus der Umgebungsbebauung ein bestimmtes, von Absatz 4 abweichendes Maß der Abstandsflächentiefe ergibt. Auch eine vorhandene Bebauung mit unterschiedlichen Gebäudeabständen kann eine Unterschreitung der Abstandsfläche erlauben. Schließlich ist eine Unterschreitung der sich aus der Umgebungsbebauung ergebenden Abstände auch möglich, soweit dadurch bodenrechtlich beachtliche Spannungen weder erzeugt noch verstärkt werden (BVerwG, 17.06.1993, 4 C 17/91).

6.1.4 Im Außenbereich sind grundsätzlich Abstandsflächen einzuhalten, da ein Vorrang des Bauplanungsrechts nur dann bestehen kann, wenn bauplanungsrechtliche Vorschriften (wie Festsetzungen eines Bebauungsplans oder eine nach § 34 Abs. 1 BauGB zu berücksichtigende vorhandene Bebauung) überhaupt Voraussetzungen für die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Baukörpers an der Grundstücksgrenze benennen. Dies ist im Außenbereich nicht der Fall (OVG Sachsen, 17.07.2003, 1 B 438/01).

6.1.5 Darf nach bauplanungsrechtlichen Bestimmungen an die Grundstücksgrenze gebaut oder ein Abstand eingehalten werden, steht es dem Bauherrn frei, für welche Bauweise er sich entscheidet. Dies ist bei uneinheitlicher Bauweise, die weder offen noch geschlossen ist, ebenso der Fall wie bei in Bebauungsplänen festgesetzten Baugrenzen, die weder allein noch zusammen mit anderen Festsetzungen (z.B. über die Bauweise) eine Grenzbebauung ausschließen. Ist das Nachbargrundstück bereits grenzständig bebaut, kann das Einfügenserfordernis zu einer Anbauverpflichtung führen.

6.2 Die Regelung, dass Abstandsflächen auf dem Grundstück selbst liegen müssen, erstreckt sich auf Brandwände nach § 30 Abs. 2 Nr.1 sowie Dächer nach § 32 Abs. 2. Die Möglichkeit der Übernahme von erforderlichen Abständen gilt auch für diese Brandschutzabstände. Die öffentlich-rechtliche Sicherung der Nichtüberbauung kann nur durch Baulast erfolgen. Stimmt der betroffene Grundstückseigentümer zu, besteht ein Anspruch auf Eintragung einer Baulast.

6.4.1 Das Maß H ergibt sich aus der Wandhöhe und gegebenenfalls hinzuzurechnender Anteile der Dachhöhe über der Geländeoberfläche. Bezugspunkt ist der Schnittpunkt der Außenfläche der fertigen Wand (incl. Wärmedämmung und Außenputz) mit der Dachhautoberkante bzw. der obere Attikaabschluss. Bei Gebäuden ohne Wand (Carports, Arkaden) ist eine fiktive Wand zu bilden. Da keine Mittelung der Wandhöhe erforderlich ist, ergeben sich bei geneigtem Gelände sowie bei Giebelflächen von Steildächern unregelmäßige Polygone (keine Rechtecke) als gespiegeltes Abbild. Dachaufbauten wie Dachgauben oder Zwerchgiebel können gedanklich wie Gebäude betrachtet werden, für die die jeweiligen Abstandsflächen getrennt ermittelt werden. Die Abstandsflächen des Hauptgebäudes und des "Gaubengebäudes" werden übereinander projiziert.

6.4.2 Geländeoberfläche ist die natürliche oder die durch Bebauungsplan oder die Baugenehmigungsbehörde festgelegte Geländeoberfläche unmittelbar an der aufgehenden Wand. Veränderungen der Geländeoberfläche im Zusammenhang mit der Baumaßnahme sowie Geländeveränderungen mit dem erkennbaren Ziel einer Verkürzung der Abstandsflächentiefe sind nicht zu berücksichtigen.

6.4.3 Bei der Berechnung der Tiefe der Abstandsfläche für eine Windkraftanlage mit senkrecht stehendem Rotor ist wie folgt zu differenzieren:

6.5.1 Als Sondergebiete, die mit Gewerbe- und Industriegebieten vergleichbar sind, kommen insbesondere Sondergebiete für großflächige Einzelhandelsbetriebe oder Windfarmen in Betracht. Die Sonderregelung gilt für festgesetzte wie für faktische Baugebiete. Die in den Regionalplänen festgelegten Vorranggebiete Windenergie entsprechen im Hinblick auf die Ziele des Abstandsflächenrechts faktischen Sondergebieten, die mit Gewerbe- und Industriegebieten vergleichbar sind. Da Regionalpläne nicht parzellenscharf sind, umfasst das faktische Sondergebiet die Flächen, die aus regionalplanerischer Sicht noch Bestandteil des Vorranggebiets sind.

6.5.2 Die Sonderregelung für Wohngebäude der GK 1 und 2 macht eine genaue Darstellung der sich aus Absatz 4 ergebenden Abstandsflächen entbehrlich. Sie gilt unabhängig davon, ob sich bei exakter Ermittlung geringere oder tiefere Abstandsflächen ergeben würden. Wird das Gebäude ganz oder teilweise umgenutzt (eine Nutzung einzelner Räume für die Berufsausübung freiberuflich oder in vergleichbarer Weise Tätiger ist dabei unbeachtlich), entfällt die abstandsflächenrechtliche Begünstigung.

6.6.1 Vortretende Bauteile haben Gestaltungs- oder Gliederungsfunktion. In Abhängigkeit von Gebäudehöhe und lokaler Bautradition können Dachüberstände von über 0,7 m auch andere funktionelle Eigenschaften haben und sind dann abstandsflächenrechtlich wie Vorbauten nach Nummer 2 zu behandeln. Dachüberstände, die einen Abstand von 2,50 m gegenüber der Grundstücksgrenze unterschreiten, sind so auszubilden, dass eine Brandausbreitung auf und in diesen Bauteilen ausreichend lang begrenzt ist, es sei denn, dass ein Abstand von mindestens 5 m zu bestehenden oder nach den baurechtlichen Vorschriften zulässigen künftigen Gebäuden gesichert ist.

6.6.2 Vorbauten sind untergeordnete Bauteile wie Hauseingangstreppen und deren Überdachungen, Erker oder Balkone. Loggien sind ebenso keine Vorbauten wie über mehrere Geschosse reichende verglaste Balkonvorbauten.

Erker sind Vorsprünge vor der Außenwand, wobei der Vorsprung nicht schon am Boden oder unmittelbar über dem Boden beginnen darf (Hess. VGH, 12.10.1995, 4 TG 2941/95). In funktioneller Hinsicht kann der Erker dem Ausblick, der Verbesserung der Belichtung oder der Gliederung der Fassade dienen. Vorbauten, die vorrangig dazu dienen, die Wohnfläche zu vergrößern, sind keine Erker. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Raum, dem der Erker zuzuordnen ist, erst mit der Fläche des Erkers seine ihm zugedachte Funktion erfüllen kann (z.B. als Teil einer Küche) oder der Erker selbst funktionelle Räume aufnimmt, z.B. Bad oder WC (OVG Nordrhein-Westfalen, 29.11.1985, 7 B 2402/85). Eine nennenswerte Vergrößerung der Wohnfläche liegt aber auch schon bei einer Flächenzunahme des jeweiligen Geschosses von mehr als 5 % vor (OVG Nordrhein-Westfalen, 26.03.1993, 11 B 713/93).

Vor die Außenwand von Gebäuden vortretende Aufzugsschächte und Treppenräume sind keine untergeordneten Vorbauten (vgl. zum Aufzugsschacht OVG Berlin, 22.05.1992, 2 B 22.90). Nachträglich vor der Außenwand angebrachte Abgasanlagen sind i. d. R. untergeordnete Bauteile.

Der nach Absatz 6 Nr. 2c erforderliche Abstand von 2 m gilt nur gegenüber Nachbargrenzen, nicht aber gegenüber der vorderen, zur Verkehrsfläche liegenden Grundstücksgrenze. Überbauungen des Straßenraums durch Vorbauten im Luftraum (Balkone) sind abstandsflächenrechtlich i. d. R. irrelevant, können aber straßenrechtlich Sondernutzungen darstellen, die ggf. erlaubnispflichtig sind.

6.6.3 Für die Brandschutzabstände seitlicher Wände von Vorbauten wird auf § 30 Abs. 10 und Nummer 30.10 verwiesen. Danach sind Balkonbrüstungen auch direkt an der Grundstücksgrenze ohne Brandschutzvorkehrungen zulässig.

6.6.4 Absatz 6 Nr. 2c trifft keine Aussage zu einem seitlichen Grenzabstand von Vorbauten. Bei geschlossener Bauweise ist kein Grenzabstand einzuhalten (OVG Sachsen, 23.02.2010 - 1 B 581/09 und vom 12.10.2010 - 1 B 249/10). Durchgehende Balkone bei aneinandergebauten Gebäuden sind daher abstandsflächenrechtlich zulässig, soweit bauplanungsrechtliche Bedenken nicht bestehen (Rücksichtnahmegebot).

6.6.5 Absatz 6 Nr. 3 stellt klar, dass bei grenzständigen Gebäuden Vorbauten an der Grenze angeordnet werden können oder von der seitlichen Grundstücksgrenze einen Abstand halten dürfen, der weniger als die reguläre Abstandsfläche beträgt. Andere Anforderungen können sich aus dem Bauplanungsrecht ergeben.

6.7.1 Die Regelung gilt für bestehende Gebäude, deren fertige Wandoberfläche durch Aufbringen einer Wärmedämmung oder von Solaranlagen näher an die Grenze rückt und damit die Abstandsfläche gegenüber der Nachbargrenze unterschreitet. Bei einer Neubebauung müssen die Abstandsflächen mit der fertigen Wand einschließlich Wärmedämmung eingehalten werden.

Bei einer Wärmedämmung des Daches ist ggf. auch die Veränderung der Wandhöhe zu betrachten (Erhöhung des Schnittpunkts der Wand mit der Dachhaut).

6.7.2 Soll von den in Absatz 7 Satz 1 genannten Maßen abgewichen werden, kann dies durch Zulassung einer Abweichung nach § 66 ermöglicht werden, wenn die hierfür geltenden Voraussetzungen erfüllt sind. Die Zulassung einer Abweichung ist entbehrlich, wenn die beabsichtigte Über- bzw. Unterschreitung bereits nach Absatz 1 zulässig ist.

Abweichungen von dem festgesetzten Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche können nach § 248 BauGB zulässig sein.

6.7.3 Die Aufbringung einer die Nachbargrenze überschreitenden Wärmedämmung hat nach § 14a Thüringer Nachbarrechtsgesetz der Eigentümer des Nachbargrundstücks unter bestimmten Voraussetzungen zu dulden. Eine Sicherung durch Baulast ist nicht erforderlich. Unterliegt eine solche grenzüberschreitende Wärmedämmung als Bestandteil einer Baumaßnahme der Verfahrenspflicht, kann eine Genehmigung wie auch in anderen Fällen nach § 71 Abs. 4 unbeschadet der privaten Rechte Dritter erteilt werden.

6.8.1 Die Anordnung untergeordneter baulicher Anlagen ist nicht nur als Anbau an die Grenze, sondern auch in Zwischenbereichen möglich (kein Verbot der "engen Reihe"). Die Regelung stellt auf die Grundstücksgrenze ab und schließt damit auch die Grenze zur Straße ein. Bei der Ermittlung der mittleren Wandhöhe ist nach dem Ziel der Regelung (Ausgleich der Interessen von Bauherr und Nachbar) nur die grenznahe Wand zu betrachten. Die mittlere Wandhöhe ergibt sich z.B. bei giebelständigen Gebäuden (symmetrischer Giebel, ebenes Gelände) aus dem Mittelwert der Höhen der Eckpunkte und des Firsts und darf 3 m nicht überschreiten. Bei besonderen Geländeverhältnissen oder Gebäudegestaltungen muss eine sinnvolle Aufteilung in Teilabschnitte erfolgen. Die Höhe des Daches von traufständig zur Grenze stehenden Nebengebäuden ist nicht hinzuzurechnen, wenn die Dachneigung nicht mehr als 45 Grad beträgt.

Bei der Beschränkung der Länge auf 9 m je Grundstücksgrenze und der mittleren Wandhöhe von 3 m ist auf das Baugrundstück und nicht auf die angrenzenden Grundstücke abzustellen.

Um angrenzende Grundstücke nicht zu stark zu belasten, wird die Gesamtlänge der nach Satz 1 Nr.1 und 2 zulässigen baulichen Anlagen ohne eigene Abstandsflächen auf 18 m beschränkt. Unterirdische Gebäude nach Satz 1 Nr. 1 werden auf diese Länge nicht angerechnet. Bei Übernahme von Abstandsflächenbaulasten durch benachbarte Grundstückseigentümer kann sich diese Länge vergrößern. Abstandsflächenbaulasten sind auch für "Teillängen" eines Gebäudes möglich.

Die abstandsflächenrechtliche Zulässigkeit kommt nur dann zum Tragen, wenn die Bebauung auch bauplanungsrechtlich zulässig ist. Dies ist insbesondere bei bestehender umfangreicher Grenzbebauung im Einzelfall zu prüfen.

Auch können Standorte wegen der Festsetzungen eines Bebauungsplans oder aus sonstigen Gründen bauplanungsrechtlich unzulässig sein.

6.8.2 Garagen müssen funktional eigenständig sein, auch wenn sie an bestehende Gebäude heranrücken oder an diese angebaut sind. Eine Eigenständigkeit der Garage kann auch dann vorliegen, wenn Dächer vom angrenzenden Gebäude durchgehen oder zusätzlich zum Garagentor eine Verbindungstür vorhanden ist. Die Nutzung eines Garagendachs als Terrasse führt nicht zur Aufhebung der Eigenständigkeit, wenn die Terrasse für sich die Abstandsflächen einhält oder die nach § 6 Abs. 6 Nr. 2 zulässige Größe eines Balkons nicht überschreitet.

6.8.3 Ob ein sonstiges Gebäude Aufenthaltsräume aufweist, hängt von seiner Ausgestaltung ab. Aufenthaltsräume sind nach § 2 Abs. 5 Räume, die zum nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind. Indiz für eine entsprechende Bestimmung oder Eignung können neben der Erfüllung der Anforderungen des § 47 z.B. wärmegedämmte Wände, großflächige Fenster, eine Ausstattung mit Elektroanschlüssen oder Heizgeräten sowie eine Einrichtung sein, die auf einen häufigen Aufenthalt hindeutet. Eine gelegentliche Nutzung für Feiern führt nicht zwingend zur Annahme eines Aufenthaltsraums, da auch Hobbyräume oder nichtgewerbliche Werkräume keine Aufenthaltsräume sein müssen (vgl. Nummer 2.5).

6.8.4 Stützmauern und geschlossene Einfriedungen sind außerhalb von Gewerbe- und Industriegebieten nur bis zu einer Höhe von 2 m abstandsflächenrechtlich zulässig. Die Höhe einer Stützmauer und eines darauf errichteten Gebäudes kann zusammenzurechnen sein (VGH Bayern, 12.09.2013, 14 CE 13.928).

Ob Stützmauern und Einfriedungen im Einzelfall errichtet werden können, richtet sich ebenso wie bei den Anlagen nach Nummer 1 und 2 insbesondere nach dem Bauplanungsrecht oder den Festsetzungen einer örtlichen Bauvorschrift.

7 Teilung von Grundstücken ( § 7)

7.1 Bei der Beurteilung, ob durch eine Grundstücksteilung bauordnungswidrige Verhältnisse entstehen, sind insbesondere die Lage an öffentlichen Verkehrsflächen ( § 4), die Zugänge und Zufahrten auf dem Grundstück ( § 5), die Abstandsflächen ( § 6), die Zuordnung von Nebenanlagen wie Stellplätzen ( § 49) und Brandschutzbestimmungen (u. a. Brandwand, Rettungswege) von Bedeutung.

7.3 Ein Zeugnis über die baurechtliche Unbedenklichkeit ist auf Antrag eines Beteiligten von der Bauaufsichtsbehörde auszustellen. Beteiligte sind Eigentümer und Erwerber, nicht aber z.B. Notare oder Vermessungsstellen, soweit sie nicht im Auftrag eines Beteiligten tätig werden.

8 Nicht überbaute Flächen der bebauten Grundstücke, Kinderspielplätze ( § 8)

8.1 Bei der Frage, ob eine Versiegelung für eine andere zulässige Nutzung erforderlich ist, sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, dass die Nutzungsvorstellungen des Bauherrn unter Berücksichtigung des Zwecks der gesetzlichen Anforderung nachvollziehbar sind und nicht allein eine leichte Unterhaltung und Pflege der Flächen im Vordergrund steht.

8.2 Für die Beurteilung, ob ein Spielplatz ausreichend groß ist, kann die DIN 18034 - Spielplätze und Freiflächen zum Spielen; Grundlagen und Hinweise für die Objektplanung - Orientierungshilfe sein. Sie ist nicht als Technische Baubestimmung eingeführt und damit nicht i. S. des § 87a Abs. 1 verbindlich.

Ein Kinderspielplatz ist nach der Art der Wohnung nicht erforderlich, wenn nach Größe oder Zweckbestimmung der Wohnungen im Allgemeinen nicht zu erwarten ist, dass sie mit Kindern bewohnt werden. In Betracht kommen insbesondere Altenwohnungen und Kleinappartements."Art der Wohnung" bezieht sich nicht nur auf die Gegebenheiten innerhalb der Umfassungswände, sondern erstreckt sich auch auf die Zuordnung von Terrassen- und Gartenflächen zu den einzelnen Wohnungen. Sind den Wohnungen Flächen dieser Art in einem Umfang zugeordnet, wie sie üblicherweise zu einem Einfamilienhaus auf einem Grundstück zugehören, kann davon ausgegangen werden, dass diese Flächen den Kindern hinreichend Möglichkeiten zum Aufenthalt und Spielen im Freien bieten. Es bedarf in diesem Fall, wie bei einem Einfamilienhaus, keines besonderen Spielplatzes (OVG Bremen, 4.12.1979, I Ba 95/78).

9 Gestaltung ( § 9)

In den Grundsatz der Baufreiheit darf nur unter besonderen Voraussetzungen eingegriffen werden. Eine Überschreitung der Grenze zur Verunstaltung setzt die Verletzung des ästhetischen Empfindens eines für ästhetische Eindrücke offenen Betrachters, des sog. gebildeten Durchschnittsmenschen, voraus. Gegen eine Verunstaltung durch den Verfall eines Gebäudes kann nach § 79 Abs. 2 auch bei fehlender Gefahr für Leib und Leben vorgegangen werden.

10 Anlagen der Außenwerbung und Warenautomaten ( § 10)

10.1 Werbeanlagen sind u. a. auch

10.2 Ziel ist der Schutz des Orts- und Landschaftsbildes vor störender Werbung. Das Verunstaltungsgebot des § 9 erstreckt sich daher auch auf Werbeanlagen, die selbst keine baulichen Anlagen sind wie z.B. die Bemalung von baulichen Anlagen. Eine Häufung setzt ein räumlich dichtes Nebeneinander einer Mehrzahl von mindestens drei Werbeanlagen voraus. Die Störung setzt voraus, dass der für die Häufung maßgebliche örtliche Bereich im Gesichtsfeld des Betrachters derartig mit Werbeanlagen überladen ist, dass das Auge keinen Ruhepunkt mehr findet und das Bedürfnis nach werbungsfreien Flächen stark hervortritt. Wann die störende Wirkung eintritt, hängt wesentlich von dem Baugebietscharakter, der vorhandenen Bebauung und der tatsächlichen Nutzung des Gebiets ab (OVG Nordrhein-Westfalen, 20.02.2004, 10 a 3279/02). Daher ist eine gewisse Ansammlung von Werbeanlagen in Gewerbe-, Industrie- und vergleichbaren Sondergebieten oder bei einem gewerblich geprägten Straßenbild oder einer städtischen Geschäftsstraße i. d. R. nicht als störende Häufung anzusehen.

10.3 Werbeanlagen sind regelmäßig Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB und nach den Zulässigkeitsbestimmungen der § § 30 bis 35 BauGB zu bewerten. Außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile sind sie in der Regel unzulässig. Das gilt auch für im Außenbereich ortsfest aufgestellte Fahrzeuge und Anhänger. Ob eine Einrichtung ortsfest ist, unterliegt einer wertenden Betrachtungsweise, wobei Sinn und Zweck des Absatzes 1 zu berücksichtigen sind. Sinn und Zweck dieser Bestimmung bestehen darin, Anlagen den Anforderungen des Bauordnungsrechts zu unterwerfen, die unter solchen Umständen an einem Platz aufgestellt und benutzt werden, dass sie in eine erkennbar verfestigte Beziehung zu ihrem Standort treten und deswegen wie Werbeanlagen wirken. Lassen objektive Umstände den Schluss darauf zu, dass die Anlage in eine verfestigte Beziehung zu ihrem Standort getreten ist und deswegen wie eine Werbeanlage wirkt, kommt es nicht darauf an, ob die Bauaufsichtsbehörde Feststellungen zur - bisherigen - Aufstelldauer getroffen hat und ob sich die Dauer der Aufstellung feststellen lässt (OVG Thüringen, 10.11.1999, 1 KO 519/98).

10.4 Werbeanlagen an Haltestellen des Personennahverkehrs sind Anlagen, die in die Haltestelleneinrichtungen integriert sind; lediglich eine räumliche Nähe ist nicht ausreichend. Eine Beeinträchtigung des Gebiets oder des Orts- und Landschaftsbildes wird regelmäßig nicht stattfinden. Satz 3 stellt von Satz 1 und 2 eine Ausnahmeregelung dar; daher darf bei der Beurteilung einer Beeinträchtigung der Eigenart des Gebiets nicht ausschließlich auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit gewerblicher Anlagen abgestellt werden.

11 Baustelle ( § 11)

11.2.1 Ziel der Regelung ist der Schutz der Allgemeinheit. Wenn die Baustelle unmittelbar an öffentlich zugängliche Flächen angrenzt, ist regelmäßig eine Abgrenzung durch einen Bauzaun erforderlich.

11.2.2 Die Abgrenzung bzw. Kennzeichnung muss so erfolgen, dass auch blinde und sehbehinderte Menschen die Gefahrenzone nicht unbeabsichtigt betreten können oder in sonstiger Weise gefährdet werden.

11.2.3 Wird durch Baustellen die Nutzbarkeit von Verkehrsflächen einschließlich Rad- und Gehwegen beeinträchtigt, richten sich Erforderlichkeit und Art der Absicherung nach dem Straßen- und dem Straßenverkehrsrecht. Auf die Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA) und die Hinweise für das Anbringen von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen (HAV) wird hingewiesen.

11.3 Größe und Art des Baustellenschildes sind freigestellt, eine Genehmigungspflicht besteht nicht. Schilder, auf denen für die Vermietung, Verpachtung oder den Verkauf der baulichen Anlage geworben wird, sind keine Baustellenschilder, sondern genehmigungspflichtige Werbeanlagen. Für verfahrensfreie Bauvorhaben nach § 60 besteht keine Pflicht zur Anbringung eines Bauschilds.

12 Standsicherheit ( § 12)

12.1 Beim Standsicherheitsnachweis sind nicht nur die Standsicherheit des Gebäudes, sondern auch die Tragfähigkeit und Setzungsempfindlichkeit des Baugrundes sowie die Grundwasserverhältnisse zu berücksichtigen. Die Standsicherheit ist zu jedem Zeitpunkt sicherzustellen, in der Bauphase ist dazu ggf. eine provisorische Absicherung erforderlich.

12.2 Beim Abbruch einer Anlage kann es erforderlich sein, dass zur Erhaltung der Standsicherheit der anderen Anlage gemeinsame Bauteile im notwendigen Umfang erhalten bleiben. Eine erforderliche öffentlich-rechtliche Sicherung erfolgt durch Eintragung einer Baulast nach § 82.

14 Brandschutz ( § 14)

14.1 § 14 ist die Grundnorm des baulichen Brandschutzes. Gegenstand der Regelung ist die Schutzzielformulierung für das "Anordnen, Errichten, Ändern und Instandhalten" einer baulichen Anlage. Konkrete Anforderungen sind in den § § 26 bis 46 enthalten. Bei Standardbauvorhaben reichen im Allgemeinen bauliche Mittel. Anlagentechnischer Brandschutz sowie Betriebsvorschriften werden in der Regel erst für die Kompensation besonderer Risiken bei Sonderbauten oder die Zulassung von Abweichungen erforderlich. Eine allgemeine Nachrüstpflicht für bestehende bauliche Anlagen besteht nicht (siehe § 89).

14.2 Die Möglichkeit wirksamer Löscharbeiten schließt auch die ausreichende Löschwasserversorgung ein. Die Richtwerte für die ausreichende Bemessung sind im DVGW-Arbeitsblatt W 405 "Bereitstellung von Löschwasser durch die öffentliche Trinkwasserversorgung" dargestellt. Die der Löschwasserversorgung dienenden technischen Einrichtungen können (Trink- und Brauchwasser-) Versorgungsleitungen mit Hydranten sowie von diesen Versorgungsleitungen unabhängige Löschwasservorräte wie Löschwasserbrunnen, Löschwasserteiche und Löschwasser-Sauganschlüsse an offenen Gewässern sein. Im unbeplanten Innenbereich reicht für Gebäude, die sich i. S. d. § 34 BauGB einfügen, im Allgemeinen die Löschwasserversorgung aus, die vorhanden ist.

15 Wärmeschutz, Schallschutz und Erschütterungsschutz ( § 15)

15.1 Konkrete Anforderungen an den "konstruktiven" Wärmeschutz, der aus bauphysikalischen Gründen erforderlich ist, enthalten die bauaufsichtlich eingeführten Technischen Baubestimmungen. Die Regelung hat für Anlagen, die dem Anwendungsbereich der Energieeinsparverordnung unterliegen, keine eigenständige materielle Bedeutung, da die Anforderungen der EnEV über das aus bautechnischer Sicht Erforderliche hinausgehen.

15.2 Konkrete Anforderungen an den Schallschutz enthalten die bauaufsichtlich eingeführten Technischen Baubestimmungen (DIN 4109). Für Lärm, der von einer baulichen Anlage emittiert wird, gelten die immissionsschutzrechtlichen Regelungen.

16 Verkehrssicherheit ( § 16)

16.1 Die Forderungen betreffen nicht nur den Fahrzeugverkehr, sondern auch die Gebäudenutzung selbst. In Verbindung mit den Schutzzielen des § 3 können sich daraus Anforderungen an Bodenbeläge, Umwehrungen, Treppen, Absturzsicherungen oder die Fluchtwegesicherung ergeben.

16.2 Die Anforderungen betreffen Gefährdungen des öffentlichen Verkehrs durch bauliche Anlagen, wie sie durch hervortretende Bauteile, verbaute Sichtdreiecke, Einfriedungen oder die Anordnung von Ausfahrten entstehen können.

16a Bauarten ( § 16a)

16a.1 Bei Bauarten nach § 2 Abs. 11 handelt es sich um Regelungen zur Bauausführung. (Geregelte) Bauarten, die den Technischen Baubestimmungen nach § 87a ( ThürVVTB) entsprechen oder für die allgemeine Regeln der Technik existieren, können ohne weitere Genehmigung angewendet werden. Dies gilt auch dann, wenn sie von diesen nicht wesentlich abweichen.

16 a.2- 4 (Ungeregelte) Bauarten bedürfen einer allgemeinen oder vorhabenbezogenen Bauartgenehmigung bzw. eines allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses für Bauarten, wenn die Bauart nach allgemein anerkannten Prüfverfahren entsprechend der ThürVVTB beurteilt werden kann. Ebenso kann die oberste Bauaufsichtsbehörde auf eine Bauartgenehmigung verzichten, wenn Gefahren nach § 3 Satz 1 nicht zu erwarten sind.

16a.5 Die Übereinstimmung der Bauart mit der Technischen Baubestimmung, der allgemeinen oder vorhabenbezogenen Bauartgenehmigung oder dem bauaufsichtlichen Prüfzeugnis für Bauarten bedarf einer Übereinstimmungsbestätigung.

16a.6 Auf die Thüringer Verordnung über Anforderungen an Hersteller von Bauprodukten und Anwender von Bauarten ( ThürHAVO) und die Thüringer Verordnung über die Überwachung von Tätigkeiten mit Bauprodukten und bei Bauarten ( ThürÜTVO) wird hingewiesen.

16b Allgemeine Anforderungen für die Verwendung von Bauprodukten ( § 16b)

16b.1.1 Absatz 1 enthält die bislang in § 3 Abs. 2 enthaltene grundlegende Regelung für die Verwendung von Bauprodukten. Bauprodukte, die die Anforderungen des § 16b erfüllen, dürfen ohne weiteres verwendet werden, soweit die § § 16c bis 25 sowie 87a nicht weitergehende Anforderungen stellen. Mit dem CE-Zeichen gekennzeichnete Bauprodukte dürfen nach Maßgabe des § 16c verwendet werden.

16b.1.2 Die in § 17 Abs. 1 genannten Produktgruppen bedürfen eines Verwendbarkeitsnachweises. Ohne Verwendbarkeitsnachweis und ohne Übereinstimmungsbestätigung dürfen verwendet werden

16b.1.3 Bei einem Verstoß gegen § 16b kann die Bauaufsichtsbehörde aufgrund des § 78 Abs. 1 Satz 1 einschreiten.

16c Anforderungen für die Verwendung von CE-gekennzeichneten Bauprodukten ( § 16c)

Durch die CE-Kennzeichnung wird die Konformität des Bauprodukts mit der erklärten Leistung erklärt. Es ist Aufgabe der am Bau Beteiligten, sicherzustellen, dass die für ein Bauprodukt erklärten Leistungen ausreichend sind, um die sich aus den Bauwerksanforderungen ergebenden Produktanforderungen zu erfüllen. Ein Bauprodukt darf verwendet werden, wenn die erklärten Leistungen den Anforderungen entsprechen oder unter Berücksichtigung des konkreten Verwendungszwecks nicht wesentlich davon abweichen. Liegt im Hinblick auf die zu erfüllenden Bauwerksanforderungen keine ausreichende Leistungserklärung vor, ist eine Verwendung auf Grundlage von § 16c nicht möglich. Für Bauprodukte, die eine CE-Kennzeichnung tragen, dürfen keine Verwendbarkeitsnachweise bzw. Übereinstimmungsbestätigungen gefordert werden.

17 Verwendbarkeitsnachweise ( § 17)

17.1 Die Regelung benennt die Fälle, in denen ein Verwendbarkeitsnachweis für ein nationales Bauprodukt erforderlich ist. Dies ist der Fall, wenn es keine Technische Baubestimmung und keine allgemein anerkannte Regel der Technik gibt, das Bauprodukt von einer Technischen Baubestimmung wesentlich abweicht oder es eine Rechtsverordnung vorsieht. Wenn eine allgemein anerkannte Regel der Technik existiert, bedarf es unabhängig davon, ob diese eingehalten wird, keines Verwendbarkeitsnachweises. Eine Rechtsverordnung im Sinne der Nummer 3 ist die Thüringer Verordnung zur Feststellung der wasserrechtlichen Eignung von Bauprodukten und Bauarten vom 20. Juli 2007 (GVBl. S. 94) in der jeweils geltenden Fassung, nach der zur Vermeidung von Doppelprüfungen wasserrechtliche Anforderungen bei der Erteilung von Verwendbarkeitszeugnissen mit geprüft werden.

17.2 Auch Bauprodukte, für die ein Verwendbarkeitsnachweis nicht erforderlich ist, müssen die allgemeinen Anforderungen des § 16b erfüllen.

17.3 Da eine abschließende Erfassung aller denkbaren Bauprodukte unmöglich ist, enthält die ThürVVTB lediglich Beispiele von Bauprodukten, für die kein Verwendbarkeitsnachweis erforderlich ist. Dies entspricht der Liste C nach dem bisherigen § 17 Abs. 3 Satz 2. Die Liste soll der Klarstellung dienen. Maßgeblich für das Erfordernis eines Verwendbarkeitsnachweises sind aber die Absätze 1 und 2.

20 Nachweis der Verwendbarkeit von Bauprodukten im Einzelfall ( § 20)

Die Zustimmung im Einzelfall wird von der obersten Bauaufsichtsbehörde erteilt. Auf die "Allgemeinen Hinweise über vorzulegende Unterlagen und Nachweise zum Antrag auf Zustimmung im Einzelfall" (abrufbar auf der Internetseite des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft) wird hingewiesen.

21 Übereinstimmungsbestätigung ( § 21)

21.1 Mit der Übereinstimmungsbestätigung wird die Übereinstimmung eines Bauprodukts mit den Verwendbarkeitsanforderungen ( § 17 bis § 20) bestätigt. Die Regelung gilt nach § 16a Abs. 5 für den Anwender von Bauarten entsprechend.

21.2 Die Bestätigung der Übereinstimmung mit den technischen Regeln erfolgt stets durch Übereinstimmungserklärung des Herstellers. In den durch § 22 Abs. 1 bestimmten Fällen darf der Hersteller die Erklärung zwar erst abgeben, wenn ihm ein Zertifikat erteilt worden ist, aber auch dann erklärt der Hersteller durch die Anbringung des Übereinstimmungszeichens nach Absatz 3 nicht lediglich, dass ihm ein Zertifikat erteilt worden ist, sondern dass das Produkt mit den technischen Regeln übereinstimmt.

21.3 Für die Führung des Übereinstimmungsnachweises und die Kennzeichnung mit dem Übereinstimmungszeichen ist die Thüringer Übereinstimmungszeichenverordnung (ThürÜZVO) zu beachten.

24 Prüf-, Zertifizierungs- und Überwachungsstellen ( § 24)

Auf die Thüringer Verordnung über die Anerkennung als Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstelle nach Bauordnungsrecht ( ThürPÜZAVO) wird hingewiesen.

26 Allgemeine Anforderungen an das Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen ( § 26)

Ausgehend von der Schutzzielformulierung des § 14 werden die allgemeinen Anforderungen an das Brandverhalten beschrieben und das System der Begriffe und deren Zuordnung zueinander bestimmt.

Die technische Umsetzung der Anforderungen erfordert die Zuordnung der bauordnungsrechtlichen Begriffe zu Klassen von Baustoffen und Bauteilen, die sich auf Grund von Brandversuchen nach technischen Regeln (DIN 4102, DIN EN 13501) ergeben. Diese Zuordnung ergibt sich aus Nr. a 2.1.2 ThürVVTB.

Die bauaufsichtlichen Anforderungen sind bei Bauprodukten im Geltungsbereich harmonisierter Normen nach der Bauproduktenrichtlinie auch durch die europäische Klassifizierung der Feuerwiderstandsfähigkeit von Bauteilen bzw. des Brandverhaltens nachweisbar, soweit harmonisierte Bestimmungen vorliegen und die ThürVVTB keine abweichenden Regelungen trifft.

Die Anforderungen beziehen sich, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf die Beurteilung der Baustoffe und Bauteile im eingebauten Zustand. Bauteile, die auf Grund ihrer Materialeigenschaft oder Bemessung die erforderliche Feuerwiderstandsdauer nicht aufweisen, müssen diese durch zusätzliche Schutzmaßnahmen wie Beschichtungen oder Bekleidungen erreichen. Soweit Bekleidungen und somit die Oberfläche von Bauteilen nichtbrennbar oder schwer entflammbar sein müssen, ist deren Oberflächenbehandlung grundsätzlich in die Beurteilung der Brennbarkeit mit einzubeziehen, es sei denn, es handelt sich um Beschichtungen bis 0,5 mm Dicke, um Anstriche oder um Tapeten auf Mauerwerk, Beton oder mineralischem Putz.

26.1 Baustoffe

Bauaufsichtliche Benennung Baustoffklasse nach DIN 4102
nicht brennbar A, A1, A2
brennbar B
schwer entflammbar B1
normal entflammbar B2
leicht entflammbar B3 (Verwendung verboten)

26.2.1 Bauteile nach dem Feuerwiderstand

Bauaufsichtliche Benennung Feuerwiderstandsklasse
feuerbeständig F 90
hochfeuerhemmend F 60
feuerhemmend F 30

26.2.2 Bauteile nach dem Brandverhalten ihrer Baustoffe

1. Bauteile aus nichtbrennbaren Stoffen A, A1, A2
2. Bauteile in wesentlichen Teilen aus nichtbrennbaren Stoffen AB-Bauweise
3. Bauteile, deren tragende und aussteifende Teile aus brennbaren Stoffen bestehen und die allseitig eine Brandschutzbekleidung und Dämmstoffe aus nicht brennbaren Baustoffen haben BA-Bauweise
4. Bauteile aus brennbaren Stoffen B, B1, B2

Zulässige Kombinationen von Feuerwiderstandsfähigkeit und Baustoffverwendung

Feuerwiderstandsfähigkeit der Bauteile
feuerbeständig
u. aus nichtbrennbaren Baustoffen
feuerbeständig hochfeuerhemmend feuerhemmend
Baustoffanforderung alle Bestandteile sind nicht brennbar X X X X
tragende u. aussteifende Teile sind nicht brennbar (Satz 3, Nr. 1) X X X
tragende u. aussteifende Teile sind brennbar und haben eine Brandschutzbekleidung (Satz 3 Nr.2) X X
alle Bestandteile sind brennbar X

27 Tragende Wände, Stützen ( § 27)

Schutzziel: ausreichend lange Standsicherheit

Tragende Wände und Stützen GK 1 GK 2 GK 3 GK 4 GK 5
In Geschossen, ausgenommen Keller- und Dachgeschosse * F 30 F 30 F 60-BA F 90-AB
In Dachgeschossen, wenn darüber noch Aufenthaltsräume möglich sind * F 30 F 30 F 60-BA F 90-AB
In Kellergeschossen F 30 F 30 F 90-AB F 90-AB F 90-AB
*) Gilt nicht für Balkone, ausgenommen offene Gänge, die als notwendige Flure dienen.

Bei Balkonen werden nur dann Anforderungen an den Feuerwiderstand gestellt, wenn sie Bestandteil von Rettungswegen sind. Balkone dürfen nicht zur Brandausbreitung beitragen.

28 Außenwände ( § 28)

Schutzziel: ausreichend lange Begrenzung der Brandausbreitung

Außenwände GK 1 GK 2 GK 3 GK 4 GK 5
Nichttragende Außenwände und nichttragende Teile tragender Außenwände a oder
W 30-B1
a oder
W 30-B1
Oberflächen von Außenwänden und Außenwandbekleidungen, einschließlich Dämmstoffe und Unterkonstruktionen B 12 B 12
Balkonbekleidungen, die über die erforderliche Umwehrungshöhe hinaus geführt werden B 1 B 1
1) Brennbare Türen, Fenster und Fugendichtungen sowie brennbare Dämmstoffe in nichtbrennbaren geschlossenen Profilen der Außenwandkonstruktion sind zulässig.

2) Unterkonstruktionen aus normalentflammbaren Baustoffen (B 1) sind zulässig, wenn eine Brandausbreitung auf und in diesen Bauteilen ausreichend lang begrenzt ist ( § 28 Abs.1).

28.2 Die Anforderung an die Nichtbrennbarkeit der Baustoffe dient einer Beschränkung des eigenen Beitrags der Fassade zum Brand. Die Ausnahmeregelung des Satzes 2 Nr. 1 bezieht sich auf Türen und Fenster in einer Lochfassade, nicht aber auf feste Verglasungen oder Glasfassaden.

28.3.1 Wärmedämmverbundsysteme mit einer Dämmung aus EPS-Hartschaum sind bis zu einer Dämmstoffdicke von 0,1 m ausweislich der Verwendbarkeitsnachweise als schwerentflammbar eingestuft. Bei Dämmstoffdicken > 0,1 m sind ggf. zusätzliche Brandschutzmaßnahmen erforderlich. Die erforderlichen Maßnahmen ergeben sich aus dem jeweiligen Verwendbarkeitsnachweis (z.B. Sturzschutz über jeder Öffnung, umlaufender Brandriegel in jedem zweiten Geschoss). Auf Nr. a 2.2.1.6 ThürVVTB "Hinterlüftete Außenwandbekleidungen" und das Merkblatt "Empfehlungen zur Sicherstellung der Schutzwirkung von Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) aus Polystyrol" (Stand 18.06.2015) der Bauministerkonferenz (https://www.isargebau.de/Dokumente/42318213.pdf) wird hingewiesen.

Zu berücksichtigen ist ebenfalls, dass unfertige Bauzustände (z.B. Wärmedämmverbundsysteme, die noch nicht verputzt oder verkleidet sind) zusätzliche Risiken bergen, die in der Bauphase zu berücksichtigen sind.

28.3.2 Werden Solaranlagen größeren Ausmaßes an der Außenwand errichtet, müssen sie dieselben Anforderungen erfüllen, die an die Oberfläche der Wand oder eine Außenwandbekleidung gestellt werden. Die Regelung in Satz 2 betrifft nur Balkonbekleidungen, die über die normale Umwehrungshöhe hinausgeführt werden. An Balkonkonstruktionen sind keine Brandschutzanforderungen zu stellen, soweit nicht Rettungswege über Balkone führen.

29 Trennwände ( § 29)

Schutzziel: ausreichend lange Widerstandsfähigkeit gegen Brandausbreitung

Trennwände GK 11 GK 21 GK 3 GK 4 GK 5
Zwischen Nutzungseinheiten sowie zwischen Nutzungseinheiten und anders genutzten Räumen, ausgenommen notwendigen Fluren2 F 30 FW der trag. u. aussteif. Bauteile d. Geschosses
F 30
FW der trag. u. aussteif. Bauteile d. Geschosses
F 30
FW der trag. u. aussteif. Bauteile d. Geschosses
F 60-BA
FW der trag. u. aussteif. Bauteile d. Geschosses
F 90-AB
Zum Abschluss von Räumen mit Explosions- oder erhöhter Brandgefahr F 90-AB F 90-AB F 90-AB F 90-AB F 90-AB
Zwischen Aufenthaltsräumen und anders genutzten Räumen im Kellergeschoss FW der trag. u. aussteif. Bauteile d. Geschosses
F 30
FW der trag. u. aussteif. Bauteile d. Geschosses
F 30
FW der trag. u. aussteif. Bauteile d. Geschosses
F 90-AB
FW der trag. u. aussteif. Bauteile d. Geschosses
F 90-AB
FW der trag. u. aussteif. Bauteile d. Geschosses
F 90-AB
In Dachräumen, wenn Trennwände nur bis zur Rohdecke geführt sind Decke
F 30
Decke
F 30
Decke
F 30
Decke
F 30
Decke
F 30
Abschluss von Öffnungen in Trennwänden T 30, dicht- u. selbstschließend T 30, dicht- u. selbstschließend T 30, dicht- u. selbstschließend T 30, dicht- u. selbstschließend T 30, dicht- u. selbstschließend
FW - Feuerwiderstandsfähigkeit

1) Wohngebäude dieser GK ohne Anforderungen

2) Wände notwendiger Flure siehe § 34 Abs. 4

29.5 Für die Abschlüsse von Öffnungen in Trennwänden, die feuerbeständig sein müssen, gilt hinsichtlich der Kombination von Brandschutztür und Brandschutzverglasung Folgendes:

30 Brandwände ( § 30)

Schutzziel: ausreichend lange Verhinderung der Brandausbreitung

Brandwände GK 1 GK 2 GK 3 GK 4 GK 5
Brandwände F 90-A+M
an Stelle von Brandwänden zulässige Wände F 60-BA F 60-BA F 60-BA F60-BA+M nicht zulässig
F 90-AB in Fällen des § 30 Abs.2 Nr.4
(Gebäudeabschlusswand bzw. innere Brandwand zwischen Wohnnutzung u. landwirt. Nutzung)
an Stelle von Brandwänden als Gebäudeabschlusswände zulässige Wände von innen nach außen: Feuerwiderstandsfähigkeit d. trag. und aussteif. Teile d. Gebäudes, mind. F 30 von außen nach innen: F 90-AB F60-BA+M
Abschlüsse von Öffnungen in inneren Brandwänden1 T 60, dicht- u. selbstschließend T 60, dicht- u. selbstschließend T 60, dicht- u. selbstschließend T 60, dicht- u. selbstschließend T 90, dicht- u. selbstschließend
Verglasungen in inneren Brandwänden X F 60 F 60 F 60 F 90
M - mechanische Beanspruchung

1) Öffnungen in äußeren Brandwänden unzulässig

30.2.1 Für Abschlusswände offener Kleingaragen ist nach § 9 Abs. 2 ThürGarVO keine Brandwand erforderlich.

30.2.2 Die ggf. notwendige Sicherung durch Baulasteintragung ist nur in dem Umfang erforderlich, der sich aus der Unterschreitung des Mindestabstandes von 2,50 m gegenüber der Grundstücksgrenze ergibt, wenn im Ergebnis zu bestehenden oder künftigen Gebäuden ein 5 m Abstand gesichert ist.

30.6.1 Bei inneren Ecken mit F 90-a Außenwänden ist das Mindestmaß von 5 m zwischen zwei Öffnungen zweier Brandabschnitte bei diagonaler Messung einzuhalten. Die Regelung gilt entsprechend für F 60-Ba Außenwände bei Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 4.

30.6.2 Werden mehrere Gebäude auf einem Grundstück errichtet oder sind mehrere Grundstücke wie ein Grundstück zu behandeln (Vereinigungsbaulast), kann die Anwendung der Regelung nicht gefordert werden. Eine freiwillige Anwendung kann jedoch ggf. sinnvoll sein.

30.8 Die für die Nutzung erforderliche Zahl und Größe der Öffnungen ergibt sich aus der notwendigen inneren Erschließung der Gebäude. So darf eine Brandwand, die Verkaufsräume trennt, (grundsätzlich nur) die für den Kunden- und Warenverkehr erforderlichen Öffnungen haben. Für Öffnungen in Wänden anstelle von Brandwänden (Brandwandersatzwänden) gilt die Regelung entsprechend. Öffnungen müssen dicht- und selbstschließende Abschlüsse mit der gleichen Feuerwiderstandsdauer wie die Wand haben. Gibt es keine entsprechenden zugelassenen Bauprodukte, sind feuerbeständige Abschlüsse zu verwenden. Sog. Feuerschutzvorhänge entsprechen nicht den geforderten feuerbeständigen, dicht- und selbstschließenden Abschlüssen und können unter bestimmten Voraussetzungen allenfalls nach Zulassung einer Abweichung eingesetzt werden.

30.10.1 Die Regelung stellt seitliche Wände von Vorbauten, die nach § 6 Abs. 6 Nr. 2 in den Abstandsflächen zulässig sind, von Brandschutzanforderungen frei. Zur gegenüberliegenden Grenze ist bei Unterschreitung des Abstands von 2,50 m grundsätzlich eine Brandwand erforderlich.

30.10.2 Offene Vorbauten wie Balkone haben keine Wände, sondern lediglich eine Absturzsicherung und sind daher von der Regelung nicht betroffen. Sie benötigen weder eine Brandwand, noch haben sie aus bauordnungsrechtlicher Sicht einen Abstand zur seitlich gelegenen Grundstücksgrenze einzuhalten. Auch zur gegenüberliegenden Grundstücksgrenze ist bei diesen Vorbauten bei Unterschreitung des Abstands von 2,50 m keine Brandwand erforderlich. Für Balkonbekleidungen, die über die erforderliche Umwehrungshöhe hinaus hochgeführt werden, gilt § 28 Abs. 3 Satz 2. Nicht betroffen von der Regelung sind Loggien, die nicht als Vorbauten gelten können (siehe auch Nummer 6.6.2).

30.11 Dieentsprechende Anwendung der Absätze 8 und 9 bedeutet eine Verringerung der Anforderungen gemäß den Anforderungen an Brandwandersatzwände. Dies gilt neben Wänden auch für Decken, Bauteile, die diese Wände und Decken unterstützen und Abschlüsse von Öffnungen.

31 Decken ( § 31)

Schutzziel: ausreichend lange Standsicherheitund Widerstandsfähigkeit gegen Brandausbreitung

Decken GK 1 GK 2 GK 3 GK 4 GK 5
Decken ausgenommen in Keller- und Dachgeschossen F 30 F 30 F 60-BA F 90-AB
In Dachgeschossen, wenn darüber noch Aufenthaltsräume möglich sind F 30 F 30 F 60-BA F 90-AB
Decken unter und über offenen Gängen, die als notwendige Flure dienen1 F 30 F 30 F 60-BA F 90-AB
Im Kellergeschoss F 30 F 30 F 90-AB F 90-AB F 90-AB
Decken unter und über Räumen mit Explosions- und erhöhter Brandgefahr, außer bei Wohngebäuden der GK 1+2 F 90-AB F 90-AB F 90-AB F 90-AB F 90-AB
Decken zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und Wohnnutzung F 90-AB F 90-AB F 90-AB F 90-AB F 90-AB
1) gilt nicht für Balkone

31.4 Mehr als zwei Geschosse dürfen innerhalb einer Nutzungseinheit nicht durch Deckenöffnungen miteinander in Verbindung stehen. Regelungen in Sonderbauvorschriften bleiben unberührt.

32 Dächer ( § 32)

Schutzziel ist die Verhinderung der Brandübertragung durch Flugfeuer und strahlende Wärme mittels harter Bedachung oder entsprechend großer Abstände zu anderen Gebäuden.

32.4.1 Gegen Lichtbänder aus brennbaren Baustoffen in Dächern mit harter Bedachung bestehen keine Bedenken, wenn sie

32.4.2 Gegen Lichtkuppeln aus brennbaren Baustoffen in Dächern mit harter Bedachung bei Nichtwohngebäuden bestehen in der Regel keine Bedenken, wenn

Im Einzelfall können weitere Vorkehrungen notwendig sein.

32.4.3 Werden solche Lichtkuppeln und Lichtbänder zusammen verwendet, dann dürfen diese Bedachungen insgesamt höchstens 30 v. H. der Dachflächen erreichen. Diese Teilflächen gelten nicht als weiche Bedachung.

32.4.4 Die DIN 4102-7 ist für die Beurteilung begrünter Dächer - Extensivbegrünungen, Intensivbegrünungen, Dachgärten - ungeeignet. Für die Beurteilung einer ausreichenden Widerstandsfähigkeit gegen Flugfeuer und strahlende Wärme können jedoch die nachstehenden Ausführungen zu Grunde gelegt werden:

Dächer mit Intensivbegrünung und Dachgärten - das sind solche, die bewässert und gepflegt werden und die in der Regel eine dicke Substratschicht aufweisen - sind als widerstandsfähig gegen Flugfeuer und strahlende Wärme (harte Bedachung) zu bewerten.

Bei Dächern mit Extensivbegrünungen durch überwiegend niedrig wachsende Pflanzen, wie beispielsweise Gras, Sedum, Eriken, ist ein ausreichender Widerstand gegen Flugfeuer und strahlende Wärme gegeben, wenn

32.5 Die Regelung dient vorrangig dem Schutz angrenzender Gebäude in giebelständiger Bauweise. Dabei kann bei entsprechendem Abstand der genannten Bauteile zur Brandwand auf eine Überdachführung verzichtet werden.

32.6 Die Regelung gilt entsprechend, wenn ein traufseitiger Anbau zulässig ist. Auch wenn das Gebäude lediglich grenznah errichtet werden soll, ist mit Öffnungen der Abstand von 2 m von der Grenze einzuhalten.

33 Erster und zweiter Rettungsweg ( § 33)

33.1.1 Rettungswege sind bis ins Freie nachzuweisen. Bei Regelbauten ist ein Nachweis der Weiterführung der Rettungswege auf dem Grundstück zur öffentlichen Verkehrsfläche in der Regel verzichtbar.

33.1.2 Bei ebenerdig liegenden Nutzungseinheiten, deren Ausgang unmittelbar ins Freie oder über notwendige Flure mit Ausgang ins Freie führt, ist ein weiterer Rettungsweg regelmäßig nicht erforderlich. Dahinter steht die Annahme, dass ein unmittelbarer Ausgang ins Freie wie ein Sicherheitstreppenraum anzusehen ist. Die sonstigen Anforderungen an das Rettungswegsystem, wie "kein notwendiger Flur innerhalb von Nutzungseinheiten mit nicht mehr als 200 m2", "Rettungsweg nicht länger als 35 m" und "Stichflur nicht länger als 15 m", bleiben unberührt.

33.2.1 Statt einer notwendigen Treppe ist auch eine Rampe mit flacher Neigung zulässig (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 2).

33.2.2 Ein Rettungsweg muss grundsätzlich die Selbst- und Fremdrettung ermöglichen. Als zweite Rettungswege sind daher Notrutschen, einklappbare Leitertreppen oder feste Leitern nicht zulässig. Diese Sonderlösungen können nur in Einzelfällen, z.B. bei der Sanierung bestandsgeschützter Gebäude unter Berücksichtigung des darauf angewiesenen Personenkreises, als Abweichung nach § 66 zugelassen werden. Werden z.B. ortsfeste Notleitern an Stellen verwendet, die mit Rettungsgeräten nicht direkt erreichbar sind, ist auf ihre sichere Benutzbarkeit entsprechend den Bestimmungen der DIN 14094 zu achten.

33.2.3 Der Einsatz von verkehrssicheren Rettungsrutschen in bestehenden Kindergärten ist nur in solchen Fällen im Rahmen einer Abweichungsentscheidung zulässig, wo die Herstellung eines zweiten baulichen Rettungsweges nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist. Folgende Bedingungen sind einzuhalten:

33.2.4 Wird an Stelle zweier Rettungswege ein sicher erreichbarer (notwendiger) Treppenraum (Sicherheitstreppenraum) geschaffen, ist dieser entsprechend Nr. 4.2 der Muster-Hochhaus-Richtlinie - MHHR - auszubilden. Dass Feuer und Rauch nicht in den Sicherheitstreppenraum eindringen können, wird sichergestellt durch die Zugänglichkeit des Treppenraumes

33.3.1 Führt der zweite Rettungsweg über Feuerwehrrettungsgeräte, so müssen diese dauerhaft vorgehalten werden, technisch geeignet und für die Evakuierung der zu erwartenden Personenanzahl ausreichend vorhanden sein. Auf die Ausstattung der örtlichen Feuerwehren ist dabei abzustellen.

Für Sonderbauten mit hoher Personenanzahl können gemäß § 51 unabhängig der Einstufung in die Gebäudeklasse besondere Anforderungen gestellt werden.

33.3.2 Bedenken wegen der Personenrettung können sich insbesondere in Abhängigkeit von der Zahl der regelmäßig gleichzeitig anwesenden Nutzer ergeben. Unter der Voraussetzung, dass Einsatzkräfte in Zugstärke (mind. 16 Mann) am Einsatzort zur Verfügung stehen, ist faustformelartig erst bei einer Zahl von mehr als 40 Personen, die sich gleichzeitig in einer Nutzungseinheit aufhalten, eine nähere Prüfung erforderlich. Zu berücksichtigen sind dabei nicht nur die Zahl der zu rettenden Personen, sondern auch eventuelle Besonderheiten des Nutzerkreises (besondere Hilfsbedürftigkeit) und die Ausstattung der örtlichen Feuerwehr einschließlich der Möglichkeit, bei Bedarf kurzfristig weitere Feuerwehrkräfte einsetzen zu können. Eine entsprechende Forderung kommt bei Wohngebäuden und anderen Standardbauten regelmäßig nicht in Betracht.

33.3.3 Bedenken wegen der Personenrettung können auch bestehen, wenn sich die zu rettenden Personen nicht ohne weiteres bemerkbar machen können. Erforderlich ist daher, dass die Stelle, von der die Rettung und das "Bemerkbarmachen" erfolgen soll, auch für ältere und hilfsbedürftige Menschen gefahrlos erreichbar ist.

33.3.4 Zur Nutzung des öffentlichen Straßenraums als Fläche für die Feuerwehr siehe Nummer 5.1.3.

34 Treppen ( § 34)

Schutzziel: Verkehrssicherheit (alle Treppen), Brandschutz (notwendige Treppen)

34.1.1 Soweit Rampen bei barrierefrei zu errichtenden Gebäuden notwendige Treppen ersetzen sollen, sind die Anforderungen der DIN 18040-1 bzw. DIN 18040-2 zu beachten.

34.1.2 Notwendige Treppen sichern die Zugänglichkeit nicht zu ebener Erde liegender Geschosse und nutzbarer Dachräume eines Gebäudes. Sie sind Teil des baulichen Rettungsweges.

Treppen GK 1 GK 2 GK 3 GK 4 GK 5
Tragende Teile a oder F 30-B A F 30-A
Tragende Teile von Außentreppen A A A

34.3 Soweit notwendige Treppen in einem Zug zu führen sind, müssen sie im gleichen durchgehenden Treppenraum liegen. Wenn die Treppe zum Dachraum versetzt angeordnet ist, muss sie in unmittelbarer Verbindung zur Geschosstreppe angeordnet werden, ohne dass ein anderer Raum dazwischen liegt.

34.5 Der größte Verkehr ist im Evakuierungsfall zu erwarten, wenn Aufzüge bzw. ein zweiter Rettungsweg nicht nutzbar sind. Für die Ausbildung von Treppen in und an Gebäuden wird auf die als technische Baubestimmung eingeführten Normen DIN 18065, DIN 18040-1 und DIN 18040-2 hingewiesen. Der nachträgliche Einbau eines Treppenlifts ist bei Beachtung der Anlage a 4.2/1 ThürVVTB zulässig. Die Anwendung der DIN 18065 ist in Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 nicht vorgeschrieben.

34.6 Zur Vermeidung der Leiterwirkung an einem Treppengeländer sind die Anforderungen der DIN 18065 zu erfüllen.

35 Notwendige Treppenräume, Ausgänge ( § 35)

Schutzziel: ausreichend lange Nutzung der notwendigen Treppen im Brandfall

Notwendige Treppenräume, Ausgänge GK 1 GK 2 GK 3 GK 4 GK 5
Wände F 30 F 60-BA+M F 90-A+M
Oberer Abschluss, wenn er nicht Dach ist u. Treppenraumwände bis unter Dachhaut reichen F 30 F 60-BA F 90-AB
Bekleidungen, Putze, Dämmstoffe, Unterdecken und Einbauten, insbesondere Bekleidungen von Wänden und Decken aus brennbaren Stoffen A A A
Bodenbeläge, ausgenommen Gleitschutzprofile B 1 B 1 B 1
Abschlüsse von Öffnungen
Zu Kellergeschossen, nicht ausgebauten Dachräumen, Werkstätten, Läden, Lagerräumen sowie zu sonstigen Räumen und Nutzungseinheiten mit einer Fläche > 200 m2, ausgenommen Wohnungen T 30-RS T 30-RS T 30-RS
Zu notwendigen Fluren RS RS RS
Zu sonstigen Räumen und Nutzungseinheiten (Wohnungen) dicht- u. selbstschließend dicht- u. selbstschließend dicht- u. selbstschließend


Arten notwendiger Treppenräume im Nichtsonderbau (Standardbau) ohne Sicherheitstreppenräume
mit Fenster ohne Fenster
GK 3 + 4
  • öffenbare Fenster mit freiem Querschnitt von mind. 0,5 m2 pro Geschoss
GK 5
  • öffenbare Fenster mit freiem Querschnitt von mind. 0,5 m2 pro Geschoss
  • Öffnung zur Rauchableitung an oberster Stelle mit freiem Querschnitt von mind. 1 m2, Öffnungsvorrichtungen in EG und oberstem Treppenabsatz
GK 3
  • Öffnung zur Rauchableitung an oberster Stelle mit freiem Querschnitt von mind. 1 m2, Öffnungsvorrichtungen in EG und oberstem Treppenabsatz
GK 4 + 5
  • Öffnung zur Rauchableitung an oberster Stelle mit freiem Querschnitt von mind. 1 m2, Öffnungsvorrichtungen in EG und oberstem Treppenabsatz
  • soweit dies zur Erfüllung der Anforderungen an Belüftung und Entrauchung erforderlich ist besondere Vorkehrungen, z.B.
  1. Vorraum
  2. qualifizierte Abschluss
  3. Druckbelüftung

35.1 Der eigene, durchgehende Treppenraum

Nach Satz 1 muss jede notwendige Treppe in einem eigenen und somit geschlossenen Treppenraum liegen. Ausnahmen regelt § 35 Abs. 1 Satz 3 für Gebäude der GK 1 und 2, die Verbindung von höchstens zwei Geschossen derselben Nutzungseinheit (siehe auch Nummer 2.3.4 zu Galerien) sowie für Außentreppen.

Die Forderung nach einem durchgehenden Treppenraum trägt der vorgeschriebenen Treppenführung in einem Zuge zu allen angeschlossenen Geschossen entsprechend § 34 Abs. 3 Rechnung.

Notwendige Außentreppen müssen auch unter winterlichen Bedingungen uneingeschränkt begehbar sein. Ein möglicher Feuerüberschlag aus Außenwandöffnungen darf die Nutzung im Brandfall nicht einschränken.

35.2 Lage und Anzahl notwendiger Treppenräume ergeben sich insbesondere aus der festgesetzten maximalen Fluchtweglänge. Zur Sicherung kurzer Rettungswege und alternativer Fluchtrichtungen sind mehrere notwendige Treppenräume möglichst entgegengesetzt anzuordnen.

35.3 Die Anforderungen an Ausgänge notwendiger Treppenräume bzw. Räume zwischen Treppenraum und Ausgang ins Freie werden im Einzelnen beschrieben. Vorräume dürfen Öffnungen zu Aufzügen haben, wenn Aufzüge innerhalb des Treppenraums ohne eigenen Fahrschacht nach § 39 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 zulässig wären.

35.6 Eine Tür ist dann dichtschließend, wenn sie ein formstabiles Türblatt hat und mit einer dreiseitig umlaufenden dauerelastischen Dichtung ausgestattet ist, die aufgrund ihrer Form (Lippen-/Schlauchdichtung) und des Dichtungsweges bei der geschlossenen Tür sowohl an der Zarge als auch am Türflügel anliegt. Verglasungen in diesen Abschlüssen sind zulässig.

Als rauchdicht bzw. Rauchschutzabschlüsse (RS) gelten Abschlüsse, wenn sie der DIN 18095 entsprechen.

35.7 Entsprechend der Funktion als Rettungsweg ist für notwendige Treppenräume eine Beleuchtung erforderlich, um die notwendige Orientierung zu gewährleisten. Sind keine Fenster vorhanden, ist in Gebäuden mit einer Höhe von mehr als 13 m zudem eine Sicherheitsbeleuchtung erforderlich. Die Beleuchtungsstärke in den Achsen der Rettungswege muss mindestens 1 Lux betragen.

35.8 Das der Rauchableitung zugrundeliegende Schutzziel ist die Unterstützung wirksamer Löscharbeiten durch die Feuerwehr. Die Evakuierung von Personen wird allein durch Maßnahmen der inneren Abschottung, der Gestaltung der Rettungswege und durch organisatorische Maßnahmen (ggf. in Verbindung mit anlagentechnischen Maßnahmen) sichergestellt.

35.8.1 Die Anforderungen an die Belüftung und Rauchableitung werden in der Regel durch öffenbare Fenster und / oder, wenn nicht vorhanden, eine Rauchableitungsöffnung an oberster Stelle mit manueller Bedienung erfüllt. Fenster dienen der Belüftung, Belichtung sowie der Rauchableitung und in Verbindung mit der geöffneten Haustür ggf. auch als Zuluftöffnung. Öffnungen zur Rauchableitung müssen im Erdgeschoss eine gleich große Zuluftöffnung haben (i. d. R. die offene Haustür entsprechender Größe mit Feststellvorrichtung). Das Öffnen der Rauchableitungsöffnung erfolgt in der Regel durch die Feuerwehr, da die Entrauchung des Treppenraums der Unterstützung wirksamer Löscharbeiten dient. Öffnungen zur Rauchableitung, die keine Rauch- und Wärmeabzugsanlagen nach DIN 18232/12101-2 sind, müssen nicht mit Funktionserhalt ausgeführt werden und unterliegen nicht einer wiederkehrenden Prüfpflicht. Unabhängig davon ist im Brandfall bei Betätigung der Auslösevorrichtung das sichere Öffnen der Rauchableitung zu gewährleisten.

Für notwendige Treppenräume ohne Fenster können bei Gebäuden der der GK 4 und 5 nach Satz 3 HS 2 im Einzelfall ggf. besondere Vorkehrungen notwendig werden, um eine Belüftung und Entrauchung zur Unterstützung wirksamer Löscharbeiten sicherzustellen. Zusätzliche Maßnahmen können den Raucheintritt aus anschließenden Nutzungseinheiten begrenzen. Angesichts des vergleichbaren Risikoprofils notwendiger Treppenräume mit und ohne Fenster müssen zusätzliche Maßnahmen begründet und verhältnismäßig sein. In Abhängigkeit von der Gebäudenutzung, der Anzahl der Personen in den Nutzungseinheiten etc. und der weiteren brandschutztechnischen Ausstattung kommen z.B. folgende zusätzliche Maßnahmen in Betracht:

  1. Der Treppenraum darf aus den Geschossen nur über einen Vorraum oder einen notwendigen Flur zugänglich sein. Der Vorraum darf weitere Öffnungen nur zu Aufzügen und zu Sanitärräumen haben. Im Übrigen hat er die Anforderungen an notwendige Flure zu erfüllen.
  2. Ein Vorraum oder Flur ist nicht erforderlich, wenn zum Treppenraum rauchdichte und selbstschließende Türen in der Feuerwiderstandsklasse T 30 als qualifizierte Abschlüsse vorhanden sind. Diese Lösung ist i. d. R. auf Gebäude mit nicht mehr als 10 Wohnungen oder Nutzungseinheiten von nicht mehr als 200 m2 beschränkt.
  3. Ein Vorraum oder Flur ist nicht erforderlich, wenn der Eintritt von Rauch in den Treppenraum durch Anlagen zur Erzeugung von Überdruck verhindert wird. Druckbelüftungsanlagen müssen so bemessen und beschaffen sein, dass die Luft auch bei geöffneten Türen zu dem vom Brand betroffenen Geschoss auch unter ungünstigen klimatischen Bedingungen entgegen der Fluchtrichtung strömt. Die Abströmgeschwindigkeit der Luft durch die geöffnete Tür des Treppenraums muss mindestens 2,0 m/s betragen. Die maximale Türöffnungskraft an den Türen darf höchstens 100 N betragen. Druckbelüftungsanlagen müssen durch die Brandmeldeanlage automatisch ausgelöst werden. Geeignete Abströmöffnungen sind vorzusehen. Die Anforderungen an notwendige Treppenräume ohne Fenster der GK 4 und 5 sind geringer als bei Sicherheitstreppenräumen, da ein zweiter Rettungsweg zur Verfügung steht.

Sofern sicherheitstechnische Anlagen wie Druckbelüftungsanlagen baurechtlich gefordert werden, sind diese entsprechend der ThürTechPrüfVO prüfpflichtig. Für alle Sicherheitseinrichtungen des Treppenraums ist eine Ersatzstromversorgungsanlage (Ersatzstromanlage) vorzuhalten, die sich bei Ausfall der allgemeinen Stromversorgung selbsttätig innerhalb von 15 Sekunden einschaltet. Die Ersatzstromanlage ist für eine Betriebsdauer von mindestens 60 Minuten auszulegen; bei Wohngebäuden mit nicht mehr als 10 Wohnungen pro Treppenraum genügt eine Betriebsdauer von mindestens 30 Minuten.

Anstelle einer Ersatzstromanlage können ggf. auch zwei voneinander unabhängige Netzeinspeisungen angeordnet werden (keine "Sprinklerschaltung").

36 Notwendige Flure, offene Gänge ( § 36)

Vorhandene Flure, die Teil des Rettungsweges sind, sind notwendige Flure und haben die entsprechenden Anforderungen zu erfüllen. Ggf. vorgesehene, aber nicht als Rettungsweg benötigte (nicht notwendige) Flure müssen die Anforderungen des § 36 nicht erfüllen. Auch in anderen Gebäuden können notwendige Flure entfallen, wenn die Verbindung der Treppenräume zu den Nutzungseinheiten ohne Flure erfolgt (siehe dazu Nummer 35).

Schutzziel: ausreichend lange Nutzung im Brandfall

Notwendige Flure, offene Gänge GK 1 GK 2 GK 3 * GK 4 * GK 5 *
Wände notwendiger Flure X X F 30 F 30 F 30
Wände und Brüstungen notwendiger Flure mit nur einer Fluchtrichtung, die als offene Gänge vor den Außenwänden angeordnet sind F 30 F 30 F 30
Wände in Kellergeschossen ausgenommen Wohngebäude der GK 1 und 2 F 90-AB F 90-AB F 90-AB
Türen in Wänden notwendiger Flure dichtschließend dichtschließend dichtschließend
Türen zur Teilung notwendiger Flure in Rauchabschnitte von max. 30 m Länge RS, nicht
abschließbar
RS, nicht
abschließbar
RS, nicht
abschließbar
Öffnungen in Wänden notwendiger Flure zu Lagerbereichen im Kellergeschoss T 30 dicht-
u. selbstschließend
T 30 dicht-
u. selbstschließend
T 30 dicht-
u. selbstschließend
Bekleidungen, Putz, Unterdecken, Dämmstoffe sowie Oberflächen von Wänden und Decken A A A
*) Gilt nicht innerhalb von Nutzungseinheiten bis 200 m2 und Wohnungen sowie Büroeinheiten bis 400 m2.

36.4 An feststehende Verglasungen wie Lichtöffnungen in Innenwänden notwendiger Flure sind Anforderungen wie an Flurwände zu stellen. Dabei sind in der Regel feuerhemmende Verglasungen (F 30) zu verwenden. Verglasungen der Feuerwiderstandsklasse G 30 nach DIN 4102 Teil 5 in Trennwänden von notwendigen Fluren sind zulässig, wenn sie mit der Unterkante mindestens 1,80 m über dem Fußboden angeordnet sind.

36.6 Aus der Anforderung der Nichtbrennbarkeit der Oberflächen von Wänden und Decken ergibt sich unter Berücksichtigung des Schutzziels der ausreichend langen Nutzbarkeit im Brandfall eine Minimierung von Brandlasten und Brandentstehungsgefahren. Daraus ist abzuleiten, dass notwendige Flure von Brandlasten weitgehend freigehalten werden sollten. Baustoffeigenschaften für Bodenbeläge sind nicht geregelt. Aus der Systematik des § 35 Abs. 5 Nr. 3 ergibt sich, dass mindestens schwerentflammbare Baustoffe jedenfalls ausreichen. Weitergehende Anforderungen können sich aus dem Brandschutzkonzept ergeben.

37 Fenster, Türen, sonstige Öffnungen ( § 37)

37.2 Zur Kennzeichnung von Glastüren und anderen Glasflächen, die bis zum Fußboden allgemein zugänglicher Verkehrsflächen herabreichen, vgl. DIN 18040-1 Nr. 4.3.2 und 4.3.3.5. Die Hinweise gelten sinngemäß auch für Wohngebäude.

37.3 Durch diese Regelung werden an Eingangstüren von über Aufzüge erreichbaren Wohnungen Anforderungen gestellt, die eine Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer ermöglichen.

37.5.1 Gegen Türöffnungen, die im Lichten 0,80 m x 1,80 m groß sind, bestehen keine Bedenken, wenn diese zu Rettungsbalkonen führen.

37.5.2 Das erforderliche Maß von Fensteröffnungen darf durch feststehende Pfosten oder Riegel im Fensterrahmen nicht eingeschränkt werden. Es muss sichergestellt sein, dass Personen sich im Brandfall gegenüber den Rettungskräften bemerkbar machen können (siehe auch Nummer 33.3.3).

38 Umwehrungen ( § 38)

38.1.1 Die Regelung ergänzt und konkretisiert die Bestimmungen des § 16 zur Verkehrssicherheit baulicher Anlagen. Auf die als Technische Baubestimmung eingeführte DIN 18065 "Gebäudetreppen" wird hingewiesen.

Entsprechend sind in Gebäuden, in denen mit der Anwesenheit von unbeaufsichtigten Kleinkindern zu rechnen ist, Umwehrungen so zu gestalten, dass ein Überklettern durch Kleinkinder erschwert wird. Davon nicht betroffen sind in der Regel industrielle und gewerbliche Anlagen sowie Bereiche von Gebäuden, die vornehmlich zur Wartung und Unterhaltung betreten werden und die nicht allgemein zugänglich sind.

38.1.2 "Im Allgemeinen zum Begehen bestimmt" sind z.B. Dachterrassen, Balkone, Emporen und Galerien. Nicht hierunter fallen Flachdächer, die nur gelegentlich für die Durchführung von Inspektions- oder Reparaturarbeiten betreten werden. Es kommt nicht auf die objektive Eignung, sondern auf die subjektive Bestimmung der Flächen an.

38.1.3."Begehbar" sind Flächen, wenn sie durchtrittsicher ausgebildet sind. Zu den Anforderungen an begehbare Glasbauteile siehe "Anforderungen an begehbare Verglasungen; Empfehlungen für das Zustimmungsverfahren (Fassung November 2009)", DIBt Mitteilungen, Heft Nr. 1/2010.

38.1.4 "Zeitweilig" i. S. des § 38 Abs. 1 Nr. 3 grenzt von dem längeren Aufenthalt ab, wie er z.B. auf einem Dachgarten erfolgt. Erfasst sind hiervon Flächen, auf denen sich Personen kurzfristig aufhalten, z.B. um einen Dachgarten zu erreichen. Nicht erfasst ist der Aufenthalt von Personen zur Durchführung von Wartungs-, Reparatur- oder Inspektionsarbeiten; insofern sind nach § 32 Abs. 8 andere Sicherheitsvorkehrungen erforderlich.

38.3. Die Höhe der Brüstung ist i. d. R. von der Oberkante Fertigfußboden bis zur Oberkante Fensterbank oder eines anderen feststehenden brüstungsähnlichen Bauteiles ohne Hinzurechnung des Fensterrahmens zu messen. Befinden sich vor der Fensterbrüstung Bauteile, wie Leitungsschächte oder Lüftungskanäle, die zum Daraufsteigen geeignet sind, ist von der Oberkante dieser Bauteile zu messen.

39 Aufzüge ( § 39)

Der Regelungsbereich beschränkt sich auf den baulichen Teil von Aufzügen. Für außenliegende Aufzüge ohne Fahrschacht sind die Anforderungen der Absätze 1 bis 3 nicht anwendbar. Anforderungen an den maschinentechnischen Teil sind in der ThürBO nicht geregelt. Es gilt die Aufzugsverordnung ( 12. ProdSV).

Die Regelungen gelten nicht für Treppenschrägaufzüge, da nutzungsbedingt eine Verkleidung nicht möglich ist.

Schutzziel: ausreichend lange Verhinderung einer Brandausbreitung in andere Geschosse

Aufzüge GK 1 GK 2 GK 3 GK 4 GK 5
Fahrschachtwände als Raumabschluss F 301 F 60-Ba1 F 90-A
Fahrschachttüren ausreichend lange Verhinderung einer Brandausbreitung in andere Geschosse
1) ggf. schachtseitige Bekleidung aus A-Baustoffen

39.3 Öffnungen zur Rauchableitung, die z.B. aus Gründen der Energieeinsparung mit Abschlüssen versehen werden, bedürfen einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung für das System (Abschluss und Rauchauslöseeinrichtung). Neben der wirksamen Rauchableitung im Brandfall ist auch die Lüftung im "Normalbetrieb" sicherzustellen. Fahrschächte innerhalb notwendiger Treppenräume bedürfen keiner eigenen Rauchabzugsöffnung.

39.4.1 Aufzüge sind faustformelartig in "ausreichender" Zahl vorhanden, wenn für je 20 auf den Aufzug angewiesene Personen ein Platz zur Verfügung steht. Im konkreten Einzelfall sind dabei insbesondere

zu berücksichtigen.

39.4.2 Der Verzicht auf Haltestellen im obersten Geschoss oder in den Kellergeschossen bedarf keiner Abweichungsentscheidung der Bauaufsichtsbehörde."Besondere Schwierigkeiten" stehen der Herstellung der Haltestellen im obersten Geschoss z.B. entgegen, wenn der Triebwerksraum aus baurechtlichen Gründen nicht als Dachaufbau angeordnet werden kann. Im Kellergeschoss kann das Herstellen einer Haltestelle besondere Schwierigkeiten aufweisen, wenn der Aufzug als hydraulischer Aufzug ausgeführt wird. Als Gründe für das Entfallen von Haltestellen sind Kostengesichtspunkte nur relevant, wenn sie auf technischen oder rechtlichen Schwierigkeiten beruhen.

40 Leiungsanlagen, Installationsschächte und -kanäle ( § 40)

40.1.1 Leitungsdurchführungen stellen in raumabschließenden Bauteilen, für die eine Feuerwiderstandsfähigkeit vorgeschrieben ist, eine Schwachstelle dar. Eine Brandausbreitung ist ausreichend lang nicht zu befürchten, wenn die Bauteilanforderungen trotz der Leitungen eingehalten werden. Die Anforderungen des Absatzes 1, auch hinsichtlich der Vorkehrungen gegen die Übertragung von Feuer und Rauch (z.B. durch Abschottungen der Klassifikation "R" und "S" und Installationsschächte der Klassifikation "I" nach DIN 4102), werden durch die als Technische Baubestimmung bauaufsichtlich eingeführte Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Leitungsanlagen ( MLAR) ausgefüllt.

40.1.2 Der Verzicht auf Vorkehrungen gegen die Brandausbreitung für Gebäude der GK 2 gilt nicht für die Leitungsführung durch Wände zwischen aneinandergebauten Gebäuden.

41 Lüftungsanlagen ( § 41)

Lüftungsanlagen GK 1 GK 2 GK 3 GK 4 GK 5
Lüftungsleitungen sowie deren Bekleidungen und Dämmstoffe a
B1
a
B1
a
B1
1) wenn kein Beitrag zur Brandentstehung und -weiterleitung

Ein Hindurchführen von Lüftungsleitungen stellt für raumabschließende Bauteile, für die eine Feuerwiderstandsfähigkeit vorgeschrieben ist, eine Schwachstelle dar. Eine Brandausbreitung ist ausreichend lang nicht zu befürchten, wenn die Bauteilanforderungen trotz der Lüftungsleitungen eingehalten werden. Die Anforderungen werden durch die als Technische Baubestimmung bauaufsichtlich eingeführte Muster-Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Lüftungsanlagen ( M-LüAR) ausgefüllt. Die Regelungen erfassen gleichwertige Brandschutzlösungen sowohl im Schacht- als auch im Schottprinzip.

Auf die Schallschutzanforderungen der als Technische Baubestimmung eingeführten DIN 4109 wird hingewiesen.

42 Feuerungsanlagen, sonstige Anlagen zur Wärmeerzeugung, Brennstoffversorgung ( § 42)

Feuerstätten sind nach § 2 Abs. 8 in oder an Gebäuden ortsfest benutzte Anlagen oder Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, durch Verbrennung Wärme zu erzeugen.

Die Anforderungen des § 42 werden durch die Thüringer Feuerungsverordnung - ThürFeuVO (GVBl. 2009 S. 745) konkretisiert. Die Bestimmungen des Immissionsschutzrechts, insbesondere der 1. BImSchV, bleiben unberührt.

Zur Verfahrensfreiheit vgl. § . 60 Abs. 1 Nr. 2, zur Abnahme durch den Bezirksschornsteinfegermeister vgl. § 81 Abs. 2.

43 Sanitäre Anlagen, Wasserzähler ( § 43)

43.1 Auf die Richtlinie über die Lüftung fensterloser Küchen, Bäder und Toilettenräume in Wohnungen (Nr. a 3.2.6 ThürVVTB) wird hingewiesen.

43.2 Die Pflicht zum Einbau von Wasserzählern gilt auch, wenn in bisher anders genutzten Gebäuden Wohnungen neu eingerichtet werden oder wenn größere Wohnungen in kleinere geteilt werden. Die Wasserzähler müssen nicht in der Wohnung installiert sein.

Die Einschränkung bei Nutzungsänderungen in Satz 2 trägt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung. Ein unverhältnismäßiger Mehraufwand ist z.B. anzunehmen, wenn die Nutzungsänderung nicht mit baulichen Änderungen der Wasserversorgungsanlagen verbunden ist und nur wegen der getrennten Erfassung des Wasserverbrauchs die Leitungsanlagen geändert werden müssten.

44 Kleinkläranlagen, Gruben ( § 44)

Die geordnete Abwasserentsorgung ist Bestandteil der bauplanungsrechtlich erforderlichen Erschließung. Anforderungen können sich auch aus dem Wasserrecht ergeben.

45 Aufbewahrung fester Abfallstoffe ( § 45)

Die Regelung bezieht sich auf häusliche Abfälle und ist auf andere Abfälle wie z.B. Produktionsreststoffe nicht anwendbar. Zur Abfallaufbewahrung bestimmte Räume dürfen ausschließlich für die Aufstellung der erforderlichen Abfallbehältnisse bestimmt sein. Gegen das Abstellen von Arbeitsgeräten oder vergleichbar unproblematische Nebennutzungen bestehen im Allgemeinen keine Bedenken.

46 Blitzschutzanlagen ( § 46)

Blitzschutzanlagen können erforderlich sein bei Anlagen, die ihre Umgebung überragen, die von zahlreichen Personen genutzt werden, die keine Bedachung haben oder bei der Lagerung von Stoffen mit Explosions- oder erhöhter Brandgefahr.

47 Aufenthaltsräume ( § 47)

Zur Definition von Aufenthaltsräumen vgl. § 2 Abs. 5. Die Anforderungen beschränken sich auf Raumhöhe, Belichtung und Belüftung. Besondere Anforderungen an Aufenthaltsräume in Keller- und Dachgeschossen werden nicht gestellt, da die für alle Aufenthaltsräume geltenden Mindestanforderungen ausreichend sind.

47.1 "Lichte Raumhöhe" ist der Abstand der Oberkante des fertigen Fußbodens bis zur Unterkante der fertigen Decke.

Einzelne Bauteile, wie Balken oder Unterzüge schränken die sonst eingehaltene lichte Höhe nicht ein. Dies gilt jedoch nicht, wenn z.B. die gesamten Sparren oder Deckenbalken bzw. Galerien die erforderliche lichte Raumhöhe unterschreiten.

47.2.1 Eine ausreichende Belüftung kann z.B. durch Lüftung über Eck, Querlüftung oder Lüftung über raumlufttechnische Anlagen bewirkt werden. Eine Beleuchtung mit Tageslicht ist ausreichend, wenn die nach Satz 2 erforderlichen Fensteröffnungen eingehalten werden.

47.2.2 Die Regelung zur Fenstergröße dient ausschließlich der Sicherstellung der Beleuchtung und Belüftung. Die unter dem Gesichtspunkt der Rettung von Personen erforderlichen Maße von Fenstern sind in § 37 Abs. 5 geregelt. Anforderungen zur Barrierefreiheit, nach denen auch in sitzender Position ein Teil der Fenster in Aufenthalts- und Schlafräumen Durchblick in die Umgebung ermöglichen soll, ergeben sich aus der als Technische Baubestimmung eingeführten DIN 18040-2.

47.2.3 Bei der Bemessung der Netto-Grundfläche des Raumes ist die DIN 277 (vgl. Anlage 4 zu § 27 ThürPPVO) zu Grunde zu legen. Die Grundfläche von Vorbauten und Loggien ist nur in die Grundfläche einzubeziehen, wenn diese verglast sind. Da auf das Rohbaumaß abzustellen ist, sind die Fensterrahmen nicht einzurechnen.

Bedenken gegen ein geringes Fenstermaß bestehen wegen der Lichtverhältnisse z.B. nicht bei Schlafräumen, die nach Art, Lage und Größe nur für diese Nutzung in Betracht kommen.

47.3 Aufenthaltsräume, deren Benutzung eine Belichtung mit Tageslicht verbietet, sind z.B. Fotolabore oder Kinosäle. Als "ähnliche Räume" kommen Hörsäle, Sitzungssäle und sonstige Räume in Frage, in denen sich derselbe Personenkreis nur während weniger Stunden aufhält. Bei Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 können regelmäßig Abweichungen zugelassen werden.

48 Wohnungen ( § 48)

Die Regelung beschränkt sich auf die Festlegung von Mindeststandards. Aus § 29 Abs. 2 ergibt sich für Wohnungen ausgenommen in Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 indirekt die Erforderlichkeit eines Abschlusses von anderen Wohnungen.

48.1 Auf die Richtlinie über die Lüftung fensterloser Küchen, Bäder und Toilettenräume in Wohnungen (Nr. a 3.2.6 ThürVVTB) wird hingewiesen.

48.2.1 Die Größe des Abstellraums richtet sich nach der Art und Größe der Wohnung. Die in § 46 Abs. 4 ThürBO 1994 genannte Größe (6 m2, davon mindestens 1 m2 innerhalb der Wohnung) kann allenfalls als Orientierungswert für Wohnungen herangezogen werden, die für Vierpersonenhaushalte geeignet sind. Anstelle eines (abgeschlossenen) Abstellraumes kann auch eine Abstellfläche vorgesehen werden.

48.2.2 Die Forderung nach Abstellräumen für Kinderwagen und Fahrräder beschränkt sich auf Wohngebäude der Gebäudeklassen 3 bis 5. Leicht erreichbar und gut zugänglich sind sie in der Regel dann, wenn sie zu ebener Erde liegen oder stufenlos oder über eine Rampe mit flacher Neigung erreicht werden können. Sind mehrere Räume vorgesehen, können die für Fahrräder vorgesehenen Räume auch über wenige Stufen oder Rampen mit stärkerer Neigung zugänglich sein. Die Abstellräume können auch in Nebengebäuden außerhalb der Wohngebäude oder als Gemeinschaftsanlage für mehrere benachbarte Gebäude hergestellt werden.

48.4.1 Rauchwarnmelder stellen eine Maßnahme zur Nutzungssicherheit der Wohnungen, insbesondere während der Nachtruhe, dar. Sie dienen ausschließlich dem Schutz der Personen in der vom Brand betroffenen Wohnung. Rauchwarnmelder sind nach Herstellerangaben an der Zimmerdecke möglichst mittig im Raum zu installieren. In besonderen Fällen kann auch mehr als ein Rauchwarnmelder erforderlich sein, um eine Rauchdetektion in vertretbarem Zeitrahmen sicherzustellen. Hinweise zur Anordnung von Rauchwarnmeldern enthalten die nicht verbindlich eingeführte DIN 14676 "Rauchwarnmelder für Wohnhäuser, Wohnungen und Räume mit wohnungsähnlicher Nutzung - Einbau, Betrieb und Instandhaltung" (09.2012) und die Einbauanweisungen der Hersteller. Eine Prüfung durch Sachverständige oder Sachkundige ist entbehrlich, ein Funktionstest (auch durch ungeschulte) Personen entsprechend der Herstellervorgaben ist ausreichend.

48.4.2 Verantwortlich für den Einbau und die Wartung von Rauchwarnmeldern sind wie bei allen anderen Anforderungen des Bauordnungsrechts nach § 52 Bauherren bzw. Eigentümer der Wohnungen. Unbenommen bleiben vertragliche Regelungen zwischen Vermietern und Mietern zur Erhaltung der Betriebsbereitschaft, die aber die Verantwortlichkeit des Eigentümers unberührt lassen.

48.4.3 Die Bauaufsichtsbehörden prüfen wie auch sonst nach § 58 Abs. 1 Satz 2 nach pflichtgemäßem Ermessen die Einhaltung der Rauchwarnmelderpflicht. In der Regel ist ein anlassbezogenes Tätigwerden ausreichend.

49 Stellplätze und Garagen, Abstellplätze für Fahrräder ( § 49)

49.1.1 Zur Definition der Begriffe Stellplatz und Garage vgl. § 2 Abs. 5. Weitere Anforderungen ergeben sich aus der Thüringer Garagenverordnung ( ThürGarVO).

Geeignet sind Stellplätze, wenn sie den ihnen zugedachten Zweck erfüllen, die öffentlichen Verkehrsflächen vom ruhenden Verkehr zu entlasten, der von baulichen Anlagen ausgelöst wird. Hierzu gehört, dass der Anordnung auf dem Baugrundstück keine Hindernisse tatsächlicher, bauplanungsrechtlicher oder bauordnungsrechtlicher Art oder allgemein aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, insbesondere des Verkehrs, entgegenstehen."Gefangene" Stellplätze (hintereinanderliegende Stellplätze, bei denen der hintere nur über den davor liegenden Stellplatz befahren werden kann) können i. d. R. nicht als notwendige Stellplätze anerkannt werden (OVG Rheinland-Pfalz, 22.08.2002, 1 a 10439/02). Bei Wohngebäuden der GK 1 und 2 bestehen dagegen regelmäßig keine Bedenken gegen hintereinander liegende Stellplätze. Stellplätze müssen von den öffentlichen Verkehrsflächen aus verkehrssicher zu erreichen sein.

49.1.2 Bei Umbaumaßnahmen im Bestand oder Nutzungsänderungen ist ungeachtet bisher fehlender Stellplätze nur der durch das konkrete Vorhaben ausgelöste Mehrbedarf zu befriedigen. Es ist ein Vergleich des Bedarfs der Anlage vor und nach der Änderung/Nutzungsänderung vorzunehmen.

Sind für die bisherige Nutzung nach den derzeitigen Verhältnissen zu wenig Stellplätze vorhanden, ist dieser Mangel "bestandsgeschützt", wenn der Bestand

Andernfalls ist der Gesamtbedarf herzustellen.

49.1.3 Bei Anlagen mit unterschiedlicher Nutzung ist der Stellplatzbedarf für die jeweilige Nutzungsart getrennt zu ermitteln. Bei Anlagen mit Mehrfachnutzung (z.B. Sport- und Veranstaltungshalle) ist die Nutzungsart mit dem größten Stellplatzbedarf maßgebend. Ist bei Anlagen mit verschiedenen Nutzungen eine wechselseitige Belegung der Stellplätze möglich, verringert sich der Stellplatzbedarf entsprechend (z.B. bei Gebäuden, in denen sich Einzelhandelsbetriebe und Gaststätten befinden, die nicht gleichzeitig geöffnet sind).

49.1.4 Bei Anlagen mit regelmäßigem An- oder Auslieferungsverkehr können auch Stellplätze für Lastkraftwagen erforderlich sein. Dies gilt sinngemäß auch für Anlagen, bei denen ein Besucherverkehr durch Omnibusse oder Krafträder zu erwarten ist.

49.1.5 Wenn wegen einer untypischen Art der Nutzung von einem gegenüber den Richtzahlen verringerten Stellplatzbedarf ausgegangen wird (vgl. z.B. Nr. 49.1.3), empfiehlt es sich, im Baugenehmigungsverfahren darauf hinzuweisen, dass Veränderungen der zugrunde gelegten Rahmenbedingungen eine Nutzungsänderung darstellen und zu einer Neuberechnung der Stellplatzverpflichtung (in der Regel verbunden mit einer Erhöhung der Anzahl erforderlicher Stellplätze) führen können.

49.1.6 Die Zahl der notwendigen Stellplätze ist jeweils im Einzelfall zu ermitteln. Dabei ist insbesondere auch die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu berücksichtigen. Ein Bauvorhaben kann mit der Folge der Reduzierung des Stellplatzbedarfs z.B. dann überdurchschnittlich gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden, wenn es weniger als 400 m von einem ÖPNV - Haltepunkt entfernt ist und dieser Haltepunkt während der normalen Nutzungszeiten von mindestens einer Linie des ÖPNV in zeitlichen Abständen von jeweils höchstens zwanzig Minuten angefahren wird. Die gute Erreichbarkeit kann aber nur dann berücksichtigt werden, wenn auch erwartet werden kann, dass die Nutzer der Anlage tatsächlich in nennenswertem Umfang den ÖPNV nutzen werden. Dies wird bei Anlagen mit überörtlichem Einzugsbereich oft nicht der Fall sein, wenn der Einzugsbereich nicht ebenfalls über den ÖPNV gut angebunden ist.

49.1.7 Der durch ein Bauvorhaben ausgelöste Stellplatzbedarf wird von der Bauaufsichtsbehörde nur im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens nach § 63 beurteilt und entschieden. Im Übrigen ist der Bauherr selbst verantwortlich; eine Abstimmung der Zahl der notwendigen Stellplätze mit der Bauaufsichtsbehörde ist zu empfehlen. Die nachfolgende Tabelle ist nicht verbindlich, sondern bietet lediglich einen Anhaltspunkt für den durchschnittlichen Bedarf an Stellplätzen ausgewählter Nutzungen. Unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse oder der Art oder Nutzung der baulichen Anlage muss der Bedarf konkretisiert werden. Besondere örtliche Verhältnisse können z.B. bestehen, wenn sich aus Statistiken oder sonstigen Informationsquellen ergibt, dass sich der durchschnittliche Pkw-Besatz pro Privathaushalt von Stadt- oder Ortsteilen untereinander wesentlich unterscheidet. Auch können identische Gebäude je nach Standort, Einzugsbereich, Anbindung an den ÖPNV usw. einen unterschiedlichen Stellplatzbedarf auslösen. Die im Einzelfall festzulegende Stellplatzzahl muss diese Besonderheiten berücksichtigen.

49.2.1 Die Errichtung von Stellplätzen auf dem Baugrundstück, einem anderen Grundstück und die Ablösung in Geld sind gleichberechtigte Möglichkeiten. Als zumutbare Entfernung zu einem anderen Grundstück kann bei Wohnungen im Allgemeinen von einer Entfernung bis zu 300 m Fußweg zwischen Baugrundstück und Stellplatz ausgegangen werden. Bei Gebäuden, die nicht dem Wohnen dienen, kann in großen Gemeinden je nach Nutzung eine Entfernung bis zu 1.000 m Fußweg zwischen Baugrundstück und Stellplatz vertretbar sein. Auch eine Unterscheidung zwischen Stellplätzen für Mitarbeiter und Stellplätzen für Besucher kann gerechtfertigt sein.

49.2.2 Stellplätze für Menschen mit Behinderungen sollten möglichst nah am Gebäude und generell in der Nähe der barrierefreien Zugänge angeordnet werden. Auch Abstellplätze für Fahrräder werden nach allgemeiner Erfahrung nur angenommen, wenn der Weg vom Abstellplatz zu der baulichen Anlagenur wenige Schritte beträgt.

49.3.1 Das Einverständnis der Gemeinde mit der Stellplatzablösung ist Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines Bauvorhabens, wenn die Stellplätze nicht real hergestellt werden. Bei Vorhaben, für die nur eine Genehmigungsfreistellung ( § 61) oder ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren ( § 62) durchzuführen ist, in dem das Bauordnungsrecht und damit auch die Einhaltung der Stellplatzpflicht nicht präventiv geprüft wird, darf mit der Errichtung eines Vorhabens erst begonnen werden, wenn die Gemeinde ihr Einverständnis mit der Ablösung erklärt hat. Über die Ablösung entscheidet die Gemeinde allein; sie ist auch für eine gegebenenfalls erforderliche zwangsweise Durchsetzung ihrer Forderungen aus der Ablösevereinbarung oder für die Gewährung von Zahlungserleichterungen zuständig.

49.3.2 Über die Höhe des Geldbetrages zur Ablöse kann die Gemeinde in Abhängigkeit vom Parkraumkonzept differenzierte lage- und nutzungsbezogene Regelungen treffen, die sich im Rahmen der Obergrenze von 60 % der durchschnittlichen Kosten (einschließlich Grunderwerb) bewegen. Bei den Durchschnittskosten kann auf ein in die Zukunft gerichtetes Gesamtkonzept (z.B. Mischung von ebenerdigen Stellplätzen und Parkhäusern) abgestellt werden. Hat die Gemeinde die Errichtung von Stellplätzen nach § 88 Abs. 1 Nr. 7 ganz oder teilweise untersagt, sind diese nach Absatz 1 insoweit auch nicht abzulösen.

49.3.3 Nach § 2 Abs. 2 ThürKAG muss die Ablösebetragssatzung u. a. den Zeitpunkt der Entstehung und Fälligkeit der Schuld bestimmen. Da die Zahlung des Stellplatzablösebetrages die "Gegenleistung" für die Erteilung der Baugenehmigung ist, ist ein Fälligwerden mit Erteilung oder Bestandskraft der Baugenehmigung sachgerecht. Werden nach Fertigstellung des Bauvorhabens Nutzungsänderungen vorgenommen, die den Stellplatzbedarf mindern, kann der Bauherr nicht ohne weiteres eine Anpassung des Stellplatzablösungsvertrages und Rückzahlung von Teilen der Ablösesummen verlangen (OVG Rheinland-Pfalz, 13.11.2003, 8 a 10878/03). Die Nichtausnutzung der Baugenehmigung kann eine nach § 60 Abs. 1 ThürVwVfG beachtliche Veränderung der Verhältnisse darstellen und ggf. die Rückforderung bereits geleisteter Ablösebeträge rechtfertigen (OVG Nordrhein-Westfalen, 21.11.2000, 10 a 1966/99).

49.5.1 Abstellmöglichkeiten für Fahrräder sind zu schaffen, wenn mit erheblichem Fahrradverkehr zu rechnen ist. Das ist insbesondere dort zu bejahen, wo eine Behinderung des ruhenden oder fließenden Verkehrs ohne Abstellplätze zu befürchten wäre. Dies ist z.B. bei Schulen, Jugendeinrichtungen oder Sportstätten der Fall. Die Regelung des § 48 Abs. 2 zu Abstellräumen für Fahrräder und Kinderwagen bleibt unberührt.

49.5.2 Für die Zahl der Fahrradabstellplätze gelten die Gesichtspunkte für die Ermittlung der erforderlichen Kfz-Stellplätze sinngemäß. Es kommt insbesondere darauf an, inwieweit aufgrund der Nutzung und der Lage der Anlage damit zu rechnen ist, dass tatsächlich ein wesentlicher Teil der Besucher mit dem Fahrrad kommt. Je nach Nutzung können auch Kfz-Stellplätze entbehrlich und dafür in größerem Umfang Fahrradabstellmöglichkeiten erforderlich sein (z.B. bei "Fahrradhotels").

49.5.3 Fahrradabstellmöglichkeiten sollen sicher und möglichst stufenlos erreichbar sein und dürfen nicht zu einer Gefährdung des Fußgänger- oder Fahrzeugverkehrs führen. Sie sollten ein Anschließen der Fahrräder ermöglichen. Auf eine ausreichende Länge und Breite der Abstellplätze ist zu achten.

.

  Anlage
zu Nr. 49.1.7


Nr. Verkehrsquelle Zahl der Stellplätze (Stpl.) Anteil für
Besucher in
v. H.
1 Wohngebäude
1.1 Einfamilienhäuser 1-2 Stpl. je Wohnung -
1.2 Mehrfamilienhäuser und sonstige Gebäude mit

Wohnungen

1-1,5 Stpl. je Wohnung 10
1.3 Gebäude mit Altenwohnungen 0,2 Stpl. je Wohnung 20
1.4 Wochenend- und Ferienhäuser 1 Stpl. je Wohnung -
1.5 Kinder- und Jugendwohnheime 1 Stpl. je 10-20 Betten, jedoch mind. 2 Stpl. 75
1.6 Altenwohnheime, Altenheime 1 Stpl. je 8-15 Betten, jedoch mind. 3 Stpl. 75
1.7 Sonstige Wohnheime 1 Stpl. je 2-5 Betten 10
2 Gebäude mit Büro-, Verwaltungs- und Praxisräumen
2.1 Büro- und Verwaltungsräume allgemein 1 Stpl. je 30-40 m2 Nutzfläche 20
2.2 Räume mit erheblichem Besucherverkehr (Schalter-, Abfertigungs- oder Beratungsräume, Arztpraxen und dergleichen) 1 Stpl. je 20-30 m2 Nutzfläche, jedoch mind. 3 Stpl. 75
3 Verkaufsstätten
3.1 Läden, Geschäftshäuser 1 Stpl. je 30-40 m2 Verkaufsnutzfläche, jedoch mind. 2 Stpl. je Laden 75
3.2 Geschäftshäuser mit geringem Besucherverkehr 1 Stpl. je 50 m2 Verkaufsnutzfläche 75
3.3 Großflächige Einzelhandelsbetriebe außerhalb von Kerngebieten 1 Stpl. je 10-20 m2 Verkaufsnutzfläche 90
4 Versammlungsstätten (außer Sportstätten), Kirchen
4.1 Versammlungsstätten von überörtlicher Bedeutung (z.B. Theater, Konzerthäuser, Mehrzweckhallen) 1 Stpl. je 5 Sitzplätze 90
4.2 Sonstige Versammlungsstätten (z.B. Lichtspieltheater, Schulaulen, Vortragssäle) 1 Stpl. je 5-10 Sitzplätze 90
4.3 Gemeindekirchen 1 Stpl. je 20-30 Sitzplätze 90
4.4 Kirchen von überörtlicher Bedeutung 1 Stpl. je 10-20 Sitzplätze 90
5 Sportstätten
5.1 Sportplätze und Sportstadien 1 Stpl. je 250 m2 Sportfläche, zusätzlich 1 Stpl. je 10-15 Besucherplätze -
5.2 Spiel- und Sporthallen 1 Stpl. je 50 m2 Hallenfläche, zusätzlich 1 Stpl. je 10-15 Besucherplätze -
5.3 Freibäder und Freiluftbäder 1 Stpl. je 200-300 m2 Grundstücksfläche -
5.4 Hallenbäder 1 Stpl. je 5-10 Kleiderablagen, zusätzlich 1 Stpl. je 10-15 Besucherplätze
5.5 Tennisplätze 4 Stpl. je Spielfeld, zusätzlich 1 Stpl. je 10-15 Besucherplätze
5.6 Minigolfplätze 6 Stpl. je Minigolfanlage
5.7 Kegel-, Bowlingbahnen 4 Stpl. je Bahn
5.8 Bootshäuser und Bootsliegeplätze 1 Stpl. je 2-5 Boote
6 Gaststätten und Beherbergungsbetriebe
6.1 Gaststätten von örtlicher Bedeutung 1 Stpl. je 8-12 Sitzplätze 75
6.2 Gaststätten von überörtlicher Bedeutung 1 Stpl. je 4-8 Sitzplätze 75
6.3 Hotels, Pensionen, Kurheime und andere Beherbergungsbetriebe 1 Stpl. je 2-3 Gästezimmer, für zugehörigen Restaurationsbetrieb Zuschlag nach Nr. 6.1 oder 6.2 75
6.4 Jugendherbergen 1 Stpl. je 10 Betten 75
7 Krankenanstalten
7.1 Krankenhäuser von überörtlicher Bedeutung (z.B. Universitätskliniken, Schwerpunktkrankenhäuser), Privatkliniken 1 Stpl. je 3-4 Betten 60
7.2 Krankenhäuser von örtlicher Bedeutung 1 Stpl. je 4-6 Betten 60
7.3 Sanatorien, Kuranstalten, Anstalten für langfristig Kranke 1 Stpl. je 2-4 Betten 25
8 Schulen, Einrichtungen der Jugendförderung
8.1 Grundschulen 1 Stpl. je 30 Schüler -
8.2 Sonstige allgemeinbildende Schulen, Berufsschulen, Berufsfachschulen 1 Stpl. je 25 Schüler, zusätzlich 1 Stpl. je 5-10 Schüler über 18 Jahre -
8.3 Sonderschulen für Behinderte 1 Stpl. je 15 Schüler -
8.4 Fachhochschulen, Hochschulen 1 Stpl. je 2-4 Studierende -
8.5 Kindergärten, Kindertagesstätten 1 Stpl. je 20-30 Kinder, jedoch mind. 2 Stpl. -
8.6 Jugendfreizeitheime und dergleichen 1 Stpl. je 15 Besucherplätze -
9 Gewerbliche Anlagen
9.1 Handwerks- und Industriebetriebe 1 Stpl. je 50-70 m2 Nutzfläche oder je 3 Beschäftigte * 10-30
9.2 Lagerräume, Lagerplätze, Ausstellungs- und Verkaufsplätze 1 Stpl. je 80-100 m2 Nutzfläche oder je 3 Beschäftigte * -
9.3 Kraftfahrzeugwerkstätten 6 Stpl. je Wartungs- od. Reparaturstand -
9.4 Tankstellen mit Pflegeplätzen 10 Stpl. je Pflegeplatz -
9.5 Kraftfahrzeugwaschstraßen 4 Stpl. je Waschanlage -
10 Verschiedenes
10.1 Kleingartenanlagen 1 Stpl. je 3 Kleingärten -
10.2 Friedhöfe 1 Stpl. je 2.000 m2 Grundstücksfläche, jedoch mind. 10 Stpl. -
10.3 Spiel- und Automatenhallen 1 Stpl. je 20 m2 Spielhallenfläche, mindestens jedoch 3 Stellplätze
*) Der Stellplatzbedarf ist in der Regel nach der Nutzfläche zu berechnen; ergibt sich dabei ein offensichtliches Missverhältnis zum tatsächlichen Stellplatzbedarf so ist die Zahl der Beschäftigten zu Grunde zu legen.

50 Barrierefreies Bauen ( § 50)

Die Vorschriften des (Bundes-)Behindertengleichstellungsgesetzes und des Thüringer Behinderten-Gleichstellungsgesetzes bleiben unberührt. Die Grundanforderungen des barrierefreien Bauens werden durch die als Technische Baubestimmungen eingeführten Normen DIN 18040-1 und 18040-2 für Gebäude und Wohnungen sowie DIN 18040-3 für Freiflächen konkretisiert.

Gestrichen wurde im Jahr 2014 die Regelung, dass die Anforderungen an das barrierefreie Bauen (automatisch) nicht gelten, soweit sie wegen schwieriger Geländeverhältnisse, wegen des Einbaus eines sonst nicht erforderlichen Aufzugs, wegen ungünstiger vorhandener Bebauung oder im Hinblick auf die Sicherheit der Menschen mit Behinderung nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand erfüllt werden können.

Von der Streichung unberührt bleibt der dem Verwaltungsrecht immanente Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Daher kommt bei einem unverhältnismäßigen Mehraufwand die Zulassung einer Abweichung nach § 66 in Betracht. Dabei können folgende Gesichtspunkte eine Rolle spielen:

Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens sind nur die Anforderungen an die Barrierefreiheit prüfbar, für die Angaben in den Bauvorlagen sinnvoll getroffen werden können (auf den "Leitfaden Barrierefreies Bauen" des ehemaligen Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit wird hingewiesen). Die vollständige Umsetzung der Anforderungen an die Barrierefreiheit kann regelmäßig erst bei der Aufnahme der Nutzung überprüft werden.

Bestehende bauliche Anlagen sind bestandsgeschützt. Die Verpflichtung zur Umsetzung der Anforderungen an die Barrierefreiheit gilt daher nur bei Neubaumaßnahmen sowie baulichen Änderungen und Nutzungsänderungen, die nicht mehr vom Bestandsschutz umfasst sind.

50.1.1 Die barrierefreie Erreichbarkeit umfasst die äußere Erschließung auf dem Grundstück sowie die innere Erschließung des Gebäudes bis zur Wohnungseingangstür. Sie muss sowohl von der Straße als auch vom PKW-Stellplatz aus gegeben sein. Der Nachweis der barrierefreien Erreichbarkeit von Wohnungen erfolgt über die Einhaltung der als Technische Baubestimmung eingeführten DIN 18040 im Bereich der Erschließungswege. Eine barrierefreie Erreichbarkeit ist stufenfrei sicherzustellen.

50.1.2 Der Bauherr kann wählen, ob alle Wohnungen eines Geschosses oder eine entsprechende Zahl von Wohnungen in mehreren Geschossen barrierefrei erreichbar sein sollen. Sind in den Geschossen unterschiedlich viele Wohnungen vorhanden, kann der Bauherr wählen, welches Geschoss barrierefrei ausgeführt bzw. als Vergleich herangezogen wird. Werden durch einen Bauherrn mehrere Wohngebäude errichtet, muss grundsätzlich für jedes Gebäude die Anforderung erfüllt werden. Eine Konzentration der barrierefreien Wohnungen in einem Gebäude wäre nur nach Zulassung einer Abweichung möglich.

50.1.3 Die barrierefrei erreichbaren Wohnungen müssen in den in Satz 2 aufgeführten Teilen barrierefrei nutzbar, insbesondere auch mit dem Rollstuhl zugänglich, sein. Eine uneingeschränkte Rollstuhlnutzbarkeit aller Bereiche der Wohnung nach DIN 18040-2 ist nicht erforderlich (vgl. Anlage a 4.2/3 ThürVVTB).

50.2.1 Die Regelung verzichtet auf die Benennung des Personenkreises, für den öffentlich zugängliche Anlagen barrierefrei ausgestaltet werden müssen, da bei Einhaltung der Anforderungen an die Barrierefreiheit alle Personengruppen die Anlage in gleicher Weise nutzen können. Aufgrund der Definition der Barrierefreiheit in § 2 Abs. 9 müssen auch Vorkehrungen für die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit durch Menschen mit Sinnesbehinderungen geschaffen werden (z.B. taktile, kontrastierende Gestaltung, Informations-, Kommunikations- und Leitsysteme). Im Rahmen eines Brandschutznachweises ist auch auf die Rettung von Personen mit Behinderungen einzugehen.

50.2.2 "Öffentlich zugänglich" sind bauliche Anlagen, die nach ihrer Zweckbestimmung grundsätzlich von jedermann betreten und genutzt werden können. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die angebotene Dienstleistung öffentlicher oder privater Natur ist oder ob sie unentgeltlich oder gegen Entgelt erbracht wird.

50.2.3 Die Anforderungen an die Barrierefreiheit können sich auf den für die zweckentsprechende Nutzung tatsächlich erforderlichen Umfang beschränken. Maßstab ist die Herstellung einer diskriminierungsfreien Nutzbarkeit. Stehen mehrere gleichartige Räume oder Anlagen zur Verfügung (z.B. funktionsgleiche Klassenräume in einer Schule, Sitzungssäle oder Besucherplätze in einem Versammlungsraum), können einzelne Bereiche von der Barrierefreiheit ausgenommen oder z.B. unter zahlenmäßiger Beschränkung barrierefrei gestaltet werden.

50.2.4 Ist aufgrund der Nutzung einer Anlagenicht mit der Anwesenheit von Menschen mit Behinderungen oder mit bestimmten Behinderungen zu rechnen, ist die Erfüllung der diesem Personenkreis dienenden Anforderungen an die Barrierefreiheit i. S. d. Satzes 3 nicht erforderlich.

50.2.5 Die konkret erforderliche Anzahl barrierefreier Toilettenräume und barrierefreier PKW-Stellplätze ergibt sich aus der Anlage a 4.2.2 ThürVVTB. Für Sonderbauten gelten ggf. weitergehende Anforderungen der (Muster-)Sonderbauvorschriften.

51 Sonderbauten ( § 51)

51.1 Die Begriffsdefinition für Sonderbauten erfolgt in § 2 Abs. 4.

51.1.1 Soweit in Sonderbauverordnungen aufgrund des § 87 Abs. 1 Nr. 4 keine Einzelfallermächtigungen zu weitergehenden materiellen Anforderungen enthalten sind, können Anforderungen, die über die Sonderbauverordnungen hinausgehen, nur bei atypischen Fällen gestellt werden, um einer im Einzelfall bestehenden Gefahr zu begegnen.

Bei Sonderbauten i. S. d. § 2 Abs. 4, die die Schwelle zur Anwendung der jeweiligen Sonderbauverordnung nicht erreichen, können Sonderbauverordnungen für die nach § 51 zu treffenden Entscheidungen als Anhaltspunkt herangezogen werden. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese Gebäude eben nicht der Sonderbauverordnung unterliegen. Erhöhte Anforderungen nach den Sonderbauten stellen daher regelmäßig die Obergrenze dar.

51.1.2 Erleichterungen von Anforderungen der Sonderbauverordnungen, ausgenommen solcher, die im Rahmen bautechnischer Nachweise geprüft werden (siehe Nr. 66.1.2), können nur durch eine Abweichung nach § 66 zugelassen werden. Erleichterungen von der ThürBO, die sich aus den Möglichkeiten des § 51 ergeben, müssen dagegen nicht gesondert ausgesprochen werden.

51.1.3 Gibt es keine Sonderbauverordnungen, können nicht umgesetzte Muster-Verordnungen oder Sonderbaurichtlinien der Bauministerkonferenz (ARGEBAU) zur Orientierung herangezogen werden. Da diese Materialien keine Rechtssatzqualität haben, ist bei ihrer Anwendung auf folgendes zu achten:

51.1.4 Nr.18: Die Zahl der Toiletten kann sich aus den Sonderbauverordnungen ergeben. Sie kann im Einzelfall abweichend festgelegt werden. Enthält eine Sonderbauverordnung keine Regelung, kann eine bestimmte Zahl von Toiletten nur verlangt werden, wenn sie für die Nutzung des Gebäudes erforderlich ist. Ein Bauherr ist nicht verpflichtet, für die Öffentlichkeit nutzbare Toiletten herzustellen.

Nr. 19: Umfang und Inhalt des Brandschutznachweises bzw. Brandschutzkonzepts werden in der Thüringer Bauvorlagenverordnung geregelt.

Nr. 21: Die Anforderungen an die Qualifikation des Bauleiters können sich im Einzelfall auch aus der besonderen Bedeutung der Funktion sicherheitsrelevanter Anlagen im Rahmen der Bauausführung ergeben.

52 Grundsatz ( § 52)

Der Bauherr und die anderen am Bau Beteiligten tragen die Verantwortung für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften auch insoweit, als diese im Genehmigungsverfahren nicht geprüft werden bzw. ein Genehmigungsverfahren nicht erforderlich ist. Dabei sind auch die durch die ThürVVTB eingeführten Technischen Baubestimmungen zu beachten.

53 Bauherr ( § 53)

53.1.1 Die Tätigkeit der vom Bauherrn bestellten Beteiligten umfasst Vorbereitung, Überwachung und Ausführung des Bauvorhabens und endet mit der Fertigstellung der baulichen Anlage. Der Bauherr kann diese Aufgaben selbst wahrnehmen, wenn er hierfür geeignet ist. Soweit er die Aufgaben des Entwurfsverfassers wahrnimmt, muss er bauvorlageberechtigt sein.

53.1.2 Der Bauherr ist ebenso wie der Unternehmer (vgl. § 55 Abs. 1) verpflichtet, die erforderlichen Nachweisen und Unterlagen zu den verwendeten Bauprodukten und angewandten Bauarten sowie bei Bauprodukten mit CE-Kennzeichen die Leistungserklärung bereitzuhalten. Er kann diese Verpflichtung auf den Entwurfsverfasser oder andere am Bau Beteiligte übertragen.

53.1.3 Die Verpflichtung des Bauherrn, geeignete Beteiligte zu bestellen, kann notfalls durch die allgemeine Befugnis der Bauaufsichtsbehörde nach § 58 Abs. 1 durchgesetzt werden.

53.1.4 Der Bauherr muss nicht gleichzeitig Grundstückseigentümer sein. Nach § 67 Abs. 4 kann in diesem Fall die Bauaufsichtsbehörde die Zustimmung des Grundstückseigentümers zum Bauantrag verlangen.

54 Entwurfsverfasser ( § 54)

54.1 Eine Voraussetzung für die Eignung des Entwurfsverfassers ist bei nicht verfahrensfreien Vorhaben die Bauvorlageberechtigung nach § 64. Im Einzelfall können sich aus der Schwierigkeit einer Anlage hinsichtlich Sachkunde und Erfahrung auch höhere oder andere Anforderungen ergeben. Der Entwurfsverfasser muss die Bauvorlagen nicht unbedingt selbst erstellen. Ausreichend ist die verantwortliche Leitung und Koordinierung der Gesamtplanung.

54.2 Wird die Ausführungsplanung durch Dritte angefertigt, z.B. bei Fertighäusern oder Bewehrungsplänen, handelt es sich um Fachplanung. Die Verantwortung des Entwurfsverfassers bleibt unberührt. Der Entwurfsverfasser hat sich davon zu überzeugen, dass die Ausführungsplanung mit den genehmigten Bauvorlagen übereinstimmt.

55 Unternehmer ( § 55)

55.1.1 Unternehmer ist unabhängig des Vertragsverhältnisses mit dem Bauherrn jeder, der die Ausführung von Bauarbeiten übernimmt. Unterauftragsverhältnisse sind für die Bauaufsichtsbehörde unbeachtlich. Die Beauftragung eines Unternehmers ist nicht generell erforderlich, wenn die Baudurchführung in Selbst- oder Nachbarschaftshilfe mit der nötigen Sachkunde und Zuverlässigkeit erfolgt.

55.1.2 Unbeschadet weitergehender zivilrechtlicher Ansprüche ist jeder Unternehmer zur Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Anforderungen verpflichtet. Dazu gehört auch die den genehmigten oder im Verfahren nach § 61 eingereichten Bauvorlagen entsprechende Bauausführung.

56 Bauleiter ( § 56)

56.1.1 Für die Überwachung der Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften sowie eines sicheren bautechnischen Betriebs ist für jedes nicht verfahrensfreie Vorhaben ein Bauleiter zu bestellen. Sind Bauleiter und Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator nach der Baustellenverordnung nicht identisch, ist ihr jeweiliger Aufgabenumfang genau abzustimmen.

56.1.2 Die Verpflichtung, darüber zu wachen, dass die Baumaßnahme entsprechend den öffentlich-rechtlichen Anforderungen durchgeführt wird, beschränkt sich auf solche Anforderungen, die im Rahmen des bauaufsichtlichen Verfahrens von Bedeutung sind. Das sind vorrangig die Inhalte der genehmigten oder im Genehmigungsfreistellungsverfahren eingereichten Bauvorlagen (einschließlich eventueller Auflagen), die sonstigen Anforderungen der Bauordnung und der aufgrund der Bauordnung erlassenen Vorschriften einschließlich der ThürVVTB und der Regelungen über die Verwendbarkeit von Bauprodukten. Dagegen hat der Bauleiter i. S. d. § 56 nicht die privatrechtlichen Aufgaben, die üblicherweise von Bauleitern bauausführender Firmen wahrgenommen werden (z.B. Qualitätssicherung); eine Übertragung beider Aufgabengebiete auf eine Person ist jedoch möglich.

56.2 Die Anforderungen an die Qualifikation des Bauleiters ergeben sich aus der Schwierigkeit des Bauvorhabens und der Bauausführung. Eine Bauvorlageberechtigung ist nicht erforderlich und im Einzelfall auch nicht ausreichend. Der Bauleiter muss in dem Umfang auf der Baustelle anwesend oder durch eine geeignete Person vertreten sein, wie dies für eine ordnungsgemäße Überwachung erforderlich ist.

57 Aufbau und Zuständigkeit der Bauaufsichtsbehörden ( § 57)

57.1 Untere Bauaufsichtsbehörden sind neben den Landkreisen und kreisfreien Städten auch die Großen kreisangehörigen Städte, soweit ihnen in der Rechtsverordnung aufgrund § 6 Abs. 4 ThürKO diese Aufgabe übertragen wurde.

57.4 Ausreichend ist eine Personalausstattung, wenn die üblicherweise anfallenden Bauaufsichtsaufgaben ordnungsgemäß erfüllt werden können. Hierzu gehört auch, dass Baugenehmigungsverfahren regelmäßig innerhalb von drei Monaten abgeschlossen werden und Stellungnahmen in anderen Verfahren fristgemäß erfolgen. Auch muss gewährleistet sein, dass neben der präventiven Tätigkeit auch die repressiven Aufgaben wahrgenommen werden können.

58 Aufgaben und Befugnisse der Bauaufsichtsbehörden ( § 58)

58.1.1 Die Überwachungspflicht der Bauaufsichtsbehörden gilt unabhängig davon, ob es sich um verfahrens- oder genehmigungsbedürftige Vorhaben handelt oder nicht. Auch gegen verfahrensfreie, aber materiell rechtswidrige Vorhaben ist i. d. R. einzuschreiten. Dabei sind unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geeignete Mittel zur Erreichung des Regelungszwecks der Vorschrift zu wählen (einschließlich Nutzungsuntersagung und Beseitigungsverfügung).

58.1.2 "Öffentlichrechtliche Vorschriften" i. S. des Satzes 1 umfassen über das Bauordnungsrecht hinaus das gesamte öffentliche Recht, soweit dieses baulichen Bezug hat. Andere Behörden sind jedenfalls dann sachnäher und damit vorrangig zuständig, wenn die materielle Zulässigkeit einer Maßnahme vorrangig von einem anderen Fachrecht abhängt (so stellt die Verfüllung eines nach § 18 Abs. 1 Nr. 6 ThürNatG gesetzlich geschützten Hohlwegs mit belastetem Material nach § 2 Abs. 1 zwar auch eine bauliche Anlage dar, ist aber vorrangig unter umweltrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen). Das gilt jedoch nicht für die Durchführung der Baugenehmigungsverfahren, die immer Aufgabe der Bauaufsichtsbehörden ist.

58.1.3 Die allgemeine Befugnisnorm erlaubt es den Bauaufsichtsbehörden, zur Einhaltung der allgemeinen Anforderungen des § 3 im Einzelfall Anforderungen zu stellen, die nicht ausdrücklich geregelt sind. So kann z.B. aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Einfriedung eines Baugrundstückes gefordert oder verboten werden (vgl. § 10 ThürBO 1994). Weitere Anforderungen können z.B. auch gestellt werden, wenn bei Erteilung der Baugenehmigung nicht vorhersehbare Gefahren oder erhebliche Nachteile eintreten (z.B. neue Erkenntnisse über die Schädlichkeit bestimmter Baustoffe wie Asbest oder Formaldehyd).

58.1.4 Schließt die Baugenehmigung andere Genehmigungen ein, übersendet die Bauaufsichtsbehörde der jeweiligen Fachbehörde einen Abdruck der Baugenehmigung, beteiligt sie bei der Überwachung der Baumaßnahme und gibt ihr Gelegenheit zur Teilnahme an Ortseinsichten. Werden bei der Überwachung Verstöße gegen in die Baugenehmigung aufgenommene Anforderungen des sonstigen öffentlichen Rechts festgestellt, wird es i. d. R. sachgerecht sein, wenn die Fachbehörde mit dem Bauherrn die Behebung der Mängel abstimmt und diese überwacht. Werden Anordnungen zur Durchsetzung der Auflagen erforderlich, sind diese regelmäßig durch die Bauaufsichtsbehörde zu erlassen.

58.2 Zur Gefahrenabwehr und Sicherung der Schutzziele nach § 3 sind nicht nur bei Sonderbauten ( § 51) sondern bei allen Anlagen weitergehende Anforderungen als nach den § § 12 bis 50 möglich. Diese Auffangregelung ist geeignet, im begründeten Einzelfall zur Abwehr von erheblichen Gefahren erhöhte Anforderungen zu stellen.

59 Grundsatz ( § 59)

Die Genehmigungspflicht ist der Normalfall, die Genehmigungs- oder Verfahrensfreiheit die Ausnahme. Ausnahmetatbestände sind grundsätzlich eng auszulegen. Eine Anwendung auf scheinbar vergleichbare Baumaßnahmen ist daher nicht ohne weiteres zulässig.

60 Verfahrensfreie Vorhaben, Beseitigung von Anlagen ( § 60)

60.1 Verfahrensfreie Vorhaben können grundsätzlich ohne jede (bauaufsichtliche) Beteiligung der Gemeinde oder der Bauaufsichtsbehörde durchgeführt werden (unberührt bleiben besondere Genehmigungserfordernisse wie z.B. nach § § 144, 173 BauGB). Bauvorlagen sind nicht einzureichen. Die Verfahrensfreiheit von Vorhaben entbindet jedoch nicht von der Einhaltung der berührten baurechtlichen und sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften etwa des Umwelt- oder Denkmalschutzrechts, die im Ergebnis ein verfahrensfreies Vorhaben auch unzulässig machen können. Lässt ein Bebauungsplan z.B. Garagen nicht oder nur auf bestimmten Flächen zu, ändert sich an dieser Beschränkung durch die Verfahrensfreiheit nach Absatz 1 Nr. 1 Buchst. b nichts. Die Garage darf dann nicht bzw. nur auf der im Bebauungsplan zugelassenen Fläche gebaut werden.

Steht ein verfahrensfreies Vorhaben im Zusammenhang mit der Errichtung einer nicht verfahrensfreien Anlage, nimmt es selbst am Verfahren teil. Enthält eine Baugenehmigung Nebenbestimmungen zu Anlagen oder Bauteilen aus dem Katalog des Absatzes 1, sind diese zu erfüllen, da sie materielle Anforderungen an diese Anlagen darstellen.

Soll bei verfahrensfreien Vorhaben von Bestimmungen der ThürBO oder von aufgrund der ThürBO erlassenen Vorschriften (ausgenommen Satzungen aufgrund des § 88) abgewichen werden, ist eine isolierte Abweichung nach § 66 erforderlich, die von der Baugenehmigungsbehörde erteilt wird. Soll von einer gemeindlichen Satzung nach § 88 oder nach dem BauGB abgewichen werden, erteilt die Gemeinde nach § 66 Abs. 3 die Abweichung. Soll sowohl von einer Bestimmung der ThürBO als auch von einer gemeindlichen Satzung abgewichen werden, sind zwei Abweichungen zu beantragen.

Sollen im räumlichen Zusammenhang mehrere verfahrensfreie Vorhaben (z.B. Garagen) errichtet werden, ändert das an der Verfahrensfreiheit nichts. Je größer die insgesamt bebaute Fläche wird, umso eher wird das Gesamtvorhaben aber insbesondere wegen Verstoßes gegen bauplanungsrechtliche Bestimmungen unzulässig sein.

60.1.1b Garagen sind nur dann verfahrensfrei, wenn sie als Abstellplatz für Kraftfahrzeuge (PKW, Motorrad, LKW) genutzt werden. Diese Voraussetzung ist bei abweichender Nutzung, z.B. auch bei der Nutzung zum Abstellen von Wohnanhängern, Bootsanhängern etc. nicht erfüllt. Die Ermittlung der mittleren Wandhöhe erfolgt entsprechend Nr. 6.8.1.

60.1.1c Mobile Stallanlagen insbesondere für Geflügel sind Gebäude, die dem nicht nur vorübergehenden Schutz von Tieren dienen. Sie benötigen eine Baugenehmigung. Die Baugenehmigung kann aber mehrere immer wieder genutzte Standorte bzw. die freie Umsetzung auf einem Grundstück unter Beachtung der Auflagen in der Baugenehmigung (z.B. Abstand zu Wohngebäuden) umfassen.

60.1.1g Terrassenüberdachungen sind offene, an Gebäude anschließende Dächer. Abstandsflächen sind einzuhalten.

60.1.1h Als Wintergarten bezeichnet man einen Anbau an ein Gebäude oder ein selbständiges Bauwerk, dessen Dach und Seitenwände größtenteils aus Glas bestehen. ... Ein kalter Wintergarten ist ein Glasanbau, der zur Überwinterung von nicht winterfesten Pflanzen benutzt wird. Er wird nicht beheizt bzw. frostfrei gehalten oder bis maximal 12 °C beheizt - je nach zu schützendem Pflanzentyp bzw. Nutzungsziel (Quelle: Wikipedia). Ein Wintergarten stellt somit einen energetischen Puffer zwischen Wohnräumen und der Außenluft dar. Zwischen Wintergarten und Gebäude ist daher typischerweise eine geschlossene Wand vorhanden, in der sich Glasflächen befinden. Ein "Wohnzimmer mit Glaswänden" ist kein Wintergarten.

Abstandsflächen sind einzuhalten. Bei geschlossener Bauweise oder grenznaher Bebauung kann die Errichtung eines Wintergartens an der Grundstücksgrenze eine Brandwand erfordern.

60.1.1i Als genehmigte Wochenendhausgebiete sind auch Wochenendsiedlungen anzusehen, für die es eine Gesamtplanung und -genehmigung nach dem Recht der DDR gibt. Ein Bebauungsplan i. S. d. § 8 BauGB ist nicht zwingende Voraussetzung.

60.1.3a Die Verfahrensfreiheit von Solaranlagen umfasst sowohl Sonnenkollektoren (Erzeugung von Wärme) als auch Fotovoltaikanlagen (Erzeugung elektrischer Energie). Von der Verfahrensfreistellung umfasst sind die damit verbundene Nutzungsänderung zu einer gewerblichen Nutzung (bei Stromeinspeisung) sowie Änderungen der äußeren Gestalt, soweit sich keine Einschränkungen durch gemeindliche Satzungen ergeben. In diesem Falle wäre ggf. ein isoliertes Verfahren nach § 66 Abs. 3 erforderlich.

60.1.3c Wird eine Windenergieanlage auf einer anderen Anlage errichtet, ist die Höhe der anderen Anlage bei der zulässigen Gesamthöhe zu berücksichtigen.

60.1.5 Wird eine Antennenanlage nach Nr. 5a) auf einer anderen Anlage errichtet, wird die Höhe der anderen Anlage bei der zulässigen Höhe nicht berücksichtigt. Wird die Versorgungseinheit einer Antenne innerhalb einer bestehenden baulichen Anlage untergebracht, gilt für die Volumenbegrenzung von 10 m3 die Größe ihrer andernfalls erforderlichen Einhausung.

60.1.10 Luftgetragene Überdachungen werden durch Überdruck in der Überdachung selbst oder in dem überdachten Bereich (sog. Traglufthallen) gehalten. Sonstige Tragkonstruktionen erfordern eine Baugenehmigung.

60.1.11 Einzelne neue Räume i. S. d. Nr. 11c) bedürfen einer funktionalen Zuordnung zu einer vorhandenen Nutzungseinheit. Führt die Herstellung von Aufenthaltsräumen in obersten Geschossen darüber hinaus zu einer Erhöhung der Gebäudeklasse, ist eine Baugenehmigung erforderlich.

Bei der Schaffung von Fensteröffnungen ist vor dem Hintergrund möglicher Anforderungen des Brandschutzes zu prüfen, ob ein ausreichender Abstand zu Nachbargebäuden vorhanden ist.

Nach Nr. 11e) und Nr. 11 f) ist die Wärmedämmung der Gebäudehülle im Zusammenhang mit Außenwandverkleidungen bzw. Dachdeckungen (ohne Eingriffe in konstruktive Teile des Daches) verfahrensfrei. Verblendungen und Verputz nach Nr. 11e) sind auch bei Hochhäusern verfahrensfrei.

60.1.12 Die Verfahrensfreiheit von Werbeanlagen erfasst auch die mit der Anbringung an Anlagen verbundene Nutzungsänderung/-erweiterung. Werbeanlage in baulichen Anlagen ist z.B. die Bandenwerbung in Stadien.

60.1.14 Übersteigt die Fläche aller Stellplätze auf dem Grundstück 100 m2, ist nach Nr. 14 b) ein bauaufsichtliches Verfahren erforderlich. Aus Bebauungsplänen oder dem Einfügensgebot des § 34 BauGB können sich Beschränkungen hinsichtlich Größe und Standort der Stellplätze ergeben.

60.1.15 Die Beschränkung auf notwendige Fahrradabstellanlagen ist entfallen. Hinsichtlich der Größen und Standorte wird auf Nummer 60.1.14 verwiesen.

60.2 Kommen für die Nutzungsänderungen nur andere öffentlich-rechtliche Anforderungen außerhalb des Prüfprogramms des Baugenehmigungsverfahrens nach § 63 in Betracht, ist die Nutzungsänderung verfahrensfrei. Gleichgültig ist, ob die in Betracht kommenden Anforderungen tatsächlich geprüft werden.

Kommen andere bautechnische Anforderungen in Betracht, deren Einhaltung durch bautechnische Nachweise nachzuweisen ist, entfällt die Verfahrensfreiheit.

60.3.1 Die Regelung soll sicherstellen, dass bei der Beseitigung von Anlagen nicht die Standsicherheitbenachbarter Gebäude gefährdet wird. Die Standsicherheit der zu beseitigenden Anlage in allen Phasen des Abbruchvorgangs ist nicht Regelungsinhalt. Insoweit sind die Bestimmungen des Arbeitsschutzes zu beachten.

60.3.2 Eine Abbruchanzeige ist für die in Satz 1 genannten Maßnahmen nicht erforderlich. Entsprechend dem Regelungsziel können zwei an sich der GK 2 zuzuordnende Gebäude als ein Gebäude der GK 1 behandelt werden, wenn sie insgesamt freistehend sind und als einheitliche Maßnahme beseitigt werden.

60.3.3 Eine Differenzierung nach Gebäudeklassen als Anknüpfungspunkt einer intensiveren Beurteilung der Standsicherheit des angebauten Gebäudes erfolgt nicht. Der Bauherr hat bei nicht freistehenden Gebäuden immer einen qualifizierten Tragwerksplaner i. S. d. § 65 Abs. 2 einzuschalten. Soweit ein Nachweis der Standsicherheit erforderlich ist, dient dies der Nachweisführung im Falle eines Schadens. Eine Vorlage gegenüber der Bauaufsichtsbehörde oder eine bauaufsichtliche Prüfung kann grundsätzlich nicht verlangt werden.

60.3.4 Die Abbruchanzeige erfordert keine Eingangsbestätigung. Gebühren fallen nicht an.

60.3.5 Ggf. erforderliche Genehmigungen nach dem Thüringer Denkmalschutzgesetz oder naturschutzrechtliche Bestimmungen (Artenschutz) bleiben unberührt. Bittet eine Fachbehörde um die Übersendung von Abbruchanzeigen, um in eigener Zuständigkeit tätig zu werden, ist diesem Anliegen grundsätzlich Rechnung zu tragen. Näheres ist untereinander abzustimmen.

61 Genehmigungsfreistellung ( § 61)

61.1.1 Werden verfahrensfreie Bauvorhaben (z.B. Garagen) im Zusammenhang mit dem Hauptgebäude errichtet, nehmen sie nach § 61 Abs. 1 Nr. 4 am Genehmigungsfreistellungsverfahren teil. Andernfalls verbleibt es bei der Verfahrensfreiheit.

61.1.2 Die Genehmigungsfreistellung gilt nicht für größere Wohn- und Nichtwohnbauvorhaben, die in der Nähe von sog. Störfallbetrieben verwirklicht werden sollen. Bei den Wohngebäuden kommt es nicht darauf an, ob die Wohnfläche von mehr als 5.000 m2 Brutto-Grundfläche in einem oder mehreren Gebäuden errichtet wird oder ob es sich um reine Wohngebäude oder gemischt genutzte Gebäude handelt. Bei öffentlich zugänglichen Gebäuden ist nicht die Gesamtgröße des Gebäudes maßgeblich, sondern nur, ob aufgrund des Bauvorhabens die Nutzung durch mehr als 100 zusätzliche Besucher ermöglicht wird.

61.1.3 Der für die Ausnahme von der Genehmigungsfreistellung maßgebliche Umkreis um die Störfallbetriebe wird vom Landesverwaltungsamt bekannt gemacht und bei neueren Erkenntnissen fortgeschrieben. Liegt die beantragte schutzbedürftige Nutzung innerhalb des bekannt gemachten Abstands, ergibt sich daraus nicht deren Unzulässigkeit. Vielmehr ist zunächst nur ein vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren nach § 62 durchzuführen, in dem die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens geprüft wird. Zum Inhalt der Prüfung wird auf die Arbeitshilfe "Berücksichtigung des Art. 13 Seveso-III-Richtlinie im baurechtlichen Genehmigungsverfahren in der Umgebung von unter die Richtlinie fallenden Betrieben" der Fachkommission Städtebau (www.bauministerkonferenz.de) hingewiesen.

61.2.1 Ein Bauvorhaben, das nur nach der Zulassung einer Ausnahme oder Befreiung nach § 31 BauGB genehmigt werden kann, widerspricht im Sinne des Absatzes 2 Nr. 2 dem Bebauungsplan und ist daher in einem Verfahren nach § 62 zu behandeln. Das gilt auch, wenn die Ausnahme oder Befreiung bereits in einem gesonderten Vorbescheidsverfahren zugelassen wurde.

61.2.2 Keine Ausnahme oder Befreiung ist die Zulassung des geringfügigen Vor- und Zurücktretens bzw. des geringfügigen Überschreitens von festgesetzten Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen nach § 23 Abs. 2 bis 4 BauNVO und die Zulassung von Anlagen außerhalb der festgesetzten überbaubaren Grundstücksfläche nach § 23 Abs. 5 BauNVO, soweit die Zulässigkeit nicht im Bebauungsplan ausgeschlossen oder beschränkt wurde. Zuständig ist die Bauaufsichtsbehörde. Ein Einvernehmen der Gemeinde ist nicht erforderlich, eine eventuelle Äußerung der Gemeinde ist aber im Rahmen der Ermessensausübung zu würdigen.

Die Zulassung kann formlos beantragt werden. Die Zulassung erfolgt durch einen Bescheid der Bauaufsichtsbehörde, der zwar keine Baugenehmigung darstellt, aber entsprechend § 71 Abs. 5 der Gemeinde zu übermitteln ist.

61.2.3 Das Erfordernis einer Abweichung von Bestimmungen der ThürBO oder aufgrund der ThürBO steht dem Verfahren nach § 61 nicht entgegen; insoweit ist eine isolierte Abweichung nach § 66 Abs. 2 erforderlich.

61.3 Nach Ablauf der Monatsfrist nach Eingang der vollständigen erforderlichen Unterlagen kann der Bauherr formell legal mit der Ausführung beginnen. Wird der Bebauungsplan nach Durchführung des Verfahrens aber vor Baubeginn geändert, wird das Vorhaben unzulässig. Das Gleiche gilt für sonstige Änderungen der zu beachtenden Bestimmungen.

61.4.1 Die Beteiligung der Gemeinde dient ausschließlich der Sicherung ihrer Planungshoheit. Die Gemeinde treffen keine Prüfpflichten. Sie ist daher weder verpflichtet, die Übereinstimmung mit dem Bebauungsplan noch die gesicherte Erschließung zu prüfen. Auch die "Freigabe" des Bauvorhabens nach Absatz 3 Satz 3 stellt keine Bestätigung der materiellen Rechtmäßigkeit des Vorhabens dar.

61.4.2 Die Gemeinde kann frei entscheiden, ob sie die Durchführung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens oder eine vorläufige Untersagung nach § 15 Abs. 1 S. 2 BauGB verlangt. Ein entsprechendes Verlangen kann insbesondere bei Zweifeln an der Plankonformität des Vorhabens sinnvoll sein oder zur Ermöglichung einer Bebauungsplanänderung aus Anlass eines konkreten Vorhabens.

61.5 Die Genehmigungsfreistellung entbindet nicht von den Anforderungen bezüglich der Erstellung und ggf. Prüfung bautechnischer Nachweise i.S.d. § 65. Soweit eine Prüfung der Nachweise für Vorhaben nach § 61 erforderlich ist, kann der Bauherr den Prüfauftrag nach § 2 Abs. 1 ThürPPVO selbst erteilen. Die bautechnischen Nachweise gehören nicht zu den einzureichenden Bauvorlagen.

62 Vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren ( § 62)

Der Anwendungsbereich des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens umfasst die gleichen Bauvorhaben wie § 61, soweit sie außerhalb eines Bebauungsplangebiets errichtet werden sollen oder einer Ausnahme oder Befreiung nach § 31 BauGB bedürfen oder soweit die Gemeinde die Durchführung dieses Verfahrens verlangt hat. Zusätzlich fallen Vorhaben darunter, für die wegen der Nähe zu Störfallbetrieben die Genehmigungsfreistellung nach § 62 Abs. 1 Satz 2 ausgeschlossen ist.

Wird das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren wegen einer Erklärung der Gemeinde nach § 61 Abs. 2 Nr. 4 erforderlich, ist auch die Gemeinde zu beteiligen. Die Gemeinde kann aber zusammen mit ihrer Erklärung auch eine Stellungnahme zum Bauvorhaben abgeben und nach § 68 Abs. 1 S. 2 auf eine erneute Beteiligung verzichten.

62.1.1 Bei der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit sind im unbeplanten Innenbereich i. S. d. § 34 BauGB insbesondere bei Gemengelagen u. a. Immissionsschutzbelange zu prüfen, soweit sie im Hinblick auf die Beurteilung der Zulässigkeit nach der Art der Nutzung oder die Beachtung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots eine Rolle spielen. Bei der Frage, ob sich ein Vorhaben im Hinblick auf die Grundstücksfläche einfügt, die überbaut werden soll, ist auch der Standort des Gebäudes zu beurteilen. Fügt sich das Vorhaben an einem Standort an der Grundstücksgrenze oder in der Nähe der Grundstücksgrenze ein, wird damit indirekt auch die Entbehrlichkeit von Abstandsflächen oder die Zulässigkeit geringerer Abstandsflächen nach § 6 Abs. 1 bestätigt.

Eine Baugenehmigung zur Errichtung einer baulichen Anlage ergeht im Hinblick auf die naturschutzrechtlichen Belange, insbesondere des Artenschutzes, im Benehmen mit der unteren Naturschutzbehörde. Äußert sich die Naturschutzbehörde nicht innerhalb eines Monats, kann die Baugenehmigungsbehörde nach § 18 Abs. 3 Satz 2 BNatSchG davon ausgehen, dass Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege von dem Vorhaben nicht berührt werden.

62.1.2 Das Benehmen mit der Naturschutzbehörde ist nach § 18 Abs. 3 Satz 3 BNatSchG nicht erforderlich bei Vorhaben in Gebieten mit Bebauungsplänen und während der Planaufstellung nach § § 30 und 33 BauGB sowie in Gebieten mit Satzungen nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB. Bei diesen Vorhaben sind die Vorschriften der § § 14 bis 17 BNatSchG gemäß § 18 Abs. 2 BNatSchG nicht anzuwenden, naturschutzrechtlich erforderliche Kompensationsmaßnahmen richten sich gemäß § 18 Abs. 1 BNatSchG nach den Festsetzungen des Bebauungsplans bzw. der Satzung.

62.1.3 Im Außenbereich i. S. d. § 35 BauGB sind als Voraussetzung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit insbesondere die in § 35 Abs. 3 BauGB genannten Belange zu prüfen. Dies umfasst nach dem Urteil des BVerwG v. 27.06.2013, 4 C 1/12, auch die naturschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens.

Entscheidungen über Vorhaben nach § 35 Abs. 1 und 4 BauGB ergehen nach § 18 Abs. 3 BNatSchG im Benehmen mit der unteren Naturschutzbehörde. Bei Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB ist das Einvernehmen der Naturschutzbehörde erforderlich ( § 18 Abs. 2 Satz 2, § 17 Abs. 1 BNatSchG i V. m. § 9 Abs. 1 Satz 1 ThürNatG). Da die Eingriffsregelung nach § § 14, 15 BNatSchG sachlich umfassend darauf zielt, dass erhebliche Beeinträchtigungen des Naturhaushalts ( § 7 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG: "die Naturgüter Boden, Wasser, Luft, Klima, Tiere und Pflanzen sowie das Wirkungsgefüge zwischen ihnen") oder des Landschaftsbildes vermieden oder kompensiert werden ( § 15 Abs. 1 und 2 BNatSchG), kann die Eingriffsgenehmigung nur erfolgen, wenn vorab von der Naturschutzbehörde eine formal selbständige naturschutzrechtliche Ausnahme oder Befreiung nach den Bestimmungen des Arten-, Biotop-, Landschafts- bzw. Gebietsschutzes geprüft wurde und eine Erteilung möglich ist.

62.1.4 Regelungen der ThürBO oder aufgrund der ThürBO werden unbeschadet des § 65 nicht geprüft. Etwas anderes gilt bei beantragten Abweichungen nach § 66. In diesem Fall kann auch eine weitergehende bauordnungsrechtliche Prüfung erforderlich sein, um die Voraussetzungen der Erteilung einer Abweichung zu prüfen oder das Erfordernis einer Kompensation durch andere Maßnahmen zu beurteilen.

62.1.5 Es wird - vorbehaltlich der für die Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit maßgeblichen Belange - nur das Fachrecht geprüft, das zwar ein eigenes Genehmigungsverfahren vorsieht, das aber wiederum durch eine Baugenehmigung ersetzt wird (sog."aufgedrängtes" Fachrecht). Hierunter fallen derzeit die Genehmigung nach § 173 BauGB, die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung ( § 17 BNatSchG), die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis ( § 12 ThürDSchG), bestimmte wasserrechtliche ( § 79 ThürWG) und straßenrechtliche Entscheidungen (§ § 9 Abs. 2 FStrG, 24 Abs.2 ThürStrG). Bei den Entscheidungen nach § 145 BauGB und § 26 Abs. 5 ThürWaldG handelt es sich nicht um aufgedrängtes Recht in diesem Sinn.

62.1.6 Der Katalog der nach § 62 Abs. 1 Satz 2 zu prüfenden Bereiche ist abschließend. Die Baugenehmigung hat daher in Folge des eingeschränkten Prüfungsprogramms nur eine beschränkte Feststellungswirkung. Die Bauaufsichtsbehörde ist nicht befugt, das Prüfungsprogramm und damit die gesetzlichen Voraussetzungen für die zu erteilende Baugenehmigung zu erweitern. Erkennt die Bauaufsichtsbehörde Mängel außerhalb des von ihr zu prüfenden Bereichs oder erhält sie davon Kenntnis (z.B. aufgrund von Nachbarbeschwerden oder aufgrund entsprechender Hinweise der Gemeinde), kann sie den Bauherrn darauf hinweisen.

62.1.7 Stellt die Bauaufsichtsbehörde Verstöße gegen nicht zu prüfendes Recht fest, kann sie den Bauantrag nach § 71 wegen des Verstoßes gegen sonstiges öffentliches Recht oder eine Entscheidung überhaupt wegen fehlenden Sachbescheidungsinteresses ablehnen (an einer Genehmigung für ein Vorhaben, dessen Verwirklichung durch eine Baueinstellung verhindert oder dessen Beseitigung verlangt werden kann, besteht kein Sachbescheidungsinteresse, OVG Rheinland-Pfalz, 18.11.1991, 8 B 11955/91). Wird die Baugenehmigung trotz der erkannten Mängel erteilt, sollten die für den entsprechenden Belang zuständigen Fachbehörden von der Genehmigung informiert werden. Nebenbestimmungen hinsichtlich der nicht zu prüfenden Bereiche sind dagegen nicht möglich.

62.1.8 Die bautechnischen Nachweise müssen nicht mit dem Bauantrag eingereicht werden. Sie müssen auch noch nicht zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Bauantrag vorliegen. Da insbesondere der Brandschutznachweis und dessen Prüfung zu einer Änderung des Bauvorhabens und damit auch der Baugenehmigung führen können, ist eine Vorlage zusammen mit den Bauvorlagen dringend zu empfehlen.

Soweit die bautechnischen Nachweise noch nicht erstellt sind, können die in den Bauantragsformularen vorgesehenen Erklärungen der Nachweisberechtigten auch noch nicht abgegeben werden.

62.1.9 In der Baugenehmigung sollte auf die ggf. erforderliche Prüfung der Nachweise vor Baubeginn und die Regelungen der § 71 Abs. 6, § 81 Abs. 2 hingewiesen werden.

62.2.1 Eine Überschreitung der Fristen führt zu einer fiktiven Baugenehmigung gemäß dem Inhalt des Bauantrags. Die Fiktionswirkung gilt nur für die Anforderungen, die nach Absatz 1 Satz 2 zum Prüfumfang gehören. Die Frist beginnt mit Vollständigkeit des Bauantrags bzw. der Behebung erheblicher Mängel i. S. d. § 68 Abs. 2. Auf den Eintritt der Fiktionswirkung kann durch einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens verzichtet werden (VGH Hessen, 13.08.2007 - 3 UZ 522/07 und VG Gießen, 05.02.2007, 1 E 3865/06).

62.2.2 Die Baugenehmigung oder die Verlängerung der Entscheidungsfrist müssen dem Bauherrn oder seinem Beauftragten innerhalb der Frist zugegangen sein; andernfalls tritt die Fiktion der Baugenehmigung ein. Es genügt nicht, dass die Entscheidung innerhalb der Frist von der Bauaufsichtsbehörde abgesandt worden ist. Der Zwischenbescheid, mit dem die Verlängerung erfolgt, ist eine nach § 44a VwGO nicht isoliert anfechtbare Verfahrenshandlung (OVG Niedersachsen, 25.01.1993, 1 L 85/90 zur Fristverlängerung nach § 19 Abs. 3 BauGB a. F.). Eine fiktive Baugenehmigung hat die gleiche Rechtswirkung wie eine tatsächlich erteilte Baugenehmigung.

62.2.3 Ein wichtiger Grund zur Verlängerung der Entscheidungsfrist kann insbesondere dann vorliegen, wenn das Einvernehmen anderer Stellen erforderlich ist und die diesen Stellen eingeräumte Frist (einschließlich erforderlicher Postlaufzeiten) die Bearbeitungsfrist fast vollständig ausschöpft oder überschreitet. Ein wichtiger Grund kann aber auch bestehen, wenn z.B. eine erforderliche Baulasterklärung nicht rechtzeitig vorgelegt werden kann. Liegt ein wichtiger Grund tatsächlich nicht vor, hat die Fristverlängerung keine Wirkung.

62.2.4 Die Frist kann auch mehrfach verlängert werden, jedoch nicht über den gesetzlich bestimmten Gesamtzeitraum von zwei Monaten hinaus. Kann die Genehmigungsfähigkeit nicht rechtzeitig festgestellt werden, ist der Antrag abzulehnen.

63 Baugenehmigungsverfahren ( § 63)

Der Prüfumfang unterscheidet sich von dem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nur durch die zusätzliche Prüfung der Anforderungen der ThürBO oder aufgrund der ThürBO. Nicht hierunter fallen die Anforderungen zur Standsicherheit und zum Brandschutz, da insoweit § 65 eine eigenständige abschließende Regelung enthält. Eine maximale Bearbeitungsfrist mit Genehmigungsfiktion ist nicht bestimmt. Im Übrigen wird auf Nr. 62 verwiesen.

64 Bauvorlageberechtigung ( § 64)

64.1 Eine Bauvorlageberechtigung ist bei verfahrensfreien Vorhaben bereits deswegen nicht erforderlich, weil dort keine Bauvorlagen einzureichen sind. Im Übrigen ist eine Bauvorlageberechtigung nur bei der Errichtung oder Änderung von Gebäuden, nicht aber bei sonstigen Anlagen, bei reinen Nutzungsänderungen oder bei der Beseitigung von Gebäuden erforderlich.

Satz 2 Nr. 1 erfasst z.B. kleine Baumaßnahmen als Bestandteil einer anderen fachlichen Planung wie kleinere Gebäude innerhalb von Gartenanlagen, die üblicherweise von Landschaftsarchitekten mitgeplant werden.

Zu geringfügigen oder technisch einfachen Gebäuden i.S.d. Satz 2 Nr. 2 zählen z.B. eingeschossige gewerbliche Gebäude bis 5 m Wandhöhe und 250 m2 Brutto-Grundfläche oder max. zweigeschossige landwirtschaftliche Betriebsgebäude bis zu 250 m2 Brutto-Grundfläche.

65 Bautechnische Nachweise ( § 65)

65.1.1 Bautechnische Nachweise sind außer für verfahrensfreie Vorhaben für alle Bauvorhaben zu erstellen. Ein Nachweis des bauordnungsrechtlichen Wärmeschutzes ist für das bauaufsichtliche Verfahren entbehrlich.

65.1.2 Grundsätzlich ist die Bauvorlageberechtigung nach § 64 für die Erstellung der bautechnischen Nachweise ausreichend. Etwas anderes gilt nur für die in Absatz 2 genannten Nachweise, wenn die Prüfung der Nachweise entfallen soll.

65.1.3 Bautechnische Nachweise sind Bauvorlagen und müssen mit den Bauzeichnungen und Baubeschreibungen übereinstimmen. Der Umfang und Inhalt bautechnischer Nachweise für Standsicherheit und Brandschutz ist in den § § 10 und 11 ThürBauVorlVO geregelt. Im Brandschutznachweis ist auch auf die Rettung von Personen mit Behinderungen einzugehen, mit deren Anwesenheit bei der konkreten baulichen Anlage zu rechnen ist.

65.1.4 Bautechnische Nachweise müssen nach § 71 Abs. 7 Satz 3 zum Baubeginn auf der Baustelle vorliegen. Sind sie prüfpflichtig, müssen sie nach § 71 Abs. 6 Nr. 2 geprüft vorliegen.

65.1.5 Ergibt sich aus nachträglich erstellten Nachweisen, dass ein Bauvorhaben nicht so ausgeführt werden kann, wie es genehmigt wurde, ist eine Änderung der Baugenehmigung zu beantragen. Dabei handelt es sich in der Sache um ein neues Genehmigungsverfahren, bei dem vorhandene Unterlagen ggf. genutzt werden können. Soweit durch die Änderungen von Fachbehörden zu vertretende Belange nicht neu oder anders berührt werden, ist deren Beteiligung entbehrlich.

65.1.6 Der Brandschutznachweis kann insbesondere bei Sonderbauten in Form eines objektbezogenen Brandschutzkonzepts dargestellt werden. Bei einfachen Sonderbauten wie z.B. landwirtschaftlichen Gebäuden nach § 2 Abs. 4 Nr. 3 kann ggf. auf "Muster-Brandschutzkonzepte" zurückgegriffen werden, die objektbezogen ergänzt werden.

65.2.1 An die Ersteller bautechnischer Nachweise werden in Abhängigkeit von der Schwierigkeit der baulichen Anlagen unterschiedlich hohe Anforderungen gestellt. Ein Vier-Augen-Prinzip ist nur teilweise vorgesehen.

65.2.2 Ein Standsicherheitsnachweis ist immer erforderlich. Die Prüfpflicht ergibt sich aus Absatz 3. Allein die Sonderbaueigenschaft eines Gebäudes führt nicht zur Prüfung des Standsicherheitsnachweises, da Sonderbauten nicht generell höhere Probleme im Bereich der Standsicherheit aufweisen.

65.2.3 Ein Brandschutznachweis ist immer erforderlich. Bei den Gebäudeklassen 1 bis 3 ist er regelmäßig in den Bauvorlagen enthalten. Auch bei Gebäuden der Gebäudeklassen 4 und 5, die keine Sonderbauten sind, ist regelmäßig kein getrennter Nachweis erforderlich (vgl. § 11 Abs. 1 ThürBauVorlVO). Wird kein getrennter Nachweis erstellt, muss der Fachplaner die Pläne, die die Angaben zum Brandschutz enthalten, ebenfalls unterschreiben. Die Unterschrift im Formblatt "Erklärung zum Brandschutznachweis" ist nicht ausreichend.

65.2.4 Der Brandschutznachweis kann sich nach § 11 ThürBauVorlVO auf das für die Beurteilung Erforderliche beschränken. Bei Anbauten und anderen Änderungen an einem Gebäude kann die Darstellung ausreichend sein, dass die geplante Änderung keine Auswirkungen auf den Brandschutz des bestehenden Gebäudes hat. Bei Windenergieanlagen wird regelmäßig nach § 1 Abs. 5 ThürBauVorlVO ein Verzicht auf die Vorlage eines Brandschutznachweises in Betracht kommen.

65.3.1 Die Erteilung der Prüfaufträge erfolgt nach § 2 Abs. 1 ThürPPVO in der Regel durch die untere Bauaufsichtsbehörde unter Berücksichtigung fachlicher Kriterien sowie unter Berücksichtigung der Möglichkeit einer örtlichen Bauüberwachung. Die Festlegung des Prüfers kann frühzeitig erfolgen, um bereits in der Planungsphase fachliche Abstimmungen zwischen Ersteller und Prüfer der Nachweise zu ermöglichen. Anregungen des Bauherrn oder Nachweiserstellers zur Auswahl eines bestimmten Prüfingenieurs können insbesondere dann berücksichtigt werden, wenn die Anlage oder die bautechnischen Nachweise Besonderheiten aufweisen, die auch beim Prüfingenieur Spezialwissen erfordern.

65.3.2 Wohngebäude der Gebäudeklassen 1 und 2 sind hinsichtlich des Standsicherheitsnachweises nie prüfpflichtig. Dies gilt ungeachtet der Frage, ob die Kriterien des Kriterienkatalogs ganz oder teilweise erfüllt oder nicht erfüllt sind.

65.3.3 Wurde ein Standsicherheits- oder Brandschutznachweis für Gebäude und Anlagen nach Absatz 2 durch einen Prüfingenieur für Standsicherheit bzw. für Brandschutz erstellt, ist er nicht zu prüfen. Absatz 3 Satz 3 gilt nur für die Nachweisersteller, die in der Liste nach Absatz 5 eingetragen sein müssen.

65.4 Obwohl bautechnische Nachweise in der Regel nur in den Fällen des Absatzes 3 geprüft werden, kann ein Antrag auf Abweichung eine Teilprüfung der bautechnischen Nachweise notwendig machen, da die abweichende Lösung Auswirkungen auf die Gesamtplanung haben kann. In diesen Fällen sind bautechnische Nachweise in dem Umfang zu prüfen, der für die Beurteilung der Abweichung notwendig ist.

65.5 Die Listenführung erfolgt auf Grundlage einer einmaligen Überprüfung der Eintragungsvoraussetzungen. Eine regelmäßige Überprüfung, ob die Eintragungsvoraussetzungen noch vorliegen oder ob der Eingetragene weiter im Rahmen seiner Nachweisberechtigung tätig wird, ist nicht erforderlich. Eine Löschung der Eintragung ist unter den in § 11 ThürAIKG geregelten Voraussetzungen möglich.

66 Abweichungen ( § 66)

66.1.1 "Vorschriften" i. S. des Absatz 1 Satz 1 sind nur solche des materiellen Bauordnungsrechts; bauordnungsrechtliche Verfahrensregelungen und Verwaltungsvorschriften sind hiervon nicht erfasst. Soll von technischen Regeln oder von nach § 87a eingeführten Technischen Baubestimmungen abgewichen werden, ist die Zulassung einer Abweichung i. S. d. § 66 vorbehaltlich der Regelung des § 87a Abs. 1 Satz 3 nicht erforderlich. Es sind die dafür geltenden Bestimmungen zu beachten.

Bei der Entscheidung über die Zulassung einer Abweichung kann auch das öffentliche Interesse an der Erhaltung und weiteren Nutzung von Baudenkmälern berücksichtigt werden. Der Zweck der jeweiligen (Sicherheits-)Anforderung kann mit einer Abweichung vereinbar sein, wenn erhebliche Gefahren für Leben und Gesundheit nicht zu befürchten sind.

66.1.2 Werden bautechnische Nachweise bauaufsichtlich (durch die Bauaufsichtsbehörde oder einen Prüfingenieur) geprüft, sind insoweit gesonderte Abweichungsentscheidungen entbehrlich. Das gilt aber nur für solche Anforderungen und Abweichungen, die Gegenstand des bautechnischen Nachweises sind.

66.1.3 Sollen bei Gebäuden der Gebäudeklassen 1 bis 4 Abweichungen von Anforderungen des Brandschutzes zugelassen werden, muss die Prüfung des Brandschutzes so weit gehen, wie es eine sachgerechte Entscheidung erfordert. Eine Beschränkung lediglich auf das betroffene Bauteil wird häufig nicht ausreichend sein.

66.2.1 Die Zulassung von Abweichungen setzt einen Antrag voraus, der zu begründen ist. Stellt die Bauaufsichtsbehörde bei der Prüfung eines Bauantrags nach § 63 oder auf andere Weise fest, dass die Zulassung einer Abweichung erforderlich ist, sollte der Bauherr darauf hingewiesen und eine Frist zur Nachreichung gesetzt werden. Wird der Antrag nicht innerhalb der gesetzten Frist gestellt, ist die Baugenehmigung im Verfahren nach § 63 zu versagen. Im Verfahren nach § 62 kann die Baugenehmigung nach § 71 wegen des Verstoßes gegen nicht zum Prüfumfang gehörendes öffentliches Rechts versagt werden.

66.2.2 Satz 2 ist im Genehmigungsfreistellungsverfahren ( § 61) auf Ausnahmen und Befreiungen vom Bebauungsplan nicht anwendbar, da die Notwendigkeit einer Ausnahme oder Befreiung zur Durchführung eines (vereinfachten) Baugenehmigungsverfahrens führt.

66.3.1 Die Gemeinde entscheidet, wenn es um Abweichungen von örtlichen Bauvorschriften nach § 88 oder von städtebaulichen Satzungen gehtund das Vorhaben nach § 60 verfahrensfrei ist. Die Gemeinde muss dabei ausschließlich entscheiden, ob sie eine Abweichung von den von ihr selbst erlassenen Regeln zulassen will. Sonstiges öffentliches Recht ist nicht zu prüfen. Die Zulassung der Abweichung bedeutet daher auch keine Aussage über die Zulässigkeit des Vorhabens insgesamt.

66.3.2 Beantragt ein Bauherr keine Abweichung, obwohl sie erforderlich ist oder beachtet er die von der Gemeinde mit der Zulassung der Abweichung verbundenen Nebenbestimmungen nicht, ist für die Verfolgung des rechtswidrigen Zustands die Bauaufsichtsbehörde zuständig.

66.3.3 Sowohl Satzungen nach § 88 als auch städtebauliche Satzungen werden im eigenen Wirkungskreis erlassen; daher ist auch die Entscheidung nach Absatz 3 dem eigenen Wirkungskreis zuzurechnen. Widerspruchsbehörde bei kreisangehörigen Gemeinden ist daher das Landratsamt.

67 Bauantrag und Bauvorlagen ( § 67)

67.2.1 Einzureichen sind die nach der ThürBauVorlVO erforderlichen Unterlagen. Angaben zur Einhaltung materieller Anforderungen außerhalb des Bauplanungs- und des Bauordnungsrechts sind nur erforderlich, soweit diese Anforderungen im jeweiligen Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind. § 67 Abs. 2 Satz 2, wonach die Bauaufsichtsbehörde zulassen kann, dass einzelne Bauvorlagen nachgereicht werden, bleibt unberührt.

67.2.2 Ein über den ALKIS-Viewer des Geoproxy (http://pgeoproxyapp.thegov.thlv.de/geoclient/control) erzeugter Auszug kann für die Beurteilung eines Bauvorhabens ausreichen, wenn die inhaltlichen Angaben denen des amtlichen Liegenschaftskartenauszugs entsprechen.

67.2.3 Die bautechnischen Nachweise i. S. d. § 65 gehören nicht zu den einzureichenden Unterlagen. Eine gleichzeitige Einreichung des Brandschutznachweises ist aber empfehlenswert, da sich aus dessen Prüfung Änderungen des Bauvorhabens und damit Auswirkungen auf die Baugenehmigung ergeben können. Die Nachweise müssen jedenfalls rechtzeitig vor Baubeginn vorliegen. Ist eine Prüfung der Nachweise erforderlich, wird sie bei Vorhaben nach § § 62, 63 durch die Baugenehmigungsbehörde in Auftrag gegeben. Die Nachweise müssen dann so rechtzeitig vorgelegt werden, dass die Prüfung vor Baubeginn abgeschlossen ist. Auf Nr. 62.1.5, 62.1.6 und 65 wird hingewiesen.

68 Behandlung des Bauantrages ( § 68)

68.1.1 Die Gemeinde ist unabhängig von einem Einvernehmenserfordernis immer zu beteiligen. Das Gleiche gilt, soweit eine Beteiligung einer Stelle durch Rechtsvorschrift vorgeschrieben ist. Dagegen sind sonstige betroffene Behörden nur zu beteiligen, wenn ohne die Beteiligung die Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens nicht beurteilt werden kann. Damit kommt nur eine Beteiligung der Behörden in Betracht, deren Zuständigkeit durch den Prüfumfang nach § § 62, 63 berührt wird. Besitzt die Bauaufsichtsbehörde ausreichende Kenntnisse auf dem jeweiligen Fachgebiet, kann die Beteiligung der zuständigen Behörde unterbleiben.

68.1.2 Die Beteiligung der Brandschutzdienststellen im Baugenehmigungsverfahren wird regelmäßig dann erforderlich, wenn sich Auswirkungen für den abwehrenden Brandschutz ergeben. Besondere Anforderungen können sich stellen an:

Eine Beteiligung der Brandschutzdienststelle soll erfolgen vor

Bei Gebäuden der GK 5, Sonderbauten sowie Mittel- und Großgaragen ist regelmäßig eine Beteiligung hinsichtlich der o. g. Anforderungen erforderlich.

Die Brandschutzdienststelle gibt Auskunft über die Leistungsfähigkeit und die Ausstattung (z.B. vorhandenes Rettungsgerät) der örtlichen Feuerwehr unter Beachtung des Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetzes sowie der Thüringer Feuerwehrorganisationsverordnung. Die Anforderungen der Brandschutzdienststelle sind zu würdigen; die Brandschutzdienststelle ist über das Ergebnis der Würdigung zu informieren. Werden Vorschläge der Brandschutzdienststelle nicht umgesetzt, ist diese davon zu unterrichten. Die Feuerwehren benötigen das Ergebnis der Würdigung ihrer Belange, weil die Verantwortung für den abwehrenden Brandschutz der Gebäude bei den Gemeinden bleibt. Eine völlig isolierte Betrachtung von vorbeugendem und abwehrendem Brandschutz ist nicht möglich, beide beeinflussen sich unabdingbar.

Brandschutzdienststellen sind nach § 20 Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz die Landkreise, die kreisfreien und Großen kreisangehörigen Städte. Eine Beteiligung der örtlichen Feuerwehr allein ist unzureichend.

68.1.3 Die Bauaufsichtsbehörde ist an Stellungnahmen von Fachbehörden nur gebunden, wenn deren Einvernehmen erforderlich ist oder soweit eine Genehmigung nach § 62 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 63 Satz 1 Nr. 3 ersetzt wird. Will sie von einer Stellungnahme abweichen, sollte sie vorher mit der betroffenen Behörde Kontakt aufnehmen.

68.1.4 Gemeinden und Fachbehörden können im Einzelfall oder allgemein auf eine Beteiligung verzichten. Ein Verzicht im Einzelfall wird insbesondere in Betracht kommen, wenn der Bauherr die Stelle vorab beteiligt und eine Einigung erzielt hat. Diese muss für die Bauaufsichtsbehörde nachvollziehbar sein (z.B. gegengezeichnetes Gesprächsprotokoll), damit erkennbar ist, unter welchen Rahmenbedingungen auf eine Zweitbeteiligung verzichtet wird. Ein Verzicht sollte ausdrücklich erklärt werden.

Ein allgemeiner Verzicht kann bei häufiger vorkommenden vergleichbaren Sachverhalten in Betracht kommen. In diesem Fall kann sich die Abfassung einer Muster-Stellungnahme anbieten, die ohne erneute Beteiligung herangezogen werden kann.

68.1.5 Verspätete Stellungnahmen müssen grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Etwas anderes gilt, wenn die materielle Rechtmäßigkeit der Entscheidung über den Bauantrag von der inhaltlichen Berücksichtigung des entsprechenden Belangs abhängt und die Bauaufsichtsbehörde diesen Belang nicht ausreichend selbst beurteilen kann. Im vereinfachten Genehmigungsverfahren wird in diesem Fall regelmäßig eine Verlängerung der Entscheidungsfrist nach § 62 Abs. 2 in Betracht kommen.

68.2 Die Bauaufsichtsbehörden haben durch personelle und organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Zweiwochenfrist eingehalten wird. Die Vollständigkeitsprüfung kann nur eine formelle Prüfung sein, die auch ohne inhaltliche Befassung mit dem Bauantrag möglich ist. Zu prüfen ist insbesondere, ob die nach der ThürBauVorlVO erforderlichen Bauvorlagen vorhanden sind und "scheinbar" eine Prüfung des Bauantrags zulassen. Dagegen können sich aus der inhaltlichen Prüfung der Bauvorlagen noch Nachforderungen ergeben. Diese Nachforderungen setzen die Entscheidungsfrist des § 62 Abs. 2 nicht neu in Gang. Bautechnische Nachweise gehören nicht zur Vollständigkeit der Bauvorlagen.

69 Beteiligung der Nachbarn und der Öffentlichkeit ( § 69)

69.1.1 Als benachbart im baurechtlichen Sinne sind nur/alle Grundstücke anzusehen, die durch das Vorhaben in ihren öffentlich-rechtlich geschützten Belangen berührt sein können. Für die Beurteilung kommt es auf die möglichen Auswirkungen der Errichtung des Vorhabens an. Ein Angrenzen an das Baugrundstück ist nicht erforderlich. Andererseits sind auch nicht alle angrenzenden Grundstücke als benachbart anzusehen.

69.1.2 Eine Nachbarbeteiligung ist nur erforderlich, wenn eine Abweichung oder Befreiung zugelassen werden sollund es sich um eine nachbarschützende Vorschrift handelt. Zu beteiligen sind auch in diesem Fall nur die Nachbarn, die durch die jeweilige Vorschrift geschützt werden.

69.1.3 Die Nachbarbeteiligung erfolgt durch die Bauaufsichtsbehörde, soweit sie nicht bereits durch den Bauherrn erfolgt ist. Den Nachbarn sind auch aus Gründen des Datenschutzes nur die Bauvorlagen zur Kenntnis zu geben, die für die Beurteilung ihrer Betroffenheit erforderlich sind.

69.1.4 Eine Zustimmung der Nachbarn ist für die Erteilung der Abweichung oder Befreiung nicht erforderlich. Eine erteilte Zustimmung versetzt die Bauaufsichtsbehörde nicht in die Lage, die Abweichung oder Befreiung ohne weitere Prüfung zu gestatten; ebenso wenig zwingt eine ablehnende Stellungnahme des Nachbarn die Bauaufsichtsbehörde dazu, den Antrag abzulehnen.

69.2 Eine Zustimmung auf andere Art und Weise kann z.B. durch eine gesonderte Zustimmungserklärung erfolgen (der Nachbar schickt die ihm vom Bauherrn übergebenen Unterlagen mit einem Begleitschreiben zurück, in dem er dem Bauvorhaben zustimmt).

69.3.1 Unabhängig von einer nach Absatz 1 erforderlichen Nachbarbeteiligung soll allen Nachbarn, die dem Bauvorhaben nicht zugestimmt haben, die Baugenehmigung zugestellt werden. Diese Zustellung ist deswegen vorgesehen, weil je nach Verfahren Anforderungen in unterschiedlichem Umfang nicht geprüft werden und damit eine Beurteilung aller Nachbarbelange durch die Bauaufsichtsbehörde möglicherweise nicht erfolgen kann.

69.3.2 Ausreichend ist die Zustellung des Genehmigungsbescheids ohne Bauvorlagen. Etwas anderes gilt bei konkreten Einwendungen des Nachbarn; in diesem Fall ist auch der Teil der Bauvorlagen zuzustellen, auf den sich die Einwendungen beziehen.

69.3.3 Die Bauherren sollten im Eigeninteresse zur Beschleunigung des Verfahrens alle Angrenzer angeben. Kann die Bauaufsichtsbehörde einen Nachbarn, der nicht nach Absatz 1 zu beteiligen ist, nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermitteln, ist eine Zustellung entbehrlich.

69.4.1 Ist eine Vielzahl von Nachbarn zu beteiligen oder lässt sich der Kreis der zu beteiligenden Nachbarn nicht hinreichend genau abgrenzen, kann die Einzelbeteiligung durch eine öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Aus dem Umstand, dass eine größere Zahl von Nachbarn zu beteiligen wäre, ergibt sich regelmäßig, dass die geplante Anlage geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu belästigen. Die öffentliche Bekanntmachung muss im Amtsblatt und zusätzlich im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen erfolgen, die im Bereich des Standorts der Anlage verbreitet sind.

69.4.2 Eine Nachbarbeteiligung durch öffentliche Bekanntmachung ist nur möglich, wenn der Bauherr dies beantragt. Die Bauaufsichtsbehörde ist an den Antrag nicht gebunden. Eine Ablehnung kommt insbesondere in Betracht, wenn davon auszugehen ist, dass die Anstoßwirkung der öffentlichen Bekanntmachung nicht erreicht wird.

69.4.3 Die Kosten der Bekanntmachung hat der Bauherr als Auslagen zu erstatten.

69.4.4 Die öffentliche Bekanntmachung muss die in Satz 5 bestimmten Angaben enthalten. Um die erforderliche Anstoßwirkung zu erreichen, muss das beantragte Vorhaben so bezeichnet werden, dass daraus Bauort (z.B. durch Angabe der Adresse) und Art des Vorhabens entnommen werden können.

69.4.5 Mit Ablauf von einem Monat nach Bekanntmachung sind alle nicht rechtzeitig erhobenen öffentlich-rechtlichen Einwendungen gegen das Bauvorhaben ausgeschlossen. Für die Rechtzeitigkeit ist der Eingang bei der Bauaufsichtsbehörde maßgeblich.

69.4.6 Ebenso wie die Nachbarbeteiligung kann auch die Zustellung der Baugenehmigung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. Die Grenze von 20 Personen, denen die Baugenehmigung zuzustellen wäre, gilt in diesem Fall nicht.

69.5.1 Vor der Genehmigung sog. Schutzobjekte in der Nähe von Störfallbetrieben muss eine Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgen, bei der die Bekanntmachung zusätzliche Angaben enthalten muss. Auf Nr. 61.1.2 wird verwiesen.

69.5.2 Eine Öffentlichkeitsbeteiligung ist u. a. erforderlich bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung baulicher Anlagen, die nach Durchführung des Bauvorhabens Sonderbauten nach § 2 Abs. 4 Nr. 9 Buchst. c und Nr. 10 bis 13 sowie 15 und 16 sind. Darunter fallen auch Anlagen, die bereits vor der beantragten Baumaßnahme Sonderbauten nach diesen Regelungen waren. Dagegen ist eine Öffentlichkeitsbeteiligung nach dieser Regelung nicht erforderlich, wenn ein entsprechender Sonderbau diese Eigenschaft verlieren soll und die neue Nutzung auch nicht unter § 69 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 oder 2 fällt.

70 Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens ( § 70)

70.1 Ein rechtswidrig versagtes gemeindliches Einvernehmen wird durch die jeweilige Genehmigungsbehörde ersetzt, in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren also durch die Immissionsschutzbehörde.

70.3 Bei der Anhörung ist der Gemeinde die Rechtslage darzustellen und zu begründen, warum das gemeindliche Einvernehmen nach Auffassung der Genehmigungsbehörde rechtswidrig versagt wurde und daher ersetzt werden soll. Eine angemessene Frist für eine erneute Entscheidung wird in der Regel auch unter Berücksichtigung der Ladungsfristen nicht länger als ein Monat sein.

71 Baugenehmigung und Baubeginn ( § 71)

71.1.1 Prüfungsgegenstand des Baugenehmigungsverfahrens sind ausschließlich die in § § 62 und 63 abschließend aufgeführten Anforderungen. Verstöße gegen nicht zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften, von denen die Bauaufsichtsbehörde Kenntnis erlangt, können gleichwohl zur Ablehnung der Baugenehmigung führen. Eine Pflicht zur Prüfung aller öffentlich-rechtlichen Anforderungen oder zur Versagung der Baugenehmigung in allen Fällen, bei denen Verstöße gegen nicht zu prüfende Vorschriften erkannt werden, besteht jedoch nicht. Wird die Baugenehmigung wegen eines (zufällig) erkannten Verstoßes gegen nicht zu prüfende Vorschriften abgelehnt, kann daher der Hinweis sinnvoll sein, dass keine umfassende Prüfung des sonstigen öffentlichen Rechts erfolgt ist und daher nicht ausgeschlossen ist, dass weitere Verstöße vorliegen.

Eine Versagung der Baugenehmigung sollte erfolgen, wenn andernfalls davon auszugehen wäre, dass gegen die insoweit materiell rechtswidrige Anlage bauaufsichtlich eingeschritten wird. Die Versagung der Baugenehmigung dient dann auch der Vermeidung zusätzlichen Verwaltungsaufwands.

Bei Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 2 handelt es sich um eine Befugnis- und Ermessensnorm, die jedoch keinen Drittschutz begründet (VGH Bayern, 28.09.2010, 2 CS 10.1760). Das durch die Regelung eröffnete Ermessen bedeutet keine Verpflichtung, alle nachbarlichen Interessen zu berücksichtigen.

71.1.2 Die Baugenehmigung wird ungeachtet des Erfordernisses weiterer Genehmigungen außerhalb des Baugenehmigungsverfahrens erteilt. Sie berechtigt daher erst dann zur Bauausführung, wenn alle erforderlichen Genehmigungen vorliegen. Die Beschränkung des Prüfumfangs im Baugenehmigungsverfahren lässt nach § 59 Abs. 2 die allgemeinen Eingriffsbefugnisse der Bauaufsichtsbehörden unberührt.

71.5 Die Baugenehmigung ist auch der Fachbehörde zur Kenntnis zu geben, deren Genehmigung nach § 62 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, § 63 Satz 1 Nr. 3 durch die Baugenehmigung ersetzt wird.

71.6 Die Voraussetzungen für den Beginn der Bauausführung müssen insgesamt erfüllt sein. Der Bauherr hat daher prüfpflichtige bautechnische Nachweise so frühzeitig vorzulegen, dass ein Abschluss der Prüfung bis zu dem beabsichtigten Baubeginn möglich ist.

71.7.1 Die Bauaufsichtsbehörde kann verlangen, dass Absteckung und Höhenlage von ihr abgenommen werden oder die Einhaltung der festgelegten Grundfläche und Höhenlage nachgewiesen wird. Wird ein Nachweis verlangt, kann dieser von jedem im Vermessungswesen Fachkundigen erbracht werden.

71.7.2 Ein entsprechendes Verlangen ist nur möglich, wenn ohne Abnahme bzw. Nachweis Bedenken hinsichtlich der ordnungsgemäßen Errichtung des Gebäudes bestehen. Auch unklare Grundstücksverhältnisse können Anlass zu weitergehenden Forderungen sein. Dabei können sich die Unklarheiten sowohl auf die tatsächliche Größe des Grundstücks als auch auf den Grenzverlauf beziehen. Es sind folgende Sachverhalte zu unterscheiden:

72 Geltungsdauer der Genehmigung ( § 72)

72.1 Eine Verlängerung der Baugenehmigung ist nur möglich, wenn das Vorhaben zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Verlängerungsantrag dem zu prüfenden öffentlichen Recht entspricht. Es gelten die gleichen verfahrensrechtlichen und materiellen Anforderungen wie für die Neuerteilung der Baugenehmigung, es bedarf lediglich nicht der Einreichung neuer Bauvorlagen. Die Gemeinde ist unabhängig vom Erfordernis eines Einvernehmens nach § 36 BauGB zu beteiligen, da sie den Verlängerungsantrag zum Anlass nehmen kann, die bauplanungsrechtlichen Grundlage zu ändern.

73 Teilbaugenehmigung ( § 73)

Eine Teilbaugenehmigung kann nur erteilt werden, wenn die grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit der gesamten Anlage feststeht.

74 Vorbescheid ( § 74)

74.1 Der Vorbescheid ist ein vorweggenommener Teil der Genehmigung. Er kann daher grundsätzlich nur für solche Bauvorhaben beantragt und erteilt werden, für die ein Baugenehmigungsverfahren nach § 62 oder § 63 vorgesehen ist. Entsprechend kann sich der Vorbescheid auch nur auf Fragen beziehen, die im jeweiligen Baugenehmigungsverfahren geprüft werden. Möglich ist auch ein Vorbescheid über die Zulassung von Abweichungen für Vorhaben, die dem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren unterliegen, da Abweichungen nach § 62 Abs. 1 Satz. 2 Nr. 2 zum Prüfumfang gehören. Ein Vorbescheid ist grundsätzlich auch für Vorhaben möglich, die dem Verfahren nach § 76 unterliegen.

74.2 Bei Vorhaben, die der Genehmigungsfreistellung nach § 61 unterliegen, ist ein Vorbescheid zu bauordnungsrechtlichen Abweichungen möglich. Ein Vorbescheid über Ausnahmen und Befreiungen i. S. d. § 31 BauGB ist als Vorfrage einer Genehmigungsfreistellung dagegen nicht möglich, da diese dazu führen, dass das Vorhaben dem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach § 62 unterliegt.

74.3 Der Vorbescheid entscheidet nur über einzelne bauplanungs- oder bauordnungsrechtliche Fragen. Diese müssen vom Bauherrn so formuliert sein, dass sie mit einer eindeutigen Zustimmung oder Ablehnung beantwortet werden können. Ggf. sind Bauvorlagen vorzulegen. Eine Bauvorlageberechtigung ist bei einfachen Einzelfragen entbehrlich, für die die Erstellung detaillierter Bauvorlagen nicht erforderlich ist (z.B. ob eine Grundstück mit einem Einfamilienhaus bebaubar ist, ob eine Befreiung von der festgesetzten Bauweise oder für eine Garage eine Abweichung von § 4 Abs. 1 möglich ist). Ebenfalls keine Bauvorlageberechtigung ist erforderlich, wenn sich die Fragen auf Bauvorhaben beziehen, die nach § 64 keine Bauvorlageberechtigung erfordern.

74.4 Von einer an sich erforderlichen Nachbarbeteiligung kann auf Antrag des Bauherrn abgesehen werden. Ein entsprechendes Interesse kann z.B. vorliegen, wenn der Antragsteller vor einem eventuellen Grundstückserwerb Nutzungsmöglichkeiten prüfen will. Werden Nachbarn nicht beteiligt, hat der Vorbescheid im nachfolgenden Baugenehmigungsverfahren ihnen gegenüber keine Wirkung.

75 Genehmigung Fliegender Bauten ( § 75)

75.1 Anlagen sind nur dann Fliegende Bauten, wenn sie nicht nur geeignet sondern auch dazu bestimmt sind, an verschiedenen Orten wiederholt aufgestellt zu werden. Ein längerfristiger Betrieb an einem Standort führt dazu, dass es sich um eine normale Anlage handelt, die nach den § § 61 bis 63 verfahrenspflichtig sein kann. Bei einer Aufstellung von mehr als zwei Monaten an einem Ort wird regelmäßig eine Überprüfung erforderlich sein, ob noch ein Fliegender Bau vorliegt.

75.7 Bei der erforderlichen Anzeige der Aufstellung eines Fliegenden Baues ist das Prüfbuch im Original vorzulegen.

Die Ergebnisse eventueller Abnahmen sind ebenfalls in das Originalprüfbuch einzutragen.

76 Bauaufsichtliche Zustimmung ( § 76)

76.1 Das Zustimmungsverfahren entfällt, wenn

Das gilt nicht

Entfällt die Zustimmung, erfolgt die Prüfung der baurechtlichen Zulässigkeit sowie die Bauüberwachung durch die Baudienststelle selbst.

76.3 Das Prüfprogramm entspricht dem des vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach § 62. Danach ist das sog. "aufgedrängte" Fachrecht eingeschlossen. Bautechnische Nachweise müssen nicht vorgelegt werden, sofern sie nicht für Abweichungsentscheidungen notwendig sind. Zur erforderlichen Beteiligung der Brandschutzdienststelle wird auf Nummer 68.1.2 verwiesen.

76.4 Die Anhörung der Gemeinde stellt sicher, dass diese rechtzeitig über Maßnahmen der Sicherung der Bauleitplanung entscheiden kann. Sie ist keine Abfrage fachlicher Einzelanforderungen der Ämter der Gemeinde.

76.5 Das Kenntnisgabeverfahren entfällt, wenn die Gemeinde der Errichtung der genannten Anlagen nicht widerspricht. Eine Nachbarbeteiligung findet nicht statt. Die dienende Funktion der betreffenden Anlagen setzt nicht deren zwingende Erforderlichkeit voraus. Der Umfang der zur Kenntnis zu bringenden Unterlagen muss eine Beurteilung der baurechtlichen Tragweite und Bedeutung des Bauvorhabens erlauben. Insbesondere müssen daraus die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem materiellen Bauplanungsrecht und das Vorliegen des gemeindlichen Einvernehmens hervorgehen. Die Beachtlichkeit des materiellen (Bauordnungs-) Rechts bleibt unberührt.

77 Verbot unrechtmäßig gekennzeichneter Bauprodukte ( § 77)

Wird die untere Bauaufsichtsbehörde tätig, sollte sie die oberste Bauaufsichtsbehörde unter Darstellung des Sachverhalts über die veranlassten Maßnahmen informieren.

78 Baueinstellung ( § 78)

Eine Baueinstellung ist nach § 59 Abs. 2 auch dann möglich, wenn gegen nicht zum Prüfumfang gehörende öffentlich-rechtliche Vorschriften verstoßen wird.

79 Beseitigung baulicher Anlagen, Nutzungsuntersagung ( § 79)

79.1 Grundsätzlich hat der Bauherr die Genehmigungsfähigkeit einer genehmigungspflichtigen Anlage zu belegen. Eine Baugenehmigung ist auch nur auf Antrag möglich. Stellt der Bauherr trotz entsprechender Hinweise keinen Bauantrag, besteht keine Möglichkeit, auf andere Weise als durch Beseitigung rechtmäßige Zustände herzustellen.

79.2 Ein öffentliches Interesse am Erhalt einer Anlage kann insbesondere bei unter Denkmalschutz stehenden oder im Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung ( § 172 BauGB) vorhandenen Anlagen bestehen. Ein schutzwürdiges privates Interesse kann zu verneinen sein, wenn eine Anlage unter keinem Gesichtspunkt mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln einer Nutzung zugeführt werden kann.

80 Bauüberwachung ( § 80)

80.1 "Ob" und "Wie" der Bauüberwachung sind in das Ermessen der Bauaufsichtsbehörde gestellt. Daher richtet sich die Erforderlichkeit im Einzelfall nach der Notwendigkeit der Überwachung überhaupt, die auch den Umfang bestimmt. Maßgeblich für das Ob und die Reichweite der Bauüberwachung ist die Schwierigkeit der Bauausführung im Einzelfall unter Berücksichtigung möglicher Folgen, die sich aus der Nichtbeachtung von Bauvorschriften ergeben können.

80.2 Die Bauüberwachung hinsichtlich der Einhaltung der geprüften bautechnischen Nachweise muss regelmäßig durch den Prüfingenieur erfolgen, der die Nachweise geprüft hat (vgl. § 13 Abs. 5, § 19 Abs. 2 ThürPPVO). Eine Einbeziehung der Nachweisersteller in die Überwachung durch Verlangen einer Erklärung über die Einhaltung des Nachweises ist nicht möglich, da das Vieraugenprinzip erfordert, dass derjenige die Bauüberwachung durchführt, auch den jeweiligen Nachweis geprüft hat.

80.6 Gemeldet werden sollen Verstöße nur, wenn Anhaltspunkte für systematische Rechtsverstöße vorliegen. Das kann z.B. der Fall sein, wenn bei mehreren Bauvorhaben eines am Bau Beteiligten vergleichbare Verstöße erkannt werden. Wird ein Rechtsverstoß nur bei einem einzelnen Bauvorhaben festgestellt, ist eine Mitteilung an die für die Marktüberwachung zuständige Stelle entbehrlich.

81 Bauzustandsanzeigen, Aufnahme der Nutzung ( § 81)

81.1.1 Der Bauherr hat allgemein den Baubeginn nach § 71 Abs. 8 und die Nutzungsaufnahme nach Absatz 2 anzuzeigen. Sind einzelne Phasen der Bauausführung nach Auffassung der Bauaufsicht besonders überwachungsbedürftig, kann mit der Baugenehmigung die Anzeige entsprechender Arbeiten verlangt werden. Ist durch die beabsichtigte Anordnung der Abgasanlage eine besondere Gefahr zu erwarten, kann eine Einsichtnahme durch den Bezirksschornsteinfegermeister zu einem Zeitpunkt gefordert werden, bei dem Bauteildurchführungen und Abstände zu Bauteilen aus brennbaren Stoffen noch einsehbar sind.

81.1.2 Die Fortsetzung von Bauarbeiten oder die Nutzungsaufnahme nach Satz 2 setzt nur dann eine Zustimmung der Bauaufsichtsbehörde oder des Prüfingenieurs voraus, wenn zuvor nach Satz 1 die Anzeige bestimmter Bauzustände verlangt wurde. Die Zustimmung zur Fortsetzung der Bauarbeiten kann bereits mit der Anordnung verbunden werden, wenn die Bauaufsichtsbehörde nur von einem bestimmten Stadium des Baufortschritts unterrichtet werden soll, damit dies z.B. zum Anlass genommen werden kann, bis dahin abgeschlossene Arbeiten zu kontrollieren.

81.2.1 Für die Bescheinigung des Prüfingenieurs bzw. die Bestätigung des Nachweisberechtigten sind die bekannt gemachten Formblätter zu verwenden. Die Prüfingenieure und die Nachweisberechtigten legen eigenständig fest, zu welchen Zeitpunkten und in welchem Umfang eine Kontrolle erforderlich ist.

81.2.2 Benutzungsvoraussetzung jeder baulichen Anlage ist ihre Nutzungssicherheit sowie die ihrer Erschließungsanlagen. Vor Inbetriebnahme der Feuerstätte hat der Bezirksschornsteinfegermeister oder der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger die Tauglichkeit und sichere Benutzbarkeit der Abgasanlage unter Berücksichtigung des Gesamtsystems Heizung zu bescheinigen. Diese Regelung gilt auch für nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 verfahrensfreie Anlagen.

82 Baulasten und Baulastenverzeichnis ( § 80)

82.1 Ist ein Erbbaurecht bestellt, bedarf der Grundstückseigentümer für eine Baulasterklärung der Mitwirkung des Erbbauberechtigten (OVG Lüneburg, 26.05.1989 - 6 a 147/87).

82.3 Durch Gesetzesänderungen insbesondere des § 6 können eingetragene Baulasten entbehrlich werden. Auf sie ist dann grundsätzlich zu verzichten. Vorhandene Baulasten sind daher gegebenenfalls auf ihren Bedarf zu überprüfen. Das sollte insbesondere dann erfolgen, wenn auf belasteten Grundstücken neue Bauvorhaben durchgeführt werden sollen.

82.5 Ein berechtigtes Interesse zur Einsichtnahme ist gegeben, wenn sachliche Gründe vorgetragen werden, die die Verfolgung unbefugter Zwecke ausgeschlossen erscheinen lassen. Ein berechtigtes Interesse haben grundsätzlich diejenigen, die Rechte am Grundstück haben oder erwerben wollen wie z.B. Eigentümer, Erbbauberechtigte, Kaufinteressenten, Kreditinstitute. Die Vorlage eines Kaufvertragsentwurfes ist regelmäßig nicht erforderlich. Wer ein berechtigtes Interesse dargelegt hat, hat auch einen Anspruch auf die Erteilung von Abschriften.

84 Aufgaben und Befugnisse der Marktüberwachungsbehörden ( § 84)

Die Aufgaben und die Befugnisse der Marktüberwachung ergeben sich aus den genannten europäischen Vorschriften. Aufgaben der unteren Bauaufsichtsbehörden bestehen in diesem Bereich nicht (vgl. § 83). Bei Erkenntnissen über Verstöße gegen das Bauproduktenrecht (z.B. im Zusammenhang mit der Bauüberwachung) ist das Landesverwaltungsamt als obere Marktüberwachungsbehörde zu informieren.

86 Ordnungswidrigkeiten ( § 86)

86.2 Macht ein Nachweisberechtigter für Standsicherheit wiederholt unrichtige Angaben im Kriterienkatalog, kommt nach § 65 Abs. 5 i. V. m § § 12, 13 ThürAIKG eine Löschung der Eintragung in Betracht. Erlangt die Bauaufsichtsbehörde davon Kenntnis, sollte die Ingenieurkammer Thüringen informiert werden.

87a Technische Baubestimmungen ( § 87a)

87a.1.1 Verbindlich sind nur die als Technische Baubestimmungen eingeführten technischen Regeln. Bei der Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe können ergänzend auch nicht eingeführte, aber allgemein anerkannte Regeln der Technik herangezogen werden. Werden die allgemein anerkannten Regeln der Technik und Baukunst beachtet, gelten die entsprechenden bauaufsichtlichen Anforderungen der ThürBO und der auf Grund der ThürBO erlassenen Vorschriften als eingehalten.

87a.1.2 Von Technischen Baubestimmungen abweichende Lösungen können ohne ausdrückliche Zulassung angewandt werden, soweit

Weitergehende abweichende Lösungen bedürfen der Zulassung einer Abweichung nach § 66.

87a.1.3 Soweit die abweichende Lösung bereits in den Bauvorlagen (einschl. bautechnischer Nachweise) beschrieben werden kann, wird über sie - soweit eine Prüfung erfolgt - zusammen mit der Genehmigung oder dem Prüfbericht entschieden. Im Übrigen ist kein förmliches Verfahren erforderlich. Die Gleichwertigkeit muss aber ggf. belegt werden können.

88 Örtliche Bauvorschriften ( § 88)

88.1.1 Die Gemeinde kann ausschließlich zur Gestaltungspflege und Abwehr von Verunstaltungen örtliche Bauvorschriften erlassen, jedoch keine Genehmigungserfordernisse (für verfahrensfreie Vorhaben) begründen. Unzulässig sind auch dem Bauplanungsrecht zuzurechnende Festsetzungen wie z.B. zur Nutzung von Vorgartenflächen oder (nur) denkmalschutzrechtlich begründete Anforderungen.

88.1.2 Die Zulässigkeit eines Verbots von Werbeanlagen und Warenautomaten umfasst als minder schweren Eingriff auch die Möglichkeit, Werbeanlagen nur teilweise zu verbieten, nämlich insoweit, als sie den festgelegten Gestaltungsanforderungen widersprechen.

88.1.4 Die Untersagung der Herstellung von Stellplätzen nach Nummer 7 lässt die Stellplatzpflicht nach § 49 Abs. 1 ganz oder teilweise entfallen. Auch Ablösegebühren fallen insoweit nicht an.

89 Bestehende bauliche Anlagen ( § 89)

89.1.1 Rechtmäßig errichtete Anlagen genießen Bestandsschutz. Dieser Bestandsschutz wird durch einen Wechsel des Bauherrn oder Betreibers nicht berührt, da die Baugenehmigung anlagen- und nicht personenbezogen ist. Ein Betreiberwechsel kann daher nicht zum Anlass genommen werden, Nachbesserungen zu verlangen, die ansonsten nicht verlangt worden wären.

89.1.2 An bestandsgeschützte bauliche Anlagen können Anforderungen zur Anpassung an geänderte Vorschriften nur gestellt werden, wenn und soweit das zur Abwehr erheblicher Gefahren für Leben und Gesundheit notwendig ist. Abzustellen ist auf die konkrete Anlage und die konkreten örtlichen Verhältnisse. Von einer erheblichen Gefahr kann z.B. auszugehen sein, wenn die nach § 33 Abs. 1 erforderlichen zwei unabhängigen Rettungswege überhaupt nicht vorhanden sind oder wenn nur ein Rettungsweg vorhanden und mit Mängeln behaftet ist, die im Brandfall mit hinreichend großer Wahrscheinlichkeit zur vorzeitigen Unbenutzbarkeit führen.

89.1.3 Allgemein kann davon ausgegangen werden, dass von nach bisherigem Recht rechtmäßig errichteten Anlagen bei unveränderter Nutzung keine Gefahren ausgehen, die eine Anpassung an das neue Recht verlangen. Verlangt die Bauaufsichtsbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen eine Anpassung, ist es regelmäßig nicht erforderlich, die Anlage vollständig an die neuen Anforderungen anzupassen. Ausreichend ist, die Anlage so weit zu ertüchtigen, dass keine erhebliche Gefahr mehr besteht. Bei neuen Sonderbauverordnungen wird regelmäßig in den Verordnungen selbst festgelegt, inwieweit sie auch auf bestehende Anlagen anwendbar sind.

89.2.1 Bei Umbauten oder Nutzungsänderungen von bestehenden Gebäuden sind die für die beabsichtigte Maßnahme geltenden Anforderungen zu beachten, soweit sich diese abgrenzen lassen. Es kann nur dann verlangt werden, dass auch von der Änderung nicht berührte Teile mit den geltenden Vorschriften in Einklang gebracht werden, wenn diese Teile mit den Teilen, die geändert werden sollen, in konstruktivem Zusammenhang stehen und die Anpassung keine unzumutbaren Mehrkosten verursacht. Eine automatische Verpflichtung zur Anpassung von der Änderung nicht betroffener Teile oder gar des gesamten Gebäudes besteht daher nicht und kann regelmäßig auch nicht verlangt werden.

89.2.2 Im historischen Gebäudebestand kann die Erneuerung, Ergänzung oder Änderung von Bauteilen in historischer Bauweise unter Verwendung traditioneller Baustoffe auch unter denkmalrechtlichen Gesichtspunkten zur Erhaltung und weiteren Nutzung des Gebäudes notwendig sein. In diesen Fällen ist zu prüfen, ob den bauaufsichtlichen Anforderungen auf andere Art und Weise Rechnung getragen werden kann. Ggf. können Abweichungen nach § 66 zugelassen werden.

89.2.3 Soll in einem bestehenden Wohngebäude das Dachgeschoss ausgebaut werden, kann eine Nachrüstung von Türen eines notwendigen Treppenraums jedenfalls nicht nach Absatz 2 verlangt werden, da regelmäßig zwischen den Teilen, die geändert werden sollen (z.B. neue Wände und Türen im Dachgeschoss) und den von der Änderung nicht berührten Teilen (Eingangstüren bestehender Wohnungen in den darunterliegenden Geschossen) kein konstruktiver Zusammenhang besteht.

Eine Nachrüstung des Treppenraums oder die Schaffung eines bisher nicht vorhandenen zweiten Rettungswegs kann nicht ohne weiteres nach Absatz 1 gefordert werden; das wäre nur möglich, wenn der bestehende Zustand auch ohne den Dachgeschossausbau zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit an aktuelle Anforderungen angepasst werden müsste.

Ein Anpassungsverlangen hinsichtlich der Rettungswegsituation kommt dann in Betracht, wenn entweder die Gefahren bei der Nutzung des neu ausgebauten Dachgeschosses höher sind als bei den bereits vorhandenen Nutzungseinheiten oder sich durch den Dachgeschossausbau die Gefahr für die bisherigen Nutzungseinheiten so erhöht, dass nunmehr von einer i. S. d. Absatzes 1 erheblichen Gefahr auszugehen ist.

89.2.4 Bei der Nutzungsänderung von Gebäuden sind bautechnische Nachweise an die veränderte Nutzung anzupassen bzw. neu zu erstellen. Darauf kann ggf. verzichtet werden, wenn die Anforderungen der neuen Nutzung an die Standsicherheit oder den Brandschutz nicht höher sind.

92 Übergangsbestimmungen ( § 92)

92.1.1 Vor einer Änderung der Bauordnung förmlich eingeleitete Verfahren werden grundsätzlich nach dem bisher geltenden Verfahrensrecht zu Ende geführt. Als Änderung in diesem Sinn ist auch der Neuerlass zu verstehen. Werden infolge einer Gesetzesänderung Anlagen verfahrensfrei, sind insoweit laufende Genehmigungsverfahren einzustellen.

92.1.2 Die materiellen Bestimmungen des neuen Rechts können angewandt werden, wenn sie für den Antragsteller eine günstigere Regelung erhalten. Dabei muss aber geprüft werden, ob im Einzelfall Erleichterungen durch erhöhte Anforderungen an anderer Stelle kompensiert werden.

92.2.1 Die Übergangsregelung gilt auch für bestehende Bebauungspläne (dynamische Verweisung).

92.2.2 Grundfläche ist die von der Dachkonstruktion überdeckte Fläche, gemessen von den Außenkanten der Außenwand. Dies entspricht auch der Berechnungsmethode in § 20 Abs. 3 BauNVO für die Geschossfläche. Alle überdachten Flächen wie Treppenräume und der Luftraum darunterliegender Geschosse sind einzubeziehen, Terrassen und offene Balkone entsprechend § 20 Abs. 4 BauNVO jedoch nicht. Die lichte Höhe ist das Maß zwischen der Oberkante des fertigen Fußbodens und der Unterkante der fertigen Decke bzw. der Verkleidung des Dachsparrens (bei sichtbarem Dachsparren dessen Unterkante). Bei der Frage, ob ein Kellergeschoss als Vollgeschoss gilt, ist auf die Deckenoberkante des darüberliegenden Geschosses (ohne Belag) abzustellen (zur maßgeblichen Geländeoberfläche siehe Nummer 2.6).

ENDE

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