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Regelwerk

BetrieblStrSch - Organisatorische Voraussetzungen für einen erfolgreichen betrieblichen Strahlenschutz
Empfehlung der Strahlenschutzkommission

Vom 29. April 2020
BAnz AT 21.07.2020 B4



Nachfolgend wird die Empfehlung der Strahlenschutzkommission (SSK), verabschiedet am 11./12. Februar 2020, bekannt gegeben.

Verabschiedet in der 305. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 11./12. Februar 2020

1 Einführung und Beratungsauftrag

Eine übergeordnete Zielsetzung des betrieblichen Strahlenschutzes, d. h. aller Maßnahmen zum Strahlenschutz, die beim Betrieb einer kerntechnischen Anlage, einer Anlage im Sinne des § 9a Absatz 3 Satz 1 erster Halbsatz zweiter Satzteil des Atomgesetzes (1985), einer Anlage zur Erzeugung ionisierender Strahlung oder einer Röntgeneinrichtung oder eines Störstrahlers (nachfolgend kurz als Anlagen bezeichnet) sowie beim Umgang mit radioaktiven Stoffen erforderlich werden, ist es, nicht nur die Einhaltung der jeweiligen Grenzwerte für die Strahlenexposition der Beschäftigten und der Bevölkerung sicherzustellen, sondern gemäß § 8 Absatz 2 des Strahlenschutzgesetzes ( StrlSchG 2017) auch unnötige Strahlenexpositionen zu vermeiden und die jeweilige Strahlenexposition unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auch unterhalb bestehender Grenzwerte so gering wie möglich zu halten.

Die radiologischen Randbedingungen ergeben sich dabei aus der im Hinblick auf den Strahlenschutz gewählten Auslegung solcher Anlagen bzw. der Gestaltung des Umgangs und deren jeweiligen Zielsetzungen. Bei den Zielsetzungen stehen vor allem spezifische Anwendungen radioaktiver Stoffe oder ionisierender Strahlung (z.B. Aktivität und Auswahl der gehandhabten Radionuklide, Durchstrahlung mit oder Analyse durch Röntgenstrahlung in der Medizin oder Technik) wie auch die Betriebsart (z.B. ortsfester oder ortsveränderlicher Betrieb von Röntgeneinrichtungen, Rückbau oder Betrieb von kerntechnischen Einrichtungen) im Vordergrund. Unter die Auslegung fallen beispielsweise die Anordnung und Ausstattung von Räumen und Raumbereichen (z.B. hinsichtlich Verkehrswegen, Abschirmung von Strahlenquellen, Raumauslegung), die gebäude- und anlagentechnische Ausstattung (wie Lüftung, Abwassersammlung, Handhabungseinrichtungen, stationäre Strahlenschutzinstrumentierung) oder die Anordnung und Auslegung von Systemen und Komponenten (z.B. Ergonomie, Werkstoffwahl). Anforderungen an die Auslegung ergeben sich dabei unter anderem aus dem untergesetzlichen kerntechnischen Regelwerk 1 sowie dem sonstigen untergesetzlichen Regelwerk zum Strahlenschutz 2 .

Die Durchführung des betrieblichen Strahlenschutzes wird durch administrative, organisatorische wie auch technische Aspekte geprägt. Hierunter fallen beispielsweise die personelle Organisation des Strahlenschutzes (einschließlich Klarstellung der Verantwortlichkeit, Beschreibung der Befugnisse und Zuständigkeiten für strahlenschutzrelevante Aufgaben sowie Sicherstellung der fachlichen Qualifikation der agierenden Personen), die Organisation der betrieblichen Abläufe zur effektiven Durchführung des Strahlenschutzes, die Strahlenschutzanweisungen, -ordnungen oder sonstigen strahlenschutzrelevanten Regelungen, die strahlenschutztechnische Ausstattung, insbesondere Strahlungsmessgeräte, Handhabungseinrichtungen und -hilfsmittel sowie gegebenenfalls anlagentechnische Ausrüstungen. Verschiedenste Anforderungen an die Durchführungsaspekte des betrieblichen Strahlenschutzes ergeben sich aus dem gesetzlichen Regelwerk, detaillierter und umfassender aber aus dem untergesetzlichen kerntechnischen und weiterem untergesetzlichen Regelwerk zum Strahlenschutz 3 .

In der Umsetzung der Anforderungen an die Aufbau- und Ablauforganisation zeigen sich in der Praxis sehr unterschiedliche Ausprägungen. Diese können teilweise eine effektive und erfolgreiche Durchführung des betrieblichen Strahlenschutzes erschweren.

Vor diesem Hintergrund bat am 7. Juli 2016 das Bundesumweltministerium die Strahlenschutzkommission (SSK) um eine Stellungnahme zu der Frage, was eine gute Organisation des Strahlenschutzes auszeichnet und wie diese gefördert werden kann. Hierbei sollten die unterschiedlichen Situationen des Strahlenschutzes in Anlagen und Einrichtungen in der Kerntechnik, der Industrie, der Forschung und der Medizin betrachtet und die folgenden Fragen beantwortet werden:

Das Ergebnis der Beratungen der SSK zu diesen Fragestellungen ist in Form von konkreten Empfehlungen an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) in der vorliegenden Empfehlung zusammengestellt. Schwerpunkt der Beratungen der SSK waren dabei die Anwendungsbereiche in der Kerntechnik, der Industrie und Forschung sowie in der Medizin. Die Empfehlungen sind unabhängig davon erarbeitet worden, ob und inwieweit das seit Ende 2018 vollständig in Kraft getretene neue Strahlenschutzrecht Inhalte der Empfehlungen bereits verankert hat.

Die nachfolgenden Empfehlungen der SSK betreffen geplante Expositionssituationen. Im Einzelfall können sie sinngemäß auf bestehende Expositionssituationen und Notfallexpositionssituationen angewandt werden.

Im Bereich von Tätigkeiten mit natürlich vorkommenden radioaktiven Stoffen (NORM-Tätigkeiten, einschl. sogenannter NORM-Arbeitsplätze) werden sich nach Auffassung der SSK auf Grundlage des neuen Strahlenschutzrechts in der Praxis spezifische Organisationsstrukturen im Strahlenschutz (neu) herausbilden. Insofern ist zu erwarten, dass sich hierzu zukünftig ergänzende Erkenntnisse zu einer optimierten Strahlenschutzorganisation ergeben werden, die in einer Nachbetrachtung zu gegebener Zeit bewertet werden können.

Die rechtlichen Grundlagen zur Organisation des Strahlenschutzes basieren auf dem StrlSchG 2017 sowie der Strahlenschutzverordnung ( StrlSchV 2018). Das neue Strahlenschutzrecht ist zum 31. Dezember 2018 vollständig in Kraft getreten und berücksichtigt bereits einzelne Aspekte der nachfolgenden Empfehlungen, die dennoch dargestellt werden, um das sich aus der Bewertung der bisherigen Praxis ergebende gesamte Bild zu Verbesserungen in der Organisation des Strahlenschutzes darzustellen.

2 Empfehlungen

Auf der Basis der in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen bei der Umsetzung des gesetzlichen und untergesetzlichen Regelwerks wie auch fachlicher Erfordernisse im Hinblick auf die Aspekte der Strahlenschutzorganisation haben sich, je nach betrachtetem Anwendungsgebiet, zum Teil unterschiedliche Defizite im Hinblick auf einen effektiven und erfolgreichen betrieblichen Strahlenschutz herauskristallisiert. Hieraus ergeben sich konkrete Empfehlungen, die aus Sicht der SSK in verschiedenen Fällen zu einer Verbesserung des betrieblichen Strahlenschutzes führen können.

2.1 Empfehlung 1 E

Die Darstellung der Organisation des Strahlenschutzes soll als Bestandteil jedes Genehmigungsverfahrens nach den §§ 10, 12 StrlSchG (StrlSchG 2017) und den §§ 4, 6, 7, 9 des Atomgesetzes (1985) vorgelegt werden. Dabei sollen die natürlichen Personen mit ihren Aufgaben nach Strahlenschutzrecht genannt werden. Dies gilt insbesondere für die zur Erfüllung der Aufgaben des Strahlenschutzverantwortlichen gegebenenfalls bevollmächtigten Personen (Strahlenschutzbevollmächtigter) 5 . Bei Änderungen der Organisation des Strahlenschutzes, z.B. bei personellen Veränderungen, sollte die Darstellung der Organisation entsprechend aktualisiert und der zuständigen Behörde im Rahmen des aufsichtlichen Verfahrens zur Änderung unaufgefordert vorgelegt werden.

Für Genehmigungs- und Anzeigeverfahren nach den §§ 17, 19, 25, 26, 27 StrlSchG und § 12 StrlSchV sollte entsprechend eine Darstellung der Organisation des Strahlenschutzes vorgelegt werden. Analog zu den zuvor genannten Verpflichtungen sollte auch hier bei Änderungen der Organisation des Strahlenschutzes die Darstellung der Organisation entsprechend aktualisiert und der zuständigen Behörde im Rahmen des aufsichtlichen Verfahrens zur Änderung unaufgefordert vorgelegt werden.

Bei bereits erteilten Genehmigungen nach Strahlenschutzrecht vor dem 31. Dezember 2018 sollte eine Darstellung der Organisation des Strahlenschutzes, sofern diese nicht bereits im Genehmigungsverfahren vorgelegt wurde, durch die zuständige Behörde im aufsichtlichen Verfahren nachgefordert werden.

2.2 Empfehlung 2 E

Der Strahlenschutzverantwortliche sollte gegenüber der Behörde darstellen, dass er sich mit den Themen Aufgaben und Pflichten im Strahlenschutz, aber auch mit dem Thema Verantwortung im Strahlenschutz angemessen auseinandergesetzt hat. Die Erläuterung der Aufgaben und Pflichten eines Strahlenschutzverantwortlichen kann durch einen kundigen Externen, durch den Besuch einer entsprechenden Fortbildungsveranstaltung oder auch durch einen erfahrenen, bereits bestellten firmeninternen Strahlenschutzbeauftragten erfolgen.

Sofern einem Strahlenschutzbevollmächtigten vom Strahlenschutzverantwortlichen Aufgaben übertragen wurden, gilt das Vorgenannte für den Strahlenschutzbevollmächtigten gleichermaßen.

2.3 Empfehlung 3 E

Für die Fälle, in denen mehrere Personen im Sinne des § 44 StrlSchV eigenverantwortlich Einrichtungen nutzen, sollten aus Sicht der SSK zwischen den Strahlenschutzverantwortlichen - analog den Abgrenzungsverträgen beim Einsatz von Personen gemäß § 25 StrlSchG in fremden Anlagen oder Einrichtungen - die jeweiligen Aufgaben und Pflichten gemäß StrlSchG und StrlSchV abgegrenzt werden.

Die SSK befürwortet in solchen Fällen darüber hinausgehend das Prinzip "Ein Strahlenschutzverantwortlicher für die Genehmigungen und Anzeigen an einem Ort" im Strahlenschutz umzusetzen, sofern dies sinnvoll ist. Dies sollte unabhängig vom Beschäftigungs- und Vertragsverhältnis zwischen dem Strahlenschutzverantwortlichen und der/den anderen Person/Personen gelten.

2.4 Empfehlung 4 E

Der Strahlenschutzverantwortliche hat nach § 45 Absatz 1 StrlSchV dafür zu sorgen, dass eine Strahlenschutzanweisung erlassen wird. Beim anzeigebedürftigen Betrieb von Röntgeneinrichtungen und beim Betrieb von Störstrahlern sowie bei einer Anzeige nach den §§ 56 und 59 StrlSchG ist dies gemäß § 45 Absatz 4 StrlSchV nur erforderlich, wenn die zuständige Behörde den Strahlenschutzverantwortlichen dazu verpflichtet. In Fällen, in denen mehrere Personen eigenverantwortlich verschiedene Aufgaben des Strahlenschutzes wahrnehmen, sollten die Zuständigkeiten stets in einer Strahlenschutzanweisung klar dargestellt werden.

In einer Strahlenschutzanweisung"sind die in dem Betrieb zu beachtenden Schutzmaßnahmen aufzuführen" ( § 45 Absatz 2 StrlSchV). Dazu gehören sinngemäß auch Ausführungen zu

Aus Sicht der SSK sollten auch Ausführungen zu

in der Strahlenschutzanweisung enthalten sein.

Sofern einem Strahlenschutzbevollmächtigten durch den Strahlenschutzverantwortlichen Aufgaben übertragen worden sind, sollten Ausführungen zu diesen Aufgaben sowie zu deren Abgrenzung gegenüber den Aufgaben des Strahlenschutzverantwortlichen und der Strahlenschutzbeauftragten ebenfalls in die Strahlenschutzanweisung übernommen werden.

2.5 Empfehlung 5 E

Nach § 72 Absatz 1 StrlSchG muss der Strahlenschutzverantwortliche den Schutz des Menschen und der Umwelt vor den schädlichen Wirkungen ionisierender Strahlung durch geeignete Schutzmaßnahmen sicherstellen. Insbesondere muss er geeignete Räume, Ausrüstungen und Geräte bereitstellen und den Betriebsablauf geeignet regeln und geeignetes Personal bereitstellen.

Aus Sicht der SSK soll der Strahlenschutzverantwortliche hierbei mit den bestellten Strahlenschutzbeauftragten in der Regel jährlich und zusätzlich anlassbezogen die für die Wahrnehmung der Aufgaben der Strahlenschutzbeauftragten erforderlichen finanziellen Mittel (z.B. für Strahlenschutzhilfsmittel) und Zeitbudgets abstimmen, schriftlich festhalten und entsprechend zur Verfügung stellen. In dem zur Verfügung gestellten Zeitbudget soll auch ein angemessener Anteil für Weiterbildung und Erfahrungsaustausch berücksichtigt werden.

Sofern einem Strahlenschutzbevollmächtigten vom Strahlenschutzverantwortlichen Aufgaben übertragen wurden, gilt das Vorgenannte gleichermaßen.

2.6 Empfehlung 6 E

Für Genehmigungsinhaber, die an einem oder mehreren Standorten über mehrere Organisationseinheiten verfügen, deren jeweilige Leiter für die Gestellung von Personal für den Strahlenschutz und für die Umsetzung des Strahlenschutzes zuständig sind, sollte der Strahlenschutzverantwortliche sicherstellen, dass

In diesem Falle sollte der jeweilige Leiter der Organisationseinheit, gegebenenfalls unter Beteiligung des Strahlenschutzverantwortlichen bzw. Strahlenschutzbevollmächtigten, in der Regel jährlich und zusätzlich anlassbezogen die Abstimmung mit dem/den für seine Organisationseinheit zuständigen Strahlenschutzbeauftragten über die für die Wahrnehmung der Aufgaben der Strahlenschutzbeauftragten erforderlichen finanziellen Mittel (z.B. für Strahlenschutzhilfsmittel) und Zeitbudgets durchführen, schriftlich festhalten und entsprechend zur Verfügung stellen. In dem zur Verfügung stehenden Zeitbudget soll auch ein angemessener Anteil für Weiterbildung und Erfahrungsaustausch berücksichtigt werden.

2.7 Empfehlung 7 E

Erfolgt eine Übertragung von Unternehmerpflichten nach Strahlenschutzrecht (z.B. Erlassen einer Strahlenschutzanweisung, Stellen von Genehmigungsanträgen oder Gesamtübertragung von Aufgaben des Strahlenschutzverantwortlichen) auf einen Strahlenschutzbevollmächtigten zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung, sollte diese Übertragung schriftlich mit dem Hinweis auf § 9 Absatz 2 und § 130 des Ordnungswidrigkeitengesetzes ( OWiG 1987) erfolgen. Dem Strahlenschutzbevollmächtigten sollten in Bezug auf die ihm übertragenen Aufgaben die entsprechenden Weisungsbefugnisse eingeräumt sein sowie ein ausreichendes Zeitbudget und die finanziellen Mittel zur Umsetzung der ihm übertragenen Aufgaben und Pflichten zur Verfügung stehen.

2.8 Empfehlung 8 E

Der Einsatz eines externen Strahlenschutzbeauftragten kann bei folgenden Tätigkeiten grundsätzlich sinnvoll sein:

Mit steigendem radiologischem Gefährdungspotenzial ist der Einsatz eines externen Strahlenschutzbeauftragten zunehmend kritischer zu bewerten. So wird beispielsweise bei folgenden, vergleichsweise hohen radiologischen Gefährdungspotenzialen

der Einsatz eines externen Strahlenschutzbeauftragten nur noch in Ausnahmefällen als sinnvoll erachtet.

Derartige Ausnahmefälle bestehen z.B. beim Ausfall eines Strahlenschutzbeauftragten durch Krankheit oder in Fällen, in denen eine ausländische Firma eine genehmigungspflichtige Tätigkeit in Deutschland aufnehmen will, sie aber hierzu die notwendige Infrastruktur (eigene Strahlenschutzbeauftragte mit Fachkunde nach deutschen Fachkunderichtlinien) nicht aufbauen kann. In diesen Fällen sollten dem externen Strahlenschutzbeauftragten die notwendige Weisungsbefugnis und die gegebenenfalls notwendigen Zutrittsrechte eingeräumt werden und es sollte gewährleistet werden, dass sich der externe Strahlenschutzbeauftragte mit den betrieblichen und genehmigungs-/anzeigetechnischen Randbedingungen vertraut machen kann.

Bei der Anwendung ionisierender Strahlung und radioaktiver Stoffe am Menschen ist die Einbindung eines externen Strahlenschutzbeauftragten lediglich im Falle medizinischer Kooperationen vertretbar.

Bei der Anwendung dosisintensiver radiologischer Verfahren am Menschen soll der Medizinphysik-Experte (MPE) als Strahlenschutzbeauftragter (SSB) für die physikalischtechnischen Aspekte des Strahlenschutzes bestellt werden ( SSK 2017), auch für den Fall, dass es sich hierbei um einen externen MPE handelt.

2.9 Empfehlung 9 E

Bei Genehmigungsinhabern außerhalb des medizinischen Bereichs, bei denen ein Managementsystem (z.B. Qualitätsmanagement (QM), Arbeitsschutzmanagement (ASM) oder Umweltmanagement) etabliert ist, sollte das Thema Strahlenschutz (ionisierende Strahlung) - sofern nicht schon hierin berücksichtigt - in das jeweilige Managementsystem integriert und durch entsprechende interne und externe Audits mit geprüft werden.

Bei Genehmigungsinhabern außerhalb des medizinischen Bereichs, bei denen bisher kein Managementsystem eingeführt ist, sollte geprüft werden, ob die Einführung eines Managementsystems im Hinblick auf das Gefährdungspotenzial und den mit der Einführung verbundenen Aufwand angemessen ist. Allerdings ist auch in dem Fall des Fehlens eines Managementsystems im Sinne des Optimierungsgebotes gemäß § 8 StrlSchG eine kontinuierliche Überwachung und gegebenenfalls Erweiterung und Verbesserung der Strahlenschutzmaßnahmen geboten. Zur entsprechenden Sicherstellung sollten in diesem Falle äquivalente Regelungen und Vorgaben zur kontinuierlichen Überwachung, Erweiterung und Verbesserung von Strahlenschutzmaßnahmen in die vorhandene Strahlenschutzanweisung gemäß § 45 StrlSchV integriert werden.

Für den medizinischen Bereich sind Anforderungen, die der Qualitätssicherung dienen, unter anderem in den §§ 114 bis 118 StrlSchV in Form technischer Anforderungen an Eigenschaften, Inbetriebnahme und Abnahme von Geräten festgelegt. Die Qualitätssicherung durch ärztliche und zahnärztliche Stellen ist in den §§ 128 und 130 StrlSchV geregelt. Ein Qualitätssicherungssystem im Strahlenschutz sollte den Patienten, die eingesetzten Geräte, das Personal, die Bevölkerung und die Umwelt umfassen. Dies kann in einem formalisierten Managementsystem z.B. nach DIN EN ISO 9001:2015-11 adressiert werden.

2.10 Empfehlung 10 E

Strahlenschutzbeauftragte sollten an einem Erfahrungsaustausch teilnehmen, der übergeordnete wie auch für den Anwendungsbereich spezifische Strahlenschutzaspekte beinhaltet. Der Erfahrungsaustausch sollte sowohl intern als auch extern erfolgen. Ein externer Erfahrungsaustausch kann z.B. im Rahmen des Fachkundeerhalts oder auch auf entsprechenden Plattformen der Berufsverbände und Fachgesellschaften erfolgen.

3 Wissenschaftliche Begründung

Vorbemerkung

Im deutschen Strahlenschutzrecht werden eine klare Zuweisung von Aufgaben und Pflichten und eine Übertragung der Verantwortung im Strahlenschutz vorgenommen. Neben dem Genehmigungsinhaber als Strahlenschutzverantwortlichem übernimmt der Strahlenschutzbeauftragte eigenverantwortlich Aufgaben für den Strahlenschutz in seinem innerbetrieblichen Entscheidungsbereich. Beispiele zu verschiedenen in der Praxis vorhandenen Modellen zur Übertragung von Aufgaben und Pflichten sind in Anlage A-1 gegeben.

Durch die zunehmende Verbreitung und Nutzung radioaktiver Stoffe und weiterer Quellen ionisierender Strahlung nicht nur im medizinischen Bereich nimmt die Zahl der bestellten Strahlenschutzbeauftragten stetig zu (siehe z.B. Vahlbruch 2016). Die grundlegenden Anforderungen an den Strahlenschutzbeauftragten sind in § 70 StrlSchG festgelegt. Danach"dürfen nur Personen zu Strahlenschutzbeauftragten bestellt werden, bei denen keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen ihre Zuverlässigkeit ergeben und die die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz haben." Dem Strahlenschutzbeauftragten sind bei dessen Bestellung die zur Erfüllung seiner Pflichten erforderlichen Befugnisse einzuräumen. Diese Befugnisse müssen notwendigerweise so bemessen sein, dass der Beauftragte in der Lage ist, im Hinblick auf den Strahlenschutz getroffene Entscheidungen innerhalb des Betriebes auch durchzusetzen. Daraus ergibt sich in der Praxis, dass zum Strahlenschutzbeauftragten auch nur eine Person bestellt werden soll, die eine entsprechende Stellung im Betrieb einnimmt und deren innerbetrieblicher Entscheidungsbereich die Erfüllung ihrer Pflichten ermöglicht. Hieraus ergibt sich auch, dass zum Strahlenschutzbeauftragten nur Personen bestellt werden, die innerhalb der Betriebshierarchie eine entsprechende Durchsetzungskraft haben. Dem Strahlenschutzbeauftragten obliegen die Pflichten, die ihm durch das StrlSchG und durch die auf dessen Grundlage ergangenen Rechtsverordnungen auferlegt sind, nur im Rahmen seiner Befugnisse. Darüber hinaus erfordert die Umsetzung und Einhaltung von Strahlenschutzmaßnahmen auch ein gewisses Fingerspitzengefühl bei dem Umgang mit Beschäftigten.

Ob im Einzelfall ein guter betrieblicher Strahlenschutz praktiziert wird und ob das entsprechende Verständnis für die Optimierungsnotwendigkeit bzw. Optimierungsmöglichkeiten vorliegt, hängt in den meisten Fällen im Wesentlichen von der Person des Strahlenschutzbeauftragten sowie dessen Unterstützung durch die Führungsebene ab. Zudem waren in den letzten Jahren in Bezug auf die Umsetzung des Strahlenschutzes verschiedentlich folgende Entwicklungen zu beobachten:

Auch der Internationale Strahlenschutzverband (IRPA) hat die Problematik im Hinblick auf die Entwicklungen und den damit verbundenen Problematiken im Strahlenschutz erkannt und sich erstmals im Jahr 2014 in einem Grundsatzpapier übergeordnet mit der Notwendigkeit einer systematischen Einführung einer Strahlenschutzkultur sowie der schrittweisen Vorgehensweise bei der Einführung auseinandergesetzt ( IRPa 2014). Mit Blick auf die Thematik der vorliegenden Empfehlung führt die IRPa hierbei aus, dassorganisatorische Ziele unter anderem dadurch erreicht werden, dass die Führungsebene mit gutem Beispiel vorangeht und allen Mitarbeitern vermittelt, dass

Auch die IRPa betont dabei die große Bedeutung, dass ein ständiger Dialog zwischen Sicherheitsexperten, Organisations-Management und Belegschaft und zwischen der Organisation und allen Beteiligten gepflegt und gefördert wird.

3.1 Zu Empfehlung 1

Damit die Aufsichts- und Genehmigungsbehörde auch bei komplexen Organisationsstrukturen, wie z.B. im medizinischen Bereich und an Standorten mit mehreren Instituten, bei der Wahrnehmung ihrer Tätigkeiten eine klare Übersicht über die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten behält, bedarf es einer Darstellung der Organisation des Strahlenschutzes als Bestandteil jedes Genehmigungs- oder Anzeigeverfahrens, wie bereits im kerntechnischen Bereich praktiziert. Dabei ist es erforderlich, die natürlichen Personen mit ihren Aufgaben und Pflichten zu nennen. Dies gilt insbesondere für die Person des Strahlenschutzverantwortlichen und für die zur Erfüllung seiner Aufgaben gegebenenfalls bevollmächtigten Personen. Auf die Art der Nutzung und die Besonderheiten der jeweiligen Organisationsstruktur ist einzugehen. Die Aktualität der Darstellung der Organisation des Strahlenschutzes sollte gewährleistet sein. Daher sollte bei Nutzungsänderungen (z.B. Erweiterung der Nutzer oder Geräte) oder personellen Veränderungen die Darstellung der Organisationsstruktur entsprechend aktualisiert und der Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde im Rahmen des aufsichtlichen Verfahrens zur Änderung unaufgefordert vorgelegt werden.

Hierdurch kann die zuständige Behörde überprüfen, ob der Person, die als Strahlenschutzverantwortlicher genannt wird, auch die notwendigen Rechte in Zusammenhang mit der Organisation eingeräumt wurden. Zu diesen Rechten gehören insbesondere die Rechte zur Auslösung von Schutzmaßnahmen (z.B. Investitionen) und die Berechtigung, die betriebliche Stellung und den damit verbundenen Entscheidungsbereich des notwendigen Personals mit Fachkunde im Strahlenschutz zu bestimmen.

3.2 Zu Empfehlung 2

Im deutschen Strahlenschutzrecht ist festgelegt, dass der Strahlenschutzverantwortliche zum Schutz des Menschen und der Umwelt vor den schädlichen Wirkungen ionisierender Strahlung durch geeignete Schutzmaßnahmen sicherzustellen hat, dass die Anforderungen des einschlägigen Regelwerks eingehalten werden. Zur Gewährleistung des Strahlenschutzes hat der Strahlenschutzverantwortliche - soweit erforderlich - einen oder mehrere fachkundige Strahlenschutzbeauftragte zu bestellen. Der Strahlenschutzverantwortliche bleibt auch dann für die Einhaltung der oben genannten Anforderungen verantwortlich, wenn er einen oder mehrere Strahlenschutzbeauftragte bestellt hat.

In vielen Bereichen hat sich bei den Strahlenschutzverantwortlichen - in Unkenntnis der Tatsache, dass sie ihre Verantwortung nicht übertragen können - die Meinung etabliert, dass sie mit der Bestellung der Strahlenschutzbeauftragten ihren Pflichten nachgekommen sind und die Strahlenschutzbeauftragten jetzt für die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben verantwortlich sind. Bisweilen ist insbesondere bei der Bestellung mehrerer Strahlenschutzbeauftragter keine klare schriftliche Aufgaben- und Zuständigkeitszuweisung erfolgt, sodass alle für alles zuständig sind. Kommt es zu Auffälligkeiten, die das Einschreiten der Aufsichtsbehörde erforderlich machen, kann der Strahlenschutzverantwortliche sich nicht darauf berufen, dass er das nicht gewusst habe. Es ist daher für einen erfolgreichen betrieblichen Strahlenschutz erforderlich, dass der Strahlenschutzverantwortliche sich mit den Themen Aufgaben und Pflichten im Strahlenschutz, aber auch mit dem Thema Verantwortung im Strahlenschutz angemessen auseinandergesetzt hat. Die Erläuterung der Verantwortung, der Aufgaben und der Pflichten kann z.B. durch einen kundigen Externen, durch den Besuch einer entsprechenden Fortbildungsveranstaltung oder auch durch einen erfahrenen, bereits bestellten firmeninternen Strahlenschutzbeauftragten erfolgen. Insbesondere bei Genehmigungsanträgen in Bereichen, die sich bisher mit dem Strahlenschutzrecht nicht auseinandergesetzt haben oder auch bei neuen Strahlenschutzverantwortlichen, ist es sinnvoll, eine Darstellung über die angemessene Auseinandersetzung mit den Themen Aufgaben und Pflichten im Strahlenschutz, aber auch mit dem Thema Verantwortung im Strahlenschutz, mit dem Antrag der Behörde vorzulegen. Sofern einem Strahlenschutzbevollmächtigten vom Strahlenschutzverantwortlichen Aufgaben übertragen wurden, gilt das Vorgenannte gleichermaßen.

Ergänzend zum Aspekt der Auseinandersetzung des Strahlenschutzverantwortlichen mit seinen Aufgaben, Pflichten und der Verantwortung im Strahlenschutz ist auch darauf hinzuweisen, dass bei der (firmen-)internen Festlegung desjenigen, der die Aufgaben, Pflichten und Verantwortung eines Strahlenschutzverantwortlichen nach Strahlenschutzrecht wahrnimmt, sichergestellt ist, dass er innerhalb seiner Organisation über die entsprechenden Kompetenzen, z.B. bzgl. der erforderlichen finanziellen und personellen Ressourcen, verfügt und die Entscheidungskompetenz für die Durchsetzung aller Anforderungen an den Strahlenschutz gemäß Strahlenschutzrecht und jeweiliger Genehmigung besitzt. Dies gilt insbesondere bei komplexen Organisationsstrukturen, z.B. in großen Unternehmen oder medizinischen Einrichtungen, wobei hier die Forderungen des § 69 Absatz 2 StrlSchG zu berücksichtigen sind.

3.3 Zu Empfehlung 3

Werden, vor allem im medizinischen Bereich, vereinzelt aber auch im Forschungsbereich oder aber auch im industriellen Bereich, Einrichtungen von mehreren Personen genutzt, ist hierbei eine klare Zuweisung der Aufgaben und der Pflichten zwischen allen Beteiligten notwendig. Dies ergibt sich im Besonderen aus der Qualitätssicherung der eingesetzten Geräte und dem Schutz der Beschäftigten beim Betrieb der Einrichtungen. Darüber hinaus fordert § 44 Absatz 2 StrlSchV für die Fälle, in denen mehrere Personen eigenverantwortlich Einrichtungen nutzen, dass die Aufgaben und Pflichten zwischen den Strahlenschutzverantwortlichen abzugrenzen sind. Nach Möglichkeit sollten jedoch das Prinzip eines Strahlenschutzverantwortlichen pro Standort umgesetzt und weitere Nutzer als zusätzliche Strahlenschutzbeauftragte mit entsprechender Zuweisung der Aufgaben und Pflichten eingebunden werden. Abgrenzungen und Zuständigkeiten können dabei z.B. Gegenstand des Gesellschaftsvertrages sein. Dies soll unabhängig von der gewählten Gesellschaftsform einer juristischen Person oder Personengesellschaft sein. Werden im medizinischen Bereich Einrichtungen, Personal und Geräte von mehreren Ärzten genutzt, können diese als Strahlenschutzbeauftragte mit ihren entsprechenden Aufgaben (z.B. Organisation des Betriebsablaufs) vom Strahlenschutzverantwortlichen bestellt werden. Diese Anforderung ergibt sich unabhängig von dem jeweiligen Beschäftigungs- oder Vertragsverhältnis.

Die vorgenannt beschriebenen Empfehlungen für die Organisation des Strahlenschutzes sind hilfreich dafür, dass die zuständigen Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden effizient arbeiten und die ärztlichen Stellen ihrem Beratungsauftrag nachkommen können.

3.4 Zu Empfehlung 4

Nach § 45 Absatz 1 StrlSchV hat der Strahlenschutzverantwortliche dafür zu sorgen, dass eine Strahlenschutzanweisung erlassen wird. Beim anzeigebedürftigen Betrieb von Röntgeneinrichtungen und beim Betrieb von Störstrahlern sowie bei einer Anzeige nach den §§ 56 und 59 Absatz 2 StrlSchG ist dies gemäß § 45 Absatz 4 StrlSchV nur erforderlich, wenn die zuständige Behörde den Strahlenschutzverantwortlichen dazu verpflichtet.

In der Strahlenschutzanweisung sind die im Betrieb zu beachtenden Schutzmaßnahmen aufzuführen. Hierin sollten nach Auffassung der SSK auch die grundsätzliche Aufgabenzuweisung und die Zuständigkeitsabgrenzung im Strahlenschutz innerhalb der Organisation des Genehmigungsinhabers oder des zur Anzeige Verpflichteten zur Umsetzung des Strahlenschutzrechtes festgelegt werden. Dazu gehören auch Ausführungen zu

In Fällen, in denen mehrere Personen eigenverantwortlich verschiedene Aufgaben des Strahlenschutzes wahrnehmen, sollten die Zuständigkeiten stets in einer Strahlenschutzanweisung aufgeführt sein, sodass diese Zuständigkeiten für alle Beteiligten transparent und eindeutig sind.

Sofern einem Strahlenschutzbevollmächtigten vom Strahlenschutzverantwortlichen Aufgaben übertragen wurden, gilt das Vorgenannte gleichermaßen.

Nach § 45 Absatz 1 Satz 2 StrlSchV kann die Strahlenschutzanweisung Bestandteil sonstiger erforderlicher Betriebsanweisungen insbesondere nach arbeitsschutz-, immissionsschutz-, gefahrgut- oder gefahrstoffrechtlichen Vorschriften sein. Generell soll hierbei nach Auffassung der SSK sichergestellt werden, dass die Gesamtheit der relevanten Betriebsanweisungen nicht nur alle Anforderungen berücksichtigt, sondern dass die zugehörigen fachlichen Inhalte, z.B. zum Meldewesen oder zu erforderlichen Schutzvorschriften, auch für alle Anwender zugänglich und leicht auffindbar (z.B. mit Hilfe einer Übersicht mit thematischen Verweisen in die einzelnen Betriebsanweisungen) sind. Hierdurch sollten beispielsweise Fälle, in denen bei gemeinschaftlicher Nutzung eines medizinischen Behandlungs- oder Diagnosegerätes die Abgrenzungen verschiedener Aufgaben im Strahlenschutz lediglich in Nutzungsverträgen geregelt und damit nicht allen Beteiligten zugänglich sind, unter allen Umständen vermieden werden. Unabhängig von § 45 Absatz 1 Satz 2 StrlSchV ist aus Sicht der SSK eine zusammenhängende Strahlenschutzanweisung, in der alle Anforderungen des § 45 Absatz 2, 3 und 4 StrlSchV umgesetzt sind und die im übergeordneten Betriebsreglement integriert ist, gegenüber einer Strahlenschutzanweisung, deren Inhalte auf verschiedene erforderliche Betriebsanweisungen verteilt sind, zu bevorzugen.

3.5 Zu Empfehlung 5

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass ein guter Strahlenschutz und das entsprechende Verständnis für die Optimierungsnotwendigkeit bzw. Optimierungsmöglichkeiten in den meisten Fällen vor allem von der Person des Strahlenschutzbeauftragten und dessen Unterstützung durch die Führungsebene abhängig sind. Insbesondere der zunehmende Kostendruck in den Unternehmen stellt den Strahlenschutzbeauftragten vor das Problem, seinen Aufgaben so nachzukommen, wie es erforderlich ist. Zur Unterstützung des Strahlenschutzbeauftragten bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben, insbesondere in Bezug auf die finanzielle Mittelbereitstellung (z.B. für Strahlenschutzhilfsmittel) sowie den zur Verfügung gestellten Zeitrahmen für die Ausübung der Strahlenschutzaufgaben und einen angemessenen Zeitrahmen für Weiterbildung und Erfahrungsaustausch, sollte der Strahlenschutzverantwortliche bzw. derjenige, der die Aufgaben des Strahlenschutzverantwortlichen wahrnimmt, regelmäßig und anlassbezogen eine Bedarfsplanung mit dem Strahlenschutzbeauftragten vornehmen und abstimmen und das Ergebnis schriftlich festhalten. Sofern ein Strahlenschutzbevollmächtigter vom Strahlenschutzverantwortlichen Aufgaben übertragen bekommen hat, gilt das Vorgenannte gleichermaßen. Mit dieser Empfehlung soll sichergestellt werden, dass der Strahlenschutzbeauftragte die Möglichkeit erhält, sein Aufgabenspektrum und den sich hieraus ergebenden zeitlichen wie auch finanziellen Bedarf mit dem Strahlenschutzverantwortlichen zu erörtern und abzustimmen sowie schriftlich festzuhalten (gegebenenfalls einschließlich nicht auflösbarer Meinungsdiskrepanzen). Im Rahmen ihrer aufsichtlichen Vor-Ort-Kontrolle kann die Aufsichtsbehörde mit einfachen Mitteln prüfen, ob eine solche Abstimmung erfolgt ist und ob die dem Strahlenschutzbeauftragten für die Durchführung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellten zeitlichen und finanziellen Ressourcen angemessen sind und kann gegebenenfalls regulierend eingreifen.

3.6 Zu Empfehlung 6

In der Industrie und in Forschungseinrichtungen, die an einem oder mehreren Standorten über mehrere Institute bzw. Organisationseinheiten verfügen, haben deren Leiter die wirtschaftlichen und organisatorischen Befugnisse, während für den Arbeits-, Gesundheits-, Umwelt- und Strahlenschutz eine oder mehrere zentrale Organisationseinheiten zuständig sind, in denen außerdem ein Strahlenschutzbevollmächtigter installiert ist.

In diesen Fällen ist es in Bezug auf den Leiter sinnvoll

Durch diese Maßnahmen rückt die Umsetzung des Strahlenschutzes stärker in das Bewusstsein des Leiters einer Organisationseinheit. Der Strahlenschutz kann so von ihm besser in seine unternehmerischen Planungen integriert werden.

Ist kein zentraler Strahlenschutzbevollmächtigter installiert, werden im Falle einer vollständigen Übertragung der Unternehmerpflichten nach Strahlenschutzrecht auf den jeweiligen Leiter einer Organisationseinheit alle drei Maßnahmen umgesetzt. Der Leiter ist dann für seine Organisationseinheit umfassend strahlenschutzbevollmächtigt.

3.7 Zu Empfehlung 7

Die Übertragung von Unternehmerpflichten nach Strahlenschutzrecht zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung auf Strahlenschutzbevollmächtigte nimmt Letzteren mit in die Verantwortung für die Umsetzung der entsprechenden Unternehmerpflichten. Der Hinweis auf § 9 Absatz 2 OWiG unterstreicht den Sachverhalt.

Der Hinweis auf § 130 OWiG stellt zusätzlich noch einmal klar, dass die Verantwortungskette durch die Übertragung von Unternehmerpflichten nach Strahlenschutzrecht auf den Strahlenschutzbevollmächtigten lediglich erweitert und damit der Strahlenschutzverantwortliche nicht aus der Verantwortung entlassen wird. Die Bestellung eines Strahlenschutzbevollmächtigten dient lediglich der Unterstützung des Strahlenschutzverantwortlichen bei der Gestaltung eines zuverlässigen und effektiven Strahlenschutzes, wenn es diesem, z.B. aufgrund der Größe des Unternehmens, nicht möglich ist, der Aufgabe selbst vollständig gerecht zu werden.

3.8 Zu Empfehlung 8

Das Strahlenschutzrecht verbietet nicht, dass die Aufgaben des Strahlenschutzbeauftragten auch von Externen übernommen werden können.

Unstrittig ist, dass für den Fall, dass der Strahlenschutzverantwortliche einen externen Strahlenschutzbeauftragten zu bestellen beabsichtigt, die Aufsichtsbehörde in Bezug auf den Genehmigungs-/Anzeigetatbestand vor der Bestellung abzuwägen hat, inwieweit die Gewährleistung des Strahlenschutzes durch diese Konstellation beeinflusst wird. Generell gilt es sicherzustellen, dass sich der Genehmigungsinhaber jederzeit seiner Verantwortung bewusst ist und dass durch entsprechende Fachkunde im Strahlenschutz sowie durch entsprechende betriebliche Stellung des Strahlenschutzbeauftragten sichergestellt ist, dass die geeigneten Schutzmaßnahmen ergriffen und durchgeführt werden, um dieser Verantwortung gerecht zu werden.

Bei der Anwendung ionisierender Strahlung und radioaktiver Stoffe am Menschen ist der Einsatz externer Strahlenschutzbeauftragter nicht sinnvoll. Hintergrund hierfür ist die Abwägung nicht nur des Gefährdungspotenzials für die Beschäftigten, sondern vor allem auch für die jeweiligen Patienten. Nach Auffassung der SSK und nach gängiger Praxis ist der Einsatz eines externen Strahlenschutzbeauftragten lediglich im Falle medizinischer Kooperationen vertretbar. Bei der Anwendung dosisintensiver radiologischer Verfahren am Menschen soll der Medizinphysik-Experte (MPE) als Strahlenschutzbeauftragter für die physikalischtechnischen Aspekte des Strahlenschutzes bestellt werden ( SSK 2017), auch für den Fall, dass es sich hierbei um einen externen MPE handelt.

In Fällen, in denen sich der Schwerpunkt der Aufgaben des Strahlenschutzbeauftragten weitgehend auf Verwaltungsaufgaben (z.B. bei der Beschäftigung in fremden Anlagen oder Einrichtungen gemäß § 25 StrlSchG) beschränkt, besteht grundsätzlich die Gefahr, dass in der Organisation des Genehmigungsinhabers die erforderliche Fachkunde im Strahlenschutz nicht nachhaltig verankert ist. Diese Gefahr besteht gleichermaßen auch für den Betrieb von Apparaturen oder Einrichtungen, die nicht zur Anwendung am Menschen vorgesehen sind, und bei deren vergleichsweise niedrigem radiologischem Gefährdungspotenzial 7 die Strahlenschutzaspekte nicht im primären Fokus des Einsatzes stehen (z.B. nach StrlSchG und StrlSchV bauartzugelassene oder in ihrer Bauart entsprechende Röntgeneinrichtungen). In diesen Fällen kann es durchaus für die Gewährleistung des Strahlenschutzes förderlich sein, sich eines fachkundigen Dritten zu bedienen, in dessen Kernkompetenz der Strahlenschutz liegt. Es ist aber sicherzustellen, dass der externe Strahlenschutzbeauftragte entsprechend den rechtlichen Vorgaben (z.B. die §§ 70 bis 72 StrlSchG) in die Hierarchie der Organisation des Genehmigungsinhabers eingebunden und mit ausreichenden Befugnissen ausgestattet ist, um sicherzustellen, dass die geeigneten Schutzmaßnahmen ergriffen und durchgeführt werden können.

Bei genehmigungs- und anzeigebedürftigen Tätigkeiten, die nicht die Anwendung ionisierender Strahlung und radioaktiver Stoffe am Menschen betreffen, ist der Einsatz eines externen Strahlenschutzbeauftragten mit steigendem radiologischem Gefährdungspotenzial zunehmend kritisch zu bewerten. Bei hohem radiologischem Gefährdungspotenzial ist die Anwesenheit des Strahlenschutzbeauftragten sowohl bei der erfolgreichen Umsetzung des praktischen Strahlenschutzes als auch bei der Überprüfung der Einhaltung der festgelegten Strahlenschutzmaßnahmen vor Ort in einem solchen Umfang erforderlich, dass dies durch einen externen Strahlenschutzbeauftragten in der Regel nicht mehr gewährleistet werden kann. Hinzu kommt, dass bei Bedarf ein anerkannter Ansprechpartner für das betroffene strahlenexponierte Personal bzw. den Strahlenschutzverantwortlichen gegebenenfalls nicht erreichbar wäre und somit wertvolle Zeit für erforderliche durchzuführende Maßnahmen ungenutzt verstreichen würde. Darüber hinaus ist der externe Strahlenschutzbeauftragte in der Regel nicht in dem Umfang in die betrieblichen

Abläufe eingebunden, wie dies für die Anpassung des Strahlenschutzes, z.B. an eine Änderung von Arbeitsabläufen, bei einer komplexen Nutzung ionisierender Strahlung erforderlich wäre. Bei hohem radiologischem Gefährdungspotenzial wird der Einsatz externer Strahlenschutzbeauftragter daher als nicht zielführend erachtet. Nur in Ausnahmefällen, wie z.B. bei Ausfall eines Strahlenschutzbeauftragten durch Krankheit, kann es sinnvoll sein, auch bei hohem Gefährdungspotenzial für eine begrenzte Zeit auf externe Strahlenschutzbeauftragte zurückzugreifen.

3.9 Zu Empfehlung 9

Bei Genehmigungsinhabern, bei denen bisher kein Managementsystem eingeführt ist, sollte geprüft werden, ob die Einführung eines Managementsystems im Hinblick auf das Gefährdungspotenzial und den mit der Einführung verbundenen Aufwand angemessen ist.

3.9.1 Kerntechnische Anlagen und Einrichtungen

In den deutschen kerntechnischen Anlagen und Einrichtungen ist in der Regel ein funktionierendes Sicherheitsmanagementsystem, basierend auf den allgemeinen Anforderungen an die Qualitätssicherung nach KTA 1401 und den Vorgaben für ein integriertes Managementsystem gemäß KTA 1402 etabliert. Dabei werden unter anderem die Anforderungen aus Normen und Regeln bezüglich Qualitätsmanagement (DIN EN ISO 9001:2015-11), Umweltschutz (DIN EN ISO 14001:2015-11) und Arbeits- und Gesundheitsschutz (z.B. OHSAS 18001:2007) sowie die Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke ( BMU 2012) berücksichtigt. Es enthält auch die Aufbau- und Ablauforganisation sowie die Prozesse im Hinblick auf das verantwortliche Strahlenschutzpersonal. Damit auch zukünftig die Aufbau- und Ablauforganisation bei Betrieb und Rückbau anforderungsgerecht geplant und ausgeführt sowie kontinuierlich weiterentwickelt werden kann, ist es wünschenswert, dass das etablierte Sicherheitsmanagement auch zukünftig Bestandteil eines Integrierten Managementsystems bleibt.

3.9.2 Unternehmen der Industrie und Forschungseinrichtungen (kurz: Unternehmen)

Auch in einigen Unternehmen sind bereits Managementsysteme installiert. Ein Bestandteil des Arbeitsschutzmanagements (ASM) ist die allgemeine Gefährdungsbeurteilung nach Arbeitsschutzrecht. Bei der Gefährdungsbeurteilung wird auch die Gefährdung durch ionisierende Strahlung abgefragt. Dadurch findet eine Sensibilisierung der Unternehmen in Bezug auf das Thema und seine Integration in die betriebliche Sicherheit statt. Das hat z.B. zur Folge, dass

In Unternehmen, bei denen ein Managementsystem (z.B. Qualitätsmanagement (QM), Arbeitsschutzmanagement (ASM) oder Umweltmanagement) etabliert ist, ist es sinnvoll, das Thema Strahlenschutz (ionisierende Strahlung) in das jeweilige Managementsystem zu integrieren und durch entsprechende interne und externe Audits mit prüfen zu lassen.

Für die Integration von Strahlenschutzaspekten in ein bestehendes Managementsystem kann auf die vorliegende Dokumentation dieses Managementsystems und auf bestehende Regelungen zum Strahlenschutz (z.B. Strahlenschutzanweisung[en]) zurückgegriffen werden. Soweit noch nicht erfolgt, sind die strahlenschutzrelevanten Prozesse oder Abläufe zu beschreiben bzw. darzustellen. Dabei differenziert man zweckmäßiger Weise zwischen Prozessen/Abläufen, die direkt der Herstellung des Produktes oder der Erbringung der Dienstleistung des jeweiligen Unternehmens dienen (z.B. Produktion eines radioaktiven Isotops), und unterstützenden Prozessen oder Abläufen (z.B. Personendosimetrie, Überwachung von Prüffristen).

Aus der Berücksichtigung der strahlenschutzrelevanten Prozesse oder Abläufe in einem bestehenden Managementsystem ergeben sich keine grundsätzlich neuen Anforderungen an das Managementsystem. Für ein vorhandenes Qualitätsmanagementsystem können beispielsweise die Vorgaben und Anforderungen der DIN EN ISO 9001:2015-11, der DIN EN ISO 14001:2015-11 sowie von Arbeitsschutzmanagementsystemen (AMS), wie zum Beispiel ISO 45001:2018 oder OHRIS (Occupational Health- and Risk-Managementsystem), auf die Aspekte des Strahlenschutzes übertragen werden. Die dort festgeschriebenen übergeordneten Anforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem z.B. hinsichtlich Organisation, Führung oder Dokumentation sind dabei grundsätzlich auch für Prozesse/Abläufe des Strahlenschutzes anwendbar bzw. abdeckend.

Auch auf die strahlenschutzrelevanten Prozesse/Abläufe ist der "Planen-Durchführen-Prüfen-Handeln" (PDCA)-Zyklus anwendbar. Dazu sind die Ziele des Strahlenschutzes zu definieren und die dafür erforderlichen Maßnahmen und Ressourcen festzulegen (Planen) und umzusetzen (Durchführen). Das Erreichen der Ziele ist zu überwachen, indem geeignete Indikatoren festgelegt und das Ergebnis der Prozesse gemessen wird (Prüfen). Aus dem Ergebnis der Überprüfung sind gegebenenfalls Maßnahmen zur weiteren Verbesserung und Optimierung des Strahlenschutzes abzuleiten (Handeln). Die folgende Aufstellung von Anforderungen und Elementen eines Qualitätsmanagementsystems, die direkt oder sinngemäß auch für Prozesse oder Abläufe des Strahlenschutzes anzuwenden sind, soll für die Integration des Strahlenschutzes eine Orientierung geben.

Für die strahlenschutzrelevanten Prozesse oder Abläufe ist es sinnvoll, wie bei anderen Prozessen sinngemäß auch, im Einzelnen folgende Punkte umzusetzen:

Eine sorgfältige Dokumentation der vorgenannten Festlegungen macht Letztere transparent und nachvollziehbar.

Weiter ist im Managementsystem das erforderliche Wissen der Organisation für die erfolgreiche Durchführung der strahlenschutzrelevanten Prozesse oder Abläufe zu definieren und zu dokumentieren. Für Personen, die im Strahlenschutz tätig werden, sind die Maßnahmen zum Kompetenzerwerb, -erhalt und -nachweis festzulegen. Die Wege und Zuständigkeiten für die interne und externe Kommunikation zu Strahlenschutzaspekten sind zu beschreiben (z.B. regelmäßige Berichterstattung, Meldewege bei Auffälligkeiten etc.).

Die Aspekte des Strahlenschutzes sind bei den internen und externen Audits zum Managementsystem und bei der Managementbewertung angemessen zu berücksichtigen. Dabei sind im Rahmen des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (kVP) erkannte Defizite auszuräumen und Optimierungen umzusetzen.

Weitere Einzelheiten zu den vorstehenden Anforderungen können z.B. der DIN EN ISO 9001:2015-11, der DIN EN ISO 14001:2015-11 sowie von Arbeitsschutzmanagementsystemen (AMS), wie z.B. ISO 45001:2018 oder OHRIS (Occupational Health- and Risk-Managementsystem), entnommen werden.

In kleineren Unternehmen der Industrie, die bisher über kein Managementsystem verfügen, ist dessen Einführung für einen erfolgreichen Strahlenschutz, insbesondere bei geringem Gefährdungspotenzial, nicht zwingend erforderlich. Allerdings ist auch in diesem Fall im Sinne des Optimierungsgebotes gemäß § 8 StrlSchG eine kontinuierliche Überwachung und gegebenenfalls Erweiterung und Verbesserung der Strahlenschutzmaßnahmen geboten. Um dies sicherzustellen, können äquivalente Regelungen und Vorgaben zu den vorstehend aus Sicht des Strahlenschutzes formulierten Anforderungen an ein Managementsystem z.B. in die vorhandene Strahlenschutzanweisung gemäß § 45 StrlSchV integriert werden.

In Forschungseinrichtungen, die nicht über ein besonderes Qualitätsmanagement-System hinsichtlich der Organisation des Strahlenschutzes verfügen, können die notwendigen Strahlenschutzmaßnahmen aber beispielsweise in die Anforderungen hinsichtlich Akkreditierung oder Erfüllung der Good Laboratory Practice eingebunden werden.

3.9.3 Medizinischer Bereich

Für den medizinischen Bereich sind Anforderungen, die der Qualitätssicherung dienen, unter anderem in den §§ 114 bis 118 StrlSchV in Form technischer Anforderungen an Eigenschaften, Inbetriebnahme und Abnahme von Geräten festgelegt. Die Qualitätssicherung durch ärztliche und zahnärztliche Stellen ist in den §§ 128 und 130 StrlSchV geregelt.

Bisherige Qualitätssicherungssysteme in der Medizin beinhalten dabei z.B. die regelmäßige Überprüfung der ordnungsgemäßen Funktion der Geräte, die angemessene Ausbildung des Personals, die korrekte Erfassung und Archivierung der Expositionsdaten von Patienten (unter anderem für die ärztlichen Stellen), die Einhaltung der Diagnostischen Referenzwerte, die Erkennung von Patientenexpositionen, die zur Meldung von "Ereignissen" führen, die Erfassung der beruflichen Exposition und Meldung an die zuständigen Messstellen und die Teilnahme an der Beratung durch die ärztlichen Stellen. Vorhandene Qualitätssicherungssysteme legen dabei den Schwerpunkt auf die Strahlenexposition der Patienten und sind entsprechend spezifisch ausgestaltet; ihre Anwendung wird durch die ärztlichen Stellen überwacht. Sinnvoll ist daher, die bestehenden Qualitätssicherungssysteme mit Blick auf den Strahlenschutz des Personals und der Bevölkerung sowie auf die Umwelt stärker weiterzuentwickeln.

Formalisierte Managementsysteme, z.B. nach DIN EN ISO 9001:2015-11, die im Schwerpunkt die Strahlenexposition der Beschäftigten und Bevölkerung adressieren, sind nur in seltenen Fällen anzutreffen. Aufgrund der Vorteile, die sich aus solchen Systemen für den Schutz der Beschäftigten und der Bevölkerung ergeben können, wäre deren Einführung mit Blick auf die strahlenschutzrelevanten Prozesse wünschenswert. Wesentliche Aspekte hierbei sind bereits im vorigen Abschnitt zu "Unternehmen der Industrie und Forschungseinrichtungen" zusammengefasst.

3.10 Zu Empfehlung 10

Ein wesentlicher Erfolg bei der Umsetzung eines guten Strahlenschutzes ist auch die regelmäßige Weiterbildung, die nicht ausschließlich über die bereits geforderte regelmäßige Teilnahme an Kursen zum Erwerb bzw. zum Erhalt der Fachkunde erworben werden kann. In kleinen Unternehmen sind die Strahlenschutzbeauftragten oft "Einzelkämpfer", die bei Problemen oder Fragestellungen, die über die betriebliche Routine hinausgehen, schnell überfordert sein können. Wenn dann auch noch ein gewisser Zeit- und Kostendruck seitens der Unternehmensleitung vorliegt und dort kein Verständnis für den Strahlenschutz vorhanden ist, ist der Vorsatz, einen guten Strahlenschutz zu etablieren, in der Praxis nicht umsetzbar. Erschwerend kommt hinzu, dass es einen gewissen Zeitbedarf erfordert, über Änderungen im Strahlenschutzrecht oder neuere Entwicklungen und Diskussionen im Strahlenschutz auf dem Laufenden zu bleiben. Hilfreich wäre hier, eine Plattform zu schaffen, auf der eine regelmäßige Auseinandersetzung und Diskussion mit Strahlenschutzbeauftragten aus anderen Unternehmen zu vergleichbaren Problemen und Lösungsansätzen erfolgen kann und die den Aufbau eines Netzwerkes erlaubt, um bei Bedarf Ansprechpartner zu finden, mit denen man sich auf dem kurzen Dienstweg fachlich austauschen kann.

Ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch, wie er derzeit im kerntechnischen Bereich praktiziert wird, sollte auch in der Phase der Stilllegung und des Abbaus der Anlagen beibehalten werden. Dieser regelmäßige Erfahrungsaustausch zum Thema "Strahlenschutz in Kernkraftwerken" (derzeit im Arbeitskreis "Strahlenschutz" im VGB PowerTech e. V.), befasst sich mit den Themenbereichen des Strahlenschutzes, wie z.B. radiologischer Arbeitsschutz, Personendosimetrie, Immissions- und Emissionsüberwachung, Notfallvorsorge, radioaktive Reststoffe und erstreckt sich auch auf Entwicklungen im nationalen und internationalen Regelwerk - unter anderem neue Strahlenschutzempfehlungen der ICRP (International Commission on Radiological Protection), der IAEa (International Atomic Energy Agency), der OECD-NEa (Organisation for Economic Cooperation and Development - Nuclear Energy Agency) sowie der Europäischen Kommission.

Zusätzlich sind die in Deutschland tätigen Kernkraftwerksbetreiber international unter anderem auch in der "World Association of Nuclear Operators" (WANO) organisiert. Die WANO-Mitgliedschaft verpflichtet unter anderem zur regelmäßigen Teilnahme an internationalen Peer-Reviews, bei denen auch explizit die Belange des Strahlenschutzes und des Notfallschutzes gewürdigt werden. Dabei werden die deutschen noch im Leistungsbetrieb befindlichen Anlagen einerseits von international besetzten Expertenteams Reviews unterzogen, andererseits entsenden auch die deutschen Kernkraftwerksbetreiber eigene Mitarbeiter zu ausländischen Anlagen. Zusätzlich wird der Erfahrungsaustausch bei WANO auch in Form von formalisierten Berichten zur Betriebserfahrung sowie durch das Angebot von Workshops und technischen Vor-Ort-Missionen gepflegt.

Ein weiterer Bestandteil des regelmäßigen Erfahrungsaustauschs im Strahlenschutz beim Betrieb der Kernkraftwerke stellt die Auswertung der Meldungen gemäß der Atomrechtlichen Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung (AtSMV 1992), der Weiterleitungsnachrichten der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) gGmbH, der (von GRS weitergegebenen) Meldungen des "Incident Reporting Systems" der IAEA/OECD-NEa zu ausländischen Anlagen sowie der weltweiten "International Nuclear Events Scale"-(INES-)Meldungen der IAEa dar.

Ein Erfahrungsaustauch ist auch außerhalb der Kerntechnik sinnvoll und kann z.B. im Rahmen des Fachkundeerhalts oder auch auf entsprechenden Plattformen der Berufsverbände und Fachgesellschaften erfolgen.

Beispielsweise kann an Standorten mit mehreren Forschungsinstituten mit eigenständigen Genehmigungen nach Strahlenschutzgesetz, an denen für jedes Institut eigene Strahlenschutzbeauftragte bestellt sind, die sich gegenseitig auch vertreten sollen, der regelmäßige Erfahrungsaustausch, gegebenenfalls auch in Form eines Kolloquiums, durchgeführt werden. Hierdurch kann gewährleistet werden, dass an einem Standort in allen Instituten der gleiche Standard im Strahlenschutz realisiert wird.

4 Literatur

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AtSMV 1992 Verordnung über den kerntechnischen Sicherheitsbeauftragten und über die Meldung von Störfällen und sonstigen Ereignissen (Atomrechtliche Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung - AtSMV) vom 14. Oktober 1992 (BGBl. I S. 1766), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 8. Juni 2010 (BGBl. I S. 755) geändert worden ist
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BMU 2012 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke vom 22. November 2012, Neufassung vom 3. März 2015 (BAnz AT 30.03.2015 B2)
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Entwurf
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DIN 25425-4:2019-04 Entwurf Deutsches Institut für Normung (DIN). DIN 25425-4:2019-04-Entwurf: Radionuklidlaboratorien - Teil 4: Regeln für den Personenschutz
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OWiG 1987 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 21. Juni 2019 (BGBl. I S. 3295) geändert worden ist
SSK 2017 Strahlenschutzkommission (SSK). Hinzuziehung eines Medizinphysik-Experten bei medizinischradiologischen Tätigkeiten - Umsetzung der Anforderungen der Richtlinie 2013/59/EURATOM . Empfehlung der Strahlenschutzkommission, verabschiedet in der 289. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 25./26. September 2017. urn:nbn:de:101:1-201804238506. Bekanntmachung im BAnz AT 17.04.2018 B3
StrlSchG 2017 Gesetz zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzgesetz - StrlSchG) vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 1966), das zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2510) geändert worden ist
StrlSchG-Entwurf 2017 Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung. Gesetzentwurf der Bundesregierung mit amtlicher Begründung. Deutscher Bundestag, Drucksache 18/11241 vom 20. Februar 2017
StrlSchV 2018 Verordnung zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzverordnung - StrlSchV) vom 29. November 2018 (BGBl. I S. 2034, 2036)
Vahlbruch 2016 Vahlbruch J-W. Welche Rahmenbedingungen braucht guter Strahlenschutz in Deutschland? Strahlenschutzpraxis Heft 3/2016 S. 66-68, Fachverband für Strahlenschutz. ISSN 0947-434 X

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Anlagen


In Anlage A-1 wird anhand von Beispielen zur Übertragung von Aufgaben und Pflichten ein Überblick über verschiedene in der Praxis vorhandene Modelle zur personellen Organisation des Strahlenschutzes gegeben. Nach einer Darstellung grundlegender Aspekte werden zunächst Varianten der Übertragung von Aufgaben und Pflichten in Anlagen und beim Umgang im Bereich der Kerntechnik vorgestellt. Die Übertragung von Aufgaben und Pflichten im Bereich der Medizin ist durch ein hohes Maß an Komplexität und Vielfalt gekennzeichnet. Die diesbezüglichen Beispiele zeigen auf, wie Aufgaben und Pflichten bei unterschiedlichen Nutzungen von Geräten, Gesellschaftsformen, Abrechnungs- und Betreibermodellen etc. derzeit übertragen werden. Weitere Bespiele umfassen den Bereich der Industrie, z.B. bei Unternehmen mit mehreren Niederlassungen, sowie den Bereich der Hochschulen und Forschungseinrichtungen.

Die spezifischen Empfehlungen aus Kapitel 2 können auch auf Unternehmen und Organisationen angewendet werden, die hier nicht betrachtete Tätigkeiten ausüben. Anlage A-2 gibt einen beispielhaften Überblick über Tätigkeiten, die dem deutschen Strahlenschutzrecht unterliegen können. Die sie ausführenden Unternehmen kommen damit grundsätzlich für eine Anwendung der Empfehlungen in Frage.

Die Empfehlung nimmt an einigen Stellen Bezug auf das bei einer Tätigkeit bestehende Gefährdungspotenzial. In Anlage A-3 wird erläutert, anhand welcher Kriterien das Gefährdungspotenzial aus Sicht der SSK eingeordnet werden kann.

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Überblick über verschiedene in der Praxis vorhandene Modelle zur Übertragung von Aufgaben und Pflichten Anlage A-1

A-1.1 Grundlegendes

Die Grundstruktur zur personellen Organisation des Strahlenschutzes ist im Strahlenschutzrecht auf Gesetzes- und Verordnungsebene geregelt ( StrlSchG 2017, StrlSchV 2018). Sie ist vom Grundsatz her denkbar einfach. Es gibt den Strahlenschutzverantwortlichen (SSV) und den Strahlenschutzbeauftragten (SSB), wobei der Strahlenschutzverantwortliche"die erforderliche Anzahl von SSB schriftlich zu bestellen" hat ( § 70 Absatz 1 Satz 1 StrlSchG). Ein Strahlenschutzbeauftragter muss fachkundig sein ( § 70 Absatz 3 StrlSchG). Ist kein Strahlenschutzbeauftragter bestellt, ist der Strahlenschutzverantwortliche für die Umsetzung des Strahlenschutzrechts allein verantwortlich und muss daher auch die entsprechende Fachkunde haben.

Im Rahmen der Bestellung des Strahlenschutzbeauftragten sind die Aufgaben, der Entscheidungsbereich und die Befugnisse festzulegen ( § 70 Absatz 2 Satz 1 StrlSchG). Ziel ist es, dass die übertragenen Aufgaben vom Strahlenschutzbeauftragten eigenverantwortlich wahrgenommen werden können. Dabei kann die Verantwortung für den Strahlenschutz selbst nicht vom Strahlenschutzverantwortlichen auf den Strahlenschutzbeauftragten übertragen werden: Der Strahlenschutzverantwortliche ist für die Umsetzung der auf den Strahlenschutzbeauftragten übertragenen Aufgaben nach wie vor verantwortlich ( § 70 Absatz 1 Satz 2 StrlSchG). Dies äußert sich in seiner Aufsichtspflicht gegenüber dem Strahlenschutzbeauftragten. Es entsteht die Verantwortungs- und Haftungskette zwischen SSV/SSB (vgl. Abb. A-1.1-1). Die Organisationspflicht liegt also beim Strahlenschutzverantwortlichen. Er sollte den Strahlenschutz, angepasst an die jeweilige Unternehmensstruktur und die Gegebenheiten, personell so gestalten, dass er den praktischen Anforderungen im Unternehmen standhält. Diese Aufgabe ist nicht auf den Strahlenschutzbeauftragten übertragbar (vgl. § 72 Absatz 2 StrlSchG).

Abb. 1.1-1: Schematische Darstellung zur Struktur der personellen Organisation des Strahlenschutzes nach Strahlenschutzrecht (modifiziert nach Severitt 2008).

In einigen Firmen/Betrieben wird die personelle Organisation des Strahlenschutzes um einen Strahlenschutzbevollmächtigten erweitert, obwohl dessen Stellung im Strahlenschutzrecht nicht geregelt ist. Der Strahlenschutzbevollmächtigte ist nur in der Begründung zum Kapitel 4 (Betriebliche Organisation des Strahlenschutzes) StrlSchG erwähnt, seine Stellung ist dort ungefähr beschrieben ( StrlSchG-Entwurf 2017).

In der Praxis wird er in die Verantwortungs- und Haftungskette zwischen den Strahlenschutzverantwortlichen und den Strahlenschutzbeauftragten mit eingebaut. Dabei überträgt der Strahlenschutzverantwortliche die Unternehmerpflichten nach Strahlenschutzrecht auf den Strahlenschutzbevollmächtigten. Es können Teilpflichten (z.B. nur die Bestellung von Strahlenschutzbeauftragten) oder auch alle Pflichten, die sich aus dem Strahlenschutzrecht ergeben, übertragen werden. Für die Übertragung relevante Regelungen finden sich im OWiG, insbesondere in § 9 Absatz 2 und § 130 (OWiG 1987). Der Strahlenschutzverantwortliche bleibt auch bei Übertragung von Pflichten nach wie vor verantwortlich.

Das Konstrukt des Strahlenschutzbevollmächtigten wird häufig in großen Betrieben verwendet, die mehrere Betriebsteile, Bereiche und/oder eventuell auch noch räumlich weit verzweigte Niederlassungen aufweisen. Der Strahlenschutzbevollmächtigte ist dann in der Regel der Betriebsteilleiter, Bereichsleiter, Niederlassungsleiter oder kann, je nach Organisation der Firma, auch eine andere Bezeichnung haben. Wichtig ist, dass dem Strahlenschutzbevollmächtigten für die Umsetzung des Strahlenschutzes in seinem, ihm übertragenen betrieblichen Verantwortungsbereich genügend Ressourcen zur Verfügung stehen und er Weisungsbefugnis gegenüber allen entsprechenden Mitarbeitern hat.

Abbildung A-1.1-2 zeigt ein Beispiel für die Integration eines Strahlenschutzbevollmächtigten in die personelle Organisation des Strahlenschutzes.

Abb. 1.1-2: Schematische Darstellung eines Beispiels zur Integration des Strahlenschutzbevollmächtigten in die personelle Organisation des Strahlenschutzes nach Strahlenschutzrecht (modifiziert nach Severitt 2008).

A-1.2 Übertragung von Aufgaben und Pflichten in Anlagen und beim Umgang in der Kerntechnik

Die Organisation des Strahlenschutzes in kerntechnischen Anlagen ist in den Sicherheitsspezifikationen des Betriebshandbuchs (Personelle Betriebsorganisation, Strahlenschutzordnung) sowie dazu gehörender weiterer schriftlicher betrieblicher Regelungen, wie z.B. Betriebsanweisungen, geregelt und ist damit in den jeweils vorliegenden Betriebs- bzw. Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen sowie den darauf beruhenden atomrechtlichen Zustimmungen, Anordnungen und Maßnahmen verankert.

Ein Mitglied der Geschäftsführung der jeweiligen Gesellschaft, die die Genehmigung zum Betrieb bzw. zur Stilllegung und zum Abbau innehat, ist als mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Strahlenschutzverantwortlichen gemäß § 69 Absatz 2 StrlSchG benannt (im Nachfolgenden als Strahlenschutzverantwortlicher bezeichnet). Der Strahlenschutzverantwortliche hat durch geeignete Schutzmaßnahmen, z.B. die Bereitstellung geeigneter Ausrüstung, die Regelung des Betriebsablaufs und die Bereitstellung ausreichenden und geeigneten Personals dafür zu sorgen, dass die Vorschriften der §§ 70 und 72 StrlSchG eingehalten und die erforderlichen Maßnahmen getroffen werden. Außerdem ist er für den Kommunikationsprozess verantwortlich, damit dem verantwortlichen Personal rechtzeitig alle Informationen zur Verfügung gestellt werden, die zum sicheren Betrieb der Anlage erforderlich sind.

In einigen Fällen können in einer Gesellschaft für unterschiedliche Genehmigungstatbestände auch unterschiedliche Mitglieder der Geschäftsführung als Strahlenschutzverantwortliche benannt sein (z.B. getrennt nach Betriebsgenehmigungen sowie Stilllegungs- und Abbaugenehmigungen). Für den Fall, dass eine Anlage mehrere Anteilseigner aufweist und diese Anteilseigner einer gemeinsamen atomrechtlichen Genehmigung unterliegen, kann gegebenenfalls auch für jede der beteiligten Gesellschaften jeweils ein Geschäftsführer als Strahlenschutzverantwortlicher benannt sein.

Der Strahlenschutzverantwortliche besitzt in der Regel keine eigene Fachkunde im Strahlenschutz und bestellt daher die erforderliche Anzahl an Strahlenschutzbeauftragten gemäß § 70 Absatz 1 StrlSchG. Da die kerntechnischen Anlagen in der Regel über mehr als eine strahlenschutzrelevante Genehmigung verfügen, muss für jede dieser Genehmigungen die erforderliche Anzahl an Strahlenschutzbeauftragten bestellt werden. Dabei können einzelne Personen auch als Strahlenschutzbeauftragte für mehrere Genehmigungen bestellt werden.

Bei der Bestellung von Strahlenschutzbeauftragten können grundsätzlich zwei Varianten zum Einsatz kommen (Abbildung A-1.2-1):

Variante 1:Für einen Genehmigungstatbestand wird ein Strahlenschutzbeauftragter mit uneingeschränktem innerbetrieblichem Entscheidungsbereich nebst einer notwendigen Anzahl an Stellvertretern bestellt.

Variante 2:Für einen Genehmigungstatbestand werden mehrere gesonderte Strahlenschutzbeauftragte bestellt (nebst Stellvertretern). Diese erhalten einen jeweils eingeschränkten innerbetrieblichen Entscheidungsbereich für klar voneinander abgegrenzte Verantwortungsbereiche (z.B. für den radiologischen Arbeitsschutz oder die Ableitungen gemäß KTA 1503.1, 1503.2, 1503.3 und KTA 1504).

Variante 1 schließt dabei nicht aus, dass einzelne Stellvertreter des Strahlenschutzbeauftragten jeweils nur für einen eingeschränkten innerbetrieblichen Entscheidungsbereich bzgl. eines klar abgegrenzten Verantwortungsbereichs bestellt werden. Beispielhaft sei hier der diensthabende Schichtleiter genannt, dem insbesondere die Maßnahmen bei sicherheitstechnisch bedeutsamen Ereignissen nach § 51 Absatz 1 StrlSchV (das StrlSchG sieht im § 82 Nummer 3 und 4 eine entsprechende Verordnungsermächtigung vor) obliegen.

Im Fall der Variante 2 sind für Konflikte an den Schnittstellen zwischen Entscheidungsbereichen Konfliktregelungen in den Betriebshandbüchern festgelegt.

Die gemäß der jeweiligen Genehmigung nach dem Atomgesetz ( Atomgesetz 1985) benannten Strahlenschutzverantwortlichen sowie die bestellten Strahlenschutzbeauftragten und deren Vertreter mit dem jeweils zugeordneten Entscheidungsbereich sind namentlich im zugehörigen Betriebshandbuch aufgeführt.

Den Forderungen des Strahlenschutzrechts bzgl. der betrieblichen Stellung des Strahlenschutzbeauftragten wird in der Regel durch die Bestellung von Personen aus den oberen Hierarchieebenen (z.B. Fach- oder Teilbereichsleiter) Rechnung getragen.

Abb. 1.2-1: Varianten bei der Bestellung von Strahlenschutzbeauftragten in der Kerntechnik

Variante 1: Strahlenschutzbeauftragter mit uneingeschränktem innerbetrieblichem Entscheidungsbereich nebst einer notwendigen Anzahl an Stellvertretern
Variante 2: Strahlenschutzbeauftragte (nebst Stellvertretern) mit jeweils eingeschränktem innerbetrieblichem Entscheidungsbereich

Allgemeine Anforderungen an die Organisation des Strahlenschutzes, zu erstellende Anweisungen und Ordnungen und die Abgrenzung und Dokumentation der innerbetrieblichen Entscheidungsbereiche des/der Strahlenschutzbeauftragten sind unter anderem in folgenden Regelwerken enthalten und in den Organisationen des Strahlenschutzes in kerntechnischen Anlagen umgesetzt:

Dabei regelt insbesondere die IWRS II-Richtlinie auch, dass der Strahlenschutz bereits frühzeitig bei der Planung von radiologisch relevanten Tätigkeiten mit eingebunden werden muss. Somit wird sichergestellt, dass die Planung von Tätigkeiten auch strahlenschutztechnisch optimiert wird. Seitens des Strahlenschutzes wird die Tätigkeit hinsichtlich der radiologischen Gefährdung beurteilt und es werden entsprechende Schutzmaßnahmen veranlasst.

In den Monatsberichten der Anlagen werden die zuständigen Behörden und Gutachter über relevante Kenngrößen des Strahlenschutzes, wie die Jahres- und die Monatskollektivdosis, informiert.

Der Verpflichtung, gemäß § 45 StrlSchV eine Strahlenschutzanweisung zu erlassen, wird in der Regel im Rahmen der Sicherheitsspezifikation des Betriebshandbuches durch die Strahlenschutzordnung und nachgeordneten Anweisungen Rechnung getragen.

Das Sicherheitsmanagement der nuklearen Sicherheit, zu dem auch die Aufbau- und Ablauforganisation und die Prozesse im Hinblick auf das verantwortliche Strahlenschutzpersonal gehören, ist im Regelfall Bestandteil eines Integrierten Managementsystems des jeweiligen Betreibers. Damit wird sichergestellt, dass die Aufbau- und Ablauforganisation bei Betrieb, Nachbetrieb und Rückbau sicher geplant und ausgeführt sowie kontinuierlich weiterentwickelt wird.

A-1.3 Übertragung von Aufgaben und Pflichten in Anlagen und beim Umgang in der Medizin

Die Übertragung von Aufgaben und Pflichten im Strahlenschutz in Anlagen und beim Umgang in der Medizin sind durch ein hohes Maß an Komplexität und Vielfalt gekennzeichnet. Hier sind unterschiedliche Varianten der Nutzung von Geräten, der Gesellschaftsformen und der Abrechnungs- und Betreibermodelle zu beobachten.

Beispielsweise werden häufig Arztpraxen bzw. Kliniken als teilrechtsfähige Personengesellschaft (z.B.: Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), offene Handelsgesellschaft (oHG), Kommanditgesellschaft (KG)) betrieben.

In einer GbR mit geschäftsführendem Gesellschafter kann die GbR eine teilrechtsfähige Personenvereinigung sein. Trotzdem wurde bisher in vielen Bundesländern jeder Gesellschafter (jeder Arzt), der eine Röntgeneinrichtung (RöE) betreibt, im Bereich der Nuklearmedizin mit offenen Radionukliden umgeht oder Strahlentherapien durchführt, als Strahlenschutzverantwortlicher gemäß § 69 Absatz 1 StrlSchG mit allen Aufgaben und Pflichten gemäß den §§ 70 bis 72 StrlSchG eingestuft.

Jeder Arzt (jeder Gesellschafter) erhält dann für jede Röntgeneinrichtung, die er betreibt und mit der er Röntgenstrahlen oder therapeutische Strahlung am Menschen anwendet, eine Genehmigung nach § 12 StrlSchG bzw. er muss den Betrieb jeder Röntgeneinrichtung anzeigen. Gleiches gilt für die Anwendung offener Radionuklide am Menschen oder Strahlentherapien. Es wird also das Prinzip angewendet, dass pro Arzt und pro Einrichtung eine Genehmigung bzw. eine Anzeige erforderlich ist. Diese Praxis ist problematisch, da pro Röntgengerät mehrere gleichberechtigte Strahlenschutzverantwortliche und Strahlenschutzbeauftragte existieren, sodass im Einzelfall die konkrete Verantwortlichkeit insbesondere bei gerätebezogenen Maßnahmen oder Maßnahmen zum Strahlenschutz des Personals schlecht nachvollzogen werden kann. Diese Problematik hat daher der § 44 StrlSchV aufgegriffen:

"(1) Ein Strahlenschutzverantwortlicher, der Inhaber einer Genehmigung nach § 12 Absatz 1 Nummer 1, 3, 4 oder 5 des Strahlenschutzgesetzes ist oder der eine Anzeige nach § 17 Absatz 1 Satz 1 oder § 19 Absatz 1 Satz 1 des Strahlenschutzgesetzes erstattet hat, hat dafür zu sorgen, dass die zuständige Behörde unverzüglich unterrichtet wird, sobald eine weitere Person die Anlage zur Erzeugung ionisierender Strahlung, die radioaktive Stoffe, die Röntgeneinrichtung oder den Störstrahler eigenverantwortlich nutzt. ...

(2) Der Strahlenschutzverantwortliche und die weitere Person haben ihre Pflichten sowie die Pflichten ihrer jeweiligen Strahlenschutzbeauftragten, der Medizinphysik-Experten und sonst unter ihrer Verantwortung tätigen Personen vertraglich eindeutig gegeneinander abzugrenzen. ...".

Eine effiziente Umsetzung des § 44 Absatz 2 StrlSchV kann dabei ein Abgrenzungsmodell sein, in dem einer der Strahlenschutzverantwortlichen die Federführung für Maßnahmen übernimmt, die der ordnungsgemäßen Funktion der jeweiligen Geräte, gegebenenfalls der Einhaltung der Vorschriften im Umgang mit offenen oder umschlossenen Radionukliden und der Umsetzung von Optimierungen im Hinblick auf die Reduzierung der Strahlenexposition des Personals dienen.

Die hohe Bedeutung einer klaren Abgrenzung der jeweiligen Pflichten im Sinne des § 44 Absatz 1 StrlSchV lässt sich dabei aus den folgenden Bespielen erkennen:

  1. Nutzung von Geräten und Anwendung von Verfahren in Gemeinschaftspraxen durch gleichberechtigte Gesellschafter (Ärzte) mit den Gesellschaftern zugeordnetem Fachpersonal oder mit "gemeinsamem Fachpersonal"

    In einer Gemeinschaftspraxis als teils rechtsfähige oder nichtrechtsfähige Personengesellschaft erhält in der Regel jeder gleichberechtigte Gesellschafter (Arzt) für jedes Gerät und Verfahren (z.B. Röntgeneinrichtung, Gammakamera, PET/CT, Hot-Labor, Linearbeschleuniger), das er betreiben bzw. nutzen will, eine Genehmigung, oder zeigt den eigenverantwortlichen Betrieb an.

    Diese rechtliche Situation trifft z.B. bei 99 % aller Gemeinschaftspraxen bzw. Praxisgemeinschaften, in denen Röntgeneinrichtungen betrieben werden, zu. Einer der Strahlenschutzverantwortlichen wird als Ansprechpartner für die Behörde benannt.

  2. Nutzung von Geräten und Anwendung von Verfahren in Kliniken mit eigener oder ausgelagerter radiologischer, nuklearmedizinischer oder strahlentherapeutischer Abteilung

    Ein Krankenhaus ist in der Regel eine juristische Person (öffentlichrechtlich, freigemeinnützig oder privat). Gewählt wird überwiegend die gGmbH (GmbH) oder eine AG als Gesellschaftsform.

    Der Geschäftsführer (gGmbH, GmbH) oder der Vorstand (AG) des Krankenhauses kann als der natürliche Vertreter der juristischen Person des Krankenhauses den Betrieb der Röntgeneinrichtungen anzeigen bzw. die Genehmigung für den Betrieb der Röntgeneinrichtungen beantragen. Die Genehmigung oder die Anzeigebestätigung erhält das Krankenhaus als juristische Person. Die Aufgaben des Strahlenschutzverantwortlichen (SSV) übernimmt also der Geschäftsführer oder der Vorstand, der im Handelsregister eingetragen sein muss.

  3. Nutzung von Geräten in Kliniken durch Klinikärzte und Belegärzte bzw. in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ)

    Im Bereich Radiologie sind Ärzte im MVZ als freiberufliche Vertragsärzte tätig und arbeiten - wie die niedergelassenen Ärzte - auf eigene Rechnung oder sie sind im MVZ angestellt. Bei einem Belegarztvertrag mit dem Krankenhaus handelt es sich um eine Mischung aus Miete, Gesellschaft und Dienstverhältnis. Belegärzte und MVZ-Ärzte handeln eigenverantwortlich (keine Weisungsbefugnis des Geschäftsführers) und sind deshalb auch Strahlenschutzverantwortliche bei der Nutzung und dem Betrieb von Röntgeneinrichtungen. Bei der Mitbenutzung z.B. von Röntgeneinrichtungen muss im Nutzungsvertrag oder in den Belegarztverträgen im Sinne des § 44 Absatz 2 StrlSchV geregelt sein, ob das Krankenhaus die Pflichten nach den §§ 71, 72 Absatz 1 StrlSchG wahrnimmt, die ansonsten vom Vertrags-/Belegarzt wahrzunehmen sind. Bzgl. der Verpflichtungen nach Strahlenschutzgesetz bzw. Strahlenschutzverordnung ist es deshalb von Vorteil, wenn im Krankenhaus ein Strahlenschutzbeauftragter vom Geschäftsführer als koordinierender Ansprechpartner (Strahlenschutzbevollmächtigter) benannt wird. Strahlenschutzverantwortliche sind die Klinik und alle Belegärzte, die die Röntgeneinrichtungen betreiben.

    Ebenso sind in der Radiologie, aber auch im Bereich der Nuklearmedizin und Strahlentherapie Formen bekannt, bei denen die Krankenhaus gGmbH die Geräte und Labore selbst betreibt und deren Nutzung auch an Externe vermietet. In diesen Fällen braucht die Krankenhaus GmbH eine Genehmigung für die Einrichtung bzw. die Umgangsgenehmigung bzw. muss den Betrieb anzeigen. Da sie die Einrichtung zur Mitnutzung bereitstellt, muss im Mietvertrag mit dem MVZ geregelt sein, ob das Krankenhaus oder das MVZ die Pflichten nach § 72 StrlSchG wahrnimmt. Das MVZ steht in einem Kooperationsverhältnis mit der Klinik und muss derzeit den Betrieb der Einrichtung anzeigen bzw. genehmigen lassen. Bzgl. der Verpflichtungen nach Strahlenschutzrecht ist es deshalb von Vorteil, wenn im MVZ ein Strahlenschutzbeauftragter vom Geschäftsführer als koordinierender Ansprechpartner (Strahlenschutzbevollmächtigter) benannt wird.

  4. Vermietung von Klinikräumen an Ärzte, die dort eigene oder gemietete Geräte betreiben

    Wenn eine Krankenhaus gGmbH die Geräte bzw. Labore nur vermietet, werden diese nicht von ihr betrieben. In diesem Fall müssen der niedergelassene Arzt bzw. das MVZ als Einzelbetreiber die Tätigkeiten anzeigen bzw. genehmigen lassen.

Insgesamt zeigen die oben beschriebenen Nutzungsvarianten, dass sich in der Medizin häufig Fälle ergeben, in denen sich eine sehr große Anzahl von Genehmigungen bzw. Anzeigen auf einzelne Geräte und Verfahren beziehen. Wie auch in einzelnen Fällen beobachtbar, besteht bei fehlenden klaren Regelungen der jeweiligen Zuständigkeiten in solchen Situationen die Gefahr der Intransparenz und damit verbunden des Unterbleibens von erforderlichen Maßnahmen mit Nachteilen für ein effizientes und zuverlässiges Erreichen der Schutzziele des Strahlenschutzes.

A-1.4 Übertragung von Aufgaben und Pflichten in Anlagen und beim Umgang in der Industrie

Entsprechend der Vielfalt von Unternehmensformen und Tätigkeiten (Beispiele siehe A-2) existieren mannigfaltige Varianten bei der Gestaltung der Organisation des Strahlenschutzes in der Industrie. Dabei spielen folgende Aspekte eine wesentliche Rolle:

Erfahrungen der SSK zeigen, dass die Güte der Umsetzung des Strahlenschutzes in einem Unternehmen insbesondere von der Bedeutung der betrieblichen Sicherheit und der Höhe des Gefährdungspotenzials abhängt: je höher beide Faktoren sind, umso stärker wird den Aspekten des Strahlenschutzes Rechnung getragen.

Große und mittelständische Unternehmen mit mehreren Niederlassungen

Als große Unternehmen werden Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern 8 bezeichnet. Für die folgenden Ausführungen sei angenommen, dass sie sich in mehrere Bereiche mit ebenfalls mehreren Niederlassungen aufteilen.

Mittelständische Unternehmen haben in der Regel zehn bis 500 Mitarbeiter 8 . Ob es tatsächlich ein mittelständisches Unternehmen darstellt, hängt weiterhin von anderen Faktoren wie z.B. dem Jahresumsatz ab, was aber für die nachfolgenden Ausführungen nicht von Belang ist. Hier sei als eine zusätzliche Eigenschaft die Existenz von mehreren Niederlassungen angenommen.

Sofern es eine unternehmensweite personelle Organisation des Strahlenschutzes gibt, wird die Wahrnehmung der Aufgaben des Strahlenschutzverantwortlichen auf zwei bis drei Ebenen verteilt:

Ebene 1: Vorstand bzw. Geschäftsführung - Unternehmensreferat
Ebene 2: Bereichsleitung - Bereichsreferat
Ebene 3: Niederlassungsleiter

Ebene 1 überträgt dabei die Unternehmerpflichten nach Strahlenschutzrecht auf die Ebene 2 und diese auf die Ebene 3. Sofern die Übertragung mit dem Hinweis auf die §§ 9 und 130 OWiG 1987 geschieht, wird die Verantwortungskette als solche nochmals für alle Beteiligten, insbesondere aber für den Delegationsempfänger, offensichtlich. Häufig werden die Bereichsleitung und die Niederlassungsleiter - in Anlehnung an die Begründung zu Kapitel 4 StrlSchG - Strahlenschutzbevollmächtigte ( StrlSchG-Entwurf 2017) genannt.

Den Ebenen 1 und 2 obliegt dann zumindest eine Aufsichtspflicht. Einige Unternehmen gründen hierzu entsprechende Unternehmensreferate oder bedienen sich Externer.

Die Ebenen 2 und 3 nehmen die Aufgaben des Strahlenschutzverantwortlichen für ihren jeweiligen Bereich bzw. ihre jeweilige Niederlassung wahr. Bei mittelständischen Unternehmen entfällt in der Regel die Ebene 2.

Bei vollständiger Übertragung der Unternehmerpflichten nach Strahlenschutzrecht liegt die Zuständigkeit für die weitere Organisation des Strahlenschutzes, wie z.B. Auswahl, Positionierung und Bestellung von Strahlenschutzbeauftragten, Erlassen von Strahlenschutzanweisungen, Organisation des praktischen Strahlenschutzes mit Unterstützung der Strahlenschutzbeauftragten, Organisation von wiederkehrenden Pflichten (z.B. Fachkundeerhalt, Sachverständigenprüfungen, Unterweisungen) für die einzelnen Niederlassungen bei der Ebene 3. Die Organisation variiert dabei von "individuell und unabhängig von anderen diesbezüglichen betrieblichen Abläufen" bis "soweit es geht integriert in andere betriebliche Abläufe".

Bei nicht vollständiger Übertragung sind die Aufgaben zwischen den Ebenen 1, 2 und 3 aufgeteilt. Beide Varianten sind in der Industrie zu finden.

Die gerade beschriebenen Varianten der Organisation des Strahlenschutzes werden grundsätzlich von Unternehmen gelebt, in denen Tätigkeiten nach StrlSchG in großem Umfang ausgeübt werden und wichtig für die Unternehmensziele sind, sodass sie für die Unternehmensspitze spürbar sind. Gerade bei Tätigkeiten mit mittlerem bis kleinem Gefährdungspotenzial und nur punktueller, seltener Ausübung wird höchstens auf der Ebene 3 in Absprache mit der Behörde eine personelle Organisation des Strahlenschutzes etabliert. Die Unternehmensspitze auf Ebene 1 erhält hierüber kaum Kenntnis, sodass die Verantwortungskette de facto nicht bedient wird.

Die Bestellung von Strahlenschutzbeauftragten erfolgt in der Regel als Maximalübertragung aller möglichen Aufgaben nach Strahlenschutzrecht. Häufig werden in der Bestellung der örtliche und der sachliche Entscheidungsbereich nicht genau beschrieben. Eventuell erfolgt eine entsprechende Zuweisung in der Strahlenschutzanweisung, falls es eine gibt (keine Pflicht für den Betrieb von Störstrahlern und anzeigepflichtigen Röntgeneinrichtungen).

In einzelnen Fällen bezieht sich die Bestellung aber auch nur auf einen eingeschränkten Entscheidungsbereich. Beispiel: Die Zuständigkeit für die Entsorgung radioaktiver Abfälle in einer Niederlassung liegt in der Hand eines speziellen Beauftragten, der dem Bereichsreferat "Abfallentsorgung" zugeordnet ist.

In Bezug auf die Übertragung eines eingeschränkten Entscheidungsbereiches auf den Strahlenschutzbeauftragten findet man insbesondere in der Materialprüfung und der Wartung von Geräten, deren Betrieb dem Strahlenschutzrecht unterliegt, häufig eine Hierarchie unter den Strahlenschutzbeauftragten. Hier wird zwischen der Leitung und Beaufsichtigung der Tätigkeiten und der Durchführung unterschieden. Diese Unterscheidung wird durch die Differenzierung der Fachkundegruppen verstärkt (BMU 2004, BMU 2011).

Kleinere mittelständische Unternehmen (nur ein Standort, bis zu 100 Mitarbeiter)

In der Regel gibt es hier nur den Strahlenschutzverantwortlichen und die "ausreichende" Anzahl von Strahlenschutzbeauftragten, die hin und wieder auch von Behörden vorgegeben wird. Die Organisation erfolgt analog zu Ebene 3 aus dem Abschnitt "große und mittelständische Unternehmen". Die Unterschiede zwischen "spürbaren" Tätigkeiten und nur punktueller, seltener Anwendung sind auch hier zu beobachten.

Kleinstunternehmen (weniger als zehn Mitarbeiter) 8

In Kleinstunternehmen ist in der Regel die Kenntnis des Strahlenschutzverantwortlichen über die Vorgänge im Strahlenschutz umso größer, je kleiner die Mitarbeiteranzahl ist. Dies hängt schon allein damit zusammen, dass der Kauf von Geräten und die Einrichtung von Radionuklidlaboratorien für Kleinstunternehmen eine spürbare und gut zu überlegende Investition ist.

Im Unterschied zu großen und mittelständischen Unternehmen ist hier das Modell des fachkundigen, die Aufgaben des Strahlenschutzverantwortlichen wahrnehmenden Unternehmers ohne Strahlenschutzbeauftragte durchaus zu finden (z.B. Betrieb von Röntgenscannern auf Schrottplätzen).

Je nach Affinität des Strahlenschutzverantwortlichen zur betrieblichen Sicherheit variiert die Qualität der Umsetzung des Strahlenschutzes zwischen "alles ist organisiert" und "nichts ist organisiert", wobei das Gros irgendwo in der Mitte liegt.

A-1.5 Übertragung von Aufgaben und Pflichten in Anlagen und beim Umgang in Hochschulen und in Forschungseinrichtungen

Die Übertragung von Aufgaben und Pflichten im Strahlenschutz in Hochschulen und Forschungseinrichtungen wird durch deren Organisationsform und den Status der Organisationseinheiten und einzelnen Institute innerhalb der Einrichtung, insbesondere hinsichtlich deren Unabhängigkeit, bestimmt.

Bei Forschungseinrichtungen handelt es sich in der Regel um Körperschaften öffentlichen Rechts, eingetragene Vereine oder gemeinnützige Forschungseinrichtungen in der Rechtsform einer GmbH.

Genehmigungsinhaber der Genehmigungen nach Atomgesetz ( Atomgesetz 1985), Strahlenschutzgesetz ( StrlSchG 2017) und Strahlenschutzverantwortlicher gemäß § 69 StrlSchG dieser Einrichtungen ist in der Regel eine juristische Person des öffentlichen, seltener des privaten Rechts. Da eine juristische Person zwar rechtsfähig, aber handlungsunfähig ist, kann sie nur durch ihre Organe (z.B. Vorstand) bzw. Organverwalter (Minister bzw. Rektor oder Präsident, bestimmtes Mitglied des Vorstands als vertretungsberechtigtes Organ) handeln. Die Pflichten und Aufgaben des Strahlenschutzverantwortlichen werden daher durch die Organverwalter wahrgenommen.

In der Regel wird der für die Forschungseinrichtung zuständige oberste Organverwalter nicht in der Lage sein, die Pflichten und Aufgaben des Strahlenschutzverantwortlichen selbst wahrzunehmen. Daher sind meistens ein (oder auch mehrere) Strahlenschutzbevollmächtigte benannt. Diesen wird das Weisungsrecht in allen Strahlenschutzangelegenheiten (ausgenommen der beim obersten Organverwalter verbliebenen) übertragen. Sie leiten und koordinieren den Strahlenschutz innerhalb der Forschungseinrichtung. Trotz Benennung des Strahlenschutzbevollmächtigten verbleiben bei dem obersten Organverwalter Organisations- und Aufsichtspflichten sowie die Verantwortung.

Im Idealfall hat der Strahlenschutzverantwortliche die grundsätzliche Aufgabenzuweisung und Zuständigkeitsabgrenzung im Strahlenschutz innerhalb der Forschungseinrichtung zur Umsetzung des Strahlenschutzgesetzes und der Strahlenschutzverordnung in einer Strahlenschutzanweisung festgelegt.

In der Strahlenschutzanweisung können folgende Festlegungen getroffen werden (Beispiel):

Die Strahlenschutzbeauftragten werden vom Strahlenschutzverantwortlichen direkt oder in dessen Auftrag durch den Strahlenschutzbevollmächtigten bestellt. Je Institut können mehrere Strahlenschutzbeauftragte bestellt werden. Hinsichtlich ihres innerbetrieblichen Entscheidungsbereiches dürfen keine Lücken oder Überschneidungen (bezüglich Pflichten, Aufgaben, Räumen, Anlagen oder Einrichtungen) bestehen. Die Aufgabenabgrenzung ist durch die Strahlenschutzanweisung grundsätzlich und die jeweilige Bestellung in der Organisationseinheit (innerbetrieblicher Entscheidungsbereich, räumliche Zuständigkeit) im Detail schriftlich festgelegt. Bei Bedarf sind ein oder mehrere Vertreter bestellt, für die eine Vertretungsregelung genau anzugeben ist (z.B. in einer Institutsordnung). Strahlenschutzbeauftragte können sich auch nach ausdrücklicher vorheriger Vertretungsregelung institutsübergreifend vertreten. Strahlenschutzbeauftragte haben Weisungsbefugnis in ihrem innerbetrieblichen Entscheidungsbereich.

Die betriebliche Stellung des Strahlenschutzverantwortlichen, insbesondere aber auch die der Strahlenschutzbeauftragten, in den unterschiedlichen Hochschulen und Forschungseinrichtungen ist grundsätzlich abhängig von der Eigenständigkeit der Institute. Der Strahlenschutz kann deshalb je nach Eigenständigkeit der Institute unterschiedlich organisiert sein.

In Forschungseinrichtungen mit einer nahezu vollständigen, die finanzielle einschließende Eigenständigkeit der Institute und deren Leitung kann die Funktion des Strahlenschutzverantwortlichen durch den Institutsleiter ausgefüllt werden. In diesem Fall nimmt der Institutsleiter die Aufgaben und Pflichten des Strahlenschutzverantwortlichen gemäß § 72 Absatz 1 StrlSchG wahr. Er verfügt über die erforderlichen finanziellen und personellen Ressourcen. Er bestellt die Strahlenschutzbeauftragten und erlässt geeignete Regelungen für den Betriebsablauf. Die Strahlenschutzbeauftragten verfügen entsprechend § 70 Absatz 3 StrlSchG über die für ihren Zuständigkeitsbereich erforderliche Fachkunde nach § 74 StrlSchG.

In Hochschulen und Forschungseinrichtungen, in welchen die Institute über eine gewisse Eigenständigkeit verfügen und beispielsweise Mittel für die Bereitstellung der oben genannten geeigneten Schutzmaßnahmen zur Verfügung stellen, kann die Institutsleitung in die Organisation des Strahlenschutzes eingebunden sein. Die Aufgaben und Pflichten des Strahlenschutzverantwortlichen verbleiben beim übergeordneten Organverwalter und wesentliche Aufgaben werden gegebenenfalls von einem Strahlenschutzbevollmächtigten erfüllt. In diesem Fall ist es sinnvoll, wenn der Strahlenschutzbevollmächtigte über die erforderliche Fachkunde nach § 74 StrlSchG verfügt. Die Institutsleitung kann zusätzlich als Strahlenschutzbevollmächtigter mit eingeschränkter Zuständigkeit (z.B. für die Bereitstellung von finanziellen Mitteln bzw. von Räumen und Personal) bestellt sein. In Bezug auf die Strahlenschutzbeauftragten können verschiedene Ebenen eingerichtet sein, die je nach zugewiesener Zuständigkeit unterschiedlich ausfallen. Zum Beispiel kann die Überprüfung und Wartung von Messgeräten, die Überwachung der Sammlung von Abfällen und ihre weitere Bearbeitung, die Dosimetrie etc. abteilungsübergreifend jeweils auf einen Strahlenschutzbeauftragten übertragen werden. Die Zuständigkeiten der jeweiligen Strahlenschutzbeauftragten sind in den Bestellungsschreiben eindeutig beschrieben. Die Strahlenschutzbeauftragten verfügen entsprechend § 70 Absatz 3 StrlSchG über die für ihren Zuständigkeitsbereich erforderliche Fachkunde nach § 74 StrlSchG.

In Hochschulen und Forschungseinrichtungen, in denen die Institute nur eingeschränkte Eigenständigkeiten haben (z.B. keine finanzielle Eigenständigkeit), werden die Aufgaben des Strahlenschutzverantwortlichen nicht durch die Institutsleiter wahrgenommen. Die Institutsleiter können als Strahlenschutzbeauftragte bestellt sein. Die Organisation kann hier aber auch so aufgestellt sein, dass die Institutsleitung nicht in die Organisation des Strahlenschutzes eingebunden ist und die entsprechend fachkundigen Strahlenschutzbeauftragten durch den Strahlenschutzverantwortlichen eigenständig innerhalb der Institute bestellt sind. Alle Strahlenschutzbeauftragten verfügen entsprechend § 70 Absatz 3 StrlSchG über die für ihren Zuständigkeitsbereich erforderliche Fachkunde nach § 74 StrlSchG.

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Beispiele zu Tätigkeiten, die dem deutschen Strahlenschutzrecht unterliegen Anlage A-2


Bereich einige Beispiele
Industrie
  • Materialprüfung
  • Materialbearbeitung (z.B. Elektronenstrahlschweißen, Röntgen- und Elektronenstrahllithographie)
  • Messtechnik (z.B. Füllstandsmessung, Schichtdickenmessung, Dichte- und Konzentrationsmessung, Feuchtigkeitsmessung, Reibungs- und Verschleißmessungen)
  • Radaranlagen
  • Bestrahlung von Lebensmitteln
  • Strahlensterilisation in der Pharmazie
  • Farbänderung von Substanzen (Glas, Edelsteine)
  • Herstellung und Umgang mit Isotopenbatterien
  • Qualitätssicherung in der Lebensmittelindustrie
NORM-Industrie
  • Düngemittelherstellung
  • Wolframindustrie (Schweißelektroden und Leuchtmittel)
  • Erdöl-, Erdgasindustrie
  • Bergwerke (z.B. ehemaliger Uranbergbau)
Forschung
  • chem.-biol. bzw. chem.-phys. Laboratorien (z.B. Markierung mit radioaktiven Stoffen, Probenpräparation)
  • Materialforschung (z.B. Strukturuntersuchungen durch Einsatz von Röntgenbeugung, -streuung oder -analyse sowie Elektronenmikroskopie)
  • Teilchenbeschleuniger mit allen Anwendungen
  • Herstellung und Umgang mit Isotopenbatterien
  • Medizin
Medizin
  • Radiologie
  • Strahlentherapie
  • Nuklearmedizin
  • Labormedizin
Entsorgung
  • Entsorgung aktivierter oder kontaminierter Materialien (z.B. Konditionierungsanlagen, Pressen, Dekontwerkstätten, Herstellung von Abfallbehältern aus kontaminierten recyclierten Materialien, Schmelzanlagen)
  • Lagerung radioaktiver Stoffe
  • Landessammelstellen
Dienstleistung/Kooperation
  • Beschäftigung in fremden Anlagen od. Einrichtungen bzw. in Zusammenhang mit dem Betrieb fremder Anlagen
Sicherheitskontrollen
  • Röntgenscanner, Durchstrahlungsmessung; Gepäckkontrolle Flughäfen, Fahrzeug- und Container-Kontrollen z.B. in Häfen
Kerntechnik
  • Kerntechnische Anlagen und Einrichtungen (z.B. Kernkraftwerke, Urananreicherungsanlagen, BE-Lager)
Quelle: B.A.D GmbH (modifiziert)

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Gefährdungspotenzial Anlage A-3

Im Hinblick auf das bei einer Tätigkeit bestehende Gefährdungspotenzial für Beschäftigte und die Öffentlichkeit orientiert sich die SSK an § 180 StrlSchG. Gemäß § 180 Absatz 1 StrlSchG legt die zuständige Behörde bei geplanten Expositionssituationen ein Aufsichtsprogramm fest, das dem möglichen Ausmaß und der Art der mit der Tätigkeit verbundenen Risiken Rechnung trägt. Zur Beurteilung der Art und des Ausmaßes des Risikos sind nach Anlage 16 StrlSchV (2018) insbesondere die folgenden Kriterien anzuwenden:

Nachfolgend sind Beispiele für Tätigkeiten außerhalb des medizinischen Bereichs genannt, die anhand dieser Kriterien als Tätigkeiten mit niedrigem, mittlerem oder hohem Gefährdungspotenzial eingestuft werden sollten.

Bewusst wird hierbei auf Beispiele aus dem medizinischen Bereich verzichtet, da die Abwägung nicht nur das Gefährdungspotenzial für die Beschäftigten, sondern vor allem auch das der jeweiligen Patienten betrifft. In diesem Sinne ist die Anwendung ionisierender Strahlung am Menschen immer der Kategorie "Tätigkeiten mit hohem Gefährdungspotenzial" zuzuordnen.

A-3.1 Beispiele für Tätigkeiten mit niedrigem Gefährdungspotenzial

Aufgrund geringer bei bestimmungsgemäßem Umgang zu erwartender Exposition, geringem Inkorporationsrisiko und geringem Risiko für unbeabsichtigte Expositionen werden beispielsweise die folgenden Tätigkeiten als Tätigkeiten mit niedrigem Gefährdungspotenzial bezeichnet:

A-3.2 Beispiele für Tätigkeiten mit mittlerem Gefährdungspotenzial

Als Tätigkeiten mit mittlerem Gefährdungspotenzial werden die Tätigkeiten bezeichnet, bei denen organisatorische Schutzmaßnahmen sowie die persönliche Schutzausrüstung als Strahlenschutzmaßnahmen im Vordergrund stehen, wie z.B. bei der Entwicklung von Röntgen- und Störstrahlern sowie deren Wartung, der Materialprüfung mit Röntgeneinrichtungen, der Nutzung von handgehaltenen Röntgenfluoreszenzanalyse-Geräten.

A-3.3 Beispiele für Tätigkeiten mit hohem Gefährdungspotenzial

Insbesondere aufgrund hoher Umgangsaktivität und höherem Risiko für unbeabsichtigte Expositionen werden beispielsweise die folgenden Tätigkeiten als Tätigkeiten mit hohem Gefährdungspotenzial bezeichnet:

Literatur Anlagen

Atomgesetz 1985 Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Juli 1985 (BGBl. I S. 1565), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Juli 2016 (BGBl. I S. 1843) geändert worden ist
BMU 2004 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Richtlinie über die im Strahlenschutz erforderliche Fachkunde ( Fachkunde-Richtlinie Technik nach Strahlenschutzverordnung) vom 21. Juni 2004 (GMBl. 2004, Nr. 40/41, S. 799), zuletzt geändert am 19. April 2006. GMBl. 2006, Nr. 38, S. 735
BMU 2005 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Richtlinie für den Strahlenschutz des Personals bei Tätigkeiten der Instandhaltung, Änderung, Entsorgung und des Abbaus in kerntechnischen Anlagen und Einrichtungen Teil 2: Die Strahlenschutzmaßnahmen während des Betriebs und der Stilllegung einer Anlage oder Einrichtung (IWRS II) vom 17. Januar 2005. GMBl. 2005, Nr. 13, S. 258
BMU 2011 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Richtlinie über die im Strahlenschutz erforderliche Fachkunde und Kenntnisse beim Betrieb von Röntgeneinrichtungen zur technischen Anwendung und genehmigungsbedürftigen Störstrahlern sowie über Anforderungen an die Qualifikation von behördlich bestimmten Sachverständigen ( Fachkunde-Richtlinie Technik nach der Röntgenverordnung) vom 21. November 2011 (GMBl. 2011, Nr. 52/53, S. 1039), geändert am 23. Juni 2014. GMBl. 2014, Nr. 44/45, S. 918
KTA 1301.2 Kerntechnischer Ausschuss (KTA). KTA 1301.2 Berücksichtigung des Strahlenschutzes der Arbeitskräfte bei Auslegung und Betrieb von Kernkraftwerken - Teil 2: Betrieb. Fassung 2014-11. BAnz AT 15.01.2015 B3
KTA 1503.1 Kerntechnischer Ausschuss (KTA). KTA 1503.1 Überwachung der Ableitung gasförmiger und an Schwebstoffen gebundener radioaktiver Stoffe, Teil 1: Überwachung der Ableitung radioaktiver Stoffe mit der Kaminfortluft bei bestimmungsgemäßem Betrieb. Sicherheitstechnische Regel des KTA, Fassung 2016-11. BAnz AT 10.03.2017 B5
KTA 1503.2 Kerntechnischer Ausschuss (KTA). KTA 1503.2 Überwachung der Ableitung gasförmiger und an Schwebstoffen gebundener radioaktiver Stoffe, Teil 2: Überwachung der Ableitung radioaktiver Stoffe mit der Kaminfortluft bei Störfällen. Sicherheitstechnische Regel des KTA, Fassung 2017-11. BAnz AT 05.02.2018 B2
KTA 1503.3 Kerntechnischer Ausschuss (KTA). KTA 1503.3 Überwachung der Ableitung gasförmiger und an Schwebstoffen gebundener radioaktiver Stoffe; Teil 3: Überwachung der nicht mit der Kaminfortluft abgeleiteten radioaktiven Stoffe, Fassung 2013-11. BAnz AT 05.02.2018 B2
KTA 1504 Kerntechnischer Ausschuss (KTA). KTA 1504 Überwachung der Ableitung radioaktiver Stoffe mit Wasser. Sicherheitstechnische Regel des KTA, Fassung 2017-11, BAnz AT 17.05.2018 B8
OWiG 1987 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 21. Juni 2019 (BGBl. I S. 3295) geändert worden ist
Severitt 2008 Severitt S. Gesichter des Strahlenschutzes. In: Tagungsband zur Jahrestagung 2008 des Fachverbands für Strahlenschutz e. V."Kompetenz im Strahlenschutz - Ausbildung, Weiterbildung und Lehre", 40. Jahrestagung des Fachverbandes für Strahlenschutz e. V.; Johannes Gutenberg-Universität Mainz - 15.-19. September 2008. TÜV Media GmbH, Köln 2008, ISSN 1013-4506, ISBN 978-3-8249-1193-6
StrlSchG-Entwurf 2017 Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung. Gesetzentwurf der Bundesregierung mit amtlicher Begründung. Deutscher Bundestag, Drucksache 18/11241 S. 313 f. vom 20. Februar 2017
StrlSchG 2017 Gesetz zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzgesetz StrlSchG) vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 1966), das durch Artikel 2 des Gesetzes vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 1966) geändert worden ist
StrlSchV 2018 Verordnung zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzverordnung StrlSchV) vom 29. November 2018 (BGBl. I S. 2034, 2036)

Abkürzungsverzeichnis

AG Aktiengesellschaft
ASM Arbeitsschutzmanagement
AtSMV Atomrechtliche Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung
BA Betriebsarzt
BMU Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
BMUB Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
BR Betriebsrat
DIN Deutsches Institut für Normung
EU Europäische Union
FaSi Fachkraft für Arbeitssicherheit
GbR Gesellschaft bürgerlichen Rechts
gGmbH gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GRS Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit
IAEA International Atomic Energy Agency
ICRP International Commission on Radiological Protection
INES Internationale Bewertungsskala für nukleare und radiologische Ereignisse
IRPA International Radiation Protection Association
ISO Internationale Organisation für Normung
IWRS Richtlinie für den Strahlenschutz des Personals bei Tätigkeiten der Instandhaltung, Änderung, Entsorgung und des Abbaus in kerntechnischen Anlagen und Einrichtungen
KG Kommanditgesellschaft
KTA Kerntechnischer Ausschuss
kVP kontinuierlichen Verbesserungsprozesses
MPE Medizinphysik-Experte
MVZ Medizinisches Versorgungszentrum
NORM Naturally Occurring Radioactive Materials (natürlich vorkommende radioaktive Stoffe)
OECD-NEA Organisation for Economic Cooperation and Development - Nuclear Energy Agency
OHRIS Occupational Health- and Risk-Managementsystem
oHG offene Handelsgesellschaft
OWiG Ordnungswidrigkeitengesetz
PDCA plando-checkact (Planen-Durchführen-Prüfen-Handeln)
PR Personalrat
QM Qualitätsmanagement
RöE Röntgeneinrichtung
RöV Röntgenverordnung
SBM Strahlenschutzbevollmächtigter
SiBe Sicherheitsbevollmächtigte
SSB Strahlenschutzbeauftragter
SSV Strahlenschutzverantwortlicher
StrlSchG Strahlenschutzgesetz
StrlSchV Strahlenschutzverordnung
UNSCEAR United Nations Scientific Committee on the Effects of Atomic Radiation
VGB Vereinigung der Großkesselbesitzer; heute: internationaler Interessenverband von Unternehmen aus der Elektrizitäts- und Wärmeversorgungsbranche
WANO World Association of Nuclear Operators

Begriffsbestimmung

Abgrenzungsvertrag Der Begriff des Abgrenzungsvertrages ergibt sich aus dem Strahlenschutzgesetz bzw. der Strahlenschutzverordnung und betrifft dabei folgende Sachverhalte:
  1. Vertragliche Vereinbarung zu Abgrenzung der Aufgaben und Pflichten nach § 44 StrlSchV

    Vertragliche Regelung im Sinne des § 44 Absatz 2 StrlSchV zwischen dem Strahlenschutzverantwortlichen und weiteren Personen, die eine Anlage zur Erzeugung ionisierender Strahlung, radioaktive Stoffe, eine Röntgeneinrichtung oder einen Störstrahler im Sinne des § 44 Absatz 1 StrlSchV eigenverantwortlich nutzen.

  2. Vertragliche Vereinbarung zur Abgrenzung der Aufgaben im Sinne von Anlage 2 Teil E Nummer 3 StrlSchG

Vertragliche Vereinbarung zwischen dem Strahlenschutzverantwortlichen der Genehmigung nach § 25 StrlSchG und dem Strahlenschutzverantwortlichen des fremden Strahlenschutzbereiches über die Aufgabenverteilung zwischen dem Strahlenschutzbeauftragten der Genehmigung nach § 25 StrlSchG und dem Strahlenschutzbeauftragten der fremden Anlage oder Einrichtung im Sinne der Anlage 2 Teil E Nummer 3 StrlSchG.

Managementsystem Ein Managementsystem umfasst alle Festlegungen, Regelungen und organisatorischen Hilfsmittel, die innerhalb des Unternehmens vorgesehen sind, um die für den Unternehmenserfolg relevanten Aufgaben zu planen, unter kontrollierten Bedingungen abzuwickeln und deren Zielerreichung zu kontrollieren und zu verbessern (aus KTA 1402).

Ein Managementsystem kann eine oder mehrere Disziplinen behandeln, z.B. Qualitätsmanagement, Finanzmanagement oder Umweltmanagement (aus DIN EN ISO 9000-2015-11).

Organisation des Strahlenschutzes Anforderungen an die Organisation des Strahlenschutzes sind rechtlich geregelt in Teil 2 Kapitel 4 StrlSchG und Teil 2 Kapitel 4 StrlSchV.
Qualitätsmanagementsystem Teil eines Managementsystems, der sich auf den Aspekt der Qualität bezieht (nach DIN EN ISO 9000-2015). Formalisierte Anforderungen an ein Qualitätsmanagementsystem können beispielsweise der DIN EN ISO 9001:2015-11 entnommen werden.
Qualitätssicherungssystem Ein System technischer, organisatorischer und administrativer Maßnahmen, das die Umsetzung der Anforderungen an die Qualitätssicherung im Strahlenschutz sicherstellen soll. Im Bereich der Medizin umfasst dieses System auch den unmittelbaren Prozess der Untersuchung und Behandlung von Personen sowie der Herstellung von Pharmaka.
Strahlenschutzbevollmächtigter Eine Position innerhalb der personellen Organisation des Strahlenschutzes eines Unternehmens oder einer Organisation, auf die Unternehmerpflichten nach Strahlenschutzrecht übertragen werden (Begründung StrlSchG).

Die Übertragung variiert zwischen

  • vollständiger Übertragung auf Niederlassungsleiter, Abteilungsleiter u. Ä., die in der allgemeinen Betriebshierarchie bereits über Weisungsbefugnis und Budgetverantwortung in den Unternehmensbereichen, in denen Tätigkeiten nach Strahlenschutzrecht ausgeführt werden, verfügen, und
  • Übertragung administrativer Aufgaben zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung, wie z.B. Erlassen von Strahlenschutzanweisungen, Durchführung behördlicher Verfahren, Wahrnehmung der Aufsichtspflicht des Strahlenschutzverantwortlichen.

Sinn und Zweck der Implementierung von Strahlenschutzbevollmächtigten ist die Unterstützung des Strahlenschutzverantwortlichen bei der effizienten und zuverlässigen Umsetzung des Strahlenschutzes. Die Verantwortung des Strahlenschutzverantwortlichen bleibt hiervon unberührt.

1) Hier insbesondere ( KTA 1301.1) und ( BMI 1978)

2) z.B. (DIN 6812:2013-06, DIN 25422:2013-06, DIN 25425-1:2016-10, DIN 25425-3:2019-03-Entwurf, DIN 54113-1:2018-01; DIN EN 61098:2017-11, DIN 6871-1:2003-02).

3) z.B. KTA 1301.2, BMI 1978, BMU 2003, BMU 2007, DIN 6843:2016-11, DIN 25425-4:2019-04-Entwurf, DIN 54115-3:2006-01

4) Die SSK hat sich mit den Anforderungen an die persönliche Eignung von Strahlenschutzbeauftragten im Rahmen der übergeordneten Aufbereitung der Fragestellungen des BMU beschäftigt. Hierbei ist sie zu dem Ergebnis gekommen, dass es im Hinblick auf die Komplexität der Thematik angemessen ist, diese Thematik nicht in dieser, sondern in einer separaten Stellungnahme zu behandeln, sodass insbesondere den psychologischen Aspekten und den bisherigen Erfahrungen in der behördlichen Praxis ein größerer Raum eingeräumt werden kann.

5) Bezeichnung aus der Begründung Teil B "Besonderer Teil" zu Teil 2 Kapitel 4 StrlSchG ( StrlSchG-Entwurf 2017)

6) Gefährdungspotenzial im Sinne des § 180 StrlSchG (siehe auch Anlage A-3)

7) Gefährdungspotenzial im Sinne des § 180 StrlSchG (siehe auch Anlage A-3)

8) Quelle: "2019 onpulsion.de Das Business-Magazin für den Mittelstand"

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