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Regelwerk, EU 1998, Gesundheitswesen/Lebensmittel - EU Bund

Richtlinie 98/79/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 1998 über In-vitro-Diagnostika
- IVD-Richtlinie -

(ABl. Nr. L 331 vom 07.12.1998 S. 1, ber. 1999 L 74 S. 32, ber. 2000 L 124 S. 66;
Anforderung gemäß Beitrittsakte * 2003;
VO (EG) 1882/2003 - ABl. Nr. L 284 vom 31.10.2003 S. 1;
VO (EG) 596/2009 - ABl. Nr. L 188 vom 18.07.2009 S. 14;
RL 2011/100/EU - ABl. Nr. L 341 vom 22.12.2011 S. 50;
VO (EU) 2017/746 - ABl. Nr. L 117 vom 05.05.2017 S. 176aufgehoben)



aufgehoben/ersetzt gem. VO (EU) 2017/746 - weitergeltende Ausnahmen - Übergangsbestimmungen - Entsprechungstabelle

Normenübersicht // Normen - Beschl. (EU) 2020/439; Beschl. (EU) 2021/1195 Archiv 21
Hinweis:


Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 100a,

auf Vorschlag der Kommission 1,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses 2,

gemäß dem Verfahren des Artikels 189b des Vertrags 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes macht den Erlaß entsprechender Maßnahmen erforderlich. Der Binnenmarkt umfaßt einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr gewährleistet ist.

(2) Die in den Mitgliedstaaten geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend die Sicherheit, den Gesundheitsschutz und die Leistungsmerkmale sowie die Zulassungsverfahren für In-vitro-Diagnostika sind nach Inhalt und Geltungsbereich verschieden. Diese Unterschiede stellen Hemmnisse im innergemeinschaftlichen Handel dar. Eine im Auftrag der Kommission durchgeführte vergleichende Untersuchung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften hat die Notwendigkeit einer Harmonisierung dieser Vorschriften bestätigt.

(3) Die Angleichung einzelstaatlicher Rechtsvorschriften ist der einzige Weg zur Beseitigung der bestehenden und zur Verhütung neuer Handelshemmnisse. Dieses Ziel läßt sich durch andere Mittel auf der Ebene der einzelnen Mitgliedstaaten nicht erreichen. Diese Richtlinie beschränkt sich auf die Festlegung notwendiger Mindestanforderungen, um den freien Verkehr der in ihren Geltungsbereich fallenden In-vitro-Diagnostika unter optimalen Sicherheitsbedingungen zu gewährleisten.

(4) Die harmonisierten Bestimmungen sind von den von den Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Finanzierung des öffentlichen Gesundheitssystems und des Krankenversicherungssystems getroffenen Maßnahmen zu unterscheiden, die derartige Produkte direkt oder indirekt betreffen. Das Recht der Mitgliedstaaten auf Durchführung der obengenannten Maßnahmen unter Einhaltung des Gemeinschaftsrechts bleibt von diesen harmonisierten Bestimmungen daher unberührt.

(5) In-vitro-Diagnostika müssen Patienten, Anwendern und Dritten einen hochgradigen Gesundheitsschutz bieten und die vom Hersteller ursprünglich angegebenen Leistungen erreichen. Die Aufrechterhaltung bzw. Verbesserung des in den Mitgliedstaaten erreichten Gesundheitsschutzniveaus ist daher eines der wesentlichen Ziele dieser Richtlinie.

(6) Im Einklang mit den in der Entschließung des Rates vom 7. Mai 1985 über eine neue Konzeption auf dem Gebiet der technischen Harmonisierung und Normung 4 festgelegten Grundsätzen müssen sich die Regelungen bezüglich der Auslegung und Herstellung sowie Verpackung einschlägiger Erzeugnisse auf die Bestimmungen beschränken, die erforderlich sind, um den grundlegenden Anforderungen zu genügen. Da es sich um Anforderungen grundlegender Art handelt, müssen diese an die Stelle der entsprechenden einzelstaatlichen Bestimmungen treten. Die grundlegenden Anforderungen, einschließlich der Anforderung, daß die Risiken möglichst gering gehalten bzw. verringert werden müssen, sind mit der nötigen Sorgfalt anzuwenden und müssen der Technologie und Praxis zum Zeitpunkt der Konzeption sowie den technischen und wirtschaftlichen Erwägungen Rechnung tragen, die mit einem hochgradigen Gesundheitsschutz und hohen Maß an Sicherheit zu vereinbaren sind.

(7) Die meisten Medizinprodukte mit Ausnahme der In-vitro-Diagnostika werden durch die Richtlinie 90/385/EWG des Rates vom 20. Juni 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über aktive implantierbare medizinische Geräte 5 und die Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte 6 erfaßt. Durch die vorliegende Richtlinie werden In-vitro-Diagnostika in den Harmonisierungsprozeß einbezogen. Im Interesse einheitlicher gemeinschaftlicher Regelungen stützt sie sich weitgehend auf die Bestimmungen jener beiden Richtlinien.

(8) Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Materialien oder andere Gegenstände, einschließlich Software, die zu Forschungszwecken eingesetzt werden sollen, ohne medizinische Zwecke zu verfolgen, sind nicht als Produkte für Leistungsbewertungszwecke anzusehen.

(9) Zertifizierte internationale Referenzmaterialien und Materialien, die für externe Qualitätsbewertungsprogramme verwendet werden, fallen nicht unter diese Richtlinie. Kalibriersubstanzen oder -vorrichtungen sowie Kontrollmaterialien, die vom Anwender benötigt werden, um die Leistung von Produkten zu ermitteln bzw. zu prüfen, sind In-vitroDiagnostika.

(10) Reagenzien, die in Laboratorien von Gesundheitseinrichtungen zur Verwendung im selben Umfeld hergestellt und nicht in den Verkehr gebracht werden, werden unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips nicht in diese Richtlinie aufgenommen.

(11) Dagegen fallen Produkte, die in professionellem und kommerziellem Rahmen zum Zwecke der medizinischen Analyse hergestellt werden und verwendet werden sollen, ohne in den Verkehr gebracht zu werden, unter diese Richtlinie.

(12) Laborapparate mit mechanischen Merkmalen, die eigens für In-vitro-Untersuchungen bestimmt sind, fallen in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie. Die Richtlinie 98/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maschinen7 muß deshalb zur Anpassung an diese Richtlinie geändert werden.

(13) Diese Richtlinie sollte Vorschriften in bezug auf die Auslegung und Herstellung von Geräten mit ionisierenden Strahlungen enthalten. Sie berührt nicht die Anwendung der Richtlinie 96/29/Euratom des Rates vom 13. Mai 1996 zur Festlegung der grundlegenden Sicherheitsnormen für den Schutz der Gesundheit der Arbeitskräfte und der Bevölkerung gegen die Gefahren durch ionisierende Strahlungen8.

(14) Die Gesichtspunkte der elektromagnetischen Verträglichkeit sind wesentlicher Bestandteil der grundlegenden Anforderungen dieser Richtlinie; die Richtlinie 89/336/EWG des Rates vom 3. Mai 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die elektromagnetische Verträglichkeit 9 findet keine Anwendung.

(15) Zur Erleichterung des Nachweises der Übereinstimmung mit den grundlegenden Anforderungen und zur Ermöglichung einer Prüfung dieser Übereinstimmung sind harmonisierte Normen zur Verhütung von Risiken im Zusammenhang mit der Auslegung, Herstellung und Verpackung von Medizinprodukten wünschenswert. Solche harmonisierten Normen werden von privatrechtlichen Institutionen ausgearbeitet und müssen ihren unverbindlichen Charakter behalten. Das Europäische Komitee für Normung (CEN) und das Europäische Komitee für elektrotechnische Normung (Cenelec) sind als zuständige Gremien für die Ausarbeitung harmonisierter Normen im Einklang mit den am 13. November 1984 unterzeichneten allgemeinen Leitlinien für die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und diesen beiden Institutionen anerkannt.

(16) Eine harmonisierte Norm im Sinne dieser Richtlinie ist eine technische Spezifikation (europäische Norm oder Harmonisierungsdokument), die im Auftrag der Kommission vom CEN oder vom Cenelec bzw. von diesen beiden Institutionen im Einklang mit der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft 10 und den obengenannten allgemeinen Leitlinien verabschiedet worden ist.

(17) Bei der Ausarbeitung Gemeinsamer Technischer Spezifikationen wird als eine Ausnahme von den allgemeinen Grundsätzen das derzeit in einigen Mitgliedstaaten übliche Vorgehen berücksichtigt, nach dem diese Spezifikationen bei bestimmten Produkten, die hauptsächlich zur Bewertung der Sicherheit der Blutversorgung und der Organspenden verwendet werden, von den Behörden erlassen werden. Diese besonderen Spezifikationen sind durch die Gemeinsamen Technischen Spezifikationen zu ersetzen. Die Gemeinsamen Technischen Spezifikationen können zur Leistungsbewertung - einschließlich der Neubewertung - dienen.

(18) Wissenschaftliche Sachverständige der einzelnen interessierten Parteien können bei der Festlegung von Gemeinsamen Technischen Spezifikationen und der Prüfung von sonstigen spezifischen oder allgemeinen Fragen hinzugezogen werden.

(19) Der von dieser Richtlinie erfaßte Herstellungsvorgang umfaßt auch die Verpackung der Medizinprodukte, sofern die Verpackung im Zusammenhang mit den Sicherheits- und Leistungsaspekten des Produkts steht.

(20) Bestimmte Produkte haben eine begrenzte Verwendungsdauer, die auf die zeitbezogene Verminderung ihrer Leistungsfähigkeit, beispielsweise aufgrund der Verschlechterung ihrer physikalischen oder chemischen Eigenschaften, insbesondere in bezug auf die Sterilität oder die Unversehrtheit der Verpackung, zurückgeht. Der Hersteller muß den Zeitraum bestimmen und angeben, innerhalb dessen die vorgesehene Leistungsfähigkeit des Produkts gewährleistet ist. Aus der Kennzeichnung muß der Termin hervorgehen, bis zu dem das Produkt oder einer seiner Bestandteile sicher angewendet werdet kann.

(21) Der Rat hat durch seinen Beschluß 93/465/EWC vom 22. Juli 1993 über die in den technischer Harmonisierungsrichtlinien zu verwendenden Module für die verschiedenen Phasen der Konformitätsbewertungsverfahren und die Regeln für die Anbringung und Verwendung der CE-Konformitätskennzeichnung 11 harmonisierte Konformitätsbewertungsverfahren festgelegt. Die Präzisierungen dieser Module sind durch die Art der für In vitro-Diagnostika geforderten Prüfungen und durch die Notwendigkeit der Übereinstimmung mit der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG gerecht fertigt.

(22) Vor allem für die Konformitätsbewertungsverfahren ist es erforderlich, die In-vitro-Diagnostika in zwei Hauptklassen zu unterteilen. Da die große Mehrzahl dieser Produkte keine unmittelbarer Risiken für Patienten darstellen und von geschultem Personal angewendet werden und da sich ferner die Ergebnisse oft auf anderem Wege bestätigen lassen, können die Konformitätsbewertungs verfahren generell unter der alleinigen Verantwortung des Herstellers erfolgen. Unter Berücksichtigung der geltenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und der erfolgten Notifizierungen in Rahmen des Verfahrens nach der Richtlinie 98/34/EG ist eine Beteiligung der benannten Stellen nur für bestimmte Produkte erforderlich, derer richtiges Funktionieren für die medizinische Praxi; wesentlich ist und deren Versagen ein ernste; Risiko für die Gesundheit darstellen kann.

(23) Unter den In-vitro-Diagnostika, bei denen die Einschaltung einer benannten Stelle notwendig ist erfordern die im Zusammenhang mit der Übertragung von Blut und der Vorbeugung gegen Aids und bestimmte Hepatitiserkrankungen verwendetet Produktgruppen eine Konformitätsbewertung, die hinsichtlich der Auslegung und der Herstellung dieser Produkte ein Optimum an Sicherheit und Zuverlässigkeit gewährleistet.

(24) Die Liste der In-vitro-Diagnostika, für die eine Konformitätsbewertung durch eine dritte Partei vorgeschrieben ist, bedarf der Fortschreibung unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts und der Entwicklungen auf dem Gebiet des Gesundheitsschutzes. Eine solche Fortschreibung muß nach dem Verfahren III Variante a) des Beschlusses 87/373/EWG des Rates vom 13. Juli 1987 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse 12 erfolgen.

(25) Zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission wurde am 20. Dezember 1994 ein "Modus vivendi" betreffend die Maßnahmen zur Durchführung der nach dem Verfahren des Artikels 189b des Vertrags erlassenen Rechtsakte 13 vereinbart.

(26) Die Medizinprodukte müssen in der Regel mit der CE-Kennzeichnung versehen sein, aus der ihre Übereinstimmung mit den Bestimmungen dieser Richtlinie hervorgeht und die Voraussetzung für den freien Verkehr der Medizinprodukte in der Gemeinschaft und ihre bestimmungsgemäße Inbetriebnahme ist.

(27) Wenn die Beteiligung einer benannten Stelle erforderlich ist, kann der Hersteller zwischen den von der Kommission bekanntgemachten Stellen wählen. Die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, solche benannten Stellen zu bezeichnen, doch müssen sie sicherstellen, daß die als benannte Stellen bezeichneten Einrichtungen den Bewertungskriterien gemäß dieser Richtlinie entsprechen.

(28) Der Leiter und das Personal der benannten Stellen dürfen weder unmittelbar noch über eine zwischengeschaltete Person an den Einrichtungen, in bezug auf die Bewertungen und Prüfungen durchgeführt werden, ein wirtschaftliches Interesse haben, das ihre Unabhängigkeit in Frage stellen könnte.

(29) Die für die Marktüberwachung zuständigen Behörden müssen vor allem in Dringlichkeitsfällen in der Lage sein, sich mit dem Hersteller oder seinem in der Gemeinschaft niedergelassenen Bevollmächtigten in Verbindung zu setzen, um die vorsorglichen Schutzmaßnahmen zu treffen, die sich als notwendig erweisen. Zwischen den Mitgliedstaaten sind Zusammenarbeit und ein Informationsaustausch im Hinblick auf eine einheitliche Anwendung dieser Richtlinie, insbesondere im Sinne der Marktüberwachung, erforderlich. Zu diesem Zweck muß eine Datenbank aufgebaut und betrieben werden, die Angaben über die Hersteller und ihre Bevollmächtigten, die in Verkehr gebrachten Produkte, die ausgestellten und die vorübergehend oder auf Dauer zurückgezogenen Bescheinigungen sowie über das Beobachtungs- und Meldeverfahren enthalten soll. Ein Produktbeobachtungs- und Meldesystem (Beobachtungs- und Meldeverfahren) stellt ein nützliches Instrument für die Überwachung des Marktes, einschließlich der Leistung neuer Produkte, dar. Informationen, die sich aus dem Marktüberwachungsverfahren sowie aus externen Qualitätsbewertungsprogrammen ergeben, sind für Entscheidungen bezüglich der Einstufung von Produkten von Nutzen.

(30) Die Hersteller müssen den zuständigen Behörden das Inverkehrbringen "neuer Produkte" melden, und zwar sowohl, was die angewandte Technologie, als auch, was die zu analysierenden Substanzen oder sonstigen Parameter angeht. Dies gilt insbesondere für DNS-Sonden höherer Dichte (die als "Mikrochips" bezeichnet werden) zum genetischen Screening.

(31) Ist ein Mitgliedstaat der Auffassung, daß ein bestimmtes Produkt oder eine Gruppe von Produkten aus Gründen des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit und/oder im Interesse der öffentlichen Gesundheit gemäß Artikel 36 des Vertrags verboten oder dessen beziehungsweise deren Bereitstellung beschränkt werden oder besonderen Bedingungen unterliegen sollte, so kann er die erforderlichen und begründeten vorläufigen Maßnahmen treffen. In diesem Fall konsultiert die Kommission die betreffenden Parteien und die Mitgliedstaaten und erläßt, sofern die einzelstaatlichen Maßnahmen begründet sind, die erforderlichen gemeinschaftlichen Maßnahmen nach dem Verfahren III Variante a) des Beschlusses 87/373/EWG.

(32) Diese Richtlinie erstreckt sich auf In-vitro-Diagnostika, die aus Geweben, Zellen oder Stoffen menschlichen Ursprungs hergestellt werden. Die Richtlinie betrifft nicht die anderen Medizinprodukte, die unter Verwendung von Stoffen menschlichen Ursprungs hergestellt werden. In dieser Hinsicht müssen die Arbeiten folglich fortgesetzt werden, damit es so bald wie möglich zur Verabschiedung entsprechender gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften kommt.

(33) Bei der Probenahme, der Sammlung und der Verwendung von Stoffen, die aus dem menschlichen Körper gewonnen werden, ist die Unversehrtheit des Menschen zu schützen; es gelten die Grundsätze des Übereinkommens des Europarates zum Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde im Hinblick auf die Anwendung der Biologie und der Medizin; ferner gelten weiterhin die einzelstaatlichen Ethikvorschriften.

(34) Im Hinblick auf eine vollständige Übereinstimmung zwischen den Richtlinien über Medizinprodukte müssen einige Bestimmungen dieser Richtlinie in die Richtlinie 93/42/EWG aufgenommen werden, die entsprechend zu ändern ist.

(35) Die fehlenden Rechtsvorschriften über Medizinprodukte, die aus Substanzen menschlichen Ursprungs hergestellt werden, müssen so rasch wie möglich erlassen werden

- haben folgende Richtlinie erlassen:

Artikel 1 Anwendungsbereich, Begriffsbestimmungen

(1) Diese Richtlinie gilt für In-vitro-Diagnostika und ihr Zubehör. Im Sinne dieser Richtlinie wird Zubehör als eigenständiges In-vitro-Diagnostikum behandelt. In-vitroDiagnostika und Zubehör werden nachstehend "Produkte" genannt.

(2) Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

  1. "Medizinprodukt" alle einzeln oder miteinander verbundenen verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Stoffe oder andere Gegenstände, einschließlich der für ein einwandfreies Funktionieren des Medizinprodukts eingesetzten Software, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen für folgende Zwecke bestimmt sind:

    und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologische oder immunologische Mittel noch metabolisch erreicht wird, deren Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann;


  2. "In-vitro-Diagnostikum" jedes Medizinprodukt, das als Reagenz, Reagenzprodukt, Kalibriermaterial, Kontrollmaterial, Kit, Instrument, Apparat, Gerät oder System - einzeln oder in Verbindung miteinander - nach der vom Hersteller festgelegten Zweckbestimmung zur In-vitro-Untersuchung von aus dem menschlichen Körper stammenden Proben, einschließlich Blut- und Gewebespenden, verwendet wird und ausschließlich oder hauptsächlich dazu dient, Informationen zu liefern

    Erzeugnisse für den allgemeinen Laborbedarf gelten nicht als In-Vitro-Diagnostika, es sei denn, sie sind aufgrund ihrer Merkmale nach ihrer vom Hersteller festgelegten Zweckbestimmung speziell für In-vitroUntersuchungen zu verwenden;


  3. "Zubehör" jeder Gegenstand, der selbst kein In-vitro-Diagnostikum ist, aber nach der von seinem Hersteller speziell festgelegten Zweckbestimmung zusammen mit einem Produkt zu verwenden ist, damit dieses entsprechend seiner Zweckbestimmung angewendet werden kann.
    Im Sinne dieser Definition gelten invasive, zur Entnahme von Proben bestimmte Erzeugnisse sowie Produkte, die zum Zweck der Probenahme in unmittelbaren Kontakt mit dem menschlichen Körper kommen, im Sinne der Richtlinie 93/42/EWG nicht als Zubehör von In-vitro-Diagnostika;

  4. "Produkt zur Eigenanwendung" jedes Produkt, das nach der vom Hersteller festgelegten Zweckbestimmung von Laien in der häuslichen Umgebung angewendet werden kann;

  5. "Produkt für Leistungsbewertungszwecke" jedes Produkt, das vom Hersteller dazu bestimmt ist, einer oder mehreren Leistungsbewertungsprüfungen in Labors für medizinische Analysen oder in einer anderen angemessenen Umgebung außerhalb der eigenen Betriebsstätte unterzogen zu werden;

  6. "Hersteller" die natürliche oder juristische Person, die für die Auslegung, Herstellung, Verpackung und Etikettierung eines Produkts im Hinblick auf das Inverkehrbringen im eigenen Namen verantwortlich ist, unabhängig davon, ob diese Tätigkeiten von dieser Person oder stellvertretend für diese von einer dritten Person ausgeführt werden.

    Die dem Hersteller nach dieser Richtlinie obliegenden Verpflichtungen gelten auch für die natürliche oder juristische Person, die ein oder mehrere vorgefertigte Produkte montiert, abpackt, behandelt, aufbereitet und/oder kennzeichnet und/oder für die Festlegung der Zweckbestimmung als Produkt im Hinblick auf das Inverkehrbringen im eigenen Namen verantwortlich ist. Dies gilt nicht für Personen, die - ohne Hersteller im Sinne des Unterabsatzes 1 zu sein - bereits in Verkehr gebrachte Produkte für einen namentlich genannten Patienten entsprechend ihrer Zweckbestimmung montieren oder anpassen;

  7. "Bevollmächtigter" die in der Gemeinschaft niedergelassene natürliche oder juristische Person, die vom Hersteller ausdrücklich dazu bestimmt wurde, im Hinblick auf seine Verpflichtungen nach dieser Richtlinie in seinem Namen zu handeln und von den Behörden und Stellen in der Gemeinschaft in diesem Sinne kontaktiert zu werden;

  8. "Zweckbestimmung" die Verwendung, für die das Produkt entsprechend den Angaben des Herstellers in der Kennzeichnung, der Gebrauchsanweisung und/ oder dem Werbematerial bestimmt ist;

  9. "Inverkehrbringen" die erste entgeltliche oder unentgeltliche Überlassung eines Produkts mit Ausnahme eines Produkts für Leistungsbewertungszwecke im Hinblick auf seinen Vertrieb und/oder seine Verwendung auf dem gemeinschaftlichen Markt, ungeachtet dessen, ob es sich um ein neues oder ein als neu aufbereitetes Produkt handelt;

  10. "Inbetriebnahme" den Zeitpunkt, zu dem ein Produkt dem Endanwender als ein Erzeugnis zur Verfügung gestellt worden ist, das erstmals entsprechend seiner Zweckbestimmung auf dem gemeinschaftlichen Markt verwendet werden kann.

(3) Im Sinne dieser Richtlinie gilt als Kalibrier- und Kontrollmaterial jede Substanz, jedes Material und jeder Gegenstand, die von ihrem Hersteller vorgesehen sind zum Vergleich von Meßdaten oder zur Prüfung der Leistungsmerkmale eines Produkts im Hinblick auf die Anwendung, für die es bestimmt ist.

(4) Im Sinne dieser Richtlinie unterliegt die Entnahme, Sammlung und Verwendung von Gewebe, Zellen und Stoffen menschlichen Ursprungs in ethischer Hinsicht den Grundsätzen des Übereinkommens des Europarates zum Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde im Hinblick auf die Anwendung der Biologie und der Medizin und den einschlägigen Regelungen der Mitgliedstaaten. In bezug auf die Diagnose sind die Wahrung der Vertraulichkeit persönlicher Daten sowie der Grundsatz der Nichtdiskriminierung auf der Grundlage der genetischen Anlagen von Männern und Frauen von vorrangiger Bedeutung.

(5) Diese Richtlinie gilt nicht für die in einer Gesundheitseinrichtung sowohl hergestellten als auch verwendeten Produkte, bei denen die Verwendung in der Betriebsstätte oder in Räumen in unmittelbarer Nähe der Betriebsstätte erfolgt, in der sie hergestellt wurden, ohne daß sie auf eine andere juristische Person übertragen werden. Das Recht der Mitgliedstaaten, geeignete Schutzanforderungen an solche Tätigkeiten zu stellen, bleibt davon unberührt.

(6) Nationale Rechtsvorschriften, nach denen Produkte auf ärztliches Rezept geliefert werden, werden von dieser Richtlinie nicht berührt.

(7) Diese Richtlinie ist eine Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 89/336/EWG; Produkte, deren Übereinstimmung mit der vorliegenden Richtlinie hergestellt wurde, fallen danach nicht mehr unter jene Richtlinie.

Artikel 2 Inverkehrbringen und Inbetriebnahme

Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Maßnahmen, damit die Produkte nur in Verkehr gebracht und/ oder in Betrieb genommen werden dürfen, wenn sie bei sachgemäßer Lieferung, Installation, Instandhaltung und ihrer Zweckbestimmung entsprechender Verwendung die Anforderungen dieser Richtlinie erfüllen. Diese umfaßt auch die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Sicherheit und Qualität dieser Produkte zu überwachen. Dieser Artikel gilt auch für Produkte, die für Leistungsbewertungszwecke bereitgestellt werden.

Artikel 3 Grundlegende Anforderungen

Die Produkte müssen die für sie unter Berücksichtigung ihrer Zweckbestimmung geltenden grundlegenden Anforderungen gemäß Anhang I erfüllen.

Artikel 4 Freier Verkehr

(1) Die Mitgliedstaaten behindern in ihrem Hoheitsgebiet nicht das Inverkehrbringen und die Inbetriebnahme von Produkten, die die CE-Kennzeichnung nach Artikel 16 tragen, wenn diese einer Konformitätsbewertung nach Artikel 9 unterzogen worden sind.

(2) Die Mitgliedstaaten behindern nicht, daß Produkte für Leistungsbewertungszwecke Laboratorien oder sonstigen Einrichtungen im Sinne der Erklärung in Anhang VIII zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt werden, sofern sie die in Artikel 9 Absatz 4 und in Anhang VIII festgelegten Bedingungen erfüllen.

(3) Die Mitgliedstaaten lassen es zu, daß insbesondere bei Messen, Ausstellungen, Vorführungen oder wissenschaftlichen bzw. fachlichen Tagungen den Bestimmungen dieser Richtlinie nicht entsprechende Produkte ausgestellt werden, sofern diese Produkte nicht an von Teilnehmern stammenden Proben verwendet werden und ein sichtbares Schild deutlich darauf hinweist, daß diese Produkte erst in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden können, wenn ihre Übereinstimmung mit dieser Richtlinie hergestellt ist.

(4) Die Mitgliedstaaten können verlangen, daß die gemäß Anhang I Abschnitt B Nummer 8 bereitzustellenden Angaben bei der Übergabe an den Endanwender in der bzw. den jeweiligen Amtssprache(n) vorliegen.

Soweit die sichere und ordnungsgemäße Anwendung des Produkts gewährleistet ist, können die Mitgliedstaaten gestatten, daß die in Unterabsatz 1 genannten Angaben in einer oder mehreren anderen Amtssprachen der Gemeinschaft vorliegen.

Bei der Anwendung dieser Bestimmung berücksichtigen die Mitgliedstaaten den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und insbesondere

  1. die Möglichkeit, die entsprechenden Angaben in Form harmonisierter Symbole, allgemein anerkannter Code-Darstellungen oder in sonstiger Weise zu machen;
  2. die für das Produkt vorgesehene Art des Anwenders.

(5) Falls die Produkte auch unter andere Gemeinschaftsrichtlinien fallen, die andere Aspekte behandeln und in denen die CE-Kennzeichnung ebenfalls vorgesehen ist, wird mit der CE-Kennzeichnung angegeben, daß die Produkte auch diesen anderen Richtlinien entsprechen.

Steht dem Hersteller aufgrund einer oder mehrerer dieser Richtlinien während einer Übergangszeit jedoch die Wahl der anzuwendenden Regelung frei, so wird mit der CE-Kennzeichnung angegeben, daß die Produkte nur den vom Hersteller angewandten Richtlinien entsprechen. In diesem Fall müssen die Nummern dieser Richtlinien, unter denen sie im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht sind, in den von den Richtlinien vorgeschriebenen und den Produkten beiliegenden Unterlagen, Hinweisen oder Anleitungen angegeben werden.

Artikel 5 Verweis auf Normen

(1) Die Mitgliedstaaten gehen von der Einhaltung der grundlegenden Anforderungen gemäß Artikel 3 bei Produkten aus, die den einschlägigen nationalen Normen zur Durchführung der harmonisierten Normen, deren Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht worden sind, entsprechen; die Mitgliedstaaten veröffentlichen die Fundstellen dieser nationalen Normen.

(2) Ist ein Mitgliedstaat oder die Kommission der Auffassung, daß die harmonisierten Normen den grundlegenden Anforderungen gemäß Artikel 3 nicht voll entsprechen, so werden die von den Mitgliedstaaten zu treffenden Maßnahmen in bezug auf diese Normen und die Veröffentlichung gemäß Absatz 1 nach dem in Artikel 6 Absatz 2 genannten Verfahren erlassen.

(3) Die Mitgliedstaaten gehen von der Einhaltung der grundlegenden Anforderungen gemäß Artikel 3 bei Produkten aus, die in Übereinstimmung mit Gemeinsamen Technischen Spezifikationen ausgelegt und hergestellt wurden, welche für Produkte gemäß Anhang II Liste A und erforderlichenfalls für Produkte gemäß Anhang II Liste B festgelegt sind. In diesen Spezifikationen werden in geeigneter Weise die Kriterien für die Bewertung und die Neubewertung der Leistung, die Chargenfreigabekriterien, die Referenzmethoden und die Referenzmaterialien festgelegt.

Die Gemeinsamen Technischen Spezifikationen werden nach dem in Artikel 7 Absatz 2 genannten Verfahren angenommen und im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht.

Die Hersteller haben die Gemeinsamen Technischen Spezifikationen in der Regel einzuhalten; kommen die Hersteller in hinreichend begründeten Fällen diesen Spezifikationen nicht nach, so müssen sie Lösungen wählen, die dem Niveau der Spezifikationen zumindest gleichwertig sind.

Wird in dieser Richtlinie auf die harmonisierten Normen verwiesen, so wird damit gleichzeitig auf die Gemeinsamen Technischen Spezifikationen verwiesen.

Artikel 6 Ausschuß für Normen und technische Vorschriften 03

(1) Die Kommission wird von dem gemäß Artikel 5 der Richtlinie 98/34/EG eingesetzten Ausschuss, im Folgenden "Ausschuss" genannt, unterstützt.

(2) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so gelten die Artikel 3 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG 17 unter Beachtung von dessen Artikel 8.

(3) Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung.

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