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Regelwerk

Richtlinien für die Verfolgung und Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen die Sozialvorschriften im Straßenverkehr
(Fahrpersonalgesetz - FPersG)

Stand 2004
(StAnz. Nr. 23 vom 07.06.2004 S. 1904aufgehoben)
Gl.-Nr.: 90009


A. Feststellung von Ordnungswidrigkeiten bei Straßenkontrollen

1. Zuständigkeiten

1.1 Nach § 13 Abs. 1 der Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes, der Sicherheitstechnik, der Produktsicherheit und des Medizinprodukterechts (Arbeitsschutzzuständigkeitsverordnung - ArbSchZV) vom 8. Juli 2003 (GVBl. I S. 206) ist zuständige Aufsichtsbehörde nach § 4 des Fahrpersonalgesetzes (FPersG) bei Kontrollen im öffentlichen Straßenverkehr neben dem Regierungspräsidium auch die örtliche Polizeibehörde.

1.2 Nach § 13 Abs. 2 der ArbSchZV sind für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach § 8 FPersG in Hessen folgende Behörden zuständig:

1.3 Zuständige Behörde für die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach dem Fahrpersonalgesetz ist nach § 13 Abs. 3 ArbSchZV das Regierungspräsidium Gießen, Abteilung Soziales, Außenstelle Hadamar, Gymnasiumstraße 4, 65589 Hadamar, Fachzentrum "Sozialvorschriften im Straßenverkehr". Die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Fachzentrums erstreckt sich auf Hessen.

1.4 Nach § 9 Abs. 2 FPersG ist das Bundesamt für Güterverkehr zuständige Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG), wenn der Verstoß in einem Unternehmen begangen wird, das im Geltungsbereich des Gesetzes weder seinen Sitz noch eine geschäftliche Niederlassung hat. Das Bundesamt für Güterverkehr ist ebenfalls zuständige Verwaltungsbehörde, wenn der Betroffene im Geltungsbereich des Gesetzes keinen Wohnsitz hat. Durch Vereinbarung zwischen dem Land Hessen, vertreten durch die Hessische Sozialministerin und der Bundesrepublik Deutschland vom 3./10. Juli 2000 (StAnz. S. 2596) ist das Bundesamt für Güterverkehr ferner dazu berechtigt, Kraftomnibusse im Rahmen seiner gesetzlichen Kontrollbefugnisse auf dem Gebiet des Landes Hessen anzuhalten. Unberührt hiervon bleibt jedoch die Zuständigkeit für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten der Landesbehörden nach § 8 FPersG.

2. Feststellung von Verstößen

2.1 Geringfügige Ordnungswidrigkeiten

Bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten nach § 8 FPersG kann ein Verwarnungsgeld ( § 56 Abs. 1 Satz 1 OWiG) von 5 bis zu 35 Euro erhoben werden.

2.1.1 Die Höhe des Verwarnungsgeldes richtet sich nach dem als Anlage 1 abgedruckten Buß- und Verwarnungsgeldkataloges.

2.1.2 Ist der Betroffene nach Belehrung über sein Weigerungsrecht mit der Verwarnung einverstanden, kann aber nicht sofort zahlen oder ist er bei einem Verwarnungsgeld von über 10 Euro nicht bereit, sofort zu zahlen, ist dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich nach § 55 Abs. 1 OWiG unter Verwendung des Vordrucks Nr. 3.475 der OFD (Kontrollbericht/Ordnungswidrigkeitsanzeige - Sozialvorschriften im Straßenverkehr - Anlage 2) zum Vorwurf zu äußern. Der Vordruck ist mit dem Hinweis im Abschnitt "Bemerkungen", in welcher Höhe dem Betroffenen ein Verwarnungsgeld angeboten wurde, unverzüglich der zuständigen Verfolgungs- und Ahndungsbehörde zu übersenden. Von dort wird das schriftliche Verwarnungsverfahren durchgeführt. Bei durchreisenden zivilen ausländischen Fahrern sind die Verwarnungsgelder in jeder Höhe in bar an Ort und Stelle einzuziehen.

2.1.3 Ist der Betroffene mit der Verwarnung nicht einverstanden, ist ihm ebenfalls Gelegenheit zu geben, sich nach § 55 Abs. 1 OWiG unter Verwendung des Vordrucks Nr. 3.475 zu äußern. Auf Seite 2 des zitierten Vordrucks ist die Höhe des angebotenen Verwarnungsgeldes und die Ablehnung der Verwarnung zu vermerken. Der Vordruck Nr. 3.475 ist anschließend unverzüglich der zuständigen Verfolgungs- und Ahndungsbehörde zur Durchführung eines Bußgeldverfahrens zu übersenden.

2.2 Nicht geringfügige Ordnungswidrigkeiten

Stellt die Polizeibehörde Verstöße gegen Bestimmungen des Fahrpersonalgesetzes fest, die mit einer Geldbuße zu ahnden sind, ist mit dem Vordruck Nr. 3.475 eine Ordnungswidrigkeitsanzeige der für die Verfolgung und Ahndung zuständigen Verwaltungsbehörde zu übersenden, in deren Bezirk die geschäftliche Niederlassung des Betriebes liegt, bei der der Betroffene tätig ist ( § 39 OWiG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 FPersG). Sofern die Verfolgung und Ahndung der Zuwiderhandlung nach § 9 Abs. 2 FPersG dem Bundesamt für Güterverkehr obliegt, ist die Anzeige auf Vordruck Nr. 3.475 dem Bundesamt für Güterverkehr, Rheinstraße 4 B, 55116 Mainz, zu übersenden.

2.2.1 Sind wegen Zuwiderhandlungen gegen das FPersG gleichzeitig gegen verschiedene Personen (zum Beispiel Fahrer und Unternehmer) Ordnungswidrigkeitenverfahren einzuleiten, ist für jeden Betroffenen ein Vordruck Nr. 3.475 auszufüllen und in den Anzeigen darauf hinzuweisen.

2.2.2 Wird bei einer Verkehrskontrolle festgestellt, dass ein Betroffener sowohl Verstöße gegen das FPersG als auch Verkehrsordnungswidrigkeiten oder sonstige Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr begangen hat, so ist ohne Rücksicht darauf, ob die Zuwiderhandlungen in Tateinheit oder Tatmehrheit begangen worden sind, nur eine Anzeige nach Vordruck Nr. 3.475 ohne Abtrennung einzelner Verstöße zu fertigen. In den Fällen, in denen eine derartige Abtrennung nicht zu vermeiden ist, sollte bei der Abgabe an verschiedene Bußgeldbehörden Querverweise hinsichtlich der anderweitig festgestellten Verstöße aufgenommen werden. Für die Verfolgung und Ahndung ist grundsätzlich die gewichtigste Zuwiderhandlung entscheidend, wobei sich für die jeweilige Verfolgungs- und Ahndungsbehörde eine Aussonderung des unbedeutenderen Verstoßes nach § 47 OWiG anbietet.

2.2.3 Den Verstößen gegen das FPersG muss eine besondere Bedeutung beigemessen werden, so dass bei gleichzeitiger Begehung von Ordnungswidrigkeiten nach dem FPersG und von Verkehrsordnungswidrigkeiten oder von sonstigen Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr in der Regel die Kontrollmitteilung/Ordnungswidrigkeitsanzeige der unter Nr. 1.3 dieses Erlasses genannten Verwaltungsbehörde zu übersenden ist. Dabei erfolgt auf dem Vordruck Nr. 3.475 nachrichtlich ein Hinweis auf die ebenfalls begangene(n) Verkehrsordnungswidrigkeit(en)/sonstigen Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr.

2.2.4 Ist dagegen der Verstoß gegen das FPersG, gemessen an den gleichzeitig festgestellten Verkehrsordnungswidrigkeiten oder sonstigen Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr, unbedeutend, so ist er lediglich in der Anzeige (bei Verkehrsordnungswidrigkeiten Vordruck Nr. 3.511, bei sonstigen Ordnungswidrigkeiten Vordruck Nr. 3.15) als zusätzlicher Hinweis aufzunehmen.

2.2.5 Wird ein Verstoß gegen das FPersG bei Beteiligten eines Verkehrsunfalls festgestellt, ist nach den Unfallaufnahmerichtlinien zu verfahren. Die für die Verfolgung und Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen das FPersG zuständige Verwaltungsbehörde (Nr. 1.3) ist durch Übersendung einer Mehrausfertigung der Verkehrsunfallanzeige zu informieren. Wenn die geschäftliche Niederlassung des Betriebes des unfallbeteiligten Fahrzeuges oder der unfallbeteiligten Fahrzeuge außerhalb von Hessen liegt, ist die Mehrausfertigung der Unfallanzeige der jeweils örtlich zuständigen Verwaltungsbehörde zu übersenden.

2.2.6 Hängt die Zuwiderhandlung gegen das FPersG mit einer Straftat zusammen, ist die erstellte Strafanzeige der zuständigen Staatsanwaltschaft unmittelbar zuzuleiten.

2.2.7 Anhörung des Betroffenen

Dem Betroffenen ist grundsätzlich an Ort und Stelle Gelegenheit zu geben, sich zur Beschuldigung zu äußern. Lehnt der Betroffene eine Äußerung ab, so ist dies zu vermerken. Vor der Anhörung ist der Betroffene zu belehren und darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich zur Beschuldigung zu äußern oder keine Erklärung abzugeben. Möchte sich der Betroffene schriftlich äußern, ist die Kontrollmitteilung bzw. Ordnungswidrigkeitsanzeige mit einem entsprechenden Hinweis umgehend dem Fachzentrum "Sozialvorschriften im Straßenverkehr" als zuständige Verwaltungsbehörde nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 und Abs. 3 ArbSchZV zu übersenden; die Anhörung erfolgt dann durch die Verwaltungsbehörde.

Betroffene, die nicht am Entdeckungsort der Zuwiderhandlung zugegen sind, werden ebenfalls durch die Verwaltungsbehörde angehört.

2.2.8 Werden bei einer Kontrolle auf Verlangen keine oder nicht vorschriftsmäßig geführte Tätigkeitsnachweise vorgelegt oder wird festgestellt, dass vorgeschriebene Unterbrechungen der Lenkzeit nicht eingelegt oder die höchstzulässige Tageslenkzeit überschritten oder einzuhaltende Mindestruhezeiten nicht genommen worden sind, können die zuständigen Behörden im Rahmen der Gefahrenabwehr die Weiterfahrt gemäß § 5 Abs. 1 FPersG untersagen bis die Voraussetzungen zur Weiterfahrt erfüllt sind. Ob bei festgestellten Verstößen Maßnahmen nach § 5 Abs. 1 FPersG zur Anwendung kommen, entscheiden die zuständigen Behörden nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Tätigkeitsnachweise oder Kontrollgeräte, aus denen sich der Regelverstoß ergibt oder mit denen er begangen wurde, können zur Beweissicherung eingezogen werden. Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 FPersG gilt für alle Mitglieder des Fahrpersonals, die die Bestimmungen der VO (EWG) Nr. 3820/85, der VO (EWG) Nr. 3821/85, des AETR oder des § 6 der Fahrpersonalverordnung (FPersV) zu beachten haben. Sie findet auch auf Mitglieder des Fahrpersonals Anwendung, die im Geltungsbereich des Fahrpersonalgesetzes keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt haben.

2.2.9 Gegen Personen, die in der Bundesrepublik Deutschland weder einen festen Wohnsitz noch einen Aufenthalt haben, kann zur Sicherstellung der Durchführung des Bußgeldverfahrens nach § 132 der Strafprozessordnung in Verbindung mit § 46 OWiG angeordnet werden, dass

  1. für die zu erwartende Geldbuße eine angemessene Sicherheit geleistet und
  2. eine Person (zum Beispiel Angehörige, Bekannte, Rechtsanwälte) zum Empfang von Zustellungen bevollmächtigt wird, die möglichst im Bezirk des für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit zuständigen Gerichts

wohnen soll, ansonsten in der Bundesrepublik Deutschland wohnen muss. Kann der Betroffene keine zum Empfang von Zustellungen bevollmächtigte Person seiner Wahl benennen, ist ihm eine von der zuständigen Verwaltungsbehörde (Ziffer 1.3) zum Empfang von Zustellungen bevollmächtigte Person vorzuschlagen. Die Verwaltungsbehörde teilt Name und Anschrift der bevollmächtigten Person den Polizeidienststellen ihres Bezirks mit.

Die Höhe der Sicherheitsleistung soll die zu erwartende Geldbuße und die Kosten des Verfahrens beinhalten. Die Bußgeldregelsätze ergeben sich aus dem als Anlage 1 abgedruckten Buß- und Verwarnungsgeldkatalog. Wird eine angeordnete Sicherheitsleistung durch den Verpflichteten nicht sofort erbracht, so kann unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Fortsetzung der Weiterfahrt nach § 7 FPersG untersagt werden.

B. Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen das Fahrpersonalgesetz

1. Allgemeines

Besteht der begründete Verdacht, dass eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 8 FPersG oder der § § 8 bis 11 FPersV vorliegt, ist im Rahmen des Opportunitätsprinzips ein Bußgeldverfahren einzuleiten. Hat der Betroffene rechtswidrig und vorwerfbar gehandelt, ist grundsätzlich ein Bußgeldbescheid zu erlassen. Das Opportunitätsprinzip nach § 47 Abs. 1 OWiG bleibt unberührt.

Der als Anlage 1 beigefügte Buß- und Verwarnungsgeldkatalog enthält nicht alle in den genannten Gesetzen und Verordnungen enthaltenen Ordnungswidrigkeiten. Soweit Ordnungswidrigkeiten im nachstehenden Katalog erwähnt werden, ist von den dort genannten Bußgeldbeträgen auszugehen. Im Übrigen ist, wenn eine Ordnungswidrigkeit im nachstehenden Bußgeldkatalog nicht aufgeführt ist, derjenige Bußgeldbetrag zugrunde zu legen, der für vergleichbare im Katalog genannte Ordnungswidrigkeiten vorgesehen ist. In allen Fällen sind die Grundsätze des § 17 Abs. 3 und 4 OWiG zu beachten.

Von der Festsetzung eines Bußgeldbetrages kann abgesehen werden, wenn die Bedeutung des Verstoßes oder des Vorwurfs, der den Täter trifft, so gering ist, dass eine Verwarnung nach § 56 OWiG ausreichend erscheint. Ist die Verwarnung ohne Verwarnungsgeld nicht ausreichend, kann ein Verwarnungsgeld von 5 bis zu 35 Euro erhoben werden.

2. Regelsätze

Die im Buß- und Verwarnungsgeldkatalog ausgewiesenen Bußgeldbeträge sind Regelsätze, die von vorsätzlicher Begehung und gewöhnlichen Tatumständen ausgehen. Sie sind grundsätzlich darauf abgestellt, dass nur eine Person von der Ordnungswidrigkeit betroffen ist. Das gilt nicht bei Verstößen gegen Formvorschriften.

Werden tateinheitlich mehrere Gesetze verletzt, wird die Geldbuße nach dem Gesetz bestimmt, das die höchste Geldbuße androht ( § 19 Abs. 2 OWiG). Bei fahrlässigem Handeln ist bei der Berechnung der Geldbuße von den im Buß- und Verwarnungsgeldkatalog ausgewiesenen Beträgen auszugehen; sie sollen bis zur Hälfte ermäßigt werden. Der in den genannten Gesetzen angedrohte Höchstsatz darf in Fällen der Fahrlässigkeit nur bis zur Hälfte ausgeschöpft werden ( § 17 Abs. 2 OWiG), es sei denn, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 OWiG gegeben sind.

3. Erhöhung oder Ermäßigung der Regelsätze; Grundlagen für die Zumessung der Geldbußen ( § 17 Abs. 3 OWiG)

3.1 Die Regelsätze können je nach den Umständen des Einzelfalles erhöht oder ermäßigt werden.

3.2 Die Erhöhung des Regelsatzes kommt zum Beispiel in Betracht, wenn der Betroffene

3.3 Eine Ermäßigung des Regelsatzes kommt zum Beispiel in Betracht, wenn

3.4 Abweichungen von den Regelsätzen sind in den Akten jeweils besonders zu begründen.

4. Zusammentreffen mehrerer Gesetzesverletzungen

4.1 Tateinheit liegt vor, wenn der Betroffene durch ein und dieselbe Handlung (aktives Tun oder Unterlassen) mehrere Bußgeldvorschriften verletzt oder eine Bußgeldvorschrift mehrmals verletzt hat. Es ist nur eine Geldbuße nach Nr. 5.2 festzusetzen.

Werden tateinheitlich mehrere Gesetze verletzt, wird die Geldbuße nach dem Gesetz bestimmt, das die höchste Geldbuße androht ( § 19 Abs. 2 OWiG).

Beispiel.
Der Unternehmer setzt einen Kraftfahrer in der Weise ein, dass dieser einen Lastzug 11 Stunden in einer Arbeitsschicht lenkt. Um diesen Tatbestand zu verschleiern, weist der Unternehmer ihn an, keine Schaublätter in das Kontrollgerät einzulegen.

Der Unternehmer begeht damit eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 6 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3820/85 und Artikel 3 VO (EWG) Nr. 3821/85 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 FPersG und § 9 Nr. 3 Buchst. b und § 10 Nr. 1 Buchst. a FPersV, § 19 OWiG. Es besteht Tateinheit.

Dagegen liegt nur eine Gesetzesverletzung vor, wenn durch ein und dieselbe Handlung eine Bußgeldvorschrift verletzt wird und dabei mehrere Personen gleichzeitig betroffen sind. Beispiel:

Der Unternehmer weist gleichzeitig fünf Kraftfahrer an keine Schaublätter in das Kontrollgerät einzulegen. Er begeht damit eine Zuwiderhandlung nach Artikel 3 VO (EWG) Nr. 3821/85 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 FPersG und § 10 Nr. 1 Buchst. a FPersV. In diesem Fall wird auch nur eine Geldbuße festgesetzt, wobei der Regelsatz nach Nr. 5.1 zu erhöhen ist.

In den Fällen der Tateinheit ist das Verfahren an die Stelle abzugeben, das für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach dem Gesetz, das die höchste Geldbuße androht, zuständig ist. Die zuständige Stelle ist verpflichtet, die abgebende Stelle über den Ausgang des Verfahrens zu unterrichten.

4.2 Aufgrund diverser Entscheidungen des Bundesgerichtshofes kommt im Geltungsbereich dieser Richtlinie der Fortsetzungszusammenhang nicht mehr zur Anwendung.

4.3 Wenn durch eine Handlung nicht nur ein rechtswidriger Zustand begründet, sondern auch bewusst oder unbewusst aufrechterhalten wird, handelt es sich um eine Dauerzuwiderhandlung.

Beispiel:
Der Unternehmer hat es versäumt, notwendige Reparaturen am Kontrollgerät durchführen zu lassen. Die Nichterfüllung der sich aus Art. 16 Abs. 1 Unterabs. 1 VO (EWG) Nr. 3821/85 ergebenden Pflicht ist ein Dauerdelikt, das von dem Zeitpunkt an, zu dem die Reparatur hätte erfolgen müssen, bis zur erfolgten Reparatur begangen wurde.

Bei Dauerzuwiderhandlungen beginnt die Verjährungsfrist erst mit der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes. Werden während des rechtswidrigen Zustandes weitere Zuwiderhandlungen begangen, so stehen diese zur Dauerzuwiderhandlung im Allgemeinen in Tateinheit.

Beispiel:
Während der Zeit, in der die Reparatur noch nicht erfolgt ist und das Kontrollgerät nichts mehr aufzeichnet, führt der Fahrer auf Anweisung des Unternehmers dennoch eine Beförderung durch, ohne dass der Unternehmer ihm Schaublätter aushändigt, damit er handschriftliche Eintragungen vornehmen kann. Bei dieser Beförderung lenkt er den Lastzug elf Stunden in der Schicht. Der Unternehmer begeht eine Zuwiderhandlung gegen Art. 16 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3821/85 und Art. 6 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3820/85 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 FPersG und § 10 Nr. 2 Buchst. b und d, § 9 Nr. 3 Buchst. b FPersV. Zwischen diesen Zuwiderhandlungen besteht Tateinheit. Es ist nur eine Geldbuße nach Nr. 5.2 festzusetzen.

4.4 Tatmehrheit liegt vor, wenn der Betroffene durch mehrere rechtlich selbstständige Handlungen mehrere Bußgeldvorschriften oder eine Bußgeldvorschrift mehrmals verletzt hat. In diesen Fällen ergeht wie bei Tateinheit nur ein Bußgeldbescheid. Jedoch wird für jede Ordnungswidrigkeit die Geldbuße gesondert festgesetzt.

5. Berechnung der Geldbußen

5.1 Im Falle einer Gesetzesverletzung, bei der mehrere Personen gleichzeitig betroffen sind, ist für die Berechnung der Geldbuße der Regelsatz zugrunde zu legen und so dann für jede weitere betroffene Person um 75 Prozent (aufgerundet auf volle Euro-Beträge) zu erhöhen. Im Bescheid ist nur der Gesamtbetrag festzusetzen.

5.2 Im Fall der Tateinheit (Nr. 4.1) ist grundsätzlich wie folgt zu verfahren:

Zunächst ist festzustellen, für welche Zuwiderhandlung sich nach der konkreten Fallgestaltung bei Anwendung des Buß- und Verwarnungsgeldkataloges der höchste Einzelbetrag ergibt. Dieser höchste Einzelbetrag ist -für die weitere Berechnung der Geldbuße zugrunde zu legen. Dem Einzelbetrag sind 50 Prozent (aufgerundet auf volle Euro-Beträge) der Bußgeldbeträge hinzuzurechnen, die für die Verstöße gegen die sonstigen in die Tateinheit eingeschlossenen Ordnungswidrigkeiten ausgewiesen sind. Wurde eine Bußgeldvorschrift mehrmals verletzt, so ist für den ersten Fall der volle Regelsatz und für die weiteren Fälle jeweils 50 Prozent des Regelsatzes zu berechnen. Bei Tateinheit ist nur der Gesamtbetrag im Bescheid festzusetzen.

5.3 Im Fall der Tatmehrheit (Nr. 4.4) sind getrennt für die einzelnen Ordnungswidrigkeiten Geldbußen nach dem Buß- und Verwarnungsgeldkatalog in einem Bescheid festzusetzen. Die im Gesetz festgelegte Höchstgrenze einer Geldbuße bezieht sich jeweils nur auf die einzelnen Geldbußen, jedoch nicht auf den Gesamtbetrag.

5.4 Die in den genannten Gesetzen festgelegten Höchstgrenzen für die Geldbußen dürfen nur bei Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils sowie durch die sich bei Tatmehrheit ergebende Summe der Einzelbeträge überschritten werden.

6. Besondere Personengruppen

6.1 Handelt jemand für einen anderen (zum Beispiel als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person, als Mitglied eines solchen Organs, als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft, als gesetzlicher Vertreter oder als Beauftragter in einem Betrieb), so sind die Bestimmungen des § 9 OWiG zu beachten.

6.2 Gegen juristische Personen und Personenvereinigungen kann unter den Voraussetzungen des § 30 OWiG ebenfalls eine Geldbuße festgesetzt werden.

6.3 Wegen der Verletzung der Aufsichtspflicht im Betrieb oder Unternehmen durch den Inhaber oder diesem gleichstehende Personen wird auf § 130 OWiG hingewiesen. Es ist der Regelsatz anzuwenden, welcher für die aufgrund der unterlassenen Aufsichtsmaßnahmen in dem Betrieb begangene Zuwiderhandlung gilt.

7. Verfall eines Geldbetrages

7.1 Nach § 29a OWiG kann gegen den Täter (zum Beispiel Arbeitgeber) der Verfall eines Geldbetrages bis zu der Höhe angeordnet werden, die dem erlangten Vermögensvorteil entspricht, wenn der Täter für eine mit Geldbuße bedrohte Handlung oder aus ihr einen Vermögensvorteil erlangt und gegen ihn wegen der Handlung eine Geldbuße nicht festgesetzt werden kann. Die Anordnung des Verfalls ist kein Bußgeld, sondern eine Maßnahme eigener Art, mit der dem Täter der Vermögensvorteil wieder abgenommen wird. Für eine Anordnung nach § 29a OWiG reicht eine rechtswidrige Handlung, die nicht vorwerfbar begangen zu sein braucht (vgl. § 1 Abs. 2 OWiG), aus.

7.2 Hat der Täter einer mit Geldbuße bedrohten Handlung für einen anderen gehandelt (zum Beispiel Geschäftsführer für die GmbH, Betriebsleiter für den Inhaber des Betriebs) und hat dieser (GmbH, Betriebsinhaber) dadurch einen Vermögensvorteil erlangt, so kann nach § 29a Abs. 2 OWiG gegen ihn (GmbH, Betriebsinhaber) der Verfall eines Geldbetrages bis zur Höhe des Vermögensvorteils angeordnet werden, der dem Wert des Erlangten entspricht.

7.3 In den Fällen der Ziffern 7.1 und 7.2 kann gemäß § 29a Abs. 4 OWiG der Verfall selbstständig angeordnet werden, wenn gegen den Täter ein Bußgeldverfahren nicht eingeleitet oder das Bußgeldverfahren eingestellt wird.

C. Berechnungsbeispiele

I.

Der Unternehmer setzt zum Beispiel einen Kraftfahrer in der Weise ein, dass dieser einen Lastzug elf Stunden in einer Arbeitsschicht lenkt. Um diesen Tatbestand zu verschleiern, weist er ihn an, keine Schaublätter in das Kontrollgerät einzulegen. Er begeht Zuwiderhandlungen gemäß Artikel 6 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3820/85 und Artikel 3 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3821/85 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 FPersG und § 9 Nr. 3 Buchst. b und § 10 Nr. 1 Buchst. a FPersV. Zwischen beiden Zuwiderhandlungen besteht Tateinheit. Hat der Unternehmer zehn Kraftfahrer in dieser Weise gleichzeitig eingesetzt, so hat er gleichfalls durch eine Handlung nur einmal die genannten Vorschriften tateinheitlich verletzt.

1. Zu berücksichtigende Bußgeldbeträge Euro
  Nr. 2.1 des Buß- und Verwarnungsgeldkataloges, Spalte "U"
(Nichteinhalten der höchstzulässigen Tageslenkzeit von zehn Stunden)
120
  Nr. 3.2 des Buß- und Verwarnungsgeldkataloges, Spalte "U"
(Nichtverwenden des Kontrollgeräts)
300
2. Berechnung der Geldbuße:  
  Höchster Einzelbetrag: 300
  dazu 50 Prozent * aus dem übrigen Einzelbetrag von 120 Euro = 60
________
  Geldbuße 360
     
3. Betrag der Geldbuße bei zehn Kraftfahrern:  
  Ausgangsbetrag (Geldbetrag für 1 Kraftfahrer vgl. Nr. 2) 360
  dazu 9 x 75 Prozent ** aus 360 Euro = 2.430
________
  Gesamtgeldbuße 2.790

II

Ein Unternehmer weist gleichzeitig fünf Kraftfahrer an, keine Schaublätter in das Kontrollgerät einzulegen. Er begeht somit eine Zuwiderhandlung nach Artikel 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 FPersG und § 10 Nr. 1 Buchst. a FPersV, die nur eine Gesetzesverletzung darstellt.

Berechnung der Geldbuße: Euro
Regelsatz (für 1 Kraftfahrer) Nr. 3.2 des Buß- und Verwarnungsgeldkataloges, Spalte "U"
(Nichtverwenden des Kontrollgeräts)
300
dazu 4 x 75 Prozent ** aus 300 Euro = 900
________
Gesamtgeldbuße 1.200

III.

Der Unternehmer hat es versäumt, die notwendige Reparatur am Kontrollgerät durchführen zu lassen. Während der Zeit, in der die Reparatur noch nicht erfolgt ist und das Kontrollgerät nichts mehr aufzeichnet, führt der Fahrer auf Anweisung des Unternehmers dennoch eine Beförderung durch, ohne dass der Unternehmer ihm Schaublätter aushändigt, damit er Nachweise führen kann. Bei dieser Beförderung lenkt er den Lastzug elf Stunden in der Schicht. Der Unternehmer begeht eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 16 Abs. 1 und Artikel 14 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3821/85 und Artikel 6 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3820/85 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 FPersG und § 10 Nr. 2 Buchst. b und d und § 9 Nr. 3 Buchst. b FPersV. Zwischen diesen Zuwiderhandlungen besteht Tateinheit.

1. Zu berücksichtigende Bußgeldbeträge: Euro
  Nr. 3.6 des Buß- und Verwarnungsgeldkataloges, Spalte "U"
(Unterlassen der Reparatur des Kontrollgeräts)
1.000
  Nr. 3.7 des Buß- und Verwarnungsgeldkataloges, Spalte "U"
(Nichtaushändigen von Schaublättern)
500
  Nr. 2.1 des Buß- und Verwarnungsgeldkataloges, Spalte "U"
(Nichteinhalten der zulässigen Tageslenkzeit von zehn Stunden)
120
2. Berechnung der Geldbuße:  
  Höchster Einzelbetrag: 1.000
  dazu 50 Prozent * aus den übrigen Einzelbeträgen von 620 Euro = 310
________
  Gesamtgeldbuße 1.310

IV.

Ein Kraftfahrer vergisst an einem Tag das Schaublatt in das Kontrollgerät einzulegen. An einem anderen Tag überschreitet er die Höchstdauer der Tageslenkzeit von zehn Stunden um zwei Stunden. Der Kraftfahrer begeht je eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 3 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3821/85 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 FPersG und § 10 Nr. 1 Buchst. a FPersV sowie Artikel 6 Abs. 1 Satz 2 VO (EWG) Nr. 3820/85 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Nr. 2 FPersG und § 9 Nr. 1 Buchst. c FPersV. Es liegt Tatmehrheit vor.

1. Gesondert*** festzusetzende Geldbußen: Euro
  Nr. 3.2 des Buß- und Verwarnungsgeldkataloges, Spalte " F"
(Nichtverwenden des Kontrollgeräts)
 
  Betrag: 150 Euro 150
  Nr. 2.1 des Buß- und Verwarnungsgeldkataloges, Spalte " F" (Tageslenkzeit)  
  4 x 30 Euro = 120

*) Vgl. A. Nr. 5.2

**) Vgl. a Nr. 5.1

***) Vgl. A. Nr. 5.3

weiter .

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