Regelwerk, Immissionsschutz

Durchführung der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft
- Nordrhein-Westfalen -

Vom 14. Oktober 1986
(MBl. NW. 1986 S. 1658; 1989 S. 1658; 1992 S. 452; 1993 S. 384; 09.04.1999 S. 666aufgehoben)


Gem. RdErl.
d. Ministers für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft - V B 1 - 8001.7.25.1 - (V Nr. 08/86)
u. d. Ministers für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie -133-81-3.7(19/86) -

Zur Auslegung und Anwendung der Ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - Ta Luft) vom 27.02.1986 (GMBl. S. 95) wird auf folgendes hingewiesen: 

1 Zu Nr. 1 (Anwendungsbereich):

Die Ta Luft ist grundsätzlich in allen von ihr erfaßten Fällen anzuwenden. Darüber hinaus kann sie als antizipiertes Sachverständigengutachten auch außerhalb ihres unmittelbaren Anwendungsbereichs Bedeutung haben. Sofern im Einzelfall ein Sachverhalt vorliegt, den der Normgeber nicht voraussehen konnte oder den er wegen seines seltenen Auftretens nicht regeln wollte, (atypischer Sachverhalt) oder wenn die getroffene Regelung nicht erschöpfend ist; kann von der Ta Luft abgewichen werden, sofern wesentliche Besonderheiten der Fallgestaltung dies rechtfertigen. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz ( BImSchG) ist dann ohne Bindung an die Interpretation und die Ermessensrichtlinien der allgemeinen Verwaltungsvorschrift durchzuführen.

2 Zu Nr. 2.1.5 (Emissionswerte und Emissionsbegrenzungen):

Die in der Ta Luft angegebenen Emissionswerte kennzeichnen den Stand der Technik zur Emissionsminderung (vgl. 3.1 Abs. 1). Sie sind Grundlagen für die im Genehmigungsbescheid oder in nachträglichen Anordnungen festzulegenden

Emissionsbegrenzungen. Werden die Emissionsbegrenzungen als zulässige Massenkonzentrationen angegeben, sind stets die Maßgaben aus 2.1.5 Abs. 2 Buchst a) ausdrücklich zu nennen; das gilt auch dann, wenn gemäß 3.2.2 lediglich Einzelmessungen durchgeführt werden und zur Beurteilung der Meßergebnisse auf 3.2.2.4 Abs. 2 zurückgegriffen werden kann.

3 Zu Nr. 2.2.1.1 (Prüfung von Gesundheitsgefahren):

3.1 Bei der Prüfung, ob die von der Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen Gesundheitsgefahren hervorrufen können, ist danach zu unterscheiden. ob für die emittierten Schadstoffe

  1. Immissionswerte in 2.5.1,
  2. Immissionswerte in 2.5.2 oder
  3. keine Immissionswerte in 2.5

festgelegt sind.

3.11 Soweit für die emittierten Schadstoffe Immissionswerte in 2.5.1 festgelegt sind, hängt die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens grundsätzlich davon ab, ob die Immissionswerte (IW1 und IW2) auf allen Beurteilungsflächen des Beurteilungsgebietes eingehalten sind. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn die unter Beachtung der Regelung in 2.6.5.1 Abs. 2 gewonnenen Kenngrößen für die Gesamtbelastung die Immissionswerte nicht überschreiten. Sind Kenngrößen für die Gesamtbelastung wegen geringer Emissionsmassenströme ( 2.6.1.1 Abs. 5) oder wegen einer Freistellung nach 2.6.2.1 Abs. 2 nicht zu bilden, entfällt ein Vergleich mit den Immissionswerten ein Genehmigungshindernis besteht dann insoweit nicht.

Einwendungen, daß Gesundheitsgefahren trotz Einhaltung der Immissionswerte nach 2.5.1 hervorgerufen werden könnten. ist nur nachzugehen, wenn ein atypischer, vom Vorschriftengeber nicht berücksichtigter Sachverhalt vorliegt Das kann der Fall sein, wenn sich im Einwirkungsbereich der Anlage Einrichtungen für besonders gesundheitsempfindliche Bewohner (z.B. Sanatorium für Atemwegkranke) befinden oder wenn die zu erwartenden Immissionen wegen einer außergewöhnlich ungleichmäßigen Schadstoffverteilung auf Teilen einzelner Beurteilungsflächen so konzentriert auftreten können, daß sie mit dem Beurteilungsverfahren nach 2.6 auch nicht annähernd zutreffend erfaßt werden können. Liegt ein atypischer Sachverhalt vor, ist wie bei Schadstoffen, für die Immissionswerte nicht festgelegt sind, eine Einzelfallprüfung nach 2.2.1.3 durchzuführen.

Überschreitet die Kenngröße für die Gesamtbelastung auf einer oder mehreren Beurteilungsflächen einen Immissionswert nach 2.5.1, kann die Genehmigung nur bei Vorliegen der Voraussetzungen nach 2.2.1.1 Buchst b, im Falle einer Änderungsgenehmigung auch bei Vorliegen der Voraussetzungen nach 2.2.3.2 Satz 3 erteilt werden.

3.12 Die Immissionswerte in 2.5.2 sind so festgelegt worden, daß bei ihrer Einhaltung im Regelfall der Schutz vor erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen sichergestellt ist Sie kennzeichnen nicht die Grenze der Gesundheitsgefahren, weil sie an Schutzgütern ausgerichtet sind, die auf Beeinträchtigungen durch Schadstoffe empfindlicher reagieren als die Gesundheit Werden die Immissionswerte in 2.5.2 eingehalten, ist stets anzunehmen, daß der erforderliche Gesundheitsschutz sichergestellt ist Liegt eine Grenzwertüberschreitung vor, ist bei hinreichenden Anhaltspunkten für mögliche gesundheitliche Beeinträchtigungen (vgl. Nr. 5.1.2 dieses RdErl.) eine Einzelfallprüfung nach 2.2.1.3 durchzuführen.

3.13 Werden gesundheitsgefährdende Schadstoffe emittiert, für die Immissionswerte in 2.5 nicht festgelegt sind, ist 2.2.1.3 anzuwenden. Danach ist eine Einzelfallprüfung erforderlich, wenn hinreichende Anhaltspunkte für schädliche Umwelteinwirkungen bestehen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere toxischen Stäuben und toxischen organischen Verbindungen Aufmerksamkeit zu widmen. Bei kanzerogenen Stoffen bestehen in der Regel dann keine hinreichenden Anhaltspunkte für Gesundheitsgefahren, wenn die Anforderungen nach 2.2.1.5 eingehalten sind (vgl. Nr. 7 dieses RdErl.).

3.2 In 2.2.1.1 Buchst b zeigt die Ta Luft die Möglichkeit auf, auch in Gebieten mit einer Überschreitung von Immissionswerten nach 2.5.1 neue Anlagen zuzulassen. Die Vorschrift beruht auf der Erkenntnis, daß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG eine Beurteilung verlangt ob der zu erwartende Immissionsbeitrag der Anlage geeignet ist, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen. Mit der Bestimmung wird zugleich deutlich gemacht, wie in überlasteten Gebieten eine schrittweise Sanierung herbeigeführt werden kann, ohne die weitere Industrielle Entwicklung zu unterbinden.

3.21 Die Regelung in 2.2.1.1 Buchst b kommt nicht zur Anwendung, wenn

  1. die Bestimmung von Kenngrößen für die Vorbelastung nach 2.6.1.1 Abs. 5 entfallen kann oder
  2. eine Kenngröße für die Vorbelastung lediglich außerhalb des Beurteilungsgebietes nach 2.6.2.2 überschritten ist oder
  3. die Kenngröße für die Vorbelastung nach 2.6.3.2 Abs. 1 Satz 1 so zu korrigieren ist, daß die Immissionswerte trotz überhöhter Vorbelastung nicht überschritten werden.

In diesen Fällen kann bereits nach 2.2.1.1 Buchst. a Satz 1 davon ausgegangen werden, daß der Schutz vor Gesundheitsgefahren durch die betroffenen Schadstoffe sichergestellt ist.

3.22 Als Voraussetzungen für die Genehmigungserteilung trotz Überschreitung eines Immissionswertes nach 2.5.1 werden

  1. die Begrenzung der Zusatzbelastung I1Z auf 1 v. H. der Immissionswertes IW1 und
  2. eine Verminderung der bestehenden Immissionsbelastung durch den betroffenen Schadstoff

genannt

3.221 Auf die Begrenzung der Zusatzbelastung I1Z ist auch dann abzustellen, wenn die Kenngröße für die Vorbelastung den Immissionswert IW2 überschreitet

Überschreitet die Zusatzbelastung I1Z des zu betrachtenden Schadstoffs auf der betroffenen Beurteilungsfläche 1 v. H. des Immissionswertes IW1, obwohl der Stand der Technik zur Emissionsminderung (§ 3 Abs. 6 BImSchG) eingehalten ist und die Ableitung der Abgase den Anforderungen nach 2.4 entspricht, so kann die Genehmigung nur bei weiteren Maßnahmen zur Verminderung der Zusatzbelastung erteilt werden. Dabei soll zunächst eine Verminderung der Emissionen angestrebt werden. Ist eine über den Stand der Technik hinausgehende Verminderung der Emissionen nicht oder nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand zu erreichen, so kann die Begrenzung der Zusatzbelastung auf 1 v.H. des Immissionswertes auch durch eine Verbesserung der Ableitbedingungen, insbesondere durch eine Erhöhung des Schornsteins, herbeigeführt werden (vgl. 2.4.2 Abs. 3). Nach 2.2.1.1 Buchst b Abs. 3 soll unter engen Voraussetzungen von der Begrenzung des Immissionsbeitrags auf 1 v.H. des Immissionswertes IW1 verzichtet werden können. Bevor von dieser Klausel Gebrauch gemacht wird, ist die Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde einzuholen.

3.222 Die in Doppelbuchst. bb geforderte Verminderung der Immissionen soll sicherstellen, daß in den überlasteten Gebieten nicht durch die Kumulation von vielen sehr kleinen Immissionsbeiträgen eine Verschlechterung eintritt, sondern daß die gewünschte allmähliche Sanierung gefördert wird.

Nach ihrem Zweck verlangt die Vorschrift eine Verminderung der Immissionen gegenüber dem Zustand, wie er in der Vergangenheit tatsächlich bestand. Verbesserungen gegenüber einem genehmigten, aber nicht verwirklichten Zustand sind nicht zu berücksichtigen.

Die Verminderung der Immissionen ist mit Hilfe der Ausbreitungsrechnung nach Anhang C festzustellen. Die Durchführung der vorgesehenen Maßnahmen muß im Genehmigungsbescheid zur Bedingung für die Inbetriebnahme oder für den Weiterbetrieb der Anlage gemacht sein. Bei Anlagen in Belastungsgebieten ist eine Bedingung jedoch dann nicht erforderlich, wenn die Immissionsverminderung durch die in einem Luftreinhalteplan festgelegten Maßnahmen sichergestellt ist; das ist der Fall, wenn entsprechende Anordnungen oder Auflagen getroffen worden sind, oder wenn aus anderen Gründen eine Bindung des Trägers der Verbesserungsmaßnahme besteht

Die Verminderung der Immissionen muß im Jahresmittel zu erwarten sein. Das gilt auch dann, wenn lediglich der IW2-Wert überschritten ist. Ob sich die Verminderung in der Kenngröße für die Gesamtbelastung auswirken würde, ist nicht ausschlaggebend; es genügt auch eine Immissionsverbesserung, die wegen der Rundungsregel in 2.6.5.1 Abs. 2 nicht zu einer Änderung der Kenngröße führt.

In der Regel muß die Verminderung der Immissionen spätestens 6 Monate nach Inbetriebnahme der Anlage eingetreten sein. Bei Maßnahmen im Rahmen eines Luftreinhalteplanes ist jedoch deren Durchführung innerhalb von 3 Jahren nach Inbetriebnahme der Anlage ausreichend.

Die Immissionsverminderung muß auf der Beurteilungsfläche zu erwarten sein, auf der der Immissionswert überschritten ist Dies gilt auch dann, wenn die Verbesserungen durch Maßnahmen aufgrund eines Luftreinhalteplanes zu erwarten sind. Verbesserungsmaßnahmen, zu denen der jeweilige Betreiber durch eine behördliche Entscheidung (Auflage, nachträgliche Anordnung) verpflichtet war, als der zu beurteilende Genehmigungsantrag gestellt wurde, sind nicht zu berücksichtigen ( 2.2.1.1 Buchst b Abs. 2 Satz 1). Dagegen kann eine vom Antragsteller selbst vorgesehene Maßnahme zur Verminderung der Immissionen berücksichtigt werden, auch wenn die Behörde sie bereits genehmigt hat Maßnahmen zur Verbesserung der Ableitbedingungen sind als Immissionsminderungsmaßnahmen dann nicht anzurechnen, wenn die Anlage in bezug auf den betroffenen Schadstoff nicht dem Stand der Technik entspricht ( 2.2.1.1 Buchst b Abs. 2 Satz 2). Diese Einschränkung gilt allerdings nicht, wenn eine weitere Emissionsverminderung gegenüber einer Verbesserung der Ableitbedingungen unverhältnismäßig wäre.

4 Zu Nr. 2.2.1.2 (Prüfung von erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen):

Bei der Prüfung, ob die von der Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen hervorrufen können, ist danach zu unterscheiden, ob für die emittierten Schadstoffe Immissionswerte in 2.5 festgelegt sind oder nicht.

4.1 Bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß durch Schadstoffe, für die in 2.5 keine Immissionswerte festgelegt sind, Schäden an Tieren, Pflanzen oder anderen Sachgütern (Nachteile) oder Beeinträchtigungen des menschlichen Wohlbefindens (Belästigungen) hervorgerufen werden können, so ist stets 2.2.1.3 anzuwenden.

4.2 Werden Schadstoffe emittiert, für die Immissionswerte in 2.5 festgelegt sind, so kann die Verursachung erheblicher Nachteile und erheblicher Belästigungen ausgeschlossen werden, soweit die für die einzelnen Beurteilungsflächen errechneten Kenngrößen der Zusatzbelastung I1Z die in Anhang a festgelegten Werte nicht überschreiten ( 2.2.1.2 Buchst. a Abs. 2 und 2.2.1.2 Buchst c). Eine Ausnahme gilt nur, soweit eine Kenngröße für die Vorbelastung der in 2.5.1 genannten Schadstoffe einen Immissionswert überschreitet; hier ist die Genehmigungsfähigkeit nur dann ohne weitere Prüfung anzunehmen, wenn die Voraussetzungen nach 2.2.1.1 Buchst. b vorliegen ( 2.2.1.2 Buchst. b).

4.3 Überschreitet die Zusatzbelastung die im Anhang a festgelegten Werte, übersteigen die Kenngrößen I1G und I2G auf den einzelnen Beurteilungsflächen aber nicht die Immissionswerte nach 2.5, so ist in diesen Bereichen der Schutz vor erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen durch die in 2.5 genannten Schadstoffe sichergestellt, es sei denn, auf den betroffenen Beurteilungsflächen befänden sich Tiere, Pflanzen oder andere Sachgüter, die gegenüber Schwefeldioxid, Fluorwasserstoff oder anorganischen gasförmigen Fluorverbindungen besonders empfindlich sind.

4.4 Kann für einzelne Beurteilungsflächen weder aufgrund der zu erwartenden geringen Zusatzbelastung (vgl. Nr. 4.2 dieses RdErl.) noch aufgrund der Einhaltung der Immissionswerte nach 2.5 (vgl. Nr. 4.3 dieses RdErl.) festgestellt werden, daß erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen nicht hervorgerufen werden können, so bedarf es bei hinreichenden Anhaltspunkten einer Einzelfallprüfung nach 2.2.1.3. Die Überschreitung der Zusatzbelastungswerte nach Anhang a rechtfertigt für sich allein nicht den Schluß, daß erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen zu besorgen sind. Überschreiten die Kenngrößen für die Gesamtbelastung die Immissionswerte nach 2.5.2, ist dagegen stets eine Einzelfallprüfung nach 2.2.1.3 erforderlich ( 2.2.1.2 Buchst d).

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