Durchführung der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (2)

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5 Zu Nr. 2.2.1.3 (Prüfung, soweit Immissionswerte nicht festgelegt sind, und Prüfung in Sonderfällen):

5.1 Eine Einzelfallprüfung nach 2.2.1.3 ist nur erforderlich, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, daß schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden können. Diese Anhaltspunkte können nicht allein daraus hergeleitet werden, daß auch Schadstoffe emittiert werden, für die Immissionswerte in 2.5 nicht festgelegt sind. Auch reicht es nicht aus, daß ein Fall vorliegt, für den in 2.2.1.1 oder 2.2.1.2 Buchstabe a Abs. 2 auf 2.2.1.3 verwiesen ist. Vielmehr müssen im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß durch bestimmte Schadstoffe, Gesundheitsgefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen verursacht werden.

Im einzelnen gilt folgendes:

5.11 Bei Schadstoffen, für die Immissionswerte nicht festgelegt sind, sind hinreichende Anhaltspunkte für eine Sonderprüfung gegeben" wenn nach der Art des Verfahrens, der eingesetzten Brenn- und Arbeitsstoffe oder der Produkte anzunehmen ist, daß bestimmte Stoffe in einer solchen Art und Menge emittiert werden, daß sie am Einwirkungsort zu Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen führen können. Das Erfordernis einer Sonderfallprüfung ist bei geruchsintensiven Stoffen in der Regel zu bejahen, wenn in Gebieten, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, mit Immissionskonzentrationen gerechnet werden muß, die in 2 % der Jahresstunden zu Überschreitungen der Geruchsschwelle führen (vgl. dazu Nr. 5.23 dieses RdErl.).

5.12 Ist zu prüfen, ob Gesundheitsgefahren durch die in 2.5.2 genannten Stoffe hervorgerufen werden können (vgl. 2.2.1.1 Buchst. a Satz 2), liegen hinreichende Anhaltspunkte für eine Sonderprüfung z.B. vor, wenn einzelne Personen einen wesentlichen Teil ihrer Nahrungsmittel aus Gebieten mit Immissionswertüberschreitungen beziehen und wenn dort bereits eine so hohe Bodenbelastung mit Schwermetallen besteht, daß die Nahrungsmittel für den menschlichen Verzehr möglicherweise nicht mehr geeignet sind.

5.13 Bei Überschreitung der Zusatzbelastungswerte nach Anhang a für Schwefeldioxid oder Fluorwasserstoff und anorganische gasförmige Fluorverbindungen ( 2.2.1.2 Buchst a Abs. 2) kommt eine Sonderprüfung in Betracht, wenn

  1. aufgrund der vorliegenden Unterlagen oder anderer Feststellungen anzunehmen ist, daß sich besonders empfindliche Tiere, Pflanzen oder Sachgüter im Einwirkungsbereich der Anlage (Beurteilungsgebiet nach 2.6.2.2) befinden,
  2. nach überschlägiger Ermittlung Immissionskonzentrationen an Schwefeldioxid, Fluorwasserstoff und anorganischen gasförmigen Fluorverbindungen auftreten können, die zu Schäden an den vorhandenen Pflanzen, Tieren oder Sachgütern führen oder vorhandene Schäden verstärken können (vgl. die Richtlinien VDI 2310 Bl. 2 E, VDI 2310 Bl. 3 und VDI 2310 Bl. 26), und
  3. die möglichen Schäden als erheblicher Nachteil für die Nachbarschaft oder die Allgemeinheit zu werten wären.

5.2 Die Prüfung nach 2.2.1.3 besteht aus der Ermittlung der zu erwartenden Einwirkungen und der Beurteilung, ob diese Einwirkungen als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen sind.

5.21 Im Rahmen der Sachverhaltsermittlung ist die zu erwartende Immissionsbelastung, soweit sie durch die Emissionen der Anlage relevant beeinflußt werden kann, durch Rechnungen und ggf. auch durch Messungen festzustellen. Diese Immissionsprognose ist jedoch auf die Teile des Beurteilungsgebietes zu beschränken, für die eine Einzelfallprüfung geboten ist Darüber hinaus sind die Wirkungen zu ermitteln, die bei den konkreten örtlichen Verhältnissen auftreten können. Schließlich können auch Feststellungen über die Eintrittsvoraussetzungen möglicher schädlicher Wirkungen geboten sein.

5.22 Bei der Beurteilung der zu erwartenden Einwirkungen ist zwischen möglichen Gesundheitsbeeinträchtigungen einerseits und Beeinträchtigungen des menschlichen Wohlbefindens oder der Nutzbarkeit von Pflanzen, Tieren oder Materialien andererseits zu unterscheiden.

5.221 Gesundheitsgefahren sind stets als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen. Eine Gefahr ist jedoch nur bei einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt gegeben. Je schwerwiegender der nicht auszuschließende Gesundheitsschaden ist, desto weniger wahrscheinlich darf ein Schadenseintritt sein.

Bestehen Anhaltspunkte dafür, daß schädliche Umwelteinwirkungen durch einen der nachstehenden Stoffe hervorgerufen werden, sind folgende Orientierungswerte zur Bewertung der Auswirkungen auf die genannten Schutzgüter heranzuziehen:

Stoff Wert Definition Schutzgut
Ammoniak (NH3) 350 µg/m3 Tagesmittelwert Vegetation
75 µg/m3 Jahresmittelwert landwirtschaftliche Nutzpflanzen.
10 µg/m3 Jahresmittelwert empfindliche Ökosysteme
Dioxine/ Furane 15 pg TE/m2d Jahresmittelwert Mensch 
Nickel/ -verbindungen, angegeben als Ni 10 ng/m3 Jahresmittelwert Mensch 
Quecksilber/ -verbindungen 50 ng/m3 Jahresmittelwert Mensch
1 µg/m2d Jahresmittelwert Mensch, Tier, Pflanze
Styrol 60 µg/m3 Jahresmittelwert Mensch (soll auch kurzzeitig nicht überschritten werden  
Tetrachlorethen 10 µg/m3 Jahresmittelwert Mensch
3,5 mg/m3 Halbstundenmittelwert Mensch

Bei Überschreitung der Orientierungswerte kann nicht in jedem Fall davon ausgegangen werden, daß schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden. Vielmehr sind dann weitere Untersuchungen durchzuführen.

5.222 Beeinträchtigungen des Wohlbefindens oder der Nutzbarkeit von Sachen sind nur dann als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen, wenn sie für die Nachbarschaft unzumutbar sind oder das Gemeinwohl beeinträchtigen. Wann das der Fall ist, hängt von der jeweiligen örtlichen und zeitlichen Situation ab. Einige der zu berücksichtigenden Gesichtspunkte sind in 2.2.1.3 Abs. 4 und 5 aufgeführt Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend. Über Abs. 4 und 5 hinaus können noch zu berücksichtigen sein

5.23 Besondere Schwierigkeiten bereitet die Beurteilung von Geruchsbelästigungen. Ob derartige Belästigungen als erheblich und damit als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen sind, hängt nicht nur von der jeweiligen Immissionskonzentration, sondern auch von der Geruchsart, der tages- und jahreszeitlichen Verteilung der Einwirkungen, dem Rhythmus, in dem die Belästigungen auftreten, der Nutzung des beeinträchtigten Gebietes, der historischen Entwicklung der unterschiedlichen Nutzungen (Industrie und Wohnsiedlung) und den Möglichkeiten zur Befolgung des Rücksichtnahmegebots im Nachbarschaftsverhältnis ab.

6 Zu Nr. 2.2.1.4 (Vorsorge):

6.1 Zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen sind stets die Anforderungen zur Begrenzung der Emissionen nach 3 und die Anforderungen in 2.4 an die Ableitung der Abgase einzuhalten. Weitergehende Maßnahmen kommen nicht nur in den in 2.2.1.4 Abs. 2 und 3 genannten Fällen in Betracht, sondern auch dann, wenn dies in 3 vorgesehen ist (vgl. insbesondere die Anforderungen zur Stickstoffoxidemissionsminderung in 3.3.1.2.1, 3.3.1.2.2, 3.3.1.4.1, 3.3.1.5.1 u. a.) oder wenn besondere Umstände vorliegen, z.B. wenn es sich um besonders schutzbedürftige Gebiete handelt oder wenn weitere Vorsorge zur Verwirklichung der Ziele eines Luftreinhalteplanes geboten ist 

6.2 Die Regelung in 2.2.1.4 Abs. 3 dient der möglichst weitgehenden Erhaltung von Gebieten mit geringer Schwefeldioxidbelastung als Raum für empfindliche Tiere und Pflanzen. Die Vorschrift begründet kein Genehmigungshindernis, sondern verlangt zusätzliche Maßnahmen zur Verminderung der Schwefeldioxidbelastung, soweit diese im Einzelfall mit einem verhältnismäßigen Aufwand durchführbar sind.

Die Immissionskonzentrationswerte von 0,05 oder 0,06 mg/m3 sind keine Immissionswerte, die mit den in 2.5 genannten Werten vergleichbar sind. Sie sollen nur die großflächige Luftqualität kennzeichnen. Ob die Immissionsbelastung durch Schwefeldioxid im Jahresmittel die Massenkonzentration von 0,05 oder 0,06 mg/m2 nicht überschreitet, braucht deshalb nicht durch einen Vergleich mit Immissionskenngrößen festgestellt zu werden, die unter genauer Beachtung von 2.6 ermittelt worden sind. Gefordert wird nur eine überschlägige Betrachtung (orientierende Ermittlung). Entscheidend ist letztlich, daß in größeren zusammenhängenden Gebieten, in denen die Immissionsbelastung heute noch unter 0,05 mg SO2/m3 liegt, ein langfristiger Anstieg über 0,05 mg SO2/m3 und in Gebieten, in denen die Belastung zwischen 0,05 und 0,06 mg SO2/m3 liegt, ein langfristiger Anstieg über 0,06 mg SO2/m3 vermieden werden soll.

7 Zu Nr. 2.2.1.5 (Krebserzeugende Stoffe):

Bei krebserzeugenden Stoffen lassen sich noch keine Immissionskonzentrationen angeben, bei deren Unterschreitung schädliche Umwelteinwirkungen ausgeschlossen werden können. Die Ta Luft stellt deshalb nur Anforderungen an die Emissionsbegrenzung und an die Ableitung derartiger Stoffe. Diese Anforderungen sind so festgelegt, daß bei ihrer Einhaltung in der Regel die Genehmigung für Errichtung und Betrieb der Anlage nicht versagt werden darf. Bestehen Anhaltspunkte dafür, daß eine eindeutig über dem allgemeinen Grundpegel liegende Vorbelastung durch krebserzeugende Stoffe gegeben ist, muß eine Prüfung nach 2.2.1.3 vorgenommen werden.

8 Zu Nr. 2.2.2 (Prüfung der Anträge auf Erteilung einer Teilgenehmigung oder eines Vorbescheides):

8.1 Bei der in Satz 1 geforderten Anwendung von 2.2.1 ist danach zu unterscheiden, ob es sich um die Entscheidung über die Erteilung eines Vorbescheides oder einer Teilgenehmigung handelt.

8.11 Ist über die Erteilung eines Vorbescheides zu entscheiden, findet 2.2.1 wegen der Vorschrift des § 9 Abs. 3 BImSchG, wonach u. a. § 6 BImSchG sinngemäß gilt, nur entsprechend Anwendung. In welchem Umfang dabei die in 2.2.1 genannten Anforderungen zu beachten sind, hängt von dem beantragten Gegenstand des Vorbescheides ab.

  1. Bezieht sich der beantragte Vorbescheid auf die Frage, ob sichergestellt ist, daß die von der Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen keine schädlichen Umwelteinwirkungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorrufen können, so ist nur 2.2.1 Buchst. a anzuwenden. Bei der zur Entscheidung dieser Einzelfrage erforderlichen Prüfung sind deshalb die Vorschriften in 2.2.1.1, 2.2.12, 2.2.1.3 und 2.2.1.5 zu beachten.

    Das gleiche gilt, wenn beantragt wird, über den Standort der Anlage im Hinblick auf die Anforderungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zur Luftreinhaltung zu entscheiden.

  2. Bezieht sich der beantragte Vorbescheid auf die Frage, ob bei einem bestimmten Anlagenkonzept die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung getroffen sind, so ist nur 2.2.1 Buchst. b anzuwenden. Daher sind bei der Entscheidung über diese Genehmigungsvoraussetzung die Vorschriften in 2.2.1.4, 2.3, 3.1 und 3.3 zu beachten.

8.12 Ist die Erteilung einer Teilgenehmigung beantragt, so müssen hinsichtlich des Teilbereichs der Anlage, über den durch sie abschließend entschieden werden soll, alle Anforderungen nach 2.2.1 erfüllt sein.

8.2 Eine Entscheidung über die Erteilung eines Vorbescheides oder einer Teilgenehmigung darf nur getroffen werden, wenn eine vorläufige Prüfung ergibt, daß über den jeweils beantragten Regelungsgegenstand hinaus die in 2.2.1 genannten Anforderungen in bezug auf die gesamte Anlage vorliegen werden.

9 Zu Nr. 2.2.3 (Prüfung der Anträge auf Erteilung einer Änderungsgenehmigung):

9.1 In 2.2.3 ist noch nicht die Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes durch das Gesetz vom 9. Oktober 1996 (BGBl. I S. 1498) berücksichtigt. Nach § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG ist eine Änderung nur wesentlich, wenn durch sie nachteilige Auswirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblich sein können. Werden in einem zeitlichen oder betriebstechnischen Zusammenhang mehrere Änderungen durchgeführt, sind sie insgesamt zu beurteilen. Danach kann eine wesentliche Änderung vorliegen, auch wenn die einzelnen Maßnahmen für sich betrachtet unbedeutend sind.

Ergibt sich die Wesentlichkeit einer Änderung aus einem anderen Gesichtspunkt als dem der Luftreinhaltung (z.B. wegen zusätzlicher Lärmemissionen oder wegen zusätzlicher sonstiger Gefahren), so ist auch eine Prüfung im Hinblick auf die Anforderungen zur Luftreinhaltung erforderlich.

9.2 Die Regelung in 2.2.3.1 Abs. 3 beruht auf dem Umkehrschluß aus § 17 Abs. 4 BImSchG. Bei ihrer Anwendung ist zu beachten, daß in bezug auf die mit der nachträglichen Anordnung geforderte Änderung der Anlage die Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG entfällt und deshalb sonstige Genehmigungen (z.B. Baugenehmigung) erforderlich sein können.

9.31 Die Regelung in 2.2.3.2 Satz 1 bezieht sich auf den Gegenstand der beantragten Änderungsgenehmigung. Dies bedeutet, daß in bezug auf die Anlagenteile und Verfahrensschritte, die geändert werden sollen, sowie in bezug auf die Anlagenteile und Verfahrensschritte, auf die sich die Änderung auswirken wird, die in 2.2.1 genannten, den Antragsgegenstand betreffenden Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sein müssen. Bei den Anlagenteilen und Verfahrensschritten, auf die sich die Änderungen auswirken, ist außerdem zu prüfen, inwieweit andere Anforderungen nach 3 nicht erst entsprechend 4.2 zu einem späteren Zeitpunkt, sondern in vollem Umfang bereits aus Anlaß der Änderungsgenehmigung zu verlangen sind ( 2.2.3.2 Satz 2). Anlagenteile und Verfahrensschritte, auf die sich die Änderung nicht auswirkt, bleiben in diesem Zusammenhang unberücksichtigt Nachträgliche Anordnungen gemäß 4.2 können aber unter Gewährung der dort vorgesehenen Fristen gleichzeitig mit der Erteilung der Genehmigung getroffen werden; sie sind dann selbständig anfechtbar.

In bezug auf den Gegenstand der Änderungsgenehmigung finden die der Konkretisierung der Anforderungen nach 2.2.1 dienenden Vorschriften Anwendung. Dies gilt auch für die Regelung in 2.2.1.1 Buchst b. Daher darf z.B. die Änderungsgenehmigung zur Erweiterung einer bestehenden Anlage trotz vorhandener Überschreitung eines Immissionswertes nach 2.5.1 nicht versagt werden, wenn der Immissionsbeitrag I1Z der hinzukommenden Anlagenteile nicht größer als 1 v. H. des Immissionswertes IW1 ist und eine Verminderung der vorhandenen Immissionsbelastung durch den betreffenden Schadstoff gemäß 2.2.1.1 Buchst b. Doppelbuchst bb sichergestellt ist

9.32 Die Regelung in 2.2.3.2 Satz 3 zeigt eine weitere Möglichkeit auf, in Gebieten mit Immissionswertüberschreitungen Änderungsgenehmigungen erteilen und hierdurch eine allmähliche Verbesserung der Immissionsbelastung erreichen zu können.. Diese Regelung beruht auf dem der Vorschrift in 2.2.3.1 Abs. 3 zugrunde liegenden Umkehrschluß aus § 17 Abs. 4 BImSchG. Bestimmt nämlich die zuständige Behörde beim Erlaß einer nachträglichen Anordnung nach § 17 Abs. 1 BImSchG abschließend, welche konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Emissionsverhältnisse der Anlage zu treffen sind, so können die hierzu erforderlichen Änderungen gemäß § 17 Abs. 4 BImSchG auch dann ohne Änderungsgenehmigung durchgeführt werden, wenn sie nicht zur Einhaltung der Immissionswerte führen. Es genügt, wenn die angeordneten Maßnahmen bewirken, daß die für die Immissionswertüberschreitung kausalen Immissionsbeiträge der Anlage möglichst weitgehend vermindert werden. Hieraus folgt, daß auch solche Änderungen als genehmigungsfähig anzusehen sind, die der Anlagenbetreiber ausschließlich oder weit überwiegend zum Zwecke der Verminderung der Immissionen selbst beantragt

9.321 Im Falle der Überschreitung von Immissionswerten nach 2.5.1 sind nur solche Änderungen genehmigungsfähig, die

  1. den Anforderungen nach 2.2.1.1 Buchst. b oder
  2. den Anforderungen nach 2.2.3.2 Satz 3 genügen.

9.322 Im Falle der Überschreitung von Immissionswerten nach 2.5.2 sind neben den in 2.2.3.2 Satz 3 genannten Änderungen auch solche genehmigungsfähig, die die Voraussetzungen

  1. 2.2.1.2 Buchst c oder
  2. 2.2.1.2 Buchst d

erfüllen.

9.323 Soweit 2.2.3.2 Satz 3 anzuwenden ist, ist in der Regel mit Hilfe der Ausbreitungsrechnung nach Anhang C festzustellen, ob die Änderung zu einer Verminderung der Immissionen führt Das Erfordernis der Immissionsverminderung ist erfüllt, wenn hinsichtlich des Schadstoffs, dessen Kenngröße für die Vorbelastung auf einer Beurteilungsfläche einen Immissionswert überschreitet, nach dem Ergebnis der Ausbreitungsrechnung der Immissionsbeitrag der zu betrachtenden Anlage durch die beantragte Änderung auf dieser Beurteilungsfläche abnimmt Nicht erforderlich ist, daß sich die Verminderung in der Kenngröße für die Gesamtbelastung niederschlägt.

Die Verminderung der Immissionen muß sich im Unterschied zu der Regelung in 2.2.1.1 Buchst. b Doppelbuchst bb nicht im Jahresmittel auswirken. Es genügt wenn die Änderung zu einer Verminderung der kurzzeitigen Belastung führt.

10 Zu Nr. 2.3 (Krebserzeugende Stoffe):

Der Begrenzung von Emissionen krebserzeugender Stoffe ist bei der Genehmigung und bei der Überwachung von Anlagen besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

Als krebserzeugend gelten Stoffe,

  1. die erfahrungsgemäß bei Menschen bösartige Geschwülste verursachen können oder
  2. die sich im Tierversuch eindeutig als krebserzeugend erwiesen haben, und zwar unter Bedingungen, die der möglichen Exponierung des Menschen am Arbeitsplatz vergleichbar sind, oder unter Bedingungen, aus denen Vergleichbarkeit abgeleitet werden kann.

Zur Prüfung der Frage, ob ein Stoff krebserzeugend ist, sind die MAK-Werte-Liste (Teil III a 1 und a 2), die TRGS 905 und die Bekanntmachung der Liste der gefährlichen Stoffe und Zubereitungen nach § 5 der Gefahrstoffverordnung heranzuziehen. Grundsätzlich sollen alle Listen als Informationsquellen genutzt werden. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob in der Bekanntmachung nach § 5 der Gefahrstoffverordnung oder in der TRGS 905 Informationen zu der in Frage stehenden Substanz enthalten sind. Ist dies nicht der Fall, sind die gegebenenfalls in der MAK-Werte-Liste vorhandenen Informationen zur Bewertung heranzuziehen. Stufen die Bekanntmachung nach § 5 der Gefahrstoffverordnung oder die TRGS 905 einen Stoff abweichend von MAK nicht als krebserzeugend ein, so sind gleichwohl die MAK-Regelungen der Bewertung zugrunde zu legen, da in der Ta Luft in der derzeit gültigen Fassung ausdrücklich auf die MAK-Werte-Liste als maßgebliche Erkenntnisquelle verwiesen wird

Soweit in 2.3 Abs. 3 krebserzeugende Stoffe im Sinne von a) oder b) nicht aufgeführt sind, gilt für sie der stets anzuwendende Grundsatz, daß die Emissionen krebserzeugender Stoffe unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit so weit wie möglich zu begrenzen sind. Die unter 2.3 Abs. 3 genannten Massenkonzentrationswerte sind als Obergrenzen anzusehen, die nur überschritten werden dürfen, wenn hierfür in Abschnitt 3.3 eine besondere Regelung getroffen worden ist (vgl. 3.3.4.1h.1 und 3.3.4.1h2 Abs. 3 Buchst a bis c).

Nach 2.3 Abs. 3 dürfen die Massenkonzentrationen von Asbest im Abgas bei einem Massenstrom von 0,5 g/h oder mehr 0,1 mg/m3 nicht überschreiten. Hierbei handelt es sich um eine Mindestanforderung. Deren Einhaltung ist heute jedoch nicht mehr ausreichend. Nach den inzwischen vorliegenden Erkenntnissen ist eine Emissionsbegrenzung von Asbest als Feinstaub auf 0,01 mg/m3 generell mit einem verhältnismäßigen Aufwand einhaltbar. Daher ist eine entsprechende Emissionsbegrenzung als Folge des Minimierungsgebotes nach 2.3 Abs. 1 bei der Genehmigung von Neuanlagen allgemein zu fordern. Bei bestehenden Anlagen sollen Anordnungen nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BImSchG erlassen werden. Mit den nachträglichen Anordnungen soll gefordert werden, daß die Emissionen an Asbest die genannte Massenkonzentration spätestens ab dem 31.12.1995 nicht überschreiten, soweit die Anlagen über diesen Termin hinaus betrieben werden dürfen.

11 Zu Nr. 2.4 (Ableitung von Abgasen):

11.1 Bei der Berechnung der Schornsteinhöhe sind jeweils die für die Luftreinhaltung bei bestimmungsgemäßem Betrieb ungünstigsten Betriebsbedingungen zugrunde zu legen. Das gilt auch dann, wenn besonders hohe Emissionsmassenströme nur während weniger Jahresstunden erreicht werden können und dürfen.

11.2 Ergibt sich bei Anwendung des Nomogramms nach 2.4.3 eine größere Schornsteinhöhe als 200 m, so sind weitergehende Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung zu fordern, soweit diese mit einem verhältnismäßigen Aufwand durchgeführt werden können; die Schornsteinhöhe ist dann entsprechend dem verringerten Emissionsmassenstrom festzulegen.

11.3 Der Emissionsmassenstrom von anderen als Feuerungsanlagen ist im Sinne von 2.4.2 Abs. 5 gering, wenn der Wert Q/S im Nomogramm nach 2.4.3 nicht mehr erfaßt ist, dieser Wert also kleiner als 10 kg/h ist.

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