Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Gerichtsvollzieherwesens

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

Gesetzentwurf des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Gerichtsvollzieherwesens

Der Bundesrat hat in seiner 833. Sitzung am 11. Mai 2007 beschlossen, den beigefügten Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.

Anlage
Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Gerichtsvollzieherwesens

Vom ...

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Gerichtsvollziehergesetz

Teil 1
Das Amt des Gerichtsvollziehers

Abschnitt 1
Bestellung zum Gerichtsvollzieher

§ 1 Stellung des Gerichtsvollziehers

§ 2 Aufgaben des Gerichtsvollziehers

§ 3 Unvereinbare Tätigkeiten

§ 4 Staatliche Bedürfnisprüfung

§ 5 Bestellung der Gerichtsvollzieher

§ 6 Stellenausschreibung

§ 7 Amtseid

§ 8 Amtsbereich

§ 9 Geschäftsstelle

§ 10 Örtliche Zuständigkeit

§ 11 Gemeinsame Berufsausübung

Abschnitt 2
Amtspflichten als Gerichtsvollzieher

§ 12 Allgemeine Amtspflichten

§ 13 Persönliche Amtsausübung

§ 14 Genehmigungspflichtige Tätigkeiten

§ 15 Amtsverschwiegenheit

§ 16 Verpflichtung der Beschäftigten und Nachwuchskräfte

§ 17 Fortbildungspflicht

§ 18 Nachwuchsausbildung

§ 19 Werbung

§ 20 Amtshaftung

§ 21 Berufshaftpflichtversicherung

Abschnitt 3
Amtstätigkeit und Verfahren

§ 22 Amtssiegel und Amtsstempel

§ 23 Dienstausweis

§ 24 Amtsschild, Namensschild

§ 25 Pfandkammer

§ 26 Ausschließung von der Amtsausübung

§ 27 Erledigung des Auftrags

§ 28 Amtshandlungen gegenüber Personen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind

§ 29 Akten- und Buchführung

§ 30 Dauer der Aufbewahrung

§ 31 Ausländische Zustellungen und Schuldtitel

§ 32 Dienstordnung

Abschnitt 4
Abwesenheit und Verhinderung

§ 33 Anzeige von Abwesenheit und Verhinderung

§ 34 Bestellung eines Vertreters

§ 35 Amtsausübung des Vertreters

§ 36 Vergütung des Vertreters

§ 37 Dauer der Amtsbefugnis des Vertreters

Abschnitt 5
Erlöschen des Amtes

§ 38 Gründe für das Erlöschen des Amtes

§ 39 Altersgrenze

§ 40 Entlassung

§ 41 Amtsverlust durch Strafurteil

§ 42 Amtsenthebung

§ 43 Vorübergehende Amtsniederlegung

§ 44 Neubestellung nach vorübergehender Amtsniederlegung

§ 45 Verwahrung von Akten und Pfandgegenständen

§ 46 Weiterführung der Amtsbezeichnung

§ 47 Übernahme von Amtsräumen und Personal

§ 48 Vorläufige Amtsenthebung

§ 49 Verwaltung des Gerichtsvollzieheramtes

§ 50 Bestellung und Stellung des Verwalters

§ 51 Fortführung der Amtsgeschäfte, Kostenforderungen

§ 52 Vergütung und Abrechnung des Verwalters

§ 53 Überschüsse aus Verwaltungen

§ 54 Dauer der Amtsbefugnis des Verwalters

§ 55 Amtspflichtverletzung des Verwalters

§ 56 Zuständigkeit für Streitigkeiten mit dem Verwalter

Abschnitt 6
Verwaltungsverfahren, Personalakten

§ 57 Ermittlung des Sachverhalts

§ 58 Personenbezogene Informationen

§ 59 Personalakten

§ 60 Anhörungspflicht

§ 61 Einsichtsrecht

§ 62 Vorlage an Dritte

§ 63 Entfernung unbegründeter oder ungünstiger Inhalte

§ 64 Automatisierte Verarbeitung von Personalaktendaten

Teil 2
Gerichtsvollzieherkammern und Bundesgerichtsvollzieherkammer

Abschnitt 1
Gerichtsvollzieherkammer

§ 65 Bildung und Sitz der Gerichtsvollzieherkammer

§ 66 Stellung der Gerichtsvollzieherkammer

§ 67 Aufgaben der Gerichtsvollzieherkammer

§ 68 Organe der Gerichtsvollzieherkammer

§ 69 Aufgaben und Zusammensetzung des Vorstandes

§ 70 Verschwiegenheitspflicht des Vorstandes

§ 71 Bildung von Abteilungen

§ 72 Stellung und Aufgaben des Präsidenten

§ 73 Einberufung und Aufgaben der Kammerversammlung

§ 74 Satzung der Gerichtsvollzieherkammer

§ 75 Beiträge an die Gerichtsvollzieherkammer

§ 76 Befugnisse der Gerichtsvollzieherkammer

§ 77 Ermahnung

Abschnitt 2
Bundesgerichtsvollzieherkammer

§ 78 Zusammenschluss und Sitz der Bundesgerichtsvollzieherkammer

§ 79 Stellung der Bundesgerichtsvollzieherkammer

§ 80 Aufgaben der Bundesgerichtsvollzieherkammer

§ 81 Organe der Bundesgerichtsvollzieherkammer

§ 82 Präsidium

§ 83 Verschwiegenheitspflicht

§ 84 Aufgaben des Präsidenten und des Präsidiums

§ 85 Beschlüsse der Bundesgerichtsvollzieherkammer

§ 86 Vertreterversammlung

§ 87 Einberufung und Beschlussfassung der Vertreterversammlung

§ 88 Beschlüsse der Vertreterversammlung

§ 89 Berichterstattung des Präsidiums

§ 90 Ehrenamtliche Tätigkeit der Organe

§ 91 Satzung

§ 92 Einforderung von Berichten und Gutachten

§ 93 Beiträge an die Bundesgerichtsvollzieherkammer

Teil 3
Rechtsaufsicht, Disziplinarverfahren

Abschnitt 1
Rechtsaufsicht

§ 94 Aufsichtsbehörden

§ 95 Prüfung und Überwachung der Amtsführung

§ 96 Missbilligung

Abschnitt 2
Disziplinarverfahren

§ 97 Dienstvergehen

§ 98 Verfolgungsverjährung

§ 99 Disziplinarmaßnahmen

§ 100 Zuständigkeit für Disziplinarverfügungen

§ 101 Ergänzende Vorschriften

Teil 4
Übergangsbestimmungen

§ 102 Übergangsregelung zum Bestellungsverfahren

§ 103 Übergangsregelung zur Schaffung der Gerichtsvollzieherkammern und der Bundesgerichtsvollzieherkammer

§ 104 Anwendung des Gerichtsvollziehergesetzes auf beamtete Gerichtsvollzieher

§ 105 Einkommenssicherung für ehemals beamtete Gerichtsvollzieher

§ 106 Rückkehrmöglichkeit in das Beamtenverhältnis

Teil 5
Schlussbestimmungen

§ 107 Rechtsmittel und Rechtsbehelfe

§ 108 Übertragung von Befugnissen

Artikel 2
Änderung des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs

Artikel 3
Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes

Artikel 4
Änderung der Zivilprozessordnung

Die Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3202; 2006 I S. 431), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:

Artikel 5
Änderung des Gerichtsvollzieherkostengesetzes

Das Gerichtsvollzieherkostengesetz vom 19. April 2001 (BGBl. I S. 623), zuletzt geändert durch , wird wie folgt geändert:

Artikel 6
Änderung des Rechtspflegergesetzes

In § 21 des Rechtspflegergesetzes vom 5. November 1969 (BGBl. I S. 2065), das zuletzt durch . geändert worden ist, wird nach Nummer 2 folgende Nummer 2a eingefügt:

Artikel 7
Änderung des Umsatzsteuergesetzes

§ 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 2005 (BGBl. I S. 386), das zuletzt durch geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

Artikel 8
Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Notwendigkeit einer strukturellen Reform

Die Justizgewährleistungspflicht verpflichtet den Staat, dem Gläubiger adäquate Verfahren zur Durchsetzung seiner Forderungen gegenüber dem Schuldner zur Verfügung zu stellen. Dabei kommt es für den Gläubiger nicht in erster Linie darauf an, dass seine Forderung in einem Erkenntnisverfahren binnen angemessener Zeit tituliert wird. Viel entscheidender ist regelmäßig, dass der erlangte Titel erfolgreich vollstreckt werden kann. Im Zentrum der Zwangsvollstreckung steht der Gerichtsvollzieher, der als einziges Vollstreckungsorgan in persönlichen Kontakt mit dem Schuldner tritt und dem, vor allem durch seine Zuständigkeit zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung, besondere Aufgaben bei der Ermittlung von Vollstreckungsobjekten zukommen. Als Gerichtsvollzieher sind derzeit Landesbeamte in einer Sonderlaufbahn des mittleren Justizdienstes (Besoldungsgruppen A 8 bis A 9 + Amtszulage) tätig. Sie nehmen innerhalb der Beamten eine Sonderstellung ein, da sie ihr Amt unabhängig von Einzelweisungen ausüben. Organisatorisch sind sie aus den Gerichten ausgegliedert; sie unterhalten ein Geschäftszimmer auf eigene Rechnung und haben auf eigene Kosten Büro- und Schreibhilfen zu beschäftigen (§§ 45, 46, 49 GVO). Zur Erstattung der damit verbundenen Aufwendungen erhalten sie eine Ausgleichszahlung der Landesjustizverwaltung (Bürokostenentschädigung). Dieses System, das auf die 1950er Jahre zurückgeht, bedarf grundlegender Reformen, um die Effizienz der Zwangsvollstreckung zu erhalten und zu verbessern.

1. Probleme des gegenwärtigen Systems

Ein Reformbedarf besteht bereits in formalrechtlicher Hinsicht. Das gegenwärtige Gerichtsvollziehersystem gründet sich im Wesentlichen auf Verwaltungsvorschriften. Durch formelles Gesetz sind derzeit lediglich die Zuständigkeit für den Erlass dieser Verwaltungsvorschriften (§ 154 GVG) sowie die Ausschließung des Gerichtsvollziehers (§ 155 GVG) geregelt. Die Vereinbarkeit dieses Regelungskonzepts mit der Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts wird bezweifelt (Scholz, DGVZ 2003, 97, 98).

Ein weit größerer Handlungsbedarf ergibt sich aus der Belastungssituation der Gerichtsvollzieher. Deren Tätigkeit gehört angesichts der umfangreichen Außendienstaufgaben, des Einsatzes von Zwangsmitteln sowie der Übertragung wesentlicher neuer Aufgabenfelder durch die 2. Zwangsvollstreckungsnovelle zu den anspruchsvolleren Aufgaben im mittleren Dienst der Justiz. Sie erfordert fundiertes fachliches Wissen, Verantwortungsbewusstsein und soziale Kompetenz. Die daraus resultierende Belastung wird durch einen anhaltend hohen Geschäftsanfall verstärkt. Nach einem leichten Rückgang im Jahr 2000 hat sich die Zahl der Zwangsvollstreckungsaufträge bundesweit bei knapp unter 9 Millionen jährlich stabilisiert. Hinzu kommen jährlich fast 4 Millionen Anträge auf Abnahme der eidesstattlichen Versicherung und gut 4,5 Millionen Zustellungsaufträge, von denen allerdings nur die Hälfte persönlich bewirkt wird. Trotz dieser hohen Geschäftsbelastung konnte zwar in den vergangenen Jahren die Pro-Kopf-Belastung des Gerichtsvollziehers nach dem Bad Nauheimer Schlüssel schrittweise reduziert werden. Dies ist allerdings im Wesentlichen auf den Umstand zurückzuführen, dass der Gerichtsvollzieherdienst als einer der wenigen Bereiche der Justiz seit der 2. Zwangsvollstreckungsnovelle in allen Ländern massiv personell verstärkt wurde. Allein von 2000 nach 2004 stieg die Zahl der vorhandenen Gerichtsvollzieherstellen bundesweit von 4 426,57 auf 4 807,92 um knapp 10 Prozent an.

Eine weitere Verbesserung der Personalsituation im Gerichtsvollzieherdienst ist aber nicht zu erwarten. Die Justiz ist in allen Ländern erheblichen Sparzwängen unterworfen. Angesichts des hohen Personalkostenanteils in den Haushalten der Justizressorts ist eine Realisierung der bestehenden Einsparverpflichtungen ohne Personalreduzierung nicht möglich. Ein Personalabbau kann aber auf Dauer nur aufgefangen werden, wenn die Strukturen der Justiz reformiert werden. Dazu gehört die Schaffung von Möglichkeiten, Justizaufgaben nicht durch justizeigene Beamte, sondern durch die Indienstnahme Privater erledigen zu können. Dies ermöglicht es der Justiz, die beschränkten personellen Ressourcen anderweitig einzusetzen bzw. haushaltswirksam Stellen abzubauen.

Ohne strukturelle Reformen wird das hohe Niveau der Zwangsvollstreckung in Deutschland mittel- bis langfristig nicht zu halten sein. Obwohl die Dauer der Zwangsvollstreckungsverfahren nach den Erkenntnissen der Gerichtsvollzieherdienstaufsicht mit einer Bandbreite zwischen einem und sieben Monaten als im Wesentlichen angemessen bezeichnet werden kann, werden vereinzelt schon jetzt überlange Verfahrensdauern berichtet, die nicht selten auf krankheitsbedingte Ausfälle von Gerichtsvollziehern wegen anhaltend hoher Geschäftsbelastung zurückgeführt werden. Die Bewältigung dieser Ausfälle gestaltet sich im gegenwärtigen System schwierig, da jedem Gerichtsvollzieher feste Bezirke zugewiesen sind, in denen er ausschließlich zuständig ist (Bezirkssystem). Zwar können Ausfälle teilweise durch den Vertreter aufgefangen werden; bei längeren Ausfällen gerät neben dem Betroffenen aber oftmals auch der vertretende Gerichtsvollzieher in Rückstand. Dem Gläubiger ist weder die Auswahl eines anderen Gerichtsvollziehers möglich, noch kann die betroffene Stelle neu besetzt werden.

Es steht zu befürchten, dass die derzeit nur vereinzelt auftretenden Unzuträglichkeiten in der Zukunft deutlich zunehmen werden. Die anhaltend schlechte wirtschaftliche Situation verschärft nicht nur den Druck der Gläubiger, offene Forderungen zu realisieren. Gleichzeitig werden die Möglichkeiten, bei den Schuldnern in pfändbare Vermögensobjekte zu vollstrecken, immer seltener. Die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers wird dadurch erheblich erschwert. Bereits heute entfällt ein Großteil der Gerichtsvollziehertätigkeit auf die Ermittlung von Vollstreckungsobjekten und den Versuch, mit den Parteien eine gütliche Erledigung durch Ratenzahlungen zustande zu bringen. Die steigenden Anforderungen an den Gerichtsvollzieher gebieten die Schaffung neuer Leistungsanreize, um die Vollstreckungsaufträge nicht nur zu verwalten, sondern erfolgreich im Sinne der Erzielung von Beitreibungserfolgen zu bearbeiten.

In den vorhandenen Strukturen ist die Schaffung neuer Leistungsanreize aber nicht möglich. Die Gerichtsvollzieher vertraten bislang die Auffassung, dass die auf der Grundlage von § 49 Abs. 3 BBesG gewährte Bürokostenentschädigung zur Abgeltung der durch die Verpflichtung zur eigenverantwortlichen Büroorganisation (§§ 45, 46, 49 GVO) entstehenden Kosten zumindest auch einen Ausgleich für die besondere Belastung ihrer Tätigkeit darstelle. Etwaige Gestaltungsmöglichkeiten, die dem Gerichtsvollzieher durch die bislang pauschalierte Abgeltung der Bürokosten eröffnet wurden, dürften allerdings in der Zukunft entfallen. Nach der Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 19. August 2004 - BVerwG 2 C 41/03 -, DGVZ 2005, 7) muss die Bürokostenentschädigung künftig strikt am tatsächlich anfallenden Aufwand orientiert werden, mit der Folge, dass die bisherigen Pauschalierungsregelungen mittelfristig Nachweisverfahren weichen werden. Leistungsanreize gehen damit nur noch von der so genannten Vollstreckungsvergütung aus. Danach erhält der Gerichtsvollzieher 15 Prozent der von ihm vereinnahmten Gebühreneinnahmen. Die damit verbundenen Einnahmen sind angesichts der Kürzungen ab einem Jahreshöchstbetrag im Vergleich zu den festen Bezügen des Gerichtsvollziehers allerdings nur gering. Sie fallen zudem nach dem gegenwärtigen Gerichtsvollzieherkostenrecht unabhängig davon an, ob der Auftrag des Gläubigers erfolgreich abgeschlossen werden konnte oder nicht.

Eine Verstärkung der Leistungsanreize durch einen Ausbau der Vollstreckungsvergütung im gegenwärtigen System kommt nicht in Betracht, weil die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers schon jetzt in weitem Umfang nicht durch die von den Parteien vereinnahmten Gebühren gedeckt werden kann, sondern durch allgemeine Steuermittel finanziert werden muss. Der Zuschussbedarf je tatsächlich eingesetztem Gerichtsvollzieher schwankt je nach der Gerichtsvollzieherdichte der einzelnen Länder zwischen 30 754 und 47 487 Euro. Im Länderdurchschnitt (ohne Berlin) lag der Zuschussbedarf bei rund 39 000 Euro jährlich. In der Summe betrug der Kostenzuschuss der Länder im Jahr 2002 einschließlich der Zahlungen für die Bürokostenentschädigung nach Abzug der Gebühreneinnahmen rund 198 Millionen Euro.

2. Wechsel zum Beleihungssystem

Die Effizienz der Zwangsvollstreckung lässt sich vor dem Hintergrund der geschilderten Probleme nur erhalten und verbessern, wenn an Stelle der Ausübung der Gerichtsvollziehertätigkeit durch Beamte die Gerichtsvollziehertätigkeit auf Beliehene übertragen wird (Beleihungssystem).

a) Grundlagen des Beleihungssystems

Beliehene sind nach geläufigem Begriffsverständnis Privatrechtssubjekte, die mit der hoheitlichen Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben betraut und daher befugt sind, Staatsaufgaben in den Handlungsformen des öffentlichen Rechts selbständig wahrzunehmen. Die Literatur ordnet die Beleihung teilweise der Organisationsprivatisierung (Scholz, NJW 1997, 14, 15), der Verfahrensprivatisierung (Di Fabio, JZ 1999, 585, 589) oder der funktionalen Privatisierung zu. Es handelt sich allerdings um keine materielle oder Aufgabenprivatisierung. In diesem Fall würde eine Aufgabe aus dem staatlichen Pflichtenkreis zu Gunsten einer eigenverantwortlichen, autonomen Ausführung durch Private herausgelöst. Die Beleihung belässt die betroffene Aufgabe dagegen wie bisher in staatlicher Verantwortung, da der Beliehene Staatsaufgaben wahrnimmt und die ihm übertragene Tätigkeit nach wie vor hoheitlichen Charakter hat. Durch die Beleihung wird die Aufgabenerfüllung lediglich von der unmittelbaren Staatsverwaltung auf den Beliehenen als Teil der mittelbaren Staatsverwaltung verlagert.

Der Beliehene wird grundsätzlich auf eigene Rechnung tätig. Innerhalb der Rechtspflege entspricht die Rechtsstellung des Notars zur hauptamtlichen Berufsausübung im Sinne des § 3 Abs. 1 BNotO der eines Beliehenen. Er ist kein Beamter, übt aber einen staatlich gebundenen Beruf aus, in dem er originäre Staatsaufgaben wahrnimmt, die nach der geltenden Rechtsordnung hoheitlich ausgestaltet sein müssen (vgl. BVerfG-E 17, 371 <376>; 73, 280 <292ff.>). Demgemäß wird er in § 1 BNotO als "Träger eines öffentlichen Amtes" bezeichnet.

Die Gerichtsvollzieher sind wie keine andere Gruppe im Bereich der Justiz dazu prädestiniert, in den Beleihungsstatus zu wechseln. Da sie schon jetzt ihren Geschäftsbetrieb in eigener Verantwortung organisieren, ist es für sie nur ein kleiner Schritt zur Tätigkeit auf eigene Rechnung.

Der Deutsche Gerichtsvollzieher Bund (DGVB) ist als größter Interessenverband der Gerichtsvollzieher davon überzeugt, dass das Gerichtsvollzieherwesen grundlegend reformiert werden muss. Der Bundeskongress des DGVB hat sich im Mai 2003 mit großer Mehrheit für ein freies Gerichtsvollziehersystem ausgesprochen. Dabei orientiert sich der Verband insbesondere am Status des Gerichtsvollziehers (huissier de justice) in Frankreich und den BeNeLux-Staaten. Dort ist der Gerichtsvollzieher nicht als Beamter, sondern ähnlich wie ein Angehöriger eines freien Berufs (z.B. Rechtsanwalt) tätig. An dieses System haben sich in jüngerer Zeit viele osteuropäischen Mitglieder der Europäischen Union angelehnt (Estland, Slowakei, Polen, Tschechien, Ungarn, Slowenien). Auch in Südeuropa (Griechenland, Spanien, Portugal) wurde das Gerichtsvollzieherwesen am Vorbild des huissier-Systems ausgerichtet. Eine Ausgestaltung der Gerichtsvollziehertätigkeit in Deutschland als freier Beruf nach dem Vorbild des Rechtsanwalts wäre mit der Fortführung der Vollstreckung als Staatsaufgabe und der Ausübung von Hoheitsmacht durch den Gerichtsvollzieher zwar nicht vereinbar. Das Beleihungssystem kommt dem huissier-System aber sehr nahe; die Unterschiede beschränken sich im Wesentlichen auf die Ausgestaltung der Aufsicht. Das Beleihungssystem greift damit nicht nur Forderungen aus dem Kreis der Gerichtsvollzieher auf, sondern trägt auch zur Harmonisierung der Vollstreckungsstrukturen in der Europäischen Union bei.

b) Verfassungsrechtliche Grundlagen des Beleihungssystems

Das dem Rechtsstaatsprinzip zuzuordnende staatliche Gewaltmonopol hindert die Übertragung der Aufgaben der Gerichtsvollzieher auf Beliehene nicht. Es besagt im hier interessierenden Zusammenhang, dass die Ausübung physischer Gewalt grundsätzlich dem Bürger verboten und allein dem Staat und seinen Organen erlaubt ist.

Dem Staat obliegt es auf dieser Grundlage, die innere Sicherheit und die Lösung von Konflikten auch unter Privaten zu gewährleisten (Herzog, HStR III, § 58 Rnr. 38 ff.). Der Beliehene ist im Umfang der ihm übertragenen Aufgaben allerdings ein staatliches Organ, so dass das staatliche Gewaltmonopol dem Beleihungssystem nicht entgegen steht.

In verfassungsrechtlicher Hinsicht ist bei einer Übertragung der Aufgaben der Gerichtsvollzieher auf Beliehene allerdings die Vorschrift des Artikels 33 Abs. 4 GG zu beachten. Der dortige Funktionsvorbehalt setzt verfassungsrechtliche Maßstäbe für die Zulässigkeit einer Verlagerung der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben von Beamten auf nicht beamtete Personen. Danach ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlichrechtlichen Dienst- oder Treueverhältnis stehen. Anders als im Bereich des staatlichen Gewaltmonopols stehen Beliehene den Beamten im Bereich des Artikels 33 Abs. 4 GG nicht gleich, da das öffentlichrechtliche Dienst- und Treueverhältnis nach gefestigter, auf die Entstehungsgeschichte der Norm zurückgehender Auffassung (Doemming/Füsslein/Matz, JöR n.F. 1 (1951), 315, 317, 323) nur das Berufsbeamtentum nach Maßgabe der herg ebrachten Grundsätze des Artikels 33 Abs. 5 GG meint. Umstritten ist allerdings, ob die regelmäßig als Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse anzusehenden Tätigkeiten des Gerichtsvollziehers im Rahmen des Regel-Ausnahme-Verhältnisses des Artikels 33 Abs. 4 GG auf Nichtbeamte übertragen werden können. Teile der Literatur haben im Rahmen dieser Auseinandersetzung eine verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Beleihungssystems im Gerichtsvollzieherwesen schon nach Artikel 33 Abs. 4 GG bejaht (Scholz, DGVZ 2003, 97 ff.; Hess, Die Neuorganisation des Gerichtsvollzieherwesens in Deutschland, S. 54 f.). Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Organisation des Gerichtsvollzieherwesens/Privatisierung" nahm bei einer vollständigen Übertragung der Aufgaben des Gerichtsvollziehers auf Nichtbeamte allein auf der Grundlage des Artikels 33 Abs. 4 GG dagegen ein hohes verfassungsrechtliches Risiko an (1. Zwischenbericht der Arbeitsgruppe, S. 42).

Diese Auseinandersetzung kann jedoch dahinstehen, da Artikel 98a GG-E (vgl. BR-Drucksache 149/07(B) HTML PDF ) klarstellt, dass die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und die Ausübung sonstiger Befugnisse des Gerichtsvollziehers durch Gesetz auf Personen übertragen werden kann, die nicht Angehörige des öffentlichen Dienstes im Sinne von Artikel 33 Abs. 4 GG sind. Dadurch wird insbesondere eine Übertragung der Aufgaben der Gerichtsvollzieher auf Beliehene ermöglicht. Der Gesetzgeber muss allerdings dafür Sorge tragen, dass das Gesetz, durch das die Übertragung erfolgt, die staatliche Verantwortung für die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben sicherstellt. Dies verpflichtet den Gesetzgeber nicht nur zu gewährleisten, dass dem beliehenen Gerichtsvollzieher durch die Ausgestaltung seines Status, seiner Aufgaben und seiner Vergütung eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung ermöglicht wird, sondern auch, dass die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch eine effektive staatliche Aufsicht überwacht wird.

c) Lösung durch das Beleihungssystem

Die Übertragung der gegenwärtigen Aufgaben des Gerichtsvollziehers auf Beliehene ist dazu geeignet, die strukturellen Probleme des Gerichtsvollzieherwesens im Interesse aller Beteiligter zu lösen. Im Zuge der Beleihung und der Ausgestaltung des Beleihungsstatus können die bislang nur rudimentär im Gesetz angesprochenen Rechtsverhältnisse zeitgemäß und nach dem Vorbild anderer Rechtspflegeorgane gesetzlich geregelt werden.

Die Umstellung auf das Beleihungssystem führt dazu, dass die Bestellung eines Gerichtsvollziehers künftig nicht mehr von der Verfügbarkeit einer beamtenrechtlichen Planstelle abhängt, sondern vom objektiven Bedarf. Da die Beliehenen auf eigene Rechnung tätig werden und keine staatliche Besoldung erhalten, ist ihre Zahl nicht an die Vorgaben der Haushaltsgesetze der Länder gebunden. Damit kann künftig auf steigende Belastungen leichter als bislang mit der Schaffung neuer Stellen reagiert werden; umgekehrt werden bei sinkenden Belastungen Beleihungsstellen nicht mehr besetzt und eingezogen. Nach vollständiger Umstellung auf das Beleihungssystem können die Landesjustizverwaltungen über die bislang von Gerichtsvollziehern besetzten Beamtenplanstellen anderweitig verfügen. Angesichts der knappen personellen Ressourcen der Justiz und der hohen Einsparvorgaben kommt dabei entweder eine Verwendung im Bereich der Rechtsprechung oder eine Einziehung zur Erfüllung der Einsparverpflichtungen in Betracht.

Da der Beliehene grundsätzlich auf eigene Rechnung tätig und nicht vom Staat besoldet wird, ist das Gerichtsvollzieherkostenrecht im Beleihungssystem kostendeckend auszugestalten. Der Staat erfüllt seine Verantwortung für die Funktionsfähigkeit des Gerichtsvollzieherwesens nicht mehr durch unmittelbare Alimentierung der Gerichtsvollzieher, sondern durch die Schaffung grundsätzlich kostendeckender Vergütungsvorschriften. Die bisherigen Subventionen sind unter Beachtung des Gebots der Sozialverträglichkeit abzubauen. Die öffentlichen Kassen werden damit von jährlichen Lasten in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrages entlastet die dringend zur Erfüllung anderer staatlicher Aufgaben benötigt werden.

Wichtigste Folge der eigenverantwortlichen wirtschaftlichen Tätigkeit des Gerichtsvollziehers im Beleihungssystem ist jedoch, dass die Leistungsanreize in der Zwangsvollstreckung deutlich verstärkt werden. Mit der Aufgabe des Beamtenstatus entfallen die Vorgaben einer streng an den Geboten der Notwendigkeit und des anfallenden Aufwands orientierten Bürokostenentschädigung, die derzeit zur Abgeltung der Bürokosten der Beamten dient. Die Ermittlung der Berechnungsgrundlagen und die Festsetzung der Entschädigung nahm bisher nicht nur erhebliche personelle Ressourcen bei allen Beteiligten in Anspruch, sondern hat darüber hinaus zu einem über die Jahre ansteigenden Streitpotenzial geführt, mit dem nicht selten die Verwaltungsgerichte über mehrere Instanzen hinweg beschäftigt wurden. Statt dessen obliegt der Einsatz von Personal- und Sachmitteln zur Erfüllung seiner Aufgaben künftig der unternehmerischen Entscheidung des einzelnen Gerichtsvollziehers. Um sicherzustellen, dass die Konsequenzen der unternehmerischen Entscheidungen von dem jeweils Verantwortlichen und nicht von Dritten getragen werden müssen, ist an Stelle des bisherigen Bezirkssystems ein beschränkter Wettbewerb unter den Gerichtsvollziehern vorzusehen, der es dem Gläubiger ermöglicht, sich zwischen der Beauftragung mehrerer Gerichtsvollzieher innerhalb eines Bezirks (Amtsbereichs) zu entscheiden.

Damit trägt das Beleihungssystem den Interessen aller Beteiligten angemessen Rechnung: Der Gläubiger darf durch die Eröffnung eines beschränkten Wettbewerbs und die eigenverantwortliche wirtschaftliche Tätigkeit des Gerichtsvollziehers eine deutliche Verstärkung der Leistungsanreize und damit erhebliche Verbesserungen der Effizienz der Zwangsvollstreckung erwarten. Die Landesjustizverwaltungen können künftig unabhängig von den haushalterischen Stellenvorgaben eine bedarfsorientierte Schaffung oder Einziehung von Beleihungsstellen gewährleisten und die erheblichen gegenwärtigen Subventionen abbauen. Für die betroffenen Gerichtsvollzieher selbst ergeben sich grundlegend neue Gestaltungsspielräume. Die Entscheidungen über den Einsatz von Personal- und Sachmitteln können stärker an den konkreten Bedürfnissen des Einzelfalls orientiert werden; die Eröffnung des beschränkten Wettbewerbs bietet Potenzial für Einkommenszuwächse. Darüber hinaus wird mit der Lösung aus dem Beamtenverhältnis und der Schaffung berufsständischer Strukturen eine erhebliche Aufwertung des Berufsstandes verbunden sein. Die Belange des Schuldners werden dabei weiterhin durch die unveränderten verfahrensrechtlichen Schutzvorschriften und Rechtsbehelfsmöglichkeiten sowie durch eine effektive staatliche Aufsicht gewahrt.

II. Rechtsverhältnisse des beliehenen Gerichtsvollziehers

Die Rechtsverhältnisse des Gerichtsvollziehers im Beleihungssystem werden durch das neu zu schaffende Gerichtsvollziehergesetz kodifiziert. Das Gerichtsvollziehergesetz überträgt nach den Vorgaben des Artikels 98a GG-E die gegenwärtigen Aufgaben des Gerichtsvollziehers auf Beliehene und stellt durch die Ausgestaltung des Beleihungsstatus sowie die Regelung einer effektiven Aufsicht die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch die Beliehenen sicher.

1. Status des beliehenen Gerichtsvollziehers

§ 1 GerichtsvollzieherG-E enthält zum einen die Übertragung der Gerichtsvollzieheraufgaben auf Beliehene und definiert zum anderen deren Status. Die beliehenen Gerichtsvollzieher sind danach unabhängige Träger eines öffentlichen Amtes, die zur hauptamtlichen Ausübung auf Lebenszeit bestellt werden. Sie üben ihr Amt in eigener Praxis aus. Dazu haben sie in den ihnen zugewiesenen Amtsbereichen Geschäftsstellen mit eigener Ausstattung und eigenen Mitarbeitern zu unterhalten. Sie erhalten keine Besoldung oder Versorgung durch den Staat. Statt dessen erheben sie für ihre Amtstätigkeit wie bisher Gebühren und Auslagen nach dem Gerichtsvollzieherkostengesetz, die sie künftig aber in vollem Umfang selbst vereinnahmen können. Das wirtschaftliche Risiko tragen sie selbst.

Dieser Status entspricht dem des Notars zur hauptamtlichen Berufsausübung im Sinne des § 3 Abs. 1 BNotO, der als gelungenes und hocheffizientes Vorbild für die Ausgestaltung eines Beleihungsverhältnisses im Bereich der Rechtspflege gelten kann. Angesichts dieser Gemeinsamkeiten orientiert sich das vorgeschlagene Gerichtsvollziehergesetz folgerichtig insgesamt am Vorbild der Rechtsverhältnisse des Notars zur hauptamtlichen Berufsausübung, wie sie in der Bundesnotarordnung geregelt sind. Abweichungen sind dort vorgesehen, wo sie angesichts der sachlichen Unterschiede geboten erscheinen.

Die Bestellung des beliehenen Gerichtsvollziehers folgt grundsätzlich dem Vorbild der Bundesnotarordnung. Im Hinblick auf die besonderen Tätigkeitsstrukturen der Gerichtsvollzieher sieht das Gerichtsvollziehergesetz an Stelle der differenzierten Regelungen von Amtssitz, Amtsbereich und Amtsbezirk lediglich die Vorgabe eines Amtsbereichs vor, innerhalb dessen der Gerichtsvollzieher örtlich zuständig ist. Die Amtspflichten des Gerichtsvollziehers lehnen sich wiederum eng an die Vorschriften über die Ausübung des Amtes durch den Notar zur hauptamtlichen Berufsausübung an. Dies gilt insbesondere für die allgemeinen Amtspflichten, die Genehmigungspflicht von Nebentätigkeiten sowie die Amtshaftung und die damit verbundene Verpflichtung zur Unterhaltung einer Berufshaftpflichtversicherung.

Da die Vorschriften über die Amtstätigkeit maßgeblich durch die konkreten Aufgaben beeinflusst werden, wird insoweit an Stelle der an der Beurkundungstätigkeit der Notare orientierten Bundesnotarordnung auf die Vorschriften der Gerichtsvollzieherordnung zurückgegriffen. Die bislang zwar bundeseinheitlich, aber nur auf Ebene einer Verwaltungsvorschrift geregelten Vorgaben zu Siegel und Stempel, Akten- und Buchführung oder zur Erledigung des Auftrags werden jetzt grundsätzlich durch formelles Gesetz bestimmt. Um eine flexible Reaktion auf technische Entwicklungen und die Bedürfnisse des Einzelfalls sicherzustellen, werden die Landesjustizverwaltungen allerdings ermächtigt, nähere Bestimmungen in einer Dienstordnung zu treffen, deren Erlass ausdrücklich geregelt wird (§ 32 Gerichtsvollziehergesetz-E).

Auf die Bundesnotarordnung zurück gehen die Bestimmungen über Abwesenheit und Verhinderung, das Erlöschen des Amtes sowie das Verwaltungsverfahren. Diese Regelungen werden maßgeblich durch die Besonderheiten des Beleihungsverhältnisses beeinflusst, die beim beliehenen Gerichtsvollzieher und beim Notar zur hauptamtlichen Berufsausübung im Wesentlichen übereinstimmen. Ergänzend finden sich Regelungen über Personalakten, die in die Bundesnotarordnung bislang noch keinen Eingang gefunden haben, aber wegen des verfassungsrechtlich verbürgten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung unabdingbar erscheinen.

2. Wettbewerb der beliehenen Gerichtsvollzieher

Zu den zentralen Anliegen der Reform des Gerichtsvollzieherwesens zählt die Schaffung neuer Leistungsanreize. Dazu leistet die wirtschaftliche Eigenverantwortlichkeit des beliehenen Gerichtsvollziehers einen wichtigen Beitrag. Ein weiterer Beitrag wird sich aus der Verstärkung der erfolgsbezogenen Momente des Kostenrechts ergeben (dazu unten IV.).

Beide Maßnahmen können aber nur dann zu relevanten Leistungsanreizen führen, wenn die beliehenen Gerichtsvollzieher untereinander in Wettbewerb stehen. Dies setzt zwingend voraus, dass der Gläubiger in der Lage sein muss, zwischen mehr eren zuständigen Gerichtsvollziehern zu wählen. Wäre der beliehene Gerichtsvollzieher entsprechend dem gegenwärtigen Bezirkssystem auch weiterhin für ein bestimmtes Gebiet ausschließlich zuständig, würden sich seine unternehmerischen Entscheidungen kaum nennenswert auswirken. Der Gläubiger wäre weder in der Lage, auf eine besonders hochwertige und effiziente Leistung mit einem Folgeauftrag zu reagieren, sofern der Schuldner nicht im selben Bezirk wohnt, noch könnte er bei einer nicht überzeugenden Auftragsbearbeitung Folgeaufträge bezüglich anderer im selben Bezirk wohnhafter Schuldner anderweitig vergeben. Nicht von ungefähr wird der Bezirksschutz als eines der wesentlichen Defizite des gegenwärtigen Gerichtsvollziehersystems angesehen. Die Eröffnung des Wettbewerbs unter den Beliehenen entspricht der Situation im Bereich der Notare.

Der Wettbewerb unter den Gerichtsvollziehern ist mit den Vorgaben des Verfahrensrechts ohne Weiteres vereinbar. Die Einzelzwangsvollstreckung gründet auf dem Prioritätsgrundsatz. Der Rang des durch eine Vollstreckungsmaßnahme erlangten Pfandrechts richtet sich nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Pfändung. Verzichtet der Gläubiger auf einen an sich möglichen Pfändungszugriff, um statt dessen eine gütliche Erledigung durch Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung zu erreichen, kann er dem Zugriff anderer Gläubiger vorbeugen, indem er sich etwaige Vollstreckungsobjekte als Sicherheit übertragen lässt. Einer Koordination der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verschiedener Gläubiger bedarf es daher nicht. Eine solche Koordination wäre auch bei Aufrechterhaltung des Bezirksschutzes nicht zu gewährleisten, da schon jetzt parallel zu den Gerichtsvollziehern die Vollstreckungsbehörden und Vollziehungsbeamten der Abgaben- und Verwaltungsvollstreckung agieren. Wollte man vom Prioritätsgrundsatz abrücken, müsste stets ein zeit- und kostenaufwändiges Gesamtvollstreckungsverfahren ähnlich dem Insolvenzverfahren durchgeführt werden.

Die Eröffnung des Wettbewerbs zur Schaffung von Leistungsanreizen kann allerdings nicht bedeuten, dass ein unbeschränkter und gegebenenfalls ruinöser Konkurrenzkampf zwischen den Gerichtsvollziehern zugelassen wird. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass der beliehene Gerichtsvollzieher die zur Ausübung seines Amtes gebotene Unabhängigkeit und Unparteilichkeit (§ 12 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E) verliert. Der Gesetzentwurf beschränkt daher den Wettbewerb unter den Gerichtsvollziehern auf ein vernünftiges Maß und schützt die Wettbewerber außerdem vor einem wirtschaftlich sinnlosen Verdrängungswettbewerb.

Der Wettbewerb unter den beliehenen Gerichtsvollziehern ist grundsätzlich auf den Bezirk eines Landgerichts beschränkt, der den Amtsbereich des Gerichtsvollziehers bildet (§ 8 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E). Innerhalb dieses Bezirks werden regelmäßig nur so viele Gerichtsvollzieher tätig sein, dass die Zahl der Mitbewerber einerseits überschaubar bleibt, andererseits aber keine Wettbewerbsbeschränkungen durch Zusammenschlüsse von Gerichtsvollziehern zu befürchten sind. Dabei wird der unterschiedlichen Größe der Landgerichtsbezirke innerhalb Deutschlands Rechnung getragen. Bei großen Landgerichtsbezirken können die Landesregierungen die Amtsbereiche abweichend festlegen und beispielsweise auf die Bezirke einzelner Amtsgerichte oder auf Teile hiervon beschränken.

Bei der Besetzung der Beleihungsstellen innerhalb eines Amtsbereichs haben die Landesjustizverwaltungen eine strenge Bedürfnisprüfung durchzuführen, die insbesondere die wirtschaftliche Auskömmlichkeit der Stellen berücksichtigt (§ 4 Gerichtsvollziehergesetz-E). Die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der Stellen ist fortlaufend zu beobachten; auf Veränderungen muss durch Neuerrichtung bzw. Einziehung von Stellen reagiert werden. Damit ist gewährleistet, dass in einem Amtsbereich stets nur so viele Gerichtsvollzieher tätig sind, wie dieser wirtschaftlich trägt. Kein Gerichtsvollzieher wird deshalb darauf angewiesen sein, andere Mitbewerber zu verdrängen, um selbst sein Auskommen zu finden. Dafür sorgt auch die Bemessung der Gebühren, die so berechnet wurden, dass sie bei durchschnittlicher Auslastung für den Beliehenen auskömmlich sind (dazu unten IV. 1. b).

Darüber hinaus wird dem einzelnen Beliehenen die Begrenzung seines wirtschaftlichen Risikos ermöglicht. Neben allgemeinen Vorsorgemaßnahmen wie dem Abschluss von Versicherungen, die bei der Berechnung der Auskömmlichkeit der Gebühren berücksichtigt wurden, ist hier vor allem die Bildung von Sozietäten und Bürogemeinschaften zu nennen (§ 11 Gerichtsvollziehergesetz-E). Auf diese Weise kann das Risiko der Auslastung von Personal- und Sachmitteln sowie persönlicher Arbeitsausfälle durch Urlaub und Krankheit mit anderen Beliehenen geteilt werden. Die gemeinsame Berufsausübung kann allerdings nicht grenzenlos zugelassen werden, um die Bildung wettbewerbsbeschränkender Oligopole oder Gebietskartelle zu verhindern.

Schließlich ist zu bedenken, dass sich der Gläubiger in der Regel an denjenigen Gerichtsvollzieher wenden wird, der dem Schuldner räumlich am nächsten ist. Dies lässt grundsätzlich die schnellste und - im Hinblick auf die Wegegeldentschädigung - kostengünstigste Erledigung des Auftrags erwarten. Eine andere Auswahlentscheidung wird der Gläubiger regelmäßig nur treffen, wenn sich bei einer früheren Beauftragung des ortsnächsten Gerichtsvollziehers Leistungsdefizite oder andere Schwierigkeiten gezeigt haben. Zur Bewältigung des Systemwechsels sind in einer Übergangsphase besondere Sicherungsmittel vorgesehen (dazu unten V.).

3. Aufgaben des beliehenen Gerichtsvollziehers

Die Aufgaben, die das vorgeschlagene Gerichtsvollziehergesetz dem beliehenen Gerichtsvollzieher in § 2 Abs. 1 überträgt, entsprechen im Wesentlichen den gegenwärtigen Aufgaben des Gerichtsvollziehers. Die Verbindung eines grundlegenden Systemwechsels mit der Zuweisung völlig neuer Aufgaben schiene wenig zweckmäßig und liefe Gefahr, die beabsichtigen Effizienzverbesserungen zu beeinträchtigen.

Dies gilt zunächst für die Übertragung der Zuständigkeit für die Vollstreckung öffentlichrechtlicher Forderungen auf den Gerichtsvollzieher. Zwar schiene eine Konzentration der Geldvollstreckung beim Gerichtsvollzieher nicht zuletzt zur Sicherstellung der Chancengleichheit der Gläubiger sinnvoll. Angesichts der für die öffentlichen Hand bestehenden Möglichkeit der Eigentitulierung sowie der für öffentliche Gläubiger eröffneten besonderen Informationsquellen ließe sich eine Gleichstellung öffentlicher und privater Gläubiger aber ohnehin nicht erreichen. Hinzu kommt, dass die öffentliche Hand bereits umfassend eigenständige Vollstreckungsstrukturen aufgebaut hat.

Auch die Einführung eines neuen Verfahrens zur vorgerichtlichen Beitreibung von Forderungen durch den Gerichtsvollzieher erscheint nicht geboten. Zwar wurde von verschiedener Seite Interesse an einem Verfahren bekundet, das die Titulierung nicht streitiger Forderungen durch den Gerichtsvollzieher im Auftrag des Gläubigers nach persönlicher Kontaktaufnahme mit dem Schuldner ermöglicht. Ein solches Verfahren begegnet allerdings rechtlichen und ordnungspolitischen Bedenken. Da der Gerichtsvollzieher insoweit im Auftrag und im Interesse des Gläubigers tätig würde, besteht die Gefahr einer "Überrumpelung" des Schuldners. Im Beurkundungsrecht wird die Mitwirkung von Personen, die an der Beurkundung ein unmittelbares Eigeninteresse haben, vor diesem Hintergrund gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 18 BeurkG ausdrücklich ausgeschlossen. Zu bedenken ist außerdem, dass die vorgerichtliche Forderungsbeitreibung derzeit in Form des privatrechtlichen Inkassos durch private Wirtschaftsunternehmen angeboten wird. Durch die Erschließung dieses Geschäftsfelds für Beliehene würde demnach ein bislang von Privaten ausgefüllter Bereich durch Hoheitsträger besetzt.

Hinzu kommt, dass der Bedarf für eine vorgerichtliche Forderungsbeitreibung durch den Gerichtsvollzieher nicht nachgewiesen ist. Zwar stehen viele Wirtschaftsunternehmen einem solchen Verfahren grundsätzlich positiv gegenüber. Maßgebend für die Akzeptanz des Verfahrens sind aber die konkreten Erfolgsaussichten und Kosten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Erfolgsaussichten des Verfahrens ähnlich wie im gerichtlichen Mahnverfahren von der Mitwirkungsbereitschaft des Schuldners abhängen. Die Kosten des Verfahrens dürften allerdings für Klein- und Kleinstforderungen - bei denen der Schuldner überhaupt nur ohne gerichtliche Entscheidung zur Zahlung bereit und in der Lage sein dürfte - nicht unerheblich über denen des Mahnverfahrens liegen. Da die persönliche Kontaktaufnahme mit dem Schuldner den zentralen Unterschied zum Mahnverfahren darstellt, wird sich die vorgerichtliche Forderungsbeitreibung deutlich arbeitsintensiver gestalten. Durchschnittlich wird mit einem Zeitaufwand von gut einer Stunde zu rechnen sein, so dass das Verfahren erst ab einer Gebühr von 60 bis 70 Euro überhaupt kostendeckend ausgestaltet werden könnte. Untersuchungen haben gezeigt, dass solche Gebühren aber nur von einem kleinen Teil der befragten Wirtschaftsunternehmen als vertretbar angesehen wurden.

Eine in jüngerer Zeit ebenfalls diskutierte Übertragung der Pfändung von Lohn-, Konto- und anderen Forderungen auf den Gerichtsvollzieher erscheint zwar auf lange Sicht nicht ausgeschlossen. Dies gilt insbesondere, wenn die Ermittlungsaufgaben des Gerichtsvollziehers im Hinblick auf entsprechende Vollstreckungsobjekte weiter ausgebaut werden. Die Bewältigung der regelmäßig in großer Zahl anfallenden Anträge auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erscheint in den gegenwärtigen Strukturen des Gerichtsvollzieherwesens allerdings nicht gesichert. Zwar ist davon auszugehen, dass sich die Personal- und Sachausstattung der Gerichtsvollzieher im Beleihungssystem insbesondere auf Grund einer verstärkten beruflichen Zusammenarbeit erheblich verbessern wird. Ob angesichts der neu entstehenden Strukturen eine zügige ordnungsgemäße Bearbeitung der Forderungspfändung durch den Gerichtsvollzieher gewährleistet ist, kann aber erst nach Vollziehung des Systemwechsels festgestellt werden.

Dies schließt allerdings nicht aus, dem beliehenen Gerichtsvollzieher neben seinen eigentlichen Aufgaben in gewissem Umfang weitere Tätigkeiten zu eröffnen. Das Gerichtsvollziehergesetz differenziert deshalb zwischen unterschiedlichen Aufgabenkreisen des Gerichtsvollziehers.

Im Mittelpunkt stehen die Pflichtaufgaben des Gerichtsvollziehers (§ 2 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E). Diese Aufgaben sind Gegenstand der Beleihung. Dies bedeutet zum einen, dass der Gerichtsvollzieher Aufträge aus diesem Aufgabenkreis grundsätzlich ausführen muss, sofern die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen und ein etwa erforderlicher Vorschuss gezahlt wurde. Das Gerichtsvollzieherkostenrecht ist so ausgestaltet, dass der Beliehene regelmäßig allein durch die Ausführung der Pflichtaufgaben sein Auskommen finden kann.

Neben den Pflichtaufgaben kann der Gerichtsvollzieher freiwillige Aufgaben übernehmen. Dies gilt beispielsweise für die Durchführung freiwilliger Versteigerungen für Rechnung des Auftraggebers oder für das Amt des Treuhänders im vereinfachten Insolvenzverfahren bzw. im Restschuldbefreiungsverfahren (§ 2 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E). Die Übernahme freiwilliger Aufgaben ist aber nur dann erlaubt, wenn der Geschäftsbetrieb des Gerichtsvollziehers dies zulässt, das heißt die ordnungsgemäße Erfüllung der Pflichtaufgaben nicht beeinträchtigt wird. Darüber hinaus muss eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde vorliegen, soweit diese nach § 14 Gerichtsvollziehergesetz-E erforderlich ist.

Nach dieser Vorschrift bedarf der Beliehene für die Übernahme freiwilliger Aufgaben einer Genehmigung. Durch das Genehmigungserfordernis wird unter and erem die ordnungsgemäße Erfüllung der Pflichtaufgaben sichergestellt. Die bei der Genehmigungserteilung gewonnenen Erkenntnisse müssen bei der fortlaufenden Prüfung der Auskömmlichkeit der Gerichtsvollzieherstellen und eines etwaigen Bedarfs zur Schaffung neuer Stellen berücksichtigt werden. Ausgenommen von der Genehmigungspflicht sind wissenschaftliche, künstlerische oder Vortragstätigkeiten sowie andere Tätigkeiten, die nach Art und Umfang die ordnungsgemäße Erfüllung der Pflichtaufgaben im Regelfall nicht beeinträchtigten und im Rahmen der Bedürfnisprüfung keine Rolle spielen (§ 14 Abs. 3 Gerichtsvollziehergesetz-E).

4. Aufsicht und Gerichtsvollzieherkammern

Zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Umsetzung des Beleihungssystems zählt die Einrichtung einer Aufsicht über die beliehenen Gerichtsvollzieher zur Gewährleistung der staatlichen Verantwortung für eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung.

Dabei kommt es in erster Linie auf die Effektivität der staatlichen Aufsicht an. Ein Fehlverhalten eines beliehenen Gerichtsvollziehers soll möglichst ausgeschlossen, in jedem Fall aber frühzeitig erkannt werden. Zur Erreichung dieser Ziele reicht grundsätzlich die Installierung einer Rechtsaufsicht aus. Sie umfasst die inhaltliche Aufsicht über die Rechtmäßigkeit von Sachentscheidungen. Dies entspricht der Ausgestaltung der Aufsicht beim Regelungsvorbild des Notars zur hauptamtlichen Berufsausübung (§ 93 BNotO). Damit wird nicht ausgeschlossen, den Gerichtsvollziehern im Beleihungssystem ebenso wie im gegenwärtigen System generelle Vorgaben für die Sachbehandlung durch Verwaltungsvorschriften zu machen. Solche Vorgaben können sich insbesondere aus der Dienstordnung ergeben (§ 32 Gerichtsvollziehergesetz-E). Eine Erstreckung der Aufsicht auf die Zweckmäßigkeit der Entscheidung des Gerichtsvollziehers im Einzelfall mit entsprechenden Weisungsrechten ist dagegen nicht geboten und stünde in Konflikt mit der Unabhängigkeit des Gerichtsvollziehers (§ 1 Gerichtsvollziehergesetz-E). Eine solch weit reichende Aufsicht ginge über das gegenwärtige System hinaus, in dem die Gerichtsvollzieher ihr Amt grundsätzlich unabhängig von Einzelweisungen ausführen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Verfahrensrecht den Parteien unmittelbare Rechtsbehelfe gegen Vollstreckungsmaßnahmen des Gerichtsvollziehers einschließlich des Kostenansatzes und der Weigerung einer Auftragsübernahme einräumt.

Die Aufsicht über die beliehenen Gerichtsvollzieher ist grundsätzlich vom Staat unmittelbar auszuüben. Einer vollständigen Übertragung der Aufsicht auf Selbstverwaltungskörperschaften wie im Fall der Rechtsanwaltschaft stünden bei einem Beliehenen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken entgegen. Der beliehene Gerichtsvollzieher übt anders als ein Rechtsanwalt Staatsgewalt im Sinne des Artikels 20 Abs. 2 GG aus und bedarf insoweit demokratischer Legitimation. Zwar hat sich das Bundesverfassungsgericht bislang noch nicht ausdrücklich dazu geäußert, welche Aufsichtsbefugnisse sich der Staat bei der Übertragung von Hoheitsbefugnissen auf Beliehene vorbehalten muss. Allerdings erlaubt seine jüngere Rechtsprechung zu den ministerialfreien Räumen Rückschlüsse darauf, dass das Volk in jedem Fall einen effektiven Einfluss auf die Ausübung der Staatsgewalt haben muss. Dabei ist zu beachten, dass die staatliche Aufsicht bei den beliehenen Gerichtsvollziehern auf eine bloße Rechtsaufsicht beschränkt ist. Würde diese Aufsicht darüber hinaus vollständig auf Selbstverwaltungskörperschaften übertragen, könnte der Staat nur noch kontrollieren, ob die Selbstverwaltungskörperschaften bei ihrer Aufsichtstätigkeit Gesetz und Satzung beachtet haben. Bei der entscheidenden Frage, ob die Selbstverwaltungskörperschaft im Fall eines festgestellten Gesetzesverstoßes in ausreichender und geeigneter Weise einschreitet, könnte deshalb nur geprüft werden, ob die Selbstverwaltungskörperschaft ihrer Aufsichtspflicht überhaupt nachkommt. Angesichts der erheblichen Eingriffsbefugnisse des Gerichtsvollziehers als Vollstreckungsorgan erscheint eine so weitgehende Einschränkung der staatlichen Einwirkungsmöglichkeiten nicht hinnehmbar. Entsprechend der Situation bei den Notaren zur hauptamtlichen Berufsausübung ist die Aufsicht über die beliehenen Gerichtsvollzieher deshalb von der Landesjustizverwaltung unmittelbar auszuüben.

Um eine effektive Ausgestaltung der Aufsicht durch die Landesjustizverwaltung zu gewährleisten, sollen die bisherigen Organisationsstrukturen der Gerichtsvollzieheraufsicht weitest möglich beibehalten werden. Dies bedeutet, dass Aufsichtsbehörden weiterhin die Direktoren und Präsidenten der Amts- und Landgerichte, die Präsidenten der Oberlandesgerichte sowie die Landesjustizverwaltungen sind. Das bei den Aufsichtsbehörden schon bisher eingesetzte Personal, insbesondere die für Geschäftsprüfungen besonders geschulten und freigestellten Gerichtsvollzieherprüfungsbeamten, können und sollen auch weiterhin eingesetzt werden.

Nach dem Vorbild der Notare zur hauptamtlichen Berufsausübung soll die unmittelbare staatliche Aufsicht durch ein berufsständisches Kammersystem ergänzt werden. Die Bestellung zum beliehenen Gerichtsvollzieher zieht kraft Gesetzes die Mitgliedschaft in der zuständigen Gerichtsvollzieherkammer nach sich (§ 66 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E). Angesichts der überschaubaren Zahl der Gerichtsvollzieher werden die Gerichtsvollzieherkammern im Gegensatz zu den Rechtsanwalts- und Notarkammern nicht auf der Ebene eines Oberlandesgerichtsbezirks, sondern auf Landesebene installiert. Zur Bildung wirtschaftlich sinnvoller Strukturen kann durch Staatsvertrag eine gemeinsame Gerichtsvollzieherkammer für mehrere Länder errichtet werden. Die einzelnen Gerichtsvollzieherkammern werden in einer Bundesgerichtsvollzieherkammer zusammengeschlossen. Die Binnenstruktur der Gerichtsvollzieherkammern auf Landes- und Bundesebene orientiert sich am Vorbild der Rechtsanwalts- und Notarkammern.

Die Gerichtsvollzieherkammern sollen einerseits die Unabhängigkeit des Gerichtsvollziehers stärken sowie andererseits den Staat von Tätigkeiten entlasten, die der Berufsstand selbst erledigen kann und bei denen die Heranziehung des speziellen Sachverstands der Berufsangehörigen im Interesse des Gemeinwohls liegt.

Zu diesem Zweck erhalten die Gerichtsvollzieherkammern in beschränktem Umfang eigene Aufsichtsbefugnisse. Diese umfassen zum einen die Schaffung berufsrechtlicher Vorgaben für die jeweiligen Mitglieder durch Satzung (§ 67 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E) und zum anderen die Ahndung berufsrechtlicher Pflichtverletzungen kleinerer Art mittels einer Ermahnung (§ 77 Gerichtsvollziehergesetz-E). Daneben unterstützen die Gerichtsvollzieherkammern die Aufsichtstätigkeit der Landesjustizverwaltung durch die Erstattung von Gutachten.

Im Übrigen umfassen die Aufgaben der Gerichtsvollzieherkammern Maßnahmen im gemeinschaftlichen Interesse ihrer Mitglieder. Dazu gehören beispielsweise die Unterhaltung einer Vertrauensschadensversicherung, die wirtschaftliche Verwaltung der von einem Gerichtsvollzieherverwalter verwalteten Gerichtsvollzieherstellen oder die Unterstützung des Gläubigers bei der Auswahl eines Gerichtsvollziehers. Neben ihren Pflichtaufgaben können die Gerichtsvollzieherkammern zusätzlich freiwillige Aufgaben übernehmen wie zum Beispiel die Unterhaltung von Fürsorgeeinrichtungen.

5. Zugang zum Gerichtsvollzieherberuf, Ausbildung

Nach § 5 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E setzt der Zugang zum Beruf des Gerichtsvollziehers neben der gesundheitlichen Eignung und geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen eine über die Befähigung und fachliche Leistung nachzuweisende Eignung für dieses Amt voraus. Im Zentrum steht dabei die von einem Bewerber absolvierte Ausbildung. Derzeit findet die Ausbildung zum Gerichtsvollzieher an den Justizschulen in Berlin, Hannover, Monschau und Pegnitz statt. Sie dauert zwischen 18 und 20 Monaten. Es werden fachtheoretische Lehrgänge veranstaltet, in denen die für den Beruf des Gerichtsvollziehers notwendigen rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Grundlagen vermittelt werden sowie teilweise bereits eine Einführung in die sachgerechte Organisation eines Gerichtsvollzieherbüros einschließlich der Nutzung der gerichtsvollzieherspezifischen EDV-Programme erfolgt; den größten Teil der Ausbildung nimmt die praktische Unterweisung beim Gerichtsvollzieher ein, teilweise findet daneben ein Begleitunterricht statt.

Sowohl der Status der Gerichtsvollzieher als Beliehene, die auf eigenes Risiko selbständige unternehmerische Entscheidungen zu treffen haben und untereinander in Wettbewerb stehen, als auch die stetig wachsenden Anforderungen bei der Erfüllung der übertragenen Aufgaben machen die Anpassung der Inhalte sowie der Struktur der bisherigen Ausbildung erforderlich. Hierfür sind zwei gleichrangige Alternativmodelle mit folgenden Eckpunkten vorgesehen:

a) Ausbildung an einer Justizschule oder Gerichtsvollzieherakademie

Nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E kann die Ausbildung in einem öffentlichrechtlichen Ausbildungsverhältnis zum Staat mit fachtheoretischen Lehrgängen an einer Justizschule oder Gerichtsvollzieherakademie sowie berufspraktischen Ausbildungsabschnitten bei einem oder mehreren Ausbildungsgerichtsvollziehern erfolgen; sie wird in diesem Fall mit einer staatlich verantworteten und organisierten Prüfung abgeschlossen. Insoweit unterscheidet sich die Ausbildung in ihrer Struktur nicht wesentlich von der derzeitigen Gerichtsvollzieherausbildung, deren Vorzug einer starken Praxisorientierung sie übernimmt. Durch Rückgriff auf die Ressourcen bestehender Justizschulen kann eine hohe Qualität der fachtheoretischen Ausbildung sichergestellt werden.

Angesichts der steigenden Anforderungen an den Gerichtsvollzieher sowie im Hinblick darauf, dass sich die Nachwuchskräfte im Beleihungssystem nicht mehr in erster Linie aus dem Kreis der Beamten des mittleren Justizdienstes rekrutieren werden, auf deren Vorkenntnisse die bisherige Gerichtsvollzieherausbildung aufbaut, ist eine maßvolle Verlängerung der Gesamtausbildungsdauer auf mindestens 24 Monate erforderlich.

Anders als derzeit findet die Ausbildung allerdings nicht mehr in einem staatlich alimentierten Beamtenverhältnis auf Widerruf statt, das im Rahmen eines Modells beliehener Gerichtsvollzieher nicht mehr systemgerecht wäre. Die Nachwuchskräfte erhalten stattdessen eine Ausbildungsvergütung, die - vergleichbar der Situation bei den Notarassessoren - über ein Umlagesystem durch den Berufsstand selbst aufg ebracht wird. Die daraus resultierenden Belastungen für die beliehenen Gerichtsvollzieher wurden bei der Bedarfsermittlung zur kostendeckenden Ausgestaltung des Gerichtsvollzieherkostenrechts im Rahmen einer Pauschale berücksichtigt. Die Ausbildungsvergütung wird durch die Gerichtsvollzieherkammer gezahlt. Diese kann durch Satzung eine vollständige oder teilweise Erstattung der Ausbildungsvergütung durch die Gerichtsvollzieher, denen die Nachwuchskräfte zur praktischen Ausbildung zugewiesen werden und denen hierbei deren Mitarbeit zugute kommt, bestimmen (vgl. § 67 Abs. 2 Satz 3 Nr. 12, Abs. 3 Nr. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E).

Die Aufnahme in die Ausbildung erfolgt nach Bedarf. Die Regelung der Zugangsvoraussetzungen (in Betracht kommt in erster Linie eine praktische Berufserfahrung in einem für die spätere Gerichtsvollziehertätigkeit förderlichen Beruf, etwa im kaufmännischen Bereich) sowie einer etwaigen Eingangsprüfung obliegt den Ländern.

b) Fachhochschulstudium

Nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E besteht für die Länder die Möglichkeit, die Ausbildung auf dem Niveau eines Fachhochschulstudiums durchzuführen. Mit den hierfür nach dem Hochschulrecht erforderlichen Zugangsvoraussetzungen, in erster Linie allgemeine Hochschulreife, fachgebundene Hochschulreife oder Fachhochschulreife, geht auch in diesem Ausbildungsmodell zwangsläufig eine Abkehr von der bisherigen Zusammensetzung des Bewerberfeldes einher. Ein Berufsabschluss im mittleren Justizdienst wird nur noch ausnahmsweise unter zusätzlichen landesrechtlich festgelegten (§ 27 Abs. 2 Satz 2 HRG) Voraussetzungen (etwa mehrjährige Erfahrung im erlernten Beruf oder Eingangsprüfung) genügen.

Die Ausbildung soll regelmäßig 36 Monate dauern und die erfolgreichen Absolventen zu einer unmittelbaren Übernahme des Amtes eines Gerichtsvollziehers befähigen. Nach dem bewährten Vorbild der Rechtspflegerausbildung wird dazu der fachtheoretische Teil des Studiums mit ausgeprägten Phasen berufspraktischer Ausbildung kombiniert. Das über ein Fachhochschulstudium erreichbare Ausbildungsniveau wird es den Absolventen ermöglichen, sich über das zunächst angestrebte Berufsziel eines Gerichtsvollziehers hinaus auch andere Berufsfelder, etwa bei Rechtsanwälten, Banken und Wirtschaftsunternehmen im Bereich des Forderungseinzugs, zu erschließen. Daher wird sich die Zahl der Studienplätze nicht mehr notwendig am Bedarf an Gerichtsvollziehern ausrichten.

Nach dem Bestehen der Hochschulprüfung am Ende einer Fachhochschulausbildung wurde und wird bislang der Diplomgrad verliehen (§ 18 Abs. 1 Satz 2 HRG). Im Zuge der fortschreitenden Umsetzung des am 19. Juni 1999 durch die europäischen Bildungsminister mit Unterzeichnung der Erklärung "Der Europäische Hochschulraum" (sog. Bologna-Erklärung) in Gang gesetzten Bologna-Prozesses wird der Diplomgrad in den Ländern nach und nach durch den Bachelorgrad als erstem berufsqualifizierenden Abschluss ersetzt werden (§ 19 Abs. 1, 2 HRG). Nach der der Bologna-Erklärung zu Grunde liegenden Idee der Zweiteilung des Studiums soll zwar nach erfolgreichem Abschluss des mit Verleihung des Bachelorgrads endenden Studiengangs noch die Möglichkeit bestehen, einen zweiten Zyklus zu durchlaufen, an dessen Ende die Verleihung eines weiteren berufsqualifizierenden Abschlusses in Form eines Mastergrades steht (§ 19 Abs. 3 HRG). Nach dem Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10. Oktober 2003 können Bachelorstudiengänge aber auch dann eingerichtet werden, wenn an einer Hochschule kein entsprechender Masterabschluss erworben werden kann.

Im Hinblick auf die möglichen inhaltlichen Unterschiede der Ausbildung in den einzelnen nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E grundsätzlich in Betracht kommenden rechtswissenschaftlich oder wirtschaftsjuristisch ausgerichteten Studiengängen sowohl untereinander als auch zu den Inhalten einer Ausbildung nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E wird den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, von Bewerbern für das Amt des Gerichtsvollziehers mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss das Absolvieren eines zusätzlichen praktischen Vorbereitungsdienstes und einer abschließenden staatlichen Prüfung zu verlangen.

In Abkehr vom bisherigen System und im Unterschied zum Justizschulen-/Akademiemodell erhalten die Studierenden keinen Anwärterstatus und damit während ihrer gesamten Ausbildung, auch in den berufspraktischen Phasen, keine Unterhaltsbeihilfe oder sonstige finanzielle Unterstützung seitens des Staates oder durch eine von den Berufsangehörigen zu erhebende Umlage. Sie haben für die Finanzierung ihrer Ausbildung in eigener Verantwortung zu sorgen, können dabei aber auf allgemeine staatliche Ausbildungshilfen (BAföG) zurückgreifen. Die daraus nach dem Berufseinstieg resultierenden Belastungen (z.B. Darlehensrückzahlung) wurden bei der Bedarfsermittlung zur kostendeckenden Ausgestaltung des Gerichtsvollzieherkostenrechts im Rahmen einer Pauschale berücksichtigt. Beim Staat verbleiben demnach die Kosten für die Einrichtung und Unterhaltung des Studiengangs.

Der Bedarf an Ausbildungsplätzen ist angesichts geschätzter 200 Auszubildender pro Jahr vergleichsweise gering. Es bieten sich daher in beiden Modellen länderübergreifende Kooperationen sowie im Fachhochschulmodell auch eine Integration des Studiengangs in bereits bestehenden Fachhochschulen für den öffentlichen Dienst an. Darüber hinaus können bei den Fachhochschulen für Rechtspflege Überschneidungen der Ausbildungsinhalte nutzbar gemacht werden, etwa in Form eines gemeinsamen Grundstudiums.

III. Anpassung des Verfahrensrechts

Die Neuregelung von Status sowie Rechten und Pflichten des beliehenen Gerichtsvollziehers durch das Gerichtsvollziehergesetz bewirkt einen Anpassungsbedarf im Verfahrensrecht. Zum einen sind die bislang im Gerichtsverfassungsgesetz enthaltenen Regelungen aufzuheben, zum anderen sind die neuen Strukturen des Gerichtsvollzieherwesens im Zwangsvollstreckungsverfahrensrecht zu berücksichtigen.

1. Anpassung des Gerichtsverfassungsgesetzes

Der zwölfte Titel des Gerichtsverfassungsgesetzes enthält bislang die gesetzlichen Regelungen zum Status des Gerichtsvollziehers. Diese beschränken sich allerdings neben einer Legaldefinition auf die Regelung der Ausschließung von der Amtsausübung in Fällen der Interessenkollision (§ 155) sowie die Ermächtigung zur Regelung der Dienst- und Geschäftsverhältnisse der Gerichtsvollzieher durch Verwaltungsvorschrift (§ 154). Ausgefüllt wird diese Ermächtigung bislang durch Verwaltungsvorschriften der Landesjustizverwaltungen (Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher und Gerichtsvollzieherordnung). Dieses Regelungssystem hat in der Vergangenheit ob seiner Vereinbarkeit mit den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalts Kritik erfahren (vgl. Scholz, DGVZ 2005, 97, 98).

Im Zuge der Einführung des Beleihungssystems werden der Status und die Rechtsverhältnisse nunmehr ausführlich im Gerichtsvollziehergesetz geregelt, das entsprechend dem Rechtspflegergesetz als eigenständige Kodifikation neben das Gerichtsverfassungsgesetz tritt. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Gerichtsvollzieher im Beleihungssystem endgültig nicht mehr dem gerichtlichen Bereich zuzuordnen ist, sondern ein selbständiges Rechtspflegeorgan darstellt. Die §§ 154, 155 GVG sind deshalb aufzuheben.

2. Anpassung der Zivilprozessordnung

Die Umstellung auf das Beleihungssystem und die damit verbundene Einführung des Wettbewerbs unter den einzelnen Gerichtsvollziehern eines Amtsbereichs macht auch einzelne Änderung der Zivilprozessordnung erforderlich. Die bislang vorgesehene Mitwirkung der Amtsgerichte bei der Verteilung der Geschäfte (Gerichtsvollzieherverteilerstelle, § 753 Abs. 2) kann entfallen; die Zuständigkeitsregelung des § 899 Abs. 1 ist zu präzisieren. Darüber hinaus erscheint es sinnvoll und geboten, wesentliche Verfahrensregeln, die bislang lediglich in Verwaltungsvorschriften kodifiziert sind (§§ 63, 111 der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher- GVGA), in die Zivilprozessordnung aufzunehmen.

IV. Anpassung des Gerichtsvollzieherkostenrechts

Die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers ist derzeit nicht kostendeckend. Eine Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben der Länder für die beamteten Gerichtsvollzieher für das Jahr 2002 hat einen erheblichen Zuschussbedarf ergeben. Der Zuschussbedarf je tatsächlich eingesetztem Gerichtsvollzieher schwankte je nach der Gerichtsvollzieherdichte der einzelnen Länder zwischen 30 754 und 47 847 Euro. Im Länderdurchschnitt (ohne Berlin) lag der Zuschussbedarf bei rund 39 000 Euro jährlich. In der Summe betrug der Kostenzuschuss der Länder im Jahr 2002 einschließlich der Zahlungen für die Bürokostenentschädigung nach Abzug der Gebühreneinnahmen rund 198 Millionen Euro.

Werden die Aufgaben des Gerichtsvollziehers im Rahmen der Reform des Gerichtsvollzieherwesens auf Beliehene übertragen, die nicht mehr vom Staat alimentiert werden, sondern als neuer Berufsstand auf eigene Rechnung tätig sind, kann die gegenwärtige Kostenunterdeckung nicht beibehalten werden. Die prozessuale Erstattungsfähigkeit der Vollstreckungskosten setzt voraus, dass die Kosten des Gerichtsvollziehers gesetzlich geregelt sind. Die gesetzliche Regelung der Vergütung eines Berufsstands muss sich allerdings an den Maßstäben des Artikels 12 GG messen lassen. Dabei kommt dem Gesetzgeber zwar ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Er hat aber bei der Ausgestaltung der Gebührenregelung dafür Sorge zu tragen, dass das Gebührenaufkommen, das der Berufsträger auf der Grundlage der Vergütungsregelung erzielen kann, so bemessen ist, dass er sowohl seinen Kostenaufwand als auch seinen angemessenen Lebensunterhalt bestreiten kann (BVerfGE 80, 103 <109>; 85, 337 <349>).

1. Inhalt der kostenrechtlichen Änderungen

a) Gebot der Kostendeckung

Zu den wesentlichen Reformbestandteilen zählt deshalb die kostendeckende Ausgestaltung der Gerichtsvollziehervergütung durch eine angemessene Erhöhung des Gebührenaufkommens. Der gegenwärtige Umfang der Subventionierung der Gerichtsvollziehertätigkeit durch den Staat ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Zwar muss der Staat den Gläubigern effiziente und wirtschaftliche Möglichkeiten zur Durchsetzung ihrer titulierten Forderungen zur Verfügung stellen. Damit geht aber keinesfalls die Verpflichtung einher, diese Möglichkeiten in erheblichem Umfang kostenfrei zu eröffnen. Vielmehr steht es dem Staat frei, Gläubiger und Schuldner nach dem Verursacherprinzip an den tatsächlich anfallenden Kosten angemessen zu beteiligen. Die Sozialverträglichkeit kostendeckender Gebühren ist allein schon dadurch gewahrt, dass der Auftraggeber, der nicht in der Lage ist, eine kostendeckende Gebühr aufzubringen ohne sein verfassungsrechtlich geschütztes Existenzminimum zu beinträchtigen, zur Durchsetzung seiner Rechte Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen kann.

Das bedeutet allerdings nicht, dass die kostendeckende Ausgestaltung der Gebühren die Staatskasse durch einen Anstieg der Aufwendungen für die Prozesskostenhilfe an anderer Stelle erheblich belasten würde. Dies zeigt schon ein Blick auf die gegenwärtige Höhe der Gebühren für die Vollstreckungstätigkeit des Gerichtsvollziehers. Danach werden für eine persönliche Zustellung 7,50 Euro, für das Bewirken einer Pfändung 20 Euro sowie für einen Pfändungsversuch 12,50 Euro erhoben. Für die häufig zeitintensiven Tätigkeiten der Räumung sind nur 75 Euro zu entrichten, für die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung 30 Euro. Dauert eine Amtshandlung länger als drei Stunden, fällt ein Zeitzuschlag von gerade einmal 15 Euro je Stunde an. Selbst wenn diese Gebühren verdreifacht würden, dürften die Auftraggeber nur in wenigen Fällen durch die Gerichtsvollziehergebühren in ihrem Existenzminimum berührt werden. Die bisherigen Fälle der Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe in der Zwangsvollstreckung standen im Wesentlichen im Zusammenhang mit den höheren Kosten beigeordneter Rechtsanwälte. Insgesamt sind diese Fälle aber zu vernachlässigen. In Baden-Württemberg fielen im Jahr 2004 hochgerechnet etwa Aufwendungen in Höhe von 189 000 Euro für Rechtsanwälte an, die in der Zwangsvollstreckung beigeordnet wurden. Diese Aufwendungen verteilten sich auf etwa 1 650 Fälle, betrugen also durchschnittlich 114,55 Euro je Fall. Dem standen Gesamtaufwendungen für beigeordnete Rechtsanwälte in der ordentlichen Gerichtsbarkeit von 43,5 Millionen Euro gegenüber. Bedenkt man, dass im selben Zeitraum von den badenwürttembergischen Gerichtsvollziehern 1 225 832 Zwangsvollstreckungs- und sonstige Aufträge erledigt wurden, zeigt sich, dass die Zahl der Gläubiger, die eine um das dreifache erhöhte Pfändungsgebühr (60 Euro) nicht aus eigener Kraft aufbringen können, verschwindend gering ist. Zu bedenken ist auch, dass Prozesskostenhilfe nach einer aktuellen Untersuchung des Rechnungshofs Baden-Württemberg (LT-Drs. 013/4610, Anlage S. 8) zu über 70 Prozent in Familiensachen bewilligt wird. Die Vollstreckungsaufträge der Gerichtsvollzieher stammen dagegen ganz überwiegend aus dem Bereich allgemeiner zivilrechtlicher Streitigkeiten. Dies folgt schon daraus, dass nach Untersuchungen der Universität Konstanz (Effizienz der Zwangsvollstreckung, Zwischenbericht S. 17) über 60 Prozent der Vollstreckungstitel Vollstreckungsbescheide sind, denen nur in selten Fällen familienrechtliche Forderungen zugrunde liegen dürften. Dies bedeutet zugleich, dass der Großteil der Gläubiger entsprechend der in einer aktuellen Untersuchung ermittelten Verteilung der Antragsteller im Mahnverfahren gewerblich tätig ist. In diesen Fällen wird Prozesskostenhilfe nur selten in Betracht kommen. Selbst wenn die Staatskasse künftig nennenswerte Leistungen im Rahmen der Prozesskostenhilfe auch für die Kosten des Gerichtsvollziehers erbringen müsste, steht doch außer Zweifel, dass diese Mehraufwendungen durch die Einsparungen infolge des Abbaus der gegenwärtigen Subventionen mehr als ausgeglichen würden.

Das Gebot einer kostendeckenden Ausgestaltung der Gerichtsvollziehergebühren zeigt sich auch an einem Vergleich mit der Höhe der Gebühren anderer juristischer Berufe. Nach dem gegenwärtigen Gerichtsvollzieherkostenrecht nehmen die Gerichtsvollzieher für jeden durchgeführten Auftrag durchschnittlich nur etwa 13,80 Euro ein (Stand 2004, Gebühren einschließlich Dokumentenpauschale). Die Gebühren des Gerichtsvollziehers fallen danach neben den übrigen Vollstreckungskosten, etwa den Kosten eines vom Gläubiger beauftragten Rechtsanwalts, kaum ins Gewicht. Ein Rechtsanwalt erhält nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz für einen Zwangsvollstreckungsauftrag eine Gebühr von 0,3 (Nr. 3309 VV RVG). Diese Gebühr entspricht schon bei einer Forderungshöhe von 900 Euro einem Betrag von 19,50 Euro. Die Vergütung des Rechtsanwalts für die Erteilung des Vollstreckungsauftrags ist damit nach gegenwärtigem Recht regelmäßig höher als die Vergütung des Gerichtsvollziehers für seine Durchführung. Erst Recht liegen die gegenwärtigen Gerichtsvollziehergebühren unter den Kosten für die Einschaltung eines Inkassounternehmens. Zwar ist deren Vergütung gesetzlich nicht geregelt, im Hinblick auf die von den Instanzgerichten zwischenzeitlich oftmals angenommene Begrenzung der Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten orientieren sich Inkassounternehmen allerdings häufig an der Rechtsanwaltsvergütung mit der Folge, das für die Einziehung einer Forderung von 900 Euro leicht bis zu 100 Euro gefordert werden.

Ein Blick auf unsere europäischen Nachbarländer zeigt, dass dort ebenfalls deutlich höhere Gebühren erhoben werden. Eine Pfändung kostet beispielsweise in Belgien, dessen Gerichtsvollziehersystem dem Beleihungsmodell vergleichbar ist, 63,69 Euro (einschließlich der damit verbundenen Nebengeschäfte aber ohne Zeugenauslagen, Zustellungs- und Fahrtkosten). Für eine Zustellung fallen in Belgien bei einem Gegenstandswert von 1 000 Euro 55,68 Euro an (ohne Anschriftenprüfung und Fahrtkosten).

b) Inhaltliche Gestaltung der kostenrechtlichen Änderungen

Entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben sind bei der kostendeckenden Ausgestaltung der Gerichtsvollziehergebühren zum einen der Kostenaufwand des Beliehenen und zum anderen ein angemessener Betrag zum Bestreiten seines Lebensunterhalts zu berücksichtigen. Bei einer gesetzlichen Vergütungsregelung kann der daraus resultierende Gesamtbedarf im Wege einer Durchschnittsbetrachtung ermittelt werden.

Da sich der Inhalt der Gerichtsvollziehertätigkeit durch den Systemwechsel selbst nicht wesentlich ändert, ist bei der Bedarfermittlung in weitem Umfang auf die im gegenwärtigen System erhobenen Daten zurück zu greifen. Im Gegensatz zum gegenwärtigen System kann die Bedarfberechnung aber nicht nur als Ermittlung des tatsächlich anfallenden Aufwands verstanden werden. Stattdessen ist zu fragen, welche Umsatzerlöse ein beliehener Gerichtsvollzieher benötigt, damit er in einer Wettbewerbssituation effizient arbeiten kann und ausreichende unternehmerische Handlungsspielräume hat. Von besonderer Bedeutung sind dabei ein angemessener Betrag zu Deckung des Lebensunterhalts des Gerichtsvollziehers, der dem von ihm künftig zu übernehmenden wirtschaftlichen Risiko Rechnung trägt, sowie die erforderlichen Vorsorgeaufwendungen, die im bisherigen System überwiegend vom Dienstherrn getragen werden.

Angesichts ihrer Funktion bezieht sich die Ermittlung auf den jährlichen Bedarf eines durchschnittlichen Gerichtsvollziehers. Dabei wird unterstellt, dass im Beleihungssystem grundsätzlich ebenso viele Gerichtsvollzieher benötigt werden wie im gegenwärtigen System. Eine genauere Betrachtung wird erst im Rahmen der für die einzelnen Amtsbereiche durchzuführenden Bedürfnisprüfungen möglich sein. Bis dahin kann aber unterstellt werden, dass etwaige Überlasten im gegenwärtigen System durch Effizienzverbesserungen im Beleihungssystem ausgeglichen werden. Bei dem so errechneten Bedarf handelt es sich um einen rechnerischen Durchschnittswert, der je nach tatsächlichem Geschäftsanfall und Effizienz des Beliehenen unter- oder überschritten werden kann. Hinsichtlich der Versorgungsaufwendungen wird unterstellt, dass sich der Gerichtsvollzieher bereits als Berufsanfänger versichert und damit günstige Tarife sichert.

Angesichts der für den Einzelnen mit dem Systemwechsel verbundenen Risiken wurde eine zu enge Bemessung des Bedarfs vermieden. Insbesondere im Bereich der Vorsorgeaufwendungen sind für den Beliehenen noch Kostenoptimierungen möglich. Dies gilt beispielsweise für die Altersvorsorge. Beliehene Gerichtsvollzieher üben ihre Tätigkeit als Selbständige aus und sind deshalb vorbehaltlich des § 2 SGB VI nicht rentenversicherungspflichtig. Sie können und müssen selbst für ihre Altersvorsorge sorgen. Der Bedarfsberechnung liegt die Annnahme des Abschlusses einer privaten Rentenversicherung zugrunde. Alternativ dazu kommt aber die Errichtung eines Versorgungswerks nach dem Vorbild der berufsständischen Versorgung der Rechtsanwälte oder der Wirtschaftsprüfer in Betracht. Da ein Versorgungswerk im Gegensatz zu einem privaten Versicherer nicht auf Gewinnerzielung angelegt ist, kann dort ein vergleichbares Versorgungsniveau regelmäßig wesentlich günstiger erreicht werden. Dadurch ergäbe sich für die Beliehenen die Möglichkeit zur Reduzierung der Kosten um mehrere 100 Euro monatlich. Die Errichtung eines solchen Versorgungswerks ist angesichts der Rentenversicherungsfreiheit Selbständiger trotz § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a SGB VI möglich. Sie obliegt allerdings dem Landesgesetzgeber und kann deshalb nicht im Rahmen dieses Gesetzentwurfs erfolgen. Soweit sich der Landesgesetzgeber zur Errichtung eines Versorgungswerks für Gerichtsvollzieher oder zur Eingliederung der Gerichtsvollzieher in ein bestehendes Versorgungswerk entschließt, muss er beachten, dass ein Versorgungswerk eine gewisse Mindestanzahl von Mitgliedern benötigt, um eine umfassende, auf Risikoausgleich angelegte und kostengünstige Absicherung anbieten zu können. Selbst wenn das Versorgungswerk ein Kapitaldeckungsverfahren vorsieht, muss das Risiko der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsminderung vom Versichertenkollektiv getragen werden, da die entspreche nden Leistungen durch die Beiträge des Versicherten jedenfalls in jungen Jahren nicht ausfinanziert sind. Zur angemessenen Verteilung dieses Risikos ist aus versicherungsmathematischer Sicht ein Mindestbestand von etwa 1 000 Mitgliedern erforderlich; idealerweise sollten langfristig mindestens 2 000 bis 3 000 Mitglieder eintreten. Zur Sicherung eines ausreichenden Mitgliederbestands kann im Gesetz zur Errichtung des Versorgungswerks grundsätzlich eine Pfli.htm .tgliedschaft vorgesehen werden. Im Hinblick auf die gegenwärtige und die künftig zu erwartende Zahl der Gerichtsvollzieher erscheint ein eigenständiges Versorgungswerk für Gerichtsvollzieher dennoch nur als länderübergreifende Einrichtung sinnvoll. Nach dem Vorbild des Versorgungswerks der Wirtschaftsprüfer im Land Nordrhein-Westfalen wäre eine länderübergreifende Versorgung durch Staatsvertrag möglich.

Insgesamt ergibt sich nach der Bedarfsermittlung ein jährlicher Gesamtbedarf von etwa 120 000 Euro je beliehenem Gerichtsvollzieher. Dieser Betrag liegt knapp über den Umsatzerlösen von Vollzeit-Einzelanwälten in den alten Ländern, die im Jahr 2002 durchschnittlich 116 000 Euro betrugen (Oberlander, STAR: Umsatz- und Einkommensentwicklung der Rechtsanwälte 1993 bis 2002). Im Einzelnen setzt sich der Bedarf wie folgt zusammen:

Ansatz Anmerkung Betrag Euro
Sachkosten 13 000
Raumkosten 6 600
Ausstattungskosten (EDV u.a.) 3 600
Sonstige Kosten (Sachversicherung, Büromaterial, Literatur, Verzinsung) 2 800
Personalkosten Kosten einer Schreibkraft 24 000
Teilzeitkraft 65% bei Mischsatz BAT VII / BAT VIb einschließlich Sonderzahlungen und Arbeitgeberanteilen an der Sozialversicherung
Vorsorgeaufwendungen 28 000
Berufshaftpflichtversicherung 1 000
Krankenversicherung 6 700
Unfallversicherung 2 500
Berufsunfähigkeitsversicherung 2 600
Altersvorsorge 15 000
Beteiligung an Ausbildungskosten,
Kostenpauschale
Kammerbeitrag, etwaige zusätzliche Krankentagegeldversicherung 5 000
Entgelt für die eigene Tätigkeit 50 000
Gesamtbedarf 120 000

Auf der Grundlage der Anzahl von derzeit 4 807,92 vorhandenen Gerichtsvollzieherstellen (Stand 2004) errechnet sich daraus ein Gesamtbedarf von jährlich etwa 577 Millionen Euro. Stellt man diesem Gesamtbedarf das nach gegenwärtigem Kostenrecht erzielte Gebührenaufkommen (Stand 2004, einschließlich der einen Teil der Sachkosten abdeckenden Dokumentenpauschale) von etwa 232 Millionen Euro gegenüber, ergibt sich eine Unterdeckung von etwa 345 Millionen Euro, um die das Gesamtgebührenaufkommen erhöht werden muss.

Die erforderliche Erhöhung des Gebührenaufkommens wird sozialverträglich ausgestaltet.

Ein wesentlicher Teil des zusätzlichen Gebührenaufkommens entfällt auf die an Stelle der vormaligen Hebegebühr nach Nr. 430 KV GvKostG von 3 Euro für die Entgegennahme einer Zahlung neu geschaffene Erfolgsgebühr. Die bislang nur in der Differenzierung zwischen erledigten und nicht erledigten Aufträgen im GvKostG angelegte Erfolgsorientierung wird damit wesentlich verstärkt. Dies trägt zum einen dem Anliegen der Reform Rechnung, die Effizienz der Zwangsvollstreckung durch Leistungsanreize zu verbessern. Zum anderen setzt die Erfolgsgebühr das Verursacherprinzip konsequent um. Da die Gebühr nur anfällt, soweit der Gläubiger, der den Gerichtsvollzieher beauftragt hat, befriedigt wird, wird sie regelmäßig nur in den Fällen erhoben, in denen der Schuldner zahlungsfähig ist. Hier kann der Auftraggeber die Gebühr regelmäßig nach § 788 ZPO an den Schuldner weiterreichen. Die damit verbundene zusätzliche Belastung des Schuldners ist nicht unangemessen. Schließlich hätte er es in der Hand gehabt, angesichts der Titulierung der Forderung des Gläubigers freiwillig zu leisten. Bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Auftraggeber wird entweder der Gerichtsvollzieher die Erfolgsgebühr - vorbehaltlich des § 125 Abs. 1 ZPO - beim Schuldner erheben oder die Staatskasse nach Zahlung der Erfolgsgebühr an den beigeordneten Gerichtsvollzieher ihre Aufwendungen nach dem Vorbild des § 59 RVG beim Schuldner beitreiben können (vgl. § 17e GvKostG-E). Soweit der Schuldner zwar die Vollstreckungsforderung, aber nicht die Erfolgsgebühr aufbringen kann, ergibt sich für die Staatskasse in vielen Fällen die Möglichkeit, auf den Vollstreckungserlös zuzugreifen, der an den Auftraggeber abgeführt wurde. Da der Vollstreckungserlös die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Auftraggebers verbessert, werden häufig die Voraussetzungen für eine Änderung des Bewilligungsbeschlusses nach § 120 Abs. 4 ZPO und die Anordnung von Zahlungen aus dem um den Vollstreckungserlös vermehrten Vermögen des Auftraggebers vorliegen.

Die zur Kostendeckung erforderliche Erhöhung des Gebührenaufkommens kann allerdings nicht ausschließlich durch die neue Erfolgsgebühr umgesetzt werden. Zum einen ist die Erfolgsgebühr mit 5 Prozent der an den Auftraggeber abgelieferten Beträge ausreichend bemessen. Zum anderen kann das wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung nicht vollständig vom Auftraggeber auf den Gerichtsvollzieher verlagert werden. Während sich der Auftraggeber den Schuldner in der Regel frei aussuchen konnte, ist der Gerichtsvollzieher grundsätzlich zur Übernahme der ihm übermittelten Vollstreckungsaufträge verpflichtet (§ 2 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E).

Daher ist neben der Erfolgsgebühr eine Erhöhung der bestehenden Gebühren unerlässlich. Da die Gebühren hier weiterhin an konkret durchgeführte Tätigkeiten anknüpfen, ist auch insoweit ein Leistungsanreiz gewährleistet. Im Vordergrund der Änderung steht hier allerdings die Deckung des beim Gerichtsvollzieher entstehe nden Aufwands. Da die gegenwärtige Höhe der Gebühren den Aufwand nicht deckt, sind die vorhandenen Gebührentatbestände anhand eines allgemeinen Umrechnungsfaktors zu erhöhen. Diese Erhöhung ist gleichmäßig vorzunehmen. Auch wenn dem Verhältnis der gegenwärtigen Gebührentatbestände zueinander keine eingehende arbeitsanalytische Untersuchung zugrunde liegt, ist doch die Notwendigkeit einer diesbezüglichen Änderung, die sich der Gesetzgeber ausdrücklich offen gehalten hatte (BT-Drs. 014/3432, S. 46), bislang nicht zu Tage getreten.

Von der Erhöhung des Gebührenaufkommens sind die Bestimmungen über Auslagen, insbesondere das Wegegeld (Nr. 811 KV GvKostG-E) und die Dokumentenpauschale (Nr. 800 KV GvKostG-E), grundsätzlich ausgenommen. Das Wegegeld deckt schon jetzt die anfallenden Kosten. Dementsprechend wurden die Fahrkosten der Außendiensttätigkeit des Gerichtsvollziehers bei der Bedarfsermittlung nicht berücksichtigt. Die Dokumentenpauschale entspricht im Wesentlichen der Vergütungsregelung der Rechtsanwälte, die ebenfalls kostendeckend ist.

Neben der kostendeckenden Ausgestaltung der Gerichtsvollziehergebühren enthält der Entwurf die durch den Wegfall des Beamtenstatus der Gerichtsvollzieher bedingten Änderungen der allgemeinen Bestimmungen des Gerichtsvollzieherkostenrechts. Dazu gehören etwa die Beschränkung von Gebührenvereinbarungen, der Wegfall des Kostenansatzes, ein Auslagentatbestand für die auf die Gerichtsvollzieherkosten entfallende Umsatzsteuer oder eine Regelung zur Vergütung von Gerichtsvollziehern, die im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnet werden.

Die Änderungen der allgemeinen Regelungen orientieren sich hauptsächlich am Kostenrecht der Notare. Wo die Regelungen des notariellen Kostenrechts den Besonderheiten der Gerichtsvollziehertätigkeit nicht gerecht werden, wird auf die entsprechenden Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes rekurriert. Dies gilt beispielsweise für die Vergütung des beigeordneten Gerichtsvollziehers, der angesichts der deutlich geringeren Gebührenhöhe anders als der Notar bei bedürftigen Parteien nicht zum unentgeltlichen Tätigwerden verpflichtet werden kann. Ähnliches gilt für die Befugnis zur Titulierung der eigenen Kostenrechnung, die beim Gerichtsvollzieher, der im Gegensatz zum Notar selbst vollstrecken kann, auf Bedenken stößt.

Hinsichtlich der Verjährung der Kostenforderungen entspricht § 8 GvKostG schon jetzt der für Notare geltenden Regelung in § 17 i.V.m. § 143 Abs. 1 KostO. Zwingende Gründe für eine Änderung im Zuge der Umstellung auf das Beleihungssystem bestehen nicht. Von einer Verzinsung der Kostenforderungen nach dem Vorbild des § 154a KostO wurde allerdings abgesehen. Für die Kostenforderungen der Gerichtsvollzieher ist eine gesetzliche Verzinsung nicht geboten, da sie der Höhe nach erheblich geringer sind als diejenigen der Notare, so dass keine nennenswerten Zinseinnahmen zu erwarten sind. Hinzu kommt, dass Gerichtsvollzieher durch die Erhebung von Vorschüssen das Entstehen von Zahlungsrückständen weitgehend verhindern können.

Zu den bedeutsamsten Änderungen der allgemeinen Vorschriften im Zuge des Wechsels zum Beleihungssystem zählt der Wegfall der Kostenfreiheit der öffentlichen Hand. Da der Gerichtsvollzieher künftig auf eigene Rechnung tätig wird, stellt die Kostenerhebung bei der öffentlichen Hand keine bloße Umschichtung im öffentlichen Bereich mehr dar. Die öffentliche Hand wird dadurch nicht unangemessen benachteiligt. Im Gegenteil zählt ihre Kostenfreiheit zu den Privilegien öffentlichrechtlicher Auftraggeber, die im Zuge der Reform der Zwangsvollstreckung abzubauen sind. Zudem steht es ihnen in der Regel frei, eigene Vollziehungsbeamte mit der Vollstreckung zu beauftragen.

Die neuen Kostentatbestände und die geänderten allgemeinen Bestimmungen gelten grundsätzlich in gleicher Weise für die beliehenen Gerichtsvollzieher wie für die übergangsweise noch tätigen Beamten. Zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der beliehenen Gerichtsvollzieher ist es unabdingbar, das neue Kostenrecht einheitlich mit dem Beginn der siebenjährigen Übergangsphase in Kraft zu setzen, während der an Stelle bislang beamteter Gerichtsvollzieher mehr und mehr Beliehene eingesetzt werden. Die von der Staatskasse aus der Tätigkeit der beamteten Gerichtsvollzieher vereinnahmten höheren Gebühren werden zur Finanzierung der Einkommenssicherung für Statuswechsler in der Übergangsphase, für die anfängliche Beteiligung des Staates an den Ausbildungskosten im Akademiemodell sowie andere Kosten um Rahmen der Vollziehung des Systemwechsels benötigt. Die Anwendung der neuen kostenrechtlichen Vorschriften auf die vorübergehend weiter eingesetzten Beamten bedarf allerdings einiger Einschränkungen. Dies gilt beispielsweise für die Vergütung von Gerichtsvollziehern, die bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe beigeordnet werden. Hier ist ein unnötiges Hin- und Herzahlen innerhalb der Staatskasse zu vermeiden. Da die entsprechenden Sonderbestimmungen nur eine begrenzte Geltungsdauer haben, sind sie in einem eigenständigen 5. Abschnitt zusammengefasst, der nach Ende der Übergangsphase aufgehoben werden kann.

2. Veränderung des Gebührenaufkommens

Zur Ermittlung des erforderlichen Gebührenaufkommens sind die Verhältnisse von drei Jahren (2002 bis 2004) zu betrachten, um Verfälschungen durch jährliche Schwankungen auszuschließen. Der Gesamtbedarf an Gebühreneinnahme für die Jahre 2002 bis 2004 sowie im Dreijahresdurchschnitt errechnet sich aus dem jährlichen Gebührenbedarf von 120 000 Euro je Gerichtsvollzieher und der jeweiligen Zahl der bundesweit eingesetzten Gerichtsvollzieher wie folgt:

Erforderliches Gebührenaufkommen 2002 2003 2004 Durchschnitt
Gebührenbedarf je Gerichtsvollzieher120 000 120 000 120 000 120 000
Zahl der eingesetzten Gerichtsvollzieher 4 674,18 4 754,62 4 807,92 4 745,57
Gesamtbedarf Gebührenaufkommen 560 901 600 570 554 400 576 950 400 569 468 800

Die zur Deckung dieses Gesamtbedarfs gebotene Erhöhung des Gebührenaufkommens wird auf drei Wegen erreicht.

Im Zentrum stehen die Einnahmen aus der neu geschaffenen Erfolgsgebühr in der Geldvollstreckung. Diese lassen sich anhand der jährlich ermittelten Vollstreckungserlöse in der Geldvollstreckung und des auf 5 Prozent festgelegten Gebührensatzes vergleichsweise sicher prognostizieren:

Erfolgsgebühr (Geldvollstreckung) 2002 2003 2004Durchschnitt
Vollstreckungserlöse bundesweit 1 577 480 147 1 604 212 731 1 624 423 970 1 602 038 950
Gebührensatz 5% 5% 5% 5%
Rohertrag 78 874 007 80 210 637 81 221 199 80 101 947

Ein Blick auf die Jahre 2002 bis 2004 zeigt, dass die Vollstreckungserlöse schon jetzt tendenziell zunehmen. Angesichts der Effizienzverbesserungen im Zuge des Beleihungssystems ist mit einer Fortsetzung dieses Trends zu rechnen.

Bei der Berechnung der Gebührenmehreinnahmen ist zu bedenken, dass die künftig entfallenden Einnahmen aus der Hebegebühr nach Nr. 430 KV GvKostG vom Rohertrag abzuziehen sind. Verlässliche statistische Daten zur Höhe des damit verbundenen Einnahmeausfalls fehlen zwar. Angesichts der geringen Höhe der Hebegebühr ist aber davon auszugehen, dass dieser Einnahmenausfall durch gegenläufige Effekte ausgeglichen wird, die bei der Gebührenprognose ebenfalls nicht detailliert ermittelt werden können. Zwar kann die nur einmal je Auftrag anfallende Mindesterfolgsgebühr in Einzelfällen geringer ausfallen als die bisherige Hebegebühr. Dies betrifft allerdings nur die Vollstreckung von Kleinstforderungen durch Einziehung einer Vielzahl einzelner Teilbeträge. Angesichts der Unwirtschaftlichkeit der Einziehung einer Vielzahl von Kleinstraten für alle Beteiligten werden diese Fälle aber nur selten sein. Hinzu kommt, dass die Erfolgsgebühr im Gegensatz zur Hebegebühr nicht nur auf die Vollstreckungserlöse in der Geldvollstreckung erhoben wird, sondern auch bei der Herausgabevollstreckung anfällt. Zwar können die damit verbundenen Mehreinnahmen nicht konkret beziffert werden, da die Fälle erfolgreicher Herausgabevollstreckungen nicht langjährig statistisch erhoben wurden. Angesichts der höheren Erfolgsquote bei der Herausgabevollstreckung wird die Erfolgsgebühr hier nicht selten vereinnahmt werden können.

Die Begrenzung der Erfolgsgebühr auf 500 Euro gebietet keine Korrektur der erwarteten Mehreinnahmen. Der Höchstbetrag wird erst bei einem Vollstreckungserlös von 10 000 Euro erreicht. Da der ganz überwiegende Teil der Vollstreckungsaufträge Forderungen unter 1 000 Euro betrifft (vgl. Universität Konstanz, Effizienz der Zwangsvollstreckung, Zwischenbericht S. 16 ff.), wird der Vollstreckungserlös nur in seltenen Ausnahmefällen 10 000 Euro übersteigen. Die Deckelung der Erfolgsgebühr wird deshalb das Gebührenaufkommen nicht nennenswert mindern.

Daneben sind die Mehreinnahmen aus dem Wegfall der Kostenfreiheit der öffentlichen Hand zu berücksichtigen. Zur Berechnung der Einnahmen aus Justizaufträgen sind die statistisch gesondert erfassten Aufträge der Justiz mit den durchschnittlichen Einnahmen des Gerichtsvollziehers je Auftrag zu multiplizieren. Die durchschnittlichen Einnahmen je Auftrag sind zu errechnen, indem man das künftige Gebührenaufkommen durch die Zahl der Vollstreckungsaufträge teilt. Bei der Ermittlung des künftigen Gebührenaufkommens ist zu berücksichtigen, dass - wie im Folgenden noch dargestellt wird - die Gebühren, nicht aber die Dokumentenpauschale um den Faktor 2,30 erhöht werden sollen. Danach ergeben sich folgende Mehreinnahmen:

Wegfall der Kostenfreiheit der Justiz 2002 2003 2004 Durchschnitt
Zahl der Justizaufträge bundesweit 541 963 508 099 524 473 524 845
x Durchschnittliche Einnahmen je Auftrag 27,81 29,01 29,76 28,86
Gebühreneinnahmen ohne Dok.pauschale 202 904 000 209 970 647 215 548 085 209 474 244
x Umrechnungsfaktor 2,30 466 679 200 482 932 487 495 760 595 481 790 761
+ Einnahmen aus Dokumentenpauschale 15 801 000 15 726 892 16 223 380 15 91 091
÷ Zahl der Vollstreckungsaufträge insgesamt 17 348 025 17 189 160 17 203 149 17 246 778
Mehreinnahmen 15 072 979 14 740 007 15 608 873 15 147 027

Da der Wegfall der Kostenfreiheit nicht nur die Justiz, sondern auch andere öffentlichrechtliche Auftraggeber betrifft, dürften die damit verbundenen Mehreinnahmen tatsächlich noch höher liegen. Insoweit wären die Mehreinnahmen allerdings nicht gesichert, da sich die öffentlichrechtlichen Auftraggeber durch die Beauftragung eigener Vollziehungsbeamter an Stelle des Gerichtsvollziehers dem neuen Gerichtsvollzieherkostenrecht in weitem Umfang entziehen könnten. Mehreinnahmen werden sich außerdem aus dem Wegfall der Kostenfreiheit der Gerichtsvollziehertätigkeit bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ergeben. Der beliehene Gerichtsvollzieher erhält hier künftig wie der beigeordnete Rechtsanwalt eine Vergütung aus der Staatskasse. Da angesichts der weiterhin überschaubaren Gebührenhöhe und der Regelung des § 115 Abs. 4 ZPO, wonach keine Prozesskostenhilfe bewilligt wird, wenn die Kosten der Prozessführung vier Monatsraten des von der Partei einzusetzenden Einkommens nicht übersteigen keine erhebliche Zahl von Beiordnungen zu erwarten ist, können entsprechende Mehreinnahmen auch nicht in die Kostendeckungsrechnung eingestellt werden.

Der verbleibende Gebührenfehlbetrag ist durch eine gleichmäßige Erhöhung der bestehenden Gebühren zu decken. Der Umrechnungsfaktor für die Gebührenerhöhung ist zu ermitteln, indem von dem Gesamtgebührenbedarf die geschätzten Gebührenmehreinnahmen durch die neu geschaffene Erfolgsgebühr und durch den Wegfall der Kostenfreiheit der Justiz abgezogen werden. Setzt man hiervon noch die gegenwärtigen Einnahmen aus der nicht zu ändernden Dokumentenpauschale ab, ergibt sich das zur Kostendeckung erforderliche Gebührenaufkommen. Stellt man das gegenwärtige Gebührenaufkommen dazu ins Verhältnis, erhält man den Umrechnungsfaktor zur Änderung der bestehenden Gebühren.

Ermittlung Umrechnungsfaktor 2002 2003 2004 Durchschnitt
Gesamtbedarf 560 901 600 570 554 400 576 950 400 569 468 800
abzgl. Einnahmen Erfolgsgebühr 78 874 007 80 210 637 81 221 199 80 101 947
abzgl. Einnahmen Justizaufträge 15 072 979 14 740 007 15 608 873 15 147 027
abzgl. Einnahmen Dokumentenpausch. 15 801 000 15 726 892 16 223 380 15 917 091
ergibt Gebührenfehlbetrag 451 153 614 459 876 864 463 896 948 458 309 146
durch derzeitige Gebühreneinnahmen 202 904 000 209 970 647 215 548 085 209 474 184
rechnerischer Umrechnungsfaktor 2,22 2,19 2,15 2,19

Danach ergibt sich ein Umrechnungsfaktor zwischen 2,15 und 2,22. Im Dreijahresdurchschnitt beträgt der erforderliche Gebührenerhöhungsfaktor 2,19. Auf der Grundlage einer Durchschnittsbetrachtung könnte eine Erhöhung der bestehenden Gebühren um den Faktor 2,20 ausreichen. Da nicht auszuschließen ist, dass die Gebühreneinnahmen der Gerichtsvollzieher im Falle einer Besserung der allgemeinen Wirtschaftslage in künftigen Jahren sinken, ist aber an Stelle des Durchschnittswerts vom Wert des Jahres 2002 auszugehen, das den größten Erhöhungsbedarf aufweist. Wird dieser Wert aufgerundet, um glatte Gebührenbeträge zu erhalten, ergibt sich der Umrechnungsfaktor 2,30. Daraus resultieren folgende Mehreinnahmen:

Erhöhung der vorhandenen Gebühren 2002 2003 2004 Durchschnitt
Gebühreneinnahmen bundesweit 202 904 000 209 970 647 215 548 085 209 474 244
Umrechnungsfaktor 2,300 2,300 2,300 2,30
Neues Gesamtgebührenaufkommen 466 679 200 482 932 487 495 760 595 481 790 761
Mehreinnahmen 263 775 200 272 961 841 280 212 510 272 316 517

In der Zusammenschau der Einnahmen aus der neu geschaffenen Erfolgsgebühr, der Mehreinnahmen aus dem Wegfall der Kostenfreiheit der Justiz und der Mehreinnahmen durch die Erhöhung der vorhandenen Gebührentatbestände kann der festgestellt Bedarf wie folgt gedeckt werden:

Gesamtbetrachtung 2002 2003 2004 Durchschnitt
Kostenunterdeckung -342 196 600 -344 856 861 -345 178 935 -344 077 465
Mehreinnahmen 357 722 186 367 912 484 377 042 582 367 566 413
- davon Erfolgsgebühr 78 874 007 80 210 637 81 221 199 80 101 947
- davon Wegfall Kostenfreiheit Justiz 15 072 979 14 740 007 15 608 873 15 147 027
- davon Erhöhung vorhandene Gebühren 280 212 510 272 961 841 263 775 200 272 316 439
Saldo 15 525 586 23 055 623 31 863 647 23 487 888

Durchschnittlich ergibt sich damit eine geringe Überdeckung von bundesweit 23 Millionen Euro, die sich allerdings auf durchschnittlich 4 746 eingesetzte Gerichtsvollzieher verteilt und damit je Gerichtsvollzieher knapp 5 000 Euro jährlich beträgt. Diese Überdeckung dient dazu, das neue Vergütungssystem gegen Unwägbarkeiten abzusichern.

Aus Sicht der Auftraggeber sind die Gebührenerhöhungen überschaubar.

Für die öffentliche Hand lässt sich dies wiederum anhand der Mehrkosten der Justiz durch den Wegfall der Kostenfreiheit für die dortigen Vollstreckungsaufträge darstellen:

Aufträge der Justiz 2002 2003 2004 Durchschnitt
geschätzte Gebühren 15 072 979 14 740 007 15 608 873 15 147 027
Umsatzsteuer (19 %) 2 863 866 2 800 601 2 965 686 2 876 717
Mehraufwand 17 936 845 17 540 608 18 574 559 18 017 332

Dabei wurde berücksichtigt, dass zu den auf der Grundlage der gegenwärtigen durchschnittlichen Gebühren geschätzten, um den Umrechnungsfaktor erhöhten Gebühren auch noch die auf die Gerichtsvollzieherkosten zu entrichtende Umsatzsteuer hinzu kommt. Entsprechende Mehrkosten können bei anderen öffentlichrechtlichen Auftraggebern anfallen, soweit sie sich nicht eigener Vollziehungsbeamter bedienen.

Auch aus Sicht der übrigen Auftraggeber bleiben die Kosten der Zwangsvollstreckung in einem angemessenen Rahmen. Stellt man das neue Gebührenaufkommen insgesamt dem derzeitigen gegenüber, ergibt sich einschließlich Umsatzsteuer in etwa eine Erhöhung um den Faktor 3,13. Ist der Auftraggeber vorsteuerabzugsberechtigt, erhöhen sich für ihn die Kosten im wirtschaftlichen Ergebnis nur etwa um den Faktor 2,63:

Mehrbelastung der Auftraggeber 2002 2003 2004 Durchschnitt
Gesamtgebührenaufkommen alt 218 705 000 225 697 539 231 771 465 225 391 335
Gesamtgebührenaufkommen neu ohne USt 576 427 186 593 610 023 608 814 047 592 950 419
Mehrbelastung ohne Umsatzsteuer 2,64 2,63 2,63 2,63
Umsatzsteuer (19 %) 109 521 165 112 785 904 115 674 669 112 660 580
Gesamtgebührenaufkommen neu mit USt 685 948 352 706 395 927 724 488 716 705 610 998
Mehrbelastung mit Umsatzsteuer 3,14 3,13 3,13 3,13

Bei der Bewertung dieser Erhöhung sind die geringen Ausgangswerte der gegenwärtigen Gebühren zu bedenken. Dies wird anhand konkreter Fallbeispiele deutlich. Auf die Berücksichtigung von Auslagen wurde dabei zur besseren Übersicht und im Hinblick auf deren Ausnahme von der allgemeinen Erhöhung (z.B. bei Wegegeld und Dokumentenpauschale) verzichtet:

Fallbeispiel 1 (Werte in Euro) Gebühren alt Gebühren neu
zu vollstreckende Forderung 15 000,00
Verwertungserlös nach Pfändung Pkw*) 10 000,00
Nr. 205 KV GvKostG 20,00 46,00
Nr. 300 KV GvKostG 40,00 92,00
Nr. 400 KV GvKostG-E 0,00 500,00
Nr. 814 KV GvKostG-E 0,00 103,74
Nettoerlös Gläubiger 9 940,00 9 258,26
*) Es wird unterstellt, dass Pfändung und Verwertung jeweils nicht mehr als 3 Stunden dauerten.
Fallbeispiel 2 (Werte in Euro) Gebühren alt Gebühren neu
zu vollstreckende Forderung 900,00
gütliche Erledigung durch 6 Raten zu 150 nach erfolglosem Fahrnispfändungsversuch 900,00
Nr. 430 KV GvKostG 18,00 0,00
Nr. 604 KV GvKostG (Nr. 704 KV GvKostG-E) 12,50 28,75
Nr. 402 KV GvKostG-E 0,00 45,00
Nr. 814 KV GvKostG-E 0,00 14,02
Nettoerlös Gläubiger 869,50 812,23
Fallbeispiel 3 (Werte in Euro) Gebühren alt Gebühren neu
zu vollstreckende Forderung 5 000,00
Erledigung durch Abnahme e.V. nach erfolglosem Fahrnispfändungsversuch
Nr. 604 KV GvKostG (Nr. 704 KV GvKostG-E) 12,50 28,75
Nr. 260 KV GvKostG 30,00 69,00
Nr. 814 KV GvKostG-E 0,00 18,58
Nettoerlös Gläubiger -42,50 -116,33
Fallbeispiel 4 (Werte in Euro) Gebühren alt Gebühren neu
Räumung Mietwohnung mit Jahresmiete*) 8 400,00
(Speditionskosten wurden nicht berücksichtigt)
Nr. 240 KV GvKostG 75,00 172,50
Nr. 500 KV GvKostG (Nr. 600 GvKostG-E) 45,00 103,50
Nr. 404 KV GvKostG-E 0,00 420,00
Nr. 814 KV GvKostG-E 0,00 132,24
Nettoerlös Gläubiger (ohne Wert der geräumten Sache) -120,00 -828,24
*) Es wird unterstellt, dass die Amtshandlung vor Ort 6 Stunden dauerte.

Die Fallbeispiele zeigen, dass die kostendeckende Ausgestaltung der Gerichtsvollziehergebühren keineswegs zu unangemessenen Ergebnissen führt. Die Vollstreckung von Kleinforderungen unter 1 000 Euro kann weiterhin wirtschaftlich betrieben werden (Fallbeispiel 2). Bleibt der Vollstreckungserfolg aus, sind die Mehrkosten des Auftraggebers überschaubar (Fallbeispiel 3). Ist die Vollstreckung dag egen erfolgreich, fallen zwar deutlich höhere Gebühren an. Im Vergleich zu dem an den Auftraggeber ausgekehrten Nettoerlös sind die Gebühren aber moderat (Fallbeispiel 1). Eine deutliche Erhöhung der Gebühren ergibt sich bei der erfolgreichen Räumungsvollstreckung (Fallbeispiel 4). Dies ist aber nicht unangemessen, da der Gerichtsvollzieher hierfür nicht selten einen ganzen Arbeitstag aufwenden muss.

3. Alternative Gestaltungsmöglichkeiten zu den kostenrechtlichen Änderungen

Alternativen zur kostendeckenden Ausgestaltung der Gerichtsvollziehergebühren bestehen nicht.

Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich verpflichtet, eine gesetzliche Regelung der Vergütung des beliehenen Gerichtsvollziehers so zu gestalten, dass der Kostenaufwand und der Lebensunterhalt daraus bestritten werden können. Eine Beibehaltung der gegenwärtigen staatlichen Subventionierung der Gerichtsvollziehertätigkeit kommt nicht in Betracht. Zwar wären staatliche Ausgleichszahlungen an die beliehenen Gerichtsvollzieher zur Sicherung des Lebensunterhalts denkbar. Damit würden aber die mit der Umstellung zum Beleihungssystem beabsichtigen Effizienzsteigerungen in Frage gestellt. Reformziel ist die Verbesserung der Effizienz der Zwangsvollstreckung durch die Schaffung von Leistungsanreizen. Entscheidend dafür ist, dass der beliehene Gerichtsvollzieher im Wettbewerb mit anderen auf eigene Rechnung tätig wird. Stammte das Einkommen des Beliehenen zu einem wesentlichen Teil nicht aus den von ihm vereinnahmten Gebühren, sondern aus staatlichen Subventionen, gingen die entscheidenden Leistungsanreize verloren. Würden staatliche Subventionszahlungen ausschließlich nach Beleihungsstellen bemessen, wäre jedes Leistungsmoment ausgeschaltet. Eine Orientierung am Vollstreckungserfolg wäre ebenfalls nicht überzeugend. Damit würde das mit der Erfolgsgebühr bereits angemessen berücksichtigte Erfolgsmoment überbetont. Zudem würden in diesem Fall ebenso wie im Fall einer Ausrichtung am Kostenaufwand des Gerichtsvollziehers die für den Reformbedarf im gegenwärtigen System mit ausschlaggebenden Schwierigkeiten der Bürokostenentschädigung perpetuiert. Die Ermittlung der staatlichen Zuwendungen würde sich nicht nur aufwändig gestalten, sondern wäre auch in erheblichem Maße streitanfällig.

Zwar wäre eine Erweiterung des Aufgabenkreises um andere Tätigkeiten im Bereich der Zwangsvollstreckung denkbar. Eine kostendeckende Ausgestaltung der Gebühren für die gegenwärtige Gerichtsvollziehertätigkeit könnte dadurch aber nur vermieden werden, wenn die neuen Aufgaben entsprechende Überschüsse garantierten, die eine Mischfinanzierung ermöglichten. Die Kostenregelungen des Zwangsvollstreckungsrechts sind allerdings insgesamt nicht kostendeckend. Dies gilt insbesondere für die Forderungspfändung, deren Übertragung auf den beliehenen Gerichtsvollzieher seitens des DGVB gefordert wurde. Erhebungen zum Kostendeckungsgrad der Forderungspfändung durch den Rechtspfleger bei den Vollstreckungsgerichten zeigen, dass allein die jährlich anfallenden Personalvollkosten (zu Grunde gelegt wurde der Einsatz von 345 AKA Rechtspfleger mit je 70 940 Euro sowie der Einsatz von 848 AKA Servicekräfte mit je 56 398 Euro) gut 72 Millionen Euro bundesweit betragen. Demgegenüber belaufen sich die Einnahmen aus der Gebühr nach Nr. 2110 KV GKG jährlich nur auf 24 Millionen Euro. Es ist nicht ersichtlich, wie die bereits ohne Berücksichtigung der Sachkosten bei nur 33 Prozent liegende Kostendeckungsquote durch eine Übertragung der Forderungspfändung auf den Gerichtsvollzieher verbessert werden könnte. Im Gegenteil ist zu befürchten, dass die Verteilung der derzeit bei spezialisierten Rechtspflegern und Unterstützungskräften der Vollstreckungsgerichte konzentrierten Aufgabe auf eine Vielzahl einzelner Gerichtsvollzieher den Personalaufwand tendenziell noch erhöht.

Nichts anderes würde gelten, wenn der Aufgabenkreis des Gerichtsvollziehers um die im deutschen Recht bislang unbekannte Beitreibung vorgerichtlicher Forderungen durch den Gerichtsvollzieher angereichert würde. Gesicherte Erkenntnisse über den zu erwartenden Anfall von Verfahren liegen nicht vor. Zwar wurde aus verschiedenen Kreisen Interesse an einem Verfahren bekundet, das die Titulierung nicht streitiger Forderungen durch den Gerichtsvollzieher im Auftrag des Gläubigers nach persönlicher Kontaktaufnahme mit dem Schuldner ermöglicht. Das tatsächliche Nachfragepotenzial hängt aber in erheblichem Maß von den für das Verfahren zu erhebenden Gebühren ab. Angesichts eines voraussichtlichen Zeitaufwands von gut einer Stunde je Verfahren ist davon auszugehen, dass eine kostendeckende Gebühr mindestens 60 bis 70 Euro je Auftrag betragen müsste. Fiele diese Gebühr nur im Erfolgsfall an, müsste der beliehene Gerichtsvollzieher den Aufwand der übrigen Fälle aus seinen sonstigen Einnahmen bestreiten. Würde die Gebühr dagegen in jedem Fall erhoben, ist ein hinreichendes Nachfragepotenzial nicht gesichert. Hinzu kommt, dass eine nur kostendeckende Gebühr noch keine Einnahmeüberschüsse zur Quersubventionierung anderer Bereiche erwarten ließe. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass eine erfolgreiche vorgerichtliche Forderungsbeitreibung potenziell einen Rückgang der Gebühreneinnahmen im Bereich der Zwangsvollstreckungsaufträge nach sich ziehen könnte.

Die dem beliehenen Gerichtsvollzieher eröffneten freiwilligen Tätigkeiten (z.B. Durchführung freiwilliger Versteigerungen) können aus rechtlichen Gründen nicht in wesentlichem Umfang für eine Mischfinanzierung herangezogen werden. Könnte die Tätigkeit des beliehenen Gerichtsvollziehers nur durch eine Mischfinanzierung zwischen hoheitlichen Pflichtaufgaben und freiwilligen privatrechtlichen Aufgaben kostendeckend ausgestaltet werden, wäre die Vergütungsregelung mit erheblichen verfassungsrechtlichen Risiken behaftet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. März 1978 - 1 BvR 786, 793/70 , 168/71 und 095/73 -, BVerfGE 47, 285 <319, 321>).

Auch bei der inhaltlichen Gestaltung der Kostenrechtsänderungen bestehen keine Alternativen. Die vorgesehene Erfolgsgebühr entspricht dem Grundanliegen der Reform, die Effizienz der Zwangsvollstreckung durch die Schaffung von Leistungsanreizen zu verbessern. Die gleichmäßige Erhöhung der Gebührentatbestände im Übrigen trägt dem Aufwand der jeweiligen Tätigkeit Rechnung. Zwar sind die gegenwärtigen Gebühren nicht kostendeckend, ihr Verhältnis zu einander entspricht aber im Wesentlichen dem Verhältnis des Aufwands der zugrunde liegenden Tätigkeiten.

Zwar wäre bei einer aufwandsorientierten Gebührenregelung auch eine Grund- oder Bearbeitungsgebühr zur Abdeckung des bei allen Vollstreckungsaufträgen anfallenden Verwaltungsaufwands denkbar. Eine solche Gebühr, die weder am Eintritt des Vollstreckungserfolgs noch an einer konkreten Tätigkeit des Gerichtsvollziehers anknüpfte, liefe aber dem Reformziel der Schaffung von Leistungsanreizen zuwider, ohne das Ausmaß der erforderlichen Gebührenerhöhungen reduzieren zu können.

Auch eine Rückkehr vom Fest- zum Wertgebührensystem scheidet aus. Zwar liegt es auf erste Sicht nahe, höhere Gebühren bei der Vollstreckung größerer Forderungen zur Mischfinanzierung des Aufwands für die Vollstreckung von Kleinstforderungen zu verwenden. Im Gegensatz zur Tätigkeit der Rechtsanwälte oder Notare, bei denen sich Wertgebührensysteme bewährt haben, zeichnet sich die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers allerdings dadurch aus, dass der ganz überwiegende Teil der Vollstreckungsaufträge Forderungen unter 1 000 Euro betrifft (vgl. Universität Konstanz, Effizienz der Zwangsvollstreckung, Zwischenbericht S. 16 ff.). Damit besteht im Gegensatz zu Rechtsanwälten oder Notaren kein Spielraum für Gebührenspreizungen. Hinzu kommt, dass mit dem Gesetz zur Neuordnung des Gerichtsvollzieherkostenrechts das frühere Wertgebührensystem bewusst zu Gunsten eines Festgebührensystems aufgegeben wurde. Zuvor hatten viele Gläubiger zur Reduzierung des Kostenrisikos nur Teilvollstreckungsaufträge erteilt, sofern die Zahlungsfähigkeit des Schuldners nicht feststand. Die für eine Mischfinanzierung unabdingbaren Überschüsse aus der Vollstreckung großer Forderungen wären damit in einem Wertgebührensystem nicht gesichert.

V. Vollziehung des Systemwechsels

Die Übertragung der gegenwärtigen Aufgaben des Gerichtsvollziehers auf einen Beliehenen reformiert die Strukturen des Gerichtsvollzieherwesens grundlegend. Daher bedarf es besonderer Regelungen, um vom gegenwärtigen System zum Beleihungssystem zu gelangen.

1. Übergangsphasen

a) Phasenmodell

Eine vollständige Umstellung des bisherigen Systems beamteter Gerichtsvollzieher zum Beleihungssystem an einem bestimmten Stichtag scheidet aus. Eine solche Stichtagslösung setzte voraus, dass zum Stichtag ausreichend Bewerber zur Verfügung stehen, um den gesamten Bedarf an Gerichtsvollzieherdienstleistungen durch Beliehene zu decken. Dazu müssten zum Systemwechsel ausreichend neue Bewerber ausgebildet oder hinreichend bisherige Beamte zum Wechsel in den Beliehenenstatus bereit sein. Umgekehrt müssten alle nicht wechselwilligen Beamten zum Stichtag anderweitig beschäftigt werden. Da nicht anzunehmen ist, dass alle der bundesweit gut 4 700 beamteten Gerichtsvollzieher in den Beliehenenstatus wechseln werden, wäre eine Stichtagslösung mit zu großen Unsicherheiten behaftet. Statt dessen ist der Systemwechsel durch einen zehnjährigen Übergangszeitraum mit verschiedenen Phasen vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2018 zu bewältigen (Phasenmodell).

b) Vorlaufphase

Der Übergangszeitraum beginnt mit einer dreijährigen Vorlaufphase ab dem 1. Januar 2009, in der die Einführung des Beleihungssystems vorbereitet wird. In dieser Phase bleiben die Strukturen des Gerichtsvollzieherwesens zunächst unverändert, die Aufgaben der Gerichtsvollzieher werden weiterhin ausschließlich von Beamten ausgeführt.

Zu den wesentlichen Aufgaben der Vorlaufphase zählt die Vorbereitung der Bestellung beliehener Gerichtsvollzieher. Dazu sind zum einen neue Bewerber auszubilden. Dies setzt die Errichtung der entsprechenden Ausbildungsstätten und den Erlass der Ausbildungsvorschriften nach Artikel 1 § 5 voraus. Zum anderen ist unter den beamteten Gerichtsvollziehern die Bereitschaft zum Wechsel in den Beliehenenstatus zu klären. Parallel dazu sind die Amtsbereiche der beliehenen Gerichtsvollzieher festzulegen. Für jeden Amtsbereich ist zu ermitteln, wie viele Gerichtsvollzieher den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege entsprechen. Nach diesen Vorarbeiten sind die Stellenbesetzungen mit Wirkung zum Zeitpunkt der Einführung des Beleihungssystems durchzuführen.

Neben den Bestellungsverfahren sind die organisatorischen und rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung des Beleihungssystems vorzubereiten. Dazu gehört insbesondere der Erlass der im Gerichtsvollziehergesetz vorgesehenen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften, vor allem der Dienstordnung. Die Aufsichtsbehörden sind für ihre Aufgaben nach Einführung des Beleihungssystems zu schulen. Auch die übrigen Beteiligten werden bis zum Ende der Vorlaufphase durch geeignete Fortbildungsveranstaltungen auf das Beleihungssystem vorzubereiten sein.

c) Parallelphase

Erst im vierten Jahr des Übergangszeitraums, also ab dem 1. Januar 2012, ist der Wechsel zum Beleihungssystems vorgesehen. Die Laufbahn der beamteten Gerichtsvollzieher wird geschlossen. Da mit Beginn der Parallelphase die ersten Absolventen der neuen Gerichtsvollzieherausbildung zur Verfügung stehen sollten, ist spätestens ab diesem Zeitpunkt eine Besetzung der Beleihungsstellen nicht nur mit Statuswechslern, sondern auch mit neuen Bewerbern möglich, die bislang nicht im Beamtenverhältnis tätig waren.

Im Interesse der Aufrechterhaltung einer geordneten Rechtspflege und der Sozialverträglichkeit wird der Wechsel zum Beleihungssystem allerdings gleitend vollzogen. Ab Beginn des vierten Jahres bis zum Ende des zehnten Jahres des Übergangszeitraums werden nach und nach Beliehene neben beamteten Gerichtsvollziehern eingesetzt werden (Parallelphase). Während der Parallelphase soll die Zahl der Beamten schrittweise ab- und die Zahl der Beliehenen schrittweise aufgebaut werden.

Dazu soll die mittels einer Bedürfnisprüfung ermittelte Zahl der Gerichtsvollzieherstellen in einem Amtsbereich in erster Linie mit Beliehenen besetzt werden, soweit hierzu genügend geeignete Bewerber zur Verfügung stehen. Auf denjenigen Gerichtsvollzieherstellen, die zunächst nicht mit Beliehenen besetzt werden können, sind solche Beamte einzusetzen, die nicht zum Wechsel in den Beliehenenstatus bereit sind. Es ist zu erwarten, dass mit der Zunahme der Zahl der Absolventen der neuen Gerichtsvollzieherausbildung die Zahl der noch mit Beamten zu besetzenden Gerichtsvollzieherstellen stetig abnimmt.

Das Ziel, die Aufgaben des Gerichtsvollziehers zum Ende der Übergangszeit ausschließlich Beliehenen zu übertragen, sowie die Austauschbarkeit der Besetzung einer Gerichtsvollzieherstelle mit einem Beliehenen oder einem Beamten während der Parallelphase machen es erforderlich, dass während der Parallelphase Beamte und Beliehene grundsätzlich zu den gleichen Bedingungen tätig sind.

Dies gilt zunächst für die Erhebung von Gebühren und Auslagen. Fände das neue kostendeckende Gebührenrecht nur auf Beliehene Anwendung, hätten die eingesetzten Beamten erhebliche Kostenvorteile. Da diese Kostenvorteile ausschließlich auf der staatlichen Subventionierung des gegenwärtigen Gerichtsvollziehersystems beruhten, wären sie ungerechtfertigt und bewirkten eine erhebliche Wettbewerbsverzerrung, die den Marktzugang für Beliehene beschränken würde. Das neue Gerichtsvollzieherkostenrecht ist daher grundsätzlich nicht nur auf Beliehene, sondern auch auf Beamte anzuwenden. Soweit während der Parallelphase Beamte eingesetzt werden, stehen diesen die Einnahmen allerdings nicht selbst zu. Statt dessen sind die beamteten Gerichtsvollzieher in der Parallelphase - wie schon jetzt - für Rechnung der Staatskasse tätig. Die Staatskasse erhält auf diese Weise während der siebenjährigen Parallelphase Mehreinnahmen, die zur Finanzierung des Systemwechsels eingesetzt werden können.

Auch hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit ist eine Gleichstellung von Beamten und Beliehenen geboten. Für die beamteten Gerichtsvollzieher bedeutet dies, dass sie während der Parallelphase im Wettbewerb zu den Beliehenen stehen. Zur Gewährleistung transparenter Zuständigkeiten muss damit aber auch der Wettbewerb der beamteten Gerichtsvollzieher untereinander eröffnet werden, weil ansonsten zwischen engen Amtsbezirken der Beamten und weiten Amtsbereichen der Beliehenen zu unterscheiden wäre. Das Beamtenrecht steht der Eröffnung einer Auswahlentscheidung des Auftraggebers unter den beamteten Gerichtsvollziehern nicht entgegen. Dies zeigt ein Blick auf die Tätigkeit der Notare im Landesdienst in Baden-Württemberg, wo es dem Auftraggeber freisteht, welchen Notar er mit einer Beurkundung beauftragt. Die berechtigten Interessen der beamteten Gerichtsvollzieher werden nicht beeinträchtigt, da ihre Grundbezüge nicht vom Geschäftsanfall abhängig sind.

Die Gleichstellung von Beamten und Beliehenen bezieht sich schließlich auf die Aufgaben der Gerichtsvollzieher. Den beamteten Gerichtsvollziehern sind neben den Pflichtaufgaben grundsätzlich auch die freiwilligen Aufgaben zu eröffnen.

Dabei sind allerdings die landesrechtlichen Vorgaben für die Zulässigkeit von Nebentätigkeiten zu beachten. Eine Verdrängung privater Dritter aus ihren Tätigkeitsbereichen ist nicht zu befürchten, weil bei der Bemessung der Zahl der Gerichtsvollzieherstellen in erster Linie zu berücksichtigen ist, welcher Bedarf bei den Pflichtaufgaben der Gerichtsvollzieher besteht, da der Bedarf bei den freiwilligen Aufgaben auch durch Dritte befriedigt werden kann. Es ist deshalb nicht anzunehmen, dass beamtete oder beliehene Gerichtsvollzieher regelmäßig in großem Umfang freiwillige Aufgaben übernehmen.

Angesichts der umfassenden Gleichstellung von Beliehenen und Beamten in der Parallelphase ist es grundsätzlich geboten, die Bestimmungen des Gerichtsvollziehergesetzes auf die beamteten Gerichtsvollzieher zu erstrecken. Anderes gilt nur, soweit einzelne Regelungen wie etwa die Pfli.htm .tgliedschaft in der Gerichtsvollzieherkammer mit ihrem Beamtenstatus unvereinbar sind oder die allgemeinen beamtenrechtlichen Vorschriften der Länder bereits spezifische und den Besonderheiten des Beamtenstatus Rechnung tragende Regelungen enthalten.

2. Wechsel beamteter Gerichtsvollzieher in den Beleihungsstatus

a) Bedeutung des Statuswechsels

Das Ziel, zum Ende der zehnjährigen Übergangsphase sämtliche Gerichtsvollzieherstellen mit Beliehenen an Stelle von Beamten zu besetzen, wird umso besser zu erreichen sein, je größer die Bereitschaft der gegenwärtig beamteten Gerichtsvollzieher zum Wechsel in den Beliehenenstatus ist.

Bei Beginn der Parallelphase wird zunächst nur ein Ausbildungsjahrgang mit bislang nicht im Beamtenverhältnis tätigen Bewerbern zur Besetzung der Gerichtsvollzieherstellen mit Beliehenen zur Verfügung stehen. Da die Ausbildungseinrichtungen zur Vermeidung von Überkapazitäten am langfristigen Ausbildungsbedarf ausgerichtet werden müssen, dürfte zu Beginn der Parallelphase nur ein kleiner Teil der Stellen mit diesen Bewerbern besetzt werden können. Um bereits zu Beginn der Parallelphase eine hinreichend große Zahl von Beliehenen zu erhalten, die für den Aufbau der Selbstverwaltungsorgane unerlässlich ist, sind daher zu Beginn der Parallelphase möglichst viele Gerichtsvollzieherstellen mit Statuswechslern zu besetzten.

Eine erhebliche Bedeutung kommt der Wechselbereitschaft während des gesamten Übergangszeitraums bei der Weiterverwendung der gegenwärtigen Beamten zu.

Falls nur eine geringe Zahl von beamteten Gerichtsvollziehern zum Wechsel in den Beliehenenstatus bereit sein sollte, besteht die Gefahr, dass die Übergangszeit nicht ausreicht, um alle verbleibenden Beamten einer anderweitigen Verwendung zuzuführen.

b) Maßnahmen zur Förderung der Wechselbereitschaft

Angesichts der Bedeutung des Statuswechsels der beamteten Gerichtsvollzieher ist es für das Gelingen des Systemwechsels unerlässlich, die Wechselbereitschaft durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Die attraktive Ausgestaltung des Beliehenenstatus allein wird dazu jedenfalls bei solchen Beamten nicht genügen, die bereits einen wesentlichen Teil ihrer Lebensarbeitszeit im Beamtenverhältnis verbracht haben. Hinzu kommt, dass möglichst viele beamtete Gerichtsvollzieher bereits zu Beginn der Parallelphase zum Wechsel in den Beliehenenstatus motiviert werden müssen, da der Bedarf an Statuswechslern zu diesem Zeitpunkt besonders groß ist. Angesichts des grundlegenden Systemwechsels werden zu diesem Zeitpunkt aber noch keine Erfahrungswerte existieren, die zur Förderung der Wechselbereitschaft beitragen können.

Der Gesetzentwurf sieht daher ein Bündel von Maßnahmen vor, das die Bereitschaft beamteter Gerichtsvollzieher zum Wechsel in den Beliehenenstatus während der Übergangsphase fördert. Dazu zählt beispielsweise die Möglichkeit, im ersten Jahr der Parallelphase Stellenbesetzungen ohne ein Ausschreibungsverfahren durchzuführen, wenn eine Besetzung mit Statuswechslern möglich ist. Dies schafft Anreize, einen Statuswechsel bereits unmittelbar mit der Einführung des Beleihungssystems durchzuführen. Neue Bewerber werden dadurch nicht unangemessen benachteiligt, da mit Beginn der Parallelphase ohnehin nur eine geringe Zahl von ihnen verfügbar sein dürfte.

Da die Bereitschaft zur Aufgabe des gesicherten Beamtenstatus im Wesentlichen durch das Risiko der Tätigkeit auf eigene Rechnung im Beliehenenstatus gehemmt werden dürfte, zielen die Maßnahmen zur Förderung der Wechselbereitschaft in erster Linie auf eine wirtschaftliche Absicherung der Statuswechsler.

Im Vordergrund stehen dabei Leistungen zur Einkommenssicherung. Insbesondere ältere Statuswechsler werden durch in der Vergangenheit begründete finanzielle Verpflichtungen gegenüber Unterhaltsberechtigten und Dritten sowie durch höhere Prämien im Bereich der Krankheits-, Unfall- und Altersvorsorge darauf angewiesen sein, die nach dem neuen Gerichtsvollzieherkostenrecht auf einer Gerichtsvollzieherstelle erzielbaren Einkünfte auch tatsächlich zu realisieren. Gelingt ihnen dies nicht, ohne dass ihnen wegen unzureichenden Arbeitseinsatzes oder unzureichender personeller und sachlicher Ausstattung ein Schuldvorwurf zu machen wäre, können sie während der Übergangsphase zur Sicherung eines Mindesteinkommens Einkommensergänzungsleistungen von ihrem ehemaligen Dienstherrn beanspruchen. Dieser kann die erforderlichen Mittel aus den Mehreinnahmen aufbringen, die er durch die Anwendung des neuen Gerichtsvollzieherkostenrechts auf die während der Parallelphase noch eingesetzten Beamten erhält. Zwar werden diese Mehreinnahmen mit der Zahl der eingesetzten Beamten zum Ende der Übergangsphase hin abnehmen. Da die Kostendeckungsprognose zum neuen Gerichtsvollzieherkostenrecht von vorsichtigen Annahmen ausgeht und zudem noch Spielräume lässt, ist aber nur in Einzelfällen mit dem Bedarf von Einkommensergänzungsleistungen zu rechnen. Zum Ende der siebenjährigen Übergangsphase dürften sich die Verhältnisse im neuen System im Übrigen soweit stabilisiert haben, dass Einkommensergänzungsleistungen nicht mehr in größerem Umfang zu erbringen sein werden.

Leistungen zur Einkommenssicherung allein dürften allerdings noch keinen ausreichenden Anreiz zum Statuswechsel darstellen. Ergänzend wird den Statuswechslern daher ein auf fünf Jahre befristetes Recht auf Rückkehr in das Beamtenverhältnis eingeräumt. Da die Rückkehr nicht an das Erfüllen der allgemeinen Voraussetzungen zur Begründung eines Beamtenverhältnisses geknüpft ist, insbesondere nicht den Fortbestand der Dienstfähigkeit voraussetzt, werden auf diese Weise insbesondere ältere Statuswechsler gegen das Risiko der Invalidität nach dem Wechsel in den Beliehenenstatus abgesichert. Im Gegensatz zu Berufsanfängern werden sie sich häufig nicht oder nur zu besonders hohen Prämien gegen Invalidität absichern können.

c) Versorgungsrechtliche Aspekte des Statuswechsels

Besondere Beachtung verdienen die versorgungsrechtlichen Aspekte des Statuswechsels.

Zur Absicherung gegen die Risiken der Krankheit oder des Unfalls werden die Statuswechsler bereits während ihrer Beamtentätigkeit Versicherungen begründet haben, die nach dem Statuswechsel fortgeführt werden können. § 178e VVG ermöglicht dabei die Anpassung der privaten Krankenversicherung an den Wegfall des Beihilfeanspruchs mit dem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis. Mehrkosten für die Neubegründung einer privaten Vorsorge dürften daher allenfalls bei Unfall- oder Krankentagegeldversicherungen anfallen. Diese Mehrkosten können durch die bei der Bedarfsermittlung berücksichtigten Spielräume, insbesondere durch die Reduzierung der Kosten für die Altersvorsorge durch eine berufsständische Versorgung ausgeglichen werden.

Kritisch ist indessen die Überleitung der Altersvorsorge vom Beamten - in den Beliehenenstatus. Das Versorgungsrecht sieht vor, dass der Beamte mit dem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis seine Versorgungsanwartschaften grundsätzlich verliert. Zwar können sich ehemals beamtete Gerichtsvollzieher nach dem Statuswechsel eine neue Altersvorsorge durch eine private Rentenversicherung oder durch ein Versorgungswerk aufbauen. Diese Altersvorsorge wird aber grundsätzlich nur den Zeitraum nach dem Statuswechsel berücksichtigen. Zum Schutz der Versorgungsanwartschaften der Beamten sieht § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI deshalb vor, dass Beamte, die aus dem Beamtenverhältnis ausscheiden und dabei ihre Versorgungsanwartschaften verlieren, von ihrem Dienstherrn in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert werden. Durch die Nachversicherung erhalten die ehemaligen Beamten für ihre Dienstjahre im Beamtenverhältnis Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Die Nachversicherung stellt aber beim Übergang vom gegenwärtigen Gerichtsvollzieherwesen zum Beleihungssystem weder für den Statuswechsler noch für seinen Dienstherrn eine befriedigende Lösung dar. Aus Sicht des Statuswechslers liegt das Versorgungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung regelmäßig unter dem Niveau der Beamtenversorgung. Für den Dienstherr ist die Nachversicherung mit einem vorzeitigen Versorgungsaufwand in erheblicher Höhe verbunden. Würden sämtliche der derzeit gut 4 700 beamteten Gerichtsvollzieher in den Beliehenenstatus wechseln, könnten sich die Nachversicherungskosten für die Länder auf rund 700 Millionen Euro belaufen.

Eine interessengerechte Lösung zur versorgungstechnischen Bewältigung des Systemwechsels im Gerichtsvollzieherwesen könnte dagegen in der ungeschmälerten Erhaltung der Anwartschaften der beamteten Gerichtsvollzieher in der Beamtenversorgung trotz ihres Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis liegen. Dadurch bezöge der Statuswechsler mit Eintritt des Versorgungsfalls zum einen Versorgungsleistungen von seinem ehemaligen Dienstherrn und zum anderen aus seiner nach dem Statuswechsel aufgebauten Altersvorsorge. Eine solche Versorgungsteilung wurde im Rahmen der Reformüberlegungen zum öffentlichen Dienst 2004 in einem gemeinsamen Reformmodell des Bundesministeriums des Innern und des Deutschen Beamtenbundes (Schily-Heesen-Papier) entwickelt. Da die Beamtenversorgung den Ländern obliegt, ist eine Regelung des Versorgungsteilungsmodells in diesem Gesetzentwurf nicht möglich. Dem Landesgesetzgeber steht es allerdings frei, im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz für das Versorgungsrecht die Versorgungsteilungslösung allgemein zur Förderung des Personalaustauschs zwischen Wirtschaft und Verwaltung oder spezifisch für das Gerichtsvollzieherwesen zur Erleichterung des Systemwechels umzusetzen.

Bei der Umsetzung des Versorgungsteilungsmodells wird der Landesgesetzgeber zu beachten haben, dass neben der Anordnung des Weiterbestehens der Versorgungsanwartschaften zu regeln ist, wie sich die Versorgungsleistungen bemessen und wie sie ausgezahlt werden. Zur Vermeidung umfangreicher Einzelregelungen könnte dabei auf die bestehenden Regelungen zu Berechnung, Höhe, Fälligkeit und Auszahlung von Versorgungsleistungen bei einem Wechsel des Dienstherrn nach § 107b BeamtVG bzw. den entsprechenden landesgesetzlichen Regelungen verwiesen werden. Zwar erhält der Beamte im Fall eines Dienstherrenwechsels eine einheitliche Versorgung von seinem neuen Dienstherrn. Der frühere Dienstherr hat sich aber nach Maßgabe der Verhältnisse bis zum Dienstherrenwechsel, insbesondere auf der Grundlage der bis dahin geleisteten Dienstjahre und des erreichten Amtes, an der Versorgung zu beteiligen. Die Regelungen für den Anteil des früheren Dienstherrn an der Gesamtversorgung beim Dienstherrenwechsel und die hierzu entwickelten Ausführungsbestimmungen könnten für eine Versorgungsteilungsregelung nutzbar gemacht werden. Im Gegensatz zu den von einer einheitlichen Versorgung durch den neuen Dienstherrn ausgehenden Regelungen des § 107b BeamtVG wären die Versorgungsleistungen dem ehemaligen Beamten allerdings unmittelbar auszubezahlen, sofern seine neue Altersvorsorge nicht auf einer berufsständischen Versorgung beruht und er sich mit der Zahlungsabwicklung über das Versorgungswerk einverstanden erklärt. Näheres wäre gegebenenfalls in einer Vereinbarung zwischen dem betroffenen Land und der Versorgungseinrichtung zu regeln.

Ergänzend erscheint eine Regelung für den Ausnahmefall sinnvoll, dass der ehemals beamtete Gerichtsvollzieher später seine Tätigkeit als Beliehener aufgibt. Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Betroffene durch die Zersplitterung seiner Versorgungsansprüche in den einzelnen Versorgungssystemen keine ausreichenden Mindestanwartschaften erwirbt. Die Ursachen dafür und die möglichen Folgen können vielfältig sein (z.B. Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit, anderweitige selbständige Tätigkeit, Rückkehr in ein Beamtenverhältnis). Eine umfassende Einzelfallregelung aller in Betracht kommenden Möglichkeiten für den Bereich der beliehenen Gerichtsvollzieher erscheint kaum möglich. Die bestehende Gesetzeslage schafft in vergleichbaren Konstellationen einen Ausgleich dadurch, dass nach vorherigem Aufschub eine Nachversicherung erfolgt. Zur Erzielung einer vergleichbaren Lösung für ehemals beamtete Gerichtsvollzieher kann der Erhalt der Versorgungsanwartschaften an den Fortbestand des Beleihungsstatus geknüpft werden. Zusammen mit dem in Artikel 2 klarstellend angeordneten Nachversicherungsaufschub ist damit sichergestellt, dass eine Nachversicherung nur erfolgt, wenn der Betroffene ausnahmsweise seinen Beleihungsstatus später aufgibt und keine anderen Gründe für einen Nachversicherungsaufschub bestehen.

Für die dem Landesgesetzgeber obliegende gesetzliche Ausgestaltung der Versorgungsteilung ist folgende Musterregelung denkbar:

Hinsichtlich des Invaliditätsrisikos ergeben sich Besonderheiten durch das für Statuswechsler vorgesehene Recht zur Rückkehr in das Beamtenverhältnis. Da das Rückkehrrecht nicht an den Fortbestand der Dienstfähigkeit geknüpft ist, sind Statuswechsler jedenfalls während des Bestands des Rückkehrrechts in ähnlicher Weise gegen Invalidität abgesichert wie sie es beim Verbleib im Beamtenverhältnis gewesen wären. Der Dienstherr wird dadurch nicht unangemessen benachteiligt, da sich ohne den durch den Systemwechsel ausgelösten Statuswechsel das Risiko der Dienstunfähigkeit des Betroffenen ohnehin während des Bestehens des Beamtenverhältnisses realisiert hätte und das Rückkehrrecht fünf Jahre nach dem Statuswechsel endet.

3. Verwendung nicht wechselbereiter beamteter Gerichtsvollzieher

Trotz der dargestellten Maßnahmen zur Förderung der Bereitschaft zum Statuswechsel ist nicht zu erwarten, dass alle derzeit beamteten Gerichtsvollzieher in den Beliehenenstatus wechseln. Das mit dem Systemwechsel verbunden Einsparpotenzial für die Länder lässt sich allerdings vollständig nur realisieren, wenn der bisher für die Gerichtsvollziehertätigkeit eingesetzte Personalkörper bis zum Ende der Übergangszeit vollständig abgebaut wird.

a) Verwendung als beamtete Gerichtsvollzieher in der Parallelphase

Während der Parallelphase können nicht wechselwillige Beamte zunächst weiter als beamtete Gerichtsvollzieher eingesetzt werden, um die Versorgung der Gesamtbevölkerung mit Gerichtsvollzieherdienstleistungen sicherzustellen. In diesem Fall erhält der Beamte zu seinen Bezügen - wie schon jetzt - als "Anspornvergütung" einen Anteil an den durch ihn eingenommenen Gebühren nach den Verordnungen über die Vergütung von Beamten im Vollstreckungsdienst (VollstrVergVO) der Länder. Der Verordnungsgeber wird allerdings überlegen müssen, ob er den Anteil des Gerichtsvollziehers an den Gebühreneinnahmen in der Parallelphase reduziert, da Zweifel an der Rechtfertigung einer Teilhabe des beamteten Gerichtsvollziehers an den ausschließlich zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen erhöhten Gebühren bestehen.

Da die beamteten Gerichtsvollzieher den Beliehenen hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit gleich stehen, wird ihre Bindung an enge Bezirke entfallen. Statt dessen werden sie vorbehaltlich der Regelungen des Verordnungsgebers nach Artikel 1 § 8 innerhalb eines gesamten Landgerichtsbezirks zuständig sein.

Soweit die Gerichtsvollzieherstellen in dem Landgerichtsbezirk, in dem ein beamteter Gerichtsvollzieher bisher tätig war, anderweitig besetzt werden, insbesondere mit Beliehenen, kann er nach den allgemeinen beamtenrechtlichen Regelungen der Länder in einen anderen Landgerichtsbezirk versetzt werden. Eine solche Versetzung ist nach § 18 Abs. 1 BRRG bzw. den entsprechenden Bestimmungen der Beamtengesetze der Länder auch ohne Zustimmung des Betroffenen möglich, soweit hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht. Ein solches dienstliches Bedürfnis ist im Rahmen des Wechsels zum Beleihungssystem grundsätzlich anzunehmen, wenn die Versetzung des Beamten dazu dient, zur Gewinnung qualifizierter Bewe rber und zur raschen Vollziehung des Systemwechsels bestimmte Amtsbereiche vorrangig Beliehenen zuzuweisen. Im Einzelfall wird das dienstliche Bedürfnis jeweils mit der dem Dienstherrn gegenüber dem Beamten obliegenden Fürsorgepflicht abzuwägen sein. Dabei sind insbesondere die persönlichen Verhältnisse und Belange des Beamten ausreichend zu berücksichtigen und Härten für ihn oder seine Familie möglichst zu vermeiden. Die Mitwirkungsrechte der Personalvertretungsorgane nach den einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen sind zu beachten.

b) Altersbedingtes Ausscheiden beamteter Gerichtsvollzieher

Nach den gegenwärtigen Altersstrukturen im Gerichtsvollzieherdienst ist davon auszugehen, dass ein erheblicher Teil der beamteten Gerichtsvollzieher bis zum Ende der Übergangszeit die gesetzliche Altersgrenze oder die Antragsaltersgrenze für den Bezug des Ruhegehalts erreichen wird. Nach einer im Jahr 2005 durchgeführten Untersuchung waren knapp 1 500 der etwa 4 700 zum 1. Oktober 2004 beamteten Gerichtsvollzieher 50 Jahre und älter.

c) Verwendung beamteter Gerichtsvollzieher im Innendienst

Diejenigen beamteten Gerichtsvollzieher, die bis zum Ende des Übergangszeitraums weder die gesetzliche Altersgrenze noch die Antragsaltersgrenze erreichen und nicht in den Beliehenenstatus wechseln, können nach dem Übergangszeitraum nicht mehr in der Gerichtsvollzieherlaufbahn beschäftigt werden. Sie sind daher anderweitig einzusetzen. Im Einzelfall kann sich das Erfordernis einer anderweitigen Verwendung bereits während der Parallelphase ergeben, wenn die Zahl der zu besetzenden Gerichtsvollzieherstellen kleiner ist als die Summe der geeigneten Bewerber für eine Beleihung und der verbliebenen beamteten Gerichtsvollzieher. In jedem Fall wird es personalwirtschaftlich sinnvoll sein, mit der Versetzung nicht zum Statuswechsel bereiter beamteter Gerichtsvollzieher schrittweise bereits am Anfang der Parallelphase zu beginnen um sicherzustellen, dass ausreichend Verwendungsmöglichkeiten bestehen und ein Personalüberhang am Ende des Übergangszeitraums vermieden wird.

Die beamteten Gerichtsvollzieher befinden sich in einer Sonderlaufbahn des mittleren Justizdienstes. Nach den Ausbildungs- und Prüfungsordnungen der Länder haben sie regelmäßig die Prüfung für den mittleren Justizdienst abgeschlossen. Wenn die Sonderlaufbahn des Gerichtsvollziehers mit der Einführung des Beleihungssystems geschlossen wird, kommt für die Beamten, die nicht mehr im Gerichtsvollzieherdienst eingesetzt werden können, nur eine Verwendung in einer anderen Tätigkeit in Betracht.

Dabei kann es sich je nach den personalwirtschaftlichen Gegebenheiten um eine Tätigkeit im Geschäftsbereich eines anderes Ressorts handeln (z.B. Vollziehungsbeamter in der Innen- oder Abgabenverwaltung) oder um eine Tätigkeit im Bereich der Justiz. Im Bereich der Justiz liegt eine Verwendung im mittleren Justizdienst bei den Gerichten nahe, insbesondere als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle. Die Aufnahmekapazitäten des mittleren Justizdienstes der einzelnen Länder hängen von den jeweiligen Personalstrukturen ab, insbesondere vom Anteil der Angestellten sowie von der Altersstruktur der gegenwärtigen Urkundsbeamten.

In einigen Länder kann für die Vermittlung einer anderweitigen Tätigkeit für beamtete Gerichtsvollzieher auf Einrichtungen zurückgegriffen werden, die im Zuge der Einsparungen von Planstellen in der öffentlichen Verwaltung geschaffen wurden. In Bayern, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, dem Saarland und Mecklenburg-Vorpommern sind beispielsweise auf haushaltsrechtlicher Grundlage Personalvermittlungsstellen eingerichtet, die auf der Zustimmung des wechselnden Beamten und der aufnehmenden Behörde basieren. In Berlin können Beamte, deren Planstelle eingespart wird, unmittelbar an einen zentralen Stellenpool versetzt werden (Stellenpoolgesetz vom 9. Dezember 2003). In Hessen wurde eine Personalvermittlungsstelle eingerichtet (Zukunftssicherungsgesetz vom 18. Dezember 2003), die Beamte zwar in eine andere Tätigkeit vermitteln kann, sie aber bis zur Vermittlung in ihrem bisherigen Arbeitsumfeld belässt.

Der Einsatz der beamteten Gerichtsvollzieher für Rechnung Privater nach dem Vorbild der Privatisierungen von Post und Bahn kommt dagegen im Gerichtsvollzieherwesen nicht in Betracht. Eine solche Lösung erfordert einen Rechtsträger, dem die Ergebnisse der Dienstleistung der beamteten Gerichtsvollzieher überlassen werden könnten. Angesichts der Strukturen des Gerichtsvollzieherwesens, die derzeit wie auch künftig auf kleinen organisatorischen Einheiten basieren, käme als solcher Träger allenfalls die Gerichtsvollzieherkammer in Betracht. Dies würde allerdings dazu führen, dass die beliehenen Gerichtsvollzieher das wirtschaftliche Risiko der Tätigkeit der beamteten Gerichtsvollzieher übernehmen müssten, wodurch das Gelingen des Systemwechsels beeinträchtigt werden könnte. Die entsprechende Erweiterung des Aufgabenkreises der Gerichtsvollzieherkammer wäre zudem mit erheblichen rechtlichen Unsicherheiten behaftet.

Die Vermittlung beamteter Gerichtsvollzieher in eine andere Tätigkeit stellt aus dienstrechtlicher Sicht eine Versetzung dar, da sie dauerhafter, organisationsrechtlicher und statusberührender Natur ist. Eine solche Versetzung ist nach den vorhandenen beamtenrechtlichen Bestimmungen grundsätzlich möglich. Die rechtlichen Grundlagen für eine solche Versetzung finden sich in § 18 BRRG, der sich in den Beamtengesetzen der Länder entweder inhaltsgleich oder mit nur geringfügigen, im Wesentlichen das Verfahren betreffenden Änderungen wiederfindet. Die landesrechtlichen Entsprechungen zu § 18 BRRG lauten wie folgt:

Bund BWBY BE BB HB HH HE MV NI NW RP SL SN ST SH TH
§ 18 BRRG § 36 LBG Art. 34 BayBG § 61 LBG § 86 Abs. 1 bis 4 LBG § 27 BremBG §§ 30 Abs. 1 bis 5, 31 HmbBG § 29 HBG § 30 Abs. 1 bis 5 LBG §§ 32 Abs. 1 bis 3 NBG § 28 LBG § 33 LBG §§ 33, 36 Abs. 1 SaarlBG § 35 SächsBG § 26 BG LSA § 32 LBG § 31 ThürBG

Die Versetzung eines beamteten Gerichtsvollziehers in ein anderes Amt ist nach § 18 Abs. 2 Satz 1 BRRG bzw. den entsprechenden landesbeamtenrechtlichen Bestimmungen möglich, wenn das Amt dasselbe Endgrundgehalt aufweist. § 18 Abs. 2 Satz 1 BRRG ermöglicht die Versetzung eines Beamten ohne seine Zustimmung in ein Amt mit demselben Endgrundgehalt einer gleichwertigen oder anderen Laufbahn aus dienstlichen Gründen, auch im Bereich eines anderen Dienstherrn. Der Begriff des dienstlichen Grundes muss hier zwar wegen des erheblichen Eingriffs in die Rechte des Beamten eng ausgelegt werden. Ausreichend ist aber, dass die Verwendung des Beamten im bisherigen Amt im statusrechtlichen Sinne objektiv unmöglich ist und sich Verwendungsschwierigkeiten aus organisatorischen Zwängen beim Dienstherrn ergeben. Die Schließung der Gerichtsvollzieherlaufbahn mit Einführung des Beleihungssystems und die schrittweise Besetzung der Gerichtsvollzieherstellen mit Beliehenen stellt einen ausreichenden dienstlichen Grund dar.

§ 18 Abs. 2 Satz 2 BRRG bzw. die entsprechenden landesbeamtenrechtlichen Bestimmungen ermöglichen darüber hinaus die Versetzung eines beamteten Gerichtsvollziehers in ein anderes Amt derselben oder einer gleichwertigen Laufbahn auch dann, wenn dieses ein geringeres Endgrundgehalt aufweist. Nach § 18 Abs. 2 Satz 2 BRRG ist die Versetzung eines Beamten auch ohne seine Zustimmung möglich, wenn der Aufbau oder die Aufgaben einer Behörde wesentlich geändert eine Behörde aufgelöst oder Behörden miteinander verschmolzen werden, soweit das Aufgabengebiet des Beamten davon berührt wird. Eine wesentliche Aufgabenänderung ist insbesondere bei der Ausgliederung größerer Aufgabengebiete anzunehmen (vgl. Battis, BBG, 3. Aufl., § 26 Rnr. 20), wenn die Änderung vom Gewicht her mit den übrigen Fällen vergleichbar ist und zu einem Aufgabenrückgang der Behörde führt. Dies trifft auf die Übertragung der Aufgaben des Gerichtsvollziehers auf Beliehene zu.

Die berechtigten Interessen des ehemals beamtete Gerichtsvollziehers werden dadurch gewahrt, dass das Endgrundgehalt des Amtes, in das er versetzt wird, mindestens dem des Amtes entsprechen muss, das er vor seiner Tätigkeit als Gerichtsvollzieher inne hatte. Hinzu kommt, dass der Dienstherr sich im Rahmen seiner Möglichkeiten bemühen muss, eine Verwendung zu finden, die dem bisherigen Amt des Versetzten im statusrechtlichen Sinne entspricht. Darüber hinaus sind die dem § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBesG entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen zu beachten, die zur Wahrung eines besoldungsrechtlichen Besitzstandes im Falle der geringeren Besoldung die Zahlung einer dauernden Ausgleichszulage vorsehen.

Artikel 33 Abs. 5 GG steht dem nicht entgegen. Die dort genannten hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums werden nicht beeinträchtigt. Zu den herg ebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört die inhaltliche Ausgestaltung des Amtes im statusrechtlichen Sinne nach Maßgabe der Erfordernisse einer effektiven staatlichen Verwaltung, die insbesondere durch das Leistungsprinzip und das Laufbahnprinzip beherrscht wird. Artikel 33 Abs. 5 GG gewährleistet zwar ein Recht auf Beschäftigung entsprechend der Wertigkeit des statusrechtlichen Amtes, aber kein Recht auf ein Amt im formellen Sinn (vgl. v. Mangoldt/Klein/Starck/ Jachmann, GG, 2. Aufl. Artikel 33 Rnr. 40).

4. Sonstige Übergangsfragen

Neben der Vorbereitung der Besetzung der Gerichtsvollzieherstellen mit Beliehenen und der Verwendung der nicht zum Statuswechsel bereiten beamteten Gerichtsvollzieher muss bei der Vollziehung des Systemwechsels insbesondere der Aufbau der Gerichtsvollzieherkammern und der Bundesgerichtsvollzieherkammer bedacht werden. Da es sich bei diesen Institutionen um Personalkörperschaften handelt, können sie erst mit der Bestellung von Beliehenen zu Beginn der Parallelphase entstehen. Im Rahmen der Übergangsvorschriften zum Gerichtsvollziehergesetz wird sichergestellt, dass die Kammern bereits zu Beginn der Parallelphase handlungsfähig sind. Soweit die Gerichtsvollzieherkammern zur Finanzierung von Aufgaben verpflichtet sind, die nicht nur ihren Mitgliedern, sondern dem Gerichtsvollzieherwesen insgesamt dienen, sind sie durch staatliche Zuschüsse vor einer Überforderung zu schützen, solange neben Beliehenen auch beamtete Gerichtsvollzieher eingesetzt werden. Dies gilt insbesondere für die Finanzierung der Ausbildung im Akademiemodell währen des Übergangszeitraums.

VI. Alternativen zum Systemwechsel

Die eingangs dargestellten Probleme des gegenwärtigen Systems sind struktureller Natur. Zwar sind in Teilbereichen andere Lösungen als die Umstellung auf das Beleihungssystem denkbar. Für eine umfassende Lösung aller dargestellten Probleme sind die Alternativlösungen aber nicht geeignet.

1. Änderungen des Verfahrensrechts

Angesichts der strukturellen Natur der Probleme des gegenwärtigen Systems ist eine Lösung durch verfahrensrechtliche Änderungen ausgeschlossen. Zwar erscheint es möglich, die Effizienz der Zwangsvollstreckung im Zuge einer Modernisierung des Zwangsvollstreckungsrechts zu verbessern. Dazu zählt insbesondere eine Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung, die die Ermittlung möglicher Vollstreckungsobjekte verbessern und damit die Erfolgschancen des Gläubigers erhöhen könnte. Der anhaltend hohen Geschäftsbelastung der Gerichtsvollzieher kann damit aber nicht begegnet werden. Im Gegenteil könnten neue Ermittlungsbefugnisse der Gerichtsvollzieher deren Belastung tendenziell steigern. Ebenso wenig können durch verfahrensrechtliche Änderungen die hohe staatliche Subventionierung abgebaut oder neue Leistungsanreize für die Gerichtsvollzieher geschaffen werden.

2. Kostenrechtliche Änderungen

Auch rein kostenrechtliche Lösungen sind zur Bewältigung der Probleme des gegenwärtigen Systems nicht geeignet. Die erhebliche staatliche Subventionierung der Zwangsvollstreckung in Höhe von 39 000 Euro je Gerichtsvollzieher bzw. bundesweit 198 Millionen Euro jährlich könnte zwar theoretisch auch ohne Wechsel zum Beleihungssystem mittels einer kostendeckenden Ausgestaltung der Gebühren abgebaut werden. Im Gegensatz zum vorgeschlagenen Systemwechsel gingen damit aber keinerlei Effizienzverbesserungen einher, da der Mangel an Leistungsanreizen im gegenwärtigen System fortbestünde.

Daran würde sich selbst dann nichts Grundlegendes ändern, wenn im Rahmen der kostenrechtlichen Änderungen - wie für das Beleihungssystem vorgeschlagen - die erfolgsbezogenen Momente verstärkt würden. Da im gegenwärtigen System die Gebühreneinnahmen nicht dem Gerichtsvollzieher selbst zustehen, sondern von diesem ganz überwiegend an den Staat abzuführen sind, würde sich der Eintritt des Vollstreckungserfolgs für den Gerichtsvollzieher kaum auswirken. Eine Partizipation des beamteten Gerichtsvollziehers an der Erfolgsgebühr wäre nur im Umfang der Vollstreckungsvergütung möglich, die allerdings durch die vorhandene Obergrenze keinen nachhaltigen Leistungsanreiz darstellt.

Ohne wesentliche neue Leistungsanreize würde sich ein Abbau der staatlichen Subventionierung aus der Sicht der Parteien aber als bloße Verteuerung der Zwangsvollstreckung darstellen. Das Ausmaß der Kostenerhöhung könnte zudem nicht nennenswert hinter den für das Beleihungssystem vorgeschlagenen Regelungen zurück bleiben. Zwar könnte sich eine kostendeckende Ausgestaltung der Gebühren im beamteten System auf eine Erhöhung des Gebührenaufkommens um 198 Millionen Euro beschränken, wohingegen das Gebührenaufkommen zur Einführung des Beleihungssystems um weitere 282 Millionen Euro erhöht werden muss. Von diesem Mehrbetrag entfallen allerdings allein knapp 113 Millionen Euro auf die für die Vergütung des beliehenen Gerichtsvollziehers zu entrichtende Umsatzsteuer, die den allgemeinen Staatseinnahmen zugute kommt. Der verbleibende Mehrbetrag von 169 Millionen Euro resultiert einerseits aus den höheren tatsächlichen Kosten der privaten Vorsorge gegenüber den geschätzten staatlichen Beihilfe- und Pensionsleistungen für Beamte und andererseits aus dem höheren Entgelt für den beliehenen Gerichtsvollzieher, das der Übernahme des wirtschaftlichen Risikos der Vollstreckungstätigkeit angemessen Rechnung trägt.

3. Organisatorische Änderungen

Zur Lösung der eingangs dargestellten Probleme des gegenwärtigen Systems kommen schließlich organisatorische Änderungen unter Beibehaltung des Beamtenstatus der Gerichtsvollzieher in Betracht.

Diskutiert wird in diesem Zusammenhang insbesondere die Rückkehr zum so genannten Amtssystem. Mit Amtssystem wird herkömmlich das bis in die 1950er Jahre bzw. in Baden-Württemberg bis in die 1960er Jahre bestehende Gerichtsvollziehersystem bezeichnet, in dem Gerichtsvollzieher wie andere Justizbeamte räumlich in die Organisation des Amtsgerichts eingebunden waren und auf die dortigen Sach- und Personalmittel zurückgreifen konnten. Im heutigen System unterhalten die Gerichtsvollzieher ihre Geschäftsstellen dagegen auf eigene Kosten. Dies betrifft sowohl die Anmietung von Räumen und die Beschaffung anderer Sachmittel als auch die Beschäftigung von Hilfskräften. Im Falle einer Rückkehr zum Amtssystem müssten diese Mittel unmittelbar von den Landesjustizverwaltungen beschafft und den Gerichtsvollziehern zur Verfügung gestellt werden. Damit entfiele zwar das aufwändige und umstrittene System der Bürokostenentschädigung. Den wegfallenden Ausgaben für die Bürokostenentschädigung in Höhe von etwa 107 Millionen Euro jährlich wären allerdings die Mehraufwendungen für die unmittelbare Beschaffung der Sach- und Personalmittel gegenüberzustellen. Nach vorsichtigen Schätzungen wäre insoweit selbst unter Berücksichtigung gewisser Synergieeffekte mit zusätzlichen Mehrausgaben in Höhe von 140 Millionen Euro zu rechnen. Die Rückkehr zum Amtssystem würde damit die gegenwärtige Kostenunterdeckung nicht reduzieren, sondern um etwa 33 Millionen Euro vergrößern. Eine Verbesserung der Personalsituation im Gerichtsvollzieherwesen wäre mit einer Rückkehr zum Amtssystem nicht zu erreichen. Im Gegenteil entstünde durch die Verpflichtung des Staates, Unterstützungskräfte bereit zu stellen, ein erheblicher Stellenmehrbedarf. Eine etwaige Entlastung des Gerichtsvollzieher durch den Wegfall der Aufgaben im Bereich der Büroorganisation dürfte weitest gehend durch die Motivationsverluste kompensiert werden, mit denen angesichts der erklärten Widerstände der Gerichtsvollzieher gegen eine Rückkehr zum Amtssystem zu rechnen ist.

Keine wesentlich andere Situation wäre bei der Einführung von Vollstreckungsbüros zu erwarten. Dabei handelt es sich um einen in Nordrhein-Westfalen entwickelten Sonderfall des Amtssystems, der von einer Zusammenfassung der Gerichtsvollzieher in größeren Einheiten (Vollstreckungsbüros) ausgeht, die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes als Leiter besetzt sind. Von der gezielten Bündelung der Personalressourcen der Gerichtsvollzieher und ihrer Unterstützungskräfte sind grundsätzlich größere Synergieeffekte zu erhoffen als von einer allgemeinen organisatorischen Eingliederung in die Amtsgerichte. Das Synergiepotenzial der Bildung schlagkräftiger größerer Einheiten dürfte auch im Beleihungsmodell dazu führen, dass die Beliehenen umfangreich von den Möglichkeiten der beruflichen Zusammenarbeit in Sozietäten und Bürogemeinschaften Gebrauch machen werden. Der Umfang dieser Synergieeffekte kann allerdings nicht konkret beziffert werden. Nicht anzunehmen ist allerdings, dass allein das Ausmaß dieser Synergieeffekte dazu führt, dass die gegenwärtige Kostenunterdeckung der Zwangsvollstreckung beseitigt wird. Hinzu kommt, dass die nötigen Leistungsanreize nur zu erwarten sind, wenn der Zusammenschluss zu größeren Einheiten in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung erfolgt.

Vor diesem Hintergrund lässt schließlich auch der Vorschlag, das gegenwärtige System zwar grundsätzlich beizubehalten, aber den Bezirksschutz aufzuheben, keine Lösung der eingangs dargestellten Probleme erwarten. Zwar ist ein Wettbewerb zwischen beamteten Gerichtsvollziehern rechtlich möglich und im Rahmen der Übergangsphase bis zur vollständigen Einführung des Beleihungssystems auch notwendig. Damit können aber weder die gegenwärtige staatliche Subventionierung der Zwangsvollstreckung abgebaut noch ausreichende Leistungsanreize geschaffen werden. Wettbewerb führt nicht per se zu Leistungsanreizen, sondern nur dann, wenn uneffizient arbeitende Wettbewerber mit merklichen Einnahmeausfällen oder - im Extremfall - sogar mit einer Verdrängung vom Markt rechnen müssen. Ein beamteter Gerichtsvollzieher müsste allerdings keines von beidem fürchten. Ein Leistungsanreiz könnte allenfalls von der Vollstreckungsvergütung ausgehen, die sich nach den Gebühreneinnahmen des Gerichtsvollziehers bemisst. Angesichts ihrer Deckelung beläuft sich diese aber nur auf etwa 4 500 Euro jährlich und macht damit kaum 10 Prozent des Einkommens des Gerichtsvollziehers aus. Ein Ausbau der Vollstreckungsvergütung ohne begleitende Gebührenerhöhung kommt nicht in Betracht, da er die Kostenunterdeckung der Zwangsvollstreckung aus Sicht des Staates noch erhöhen würde.

VII. Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes

Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes folgt für die Änderung des Umsatzsteuergesetzes aus Artikel 105 Abs. 2 GG. Im Übrigen beruht sie auf Artikel 74 Nr. 1 GG (Gerichtsverfassung und gerichtliches Verfahren), hinsichtlich einzelner Vorschriften auch auf Artikel 74 Abs. 1 Nr. 27 GG.

VIII. Kosten und Preise; geschlechtsspezifische Auswirkungen

1. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Für Bund und Länder können durch den Entwurf Kosten entstehen, soweit sie die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers bislang kostenfrei in Anspruch nehmen. Auf Seiten der Justiz kann es zu einer Mehrbelastung von etwa 18 Millionen Euro jährlich kommen. Da die neuen Gebühren nur von Behörden zu entrichten sind, die ihre Vollstreckungen durch Gerichtsvollzieher an Stelle von Vollziehungsbeamten betreiben, dürfte sich die Mehrbelastung anderer öffentlichrechtlicher Gläubiger allerdings in Grenzen halten. Für diese besteht die Möglichkeit, eigene Vollziehungsbeamte einzusetzen. Für die Länder können darüber hinaus überschaubare Mehraufwendungen für die Prozesskostenhilfe anfallen, soweit die Erhöhung der Vollstreckungskosten im Einzelfall dazu führt, dass ein Auftraggeber die Vollstreckungskosten nicht mehr aufbringen kann, ohne sein Existenzminimum zu gefährden.

Den Mehrkosten für die öffentliche Hand stehen aber ungleich größere Einsparungen durch den Abbau der Subventionierung der Gerichtsvollziehertätigkeit von derzeit bundesweit rund 198 Millionen Euro gegenüber. Hinzu kommen Steuermehreinnahmen durch die künftige Umsatzsteuerpflicht der Gerichtsvollziehervergütung von gut 113 Millionen Euro. Im Ergebnis werden daher die Einsparungen deutlich überwiegen.

Während der Übergangszeit können auf die öffentlichen Haushalte zusätzliche Kosten zukommen. Dies gilt insbesondere auf Grund von Leistungen zur Einkommenssicherung von Statuswechslern. Wie hoch die Kosten hierfür letztlich ausfallen, kann derzeit nicht eingeschätzt werden, denn das hängt nicht nur davon ab, wie viele Gerichtsvollzieher den Systemwechsel wagen, sondern auch davon, welchen Verdienst sie in den ersten Jahren im Beliehenenstatus erzielen werden. Beide Faktoren können derzeit nicht beziffert werden. Gleiches gilt für die Zuschüsse, welche die Länder in der Übergangsphase im Rahmen des Akademiemodells zur Ausbildungsvergütung der Nachwuchskräfte und den übrigen Ausbildungskosten leisten müssen. Darüber hinaus sind derzeit nicht bezifferbare Kosten durch die Versetzung beamteter Gerichtsvollzieher in andere Landgerichtsbezirke, durch die Verpflichtung zur Zahlung einer Ausgleichszulage bei der Versetzung eines zurückkehrenden Beliehenen in ein anderes Amt mit einem geringeren Endgrundgehalt oder durch einen Personalüberhang nicht anderweitig verwendbarer beamteter Gerichtsvollzieher nach dem Ende des Übergangszeitraums möglich.

Die zusätzlichen Kosten während des Übergangszeitraums dürften allerdings durch die Gebührenmehreinnahmen aus der Anwendung des neuen Gerichtsvollzieherkostenrechts auf die Tätigkeit der übergangsweise noch eingesetzten Beamten kompensiert werden. Eine vorzeitige Realisierung von Versorgungslasten beim Ausscheiden beamteter Gerichtsvollzieher aus dem Beamtenverhältnis kann der Landesgesetzgeber durch die Ermöglichung einer Versorgungsteilung vermeiden.

2. Sonstige Kosten und Preise

Auswirkungen auf außerhalb der öffentlichen Haushalte entstehende Kosten oder das Preisniveau sind nicht völlig auszuschließen. Der Abbau der gegenwärtigen Subventionierung der Gerichtsvollziehertätigkeit geht notwendig mit höheren Kosten für die Auftraggeber einher. Zwar wurden weite Teile dieser Kosten an den Eintritt des Vollstreckungserfolgs geknüpft. Die Erhöhung der nicht erfolgsabhängigen Gebühren kann der Auftraggeber aber nur an den Schuldner weiter reichen, soweit dieser zahlungsfähig ist. Den höheren Vollstreckungskosten stehen aus Sicht des Auftraggebers allerdings die Vorteile der Effizienzverbesserungen durch den Wechsel zum Beleihungssystem gegenüber. Diese Effizienzverbesserungen sind zwar im Einzelnen nicht quantifizierbar, lassen aber tendenziell größere Vollstreckungserfolge erwarten. Im Ergebnis ist nicht zu befürchten, dass die Auftraggeber aus Anlass höherer Vollstreckungskosten ihre Produkte verteuern und damit das gegenwärtige Preisniveau verändern.

3. Geschlechtsspezifische Auswirkungen

Die Änderungen des Gerichtsvollzieherkostenrechts haben keine spezifischen Auswirkungen auf die Lebenssituation von Männern und Frauen.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1 (Gerichtsvollziehergesetz)

Zu Teil 1 (Das Amt des Gerichtsvollziehers)

Zu Abschnitt 1 (Bestellung zum Gerichtsvollzieher)

Zu § 1 (Stellung des Gerichtsvollziehers)

§ 1 Gerichtsvollziehergesetz-E enthält zum einen die Übertragung der Gerichtsvollzieheraufgaben auf Beliehene und definiert zum anderen den Status der Gerichtsvollzieher. Die beliehenen Gerichtsvollzieher sind danach unabhängige Träger eines öffentlichen Amtes, die zur hauptberuflichen Amtsausübung auf Lebenszeit bestellt werden. Sie üben ihr Amt in eigener Praxis aus.

Dieser Status entspricht demjenigen des Notars zur hauptamtlichen Berufsausübung gemäß § 1 Abs. 1 BNotO, der als gelungenes und hoch effizientes Vorbild für die Ausgestaltung eines Beleihungsverhältnisses im Bereich der Rechtspflege gelten kann.

Zu Absatz 1

Gerichtsvollzieher sind Träger eines öffentlichen Amtes. Dies beinhaltet, dass sie von der Landesjustizverwaltung bestellt werden (§ 5 Gerichtsvollziehergesetz-E), bei ihrer Tätigkeit an einen vorgegebenen Amtsbereich gebunden sind (§ 8 Gerichtsvollziehergesetz-E), ein Amtssiegel und einen Amtsstempel führen (§ 22 Gerichtsvollziehergesetz-E) und strengen Amtspflichten ähnlich wie Beamte, Richter und Notare unterliegen (§§ 12 ff. Gerichtsvollziehergesetz-E). Unter "Amt" versteht man einen institutionalisierten Aufgabenkreis, der einer Person übertragen wird. "Öffentlich" ist zu verstehen als Ableitung des Amtes aus dem öffentlichen Recht und Ausdruck der mit ihm verbundenen öffentlichen, d.h. hoheitlichen Gewalt. Die Übertragung eines öffentlichen Amtes auf den Gerichtsvollzieher bringt zum Ausdruck, dass er Funktionen ausübt, die aus dem originären Aufgabenbereich des Staates, genauer der Justiz, abgeleitet sind. Der Gerichtsvollzieher erfüllt staatliche Obliegenheiten. Er nimmt originäre hoheitliche Befugnisse wahr, also Zuständigkeiten, die nach der geltenden Rechtsordnung hoheitlich ausgestaltet sein müssen.

Prägend für das Amt des Gerichtsvollziehers ist die hoheitliche Wahrnehmung von Zustellungen und Vollstreckungen, die deshalb in § 1 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E besonders erwähnt wird. Der hier bezeichnete Aufgabenkreis ist jedoch keineswegs abschließend, wie sich aus § 2 Gerichtsvollziehergesetz-E im Einzelnen ergibt.

Die Gerichtsvollzieher werden in den Ländern bestellt. Eine Bestellung zum Gerichtsvollzieher erfolgt dabei nur, soweit hierfür ein Bedürfnis besteht (§ 4 Gerichtsvollziehergesetz-E). Die Einrichtung des Amtes des Gerichtsvollziehers steht nach Artikel 84 Abs. 1 GG dem jeweiligen Land zu. Dem trägt § 5 Abs. 4 Gerichtsvollziehergesetz-E durch die Übertragung der Zuständigkeit zur Bestellung der Gerichtsvollzieher auf die Landesjustizverwaltung Rechnung. Entsprechend ist das jeweilige Land für die Organisation und Funktionsfähigkeit seines Gerichtsvollzieherwesens verantwortlich und muss entsprechende Vorsorge bei der Personalplanung treffen. Da der Gerichtsvollzieher aber nicht Beamter oder Richter ist, steht er in keinem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Land. Wenn auch das Gerichtsvollzieheramt materiell in der nächsten Nähe der Beamten und Richter steht, ist es doch durch organisatorische Selbstständigkeit geprägt, mit welcher die staatliche Rechtsaufsicht (§§ 94 ff. Gerichtsvollziehergesetz-E) korrespondiert.

Das Gerichtsvollzieheramt ist ein persönliches Amt (§ 13 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E). Die Gerichtsvollzieherbefugnisse werden im Wege der Beleihung stets einer einzelnen natürlichen Person übertragen. Deren Befugnisse erlöschen mit ihrem Ausscheiden aus dem Amt (§ 38 Gerichtsvollziehergesetz-E). Das Verfahrensverhältnis mit den Beteiligten einer Zustellung oder Vollstreckung besteht nur im Verhältnis zu dem beauftragten Gerichtsvollzieher selbst, nicht zu mit diesem verbundenen Gerichtsvollziehern.

Der Gerichtsvollzieher übt sein Amt in eigener Praxis aus. Dies bedeutet, dass er auf eigene Kosten in dem ihm zugewiesenen Amtsbereich eine Geschäftsstelle (§ 9 Gerichtsvollziehergesetz-E) mit eigener Ausstattung und eigenen Mitarbeitern unterhält. Der Gerichtsvollzieher erhält keine Besoldung und keine Versorgung durch den Staat. Er erhebt für seine Amtstätigkeit Gebühren nach dem Gerichtsvollzieherkostengesetz und trägt das wirtschaftliche Risiko seiner Amtsführung selbst.

Prägendes Kernelement des Gerichtsvollzieherberufs ist die Unabhängigkeit. Sie bestimmt die gesamte Berufstätigkeit des Gerichtsvollziehers und bildet eine unverzichtbare Basis dafür, dass die Rechtsuchenden sich vertrauensvoll an einen staatlich bestellten Gerichtsvollzieher wenden können. Unabhängigkeit ist dabei nicht in erster Linie ein Privileg, sondern ein Abwehrrecht gegenüber dem Staat und eine Verpflichtung des beliehenen Gerichtsvollziehers, seine Unabhängigkeit gegenüber den Beteiligten und Dritten zu wahren. Den besonders hohen Rang der Pflicht zur Unabhängigkeit verdeutlicht § 12 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E. Auf der Grundlage der Ermächtigung in § 67 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E ist die Wahrung der Unabhängigkeit Regelungsgegenstand der Richtlinien der Gerichtsvollzieherkammern. Für den besonders sensiblen Bereich der Nebentätigkeiten wird in § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Gerichtsvollziehergesetz-E die Wahrung der Unabhängigkeit als Normzweck explizit genannt.

Die Unabhängigkeit hat eine persönliche, eine sachliche und eine organisatorische Komponente. Die persönliche Unabhängigkeit wird durch die Bestellung des beliehenen Gerichtsvollziehers auf Lebenszeit sowie seine Unversetzbarkeit und Unabsetzbarkeit gesichert; ein Amtsverlust oder ein Wechsel des Amtsbereichs sind nur unter den im Gesetz abschließend aufgeführten Gründen (§ 8 Abs. 3, §§ 38 ff. Gerichtsvollziehergesetz-E) möglich. Die sachliche Unabhängigkeit des Gerichtsvollziehers erfordert es, dass die staatliche Dienstaufsicht stets auf eine reine Rechtsaufsicht begrenzt bleibt. Der Gerichtsvollzieher kann dienstaufsichtlich nicht angewiesen werden, in einer zweifelhaften Rechtsfrage eine bestimmte Rechtsansicht zu vertreten. Die organisatorische Unabhängigkeit kennzeichnet die Befugnis des Gerichtsvollziehers, sein Amt selbst zu organisieren, insbesondere über sein Personal und die sächlichen Hilfsmittel in seiner Geschäftsstelle zu entscheiden.

Der Gerichtsvollzieher ist zunächst gegenüber dem Staat unabhängig, insbesondere gegenüber dem Land, das ihm sein Amt verliehen hat und dessen Hoheitsgewalt er ausübt. § 1 Gerichtsvollziehergesetz-E beschreibt damit den Status des Gerichtsvollziehers, dessen Unabhängigkeit derjenigen des Richters und des Notars ähnlich ist. Darüber hinaus ist der Gerichtsvollzieher zur Unabhängigkeit gegenüber den Beteiligten, insbesondere gegenüber Gläubiger und Schuldner, verpflichtet. Obwohl der Gläubiger durch seinen Auftrag Umfang und Gegenstand der Tätigkeit des Gerichtsvollziehers bestimmt, bleibt der Gerichtsvollzieher auch ihm gegenüber in seinen rechtlichen Entscheidungen unabhängig. Er ist nicht Vertreter des Gläubigers, sondern unparteiischer Sachwalter der Rechtspflege im Rahmen des ihm erteilten Auftrages. Der Gerichtsvollzieher muss seine Tätigkeit versagen, wenn sie mit seinen Amtspflichten nicht vereinbar ist (§ 2 Abs. 1 Satz 2, § 12 Abs. 2, § 27 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E).

Die Unabhängigkeit besteht ferner gegenüber sonstigen Behörden, Gerichten, Verbänden, Unternehmen sowie Berufsträgern, mit denen der Gerichtsvollzieher zusammenarbeitet. Er ist verpflichtet, seine Unabhängigkeit auch gegenüber seinen Sozien (§ 11 Gerichtsvollziehergesetz-E) zu wahren.

Notwendiges Korrelat zur Unabhängigkeit des Gerichtsvollziehers ist seine strikte Bindung an das Gesetz. Dessen Einhaltung wird durch die staatliche Aufsicht sichergestellt. Sachliche Unabhängigkeit des Gerichtsvollziehers und staatliche Aufsicht bedingen und begrenzen sich gegenseitig. Die sachliche Unabhängigkeit verbietet jede Zweckmäßigkeitskontrolle durch die Aufsichtsbehörde. Staatliche Aufsicht über die Gerichtsvollzieher ist von vornherein stets nur Rechtsaufsicht und niemals Fachaufsicht.

Zu Absatz 2

Die Gerichtsvollzieher werden zur hauptberuflichen Amtsausübung bestellt. Damit wird die Beleihung eines sonstigen Berufsträgers, etwa eines Inkassounternehmers oder Rechtsanwalts, mit den Aufgaben eines Gerichtsvollziehers ausgeschlossen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 und 2). In Anlehnung an das hauptberufliche Notariat hat die Ausübung des Amtes des Gerichtsvollziehers stets Haupttätigkeit zu sein. Dies schließt es aber nicht aus, dass dem Gerichtsvollzieher bestimmte weitere, sein Berufsbild abrundende Nebenbeschäftigungen erlaubt werden (§ 2 Abs. 2, § 14 Gerichtsvollziehergesetz-E).

Gerichtsvollzieher werden auf Lebenszeit bestellt. Hierdurch wird die persönliche Unabhängigkeit des Gerichtsvollziehers statusrechtlich abgesichert. Das Gerichtsvollzieheramt erlischt nur bei Vorliegen eines der in § 38 Gerichtsvollziehergesetz-E abschließend aufgezählten Gründe. Die wirtschaftliche Absicherung der persönlichen Unabhängigkeit erfolgt über die Bedürfnisprüfung, das Gebührenrecht, die Beschränkung der Zuständigkeit auf den Amtsbereich und die Befugnis, Sozietäten und Bürogemeinschaften einzugehen.

Gerichtsvollzieher üben kein Gewerbe aus (Absatz 2 Satz 2). Dies folgt bereits zwingend aus der Amtseigenschaft des Gerichtsvollzieherberufs. Der Gerichtsvollzieher übt sein Amt nicht wie ein Gewerbetreibender, also nicht wie ein freier Unternehmer aus. Er kann bei der Übernahme seiner Aufträge keine freien unternehmerischen Entscheidungen treffen. Vielmehr ist er zur Amtstätigkeit verpflichtet, soweit nicht besondere Umstände die Ablehnung eines Auftrags erzwingen oder ermöglichen (§ 2 Abs. 1 Satz 2, § 27 Gerichtsvollziehergesetz-E). Unternehmerisches Gewinnstreben im Wettbewerb mit anderen ist für den beliehenen Gerichtsvollzieher nur sehr eingeschränkt möglich: Das Entgelt für seine Tätigkeit ist verbindlich geregelt, er kann die ihm zustehenden Gebühren nicht frei vereinbaren. Die Möglichkeit, für sich und seine Tätigkeit zu werben, ist ebenfalls beschränkt. Damit ist der Beruf des Gerichtsvollziehers auch kein freier Beruf wie derjenige des Rechtsanwalts, Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers. Am besten lässt sich der Gerichtsvollzieherberuf als Amt mit ergänzenden freiberuflichen Zügen beschreiben.

Zu § 2 (Aufgaben des Gerichtsvollziehers)

In § 2 Gerichtsvollziehergesetz-E sind die Aufgaben des beliehenen Gerichtsvollziehers dargestellt.

Zu Absatz 1

Absatz 1 enthält eine abschließende Aufzählung der Pflichtaufgaben, die im Wesentlichen dem bisherigen Aufgabenkreis des beamteten Gerichtsvollziehers nachgebildet sind. Aufträge, die auf die Wahrnehmung dieser Aufgaben gerichtet sind, darf der Gerichtsvollzieher nicht ohne ausreichenden Grund ablehnen. Hiervon unberührt bleibt seine Befugnis, die Amtstätigkeit von einem Kostenvorschuss abhängig zu machen. Ausreichende Gründe zur Ablehnung eines Auftrags können die sachliche oder örtliche Unzuständigkeit des Gerichtsvollziehers (§§ 2 und 10 Gerichtsvollziehergesetz-E), seine Ausschließung von der Amtstätigkeit (§ 26 Gerichtsvollziehergesetz-E) sowie alle Umstände sein, die bei der Ausführung des Auftrags einen Verstoß gegen Amtspflichten begründen können (§ 12 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E). Das Vorliegen dieser Ausschlussgründe hat der Gerichtsvollzieher bei der Entgegennahme eines Auftrags, also ohne zeitliche Verzögerung, zu prüfen (§ 27 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E). Kein ausreiche nder Grund für die Ablehnung eines Auftrags ist eine längere Wegstrecke von der Geschäftsstelle des Gerichtsvollziehers bis zum Sitz des Schuldners, die Überlastung des Gerichtsvollziehers mit Aufträgen, das mangelnde wirtschaftliche Interesse des Gerichtsvollziehers an der Übernahme eines Auftrags oder das Bestreben nach fachlicher Spezialisierung auf bestimmte Auftragsarten. Liegen Ablehnungsgründe nicht vor, so hat der Gerichtsvollzieher eingehende Aufträge unverzüglich zu erledigen (§ 27 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E).

Die Pflicht des beliehenen Gerichtsvollziehers zur Wahrnehmung seiner Pflichtaufgaben beinhaltet auch die Verpflichtung, dass er durch geeignete sachliche, personelle und organisatorische Vorkehrungen die Voraussetzungen schafft, Anträge auf Vornahme von Amtstätigkeiten entgegennehmen und erledigen zu können (Pflicht zur Amtsbereitschaft). In dieser Hinsicht ist dem Gerichtsvollzieher gemäß § 9 Gerichtsvollziehergesetz-E die Verpflichtung auferlegt, in seinem Amtsbereich eine Geschäftsstelle mit angemessener personeller und sachlicher Ausstattung zu unterhalten und diese während bestimmter Geschäftsstunden nach näherer Regelung der Landesjustizverwaltung offen zu halten. Der Amtsbereitschaft des Gerichtsvollziehers dienen ferner die Vorschriften der §§ 33 bis 37 Gerichtsvollziehergesetz-E über seine Pflichten bei Abwesenheit und Verhinderung, insbesondere die Bestellung eines ständigen Vertreters.

Bei der in § 2 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsvollziehergesetz-E normierten Pflicht zur Amtsbereitschaft und zur Übernahme von Aufträgen im Rahmen der Pflichtaufgaben, soweit nicht bestimmte, abschließend normierte Ablehnungsgründe vorliegen, handelt es sich um eine Rechtspflicht des Gerichtsvollziehers. Damit ist die Erfüllung dieser Pflicht der staatlichen Aufsicht in vollem Umfang zugänglich. Lehnt ein Gerichtsvollzieher ohne ausreichenden Grund die Übernahme von Aufträgen ab, ist dies für die Aufsichtsbehörde Anlass zur Prüfung von Disziplinarmaßnahmen. Bei Verschulden des Gerichtsvollziehers und der Verursachung eines Schadens kann ferner ein Amtshaftungsanspruch gegen den seine Amtstätigkeit verweigernden Gerichtsvollzieher nach § 20 Gerichtsvollziehergesetz-E in Betracht kommen.

Zum Inhalt der Pflichtaufgaben nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsvollziehergesetz-E gilt im Einzelnen:

Der Inhalt der dem Gerichtsvollzieher in Absatz 1 Satz 1 als Pflichtaufgaben zugewiesenen Tätigkeiten entspricht im Wesentlichen seinem gegenwärtigen Aufgabenkreis. Zur besseren Übersicht wurden die bislang an verschiedenen Stellen des Bundesrechts geregelten Zuständigkeiten des Gerichtsvollziehers in einer Übersicht zusammengefasst.

Die Nummern 1 und 2 erfassen dabei die bislang in § 154 GVG angesprochenen klassischen Tätigkeiten des Gerichtsvollziehers, nämlich die Zustellung und Vorführung im Zivilprozess sowie die Durchführung der zivilprozessualen Zwangsvollstreckung, soweit sie nicht dem Vollstreckungsgericht, dem Amtsgericht als Grundbuchamt oder dem Prozessgericht zugewiesen ist. Die besondere Hervorhebung der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen im Verfahren zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung erscheint entbehrlich. Die in § 154 GVG bislang angesprochene Zuständigkeit für die Ladung entfällt, da diese nach dem gegenwärtigen Verfahrensrecht dem Gericht selbst obliegt.

Nummer 3 stellt klar, dass der Gerichtsvollzieher darüber hinaus für die Vollstreckung von Entscheidungen in Strafverfahren über die Entschädigung des Verletzten und den Verfall einer Sicherheit sowie die Vollziehung dinglicher Arreste nach den Vorschriften über die Pfändung in bewegliche Sachen im Rahmen von Sicherstellungsmaßnahmen nach den § 111b bis § 111f StPO zuständig ist. Dies folgt aus § 111f Abs. 3 Satz 1 StPO in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 2a und § 2 JBeitrO, § 459g Abs. 1 Satz 2 und § 451 Abs. 1 StPO sowie § 6 Abs. 3 Satz 1 JBeitrO. Daran hat das Gesetz zur Änderung der Strafprozessordnung vom 6. August 2002 nichts geändert. Zwar kann die Vollziehung des Arrests danach auch durch die Staatsanwaltschaft oder durch deren Ermittlungspersonen bewirkt werden. Dadurch sollte aber die Möglichkeit der Zuziehung des Gerichtsvollziehers nicht entfallen, soweit dies von den Strafverfolgungsbehörden für sachgerecht erachtet wird (BR-Drs. 150/01 , S. 8).

Nummer 4 weist dem Gerichtsvollzieher die Aufgabe des Vollstreckungsbeamten bei der Vollstreckung von gerichtlichen Anordnungen in der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 33 Abs. 2 FGG zu. Diese Aufgabenzuweisung war bislang nur landesrechtlich geregelt (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 7 AGGVG Baden-Württemberg).

Gleiches gilt für die Aufnahme von Scheck- und Wechselprotesten gemäß Art ikel 79 Abs. 1 WechselG, Artikel 55 Abs. 3 ScheckG nach Nummer 5 (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 1 AGGVG Baden-Württemberg). Anlass, diese Aufgabe dem Gerichtsvollzieher zu entziehen und ausschließlich dem Notar zuzuweisen, besteht nicht. Zwar geht die Bedeutung von Wechsel und Scheck weiterhin zurück; die Aufnahme von Wechsel- und Scheckprotesten durch den Gerichtsvollzieher hat sich aber bewährt.

Die öffentliche Versteigerung beweglicher Sachen erfolgt nach der auch außerhalb des Hinterlegungsrechts maßgeblichen Legaldefinition des § 383 Abs. 3 Satz 1 BGB durch den Gerichtsvollzieher. Nummer 6 führt diese Zuständigkeit ausdrücklich an.

Nummer 7 trägt dem Umstand Rechnung, dass die meisten Länder keine Vollziehungsbeamten der Justiz im Sinne von § 6 Abs. 3 JBeitrO mehr unterhalten und deshalb dem Gerichtsvollzieher die Aufgaben des Vollziehungsbeamten zuweisen (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 3 AGGVG Baden-Württemberg). Im Hinblick auf diejenigen Länder, die zur Vollstreckung nach der JBeitrO noch besondere Vollziehungsbeamte einsetzen, enthält die Zuständigkeitsbestimmung aber einen ausdrücklichen Vorbehalt.

Nummer 8 öffnet den Katalog der Pflichtaufgaben schließlich für weitere Aufgabenzuweisungen durch den Landesgesetzgeber. Damit bleibt die in verschiedenen Ländern vorgesehene Nutzung des Gerichtsvollziehers als Hilfsperson des Gerichts erhalten. Dies gilt etwa für die Aufnahme von Vermögensverzeichnissen und Inventaren oder Siegelungen und Entsiegelungen im Auftrag des Gerichts (vgl. § 13 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AGGVG Baden-Württemberg).

Zu Absatz 2

Zur Übernahme weiterer Aufträge außerhalb des Katalogs der Pflichtaufgaben ist der Gerichtsvollzieher befugt, soweit sein Geschäftsbetrieb dies zulässt und eine nach § 14 Gerichtsvollziehergesetz-E erforderliche Genehmigung vorliegt. Insbesondere gilt dies für die Durchführung der freiwilligen Versteigerung für Rechnung des Auftraggebers und für die Übernahme des Amtes als Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren und im Restschuldbefreiungsverfahren in geeigneten Fällen. Mit der Möglichkeit, neben seinen Pflichtaufgaben auch freiwillige Aufgaben zu übernehmen, wird der freiberuflichen Komponente des Gerichtsvollzieheramtes Rechnung getragen.

Hervorzuheben ist dabei das Rangverhältnis zwischen den Pflichtaufgaben nach § 2 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E und den freiwilligen Aufgaben nach § 2 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E. Die Pflichtaufgaben haben gegenüber den freiwilligen Aufgaben stets Vorrang. Dies bedeutet, dass der Gerichtsvollzieher zur Übernahme freiwilliger Aufgaben nur befugt ist, soweit die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Pflichtaufgaben hierunter nicht leidet. Um das genannte Rangverhältnis effektiv zu sichern, werden die freiwilligen Aufgaben in § 14 Abs. 1 Nr. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E einem Genehmigungsregime unterstellt, soweit sie vergütet sind. Ein Versagungsgrund ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E insbesondere dann gegeben, wenn die Tätigkeit nach Art und Umfang die Arbeitskraft des Gerichtsvollziehers so in Anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der Amtspflichten, also die zeitgerechte Erledigung der Pflichtaufgaben nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsvollziehergesetz-E, beeinträchtigt werden kann. Von vornherein nicht genehmigungspflichtig sind lediglich die Übernahme des Amtes als Testamentsvollstrecker, als Treuhänder in Insolvenzverfahren oder in Verfahren der Restschuldbefreiung, die Tätigkeit als Sequester und eine wissenschaftliche, künstlerische oder Vortragstätigkeit. Auch die Übernahme dieser Aufgaben setzt jedoch stets voraus, dass der Geschäftsbetrieb des Gerichtsvollziehers ihre Wahrnehmung zulässt. Kommt es durch die Übernahme weiterer Aufgaben zu Unzuträglichkeiten im Bereich der Pflichtaufgaben, so hat die Aufsichtsbehörde einzuschreiten.

Zum Inhalt der freiwilligen Aufgaben in § 2 Abs. 2 Satz 2 Gerichtsvollziehergesetz-E gilt im Einzelnen:

Der Kreis der freiwilligen Aufgaben wird in Absatz 2 Satz 2 im Gegensatz zu den Pflichtaufgaben nicht abschließend festgelegt. Die in Satz 2 Nr. 1 und 2 genannten Aufgaben haben statt dessen nur beispielhaften Charakter.

Dies gilt zunächst für die Durchführung der freiwilligen Versteigerung für Rechnung des Auftraggebers nach Nummer 1. Dabei handelt es sich um eine Aufgabe, die von den Gerichtsvollziehern im Hinblick auf ihre praktischen Erfahrungen aus der Verwertung von Pfandsachen gemäß den §§ 814 ff. ZPO traditionell in Konkurrenz zu privaten Versteigerern durchgeführt wird. Diese Tätigkeit soll dem Gerichtsvollzieher auch in Zukunft offen stehen. Da der beliehene Gerichtsvollzieher künftig nicht mehr für Rechnung des Staates, sondern für eigene Rechnung tätig ist, besteht zudem kein Anlass mehr, freiwillige Versteigerungen durch den Gerichtsvollzieher auf die Fälle zu beschränken, in denen der Auftraggeber keine Möglichkeit hat, einen zugelassenen privaten Versteigerer zu beauftragen (so derzeit noch § 249 Nr. 3 GVGA).

Als weitere freiwillige Tätigkeit hebt Nummer 2 die Übernahme des Amtes als Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren nach den §§ 311 ff. InsO bzw. im Restschuldbefreiungsverfahren nach § 287 Abs. 2 InsO hervor. Dies gilt allerdings nur in geeigneten Fällen. Als geeignet werden regelmäßig nur Kleinverfahren anzusehen sein, bei denen der Schuldner ein Verbraucher mit überschaubaren Vermögensverhältnissen ist. In diesen Fällen sind die Aufgaben des Treuhänders den Aufgaben des Gerichtsvollziehers im Rahmen der Zwangsvollstreckung (Sachaufklärung, Verwertung von beweglichen Sachen, Einziehung von Teilzahlungen) vergleichbar.

Nicht aufgeführt wird die Tätigkeit als Schlichter oder Mediator. Zwar kommt dem Gerichtsvollzieher beim Bemühen um das Zustandebringen von Ratenzahlungsvereinbarungen im Rahmen von § 806b ZPO eine vermittelnde Rolle zwischen Gläubiger und Schuldner zu. Allein diese praktische Erfahrung befähigt den Gerichtsvollzieher aber nicht zu der umfassenden und komplexen Tätigkeit eines Schlichters oder Mediators. Diese Aufgabe kann dem Gerichtsvollzieher deshalb nicht generell zugewiesen werden, zumal andernfalls die entsprechende Tätigkeit wegen § 3 Nr. 1 RBerG automatisch von den für andere Schlichter und Mediatoren geltenden Beschränkungen des Rechtsberatungsgesetzes befreit würde. Dies schließt aber nicht aus, dass ein beliehener Gerichtsvollzieher im Einzelfall unter Beachtung der Vorgaben des Rechtsberatungsgesetzes als Schlichter oder Mediator tätig wird.

Neben den in Satz 2 ausdrücklich genannten Tätigkeiten kann der beliehene Gerichtsvollzieher im Einzelfall weitere Aufgaben übernehmen, soweit die Voraussetzungen von Satz 1 vorliegen und § 14 beachtet wird. In Betracht kommen insbesondere die Übernahme eines Amtes als Sequester oder als Testamentsvollstrecker sowie Vortragstätigkeiten. Dabei ist zu beachten, dass der beliehene Gerichtsvollzieher bei der Übernahme einer freiwilligen Aufgabe nicht als Hoheitsträger, sondern als Privatmann tätig wird. Seine Rechte und Pflichten im Rahmen der freiwilligen Aufgaben richten sich deshalb grundsätzlich nicht nach dem Gerichtsvollziehergesetz, sondern nach den für das übernommene Amt maßgeblichen Bestimmungen bzw. nach dem zugrunde liegenden privatrechtlichen Vertrag (z.B. nach dem Sequestrationsvertrag, vgl. BGH, Urteil vom 9. November 2000 - III ZR 314/99 -, NJW 2001, 434).

Zu Absatz 3

Absatz 3 stellt klar, dass der Auftrag zur Durchführung einer der in den Absätzen 1 und 2 genannten Aufgaben dem Gerichtsvollzieher von der Partei, ihrem gesetzlichen Vertreter oder ihrem Bevollmächtigten unmittelbar erteilt wird. Damit ist die Vermittlung der Aufträge durch eine wie auch immer ausgestaltete Verteilungsstelle bei einem staatlichen Gericht ausgeschlossen. Vielmehr hat der beliehene Gerichtsvollzieher selbst die Stellung einer "Behörde" im Rahmen der mittelbaren Staatsverwaltung. Der Rechtsuchende muss sich unmittelbar an einen zuständigen Gerichtsvollzieher wenden und hat dabei zugleich die Gewähr, dass er nicht ohne ausreichenden Grund zurückgewiesen wird. Für den Rechtsuchenden stellt dies keine Erschwernis dar, weil die Gerichtsvollzieherkammer nach § 67 Abs. 3 Nr. 6 Gerichtsvollziehergesetz-E ein Verzeichnis der in der Kammer zusammengeschlossenen Gerichtsvollzieher, in dem Namen, Anschriften und Amtsbereiche angegeben sind, zu führen und der Öffentlichkeit - am besten elektronisch - zugänglich zu machen hat. Der Rechtsuchende kann sich daher unschwer darüber informieren, welche Gerichtsvollzieher für einen bestimmten Auftrag zuständig und wo diese zu erreichen sind.

Absatz 3 bedeutet nicht, dass infolge der unmittelbaren Kontaktaufnahme des Rechtsuchenden zum zuständigen Gerichtsvollzieher ein privatrechtliches Auftragsverhältnis oder eine sonstige privatrechtliche Beziehung zwischen ihm und dem Gerichtsvollzieher entstünde. Infolge der Amtsstellung des Gerichtsvollziehers und der hoheitlichen Prägung seiner Aufgaben und Befugnisse ist das Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem beauftragten Gerichtsvollzieher stets öffentlichrechtlicher Natur.

Zu § 3 (Unvereinbare Tätigkeiten)

Die Unabhängigkeit des Gerichtsvollziehers und seine Verpflichtung zur Amtsausübung können gefährdet werden, wenn er neben seinem Amt andere Berufe ausübt oder arbeitnehmerähnliche Verpflichtungen eingeht. § 3 Gerichtsvollziehergesetz-E schließt Tätigkeiten aus, die generell als mit dem Amt des Gerichtsvollziehers unvereinbar anzusehen sind.

So darf der Gerichtsvollzieher nicht zugleich Inhaber eines besoldeten Amtes sein. Der Inhaber eines besoldeten Amtes muss grundsätzlich seine gesamte Arbeitskraft dem Dienstherrn zur Verfügung stellen; dies ist mit der Verpflichtung des Gerichtsvollziehers zur Amtsausübung unvereinbar. Außerdem könnten sich aus der Abhängigkeit gegenüber dem Dienstherrn Interessenkonflikte für den Gerichtsvollzieher ergeben. Als Besoldung ist die Gewährung regelmäßig wiederkehrender Dienstbezüge anzusehen, auf die der Inhaber des Amtes einen Rechtsanspruch hat. Unter Absatz 1 Satz 1 fällt demnach in erster Linie die Anstellung als Beamter mit wiederkehrenden Dienstbezügen. Unerheblich sind dabei die Art und der Umfang des Beamtenverhältnisses. Unter Absatz 1 fällt die Übernahme eines besoldeten Amtes bei jeglichem Dienstherrn, auch bei öffentlichrechtlichen Körperschaften und Anstalten, überstaatlichen Organisationen, Kirchen und anerkannten Religionsgesellschaften.

Die Übernahme eines unbesoldeten Amtes, insbesondere die Anstellung als Ehrenbeamter ( § 3 Abs. 2 BRRG) oder die Übernahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit, fällt nicht unter § 3 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E. Das gleiche gilt für die Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter. Nicht unter § 3 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E fällt außerdem die Übernahme eines Mandats im Wahlorgan einer Gebietskörperschaft (Bundestag, Landtag, Gemeinderat).

Nicht erlaubt ist dem Gerichtsvollzieher die Ausübung eines weiteren Berufs, weil er nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Gerichtsvollziehergesetz-E zur hauptberuflichen Amtsausübung bestellt wird. Unvereinbar mit dem Amt des Gerichtsvollziehers ist daher insbesondere die Zulassung als Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, ferner jegliche Tätigkeit in einem privatrechtlichen Anstellungsverhältnis, etwa als Angestellter des öffentlichen Dienstes oder als Syndikusanwalt in einem Unternehmen.

Das Eingehen einer Gesellschaftsbeteiligung ist dem Gerichtsvollzieher nicht generell, sondern dann untersagt, wenn diese mit seinem Amt unvereinbar ist. § 3 Abs. 1 Satz 3 Gerichtsvollziehergesetz-E korrespondiert insoweit mit § 14 Abs. 1 Nr. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E, wonach der Eintritt in den Vorstand, Aufsichtsrat, Verwaltungsrat oder ein sonstiges Organ einer auf Erwerb gerichteten Gesellschaft, Genossenschaft oder eines in anderer Rechtsform betriebenen wirtschaftlichen Unternehmens der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf. Eine Gesellschaftsbeteiligung ohne derartige Organstellung ist dann mit dem Gerichtsvollzieheramt unvereinbar, wenn sie den Gerichtsvollzieher in Interessenkonflikte in Bezug auf seine Amtsstellung bringen kann und damit seine Unabhängigkeit gefährdet. Dabei genügt eine abstrakte Gefahr. Für die Prüfung, ob eine Interessenkollision gegeben ist, kann § 14 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E entsprechend herangezogen werden. Als unvereinbar ist insbesondere die Beteiligung an einer Inkasso- oder Factoring-Gesellschaft anzusehen, deren Erwerbszweck mit den Aufgaben des Gerichtsvollziehers kollidiert. Zulässig ist stets die Verwaltung eigenen Vermögens, wobei die Grenzziehung zwischen zulässiger Vermögensanlage und unerlaubter Gesellschaftsbeteiligung im Einzelnen schwierig sein kann. Die nähere Ausformung muss insoweit der Rechtsprechung überlassen bleiben.

Dem Gerichtsvollzieher ist es verboten, Darlehen zu vermitteln, Forderungen zu erwerben oder zu veräußern, im Zusammenhang mit der Amtsausübung Darlehen zu gewähren, Schulden zu übernehmen und Bürgschaften oder sonstige Gewährleistungen zu erteilen oder sich an derartigen Geschäften zu beteiligen. Eine private Inkassotätigkeit ist dem Gerichtsvollzieher generell nicht erlaubt. In den genannten Fällen ist die Gefahr für die Wahrung der Unabhängigkeit derart evident, dass die genannten Tätigkeiten dem Gerichtsvollzieher ausnahmslos untersagt sind.

Übt der Gerichtsvollzieher eine nach § 3 Gerichtsvollziehergesetz-E unvereinbare Tätigkeit aus, so ist er nach § 42 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E seines Amtes als Gerichtsvollzieher zu entheben. Ein Ermessen steht der Aufsichtsbehörde insoweit nicht zu.

Zu § 4 (Staatliche Bedürfnisprüfung)

§ 4 Gerichtsvollziehergesetz-E knüpft in seinem Regelungsgehalt an § 1 Gerichtsvollziehergesetz-E an. Da dem Gerichtsvollzieher hoheitliche Aufgaben übertragen sind, er mithin als Träger eines öffentlichen Amtes staatliche Funktionen wahrnimmt, muss der Staat die Voraussetzungen für eine effektive Aufgabenerledigung schaffen. Zu den Maßnahmen, die die Funktionsfähigkeit des Gerichtsvollzieherwesens sicherstellen, gehört es in erster Linie zu bestimmen, wie viele Gerichtsvollzieher bestellt werden sollen, um dem öffentlichen Interesse an der reibungslosen Erledigung der Gerichtsvollziehergeschäfte zu genügen. Die Entscheidungskompetenz überträgt der Gesetzgeber der Landesjustizverwaltung, weil die Gerichtsvollzieher nach § 1 Gerichtsvollziehergesetz-E in den Ländern bestellt werden.

Die Landesjustizverwaltung entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, wobei Entscheidungskriterien das Bedürfnis nach einer angemessenen Versorgung der rechtsuchenden Bevölkerung mit den Leistungen der Gerichtsvollzieher, die wirtschaftliche Auskömmlichkeit der Amtsstellen und die Wahrung einer geordneten Altersstruktur im Gerichtsvollzieherberuf sind. Die genannten Gesichtspunkte hat die Landesjustizverwaltung bei der Ausübung des ihr eingeräumten staatlichen Organisationsermessens (vgl. zum Notarbereich BGH, Beschluss vom 30. Juli 1990 - NotZ 024/89 -, DNotZ 1991, 91) zu berücksichtigen.

Zu den Kriterien des Organisationsermessens gilt im Einzelnen:

Um die Funktionsfähigkeit der hoheitlichen Wahrnehmung von Zustellungen und Vollstreckungen sowie der sonstigen Pflichtaufgaben der beliehenen Gerichtsvollzieher zu sichern, müssen so viele Gerichtsvollzieherstellen eingerichtet werden, dass die Geschäfte in angemessener Zeit durch die vorhandenen Gerichtsvollzieher bei durchschnittlichen Anforderungen an deren Gesundheit und Leistungsfähigkeit erledigt werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 1978 - NotZ 005/78 -, DNotZ 1979, 688; a.a.O., 1991, 91). Zweck der Bedürfnisprüfung ist insoweit eine zügige, ortsnahe und effiziente Betreuung der Bevölkerung mit den Leistungen der Gerichtsvollzieher. Hierzu ist nicht erforderlich, dass flächendeckend an jedem Ort ein Gerichtsvollzieher zur Verfügung steht; auch muss die Landesjustizverwaltung nicht zuwarten, bis alle bestellten Gerichtsvollzieher vollständig ausgelastet sind. Die Bedürfnisprüfung erfordert vielmehr stets eine mit Unsicherheiten belastete Zukunftsprognose. Bei Änderungen der Verhältnisse sind nachträgliche Korrekturen vorzunehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juli 1998 - NotZ 031/97 -, DNotZ 1999, 251).

Zu berücksichtigen ist des Weiteren die wirtschaftliche Auskömmlichkeit der Amtsstellen. Dies bedeutet, dass keinesfalls so viele Gerichtsvollzieherstellen geschaffen werden dürfen, wie gerade noch wirtschaftlich lebensfähig sind. Hierdurch würde die sachliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit der Gerichtsvollzieher gefährdet werden. Deshalb hat die Landesjustizverwaltung beim Freiwerden jeder Gerichtsvollzieherstelle eingehend zu prüfen, ob diese weiterhin erforderlich ist und zur Neubesetzung ausgeschrieben werden kann oder ob sie unbesetzt bleiben und eingezogen werden muss. Bei der Prüfung des Bedürfnisses kommt es insoweit auf die durchschnittlichen Geschäftszahlen der im Amtsbereich tätigen Gerichtsvollzieher und deren durchschnittliches Gebührenaufkommen an (vgl. BGH a.a.O., DNotZ, 1991, 91). Zweckmäßigerweise legt die Landesjustizverwaltung einen Mindestgeschäftsanfall fest, der im Durchschnitt bei jeder Gerichtsvollzieherstelle mindestens erreicht sein muss, damit von wirtschaftlicher Auskömmlichkeit ausgegangen werden kann.

Die Ermessenskriterien werden abgerundet durch die Wahrung einer geordneten Altersstruktur im Gerichtsvollzieherberuf. Eine geordnete Altersstruktur ist dann gewahrt, wenn jährlich in etwa gleich bleibend viele Nachwuchskräfte neu zum Gerichtsvollzieherberuf zugelassen werden können. Dies setzt eine gewisse Kontinuität im Rahmen der Bedürfnisprüfung, also bei der Neuerrichtung und Einziehung von Gerichtsvollzieherstellen voraus. Anpassungen der Zahl der Gerichtsvollzieherstellen im Rahmen der Bedürfnisprüfung sind daher stets nach eingehender Prüfung der Parameter sowie behutsam und mit Augenmaß vorzunehmen. Einer geordneten Altersstruktur zuträglich ist - in den Flächenländern - insbesondere ein Vorrückungssystem, mit dem eine personelle Erstarrung verhindert und eine personelle Mobilität und Flexibilität gewährleistet werden können. Naturgemäß hängt die wirtschaftliche Attraktivität von Gerichtsvollzieherstellen von der wirtschaftlichen Potenz einer Region sowie dem städtischen oder ländlichen Charakter des Amtsbereichs ab. Die Gerichtsvollzieher werden daher bemüht sein, nach bestimmten Mindestverweildauern aus einem wirtschaftlich weniger attraktiven Amtsbereich in einen attraktiveren Amtsbereich zu wechseln. Ein derartiges System stellt eine geordnete Altersstruktur auch in der Fläche sicher und vermeidet zudem personelle Erstarrungen, die der unabhängigen Amtsstellung des Gerichtsvollziehers abträglich sein könnten.

Formal setzt die Bedürfnisprüfung die Festlegung von Richtzahlen voraus, anhand derer der Bedarf an Gerichtsvollzieherstellen innerhalb eines Amtsbereichs errechnet werden kann. Die Richtzahlen sollten sich daher allein an den Pflichtaufgaben des Gerichtsvollziehers nach § 2 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E orientieren. Die Festlegung der Richtzahlen ist Aufgabe der Landesjustizverwaltung in Abstimmung mit der Gerichtsvollzieherkammer. Eine einheitliche Festlegung über das einzelne Land hinaus verbietet sich schon auf Grund des Organisationsermessens der jeweiligen Landesjustizverwaltung. Die folgenden Richtzahlen sind grundsätzlich geeignet, den Bedarf an Gerichtsvollzieherstellen innerhalb eines Amtsbereichs zu bemessen:

Die genannten oder gegebenenfalls geeignete andere Kriterien können einzeln oder in Kombination als Parameter für die Bedürfnisprüfung herangezogen werden, wobei sich aus ihrer Anwendung zweckmäßigerweise eine Richtzahl an Gerichtsvollzieherstellen in dem betreffenden Amtsbereich ergeben sollte. Überschreitet die Richtzahl die tatsächliche Anzahl an eingerichteten Gerichtsvollzieherstellen, ist damit die Notwendigkeit indiziert, zusätzliche Gerichtsvollzieherstellen einzurichten, falls dauerhaft mit dem erhöhten Geschäftsanfall und/oder einer wachsenden Bevölkerungszahl zu rechnen ist. Bleibt die Richtzahl hinter der Anzahl der tatsächlichen Stellen zurück, ist die Einziehung einer oder mehrerer Gerichtsvollzieherstellen zu prüfen, wenn ein Gerichtsvollzieher wegen Alters oder Wechsels des Amtsbereichs seine bisherige Stelle in dem Amtsbereich frei macht. Erforderlich ist immer eine umfassende Prognoseentscheidung der Landesjustizverwaltung, die alle bekannten Umstände in ihre Ermessensentscheidung einzubeziehen hat.

Die Bestimmung der Zahl der Gerichtsvollzieherstellen und der Zuschnitt der Amtsbereiche erfolgen stets im öffentlichen Interesse und richten sich nach sachlichen Bedürfnissen, nicht jedoch nach den individuellen Belangen einzelner Gerichtsvollzieher oder Interessenten an diesem Beruf. Diese haben kein subjektiv-öffentliches Recht auf die Errichtung oder Ausschreibung einer Gerichtsvollzieherstelle (vgl. BVerfG und BGH in ständiger Rechtsprechung zum Notarbereich, z.B. BVerfGE 73, 280; BGH, BNotZ 1996, 902; 1999, 239; 2003, 782). Der Antrag, die Landesjustizverwaltung hierzu zu verpflichten, ist grundsätzlich bereits unzulässig. Die Berufswahlfreiheit nach Artikel 12 GG besteht nur nach Maßgabe der vom Staat eingerichteten Ämter (a.a.O.).

Zu § 5 (Bestellung der Gerichtsvollzieher)

Zu Absatz 1

Zugang und Ausbildung zum Gerichtsvollzieherberuf waren bislang in den Ländern unterschiedlich geregelt (Baden-Württemberg: VO vom 16. Juni 1971, GBl. 282, zul. g. 12. April 2003, GBl. 273; Bayern: VO vom 24. September 1980, GVBl 525, zul. g. 8. Oktober 2004, GVBl 407; Berlin: VO vom 4. September 1974, GVBl. 2124, zul. g. 15. September 1995, GVBl. 630; Brandenburg: angewandt wird die VO des Landes Nordrhein-Westfalen vom 8. November 2001, GVBl. 765; Bremen: VO vom 9. September 2003, GBl. 357; Hamburg: VO vom 3. Februar 2004, GVBl. 46; Hessen: VO vom 4. Juli 2004, JMBl. 249; Mecklenburg-Vorpommern: VO vom 29. Mai 2002, GVOBl. 377; Niedersachsen: AV vom 2. Juli 2002, Nds. RPfl. 02, 226; Nordrhein-Westfalen: VO vom 14. März 2005, GVBl. 203, zul. g. 30. September 2005, GVBl. 824; Rheinland-Pfalz: VO vom 20. Februar 2006, GVBl. 102; Saarland: VO vom 3. März 1998, Amtsbl. 506, 565, zul. g. 30. Mai 2006, Amtsbl. 802; Sachsen: VO vom 17. September 2004, GVBl. 532; Sachsen-Anhalt: VO vom 4. Dezember 2001, GVBl. 522, zul. g. 1. Juni 2004, GVBl. 308; Schleswig-Holstein: VO vom 26. November 2002, GVOBl., 270; Thüringen: VO vom 25. April 1995, zul. g. 15. August 2004, GVBl. 741).

Absatz 1 benennt nunmehr bundeseinheitlich die Voraussetzungen für die Bestellung zum Gerichtsvollzieher. Diese leiten sich aus den Gemeinsamkeiten der landesrechtlichen Regelungen des Zugangs zum Gerichtsvollzieherberuf ab. Zum Gerichtsvollzieher darf nach Absatz 1 nur bestellt werden, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. Weil der Gerichtsvollzieher als Beliehener staatliche Aufgaben wahrnimmt, die zum Kernbereich hoheitlicher Tätigkeit gehören, ist diese Regelung auch mit den Vorgaben des EU-Rechts vereinbar (vgl. Artikel 39 Abs. 4 EGV). Der Bewerber muss gesund sein, damit er auch unter den Anforderungen des Außendienstes das Amt des Gerichtsvollziehers dauerhaft ausüben kann. Er muss in geordneten Verhältnissen leben, weil er im Rahmen der Vollstreckung Umgang mit erheblichen fremden Vermögenswerten hat.

Zu Absatz 2

Die Befähigung für das Amt des Gerichtsvollziehers wird durch das erfolgreiche Absolvieren einer Ausbildung nach Maßgabe von Absatz 2 erworben.

Die hohe Verantwortung, die dem Gerichtsvollzieher mit der Übertragung hoheitlicher Aufgaben und Befugnisse erwächst, welche auch zu empfindlichen Eingriffen in Grundrechte der Bürger berechtigen, bedingt eine sorgfältige und gründliche Ausbildung. Sie soll den Nachwuchskräften die rechtlichen und wirtschaftlichen Kenntnisse und Methoden sowie die berufspraktischen Fähigkeiten und Kenntnisse vermitteln, die zur Erfüllung der Aufgaben des Gerichtsvollziehers erforderlich sind. Hierfür ist es allerdings nicht erforderlich, eine bundesweit einheitliche Ausbildung zum Gerichtsvollzieher vorzuschreiben. § 5 GerichtsvollzieherG-E sieht vielmehr zwei mögliche Ausbildungsmodelle vor, die von den Ländern jeweils eingeführt werden können. Dabei wird die Entscheidung, ob einer eher praxisorientierten Ausbildung an einer Justizschule oder Gerichtsvollzieherakademie oder einem mehr wissenschaftlich orientierten Studium an einer Hochschule oder Fachhochschule zukünftig der Vorzug gegeben werden soll, dem Wettbewerb und der Entscheidung des jeweiligen Landes im Rahmen seiner Organisationshoheit überlassen bleiben.

Auch hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Ausbildung gibt § 5 GerichtsvollzieherG-E nur einen die zwingenden Mindestanforderungen definierenden Rahmen vor, dessen Ausfüllung den Ländern obliegt. So muss die Ausbildung im Justizschulen-/Akademiemodell nach Absatz 2 Nr. 1 mindestens zwei Jahre dauern und zwölf Monate fachtheoretische Lehrgänge sowie berufspraktische Ausbildungsabschnitte bei einem oder mehreren Gerichtsvollziehern umfassen. Für die Ausgestaltung einer Ausbildung im Fachhochschulmodell ergeben sich neben der Festlegung auf rechtswissenschaftliche oder wirtschaftsjuristische Studiengänge nähere Vorgaben aus dem Hochschulrahmengesetz. Eine staatliche Prüfung zum Gerichtsvollzieher ist nur im Fall des Absatzes 2 Nr. 1 zwingend vorgeschrieben. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 wird die Ausbildung mit einer reinen Hochschulprüfung abgeschlossen, die zur Verleihung des Diplomgrades, künftig im Hinblick auf § 19 Abs. 1, 2 HRG des Bachelorgrades, führt. Allerdings steht es den Ländern im Hinblick auf die möglichen inhaltlichen Unterschiede der Ausbildung in den einzelnen grundsätzlich in Betracht kommenden Studiengängen sowohl untereinander als auch zu den Inhalten einer Ausbildung nach Absatz 2 Nr. 1 frei vorzusehen, dass Absolventen mit einem solchen Hochschulabschluss zusätzlich eine praktische Ausbildung ableisten müssen, bevor sie zum Gerichtsvollzieher bestellt werden können.

Die Gerichtsvollzieherausbildung kann entweder als staatliche Bedarfsausbildung in einem öffentlichrechtlichen Ausbildungsverhältnis zum Staat an einer Justizschule oder Gerichtsvollzieherakademie erfolgen (Absatz 2 Nr. 1) oder auf dem Niveau eines Fachhochschulstudiums durchgeführt werden (Absatz 2 Nr. 2). Insoweit ist davon auszugehen, dass einige Länder ein eigens auf das Amt des Gerichtsvollziehers zugeschnittenes und an die Rechtspflegerausbildung angelehntes Fachhochschulstudium anbieten werden, das hinreichende berufspraktische Ausbildungszeiten ermöglicht. In Betracht kommt aber auch ein anderes im Grundsatz geeignetes rechtswissenschaftliches oder wirtschaftsjuristisches Studium. Für die endgültige Berufsqualifizierung wird dann aber in der Regel zusätzlich eine praktische Ausbildung abgeleistet und eine abschließende staatliche Prüfung abgelegt werden müssen.

Zu Absatz 3

Absatz 3 bezeichnet denjenigen, der zu einer Ausbildung zum Gerichtsvollzieher zugelassen worden ist, als Nachwuchskraft, weil der Begriff des Anwärters für einen Beamten auf Widerruf steht ( § 59 BBesG). Während ihrer Ausbildung treffen die Nachwuchskräfte, soweit sich aus der Struktur der Ausbildung und dem Ausbildungszweck nichts anderes ergibt, die den Gerichtsvollziehern obliegenden Pflichten, insbesondere die Amtsverschwiegenheit. Die Länder können im Fall des Absatzes 2 Nr. 1 Regelungen über die Gewährung einer Ausbildungsvergütung sowie über deren Rückzahlung treffen, etwa wenn die Nachwuchskraft in einem anderen Land zum Gerichtsvollzieher bestellt wird oder eine andere Berufstätigkeit, Beschäftigung oder Ausbildung aufnimmt.

Die auch vor dem Hintergrund des Artikels 12 GG gebotene nähere Festlegung des Zugangs zur Ausbildung, ihrer Struktur sowie der konkreten Ausbildungs- und Prüfungsinhalte wird der Regelung durch die Länder überlassen. Diese können ferner ein Mindest- oder Höchstalter für die Zulassung zur Gerichtsvollzieherausbildung und die Bestellung zum Gerichtsvollzieher festsetzen, um sicherzustellen, dass die Nachwuchskräfte einerseits genügend Lebenserfahrung besitzen und andererseits noch flexibel genug sind, sich auf künftige Veränderungen im Aufgabenbereich des Gerichtsvollziehers einzustellen.

Zu den Absätzen 4 und 5

Mit dem Bestehen der Prüfung erwirbt die Nachwuchskraft keinen Anspruch auf Beleihung (vgl. § 4 Gerichtsvollziehergesetz-E).

Die Beleihung erfolgt nach Absatz 4 nach Anhörung der zuständigen Gerichtsvollzieherkammer durch Übergabe der Beleihungsurkunde und ist nach Absatz 5 zu versagen, wenn das im Hinblick auf die persönliche Haftung für Amtspflichtverletzungen (§ 21 Gerichtsvollziehergesetz-E) erforderliche Bestehen einer Berufshaftpflichtversicherung nicht nachgewiesen wird.

Zu § 6 (Stellenausschreibung)

§ 6 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E bestimmt, dass die Bewerber um das Amt als Gerichtsvollzieher in der Regel durch Ausschreibung zu ermitteln sind. Die Ausschreibung bezeichnet den Amtsbereich des zu besetzenden Amtes. Durch die Ausschreibung wird sichergestellt, dass alle in Betracht kommenden Personen auf die Möglichkeit hingewiesen werden, sich um die Bestellung zum Gerichtsvollzieher und/oder auf eine bestimmte freie Gerichtsvollzieherstelle zu bewerben. Die Ausschreibung dient der Verwirklichung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf gleichen Zugang zum öffentlichen Amt (Artikel 33 Abs. 2 GG) und ermöglicht es, dem Leistungsprinzip (§ 5 Gerichtsvollziehergesetz-E) durch sachgerechte Auswahl unter mehreren Bewerbern Rechnung zu tragen. Da durch die Gestaltung des Auswahlverfahrens unmittelbar Einfluss auf die Konkurrenzsituation und damit auf das Ergebnis der Auswahlentscheidung genommen werden kann, ist eine dem Schutz der Grundrechte der Bewerber aus Artikel 12 GG angemessene Verfahrensgestaltung erforderlich (vgl. zum Notarbereich BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 20. September 2002 - 1 BvR 819/01, 1 BvR 826/01 -, DNotZ 2002, 891).

Die Ausschreibung ist kein Verwaltungsakt, sondern ein verwaltungsinterner Vorgang. Die Landesjustizverwaltung kann die Ausschreibung jederzeit zurücknehmen und das Auswahlverfahren für die Besetzung abbrechen, wenn hierfür ein sachlicher Grund vorliegt. Bei der Entscheidung über den Abbruch des Auswahlverfahrens sind aber ebenfalls die grundrechtlich geschützten Positionen der Bewerber zu berücksichtigen (a.a.O.).

Ausgeschrieben wird grundsätzlich jede freie Gerichtsvollzieherstelle, sei sie neu errichtet oder durch das Ausscheiden des Inhabers aus dem Amt (§ 38 Gerichtsvollziehergesetz-E) oder durch die Zuweisung eines anderen Amtsbereichs (§ 8 Abs. 3 Gerichtsvollziehergesetz-E) frei geworden. Dabei ist zu beachten, dass die Gerichtsvollzieherstelle eine abstrakte organisationsrechtliche Einheit darstellt, während das Amt des Gerichtsvollziehers ein persönliches Amt ist (§ 1 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E).

Wird ein Gerichtsvollzieher ohne die erforderliche Ausschreibung bestellt oder war die Ausschreibung fehlerhaft, so hat dies auf die Wirksamkeit der Bestellung keinen Einfluss. Ein hierdurch benachteiligter Bewerber kann gegen die Auswahlentscheidung der Landesjustizverwaltung gerichtlich vorgehen, allerdings nach erfolgter Ernennung diese nicht mehr rückgängig machen. In Betracht kommen ggf. noch Schadensersatzansprüche des nicht berücksichtigten Bewerbers. Insgesamt gelten die für den Notar-, Richter- und Beamtenbereich entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze zu den Rechten eines Bewerbungskonkurrenten entsprechend.

Eine Ausschreibung kann ausnahmsweise unterbleiben ("in der Regel"), wenn besondere Gründe die Besetzung einer Gerichtsvollzieherstelle ohne vorherige Ausschreibung als tunlich erscheinen lassen. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn durch ärztliches Attest hinreichend nachgewiesen ist, dass ein Gerichtsvollzieher aus gesundheitlichen Gründen zur Amtsausübung nur noch in einem deutlich kleineren Amt befähigt ist oder er dringend der gesundheitlichen Fürsorge bedarf, die nur an bestimmten zentralen Orten zu erlangen ist. Ferner könnte eine Ausschreibung unterbleiben, wenn hierdurch dem Bewerbungsverfahrensanspruch eines unterlegenen Bewerbers in einem anderen Besetzungsverfahren Rechnung getragen werden kann.

Die Absätze 2 bis 4 regeln im Einzelnen die Modalitäten des Ausschreibungsverfahrens. Absatz 2 bestimmt, dass die Bewerbung innerhalb der in der Ausschreibung gesetzten oder von der Landesjustizverwaltung allgemein bekannt gegebenen Frist einzureichen ist. War ein Bewerber ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren; die Bewerbung ist innerhalb der Antragsfrist nachzuholen (Absatz 3). Zur Gewährleistung der Chancengleichheit sind bei der Auswahl unter mehreren Bewerbern nur solche die Eignung begründenden Umstände zu berücksichtigen, die bei Ablauf der Bewerbungsfrist vorlagen; die Landesjustizverwaltung kann einen hiervon abweichenden Zeitpunkt allgemein oder in der Ausschreibung bestimmen (Absatz 4).

Zu § 7 (Amtseid)

Die Bestimmung ist der Regelung in § 13 BNotO nachgebildet. Die Stellung des Gerichtsvollziehers zum Staat ist in § 1 Gerichtsvollziehergesetz-E als die eines unabhängigen Trägers eines öffentlichen Amtes gekennzeichnet. Dies bedeutet, dass ihm Funktionen aus dem Aufgabenkreis des Staates übertragen werden. Dabei tritt der Gerichtsvollzieher aber nicht, wie etwa der Beamte oder Richter, in ein besonderes Dienst- und Treueverhältnis zum Staat ein, sondern der Staat beleiht ihn mit dem öffentlichen Amt zum Dienst an der Rechtsordnung. Dementsprechend ist die Eidesformel nicht nach der Art des Beamten- oder Richtereides ausgestaltet, sondern nach den Vorbildern in § 13 BNotO und § 26 Abs. 1 BRAO geprägt.

Der Gerichtsvollzieher ist verpflichtet, den in § 7 Gerichtsvollziehergesetz-E vorgeschriebenen Amtseid nach Aushändigung der Beleihungsurkunde, also nach seiner Bestellung, zu leisten. Weigert sich der Gerichtsvollzieher, den vorgeschriebenen Amtseid zu leisten, so ist dies ein zwingender Grund, ihn seines Amtes zu entheben (§ 42 Abs. 1 Nr. 3 Gerichtsvollziehergesetz-E). Bekundet ein Bewerber von vornherein seine mangelnde Bereitschaft, den Amtseid zu leisten, ist ihm die Beleihungsurkunde erst gar nicht auszuhändigen.

Den Amtseid haben grundsätzlich auch der Vertreter des Gerichtsvollziehers (§ 34 Abs. 4 Gerichtsvollziehergesetz-E) und der Verwalter des Gerichtsvollzieheramtes (§ 50 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E) abzuleisten.

Im Gegensatz zur Eidesleistung von Richtern ( § 38 Abs. 1 DRiG) und von Rechtsanwälten (§ 26 Abs. 1 BRAO) erfolgt die Abnahme des Gerichtsvollziehereides nicht in öffentlicher Sitzung. Die zuständige Stelle, vor welcher der Eid zu leisten ist, bestimmt die Landesjustizverwaltung. In der Regel wird dies der Präsident des Landgerichts oder Amtsgerichts als unmittelbare Aufsichtsbehörde des Gerichtsvollziehers sein; denkbar ist aber auch die Übertragung der Abnahme des Eides auf den Präsidenten der Gerichtsvollzieherkammer.

Vor der Eidesleistung soll der Gerichtsvollzieher keine Amtshandlung vornehmen. Tut er dies gleichwohl, wird die Amtshandlung hierdurch jedoch nicht unwirksam.

Zu § 8 (Amtsbereich)

Zu Absatz 1

Jedem Gerichtsvollzieher wird von der Landesjustizverwaltung ein Amtsbereich zugewiesen. Auf diesen Amtsbereich beschränkt sich, soweit nichts anderes bestimmt ist, die örtliche Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers in Bezug auf die ihm zugewiesenen Aufgaben (§ 9 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E). In der Regel ist der Amtsbereich des Gerichtsvollziehers der Bezirk des betreffenden Landgerichts. Dadurch wird dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Verwaltungsräume Rechnung getragen. Die Landesregierung kann jedoch durch Rechtsverordnung nach den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege die Grenzen der Amtsbereiche auch abweichend festlegen. Insbesondere kann sie den Bezirk eines Amtsgerichts oder, wenn dieser mehr als 100 000 Einwohner umfasst, einen Teil davon zum Amtsbereich bestimmen. In großstädtischen Gemeinden kann es sich anbieten, Stadtbezirke als Amtsbereiche festzulegen. Die Landesregierung kann die Ermächtigung zum Erlass der Rechtsverordnung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltung übertragen (§ 108 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E).

Zu Absatz 2

Die Festlegung von Amtsbereichen kann geändert werden, sofern die Bedürfnisse einer geordneten Rechtspflege dies erfordern. Die Festlegung und die Änderung des Amtsbereichs erfolgen ausschließlich im öffentlichen Interesse. Soweit diese Maßnahmen der Landesjustizverwaltung auch Auswirkungen auf den Amtsbereich anderer Gerichtsvollzieher haben, steht diesen dagegen grundsätzlich kein subjektiv-öffentliches Recht auf Besitzstandswahrung zu. Ein Anspruch des einzelnen Gerichtsvollziehers auf Erhaltung bestimmter räumlicher Grenzen des Amtsbereichs besteht nicht, vielmehr nur ein Recht auf fehlerfreien Ermessensgebrauch.

Zu Absatz 3

Dem Gerichtsvollzieher kann unter Beachtung der Belange einer geordneten Rechtspflege nach Anhörung der Gerichtsvollzieherkammer mit seiner Zustimmung ein anderer Amtsbereich zugewiesen werden. Damit hierdurch die staatliche Bedürfnisprüfung (§ 4 Gerichtsvollziehergesetz-E) und das Leistungsprinzip (Art ikel 33 Abs. 2 GG; § 5 Gerichtsvollziehergesetz-E) nicht konterkariert werden, setzt ein derartiger Wechsel des Amtsbereichs stets eine vorherige Stellenausschreibung (§ 6 Gerichtsvollziehergesetz-E) voraus. Die Möglichkeit, nach der Bewerbung auf eine freie Stelle den Amtsbereich zu wechseln, stellt die Grundlage für ein Vorrückungssystem innerhalb des jeweiligen Landes dar, mit dem eine geordnete Altersstruktur gefördert, personelle Verkrustungen in den Amtsbereichen vermieden und den Gerichtsvollziehern wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten eingeräumt werden. Ein Rechtsanspruch des Gerichtsvollziehers auf Zuweisung eines anderen Amtsbereichs besteht jedoch nicht; für die Zuweisung der Amtsbereiche der Gerichtsvollzieher sind ausschließlich die Belange einer geordneten Rechtspflege maßgebend. Bewerben sich mehrere Gerichtsvollzieher auf eine ausgeschriebene Gerichtsvollzieherstelle in einem anderen Amtsbereich, so sind bei der Auswahlentscheidung die für das Auswahlverfahren bei der Erstbesetzung (§ 6 Gerichtsvollziehergesetz-E) maßgebenden Grundsätze entsprechend anzuwenden. Dies bedeutet, dass die Auswahl unter den Bewerbern in erster Linie nach Leistung und Eignung (Artikel 33 Abs. 2 GG) erfolgen muss; als weiteres Auswahlkriterium kann beispielsweise die Verweildauer am bisherigen Amtssitz herangezogen werden. Bei der Entscheidung über eine Bewerberkonkurrenz in Folge einer Ausschreibung kommt der Landesjustizverwaltung ein weiter Spielraum innerhalb ihres Organisationsermessens zu, wobei sie jedoch an ihre ständige Verwaltungspraxis und an das Leistungsprinzip gebunden ist. Um die Kontinuität der Versorgung der Bevölkerung innerhalb des Amtsbereichs mit den Leistungen der Gerichtsvollzieher sicherzustellen, kann die Landesregierung bzw. nach Übertragung der Befugnis die Landesjustizverwaltung durch Rechtsverordnung Bestimmungen über die Mindestverweildauer im bisherigen Amtsbereich von bis zu fünf Jahren vorsehen. Zur Wahrung einer geordneten Altersstruktur im Gerichtsvollzieherwesen kann ferner durch Rechtsverordnung bestimmt werden, dass bei Erreichen einer Altersgrenze ab dem vollendeten 60. Lebensjahr ein Wechsel des Amtsbereichs nicht mehr in Betracht kommt.

Für die Zuweisung eines anderen Amtsbereichs auf Grund disziplinargerichtlichen Urteils (§ 99 Nr. 3 Gerichtsvollziehergesetz-E) ist die Zustimmung des betroffenen Gerichtsvollziehers nicht erforderlich.

Zu Absatz 4

Nach § 10 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E kann der Auftraggeber zwischen den örtlich zuständigen Gerichtsvollziehern innerhalb des Amtsbereichs frei wählen.

Diese Wahlmöglichkeit des Auftraggebers und der dadurch bedingte begrenzte Wettbewerb der Gerichtsvollzieher innerhalb eines Amtsbereichs setzen voraus, dass die Amtsbereiche räumlich so geschnitten werden, dass in jedem Amtsbereich mehrere Gerichtsvollzieher amtieren. Folgerichtig bestimmt Absatz 4, dass die Festlegung der Amtsbereiche die Wahlmöglichkeit des Auftraggebers unter mehreren örtlich zuständigen Gerichtsvollziehern nicht beseitigen darf.

Zu § 9 (Geschäftsstelle)

Zu Absatz 1

Der Gerichtsvollzieher hat an seinem Amtsbereich eine Geschäftsstelle mit angemessener personeller und sachlicher Ausstattung zu unterhalten. Die Pflicht zur Einrichtung einer Geschäftsstelle ist Ausprägung seiner Verpflichtung zur Amtsbereitschaft nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsvollziehergesetz-E. Die Organisation der Geschäftsstelle in sachlicher und personeller Hinsicht im Einzelnen obliegt dem Gerichtsvollzieher in eigener, freier Verantwortung; auf Grund seiner Unabhängigkeit steht ihm ein weites Organisationsermessen zu. Dementsprechend kann die Aufsichtsbehörde nicht die Zweckmäßigkeit der Organisation der Geschäftsstelle prüfen. Der Aufsicht zugänglich ist jedoch die Frage, ob die personelle und sachliche Ausstattung zur Sicherung der Amtsbereitschaft angemessen sind. Dies ist dann nicht der Fall, wenn es wegen einer unzureichenden Ausstattung der Geschäftsstelle zu Verzögerungen bei der Sachbearbeitung, zu nicht nur unerheblichen Rückständen bei der Auftragserledigung, zu mangelnder Erreichbarkeit des Gerichtsvollziehers, zur Nichtbeantwortung von Sachstandsanfragen, zu fehlerhafter Buch- und Aktenführung oder zu sonstigen eine geordnete Rechtspflege gefährdenden Unzuträglichkeiten kommt.

Innerhalb des ihm zugewiesenen Amtsbereichs kann der Gerichtsvollzieher die Örtlichkeit seiner Geschäftsstelle nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen auswählen. Er wird sich dabei in erster Linie von den Anforderungen seines Amtes und der wirtschaftlichen sowie sozialen Struktur innerhalb des Amtsbereichs sowie ggf. von der Platzierung der Geschäftsstellen der weiteren im Amtsbereich amtierenden Gerichtsvollzieher leiten lassen. Eine Geschäftsstelle außerhalb des zugewiesenen Amtsbereichs würde den Anforderungen einer geordneten Rechtspflege nicht gerecht werden; sie wäre von der Aufsichtsbehörde zu beanstanden. Die Anschrift der Geschäftsstelle hat der Gerichtsvollzieher der Aufsichtsbehörde und der Gerichtsvollzieherkammer mitzuteilen. Die Mitteilung ist Grundlage für die Aufnahme in das Verzeichnis nach § 67 Abs. 3 Nr. 6 Gerichtsvollziehergesetz-E.

Anders als im Bereich des Notarwesens verzichtet das Gesetz bewusst auf die Zuweisung eines bestimmten Ortes innerhalb des Amtsbereichs als Amtssitz. Hierdurch wird der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit des Gerichtsvollziehers und seinem Organisationsermessen Rechnung getragen. Der einzelne Gerichtsvollzieher weiß am besten, welche Ortswahl für ihn unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten, auch unter Berücksichtigung der zu den Schuldnern zurückzulegenden Wegstrecken, zweckmäßig ist.

Zu Absatz 2

Absatz 2 bestimmt, dass der Gerichtsvollzieher seine Geschäftsstelle während bestimmter Geschäftsstunden offen zu halten hat. Auf konkrete Festlegungen verzichtet der Gesetzgeber, denn sie können nach den örtlichen Gegebenheiten, der Siedlungsstruktur und den wirtschaftlichen Verhältnissen in den einzelnen Ländern unterschiedlich sein. Nähere Festlegungen hat daher die Landesjustizverwaltung im Rahmen von Verwaltungsvorschriften zu treffen. Eine Erreichbarkeit des Gerichtsvollziehers während bestimmter Sprechstunden, wie dies im bisherigen System vorgeschrieben ist, wird den Anforderungen an eine geordnete Rechtspflege jedoch keinesfalls genügen. Im Regelfall wird dem Dienstleistungscharakter, der dem Gerichtsvollzieher im Beleihungssystem zukommt, eine Öffnung während der üblichen Geschäftsstunden gerecht werden.

Zu § 10 (Örtliche Zuständigkeit)

Zu Absatz 1

Die örtliche Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers beschränkt sich, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf den ihm zugewiesenen Amtsbereich. Die Regelung korrespondiert mit der Bestimmung in § 8 Gerichtsvollziehergesetz-E. Der Gerichtsvollzieher darf grundsätzlich Amtstätigkeiten außerhalb des eigenen Amtsbereichs nur vornehmen, wenn Gefahr im Verzug ist oder die Aufsichtsbehörde es - generell oder im Einzelfall - genehmigt hat. Nimmt der unzuständige Gerichtsvollzieher eine Amtshandlung vor, wird diese hierdurch zwar nicht unwirksam; der Gerichtsvollzieher verwirklicht jedoch eine Amtspflichtverletzung, die der Ahndung durch die Aufsichtsbehörde zugänglich ist.

Zu Absatz 2

Absatz 2 bestimmt, dass der Auftraggeber zwischen mehreren örtlich zuständigen Gerichtsvollziehern frei wählen kann. Dieser Wettbewerb der Gerichtsvollzieher innerhalb eines Amtsbereichs ist das Kernstück des Beleihungsmodells. Die Wahlmöglichkeit zwischen mehreren Gerichtsvollziehern darf deshalb weder durch die Festlegung der Amtsbereiche (§ 8 Abs. 4 Gerichtsvollziehergesetz-E), noch durch Zusammenschlüsse zur gemeinsamen Berufsausübung (§ 11 Abs. 3 Gerichtsvollziehergesetz-E) ausgeschlossen werden.

Zu den Absätzen 3 bis 5

Die Absätze 3 bis 5 enthalten Zuständigkeitsregelungen in Bezug auf bestimmte Gerichtsvollziehergeschäfte. Diese sind im Wesentlichen den bisherigen Bestimmungen in den §§ 20 bis 22a GVO nachgebildet.

Zu Absatz 6

Für die Erledigung eines Auftrags, der eine Tätigkeit in mehreren Amtsbereichen erfordert, sind die Gerichtsvollzieher aller beteiligten Amtsbereiche zuständig. Dies bedeutet, dass der Auftraggeber zwischen den zuständigen Gerichtsvollziehern über einen einzelnen Amtsbereich hinaus frei wählen und aus dieser Gruppe einen Gerichtsvollzieher seiner Wahl mit dem Auftrag betrauen kann.

Zu Absatz 7

Absatz 7 enthält Regelungen für das Verfahren bei örtlicher Unzuständigkeit des beauftragten Gerichtsvollziehers. Bedeutsam ist, dass der beauftragte Gerichtsvollzieher vor einer Abgabe des Auftrags an einen anderen Gerichtsvollzieher stets die Zustimmung des Auftraggebers einzuholen hat. Denn auch durch die Weitergabe des Auftrags an einen zuständigen Gerichtsvollzieher darf das Auswahlrecht des Auftraggebers nicht beeinträchtigt werden.

Zu § 11 (Gemeinsame Berufsausübung)

Zu Absatz 1

Gerichtsvollzieher dürfen sich grundsätzlich mit anderen Gerichtsvollziehern zur gemeinsamen Berufsausübung verbinden oder mit ihnen gemeinsame Geschäftsräume haben. Durch die gemeinsame Nutzung von Ressourcen sind sie in der Lage, das wirtschaftliche Risiko ihrer Amtstätigkeit zu verringern. Ferner erleichtert die berufliche Zusammenarbeit die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Vertretung, die Gewährleistung der Amtsbereitschaft, die Erreichbarkeit, die Pflicht zur Fortbildung und den kollegialen fachlichen Austausch. Berufliche Zusammenschlüsse der Gerichtsvollzieher sind daher im Interesse einer geordneten Rechtspflege förderungswürdig.

Zu beachten ist bei der gemeinsamen Berufsausübung § 13 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E. Die Gerichtsvollzieherbefugnisse werden im Wege der Beleihung stets einer einzelnen natürlichen Person übertragen. Dies bedingt, dass das Verfahrensverhältnis mit dem Beteiligten einer Zustellung oder Vollstreckung stets nur im Verhältnis zu dem beauftragten Gerichtsvollzieher selbst besteht, nicht aber zu mit diesem verbundenen weiteren Gerichtsvollziehern und auch nicht mit der Sozietät als solcher.

Die gemeinsame Berufsausübung ist auf die im selben Amtsbereich amtierenden Gerichtsvollzieher beschränkt. Sozietätsbildungen über den Amtsbereich hinaus sind unzulässig. Unzulässig ist auch die gemeinsame Berufsausübung in Form einer Kapitalgesellschaft, insbesondere einer GmbH oder Aktiengesellschaft. Schließlich ist eine gemeinsame Berufsausübung mit anderen Berufsträgern wie Rechtsanwälten, Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern gesetzlich ausgeschlossen. Die Regelung folgt damit den Grundsätzen, die für das hauptberufliche Notariat gelten. Die Beschränkungen dienen dem Ausschluss von naheliegenden Interessenkonflikten und der Konzentration der Gerichtsvollzieher auf ihre Kernaufgaben. Ferner erübrigen sich durch die Beschränkung Regelungen und Maßnahmen zur Durchsetzung der Mitwirkungsverbote, wie diese insbesondere im Bereich des Anwaltsnotariats erforderlich sind.

Zu Absatz 2

Absatz 2 ermächtigt die Landesregierungen, zur Wahrung der Belange einer geordneten Rechtspflege insbesondere im Hinblick auf die örtlichen Bedürfnisse durch Rechtsverordnung die gemeinsame Berufsausübung von Gerichtsvollziehern von einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde abhängig zu machen und die Genehmigungsvoraussetzungen näher festzulegen. Die Verordnungsermächtigung kann nach § 108 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltung übertragen werden.

Zu Absatz 3

Stets gilt, dass durch die gemeinsame Berufsausübung oder die gemeinsame Nutzung von Geschäftsräumen die persönliche und eigenverantwortliche Amtsführung nicht beeinträchtigt, die gewissenhafte Erfüllung der Amtspflichten nicht gefährdet und die Wahlmöglichkeit des Auftraggebers unter mehreren örtlich zuständigen Gerichtsvollziehern nicht beseitigt werden dürfen. Auch wenn die Landesregierung von der Verordnungsermächtigung in Absatz 2 keinen Gebrauch macht, ist die Aufsichtsbehörde zum Einschreiten befugt und gegebenenfalls auch verpflichtet, sofern einer oder mehrere der genannten Belange durch eine gemeinsame Berufsausübung gefährdet werden. Diesbezügliche Überprüfungen sollten auch zum Gegenstand der in § 95 Gerichtsvollziehergesetz-E vorgesehenen Prüfung und Überwachung der Amtsführung der Gerichtsvollzieher gemacht werden.

Zu Absatz 4

Auch wenn eine besondere Genehmigungspflicht durch eine Rechtsverordnung nach Absatz 2 nicht vorgeschrieben ist, muss jede Verbindung zur gemeinsamen Berufsausübung oder zur gemeinsamen Nutzung von Geschäftsräumen der zuständigen Aufsichtsbehörde und der Gerichtsvollzieherkammer unverzüglich angezeigt werden. Die Anzeige ermöglicht die Prüfung durch die Aufsichtsbehörde, ob die Voraussetzungen nach Absatz 3 gegeben sind. Mit der Anzeige ist die getroffene Vereinbarung zur gemeinsamen Berufsausübung vorzulegen. Dabei handelt es sich um einen privatrechtlichen Vertrag zwischen den Gerichtsvollziehern, die sich zur beruflichen Zusammenarbeit verbinden. Im Hinblick auf das Recht der Privatautonomie ist der Inhalt dieses Vertrags einer aufsichtlichen Kontrolle nur begrenzt zugänglich. Die Landesregierung kann jedoch in der Verordnung nach § 11 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E bestimmte Mindestanforderungen festlegen, die der Vertrag erfüllen muss.

Zu Abschnitt 2 (Amtspflichten als Gerichtsvollzieher)

Zu § 12 (Allgemeine Amtspflichten)

Zu Absatz 1

Der Gerichtsvollzieher ist ein unabhängiges Organ der Rechtspflege. Daher bezieht sich Absatz 1 zunächst auf den nach § 7 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E geleisteten Amtseid. Danach hat der Gerichtsvollzieher die verfassungsmäßige Ordnung zu wahren und seine Pflichten gewissenhaft und unparteiisch zu erfüllen. Diese Vorgaben appellieren an das Berufsethos des Gerichtsvollziehers, sich bei seiner Amtsausübung der Bedeutung der ihm anvertrauten Aufgaben und seiner Stellung im Rechtsleben bewusst zu sein. Das Gebot der Unparteilichkeit ist in diesem Rahmen ein herausragendes und prägendes Wesensmerkmal des Gerichtsvollzieheramtes und bestimmt alle Amtstätigkeiten des Gerichtsvollziehers. Die Pflicht zur Unparteilichkeit resultiert aus der Stellung des Gerichtsvollziehers als Hoheitsträger. Ein parteiisches Handeln ist für einen Hoheitsträger undenkbar, da er damit die ihm verliehene Staatsgewalt missbrauchen würde.

Jeder Beeinflussung der Unparteilichkeit durch wirtschaftliche Interessen muss entgegengetreten werden. Dies bedingt zum Beispiel die Befugnis der Aufsichtsbehörde gemäß § 14 Gerichtsvollziehergesetz-E, dem Gerichtsvollzieher bestimmte Tätigkeiten zu untersagen, falls diese in Widerspruch zu seinem öffentlichen Amt stehen und daher nicht genehmigungsfähig sind.

Das in Absatz 1 weiter beschriebene Merkmal der Unabhängigkeit ist nicht in erster Linie ein Privileg, sondern eine Amtspflicht des Gerichtsvollziehers. Die Unabhängigkeit hat - vergleichbar der Rechtsstellung von Notaren und Richtern - eine persönliche, organisatorische und sachliche Komponente.

Die Unabhängigkeit besteht zunächst gegenüber der das Land vertretenden Aufsichtsbehörde. Diese darf dem Gerichtsvollzieher keine Einzelanweisungen in Bezug auf die Erledigung konkreter Aufträge erteilen; insbesondere ist ihr jede Zweckmäßigkeitskontrolle in Bezug auf die Auftragserledigung versagt. Staatliche Aufsicht über die beliehenen Gerichtsvollzieher ist stets nur Rechts- und niemals Fachaufsicht (§ 95 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E). Der Aufsicht zugänglich sind daher nur Rechtsverstöße des Gerichtsvollziehers.

Aber auch gegenüber dem Gläubiger als seinem Auftraggeber und gegenüber dem Schuldner sowie weiteren Verfahrensbeteiligten hat der Gerichtsvollzieher seine Unabhängigkeit zu wahren. Zwar kann der Gläubiger dem Gerichtsvollzieher Weisungen erteilen. Doch darf der Gerichtsvollzieher diese Weisungen nur berücksichtigen, wenn sie mit dem Gesetz oder der Dienstordnung in Einklang stehen. Ihm verbleibt mithin eine unabhängige Prüfungskompetenz und ein Verfahrensermessen im Rahmen des erteilten Auftrags und der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen.

Zu Absatz 2

Absatz 2 appelliert ausdrücklich an den Gerichtsvollzieher, sich im Rahmen seiner Amtstätigkeit stets redlich zu verhalten. Hoheitliches Handeln muss in einem Rechtsstaat zwingend redlich und integer sein. Anderenfalls ginge die Legitimationsbasis für die Ausübung staatlicher Gewalt verloren. Der Gerichtsvollzieher wird verpflichtet, Tätigkeiten, die mit seinen Amtspflichten nicht vereinbar sind, zu unterlassen. Dieses Gebot gilt für alle Amtshandlungen des Gerichtsvollziehers.

Zu Absatz 3

Absatz 3 stellt ausdrücklich klar, dass der Gerichtsvollzieher auch die Rechte des Schuldners zu beachten und jede unnötige Schädigung von ihm abzuwenden hat. Dabei hat er jedes Verhalten zu vermeiden, das bereits den Anschein der Parteilichkeit hervorrufen könnte. Dieses Verbot kann bei der Auslegung anderer Amtspflichten herangezogen werden und unterliegt in seiner näheren Ausgestaltung den nach § 32 Gerichtsvollziehergesetz-E zu erlassenen Dienstordnungen.

Ähnlich wie ein Notar, Richter oder Beamter (vgl. § 54 BBG) hat sich der Gerichtsvollzieher auch außerhalb seiner Amtstätigkeit vertrauens- und amtswürdig zu verhalten. Damit ist keine in jeder Hinsicht musterhafte Lebensführung gemeint. Vielmehr wird ein Verhalten vorausgesetzt, das das Vertrauen der Öffentlichkeit in die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Amtspflichten nicht beeinträchtigt. Unter eine solche Beeinträchtigung des Vertrauens fallen beispielsweise die Verletzung einschlägiger Strafvorschriften, wie Betrug oder Untreue.

Zu Absatz 4

Nach Absatz 4 ist der Gerichtsvollzieher verpflichtet, an dem von der Gerichtsvollzieherkammer eingerichteten Bereitschaftsdienst teilzunehmen. Einen solchen Dienst richtet die Gerichtsvollzieherkammer auf der Grundlage des § 67 Abs. 3 Nr. 7 Gerichtsvollziehergesetz-E in jedem Amtsbezirk ein. Dies ist notwendig, damit sich der Rechtsuchende auch außerhalb der Geschäftsstunden (vgl. § 9 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E) an einen Gerichtsvollzieher wenden kann. Würde die Teilnahme an dem Bereitschaftsdienst nicht verpflichtend ausgestaltet, bestünde in einigen Amtsbezirken die Gefahr, dass die Einrichtung eines solchen mangels Beteiligung nicht möglich wäre.

Zu Absatz 6

Schließlich wird der Gerichtsvollzieher dazu angehalten, dass nur die notwendigen Kosten und Aufwendungen entstehen, wie aus Absatz 6 zu entnehmen ist.

Zu § 13 (Persönliche Amtsausübung)

Zu Absatz 1

Der Gerichtsvollzieher übt sein Amt persönlich aus. Es ist ihm also nicht gestattet, seine Amtstätigkeit auf Dritte zu delegieren. Hierunter ist aber nicht zu verstehen, dass der Gerichtsvollzieher verpflichtet wäre, sämtliche Handlungen in Person vorzunehmen. Die Tätigkeit seiner Mitarbeiter oder von ihm in Anspruch genommener Dienstleister beschränkt sich aber auf nichthoheitliche Hilfstätigkeiten, es sei denn, es ist gesetzlich etwas anderes bestimmt. Dies ist zum Beispiel bei Zustellungsaufträgen der Fall, für die er sich der Deutschen Post bedienen darf, soweit er dies für geboten hält.

Zu Absatz 2

Absatz 2 sieht die ausdrückliche Möglichkeit der Teilzeittätigkeit vor. Die Norm definiert zum einen die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Teilzeittätigkeit und stellt zum anderen klar, dass die Bewilligung einer Teilzeittätigkeit im Ermessen der Aufsichtsbehörde steht. Diese hat sich in Ausübung ihres Ermessens an die gesetzlichen Bestimmungen, wie die zur Gewährung von Elternzeit, zu halten. Unabhängig von der Bewilligung einer Teilzeittätigkeit muss die Geschäftsstelle weiter offen gehalten werden.

Zu § 14 (Genehmigungspflichtige Tätigkeiten)

Zu Absatz 1

Als Träger eines von staatlicher Weisungsbefugnis weitgehend unabhängig ausgestalteten öffentlichen Amtes unterliegt der Gerichtsvollzieher strengen Berufsausübungsregelungen. Diese gesetzlichen Schranken könnten umgangen werden, wenn der Gerichtsvollzieher im Rahmen seiner Nebentätigkeiten Handlungen vornehmen dürfte, die ihm im Zuge seiner Amtstätigkeit verboten sind. Deshalb bedürfen die Nebentätigkeiten des Gerichtsvollziehers der staatlichen Überwachung und vorherigen Genehmigung. Die Bestimmungen korrespondieren mit § 2 Abs. 2 und § 3 Gerichtsvollziehergesetz-E.

Dabei unterfällt dem Regelungsgehalt des Absatzes 1 jede Art von vergüteter Nebenbeschäftigung außerhalb des eigentlichen Zuständigkeitsbereichs nach § 2 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E. Dies ist unabhängig davon der Fall, ob die Tätigkeit selbständig, unselbständig, befristet oder unbefristet ausgeübt wird. Eine Vergütung ist jede Gegenleistung, die über den Ersatz von Auslagen hinausgeht.

Die Genehmigung einer Nebentätigkeit kann befristet oder mit Auflagen verbunden werden. Lässt sich eine Vereinbarung mit dem Gerichtsvollzieheramt durch Auflagen erreichen, so ist die Nebentätigkeitsgenehmigung unter den entspreche nden Auflagen zu erteilen. Eine befristete Genehmigung erlischt durch Zeitablauf. Die Aufsichtsbehörde trifft ihre Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen.

Zu Absatz 2

Nach Absatz 2 ist die Tätigkeit zu versagen, wenn die Nebentätigkeit nicht mit dem Amt des Gerichtsvollziehers zu vereinbaren ist. Hierzu zählt die Norm Anwendungsfälle auf, die allerdings nicht abschließend sind. Im Rahmen der Prüfung sind strenge Maßstäbe anzulegen, weil Interessenkonflikte des Gerichtsvollziehers in der Ausübung seines Berufes unbedingt zu vermeiden sind. Die Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben des Gerichtsvollziehers darf durch die Nebenbeschäftigung nicht leiden. Würde der Gerichtsvollzieher seine Pflichtaufgaben nach § 2 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E vernachlässigen, um sich Nebenbeschäftigungen wi dmen zu können, wäre auch die staatliche Bedürfnisprüfung (§ 4 Gerichtsvollziehergesetz-E) gefährdet. Erfordert die Ausübung der Nebentätigkeit einen zeitlichen Aufwand, der die Ausübung des Gerichtsvollzieheramtes beeinträchtigt, ist die Genehmigung zu versagen. Nebentätigkeiten, die mit der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit nicht vereinbar sind, können unabhängig von der zeitlichen Inanspruchnahme ebenfalls nicht genehmigt werden. Daher ist ein weisungsabhängiges Angestelltenverhältnis ebenso wenig genehmigungsfähig wie eine gewerbliche Tätigkeit.

Die Genehmigung kann als begünstigender Verwaltungsakt jederzeit widerrufen werden, wenn die Aufsichtsbehörde bei der Erteilung der Genehmigung von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist und den Gerichtsvollzieher hieran ein Verschulden trifft oder wenn sich der Sachverhalt im Nachhinein wesentlich geändert hat. Ein Widerruf kann auch damit gerechtfertigt werden, dass der Gerichtsvollzieher durch die zu starke Inanspruchnahme mit Nebentätigkeiten an der ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner Amtspflichten gehindert ist.

Zu Absatz 3

Absatz 3 führt abschließend genehmigungsfreie Tätigkeiten auf. Im Gegensatz zur Tätigkeit als Treuhänder soll die Ausübung des Insolvenzverwalteramtes der Genehmigungspflicht unterstellt werden. Dies ist auf Grund des damit verbundenen erheblichen zeitlichen Aufwands gerechtfertigt. Lehr- und Unterrichtstätigkeiten sind mit Ausnahme von Lehraufträgen an Hochschulen oder Gerichtsvollzieherakademien keine wissenschaftlichen Tätigkeiten im Sinne dieser Bestimmung. Sie sind auch keine Vortragstätigkeit, sondern eine genehmigungspflichtige Tätigkeit nach Absatz 1 Nr. 1, wenn es sich um wiederholte Vorträge in bestimmten Zeitabständen handelt, die den Hörern einen Überblick über ein Wissensgebiet verschaffen, insbesondere auf eine Prüfung vorbereiten und mit denen eine Vergütung verbunden ist. Eine wissenschaftliche Vortragstätigkeit ist hingegen genehmigungsfrei. Weiter genehmigungsfrei ist die Übernahme unentgeltlicher Tätigkeiten, von Ehrenämtern, Ämtern in politischen Parteien, Berufsorganisationen oder in Berufsverbänden.

Zu § 15 (Amtsverschwiegenheit)

Zu Absatz 1

Der Gerichtsvollzieher erhält kraft seines Amtes und bei der Ausübung seiner Tätigkeit Zugang zu äußerst sensiblen persönlichen Daten der Verfahrensbeteiligten sowie mit diesen verbundenen Dritten. Als Amtsträger wird er daher zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Pflicht bleibt auch nach Erlöschen des Amtes (vgl. § 38 Gerichtsvollziehergesetz-E) bestehen. Denn ein wichtiger Aspekt der Arbeit des Gerichtsvollziehers ist ein vertrauensvoller Umgang mit den Verfahrensbeteiligten. Dieses Vertrauen kann er aber nur erlangen, wenn er über das im Rahmen der Dienstausübung erlangte Wissen schweigt. Die Wahrung der Vertraulichkeit ist daher eine seiner wichtigsten Berufs- und Amtspflichten. Die Verschwiegenheitspflicht schützt dabei in erster Linie das Vertrauen der Allgemeinheit in die Verschwiegenheit der Gerichtsvollzieher, denn dieses Vertrauen ist unerlässlich für eine auf rechtsstaatlichen Prinzipien gründende Rechtspflege.

Die Verschwiegenheitspflicht nach Absatz 1 bezieht alles ein, was dem Gerichtsvollzieher bei Ausübung seines Amtes bekannt geworden ist. Von wem und auf welche Weise der Gerichtsvollzieher sein Wissen erworben hat, ist nicht entscheidend. Die Verschwiegenheitspflicht umfasst auch Mitteilungen von dritter Seite sowie eigene Erklärungen und Wahrnehmungen des Gerichtsvollziehers, sofern sie sich auf bestimmte Beteiligte beziehen. Die Verschwiegenheitspflicht gilt ebenso für alle vom Gerichtsvollzieher verfassten und verwahrten Dokumente.

Der Gerichtsvollzieher hat gegenüber jedermann zu schweigen. Ausgenommen bleiben lediglich abstrakte Äußerungen, aus denen sich die betroffenen Personen nicht identifizieren lassen. Weiter bedürfen offenkundige Tatsachen nicht der besonderen Geheimhaltung. Offenkundig ist eine Tatsache entweder, wenn sie erfahrene Menschen in der Regel kennen müssen oder sie sich aus allgemein zugänglichen Quellen unschwer darüber unterrichten können. Ferner fallen nach Absatz 1 Tatsachen, die ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen, nicht unter die Amtsverschwiegenheit. Damit werden Bagatellen von der Geheimhaltungspflicht ausgeschlossen. Allerdings fordert es der Schutzzweck der Verschwiegenheitspflicht, die Bewertung, ob eine Bagatelle vorliegt, vom Standpunkt der Beteiligten aus vorzunehmen, es sei denn, dieser ist offensichtlich willkürlich und nicht nachvollziehbar.

Die hier normierte berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht umfasst sowohl den Gerichtsvollzieher selbst, als auch seinen Vertreter oder die ihm zur Ausbildung zugewiesene Nachwuchskraft. Strafrechtlich sind nach § 203 StGB auch sämtliche weitere Mitarbeiter und Angestellte des Gerichtsvollziehers zur Verschwiegenheit verpflichtet, soweit sie förmlich verpflichtet worden sind (vgl. § 16 Gerichtsvollziehergesetz-E).

Gegenüber der Aufsichtsbehörde kann sich der Gerichtsvollzieher hingegen nicht auf seine Verschwiegenheitspflicht berufen, soweit die Aufsichts- und Kontrollrechte nach § 95 Gerichtsvollziehergesetz-E reichen. Die Rechte der Gerichtsvollzieherkammer auf Auskunftserteilung ergeben sich aus § 67 Gerichtsvollziehergesetz-E. Auch im gerichtlichen Verfahren ist der Gerichtsvollzieher grundsätzlich zur Auskunft verpflichtet.

Zu Absatz 2

Absatz 2 der Vorschrift führt weitere Pflichten des Gerichtsvollziehers auf, in seinem Einflussbereich dafür Sorge zu tragen, dass keine sensiblen Daten an unbefugte Dritte gelangen. Hierzu wird dem Gerichtsvollzieher auferlegt, seine Unterlagen entsprechend zu sichern, Schreibarbeiten, soweit möglich, nur auf seiner Geschäftsstelle zu erledigen und vor allem im Rahmen der elektronischen Datenverarbeitung darauf zu achten, dass durch geeignete Sicherungsmaßnahmen keine unbefugten Dritten Zugriff auf den Datenbestand des Gerichtsvollziehers erhalten.

Zu Absatz 3

Obwohl die Verschwiegenheitspflicht in erster Linie der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege und damit dem Gemeinwohl dient, entfällt sie, wenn die Verfahrensbeteiligten den Gerichtsvollzieher davon befreien. Beteiligt im Sinne des Absatzes 3 ist jeder, über den der Gerichtsvollzieher im Zwangsvollstreckungsverfahren Informationen erlangt hat, auch wenn dieser selbst formell nicht am Verfahren beteiligt ist. Sind mehrere Personen beteiligt, müssen alle den Gerichtsvollzieher von der Verschwiegenheitspflicht befreien. Dies kann allerdings sowohl formlos als auch konkludent erfolgen.

Das Vertrauen in die Verschwiegenheitspflicht des Gerichtsvollziehers erfordert nur, dass er nicht gegen oder ohne den Willen der Beteiligten das erlangte Wissen preisgibt. Eine Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht kann nach Absatz 3 nur der Betroffene selbst erteilen oder in Ausnahmefällen die Aufsichtsbehörde. Ob der Gerichtsvollzieher nach der Erteilung einer Befreiung weiter schweigen darf, hängt davon ab, ob eine gesetzliche Verpflichtung zur Auskunft besteht, so zum Beispiel im Falle einer Zeugenaussage im Strafverfahren.

Zu Absatz 4

Dem Schutz der Verschwiegenheitspflicht dient auch das dem Gerichtsvollzieher in Absatz 4 eingeräumte Recht, in Zweifelsfällen über die Pflicht zur Verschwiegenheit die Entscheidung der Aufsichtsbehörde nachzusuchen. Auf diese Weise kann sich der Gerichtsvollzieher der Beeinflussung von Verfahrensbeteiligten entziehen. Die Aufsichtsbehörde hat dabei nicht das Recht, den Gerichtsvollzieher von seiner Verschwiegenheitspflicht zu entbinden. Sie prüft vielmehr nur, ob eine solche überhaupt besteht.

Zu § 16 (Verpflichtung der Beschäftigten und Nachwuchskräfte)

Für den Gerichtsvollzieher und seinen Vertreter ist die Verschwiegenheitspflicht dienstrechtlich in § 15 Gerichtsvollziehergesetz-E und strafrechtlich in § 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB normiert. Für die übrigen bei dem Gerichtsvollzieher beschäftigten Personen wird eine Strafbarkeit nach § 203 StGB indes nur begründet, wenn sie im Sinne des § 203 Abs. 2 Nr. 2 StGB nach dem Verpflichtungsgesetz (VerpflG) förmlich zur Verschwiegenheit verpflichtet worden sind. Auch weitere Strafnormen, die für die Beschäftigten des Gerichtsvollziehers in Betracht kommen, knüpfen an eine förmliche Verpflichtung an (§ 133 Abs. 1, 3 StGB (Verwahrungsbruch); § 201 Abs. 3 (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes); § 331 Abs. 1 (Vorteilsannahme); § 332 Abs. 1 (Bestechlichkeit); § 353b Abs. 1 Nr. 2 (Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht).

Der Gerichtsvollzieher hat daher die Pflicht, die bei ihm beschäftigten Personen nach dem Verpflichtungsgesetz förmlich zu verpflichten bzw. auf ihre Verschwiegenheit hinzuweisen. Er muss die Verpflichtung nach Absatz 1 protokollieren und zu den Personalakten nehmen. Diese spezialgesetzliche Zuständigkeitsregelung geht der allgemeinen Zuständigkeitsbestimmung in § 1 Abs. 4 VerpflG vor. Der Gerichtsvollzieher hat die Verpflichtung persönlich und mündlich vorzunehmen und kann sie nicht auf andere Mitarbeiter delegieren. Der Verpflichtete erhält nach § 1 Abs. 3 VerpflG eine Abschrift des Protokolls.

Zu den Beschäftigten des Gerichtsvollziehers zählen zunächst alle Mitarbeiter, die zu dem Gerichtsvollzieher in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis stehen, also nicht nur Angestellte, sondern auch freie Mitarbeiter. Hierbei ist es nicht erforderlich, dass der Mitarbeiter von dem Gerichtsvollzieher beschäftigt ist, sondern nur, dass er dauerhaft in seinem Einflussbereich arbeitet. Dies kann bei Arbeitskräften im Rahmen einer Gerichtsvollziehersozietät eine Rolle spielen, die nicht von dem betreffenden Gerichtsvollzieher beschäftigt sind. Auf jeden Fall förmlich zu verpflichten sind unabhängig von der Dauer der Beschäftigung diejenigen Mitarbeiter, die in den eigentlichen Büroablauf des Gerichtsvollziehers integriert sind, inhaltlich also Aufgaben wahrnehmen, die unmittelbar mit der Ausübung des Gerichtsvollzieheramtes in Zusammenhang stehen. Soweit ein Gerichtsvollzieherbüro mehrere Geschäftsstellen unterhält (übergeordnete Sozietät), bezieht sich die Pflicht zur förmlichen Verpflichtung auf die Beschäftigten an sämtlichen Standorten, wobei die Verpflichtung durch einen zuständigen Gerichtsvollzieher genügt (Absatz 3 Satz 2).

Für Reinigungskräfte hat der Gerichtsvollzieher im Sinne des Absatzes 4 auf andere Art und Weise Sorge zu tragen, dass diese entweder nicht an schutzwürdige Daten gelangen können oder durch vertragliche Vereinbarungen zur Verschwiegenheit verpflichtet werden. Gleiches gilt beim Abschluss bloßer Werkverträge. Kommt der Gerichtsvollzieher dieser Obliegenheit nicht nach, kann dies unter dem Aspekt des Organisations- bzw. Auswahlverschuldens einen Verstoß gegen seine Berufspflichten darstellen.

Zu § 17 (Fortbildungspflicht)

Der Gerichtsvollzieher ist verpflichtet, sich angemessen fortzubilden und die für seine Amtsführung erforderlichen Kenntnisse auf dem aktuellen Stand zu halten. Eine solche Fortbildungspflicht ist bereits in § 14 Abs. 6 BNotO und § 43a Abs. 6 BRAO für Notare und Rechtsanwälte festgelegt und soll zukünftig auch für Richter und Staatsanwälte in das Deutsche Richtergesetz aufgenommen werden.

Die Gerichtsvollzieherkammer ist berechtigt, einen geeigneten Fortbildungsnachweis vom Gerichtsvollzieher zu verlangen, damit sie in die Lage versetzt wird zu überprüfen, ob der Gerichtsvollzieher seinen Dienstpflichten in diesem Bereich auch nachkommt.

Zu § 18 (Nachwuchsausbildung)

Der Gerichtsvollzieher trägt die persönliche Verantwortung, eine fundierte und praxisgerechte Ausbildung der ihm zugewiesenen Nachwuchskräfte zu sichern. Die nach § 5 Gerichtsvollziehergesetz-E vorgesehenen Ausbildungsformen der Justizschule/-akademie oder des Fachhochschulstudiums stehen und fallen beide mit einer praxisgerechten Ausbildung der Nachwuchskräfte. Die Aufgabe der Vermittlung des praktischen Wissens kommt im Rahmen beider Ausbildungskonzepte dem einzelnen Gerichtsvollzieher zu.

Zu § 19 (Werbung)

Für den Gerichtsvollzieher, der Träger eines öffentlichen Amtes ist, besteht ein Werbeverbot. Das Werbeverbot ist aber nicht als absolut zu verstehen, vielmehr ist - wie bei den Notaren - eine sachbezogene Öffentlichkeitsarbeit erlaubt. Die Grenzziehung im Einzelnen ist dabei schwierig; bis zur Herausbildung einer eigenen Judikatur anhand konkreter Einzelfälle kann die Rechtsprechung aus dem Bereich des Notarwesens entsprechend herangezogen werden kann.

Zu Absatz 1

Nach Absatz 1 hat der Gerichtsvollzieher eine dem öffentlichen Amt widersprechende, nicht aber jegliche Werbung zu unterlassen. Dem Gerichtsvollzieher, der keinen auf Gewinnerzielung ausgerichteten Beruf, sondern ein öffentliches Amt ausübt, ist mit der Vorschrift aber jedes Verhalten untersagt, das den Eindruck erwecken könnte, seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit werde durch ein gewerbliches und gewinnorientiertes Marktverhalten beeinflusst. Durch das Gebot, "insbesondere eine dem öffentlichen Amt widersprechende Werbung zu unterlassen", wird klargestellt, dass sich auch insoweit das nach außen gerichtete Verhalten des Gerichtsvollziehers an den Anforderungen des von ihm wahrgenommenen Amtes und dessen Nähe zum öffentlichen Dienst auszurichten hat.

Zu Absatz 2

Absatz 2 konkretisiert die durch Absatz 1 aufgestellten Grundsätze für den Gerichtsvollzieher, der eine andere als nach § 2 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E auferlegte Tätigkeit ausübt (§ 14 Gerichtsvollziehergesetz-E). Dieser Absatz stellt klar, dass auch durch ein im Rahmen einer derartigen Tätigkeit zulässiges Werbeverhalten keine werbeträchtige Verbindung zum Gerichtsvollzieheramt hergestellt werden darf.

Zu Absatz 3

Ferner erlaubt Absatz 3 dieser Vorschrift dem Gerichtsvollzieher, in Medien in geeigneter Weise auf sich aufmerksam zu machen. Damit hat der Gesetzgeber ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 24. Juli 1997 - 1 BvR 1863/96 -, NJW 1997, 2510) zum Werbeverbot für Notare reagiert. Im Hinblick auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. November 2005 (1 BvR 1870/04, NJW 2006, 359), der ebenfalls den Notarbereich betrifft, wurde auf eine Beschränkung der Öffentlichkeitsarbeit auf den eigenen Amtsbereich des Gerichtsvollziehers verzichtet. Jegliche Werbung, die über die objektive Darstellung des Amtes und des Amtsbereich des Gerichtsvollziehers hinausgeht, bleibt indessen verboten.

Zu § 20 (Amtshaftung)

Zu Absatz 1

Der Gerichtsvollzieher haftet persönlich für vorsätzlich oder fahrlässig begangene Amtspflichtverletzungen. Absatz 1 definiert selbst aber keine Amtspflichten, sondern greift lediglich auf bestehende Amtspflichten aus dem Gerichtsvollziehergesetz-E, den nach § 32 Gerichtsvollziehergesetz-E zu erlassenden Dienstordnungen, den Richtlinien der Gerichtsvollzieherkammer oder anderen Rechtsvorschriften zurück. Nicht umfasst werden alle Tätigkeiten des Gerichtsvollziehers, die keine Amtstätigkeit darstellen. Dies gilt insbesondere für Tätigkeiten im Sinne des § 14 Gerichtsvollziehergesetz-E, sowie alle Arten von Tätigkeiten, in denen er keine hoheitliche Aufgaben wahrnimmt. Ein Haftungsanspruch setzt ferner voraus, dass die Amtspflichtverletzung rechtswidrig und ursächlich war.

Für fahrlässige Amtspflichtverletzungen soll der Gerichtsvollzieher nur haften, soweit der Geschädigte seine Ansprüche nicht anderweitig geltend machen kann. Hierfür ist jede dem Geschädigten zumutbare Schadloshaltung heranzuziehen, sofern sie aus der Amtspflichtverletzung des Gerichtsvollziehers hergeleitet werden kann und wirtschaftlichen Erfolg verspricht. Wenn eine anderweitige Kompensation möglich ist, entfällt die Haftung des Gerichtsvollziehers, ohne dass es auf ein Mitverschulden oder ähnliche Umstände ankäme.

Da die Amtsausübung des Gerichtsvollziehers stets die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben darstellt und damit dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist, würde grundsätzlich nach Artikel 34 GG i.V.m. § 839 BGB für seine Amtspflichtverletzungen eine Staatshaftung bestehen. Ebenso wie der Notar ist aber daneben der Gerichtsvollzieher auf Grund seiner Eigenschaft als beliehener Amtsträger selbst nach Artikel 34 Abs. 1 GG passiv legitimiert (vgl. Maunz/Dürig, Artikel 34 Rnr. 279). Deshalb wird in Absatz 2 klargestellt, dass sich der Geschädigte ausschließlich an den Gerichtsvollzieher zu halten hat. Dieser Verzicht auf eine originäre Amtshaftung des Staates wird durch die Versicherungspflicht des Gerichtsvollziehers nach § 21 Gerichtsvollziehergesetz-E kompensiert.

Zu Absatz 2

Nach Absatz 2 Satz 1 sind die Vorschriften des BGB über die Haftung des Beamten entsprechend anzuwenden. Aus § 20 Abs. 2 Satz 1 Gerichtsvollziehergesetz-E i.V.m. § 839 Abs. 3 BGB folgt daher als weitere negative Anspruchsvoraussetzung, dass der Geschädigte es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch den Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Als Rechtsmittel kommen hierbei alle Rechtsbehelfe in Betracht, die sich gegen die amtspflichtwidrige Handlung oder Unterlassung richten und dazu bestimmt und geeignet sind, diese zu beseitigen oder zu berichtigen und so den Schaden abzuwenden (vgl. BGH, DNotZ 1960, 663 ff. für die Haftung von Notaren).

Zu Absatz 3

Nach Absatz 3 haftet der Gerichtsvollzieher für Pflichtverletzungen seiner Nachwuchskräfte selbst. Rückgriff kann er nur im Falle des Vorsatzes oder grober Fahrlässigkeit nehmen. Der Gerichtsvollzieher ist mithin für die Handlungen seiner Nachwuchskräfte voll verantwortlich. Eine Staatshaftung ist auch hier ausgeschlossen.

Zu Absatz 4

Absatz 4 regelt die Haftungsverteilung zwischen dem Gerichtsvollzieher und seinem Vertreter. Danach haften beide im Außenverhältnis gesamtschuldnerisch. Soweit dem Vertreter nicht Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, haftet der Gerichtsvollzieher im Innenverhältnis allein.

Zu Absatz 5

Absatz 5 bestimmt die ausschließliche und streitwertunabhängige Zuständigkeit der Landgerichte für Schadensersatzansprüche nach § 20 Gerichtsvollziehergesetz-E.

Zu § 21 (Berufshaftpflichtversicherung)

Zu Absatz 1

Jeder Gerichtsvollzieher muss unabhängig von seinem Geschäftsaufkommen eine Berufshaftpflichtversicherung unterhalten. Der Versicherungsvertrag ist spätestens im Zuge des Bestellungsverfahrens zum Gerichtsvollzieher vorzulegen. Nach § 5 Abs. 5 Gerichtsvollziehergesetz-E ist folgerichtig die Bestellung zum Gerichtsvollzieher zu versagen, wenn der Bewerber keine Haftpflichtversicherung nachweisen und auch keine vorläufige Deckungszusage vorlegen kann.

Nach Maßgabe des § 5 Abs. 3 Gerichtsvollziehergesetz-E soll diese Versicherungspflicht den Nachwuchskräften nicht obliegen. Da der ausbildende Gerichtsvollzieher im Rahmen des § 20 Abs. 3 Gerichtsvollziehergesetz-E für das Handeln der Nachwuchskraft haftet, muss er dieses Risiko ebenfalls mitversichern. Gleiches gilt für die Haftung des Vertreters, mit dem der Gerichtsvollzieher im Außenverhältnis nach § 20 Abs. 4 Gerichtsvollziehergesetz-E als Gesamtschuldner haftet.

Nach § 67 Abs. 3 Nr. 3 Gerichtsvollziehergesetz-E kann die Gerichtsvollzieherkammer sowohl eine Gruppenanschlussversicherung als auch eine Vertrauensschadenversicherung für Haftpflichtschäden abschließen, die über die Gefahren des § 21 hinausgehende Risiken absichern. Der Versicherungsschutz soll dabei auch die Handlungen der Angestellten des Gerichtsvollziehers umfassen, für die er die organisatorische Haftung trägt. Insgesamt sollen alle Gefahren einer Amtspflichtverletzung mitversichert werden.

Zu Absatz 2

Absatz 2 setzt die Mindestversicherungssumme für jeden Versicherungsfall auf 250 000 Euro fest. Die Vereinbarung eines Selbstbehaltes sowie eines Ausschlusses für vorsätzliches Handeln - worunter auch bedingt vorsätzliches Handeln zu verstehen ist - ist zulässig. Vorsätzlich herbeigeführte Schäden können nur durch eine Vertrauensschadenversicherung im Sinne des § 67 Abs. 3 Nr. 3 Gerichtsvollziehergesetz-E abgesichert werden. Die Mindestversicherungssummen sind im

Hinblick auf die unterschiedlichen Verfahrenshandlungen des Gerichtsvollziehers im Gegensatz zu Notaren nicht der BNotO entnommen, sondern an § 51 Abs. 4 BRAO angelehnt. Sie entsprechen aber dem Verhältnis der Mindestversicherungssummen von individueller Haftpflichtversicherung und Vertrauensschadenversicherung nach der Bundesnotarordnung.

Zu den Absätzen 3 und 4

Da der Unterhalt einer Haftpflichtversicherung zu den Amtspflichten eines Gerichtsvollziehers gehört, kann einem Verstoß dagegen mit entsprechenden Aufsichtsmaßnahmen begegnet werden. Nach Absatz 4 ist die Landesjustizverwaltung die zuständige Aufsichtsstelle für die Versicherungsverträge. Dieser sowie der Gerichtsvollzieherkammer ist nach Absatz 3 sofort mitzuteilen, soweit eine Beeinträchtigung des Versicherungsverhältnisses vorliegt. Da nach § 158c VVG gegenüber Dritten erst einen Monat nach einer solchen Mitteilung der Versicherungsschutz entfällt, können Aufsicht und Gerichtsvollzieherkammer in diesem Zeitraum alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Nach § 42 Abs. 1 Nr. 9 Gerichtsvollziehergesetz-E ist der Gerichtsvollzieher des Amtes zu entheben, wenn er die nach § 21 erforderliche Haftpflichtversicherung nicht unterhält.

Zu Abschnitt 3 (Amtstätigkeit und Verfahren)

Zu § 22 (Amtssiegel und Amtsstempel)

Zu Absatz 1

Der Gerichtsvollzieher hat einheitliche Siegel und Stempel zu führen. Absatz 1 verweist auf die hierfür geltenden Bestimmungen. Darunter sind die landesrechtlichen Vorschriften zum Bezug und zur Verwendung von Amtssiegeln und Amtsstempeln zu verstehen. Absatz 1 beschreibt weiter, welchen Mindestinhalt das Amtssiegel des Gerichtsvollziehers umfassen soll. Die frühere Regelung, dass die Landesjustizverwaltung die Kosten für Siegel und Stempel zu übernehmen hat, wurde nicht übernommen. Da der Gerichtsvollzieher im freien System ein eigenständiger Unternehmer ist, ist der Staat auch nicht mehr verpflichtet, für dessen Arbeitsmittel wirtschaftlich aufzukommen.

Zu Absatz 2

Absatz 2 regelt die Verpflichtung des Gerichtsvollziehers, bei der zuständigen Aufsichtsbehörde anzuzeigen, welche Siegel und Stempel er verwendet. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass der Gerichtsvollzieher tatsächlich über Siegel und Stempel verfügt, dass sie der vorgeschriebenen äußeren Form und Gestaltung entsprechen und dass sie den notwendigen Text ohne verbotene Zusätze enthalten.

Zu Absatz 3

Absatz 3 regelt die weitere Dienstpflicht des Gerichtsvollziehers, die von ihm verwendeten Siegel und Stempel sicher zu verwahren und einen Verlust unverzüglich anzuzeigen, um einen Missbrauch auszuschließen.

Zu § 23 (Dienstausweis)

Der Gerichtsvollzieher ist berechtigt, einen Dienstausweis zu führen. Dieser wird durch die Aufsichtsbehörde ausgestellt und ist ein amtliches Dokument. Dementsprechend hat der Gerichtsvollzieher den Dienstausweis sicher zu verwahren und nach Beendigung seiner Amtszeit wieder zurückzugeben. Nach Absatz 1 beträgt die Gültigkeitsdauer zehn Jahre und der Umfang der Gültigkeit ist auf den Amtsbereich des Gerichtsvollziehers beschränkt. Absatz 4 bestimmt, dass die Regelungen auch auf den Vertreter des Gerichtsvollziehers anzuwenden sind.

Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E werden die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnungen nähere Bestimmungen über den Inhalt der Gerichtsvollzieherausbildung sowie die Übertragung von Aufträgen zur selbständigen Erledigung zu regeln. Deshalb bleibt es ebenfalls dem Landesrecht vorbehalten, die jeweiligen Nachwuchskräfte zur Ausführung der ihnen übertragenen Aufgaben mit einem eigenen Dienstausweis auszustatten.

Zu § 24 (Amtsschild, Namensschild)

Der Gerichtsvollzieher ist berechtigt, ein Amts- oder Namensschild an seinem Geschäftssitz anzubringen. Dadurch soll das Gerichtsvollzieherbüro leichter aufzufinden sein.

Um den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege zu genügen, soll der Gerichtsvollzieher als Träger eines öffentlichen Amtes gegenüber dem Bürger überall in gleicher Weise nach außen in Erscheinung treten. Soweit der Gerichtsvollzieher seine Geschäftsstelle kennzeichnen möchte, hat dies im Sinne dieser Vorschrift einheitlich zu erfolgen. § 24 Gerichtsvollziehergesetz-E regelt deshalb nicht nur die Art, sondern auch den Umfang der Beschilderung und verpflichtet den Gerichtsvollzieher hierbei auf eine personenbezogene Amtsbezeichnung. Die Führung eines "Praxisschildes" (z.B. Gerichtsvollzieherkanzlei) ist hingegen unzulässig.

Zu § 25 (Pfandkammer)

Auch im beliehenen System soll der Gerichtsvollzieher verpflichtet bleiben, für die gepfändeten Gegenstände eine Pfandkammer zu unterhalten. Allerdings soll dies nur insoweit geschehen, wie es der Geschäftsbetrieb erfordert. Durch diese Einschränkung wird es dem Gerichtsvollzieher ermöglicht, sich auf andere Aufgabenfelder der Zwangsvollstreckung zu spezialisieren, ohne generell verpflichtet zu sein, eine Pfandkammer zu unterhalten.

Unabhängig von der Erlaubnis zur gemeinsamen Berufsausübung in § 11 Gerichtsvollziehergesetz-E, sind die Gerichtsvollzieher berechtigt, mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde auch zu mehreren eine gemeinsame Pfandkammer zu unterhalten. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Bedeutung der Mobiliarzwangsvollstreckung in den letzten Jahren stetig zurückgegangen ist. Es kann mithin wirtschaftlich sinnvoll sein, wenn mehrere Gerichtsvollzieher sich die Kosten für die Unterhaltung einer solchen Pfandkammer teilen. Diese Möglichkeit erlangt zudem unter dem Aspekt Bedeutung, dass Satz 3 dieser Vorschrift bestimmte Mindestanforderungen an die Lage und Beschaffenheit der Pfandkammer stellt, soweit diese zugleich als Versteigerungsraum genutzt werden soll und dies durch eine gemeinsame Pfandkammer gewährleistet werden kann.

Zu § 26 (Ausschließung von der Amtsausübung)

Der Regelungsgehalt dieser Vorschrift ist an den bisherigen § 155 GVG angelehnt, welcher wiederum § 41 ZPO nachgebildet ist und durch Artikel 3 dieses Gesetzes aufgehoben wird. Eine Ablehnung des Gerichtsvollziehers kennt das Gesetz aber nicht. Für den ausgeschlossenen Gerichtsvollzieher hat sein Vertreter tätig zu werden. Nach Absatz 2 Satz 2 führt die Nichtbeachtung dieser Vorschrift zur Unwirksamkeit der Amtshandlung und nicht nur zur Anfechtbarkeit. Soweit ein Gerichtsvollzieher dennoch Vollstreckungshandlungen vornehmen sollte, verletzt er seine Amtspflichten.

Zu § 27 (Erledigung des Auftrags)

Der Gerichtsvollzieher hat die ihm vorgelegten Aufträge unverzüglich zu erledigen. Ein Ermessen hinsichtlich des ob der Erledigung von Aufträgen steht ihm nicht zu, sondern nur die Prüfungspflicht nach Absatz 1. Diese soll bewirken, dass im Falle eines Ausschlussgrundes oder einer Unzuständigkeit des beauftragten Gerichtsvollziehers dieser die entgegenstehenden Gründe sofort überprüft, damit es nicht zu Verfahrensverzögerungen kommt.

Die dem Gerichtsvollzieher eingeräumte Selbständigkeit bedingt andererseits, dass er jeweils eigenverantwortlich zu entscheiden hat, welche Maßnahme zur Erledigung eines Vollstreckungsauftrages geboten ist. Ihm wird dem Charakter seines Amtes entsprechend und als Ausprägung seiner sachlichen Unabhängigkeit (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsvollziehergesetz-E) ein eigenes, pflichtgemäßes Ermessen eingeräumt, wie er die von ihm entgegengenommenen Aufträge am besten fördern kann.

Bezüglich ob und wie der Auftragserledigung unterliegt der Gerichtsvollzieher der Dienstaufsicht. Diese beschränkt sich allerdings auf eine rechtliche Kontrolle, was eine Zweckmäßigkeitskontrolle bei der Art und Weise der Auftragserledigung ausschließt.

Zu § 28 (Amtshandlungen gegenüber Personen, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind)

Zu Absatz 1

Es ist in das Ermessen des Gerichtsvollziehers gestellt, bei Amtshandlungen einen Dolmetscher hinzuzuziehen. Allerdings hat er sich bei seinen Entscheidungen an Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten zu orientieren. Letztlich bleibt es jedoch seiner Entscheidung überlassen, ob eine ordnungsgemäße Zwangsvollstreckung auch ohne die Übersetzung möglich und sinnvoll ist. Ist nach der Einschätzung des Gerichtsvollziehers eine ordnungsgemäße Verständigung mit dem Schuldner nicht möglich, da dieser der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig ist, kann er die Vollstreckung solange ablehnen, bis der Gläubiger einen Vorschuss zur Hinzuziehung eines Dolmetschers zahlt.

Zu Absatz 2

Absatz 2 dieser Vorschrift bestimmt, dass bei der Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung ein Dolmetscher zugegen sein muss, soweit der Schuldner der deutschen Sprache nicht mächtig ist. Diese Vorschrift ist verpflichtend und hebt den Ermessenspielraum des Gerichtsvollziehers auf, den er nach der bislang gültigen Regelung in § 10a GVGA hatte. Insofern ist auch die Verpflichtung des Gerichtsvollziehers, den Gläubiger über die Hinzuziehung eines Dolmetschers zu informieren, auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen nicht bereits zu Beginn der Zwangsvollstreckung offenkundig ist, dass der Schuldner nicht der deutschen Sprache mächtig ist. Im Zweifel wird der Gerichtsvollzieher einen Dolmetscher bestellen, um dem Schuldner seinen Anspruch auf rechtliches Gehör auch im Rahmen der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht abzuschneiden.

Zu § 29 (Akten- und Buchführung)

Zu Absatz 1

Im Rahmen der Aktenführungspflicht des Gerichtsvollziehers wird ihm die Pflicht auferlegt, General-, Sonder- und Sammelakten zu führen. Absatz 1 definiert die jeweiligen Begrifflichkeiten der Aktenführung und stellt deren Unterschiede heraus.

Zu Absatz 2

Absatz 2 legt dem Gerichtsvollzieher die Verpflichtung auf, sowohl Geschäftsbücher, als auch das Dienstregister, ein Namensverzeichnis und Kassenbücher zu führen. Diese Vorgaben orientieren sich an den bereits bestehenden Verpflichtungen des Gerichtsvollziehers im System alter Prägung. Für die Prüfung des Gerichtsvollziehers durch die Aufsichtsbehörde ist eine geordnete Buchführung unerlässlich.

Zu Absatz 3

Absatz 3 regelt das Akteneinsichtsrecht. Dabei ist ausdrücklich klargestellt, dass Abschriften kostenpflichtig sind, dem Schuldner mithin kein Recht zukommen soll, zum Beispiel eine kostenfreie Abschrift des Pfändungsprotokolls zu erhalten. Der Gerichtsvollzieher kann die Aushändigung der Abschrift von einem Vorschuss abhängig machen. Die Kosten für die Ablichtungen hat der Einsicht Nehmende zu tragen und nicht der Gläubiger als Verursacher der Zwangsvollstreckung.

Zu § 30 (Dauer der Aufbewahrung)

Der Gerichtsvollzieher ist verpflichtet, seine Akten über einen festgelegten Zeitraum aufzubewahren. Die Sonder- und Sammelakten sind nach fünf Jahren zu vernichten. Gleiches gilt für die Geschäftsbücher mit der Besonderheit, dass sie nicht vor den in ihnen enthaltenen Akten vernichtet werden dürfen. Insbesondere ist der Gerichtsvollzieher verpflichtet, seine Akten so aufzubewahren, dass ein Missbrauch ausgeschlossen ist. Absatz 3 verweist auf die Vorschriften der Justizbehörden, deren Regelungen entsprechend gelten. Von der Vernichtung ausgenommen sind die Generalakten.

Zu § 31 (Ausländische Zustellungen und Schuldtitel)

Bei der Vollstreckung ausländischer Titel soll der Gerichtsvollzieher in Zweifelsfällen über die Zulässigkeit der Vollstreckung den Titel der für ihn zuständigen Aufsichtsbehörde vorlegen und deren Weisung abwarten. Zum einen wird dadurch dem Gerichtsvollzieher ein gewisser Ermessenspielraum eingeräumt. Soweit er den ausländischen Titel sicher vollstrecken kann, ist es ihm erlaubt, dies auch zu tun. Dies dürfte vor allem bei Vollstreckungen in grenznahen Gebieten häufig vorkommen. Im anderen Fall wird dem Gerichtsvollzieher die Sicherheit gewährt, dass die Aufsichtsbehörde die Vollstreckbarkeit des ausländischen Titels prüft. Gerade bei der Vielfältigkeit der ausländischen Vollstreckungstitel ist es dem Gerichtsvollzieher nicht zuzumuten, selbst die Prüfung der Vollstreckbarkeit des konkreten Titels durchzuführen. Hier wird ihm fachkundige Hilfe an die Hand gegeben. Andererseits muss der Gerichtsvollzieher sich auch an die Weisungen der Aufsichtsbehörde halten, soweit diese eine Prüfung der Vollstreckbarkeit des ausländischen Schuldtitels durchgeführt hat.

Zu § 32 (Dienstordnung)

Die Landesjustizverwaltungen haben die Möglichkeit, die näheren Bestimmungen zur Ausgestaltung des Gerichtsvollzieheramtes in einer Dienstordnung zu regeln. Hierzu werden die einzelnen Regelungsbereiche genannt, die aber nicht abschließend zu verstehen sind. Eine entsprechende Dienstordnung haben die Landesjustizverwaltungen zum Beispiel für den Bereich der Notare durch die landesrechtliche Einführung allgemeiner Verwaltungsvorschriften für Notarinnen und Notare (DONot) erlassen. Über die Einhaltung der in einer solchen Dienstordnung niedergelegten Vorschriften soll nicht die Gerichtsvollzieherkammer, sondern die Aufsichtsbehörde nach § 94 Gerichtsvollziehergesetz-E wachen.

Zu Abschnitt 4 (Abwesenheit und Verhinderung)

Der vierte Abschnitt regelt die Abwesenheit und Verhinderung eines Gerichtsvollziehers. Als Träger eines öffentlichen Amtes hat der Gerichtsvollzieher die Pflicht zur Amtsbereitschaft. Bei einer Amtsverhinderung muss im Interesse einer geordneten Rechtspflege der Dienstbetrieb aufrechterhalten bleiben. Die Aufsichtsbehörde muss zudem die Möglichkeit haben, regulierend einzugreifen. Die Regelungen hierzu orientieren sich an den Vorschriften der §§ 43 bis 46 BNotO zur Amtsverhinderung von Notaren, die als Träger eines öffentlichen Amtes ebenfalls zur Amtsbereitschaft verpflichtet sind. Änderungen gegenüber der Bundesnotarordnung ergeben sich im Wesentlichen aus der Etablierung eines ständigen Vertreters für jeden Gerichtsvollzieher.

Zu § 33 (Anzeige von Abwesenheit und Verhinderung)

Zu Satz 1

Die Anzeigepflicht nach Satz 1 stellt sicher, dass die Aufsichtsbehörde Kenntnis erlangt, wenn ein Gerichtsvollzieher an der Ausübung seines Amtes gehindert und somit ein Vertretungsfall für den ständigen Vertreter nach § 34 Gerichtsvollziehergesetz-E eingetreten ist. Anzeigepflichtig ist jede Entfernung des Gerichtsvollziehers von seiner Geschäftsstelle und jede sonstige Amtsverhinderung, sofern der Grund der Verhinderung wie beispielsweise eine Erkrankung oder ein Unfall ein tatsächlicher ist. Erforderlich ist eine Anzeige jedoch nur bei längerfristigen Abwesenheiten oder Verhinderungen; die Anzeigepflicht besteht daher nicht, wenn die Abwesenheit oder Verhinderung die Dauer von zwei Wochen nicht überschreitet.

Zu Satz 2

Die in Satz 2 geregelte Pflicht, bei einer Abwesenheit von mehr als einem Monat die Zustimmung der Aufsichtsbehörde einzuholen, findet ihre Rechtfertigung darin, dass die Abwesenheit eines Gerichtsvollziehers von seiner Geschäftsstelle für einen längeren Zeitraum eine Gefahr für die geordnete Rechtspflege darstellen kann. Die Bestellung eines ständigen Vertreters nach § 34 Gerichtsvollziehergesetz-E erleichtert zwar die Fortführung der Geschäfte auch in diesen Fällen. Zugleich kann bei einer Inanspruchnahme des ständigen Vertreters über längere Zeiträume jedoch die Entpersönlichung und der Niedergang der Gerichtsvollzieherstelle drohen. Eine planmäßige Abwesenheit des Gerichtsvollziehers von mehr als einem Monat unterliegt daher einer präventiven Kontrolle der Aufsichtsbehörde. Eine Zustimmung ist dagegen nicht einzuholen, wenn die längere Abwesenheit nicht auf einem frei gefassten Willensentschluss des Gerichtsvollziehers beruht. In diesen Fällen verbleibt es bei der Anzeigepflicht nach Satz 1.

Zu § 34 (Bestellung eines Vertreters)

Zu Absatz 1

Abweichend von dem Regelungsvorbild der Bundesnotarordnung sieht Absatz 1 vor, dass die Aufsichtsbehörde für jeden Gerichtsvollzieher für alle Fälle seiner Verhinderung von Amts wegen einen ständigen Vertreter bestellt. Im Interesse einer geordneten Rechtspflege wird dadurch die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes auch im Fall der Verhinderung eines Gerichtsvollziehers gesichert, ohne die Aufsichtsbehörde mit der Pflicht zur Prüfung einer Vielzahl von Einzelanträgen auf Bestellung eines Vertreters zu belasten. Bei geplanten Abwesenheiten wie beispielsweise der Urlaubsabwesenheit wird sich der Gerichtsvollzieher mit seinem ständigen Vertreter abzusprechen haben; dies ist ihm als Träger eines öffentlichen Amtes, der besonderen Bindungen unterliegt, zuzumuten. Insbesondere in den nicht von dem freien Willensentschluss des Gerichtsvollziehers abhängigen Verhinderungsfällen kann dennoch die Situation eintreten, dass zum Zeitpunkt der Verhinderung eines Gerichtsvollziehers zugleich auch sein ständiger Vertreter an der Amtsausübung gehindert ist. Satz 2 sieht daher vor, dass in diesen Fällen die Aufsichtsbehörde einen weiteren - nicht ständigen - Vertreter bestellen kann. Um zu gewährleisten, dass die Aufsichtsbehörde Kenntnis von dem etwaigen Bedarf nach einem weiteren Vertreter erlangt und gegebenenfalls auch eine zeitgleiche längere Abwesenheit des Gerichtsvollziehers und seines ständigen Vertreters verhindern kann, gilt für den ständigen Vertreter § 33 Gerichtsvollziehergesetz-E entsprechend.

Zu Absatz 2

Die Aufsichtsbehörde kann die Bestellung des - ständigen oder nicht ständigen - Vertreters befristen oder widerrufen. Die Entscheidung hierüber steht im pflichtgemäßen, an den Belangen einer geordneten Rechtspflege orientierten Ermessen der Aufsichtsbehörde. Gründe für einen Widerruf können sich insbesondere aus der Person des Vertreters ergeben, wobei auch die Interessen des vertretenen Gerichtsvollziehers zu berücksichtigen sind. So kann auch ein gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen dem Gerichtsvollzieher und seinem Vertreter bei der Ermessenentscheidung zu berücksichtigen sein.

Zu Absatz 3

Satz 1 stellt sicher, dass zum ständigen oder nicht ständigen Vertreter eines Gerichtsvollziehers nur eine Person bestellt wird, die befähigt ist, das Amt eines Gerichtsvollziehers auszuüben. Neben amtierenden Gerichtsvollziehern, Nachwuchskräften und Gerichtsvollziehern außer Dienst kommen hierfür nur Personen in Betracht, die nach § 5 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E von ihrer fachlichen und persönlichen Eignung her zum Gerichtsvollzieher bestellt werden könnten. Darüber hinaus müssen die zur Übernahme einer Vertretung im Allgemeinen befähigten Personen auch im konkreten Einzelfall für die Übernahme der Vertretung geeignet sein. Bei der Bestellung einer Nachwuchskraft ist hierbei insbesondere der Stand ihrer Ausbildung zu berücksichtigen. Satz 2 stellt klar, dass die Aufsichtsbehörde an einen Vorschlag des Gerichtsvollziehers zu der Person seines Vertreters grundsätzlich gebunden ist, wenn nicht die Erfordernisse einer geordneten Rechtspflege ein Abweichen von dem Vorschlag erforderlich machen. Zugleich ergibt sich aus der Regelung, dass es in erster Linie Sache des Gerichtsvollziehers ist, einen geeigneten Vertreter zu benennen. Nur wenn ihm dies nicht möglich ist, hat die Aufsichtsbehörde selbst eine geeignete Person zu bestimmen. Da auch in den Fällen, in denen es einem Gerichtsvollzieher nicht gelingt, einen Vertreter zu finden, der bereit und willens ist, die Vertretung zu übernehmen, gewährleistet sein muss, dass ein ständiger Vertreter bestellt werden kann, regelt Satz 3, dass jeder Gerichtsvollzieher verpflichtet ist, eine ständige Vertretung zu übernehmen. Da sich die Verpflichtung auf die Übernahme einer Vertretung beschränkt, ist die Regelung verhältnismäßig und stellt eine nach Artikel 12 GG zulässige Berufsausübungsregelung dar.

Zu Absatz 4

Absatz 4 entspricht § 40 Abs. 1 BNotO. Der ständige und der nicht ständige Vertreter sind durch eine schriftliche Verfügung der zuständigen Aufsichtsbehörde zu bestellen, die zur Wirksamkeit der Bekanntmachung an den Vertreter bedarf. Der Vertreter hat den für Gerichtsvollzieherspezifischen Amtseid nach § 7 Gerichtsvollziehergesetz-E zu leisten. Zur Vermeidung sinnentleerter Förmlichkeiten kann sich ein Vertreter nach Satz 2 auf einen bereits früher einmal geleisteten Eid als Vertreter berufen.

Zu § 35 (Amtsausübung des Vertreters)

Zu Absatz 1

Mit Wirksamwerden der Vertreterbestellung unterliegt der Vertreter den für den Gerichtsvollzieher geltenden Vorschriften, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist. Insbesondere kann er wirksam Amtshandlungen vornehmen, er unterliegt den berufsrechtlichen Pflichten eines Gerichtsvollziehers einschließlich der Pflicht zur Amtsbereitschaft und zur persönlichen Amtsausübung und er untersteht der Aufsicht der Aufsichtsbehörde. Von dem Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung nach § 21 Gerichtsvollziehergesetz-E ist der Vertreter dagegen befreit. Dies rechtfertigt sich aus der gesamtschuldnerischen Haftung des Gerichtsvollziehers nach § 20 Abs. 4 Gerichtsvollziehergesetz-E und der Verpflichtung des Gerichtsvollziehers eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, die auch die Risiken abdeckt, die sich aus der Tätigkeit von Personen ergeben, für die er haftet.

Zu Absatz 2

Der Vertreter übt sein Amt abgeleitet von dem von ihm vertretenen Gerichtsvollzieher aus. Daraus folgt notwendig, dass der Vertreter sein Amt im Namen des Gerichtsvollziehers versieht. Ebenso zwingend ist, dass er für Rechnung des Gerichtsvollziehers tätig wird. Im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit hat der Vertreter seine nur abgeleitete Funktion im Rechtsverkehr deutlich zu machen, indem er seiner Unterschrift einen Vertretungszusatz beizufügen und Amtssiegel und Amtsstempel des vertretenen Gerichtsvollziehers zu gebrauchen hat. Anders als in § 41 Abs. 1 Satz 1 BNotO muss nicht ausdrücklich geregelt werden, dass der Vertreter sein Amt auf Kosten des Gerichtsvollziehers versieht.

Dies ergibt sich schon daraus, dass der Gerichtsvollzieher dem Vertreter nach Absatz 4 die für die Ausübung seines Vertreteramtes notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen hat. Nicht erforderlich ist zudem eine Regelung, dass der Vertreter keinen Weisungen des Gerichtsvollziehers unterliegt. Dies folgt notwendig aus dem Status des Vertreters, der wie der Gerichtsvollzieher selbst Träger eines öffentlichen Amtes ist.

Zu Absatz 3

Satz 1 stellt klar, dass auf den Vertreter auch § 26 Gerichtsvollziehergesetz-E anwendbar ist. Der Vertreter hat sich jedoch nicht nur dann der Amtsausübung zu enthalten, wenn eine Interessenkollision in seiner Person begründet ist. Vielmehr soll er nach Satz 2 sein Amt auch dann nicht ausüben, wenn der von ihm vertretene Gerichtsvollzieher nach § 26 Gerichtsvollziehergesetz-E von der Ausübung seines Amtes ausgeschlossen wäre. Anders als bei einem Verstoß gegen ein Mitwirkungsverbot aus Gründen, die in der Person des Vertreters selbst liegen, ist eine Amtshandlung des Vertreters, die gegen Satz 1 verstößt, jedoch nicht unwirksam. Dies folgt aus der Ausgestaltung des Satzes 2 als Soll-Vorschrift und rechtfertigt sich aus Gründen der Rechtssicherheit und dem im Vergleich zu einem Verstoß gegen Mitwirkungsverbote minder gravierenden Verstoß gegen Satz 1 in Verbindung mit § 26 Gerichtsvollziehergesetz-E.

Zu Absatz 4

Der Vertreter kann sein Amt nur dann ausüben, wenn der Gerichtsvollzieher ihm die hierfür notwendigen Mittel zur Verfügung stellt. Zwingend notwendig zur Amtsausübung ist, dass dem Vertreter die Akten, die Verzeichnisse und die Bücher des Gerichtsvollziehers zugänglich gemacht und sein Amtssiegel und -stempel übergeben werden. Die Regelung in Absatz 4, die dies klarstellt, ist jedoch nicht im Sinne einer abschließenden Auflistung der zugänglich zu machenden und zu übergebenden Gegenstände zu verstehen. Vielmehr hat der Vertreter allgemein einen Anspruch darauf, seine Tätigkeit unter zumutbaren Bedingungen ausüben zu können. So kann der Vertreter insbesondere auch auf die Inanspruchnahme von Angestellten des Gerichtsvollziehers angewiesen sein. Welche Voraussetzungen für eine sinnvolle Ausübung des Amtes erfüllt sein müssen, hängt jedoch von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer abschließenden gesetzlichen Regelung.

Zu § 36 (Vergütung des Vertreters)

Zu Absatz 1

Mit der Verpflichtung des Vertreters, seine Amtstätigkeit im Namen und auf Rechnung des von ihm vertretenen Gerichtsvollziehers auszuüben, korrespondiert in Anlehnung an § 43 BNotO ein gesetzlicher Anspruch des Vertreters auf eine angemessene Vergütung. Welche Vergütung angemessen ist, unterliegt vorrangig der Vereinbarung zwischen dem Gerichtsvollzieher und dem Vertreter. Kommt es zu keiner Einigung, ist es nicht Aufgabe der Aufsichtsbehörde, eine Vergütung für den Vertreter festzusetzen. Vielmehr ermächtigt Absatz 1 den Vertreter, entsprechend § 316 BGB die von ihm für angemessen erachtete Vergütung durch einseitige Bestimmung festzusetzen.

Zu Absatz 2

Bei Streitigkeiten über die Vergütung oder über andere vermögensrechtliche Streitigkeiten zwischen dem Gerichtsvollzieher und dem Vertreter sind die Landgerichte ausschließlich zuständig. Absatz 2 entspricht der bewährten Regelung des § 42 BNotO.

Zu § 37 (Dauer der Amtsbefugnis des Vertreters)

Die Regelung der Dauer der Amtsbefugnis des Vertreters entspricht § 44 BNotO. Sie beruht auf dem Grundsatz, dass die Bestellung eines Vertreters nicht zur Verdoppelung der Arbeitskraft des Gerichtsvollziehers führen darf. Der Vertreter darf immer nur an Stelle des Gerichtsvollziehers, aber nicht neben ihm tätig werden. Die Amtsbefugnis des Vertreters beginnt daher nicht bereits mit dem Wirksamwerden der Vertreterbestellung nach § 34 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E, sondern nach Absatz 1 Satz 1 erst mit der tatsächlichen Amtsübernahme durch den Vertreter. Diese bedarf keines förmlichen Übertragungsaktes, der die Amtsübernahme nach außen hin manifestiert. Die Übernahme des Amtes kann vielmehr in der Vornahme der ersten Amtshandlung liegen. Die Amtsbefugnisse des Vertreters enden mit dem Widerruf der Vertreterbestellung oder mit der Übergabe des Amtes an den Gerichtsvollzieher. Ebenso wenig wie bei der Übernahme des Amtes durch den Vertreter ist bei der Amtsübergabe an den Gerichtsvollzieher die Einhaltung von Förmlichkeiten erforderlich. Keiner besonderen Regelung bedarf, dass die Befugnisse des Vertreters mit dem Erlöschen des Amtes des vertretenen Gerichtsvollziehers enden, da der Vertreter nur die von dem Amt des Gerichtsvollziehers abgeleiteten Befugnisse hat, die das Amt des Gerichtsvollziehers nicht überdauern können. Satz 2 stellt klar, dass der Gerichtsvollzieher und sein Vertreter nicht zeitgleich nebeneinander tätig werden dürfen. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift kann disziplinarisch geahndet werden. Im Interesse der Sicherheit des Rechtsverkehrs sind Amtshandlungen, die unter Verstoß gegen diese Vorschrift vorgenommen worden sind, demgegenüber nicht unwirksam. Dies wird durch die Ausgestaltung der Vorschrift als bloße Soll-Vorschrift zum Ausdruck gebracht.

Zu Absatz 2

Ebenso sind im Interesse der Rechtssicherheit Amtshandlungen des Vertreters nicht deshalb unwirksam, weil die für seine Bestellung erforderlichen Voraussetzungen nicht vorlagen oder später weggefallen sind. Die Bestellung zum Vertreter wirkt statusbegründend. Auch wenn die Bestellung nicht hätte erfolgen dürfen oder hätte widerrufen werden müssen, wird die Wirksamkeit der Amtshandlungen des Vertreters dadurch nicht berührt.

Zu Abschnitt 5 (Erlöschen des Amtes)

Abschnitt 5 regelt das Erlöschen des Amtes, die Rechtsfolgen des Erlöschens und die Verwaltung des Gerichtsvollzieheramtes in dem Zeitraum zwischen dem Erlöschen des Amtes und der Neubesetzung der Gerichtsvollzieherstelle. Die Regelungen hierzu lehnen sich eng an die §§ 47 bis 64 BNotO an; Abweichungen beruhen im Wesentlichen auf den unterschiedlichen Aufgaben von Gerichtsvollziehern und Notaren.

Zu § 38 (Gründe für das Erlöschen des Amtes)

Die Vorschrift zählt die Fälle abschließend auf, in denen das Amt des Gerichtsvollziehers erlischt - Erreichen der Altersgrenze (Nr. 1), Tod (Nr. 2), Entlassung (Nr. 3), Amtsverlust infolge strafgerichtlicher Verurteilung (Nr. 4), Amtsenthebung (Nr. 5), Entfernung aus dem Amt durch disziplinargerichtliches Urteil (Nr. 6) und vorübergehende Amtsniederlegung (Nr. 7). Sie entspricht § 47 BNotO. Die Voraussetzungen für den Eintritt der Wirkung des Erlöschens sind in den §§ 39, 40, 41, 42 und 100 Abs. 2 sowie §§ 43 und 44 Gerichtsvollziehergesetz-E im Einzelnen geregelt.

Zu § 39 (Altersgrenze)

Gerichtsvollzieher erreichen mit dem Ende des Monats, in dem sie das siebenundsechzigste Lebensjahr vollenden, die Altersgrenze. Zu diesem Zeitpunkt erlischt das Amt des Gerichtsvollziehers ohne Hinzutreten eines förmlichen Aktes eo ipso. Die Altersgrenze soll im Interesse einer geordneten Rechtspflege einer Überalterung der Stelleninhaber vorbeugen und für eine geordnete Altersstruktur sorgen. Wie die Regelung des § 48a BNotO handelt es sich um eine nach Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 GG zulässige subjektive Zulassungsbeschränkung. Abweichend von § 48a BNotO wird die Altersgrenze für Gerichtsvollzieher indes auf das siebenundsechzigste und nicht auf das siebzigste Lebensjahr festgesetzt. Dies rechtfertigt sich aus dem unterschiedlichen Zuschnitt der Aufgaben, die bei dem Gerichtsvollzieher in stärkerem Maße auch mit körperlich zu leistender Arbeit verbunden sind.

Zu § 40 (Entlassung)

Vor Erreichen der Altersgrenze kann der Gerichtsvollzieher in Anlehnung an die beamtenrechtlichen Vorschriften und § 48 BNotO jederzeit die Entlassung aus dem Amt verlangen, Satz 1. Die Entlassung erfolgt in einem förmlichen Verfahren. Es muss ein schriftlicher Antrag des Gerichtsvollziehers vorliegen, Satz 2; eine ohne Antrag ausgesprochene Entlassung aus dem Amt ist nichtig. Liegt ein wirksamer Antrag vor, hat der Gerichtsvollzieher einen Anspruch auf Entlassung zu dem von ihm beantragten Zeitpunkt, Satz 4. Ein Ermessen steht der Landesjustizverwaltung weder hinsichtlich der Entlassung selbst noch hinsichtlich des Zeitpunktes der Entlassung zu. Wirksam wird die Entlassungsverfügung jedoch erst mit dem Zugang bei dem Gerichtsvollzieher. Erst zu diesem Zeitpunkt treten die Rechtswirkungen der Entlassung ein; eine rückwirkende Entlassung aus dem Amt ist nicht möglich. Die Rücknahme des Antrages regelt Satz 3. Solange die Entlassungsverfügung dem Gerichtsvollzieher noch nicht zugegangen und sein Amt damit unwiderruflich erloschen ist, kann der Gerichtsvollzieher seinen Antrag innerhalb von zwei Wochen nach Zugang seines Entlassungsantrages bei der Landesjustizverwaltung zurücknehmen. Auch nach Ablauf der Frist von zwei Wochen ist eine Rücknahme des Entlassungsantrages noch möglich, jedoch nur mit Zustimmung der Landesjustizverwaltung. Die Erteilung der Zustimmung steht im pflichtgemäßen Ermessen der Landesjustizverwaltung. Satz 3 stellt gegenüber dem Regelungsvorbild des § 48 BNotO eine Klarstellung dar und lehnt sich an § 30 BBG und die entsprechenden landesgesetzlichen Regelungen an. Die Rücknahme des Entlassungsantrages ist in der Bundesnotarordnung nicht geregelt. Ungeachtet dessen herrscht Einigkeit darüber, dass eine Rücknahme des Antrages nach dem Vorbild der beamtenrechtlichen Vorschriften zulässig ist.

Zu § 41 (Amtsverlust durch Strafurteil)

Das Gerichtsvollzieheramt erlischt kraft Gesetzes in den Fällen, in denen eine strafgerichtliche Verurteilung bei einem Landesjustizbeamten zu einem Amtsverlust führen würde. Die Wirkung tritt mit Rechtskraft des strafgerichtlichen Urteils ein; einer nochmaligen Überprüfung durch die Landesjustizverwaltung und einer konstitutiv wirkenden Entlassungsverfügung bedarf es nicht. Diese Rechtsfolge rechtfertigt sich aus der Stellung des beliehenen Gerichtsvollziehers als Träger eines öffentlichen Amtes und aus seiner Nähe zum öffentlichen Dienstrecht. In den Fällen, in denen ein Beamter für den öffentlichen Dienst wegen einer Straftat untragbar geworden ist, gilt dies gleichermaßen für den beliehenen Gerichtsvollzieher.

Zu § 42 (Amtsenthebung)

Zu Absatz 1

Absatz 1 listet in weitgehender Anlehnung an § 50 Abs. 1 BNotO die Gründe für eine zwingende Amtsenthebung des Gerichtsvollziehers abschließend auf.

Nummer 1 verweist auf die Gründe, die nach den Landesbeamtengesetzen die Nichtigkeit der Ernennung eines Landesbeamten zur Folge haben, oder auf Grund derer die Ernennung für nichtig erklärt oder zurückgenommen werden muss. Rücknahmegründe führen nur dann zur zwingenden Entlassung des Gerichtsvollziehers, wenn es sich um obligatorische Rücknahmegründe nach § 9 Abs. 1 BRRG handelt. Die Rechtsgrundverweisung auf die Beamtengesetze rechtfertigt sich aus der Nähe des beliehenen Gerichtsvollziehers zum Beamtentum.

Die Ausübung einer mit dem Amt des Gerichtsvollziehers nach § 3 Gerichtsvollziehergesetz-E unvereinbaren Tätigkeit stellt einen schweren Verstoß gegen die gesetzlichen Pflichten eines Gerichtsvollziehers dar und rechtfertigt deshalb die zwingende Amtsenthebung (Nummer 2).

Die Eidesleistung nach § 7 Gerichtsvollziehergesetz-E ist notwendige Voraussetzung für die Aufnahme der Amtstätigkeit. Ihre Verweigerung muss daher ein Amtsenthebungsgrund sein. Die Regelung entspricht § 50 Abs. 1 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Nr. 1 BRRG und § 21 Abs. 2 Nr. 1 DRiG.

Neben dem Amtsenthebungsgrund der Ausübung einer unvereinbaren Tätigkeit nach Nummer 2 sieht Nummer 4 die Ausübung einer nach § 14 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E genehmigungspflichtigen, aber nicht genehmigungsfähigen Tätigkeit als Amtsenthebungsgrund vor. In Abweichung von § 50 Abs. 1 Nr. 4 BNotO ist für eine Amtsenthebung nicht ausreichend, dass keine Genehmigung der Tätigkeit vorliegt. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit und der Bedeutung der Amtsenthebung im Hinblick auf Artikel 12 GG ist vielmehr erforderlich, dass die Tätigkeit auch nicht genehmigungsfähig ist. Das Antragserfordernis nach § 14 Gerichtsvollziehergesetz-E geht dennoch nicht ins Leere, da das Unterlassen der Antragstellung zwar kein Grund für eine Amtsenthebung darstellt, aber ungeachtet dessen disziplinarisch geahndet werden kann.

Anders als die Ausübung einer nicht genehmigten, aber genehmigungsfähigen Tätigkeit nach § 14 Gerichtsvollziehergesetz-E stellt die gegen die Bestimmungen von § 11 Abs. 1 oder 2 Gerichtsvollziehergesetz-E eingegangene berufliche Verbindung mit anderen Personen nach Nummer 5 einen Amtsenthebungsgrund auch in den Fällen dar, in denen die Berufsverbindung nach näherer Maßgabe von Rechtsverordnungen, zu deren Erlass § 11 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E die Länder ermächtigt, genehmigungsfähig wäre. Dies rechtfertigt sich aus der größeren Bedeutung der Regulierung der Berufsverbindungen für die Belange einer geordneten Rechtspflege und hält den Gerichtsvollzieher mit dem erforderlichen Nachdruck dazu an, einen Genehmigungsantrag zu stellen. Dies schließt nicht aus, dass dem Gerichtsvollzieher, der ohne Genehmigung eine genehmigungsbedürftige Berufsverbindung eingegangen ist, im Verwaltungsverfahren die Gelegenheit gegeben wird, nachträglich einen Antrag auf Genehmigung zu stellen, der vor der Entscheidung über eine Amtsenthebung zu bescheiden wäre. Weigert sich ein Gerichtsvollzieher jedoch, einen Antrag zu stellen, so stellt dies einen so schwerwiegenden Pflichtenverstoß dar, dass eine Amtsenthebung gerechtfertigt ist.

Nummer 6 hat den Zweck, insbesondere die Auftraggeber des Gerichtsvollziehers und Vollstreckungsschuldner vor Gefahren zu schützen, die sich aus der wirtschaftlichen Situation des Gerichtsvollziehers ergeben.

Der Amtsenthebungsgrund nach Nummer 7 dient der Abwehr von Gefahren, die sich aus der Tätigkeit eines zur ordnungsgemäßen Amtsausübung unfähigen Gerichtsvollziehers insbesondere für seine Auftraggeber und die Vollstreckungsschuldner ergeben. Gesundheitliche Gründe im Sinne dieser Vorschrift können körperliche Gebrechen wie beispielsweise chronische Erkrankungen ebenso wie Suchterkrankungen und die Minderung der geistigen Leistungsfähigkeit des Gerichtsvollziehers sein.

Der in Nummer 8 geregelte Amtsenthebungsgrund dient demselben Schutzzweck wie Nummer 6 und stellt einen Auffangtatbestand für die Fälle dar, in denen die wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Art der Wirtschaftsführung des Gerichtsvollziehers insbesondere die Interessen der Auftraggeber und der Vollstreckungsschuldner gefährden, ohne dass die Voraussetzungen für eine Amtsenthebung nach Nummer 6 vorliegen.

Schließlich sieht Nummer 9 die zwingende Amtsenthebung bei Fehlen der erforderlichen Haftpflichtversicherung vor. Die Pflicht, nach § 21 Gerichtsvollziehergesetz-E eine Haftpflichtversicherung zu unterhalten, tritt an die Stelle der Amtshaftung des Staates und ist damit von so großer Bedeutung, dass das Fehlen der Versicherung eine Amtsenthebung rechtfertigt.

Zu Absatz 2

Neben den zwingenden Amtsenthebungsgründen regelt Absatz 2 die fakultativen Amtsenthebungsgründe. Hiervon erfasst sind die fakultativen Gründe für eine Rücknahme einer Beamtenernennung nach § 9 Abs. 2 BRRG. Absatz 2 ergänzt insoweit Absatz 1 Nr. 1, der die zwingende Amtsenthebung bei Vorliegen obligatorischer Rücknahmegründe nach § 9 Abs. 1 BRRG vorsieht.

Zu Absatz 3

Da es sich um eine besonders gewichtige Maßnahme handelt, wird in Satz 1 ausdrücklich geregelt, dass vor Ausspruch einer Amtsenthebung die Gerichtsvollzieherkammer anzuhören ist. Gleiches gilt nach Satz 2 für den betroffenen Gerichtsvollzieher. Dies ergibt sich bereits aus allgemeinen Verfahrensgrundsätzen und dient lediglich der Klarstellung. Anders als § 50 Abs. 3 BNotO sieht die Vorschrift keine Möglichkeit für den Gerichtsvollzieher vor, die Voraussetzungen für eine Amtsenthebung in bestimmten Fällen in einem gerichtlichen Feststellungsverfahren - dem so genannten Vorschaltverfahren - feststellen zu lassen. Dem Rechtsschutzbedürfnis des Gerichtsvollziehers wird durch die Rechtsschutzmöglichkeit nach § 107 Gerichtsvollziehergesetz-E Rechnung getragen und der Gefahr übereilter Entscheidungen, die das Vorschaltverfahren nach der Bundesnotarordnung rechtfertigen soll, wird durch das einzuhaltende förmliche Verwaltungsverfahren und die Pflicht zur vorherigen Anhörung der Gerichtsvollzieherkammer hinreichend begegnet. Das gerichtliche Vorschaltverfahren ist daher auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Amtsenthebung für den betroffenen Gerichtsvollzieher nicht erforderlich, um die Rechte des Gerichtsvollziehers zu wahren.

Zu Absatz 4

Die Vorschrift enthält besondere Verfahrensregeln für das auf Absatz 1 Nr. 7 gestützte Amtsenthebungsverfahren, die der bewährten Regelung des § 50 Abs. 4 BNotO entsprechen. Insbesondere wird klar gestellt, dass ein Gerichtsvollzieher, dessen Unfähigkeit zur Amtsausübung nicht zweifelsfrei feststeht, verpflichtet ist, sich nach Maßgabe der Landesbeamtengesetze einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen und sich gegebenenfalls auch unter ärztliche Beobachtung zu stellen.

Zu § 43 (Vorübergehende Amtsniederlegung)

Zu Absatz 1

Die Vorschrift regelt in Anlehnung an § 48b Abs.1 BNotO die Möglichkeit einer vorübergehenden Amtsniederlegung in Fällen, in denen eine Gerichtsvollzieherin oder ein Gerichtsvollzieher minderjährige Kinder oder pflegebedürftige Angehörige betreut. Das Ziel der Vorschrift besteht darin, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern und es vor allem Frauen zu erleichtern, den Beruf des Gerichtsvollziehers zu ergreifen. Insbesondere während der Zeit der Kindererziehung kann es auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit, das Amt gemäß § 14 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E in Teilzeittätigkeit auszuüben, schwer sein, den Beruf des Gerichtsvollziehers mit den familiären Pflichten in Einklang zu bringen. Gleiches gilt für Zeiten, in denen die förderungswürdige Betreuung von pflegebedürftigen Angehörigen übernommen wird. Die Gerichtsvollzieherin oder der Gerichtsvollzieher erhält daher die Möglichkeit, in diesen Situationen mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde ihr oder sein Amt vorübergehend niederzulegen. Ein Anspruch auf Neubestellung nach Beendigung der vorübergehenden Amtsniederlegung besteht jedoch nicht. Die Gerichtsvollzieherin oder der Gerichtsvollzieher muss sich wie jeder andere Bewerber auch auf eine ausgeschriebene Stelle bewerben und sich im Auswahlverfahren gegenüber den Mitbewerbern durchsetzen.

Zu Absatz 2

Die Möglichkeit der vorübergehenden Amtsniederlegung nach Absatz 1 steht im Widerstreit zu den Planungsbedürfnissen der Landesjustizverwaltung. Macht eine Gerichtsvollzieherin oder ein Gerichtsvollzieher von Absatz 1 Gebrauch, hat dies unmittelbare Auswirkungen auf die staatliche Bedürfnisprüfung nach § 4 Gerichtsvollziehergesetz-E. Im Interesse der Familienförderung ist diese Beeinträchtigung hinzunehmen. Um dennoch eine gewisse Planungssicherheit für die Landesjustizverwaltung zu gewährleisten, ist eine zeitliche Höchstdauer der Amtsniederlegung von zwölf Jahren vorgesehen. Auf diese Zeit ist die Dauer einer Teilzeittätigkeit nach § 13 Gerichtsvollziehergesetz-E und die Dauer einer Amtsniederlegung nach § 44 Gerichtsvollziehergesetz-E anzurechnen.

Zu Absatz 3

Die Vorschrift enthält eine Ermächtigungsgrundlage, die es der Landesregierung ermöglicht zu bestimmen, die Zeiten einer vorübergehenden Amtsniederlegung auf die bisherige Amtstätigkeit als Gerichtsvollzieher anzurechnen, was in den Fällen von Bedeutung sein kann, in denen an die Dauer der Amtstätigkeit Rechtsfolgen geknüpft werden. Dies gilt insbesondere für die Anrechnung von Erziehungs- oder Pflegezeiten bei der Entscheidung über die Neubestellung zum Gerichtsvollzieher.

Zu § 44 (Neubestellung nach vorübergehender Amtsniederlegung)

Zu Absatz 1

Absatz 1 stellt in Anlehnung an § 48c Abs. 1 BNotO eine Sonderregelung zu § 43 Gerichtsvollziehergesetz-E dar und regelt eine Wiederbestellungsgarantie zu Gunsten des Gerichtsvollziehers, der von der Möglichkeit einer vorübergehenden Amtsniederlegung nach § 43 Gerichtsvollziehergesetz-E für die Dauer von maximal einem Jahr Gebrauch macht und bei Antragstellung erklärt, sein Amt innerhalb der genannten Zeit im selben Amtsbereich wieder antreten zu wollen. In diesem Fall wird die Gerichtsvollzieherstelle nicht wieder neu besetzt, sondern für die Dauer der vorübergehenden Amtsniederlegung eine Verwaltung des Gerichtsvollzieheramtes nach § 49 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E eingerichtet. Ein Anspruch auf erneute Bestellung besteht in diesem Fall nur dann nicht, wenn der Gerichtsvollzieher sich während der Dauer der vorübergehenden Amtsniederlegung eines Verhaltens schu ldig gemacht hat, das ihn unwürdig erscheinen lässt, das Amt des Gerichtsvollziehers auszuüben. Die begrenzte Dauer von einem Jahr rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass die Verwaltung einer Gerichtsvollzieherstelle für einen längeren Zeitraum die Gefahr eines wirtschaftlichen Niedergangs der Stelle begründet. Die Regelung ist daher erforderlich, um den Belangen einer geordneten Rechtspflege Rechnung zu tragen, und stellt keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die persönliche Lebensführung des Gerichtsvollziehers dar.

Zu Absatz 2

Von der Möglichkeit einer vorübergehenden Amtsniederlegung mit Wiederbestellungsgarantie kann mehrfach Gebrauch gemacht werden. Jedoch muss nicht nur die Dauer der einzelnen Amtsniederlegung aus Gründen der geordneten Rechtspflege zeitlich auf ein Jahr begrenzt sein. Vielmehr kann im Interesse einer kontinuierlichen Amtsausübung auch die Möglichkeit mehrfacher Amtsniederlegungen nicht uneingeschränkt gewährt werden. Zum einen müssen zwischen der Neubestellung eines Gerichtsvollziehers nach Absatz 1 und der erneuten vorübergehenden Amtsniederlegung mindestens zwei Jahre liegen. Zum anderen darf die Dauer vorübergehender Amtsniederlegungen insgesamt drei Jahre nicht überschreiten.

Zu § 45 (Verwahrung von Akten und Pfandgegenständen)

Zu Absatz 1

Abweichend von § 51 Abs. 1 BNotO sieht diese Vorschrift in Satz 1 als Regelfall vor, dass bei Erlöschen des Amtes eines Gerichtsvollziehers oder Verlegung seines Amtsbereichs die Akten und Bücher des Gerichtsvollziehers einem anderen Gerichtsvollzieher übergeben werden; gleiches gilt für die Gegenstände, die der Gerichtsvollzieher - wie insbesondere Pfandgegenstände - bei der Erfüllung seiner Aufgaben in Besitz genommen hat. Nur im Ausnahmefall kann die Landesjustizverwaltung nach Satz 2 die Verwahrung der Akten und Bücher einem Gericht übertragen. Dabei kann sie aus Gründen der Praktikabilität auch dann die Verwahrung einem ortsnäheren Amtsgericht übertragen, wenn sie keinen Gebrauch von der Möglichkeit des § 10 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E gemacht hat. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis entspricht der Verwaltungspraxis im hauptberuflichen Notar iat und steht in einem engen sachlichen Zusammenhang mit § 49 Gerichtsvollziehergesetz-E. In der Regel wird die durch das Erlöschen des Amtes eines Gerichtsvollziehers oder die Verlegung seines Amtsbereichs frei werdende Gerichtsvollzieherstelle neu ausgeschrieben und besetzt werden. Die Übertragung der Akten und Bücher sowie insbesondere der Pfandgegenstände auf den Amtsnachfolger des Gerichtsvollziehers ist in diesem Fall zur Sicherstellung der Ämterkontinuität unabdingbar und kommt dem Amtsnachfolger unmittelbar zu Gute. Daraus ergibt sich auch, dass der Gerichtsvollzieher für die Verwahrung keine Vergütung von der Landesjustizverwaltung verlangen kann. Kann die Stelle nicht im unmittelbaren Anschluss an das Ausscheiden des Gerichtsvollziehers oder seiner Amtsbereichsverlegung neu besetzt werden, so ist nach § 49 Gerichtsvollziehergesetz-E ein Verwalter zu bestellen, dessen Aufgabe darin besteht, die Gerichtsvollzieherstelle für den Amtsnachfolger fortzuführen. Auch dies dient der Ämterkontinuität und setzt zwingend voraus, dass dem Verwalter die Sachherrschaft über die Akten, Bücher und Pfandgegenstände verschafft wird. Eine Verwahrung durch ein Gericht nach Satz 2 kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Stelle des ausgeschiedenen Gerichtsvollziehers nicht neu besetzt und keine Verwaltung eingerichtet werden soll. Aber auch in diesem Fall ist nur die Übertragung der Akten und Bücher möglich. Sind zum Zeitpunkt des Ausscheidens noch Pfandgegenstände oder andere Gegenstände aus der Tätigkeit des Gerichtsvollziehers vorhanden, so muss zwingend eine Abwicklung erfolgen, die nur durch einen anderen Gerichtsvollzieher erfolgen kann, so dass eine Verwahrung durch ein Gericht als Option ausscheidet.

Zu Absatz 2

Zur Verhinderung von Missbrauch sind die Siegel und Stempel des Gerichtsvollziehers, dessen Amt erloschen oder dessen Amtsbereich verlegt worden ist, zu vernichten, und zwar von dem Gericht, dessen Bezirk den Amtsbereich des Gerichtsvollziehers bildete.

Zu Absatz 3

Die Vorschrift stellt durch die Verweisung auf § 51 Abs. 2 und 3 Gerichtsvollziehergesetz-E klar, dass der Gerichtsvollzieher, dem die Verwahrung nach Absatz 1 übertragen worden ist, die begonnenen Amtshandlungen des ausgeschiedenen Gerichtsvollziehers fortführt und auch über Kostenforderungen, die dem ausgeschiedenen Gerichtsvollzieher oder seinem Rechtsnachfolger zustehen, eine Kostenrechnung erstellt. Hierbei tritt er im eigenen Namen und unter Verwendung der eigenen Siegel und Stempel auf. Keiner besonderen Erwähnung bedarf die Amtspflicht, Ausfertigungen und Abschriften zu erteilen sowie Akteneinsicht zu gewähren.

Zu Absatz 4

Absatz 4 regelt die Aufgaben des Gerichts, dem die Verwahrung nach Absatz 1 übertragen worden ist, die sich auf die Erteilung von Ausfertigungen und Abschriften sowie die Gewährung von Akteneinsicht nach den für gerichtliche Urkunden geltenden Vorschriften beschränken. Im Interesse der Rechtsklarheit soll in dem Ausfertigungsvermerk auf das Erlöschen des Amtes oder die Verlegung des Amtsbereichs hingewiesen werden.

Zu Absatz 5

Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass ein Gerichtsvollzieher, der aus dem Amt ausgeschieden oder dessen Amtsbereich verlegt worden ist, erneut zum Gerichtsvollzieher in seinem früheren Amtsbereich bestellt werden kann. Dies kommt insbesondere in dem Fall der vorübergehenden Amtsniederlegung in Betracht. Denkbar ist jedoch auch, dass eine Amtsenthebung in einem gerichtlichen Verfahren aufgehoben wird. Auch eine Rückverlegung des Amtsbereichs ist möglich. In diesem Fall steht es im pflichtgemäßen Ermessen der Landesjustizverwaltung, die Akten und Bücher dem Gerichtsvollzieher wieder auszuhändigen. Dies wird vor allem dann in Betracht kommen, wenn die Verwahrung einem Verwalter oder dem Gericht übertragen worden ist. Ist die Verwahrung dem Amtsnachfolger des Gerichtsvollziehers übertragen worden, wird eine Rückübertragung demgegenüber regelmäßig nicht in Betracht kommen.

Zu Absatz 6

Wird der Amtsbereich des Gerichtsvollziehers auf Grund einer Organisationsentscheidung der Landesjustizverwaltung nach § 8 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E verlegt, verbleiben dem Gerichtsvollzieher seine Amtsbestände einschließlich des Siegels und Stempel.

Zu Absatz 7

Die an die bewährte Regelung des § 51 Abs. 5 BNotO angelehnte Vorschrift regelt die Abgabe von Gerichtsvollzieherakten an das Staatsarchiv und deren Vernichtung, deren nähere Einzelheiten die Landesjustizverwaltung bestimmt, sowie die Zuständigkeit für die Erteilung von Ausfertigungen und Abschriften im Fall der Abgabe an das Staatsarchiv. Die Aufgabe des Staatsarchivs erschöpft sich in der Sicherung und Verwahrung des Schriftgutes. Zuständig für die Erteilung von Ausfertigungen und Abschriften bleibt der Gerichtsvollzieher, sofern er noch im Amt ist. Anderenfalls ist der Gerichtsvollzieher zuständig, dem die Akten vor der Abgabe an das Staatsarchiv nach Absatz 1 übertragen worden waren, oder in allen Fällen, in denen kein Gerichtsvollzieher nach den vorstehenden Ausführungen zuständig ist, hilfsweise das Gericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtsbereich hatte. Der Gerichtsvollzieher erteilt die Ausfertigungen und Abschriften im eigenen Namen und unter seinem Siegel und Stempel. Für die Ausfertigungen und Abschriften durch das Gericht gilt Absatz 4 entsprechend.

Zu § 46 (Weiterführung der Amtsbezeichnung)

Zu Absatz 1

Abweichend von § 52 Abs. 1 und 2 BNotO bedarf ein Gerichtsvollzieher, dessen Amt durch Erreichen der Altersgrenze erloschen ist, nach Satz 1 keiner Genehmigung, um die Bezeichnung Gerichtsvollzieher mit dem Zusatz "außer Dienst" führen zu dürfen. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass in diesen Fällen nach der insoweit übertragbaren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 52 Abs. 2 BNotO die Versagung ein Ausnahmefall bleiben muss, so dass sich die Genehmigung nach vorheriger Prüfung für den Regelfall als bloßer Formalismus darstellt. Dass sich ein Gerichtsvollzieher, der nach Erreichen der Altersgrenze aus dem Amt ausscheidet, in seltenen Einzelfällen als unwürdig erweisen mag, die Bezeichnung "Gerichtsvollzieher a.D." zu führen, rechtfertigt es nicht, die Führung der Bezeichnung generell einem Erlaubnisverfahren zu unterwerfen. Satz 2 stellt klar, dass in allen anderen Fällen der Gerichtsvollzieher mit Erlöschen des Amtes die Bezeichnung "Gerichtsvollzieher" nicht mehr führen darf, und zwar auch nicht mit einem Zusatz, der auf das Erlöschen des Amtes hinweist. Dies folgt daraus, dass die Amtsbezeichnung untrennbar mit der Befugnis verbunden ist, die Aufgaben eines Gerichtsvollziehers wahrzunehmen, die mit dem Erlöschen des Amtes entfällt.

Zu Absatz 2

Ist der Gerichtsvollzieher auf eigenen Wunsch vorzeitig nach § 40 Gerichtsvollziehergesetz-E entlassen oder wegen gesundheitlicher Gründe nach § 42 Abs. 1 Nr. 7 Gerichtsvollzieher-G seines Amtes enthoben worden, kann dem Gerichtsvollzieher die Erlaubnis erteilt werden, die Bezeichnung Gerichtsvollzieher mit dem Zusatz "außer Dienst (a.D.)" zu führen. Eine vorherige Prüfung durch die Aufsichtsbehörde ist in diesem Fall veranlasst, da ein Antrag auf Entlassung nach § 40 Gerichtsvollziehergesetz-E auch zur Vermeidung einer Amtsenthebung nach § 42 Gerichtsvollziehergesetz-E gestellt werden kann und die Amtsenthebung aus gesundheitlichen Gründen Ursachen haben kann, die die Führung der Bezeichnung durch den ausgeschiedenen Gerichtsvollzieher als nicht angemessen erscheinen lassen.

Zu Absatz 3

Die Vorschrift nennt die Gründe für eine Versagung der gesetzlichen Erlaubnis nach Absatz 1 und für die Rücknahme einer nach Absatz 2 erteilten Erlaubnis, die Bezeichnung "Gerichtsvollzieher außer Dienst" zu führen. Eine Rücknahme ist zulässig, wenn Umstände nachträglich bekannt werden oder auch erst nach Erlöschen des Amtes eintreten, die bei einem Gerichtsvollzieher in den abschließend aufgeführten Fällen zu einer Entlassung aus dem Amt geführt hätten. Dies rechtfertigt sich daraus, dass es sich um besonders gewichtige Fälle handeln kann, in denen die Würde des Amtes die Fortführung der Bezeichnung durch den ausgeschiedenen Gerichtsvollzieher selbst dann verbietet, wenn die Verfehlung erst nach Ausscheiden des Gerichtsvollziehers aus dem Amt begangen wurde. Vor Rücknahme der Erlaubnis ist der Gerichtsvollzieher anzuhören.

Zu § 47 (Übernahme von Amtsräumen und Personal)

Zu Absatz 1

Absatz 1 Satz 1 unterstellt in Anlehnung an § 53 Abs. 1 Satz 2 BNotO die Übernahme der frei gewordenen Räumlichkeiten und bestimmter Angestellter eines ausgeschiedenen Gerichtsvollziehers durch einen im selben Amtsbereich ansässigen Gerichtsvollzieher einem Genehmigungsvorbehalt. Damit soll zur Sicherstellung der Kontinuität der Gerichtsvollzieherstellen und damit im Interesse einer geordneten Rechtspflege verhindert werden, dass dem Amtsnachfolger des ausgeschiedenen Gerichtsvollziehers die räumliche und personelle Grundlage für die Ausübung seines Amtes entzogen wird. Daraus ergibt sich zugleich, dass nur die Übernahme des Personals, das für die Fortführung des Amtes von hervorgehobener Bedeutung ist, von dem Genehmigungsvorbehalt erfasst wird. Durch die präventive Kontrolle der Übernahme der Geschäftsräume soll zudem verhindert werden, dass der falsche Eindruck entsteht, dem Gerichtsvollzieher, der die Räume übernimmt, sei die Fortführung des Amtes des ausgeschiedenen Gerichtsvollziehers übertragen worden. Satz 2 stellt klar, dass die Genehmigung nur dann versagt werden kann, wenn dies im Interesse der Rechtspflege geboten ist. Bei einer Übernahme der Geschäftsräume eines ausgeschiedenen Gerichtsvollziehers kann hiervon regelmäßig ausgegangen werden, weil nur so die Kontinuität der frei gewordenen Gerichtsvollzieherstelle gesichert werden kann. Bei der Übernahme von Personal ist demgegenüber zu berücksichtigen, dass bei einer Versagung der Genehmigung auch die Berufsfreiheit der Angestellten eingeschränkt wird. Die Interessen der Angestellten an einem Wechsel des Arbeitsplatzes sind in diesem Fall insbesondere gegen die Interessen des Amtsnachfolgers abzuwägen.

Zu Absatz 2

Absatz 1 Satz 1 stellt kein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB dar, so dass insbesondere Miet- und Arbeitsverträge, die unter Verstoß gegen diese Vorschrift abgeschlossen worden sind, nicht unwirksam sind. Dies stellt Absatz 2 im Interesse der Rechtssicherheit klar.

Zu § 48 (vorläufige Amtsenthebung)

Zu Absatz 1

Absatz 1 führt in Anlehnung an § 54 Abs. 1 BNotO die Gründe abschließend auf, bei deren Vorliegen die Aufsichtsbehörde berechtigt ist, nach pflichtgemäßem Ermessen eine vorläufige Amtsenthebung zu verfügen. Bei der Ausübung des Ermessens ist stets zu berücksichtigen, dass es sich um eine einschneidende Maßnahme handelt, die die nach Artikel 12 GG geschützte Freiheit der Berufswahl des Gerichtsvollziehers einschränkt, so dass die Maßnahme nur zur Abwehr konkreter Gefahren für gewichtige Gemeinschaftsgüter ergriffen werden darf.

Nach Nummer 1 kommt eine vorläufige Amtsenthebung zunächst dann in Betracht, wenn ein Vormundschaftsgericht gemäß § 69 FGG eine Entscheidung mitteilt, um eine erhebliche Gefahr für das Wohl des Betroffenen, für dritte oder für die öffentliche Sicherheit abzuwenden.

Nach Nummer 2 kann der Gerichtsvollzieher vorläufig seines Amtes enthoben werden, wenn die Aufsichtsbehörde die Voraussetzungen für eine endgültige Amtsenthebung nach § 42 Gerichtsvollziehergesetz-E für gegeben hält. Dies setzt voraus, dass auf Grund des zu würdigenden Sachverhalts zwar nicht mit Sicherheit, aber doch mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass das Verfahren mit einer Amtsenthebung enden wird.

Nummer 3 ergänzt schließlich die §§ 13 und 33 Gerichtsvollziehergesetz-E und sanktioniert den Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsausübung und die Anzeigepflicht bei einer längeren Abwesenheit von der Geschäftsstelle durch die Möglichkeit einer vorläufigen Amtsenthebung. Schon aus Verhältnismäßigkeitsgründen kommt diese Maßnahme nur bei gewillkürten Abwesenheiten von der Geschäftsstelle in Betracht. Dies wird durch den Begriff "schuldhaft" zum Ausdruck gebracht.

Zu Absatz 2

Kraft Gesetzes tritt für die Dauer der Untersuchungshaft die Wirkung einer vorläufigen Amtsenthebung ein, wenn gegen einen Gerichtsvollzieher die Untersuchungshaft angeordnet wird. Ausreichend ist die Anordnung der Untersuchungshaft; der Haftbefehl muss nicht vollzogen werden.

Zu Absatz 3

Absatz 3 stellt klar, dass die nach § 101 Gerichtsvollziehergesetz-E zu treffenden Regelungen über die vorläufige Amtsenthebung im Disziplinarverfahren unberührt bleiben.

Zu Absatz 4

Die vorläufige Amtsenthebung führt nicht zum Erlöschen des Amtes und der damit verbundenen Amtsbefugnisse des Gerichtsvollziehers. Absatz 4 bestimmt daher in Anlehnung an § 55 Abs. 2 BNotO, dass der Gerichtsvollzieher die Amtspflicht hat, sich während der Dauer der vorläufigen Amtsenthebung jeder Amtshandlung zu enthalten. Im Interesse der Rechtssicherheit führt ein Verstoß gegen diese Pflicht nach Satz 2 grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit der Amtshandlung; geahndet werden kann ein Verstoß gegen das Amtsausübungsverbot insbesondere durch disziplinarrechtliche Maßnahmen. Dieser Grundsatz gilt nach Satz 3 jedoch in den Fällen nicht, in denen die Aufsichtsbehörde die Gründe für eine Amtsenthebung nach § 42 Abs. 1 Nr. 6, 7 und 8 Gerichtsvollziehergesetz-E für gegeben hält. In diesen Fällen sind Amtshandlungen des Gerichtsvollziehers nach § 2 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E unwirksam. Ist ein Gerichtsvollzieher in Vermögensverfall geraten oder gefährden seine wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Art seiner Wirtschaftsführung die Interessen der Rechtssuchenden, können die Folgen für die Rechtssuchenden so gravierend sein, dass in diesen Fällen der Schutzgedanke gegenüber dem Gedanken der Rechtssicherheit überwiegt. Gleiches gilt für Amtshandlungen, die von einem Gerichtsvollzieher vorgenommen werden, der aus gesundheitlichen Gründen unfähig ist, sein Amt ordnungsgemäß auszuüben. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit beschränkt sich die Folge der Rechtsunwirksamkeit auf die Pflichtaufgaben des Gerichtsvollziehers und erstreckt sich nicht auf die Tätigkeiten nach § 2 Abs. 2 und § 16 Gerichtsvollziehergesetz-E.

Einer gesonderten Regelung über die Verwahrung der Akten und Bücher sowie der Siegel und Stempel entsprechend § 55 Abs. BNotO bedarf es nicht, da die vorläufige Amtsenthebung ein Fall der Verhinderung ist, für den jedem Gerichtsvollzieher ein ständiger Vertreter nach § 37 Gerichtsvollziehergesetz-E bestellt wird. Die Regelungen über die Vertretung und die Aufgaben des Vertreters gelten auch für den Fall der vorläufigen Amtsenthebung.

Zu § 49 (Verwaltung des Gerichtsvollzieheramtes)

Zu Absatz 1

Die an die bewährte Regelung des § 56 Abs. 1 BNotO angelehnte Vorschrift bestimmt, dass im Fall des Erlöschens des Amtes eines Gerichtsvollziehers oder der Verlegung seines Amtsbereichs ein Verwalter zu bestellen ist, der das Amt des Gerichtsvollziehers vorübergehend wahrnimmt. Dadurch soll die Kontinuität der Gerichtsvollzieherstelle sichergestellt werden. Der Verwalter hat die Aufgabe, die Stelle für den Amtsnachfolger des ausgeschiedenen Gerichtsvollziehers wirtschaftlich lebensfähig zu erhalten. Dies setzt voraus, dass nur Personen zum Verwalter bestellt werden, die geeignet sind, die Aufgaben eines Gerichtsvollziehers zu erfüllen. § 34 Abs. 3 Satz 1 Gerichtsvollziehergesetz-E gilt insoweit entsprechend. Die Ausgestaltung als Soll-Vorschrift verdeutlicht, dass es sich bei der Bestellung eines Verwalters um den Regelfall handelt. Hiervon abgesehen werden kann insbesondere dann, wenn eine frei gewordene Gerichtsvollzieherstelle nicht wieder besetzt werden soll.

Zu Absatz 2

Absatz 2 ergänzt § 44 Gerichtsvollziehergesetz-E und stellt klar, dass auch mit der vorübergehenden befristeten Amtsniederlegung das Amt des Gerichtsvollziehers erlischt, so dass die Befugnisse des ständigen Vertreters enden. Es muss daher ein Verwalter bestellt werden, der die Geschäftsstelle des Gerichtsvollziehers bis zu seiner Wiederbestellung fortführt. Die Befristung der Verwaltung auf maximal ein Jahr ergibt sich aus der parallelen Befristung für die vorübergehende Amtsniederlegung.

Zu Absatz 3

Diese Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass mit der vorläufigen Amtsenthebung das Amt des Gerichtsvollziehers nicht erlischt. Der Gerichtsvollzieher darf sein Amt jedoch nicht mehr ausüben, so dass er an der Amtsausübung verhindert und somit ein Fall der Vertretung nach § 34 Gerichtsvollziehergesetz-E eingetreten ist. Die Verwaltung der Stelle eines Gerichtsvollziehers, der vorläufig seines Amtes enthoben ist, kann jedoch einen Aufwand verursachen, der von dem ständigen Vertreter, der für den Regelfall einer eher kurzfristigen Urlaubsabwesenheit oder krankheitsbedingten Abwesenheit bestellt wird, nicht geleistet werden kann. Satz 1 sieht daher vor, dass an Stelle des ständigen Vertreters ein Verwalter bestellt werden kann. Die Entscheidung hierüber steht im pflichtgemäßen Ermessen der Aufsichtsbehörde, wobei auch die Interessen des ständigen Vertreters zu berücksichtigen sind. Im Interesse der Rechtssicherheit dauern die Amtsbefugnisse des Vertreters fort, bis ihm die Bestellung eines Verwalters von der Landesjustizverwaltung mitgeteilt ist.

Zu § 50 (Bestellung und Stellung des Verwalters)

Zu Absatz 1

Die Vorschrift ordnet an, dass der Verwalter allen Vorschriften untersteht, die für den Gerichtsvollzieher gelten, soweit nicht etwas Abweichendes geregelt ist. Er steht damit hinsichtlich seiner Befugnisse und seiner Amtspflichten einem Gerichtsvollzieher weitestgehend gleich. Dies gilt für die auf die Amtsausübung bezogenen Vorschriften ebenso wie für die berufsrechtlichen Regelungen wie beispielsweise die Vorschriften über die gemeinsame Berufsausübung nach § 11 Gerichtsvollziehergesetz-E oder über die Ausübung von Nebentätigkeiten nach § 14 Gerichtsvollziehergesetz-E. Auch die Regelungen über die Bestellung eines ständigen Vertreters sind auf den Verwalter anzuwenden, da die Befugnisse des ständigen Vertreters mit dem Erlöschen des Amtes des Gerichtsvollziehers enden.

Zu Absatz 2

Der Verwalter ist in einem von Amts wegen zu betreibenden Verfahren ohne Notwendigkeit einer vorherigen Ausschreibung durch Aushändigung einer Beleihungsurkunde zu bestellen. Wird in der Urkunde kein fester Anfangstermin für die Verwaltung genannt, entsteht mit Aushändigung der Urkunde der Status als Verwalter. Da die Verwaltung auf Kosten der Gerichtsvollzieherkammer geführt wird, ist vor der Bestellung des Verwalters zwingend die Kammer anzuhören. Dies wird in Satz 1 durch eine ausdrückliche Regelung hervorgehoben. Die Regelung der Vereidigung des Verwalters entspricht nach Satz 2 den Vorschriften über die Vereidigung des Vertreters, so dass insoweit auf die Begründung zu § 34 Abs. 4 Gerichtsvollziehergesetz-E Bezug genommen werden kann.

Zu § 51 (Fortführung der Amtsgeschäfte, Kostenforderungen)

Zu Absatz 1

Da der Verwalter die Aufgabe hat, die Gerichtsvollzieherstelle für den Amtsnachfolger des ausgeschiedenen Gerichtsvollziehers fortzuführen und wirtschaftlich am Leben zu erhalten, ist zwingend erforderlich, dass er zur Sicherung seiner Arbeitsgrundlage die Akten und Bücher des Gerichtsvollziehers sowie die Gegenstände, die der Gerichtsvollzieher wie Pfandgegenstände bei Erfüllung seiner Aufgaben in Besitz genommen hat, übernimmt. Dass der Verwalter hierzu berechtigt und verpflichtet ist, wird in Absatz 1 klargestellt.

Zu Absatz 2

Absatz 2 entspricht der bewährten Regelung des § 58 Abs. 2 BNotO. Da der Verwalter die von dem ausgeschiedenen Gerichtsvollzieher begonnenen Amtshandlungen fortzuführen und zum Abschluss zu bringen hat, was in Satz 1 hervorgehoben wird, ist zwingend eine Regelung über die Verteilung der Kostenforderung für die noch nicht abgeschlossenen Amtshandlungen des ausgeschiedenen Gerichtsvollziehers zu treffen. Ausschließliches Kriterium ist hierfür nach Satz 2 im Interesse der Rechtsklarheit die Fälligkeit der Forderung bei Übernahme der Geschäfte durch den Verwalter. Nur die Kosten, die zu diesem Zeitpunkt bereits fällig waren, stehen noch dem ausgeschiedenen Gerichtsvollzieher zu. Da das Ausscheiden des Gerichtsvollziehers aus dem Amt und die Bestellung des Verwalters kostenmäßig nicht zum Nachteil des Kostenschuldners gereichen darf, sieht Satz 3 vor, dass sich der Verwalter, dem nach Satz 2 eine Kostenforderung zusteht, von dem Kostenschuldner gezahlte Vorschüsse zurechnen lassen muss, sofern die Zahlung vor Übernahme der Geschäfte durch ihn erfolgt ist. Diese Pflicht zur Anrechnung besteht indes nur im Verhältnis zum Kostenschuldner. Gegenüber dem ausgeschiedenen Gerichtsvollzieher hat der Verwalter einen Anspruch auf Auszahlung der geleisteten Vorschüsse.

Zu Absatz 3

Absatz 3 regelt schließlich die Rechnungsstellung und Beitreibung der Kosten, die dem ausgeschiedenen Gerichtsvollzieher zustehen. Als Inhaber der Forderung obliegt es dem Gerichtsvollzieher oder seinem Rechtsnachfolger und nicht dem Verwalter, die Rechnung zu erstellen und die Kosten gegebenenfalls auch beizutreiben. Die Abweichung von dem Regelungsvorbild des § 58 Abs. 3 BNotO trägt dem Umstand Rechnung, dass ein Notar das Privileg hat, nach § 155 KostO eine vollstreckbare Ausfertigung der Kostenberechnung zu erteilen, das jedoch an das öffentliche Amt geknüpft ist, so dass es einem aus dem Amt ausgeschiedenen Notar nicht mehr zusteht. In diesem Fall hat der Verwalter die Rechnung zu erstellen und die Kosten beizutreiben. Der Gerichtsvollzieher hat demgegenüber nach Artikel 5 § 6 das Kostenfestsetzungsverfahren beim Gericht zu betreiben. Es besteht daher kein Anlass von dem Grundsatz abzuweichen, dass es Sache des jeweiligen Forderungsinhabers ist, seine Forderung geltend zu machen und beizutreiben. Um den Gerichtsvollzieher hierzu in die Lage zu setzen, sieht Satz 2 vor, dass der Verwalter dem Gerichtsvollzieher auf dessen Kosten Einsicht in die Bücher und Akten zu gewähren hat.

Zu § 52 (Vergütung und Abrechnung des Verwalters)

Zu Absatz 1

Absatz 1 trägt wie das Regelungsvorbild des § 59 Abs. 1 BNotO dem Umstand Rechnung, dass dem Verwalter die Verwaltung nicht in dessen eigenem Interesse übertragen wird, sondern nur vorübergehend zur Sicherstellung der Kontinuität der Gerichtsvollzieherstelle bis zur Bestellung eines Amtsnachfolgers. Dem Verwalter soll daher nicht das wirtschaftliche Risiko der Verwaltung aufgebürdet werden, da ansonsten die Gefahr besteht, für weniger ertragreiche Gerichtsvollzieherstellen oder für länger andauernde Verwaltungen niemanden zu finden, der bereit ist, die Verwaltung zu übernehmen. Als gesetzlicher Regelfall ist daher die Verwaltung auf Rechnung der Gerichtsvollzieherkammer vorgesehen. Da die Kammer im Innenverhältnis zu dem Verwalter nicht nur das wirtschaftliche Risiko trägt, sondern ihr auch die Kostenforderung zusteht, hat der Verwalter im Gegenzug dazu einen Anspruch gegen die Kammer auf Zahlung einer angemessenen Vergütung. Die Vergütung wird von der Kammer einseitig festgesetzt und hat wegen der mit einer Verwaltung verbundenen größeren Verantwortung das angemessene Entgelt für den Vertreter nach § 36 Gerichtsvollziehergesetz-E zu übersteigen. Sofern keine abweichende Regelung getroffen wird, hat der Verwalter mit der Kammer monatlich über die Kosten der Verwaltung und die erzielten Einnahmen abzurechnen und etwaige Überschüsse auszukehren. Überschüsse, die der Verwalter entgegen seiner Verpflichtung nach Satz 1 und 2 nicht an die Kammer abführt, können nach Satz 3 wie rückständige Beiträge entsprechend § 75 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E beigetrieben werden. Zur Durchsetzung ihrer Forderung hat die Kammer ein Recht auf Einsicht in die Akten und Bücher des Gerichtsvollziehers.

Zu Absatz 2

Die Tätigkeit des Verwalters stellt eine Dienstleistung im Sinne von § 850 Abs. 2 ZPO dar, so dass der Vergütungsanspruch nur nach Maßgabe der §§ 850 ff. ZPO pfändbar ist. Absatz 2 stellt klar, dass die Gerichtsvollzieherkammer ein Aufrechnungs- oder Zurückbehaltungsrecht an dem Vergütungsanspruch nur geltend machen kann, soweit dieser pfändbar ist oder soweit die Kammer gegen den Verwalter einen Schadensersatzanspruch aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung hat.

Zu Absatz 3

Absatz 3 ermöglicht der Gerichtsvollzieherkammer, im Allgemeinen oder auch nur für den Einzelfall Regelungen über die Durchführung der Verwaltung zu treffen, die von dem gesetzlichen Grundmodell abweichen. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Kammer werden dabei im Interesse einer möglichst effektiven Ausgestaltung der Verwaltung nicht eingeschränkt. Insbesondere kann bestimmt werden, dass die Verwaltung zur Gänze auf Rechnung des Verwalters geführt wird, so dass dieser einerseits das wirtschaftliche Risiko trägt und andererseits die Gewinnchancen nutzen kann. Zulässig sind aber auch Regelungen, nach denen die Kammer die Verluste der Verwaltung trägt, während die erzielten Gewinne dem Verwalter belassen werden. Eine solche Vereinbarung kann im Einzelfall sinnvoll sein, um einen Anreiz für die Übernahme einer Verwaltung einer weniger attraktiven Gerichtsvollzieherstelle zu schaffen. Satz 2 stellt klar, dass Absatz 2, der Folge der gesetzlichen Regelung ist, bei einem Abweichen hiervon nicht mehr anwendbar ist.

Zu § 53 (Überschüsse aus Verwaltungen)

Zu Absatz 1

Die Regelung verdeutlicht, dass die Bestimmungen über die Führung der Verwaltung auf Rechnung der Gerichtsvollzieherkammer nicht der Erschließung weiterer Einnahmen der Kammer dienen. Der Überschuss aus allen Verwaltungen, die auf Rechnung der Kammer geführt werden, ist vielmehr in erster Linie zu Gunsten von finanziell hilfsbedürftigen Berufsangehörigen und ihrer Hinterbliebenen einzusetzen. Dabei ist der Gesamtüberschuss aller Verwaltungen unter Abzug der Verluste aus defizitären Verwaltungen während eines von der Kammer festgelegten Abrechnungszeitraumes zu ermitteln.

Zu Absatz 2

Überschüsse, die nach Erfüllung der Fürsorgeaufgaben nach Absatz 1 verbleiben, sind Fürsorgeeinrichtungen der Kammer nach § 67 Abs. 4 Nr. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E zuzuwenden. Nur wenn die Kammer die Überschüsse aus den Verwaltungen weder für finanzielle Unterstützungsleistungen nach Absatz 1 benötigt noch Fürsorgeeinrichtungen bestehen, fließen sie der Kammer zur freien Verwendung für ihre weiteren Aufgaben zu.

Zu § 54 (Dauer der Amtsbefugnis des Verwalters)

Zu Absatz 1

In Anlehnung an § 64 Abs. 1 Satz 1 BNotO bestimmt Satz 1, dass das Amt des Verwalters regulär endet, sobald ein neuer Gerichtsvollzieher nach Ausschreibung der durch das Ausscheiden eines Gerichtsvollziehers frei gewordenen Stelle neu bestellt wird, oder ein Gerichtsvollzieher, der sein Amt nach § 44 Gerichtsvollziehergesetz-E vorübergehend niedergelegt hat, wieder bestellt wird. Gleiches gilt, wenn im Fall der vorläufigen Amtsenthebung von der Möglichkeit des § 49 Abs. 3 Satz 1 Gerichtsvollziehergesetz-E Gebrauch gemacht worden ist und der vorläufig seines Amtes enthobene Gerichtsvollzieher sein Amt wieder übernimmt. Die Beendigung des Amtes tritt mit der Bestellung des Gerichtsvollziehers oder der Amtsübernahme durch den bisherigen Gerichtsvollzieher automatisch ein; einer besonderen Verfügung durch die Landesjustizverwaltung bedarf es nicht. Diese Regelung erklärt sich aus der Funktion der Verwaltung. Der Verwalter hat die Aufgabe, die durch das Ausscheiden oder die vorläufige Amtsenthebung eines Gerichtsvollziehers verwaiste Gerichtsvollzieherstelle fortzuführen, bis die Stelle neu besetzt oder von dem bisherigen Amtsinhaber wieder übernommen wird. Sobald dies der Fall ist, ist für eine Verwaltung der Stelle kein Raum mehr. Da die Beendigung der Verwaltung eo ipso eintritt, der Verwalter hiervon aber nicht notwendig sofort Kenntnis erlangt und daher die Möglichkeit besteht, dass er noch nach Beendigung seines Amtes Amtshandlungen vornimmt, sieht Satz 2 im Interesse der Rechtssicherheit vor, dass die Amtsbefugnisse des Verwalters fortdauern bis ihm die Beendigung des Amtes von der Landesjustizverwaltung mitgeteilt wird. Nach Satz 3 kann das Amt des Verwalters durch Widerruf beendet werden, wenn wichtige Gründe hierfür vorliegen. Widerrufsgründe können zum einen in der Person des Verwalters liegen. Zum anderen können nachträglich Umstände eintreten, die den Bedarf für eine Verwaltung entfallen lassen. Bei dem Widerruf handelt es sich um einen Verwaltungsakt, der dem Verwalter zugehen muss, um wirksam zu werden. Mit dem Zugang der Verfügung enden das Amt des Verwalters und seine Amtsbefugnisse.

Zu Absatz 2

Spiegelbildlich zu § 51 Gerichtsvollziehergesetz-E ordnet Absatz 2 an, dass der neu bestellte Gerichtsvollzieher, dem die Verwahrung nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsvollziehergesetz-E übertragen wird, oder der frühere Amtsinhaber, der sein Amt wieder übernimmt, die von dem Verwalter begonnenen Amtsgeschäfte fortsetzt. Dadurch wird im Interesse einer geordneten Rechtspflege die kontinuierliche Führung der Gerichtsvollzieherstelle gewährleistet. Die Verteilung der Kostenforderungen bestimmt sich wie in § 51 Abs. 2 Satz 2 und 3 Gerichtsvollziehergesetz-E ausschließlich nach der Fälligkeit der Forderung. Nur die Kostenforderungen, die zum Zeitpunkt der Amtsübernahme durch den Gerichtsvollzieher bereits fällig waren, stehen dem Verwalter als Forderungsinhaber zu. Kann danach der Gerichtsvollzieher eine Forderung wegen einer von dem Verwalter begonnenen Amtshandlung geltend machen, muss er sich im Verhältnis zum Kostenschuldner Vorschüsse anrechnen lassen, die vor seiner Amtsübernahme an den Verwalter gezahlt worden sind.

Zu Absatz 3

Absatz 3 trägt dem Umstand Rechnung, dass die Befugnis zur Erstellung der Kostenberechnung an das Verwalteramt geknüpft ist und auch Forderungen, deren Inhaber nach Absatz 2 Satz 2 formal der Verwalter ist, im gesetzlichen Regelfall wirtschaftlich der Gerichtsvollzieherkammer zustehen. Die Beitreibung der Forderungen, die dem Verwalter zustehen, obliegt daher der Gerichtsvollzieherkammer. Satz 3 ermächtigt die Kammer aus Praktikabilitätsgründen, den neu bestellten oder wieder in sein Amt eingesetzten Gerichtsvollzieher, der leichteren Zugriff auf die Akten hat, damit zu beauftragen, die Kostenforderung im eigenen Namen, aber für Rechnung der Kammer einzuziehen. Die Kosten der Beitreibung trägt auch in diesem Fall die Kammer.

Zu § 55 (Amtspflichtverletzung des Verwalters)

Zu Absatz 1

Für Amtspflichtverletzungen des Verwalters haftet zunächst dieser selbst. Dies folgt aus § 50 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E in Verbindung mit § 20 Gerichtsvollziehergesetz-E. Aus der zuletzt genannten Vorschrift ergibt sich zudem, dass der Verwalter auch für die von ihm eingesetzten Nachwuchskräfte und für seinen Vertreter haftet. In allen Fällen, in denen der Verwalter nach diesen Vorschriften für eine Amtspflichtverletzung einzustehen hat, haftet nach Absatz 1 in Anlehnung an § 61 Abs. 1 BNotO dem Geschädigten neben dem Verwalter auch die Gerichtsvollzieherkammer als Gesamtschuldner. Für dieses Gesamtschuldverhältnis gelten die Regeln der §§ 421 bis 426 BGB. Für den Gesamtschuldnerausgleich im Verhältnis zwischen dem Verwalter und der Kammer sieht Satz 1 vor, dass der Verwalter den Schaden allein zu tragen hat. Dies rechtfertigt sich daraus, dass die gesamtschuldnerische Haftung der Kammer ausschließlich im Interesse der Rechtssuchenden und nicht auch im Interesse des Verwalters vorgesehen ist. Eine abweichende Vereinbarung zwischen dem Verwalter und der Kammer soll dadurch jedoch nicht ausgeschlossen werden. Im Übrigen wird durch die Verweisung auf § 20 Abs. 1, 2 und 5 Gerichtsvollziehergesetz-E klar gestellt, dass sich der Anspruch des Geschädigten gegen die Kammer nach denselben Regeln richtet, wie der Anspruch gegen den Verwalter selbst. Insbesondere kann sich die Kammer wie der Verwalter bei Vorliegen der kodifizierten Voraussetzungen darauf berufen, dass anderweitige Ersatzmöglichkeiten bestehen. Das Haftungsrisiko für die Kammer wird nach Satz 4 zudem dadurch beschränkt, dass sich die Haftung der Höhe nach auf den Betrag der Mindestversicherungssummen der nach Absatz 1 abzuschließenden Versicherungen beschränkt. Dies bedeutet sowohl eine Beschränkung der Haftung für den Einzelfall als auch eine Summenhaftungsbeschränkung, auf die sich die Kammer gegenüber einem Geschädigten berufen kann, wenn die Schäden aus allen Haftungsfällen eines Verwalters die in § 21 Abs. 2 Satz 2 bzw. § 67 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 Gerichtsvollziehergesetz-E genannte Mindestversicherungssumme überschreiten.

Zu Absatz 2

Absatz 2 bestimmt wie das Regelungsvorbild des § 61 Abs. 2 BNotO, dass die Gerichtsvollzieherkammer verpflichtet ist, für sich selbst und für den Verwalter eine Haftpflichtversicherung abzuschließen, die den Voraussetzungen einer Versicherung für den Gerichtsvollzieher nach § 21 Gerichtsvollziehergesetz-E und den Voraussetzungen des § 67 Abs. 3 Nr. 3 Satz 2 Gerichtsvollziehergesetz-E entspricht, und zwar auch dann, wenn die Verwaltung auf Grund einer von dem gesetzlichen Grundmodell des § 52 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsvollziehergesetz-E abweichenden Vereinbarung auf eigene Rechnung des Verwalters geführt wird. Dies rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass eine Gerichtsvollzieherstelle immer nur vorübergehend zur Gewährleistung der Kontinuität der Gerichtsvollzieherstelle verwaltet wird und der Verwalter weniger frei agieren kann als ein Gerichtsvollzieher. Der Abschluss einer Haftpflichtversicherung durch den Verwalter wird durch die Verpflichtung der Kammer entbehrlich. Der von der Kammer abgeschlossene Versicherungsvertrag muss vorsehen, dass auch der Verwalter Ansprüche aus dem Vertrag im eigenen Namen geltend machen kann.

Zu Absatz 3

Absatz 3 stellt klar, dass der Staat für Amtspflichtverletzungen des Verwalters ebenso wenig haftet wie für Amtspflichtverletzungen durch den Gerichtsvollzieher selbst.

Zu § 56 (Zuständigkeit für Streitigkeiten mit dem Verwalter)

Entsprechend der bewährten Vorschrift des § 62 BNotO eröffnet die Vorschrift für die genannten vermögensrechtlichen Streitigkeiten den Rechtsweg zur ordentlichen Gerichtsbarkeit ungeachtet des öffentlichrechtlichen Charakters des Rechtsverhältnisses zwischen dem Verwalter und der Gerichtsvollzieherkammer; sachlich zuständig ist unabhängig vom Wert des Streitgegenstandes das Landgericht.

Zu Abschnitt 6 (Verwaltungsverfahren, Personalakten)

Zu § 57 (Ermittlung des Sachverhalts)

Die Vorschrift enthält Bestimmungen über das Verwaltungsverfahren der Landesjustizverwaltung sowie der übrigen Aufsichtsbehörden in Gerichtsvollzieherangelegenheiten. Diese betreffen beispielsweise die Bestellung zum Gerichtsvollzieher, die Erteilung von Genehmigungen, die Bestellung von Vertretern und Verwaltern und die Amtsenthebung, soweit in den einschlägigen Vorschriften keine besonderen Bestimmungen getroffen sind.

Zu Absatz 1

Absatz 1 normiert, dass in Verwaltungsverfahren nach dem Gerichtsvollziehergesetz-E wegen des besonderen öffentlichen Interesses der Untersuchungsgrundsatz gilt. Vergleichbar mit dem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit sowie dem Verwaltungsverfahren der allgemeinen inneren Verwaltung und im Unterschied zu dem vom Verhandlungsgrundsatz beherrschten Zivilprozess hat die Aufsichtsbehörde ohne Bindung an Behauptungen und Beweisanträge der Beteiligten die entscheidungserheblichen Tatsachen in das Verfahren von sich aus einzuführen und die erforderlichen Beweise zu erheben. Die Aufsichtsbehörde kann dabei alle Beweismittel verwenden, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen für erforderlich hält. So kann sie Auskünfte jeder Art einholen, Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen, Urkunden und Akten beiziehen oder den Augenschein einnehmen (vgl. § 26 Abs. 1 VwVfG). Dieselben Beweismittel stehen auch im Rahmen des Freibeweises im gerichtlichen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zur Verfügung.

Zu Absatz 2

Absatz 2 bestimmt, dass die am Verfahren beteiligten Bewerber, Gerichtsvollzieher oder Nachwuchskräfte durch ihr Mitwirken die Ermittlung des Sachverhalts fördern sollen. Eine entsprechende Regelung enthält § 26 Abs. 2 VwVfG. Es handelt sich um eine Obliegenheit der Verfahrensbeteiligten; wird die Mitwirkung verweigert und kann die Aufsichtsbehörde in Folge dessen den Sachverhalt nicht hinreichend klären, wird der Antrag auf Gewährung von Rechtsvorteilen, der das Verfahren der Aufsichtsbehörde ausgelöst hat, abgelehnt. Auf diese Rechtsfolge sind die Betroffenen hinzuweisen.

Unberührt bleiben die Sonderregelungen in § 95 Gerichtsvollziehergesetz-E, die die Prüfung und Überwachung der Amtsführung der Gerichtsvollzieher betreffen. Wegen des erheblichen öffentlichen Interesses an einer effektiven staatlichen Aufsicht über die beliehenen Gerichtsvollzieher sind in diesem Zusammenhang echte Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörden vorgesehen. Diese gehen der Regelung in § 57 Gerichtsvollziehergesetz-E vor.

Zu § 58 (Personenbezogene Informationen)

Die Vorschrift schränkt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (BVerfGE 65, 1 <43>; 80, 367 <373>) der Beteiligten im Interesse einer geordneten Rechtspflege, insbesondere eines funktionsfähigen Gerichtsvollzieherwesens, im erforderlichen Umfang ein. Die Regelung entspricht § 64a BNotO und § 36a BRAO.

Zu Absatz 1

Nach Absatz 1 übermitteln die Gerichte, Behörden und die Gerichtsvollzieherkammer personenbezogene Informationen an die zuständige Aufsichtsbehörde, die diese aus der Sicht der übermittelnden Stelle für die Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt, soweit hierdurch schutzwürdige Interessen des Betroffenen nicht beeinträchtigt werden oder das öffentliche Interesse das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen überwiegt. Einer Einwilligung des Betroffenen bedarf es unter den genannten Voraussetzungen nicht.

Zu Absatz 2

Absatz 2 verpflichtet in besonderer Weise die Finanzbehörden zur Mitteilung relevanter Tatsachen und schränkt insoweit das Steuergeheimnis des § 30 Abgabenordnung ein.

Zu § 59 (Personalakten)

Zu Absatz 1

Anders als die Bundesnotarordnung sieht das Gerichtsvollziehergesetz-E Vorschriften über die Personalakten der Gerichtsvollzieher und der Nachwuchskräfte vor, was den bestehenden datenschutzrechtlichen Anforderungen, dem Personalaktengeheimnis und dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (BVerfGE 65, 1 <43>; 80, 367 <373>) Rechnung trägt. Personalakten werden dabei nur für die Nachwuchskräfte im Justizschulen-/Akademiemodell, welche zum Staat in ein besonderes öffentlichrechtliches Dienstverhältnis eintreten, nicht aber für die Nachwuchskräfte im Fachhochschulmodell geführt.

Zu den Personalakten gehören alle Unterlagen, die den Gerichtsvollzieher oder die Nachwuchskraft materiell betreffen, soweit sie mit seinem Amtsverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen (Personalaktendaten). Entsprechendes gilt für die in Dateien elektronisch gespeicherten Daten.

Die Bestimmungen über die Personalakten gelten für alle über den Gerichtsvollzieher geführten Personalakten. Werden Personalakten auf unterschiedlichen Verwaltungsebenen geführt, sind auf jeder Ebene die einschlägigen Vorschriften zu beachten. Sofern die Gerichtsvollzieherkammer über ihre Mitglieder Personalakten führt, hat auch sie die Vorschriften der §§ 59 ff. Gerichtsvollziehergesetz-E anzuwenden.

Zu Absatz 2

Absatz 2 regelt die Gliederung der Personalakten.

Zu Absatz 3

Absatz 3 beschränkt den Zugang zu den Personalakten auf diejenigen Beschäftigten, die mit Personalangelegenheiten betraut sind.

Zu Absatz 4

Absatz 4 schränkt im Interesse des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung die Erhebung personenbezogener Daten auf das für die Verwaltungsabläufe unbedingt erforderliche Maß ein.

Zu § 60 (Anhörungspflicht)

Die Vorschrift ist § 56b BRRG nachgebildet. Sie betrifft die Pflicht zur Anhörung des Gerichtsvollziehers oder der Nachwuchskraft vor der Aufnahme von Unterlagen in die Personalakte.

Zu § 61 (Einsichtsrecht)

Die Bestimmung ist § 56c BRRG nachgebildet. Sie regelt die Voraussetzungen und den Umfang des Einsichtsrechts in die über Gerichtsvollzieher und Nachwuchskräfte geführten Personalakten.

Zu § 62 (Vorlage an Dritte)

Die Regelung entspricht § 56d BRRG. Sie schränkt die Vorlage der Personalakten an Dritte und die Auskunft aus Personalakten im Interesse des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ein.

Zu § 63 (Entfernung unbegründeter oder ungünstiger Inhalte)

Die Vorschrift ist § 56e BRRG nachgebildet. Geregelt ist, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Zeiträumen bestimmte Unterlagen aus den Personalakten zu entfernen und zu vernichten sind.

Zu § 64 (Automatisierte Verarbeitung von Personalaktendaten)

Die Vorschrift ist § 56f BRRG nachgebildet. Sie stellt sicher, dass auch bei der automatisierten Verarbeitung von Personalaktendaten die Anforderungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung beachtet werden.

Zu Teil 2 (Gerichtsvollzieherkammern und Bundesgerichtsvollzieherkammer)

Zu Abschnitt 1 (Gerichtsvollzieherkammer)

Der zweite Teil regelt das berufsständische Kammersystem, das die unmittelbare staatliche Aufsicht über die beliehenen Gerichtsvollzieher ergänzt. Da das Nebeneinander von unmittelbarer staatlicher Aufsicht und berufsständischer Selbstverwaltung dem gegenwärtigen Rechtszustand bei den Notaren zur hauptamtlichen Berufsausübung und den Anwaltsnotaren entspricht, orientieren sich die Regelungen eng an den bewährten Vorschriften der §§ 65 bis 91 BNotO. Änderungen finden sich nur dort, wo sie durch die unterschiedliche Struktur der Berufsgruppen oder durch den unterschiedlichen Aufgabenzuschnitt geboten sind.

Zu § 65 (Bildung und Sitz der Gerichtsvollzieherkammer)

Zu Absatz 1

Als öffentlichrechtliche Personalkörperschaft definiert sich die Gerichtsvollzieherkammer durch ihre Mitglieder. Mitglieder der Gerichtsvollzieherkammer sind alle beliehenen Gerichtsvollzieher ihres Zuständigkeitsbereichs. Diese Pfli.htm .tgliedschaft rechtfertigt sich aus den Aufgaben der Kammer, bei denen es sich um gemeinsame Angelegenheiten aller Pfli.htm .tglieder handelt, die im legitimen öffentlichen Interesse von einer berufsständischen Körperschaft wahrgenommen werden.

Im Unterschied zu § 65 Abs. 1 Satz 1 BNotO geht der Zuständigkeitsbereich der Gerichtsvollzieherkammer über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus. Angesichts der vergleichsweise geringen Anzahl der Gerichtsvollzieher erscheint die Zusammenfassung aller Gerichtsvollzieher eines Landes geboten, um die Leistungsfähigkeit der Kammern sicherzustellen. Dies gilt insbesondere für die Übergangsphase.

Zu Absatz 2

Die Orientierung des Kammersitzes am Sitz der Landesregierung entspricht der Anknüpfung des Zuständigkeitsbereichs an die Länder.

Zu Absatz 3

Absatz 3 trägt dem Umstand Rechnung, dass der Zuschnitt des Zuständigkeitsbereichs nach Absatz 1 in kleineren Ländern die Leistungsfähigkeit der Kammer möglicherweise nicht ausreichend sichern kann. Deshalb wird die Zusammenfassung der Gerichtsvollzieher mehrerer Länder in einer Kammer ermöglicht. Eine länderübergreifende Kammer ist durch Staatsvertrag der beteiligten Länder zu errichten, der den Sitz der Kammer und die Ausübung der Staatsaufsicht über sie zu regeln hat.

Zu § 66 (Stellung der Gerichtsvollzieherkammer)

Zu Absatz 1

Die Gerichtsvollzieherkammer ist ebenso wie die Rechtsanwalts- oder die Notarkammer eine mitgliedschaftlich organisierte, rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts. Als Selbstverwaltungskörperschaft verwaltet die Gerichtsvollzieherkammer die ihr übertragenen Aufgaben grundsätzlich selbständig. Zum Recht der Selbstverwaltung gehört das Recht, für die Mitglieder verbindliche Rechtssätze zu erlassen. Der wichtigste Rechtssetzungsakt der Gerichtsvollzieherkammer ist die Satzung. Diese regelt die Rechtsverhältnisse der Kammer, ihrer Organe und ihrer Mitglieder.

Zu Absatz 2

Wie jede Körperschaft des öffentlichen Rechts untersteht die Gerichtsvollzieherkammer der Staatsaufsicht, die angesichts der Zugehörigkeit der Gerichtsvollzieher zur Rechtspflege von der Landesjustizverwaltung ausgeübt wird. Da der Gerichtsvollzieherkammer ihre Aufgaben zur Selbstverwaltung übertragen wurden, beschränkt sich die Staatsaufsicht allerdings entsprechend § 66 Abs. 2 BNotO auf eine reine Rechtsaufsicht.

Zu Absatz 3

Die an § 66 Abs. 3 BNotO angelehnte Berichtspflicht dient der Erleichterung der Staatsaufsicht über die Kammer.

Zu Absatz 4

Umgekehrt haben die staatlichen Behörden, denen die Aufsicht über die beliehenen Gerichtsvollzieher obliegt, die Gerichtsvollzieherkammer zu allen für die Belange der Gerichtsvollzieher wesentlichen Angelegenheiten zu hören. Diese Anhörungspflicht ermöglicht einerseits der Kammer die Erfüllung ihrer Selbstverwaltungsaufgaben und setzt die Aufsichtsbehörden andererseits in die Lage, bei ihren Entscheidungen den Sachverstand der Kammer zu nutzen. Die Bestimmung tritt als Auffangvorschrift neben die im Gerichtsvollziehergesetz enthaltenen besonderen Anhörungspflichten (vgl. etwa § 50 Abs. 2).

Zu § 67 (Aufgaben der Gerichtsvollzieherkammer)

Zu Absatz 1

Die Gerichtsvollzieherkammer wird wie die Notarkammer nach § 67 Abs. 1 BNotO als Standesaufsicht und als Standesvertretung der beliehenen Gerichtsvollzieher tätig. Im Rahmen der Standesaufsicht wird sie gegenüber ihren Mitgliedern hoheitlich tätig. Dabei obliegt ihr zum einen die Konkretisierung der berufsrechtlichen Pflichten ihrer Mitglieder (Absatz 2) und zum anderen die Überwachung der Einhaltung dieser Pflichten mittels des Auskunftsrechts (§ 76 Gerichtsvollziehergesetz-E), der Ermahnung (§ 77 Gerichtsvollziehergesetz-E) und durch die Unterstützung der Aufsichtsbehörden. Als Standesvertretung obliegt der Gerichtsvollzieherkammer die Wahrnehmung aller öffentlichrechtlichen und privatrechtlichen Standesinteressen.

Zu Absatz 2

Absatz 2 enthält eine der zentralen Aufgaben der Gerichtsvollzieherkammer im Bereich der Standesaufsicht. Der Kammer obliegt es danach, die berufsrechtlichen Pflichten ihrer Mitglieder durch Richtlinien zu konkretisieren. Die möglichen Regelungsgegenstände der Richtlinien sind im Gesetz abschließend aufgezählt. Sie entsprechen im Wesentlichen dem Katalog des § 67 Abs. 2 BNotO. Die Richtlinien werden durch Satzung erlassen. Satz 2 verweist dabei ausdrücklich auf die Zuständigkeit der Kammerversammlung und das Erfordernis einer Genehmigung der Landesjustizverwaltung. Da der Erlass der Richtlinien zur Selbstverwaltungstätigkeit der Kammer gehört, darf die Genehmigung aber nur aus Rechtsgründen versagt werden.

Besonders aufgeführt ist die Befugnis zum Erlass von Richtlinien über die praktische Ausbildung der Nachwuchskräfte. Dabei ist zu beachten, dass die Regelungsbefugnis der Kammer angesichts des Vorrangs von Gesetz und Verordnung durch den Inhalt der Verordnung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Gerichtsvollziehergesetz-E begrenzt ist. Ausdrücklich genannt ist auch die Befugnis zur Regelung der Erstattung der im Akademiemodell den Nachwuchskräften von der Gerichtsvollzieherkammer zu zahlenden Ausbildungsvergütung durch das Mitglied, das von der Tätigkeit der Nachwuchskraft profitiert.

Zu Absatz 3

Absatz 3 weist der Gerichtsvollzieherkammer über die Konkretisierung der berufsrechtlichen Pflichten hinaus weitere Pflichtaufgaben zu. Dazu gehören zunächst die Aufgaben im Zusammenhang mit der Ausbildung der Nachwuchskräfte im Akademiemodell (Nummer 1), insbesondere die Regelung der Vergütung und Versorgung der Nachwuchskräfte sowie die Bereitstellung der für die Ausbildung erforderlichen Mittel. Nummer 2 verpflichtet die Kammer darüber hinaus zur Bereitstellung von Mitteln für die berufliche Fortbildung der Gerichtsvollzieher und ihrer Hilfskräfte und sonstige gemeinsame Lasten des Berufsstandes. Dies umfasst nicht die Belastungen, die den einzelnen beliehenen Gerichtsvollzieher als solchen treffen, beispielsweise den Aufwand für die Absicherung gegen Krankheit, Unfall und Alter.

Nummer 4 verpflichtet die Gerichtsvollzieherkammer, nach dem Vorbild von § 67 Abs. 3 Nr. 3 BNotO eine Vertrauensschadensversicherung abzuschließen, die die individuellen Haftpflichtversicherungen der einzelnen Mitglieder für den Fall der vorsätzlichen Schädigung oder des Überschreitens der Deckungssumme ergänzt. Die Mindestversicherungssummen sind im Hinblick auf die unterschiedlichen Tätigkeitsstrukturen von Anwälten und Notaren wie schon im Bereich der individuellen Haftpflichtversicherung nach § 21 Gerichtsvollziehergesetz-E nicht § 67 Abs. 3 Nr. 3 BNotO entnommen. Sie entsprechen aber dem Verhältnis der Mindestversicherungssummen von individueller Haftpflichtversicherung und Vertrauensschadensversicherung nach der Bundesnotarordnung.

Nummer 4 stellt im Hinblick auf § 52 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsvollziehergesetz-E klar, dass der Kammer die wirtschaftliche Verwaltung der Gerichtsvollzieherstellen obliegt, die nach §§ 49 ff. Gerichtsvollziehergesetz-E verwaltet werden. Nummer 5 enthält entsprechend § 67 Abs. 5 BNotO, § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 BRAO eine Verpflichtung zur Erstattung von Gutachten.

Die Nummern 6 und 7 weisen der Kammer Aufgaben im Zusammenhang mit der Vermittlung zwischen Auftraggeber und Gerichtsvollzieher zu. Da künftig kein bestimmter Gerichtsvollzieher mehr zuständig ist, kann die Vermittlung nicht mehr durch die Gerichtsvollzieherverteilerstelle beim Amtsgericht erfolgen. Statt dessen muss der Auftraggeber eine Auswahlentscheidung unter den Gerichtsvollziehern eines Amtsbereichs treffen. Um sicherzustellen, dass der Auftraggeber bei seiner Auswahlentscheidung alle in Betracht kommenden Gerichtsvollzieher berücksichtigen kann, soll die Kammer ein Verzeichnis ihrer Mitglieder unter Angabe ihres Amtsbereichs veröffentlichen. Außerdem obliegt der Kammer die Organisation eines Bereitschaftsdienstes um sicherzustellen, dass sich der Auftraggeber auch in Eilfällen außerhalb der üblichen Geschäftszeiten an einen Gerichtsvollzieher wenden kann.

Zu Absatz 4

Absatz 4 enthält schließlich die freiwilligen Aufgaben der Gerichtsvollzieherkammer. Nummer 1 nennt zunächst die Unterhaltung von Fürsorgeeinrichtungen. Dies umfasst nicht Versorgungseinrichtungen, die den Mitgliedern rechtlich gesicherte Leistungsansprüche verschaffen, sondern nur Einrichtungen zur Erbringung freiwilliger Leistungen an bedürftige Mitglieder und deren Hinterbliebene. Nummer 2 ermöglicht die Einrichtung eines Vertrauensschadensfonds nach dem Vorbild des Vertrauensschadensfonds der Notarkammern zur Erbringung freiwilliger Leistungen in Ergänzung zu der Vertrauensschadensversicherung nach Absatz 3 Nr. 3. Nummer 3 enthält schließlich nach dem Vorbild des § 67 Abs. 6 BNotO eine Generalklausel zur Wahrnehmung weiterer Aufgaben, die dem Zweck ihrer Errichtung entsprechen. Dazu gehört beispielsweise die Förderung der fachlichen Zusammenarbeit der Kammern untereinander oder die Kontaktpflege zu ausländischen regionalen Gerichtsvollzieherorgansiationen.

Zu § 68 (Organe der Gerichtsvollzieherkammer)

Als juristische Person wird die Gerichtsvollzieherkammer durch ihre Organe tätig. Entsprechend § 68 BNotO bzw. §§ 63, 85 BRAO sind ein Vorstand und eine Kammerversammlung vorgesehen.

Zu § 69 (Aufgaben und Zusammensetzung des Vorstands)

Zu Absatz 1

Der Vorstand nimmt grundsätzlich alle Befugnisse der Gerichtsvollzieherkammer wahr, soweit hierfür nach dem Gesetz oder nach der Satzung (§ 74 Gerichtsvollziehergesetz-E) nicht die Kammerversammlung oder der Präsident zuständig sind. Selbst wenn an sich die Kammerversammlung zuständig ist, kann der Vorstand in Eilfällen über eine Angelegenheit beschließen. Ein Eilfall liegt vor, wenn mit der Entscheidung nicht bis zu einer Kammerversammlung gewartet werden kann, weil mit einem solchen Zuwarten Nachteile für die Kammer, ihre Mitglieder oder Dritte verbunden wären. Ob tatsächlich eine Eilbedürftigkeit vorlag, ist für die Wirksamkeit des Vorstandsbeschlusses ohne Bedeutung.

Zu Absatz 2

Der Vorstand besteht aus dem Präsidenten, seinem Stellvertreter und einfachen Mitgliedern, deren Zahl gesetzlich nicht festgelegt ist. Die Satzung kann außer dem Präsidenten und einem Stellvertreter weitere Stellvertreter oder weitere Ämter im Vorstand vorsehen, beispielsweise einen Schatzmeister oder einen Schriftführer. Die Vorstandsmitglieder werden entsprechend § 69 Abs. 2 Satz 2 BNotO von der Kammerversammlung gewählt. Die Wahlperiode beträgt in Abweichung von der Bundesnotarordnung fünf Jahre. Damit wird der allgemeinen Entwicklung zu einer Verlängerung der Amtszeiten (vgl. § 95 Abs. 4 BRAO) Rechnung getragen.

Zu Absatz 3

Im Gegensatz zur Bundesnotarordnung bestimmt das Gesetz für die Vorstandsmitglieder der Gerichtsvollzieherkammer ausdrücklich, dass sie ehrenamtlich tätig sind. Für den Ersatz von Aufwendungen gelten wie im Bereich der Notarkammern die Rechtsgrundsätze des Auftrags entsprechend.

Zu Absatz 4

Absatz 4 stellt klar, dass sich der Vorstand eine Geschäftsordnung gibt und er eine Geschäftsstelle unterhalten kann. Je nach Größe der Gerichtsvollzieherkammer wird die Geschäftsstelle mit Personal- und Sachmitteln auszustatten sein; bei großen Kammern wird auch die Anstellung eines hauptamtlichen Geschäftsführers in Betracht kommen.

Zu § 70 (Verschwiegenheitspflicht des Vorstandes)

Die Mitglieder des Vorstands der Gerichtsvollzieherkammern sowie die Angestellten der Kammern und der verbundenen Einrichtungen sind nach dem Vorbild des § 76 BRAO bzw. des § 69a BNotO zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Zu § 71 (Bildung von Abteilungen)

Nach dem Vorbild des § 77 BRAO bzw. des § 69b BNotO kann die Satzung eine Untergliederung des Vorstands in mehrere Abteilungen vorsehen, um die Erledigung der Vorstandsaufgaben zu erleichtern und die Belastung der einzelnen, ehrenamtlich tätigen Vorstandsmitglieder zu verringern.

Zu § 72 (Stellung und Aufgaben des Präsidenten)

Unter den Vorstandsmitgliedern wird der Präsident besonders hervorgehoben. Im Unterschied zum Präsidenten der Rechtsanwaltskammer (vgl. § 80 BRAO) ist er ebenso wie der Präsident der Notarkammer kein eigenständiges Organ. Die Übertragung besonderer Aufgaben unmittelbar durch das Gesetz nähert seine Stellung der eines Organs aber weitgehend an.

Der Präsident vertritt die Kammer gemäß Absatz 1 nach außen. Die nach außen gerichtete, unbeschränkbare Vertretungsmacht ist von den Handlungsbefugnissen des Präsidenten im Innenverhältnis zu den anderen Organen der Kammer zu trennen. Dem Präsidenten obliegt die Ausführung der Beschlüsse des Vorstands und der Kammerversammlung. Die Beschlussfassung ist nur dort Sache des Präsidenten, wo er durch Gesetz oder Satzung ausdrücklich dazu ermächtigt ist.

Absatz 2 und 3 nennen die wichtigsten Sonderbefugnisse, die dem Präsidenten als Mitglied des Vorstands zustehen. Absatz 4 stellt klar, dass ihm durch die Satzung weitere Aufgaben übertragen werden können.

Zu § 73 (Einberufung und Aufgaben der Kammerversammlung)

Das Recht zur Einberufung der Kammerversammlung obliegt nach Absatz 1 dem Präsidenten. Zwingend vorgeschrieben ist die Einberufung der Kammerversammlung nach Absatz 2 auf schriftliches Verlangen eines Quorums von 10 Prozent der Mitglieder, mindestens aber einmal jährlich. Im Übrigen liegt die Einberufung der Kammerversammlung im pflichtgemäßen Ermessen des Präsidenten. Absatz 3 regelt Form und Frist der Einberufung in Anlehnung an § 71 Abs. 3 BNotO.

Absatz 4 nennt die Aufgaben der Kammerversammlung. Die Bestimmung ist nicht abschließend. Durch Satzung (§ 74 Gerichtsvollziehergesetz-E) können der Versammlung weitere Aufgaben zugewiesen werden. Sofern die Satzung keine Regelungen über die Zuweisung gesetzlich nicht geregelter Aufgaben an die Organe enthält ist grundsätzlich nicht der Vorstand, sondern die Kammerversammlung als oberstes Organ der Kammer zuständig. Angesichts des mit der Einberufung und Durchführung der Kammerversammlung verbundenen Aufwands werden allerdings nur wenige Aufgaben zwingend der Kammer zugewiesen. Der nach dem Vorbild des § 71 Abs. 4 BNotO gefasste Katalog nennt hier im Wesentlichen den Beschluss über Satzungen und Richtlinien, die Regelung der Beiträge und die Bewilligung der Mittel zur Erledigung der Kammeraufgaben sowie die Überwachung des Vorstands durch die Prüfung seiner Abrechnungen und durch seine Entlastung.

Zu § 74 (Satzung der Gerichtsvollzieherkammer)

Die gesetzliche Ausgestaltung der Organe der Kammer und ihrer Zuständigkeiten beschränkt sich auf die notwendigen Rahmenbedingungen. Darüber hinaus kann die Kammer ihre Binnenorganisation durch autonomes Satzungsrecht gestalten. Dabei ist sie allerdings nach dem Wesen der Satzung auf die Regelung der Beziehungen zwischen der Kammer und ihren Mitgliedern bzw. zwischen den Kammerorganen beschränkt. Grenzen für die Satzungsautonomie ergeben sich aus dem generellen Vorrang von Gesetzen und Verordnungen, aus der Zuständigkeit der Kammer sowie aus dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip.

Zu § 75 (Beiträge an die Gerichtsvollzieherkammer)

Als Personalkörperschaft finanziert sich die Gerichtsvollzieherkammer nach Absatz 1 durch die Beiträge ihrer Mitglieder. Bei der Beitragserhebung sind das Kostendeckungsprinzip, der Gleichbehandlungsgrundsatz und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Innerhalb dieser Vorgaben kann die Kammer die Beiträge aber frei gestalten, insbesondere sind eine Staffelung nach Einkommen und Umsatz, eine Sonderbelastung besonders leistungsfähiger Mitglieder, soziale Rücksichtnahmen oder die Erhebung von Zuschlägen zur Deckung besonderer Aufwendungen möglich.

Durch die Beiträge ist der gesamte Finanzbedarf zu decken, welcher der Kammer durch die Erfüllung ihrer gesetzlichen und satzungsgemäßen Aufgaben entsteht. Neben dem Aufwand für die Verwaltungstätigkeit zählen hierzu insbesondere die Aufwendungen für die Verwaltung von Gerichtsvollzieherstellen (§ 67 Abs. 3 Nr. 4 Gerichtsvollziehergesetz-E), die Prämien für Vertrauensschadensversicherungen (§ 67 Abs. 3 Nr. 3 Gerichtsvollziehergesetz-E) sowie - in den Ländern, die eine Gerichtsvollzieherausbildung nach dem Akademiemodell vorsehen, - der Aufwand für die Nachwuchsausbildung, insbesondere für die Ausbildungsvergütung der Nachwuchskräfte (§ 67 Abs. 3 Nr. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E). Bei der Prognose des jährlichen Gesamtbedarfs eines beliehenen Gerichtsvollziehers wurden im Rahmen einer allgemeinen Kostenpauschale 5 000 Euro zur Finanzierung einer Krankentagegeldversicherung aber auch zur Finanzierung der Gerichtsvollzieherausbildung und anderer Kammeraufgaben durch den Kammerbeitrag angesetzt.

Absatz 2 sieht in Anlehnung an § 73 Abs. 2 BNotO bzw. § 84 BRAO besondere Regelungen für die Beitreibung rückständiger Beiträge vor. Als öffentlichrechtlicher Körperschaft wird der Gerichtsvollzieherkammer das Privileg der Selbsttitulierung zu Teil. Die Vollstreckung richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften der Vollstreckung privatrechtlicher Forderungen. Die vollstreckbare Zahlungsaufforderung der Gerichtsvollzieherkammer stellt einen Verwaltungsakt dar, der gemäß § 107 Gerichtsvollziehergesetz-E nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung angefochten werden kann.

Zu § 76 (Befugnisse der Gerichtsvollzieherkammer)

Da die Gerichtsvollzieherkammer bei der Aufsicht über die beliehenen Gerichtsvollzieher mitwirkt, bedarf sie entsprechend der Regelung des § 95 Gerichtsvollziehergesetz-E eigener Aufklärungsbefugnisse. § 76 Gerichtsvollziehergesetz-E orientiert sich dabei an § 74 BNotO, der der Notarkammer Befugnisse zur zwangsweisen Durchsetzung einräumt. Die entsprechenden Maßnahmen der Kammer können gemäß § 107 Gerichtsvollziehergesetz-E nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung angefochten werden.

Zu § 77 (Ermahnung)

Erlangt die Gerichtsvollzieherkammer auf Grund ihrer Aufklärungsbefugnisse nach § 76 Gerichtsvollziehergesetz-E oder in anderer Weise Kenntnis von berufsrechtlichen Verfehlungen eines Gerichtsvollziehers, kann sie ihn bei ordnungswidrigem Verhalten, das zu disziplinarischen Maßnahmen noch keinen Anlass gibt, belehren. Hat der Gerichtsvollzieher eine Amtspflicht verletzt, kann sie die Aufsichtsbehörden zum Einschreiten veranlassen. Liegt dagegen nur ein ordnungswidriges Verhalten leichterer Art vor, kann die Kammer die Verfehlung durch eine Ermahnung selbst entsprechend § 75 BNotO sanktionieren. Die Ermahnung ist wie die Missbilligung der Aufsichtsbehörde nach § 96 Gerichtsvollziehergesetz-E keine Disziplinarmaßnahme; sie steht aber über der Belehrung bzw. Beanstandung, die nur den Charakter einer objektiven Feststellung hat.

Die Absätze 2 und 3 regeln das Verfahren der Ermahnung in Anlehnung an die entsprechenden Bestimmungen der Bundesnotarordnung. Nach dem dortigen Vorbild kann der Betroffene gegen die Ermahnung bei der Kammer Einspruch einlegen (Absatz 4). Weist die Kammer den Einspruch zurück, eröffnet Absatz 5 gerichtlichen Rechtsschutz. Im Gegensatz zu § 75 Abs. 5 BNotO wird dieser allerdings nicht durch die ordentlichen Gerichte, sondern durch das Disziplinargericht gewährt, das gemäß § 101 Gerichtsvollziehergesetz-E der Bestimmung durch den Landesgesetzgeber unterliegt. Absatz 6 stellt entsprechend § 75 Abs. 6 BNotO klar, dass die Ermahnung durch die Kammer das Recht der Aufsichtsbehörden zum Ausspruch einer Mißbilligung (§ 96 Gerichtsvollziehergesetz-E) oder zu Maßnahmen im Disziplinarweg (§ 99 Gerichtsvollziehergesetz-E) unberührt lässt.

Zu Abschnitt 2 (Bundesgerichtsvollzieherkammer)

Nach dem Vorbild des Selbstverwaltungsrechts der Anwälte und Notare wird eine Bundesgerichtsvollzieherkammer als Dachorganisation der Gerichtsvollzieherkammern der Länder geschaffen.

Zu § 78 (Zusammenschluss und Sitz der Bundesgerichtsvollzieherkammer)

Entsprechend § 76 Abs. 1 BNotO, § 175 Abs. 1 BRAO bestimmt Absatz 1, dass die Personalkörperschaften der Gerichtsvollzieherkammern in der Verbandskörperschaft der Bundesgerichtsvollzieherkammer zusammengeschlossen werden. Die einzelnen Gerichtsvollzieherkammern sind also kraft Gesetzes korporative Mitglieder der Bundesgerichtsvollzieherkammer. Zwischen dieser und den einzelnen Gerichtsvollziehern besteht kein unmittelbares Mitgliedschaftsverhältnis. Die Bundesgerichtsvollzieherkammer kann ihren Sitz durch Satzung selbst bestimmen.

Zu § 79 (Stellung der Bundesgerichtsvollzieherkammer)

Wie die Gerichtsvollzieherkammern ist die Bundesgerichtsvollzieherkammer nach Absatz 1 eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und hat als solche eine eigene Rechtspersönlichkeit. Als Teil der mittelbaren Staatsverwaltung erfüllt sie öffentliche Aufgaben mit hoheitlichen Mitteln. Dabei unterliegt sie als Organisation auf Bundesebene gemäß Absatz 2 der Staatsaufsicht des Bundesministers der Justiz, die entsprechend der Regelung auf der Ebene der Gerichtsvollzieherkammern als reine Rechtsaufsicht ausgestaltet ist. Als Ausfluss der Staatsaufsicht bestimmt Absatz 3 parallel zu § 66 Abs. 1 Satz 2 und 3 Gerichtsvollziehergesetz-E, dass die von der Vertreterversammlung der Bundesgerichtsvollzieherkammer zu beschließende Satzung der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf. Ebenso wie in der Parallelvorschrift des § 77 Abs. 3 BNotO ist die Verkündung der Satzung nicht ausdrücklich geregelt, das Verkündungserfordernis ergibt sich aber aus allgemeinen Regeln. Da die Bestimmung des Verkündungsblatts entgegen § 66 Abs. 1 Satz 3 Gerichtsvollziehergesetz-E nicht der Aufsichtsbehörde zugewiesen ist, kann sie durch die Satzung erfolgen (§ 91 Gerichtsvollziehergesetz-E).

Zu § 80 (Aufgaben der Bundesgerichtsvollzieherkammer)

Die Aufgaben der Bundesgerichtsvollzieherkammer folgen aus ihrem Zweck. Zweck der Errichtung der Bundesgerichtsvollzieherkammer ist die berufsständische Vertretung der beliehenen Gerichtsvollzieher auf Bundesebene, die Repräsentation der Gesamtheit der beliehenen Gerichtsvollzieher im Bund, die Förderung der fachlichen Zusammenarbeit der Gerichtsvollzieher untereinander und mit den Bundesbehörden in Fragen des Berufsrechts der Gerichtsvollzieher und der Rechtsgebiete, die die Gerichtsvollziehertätigkeit berühren.

Absatz 1 Satz 2 zählt in einem nicht abschließenden Katalog diejenigen Aufgaben auf, die die Bundesgerichtsvollzieherkammer erfüllen muss. Nach Satz 1 kann sie zu weiteren Aufgaben durch formelles Gesetz verpflichtet werden. Der Aufgabenkatalog in Absatz 1 Satz 2 entspricht demjenigen der Bundesnotarkammer nach § 78 Abs. 1 Satz 2 BNotO.

Absatz 2 stellt nach dem Vorbild des § 78 Abs. 2 BNotO klar, dass die Bundesgerichtsvollzieherkammer im Rahmen des mit dem korporativen Zusammenschluss der Gerichtsvollzieherkammern verfolgten Zwecks auch über die in Absatz 1 Satz 2 genannten Aufgaben hinaus tätig werden kann.

Zu § 81 (Organe der Bundesgerichtsvollzieherkammer)

Die Bundesgerichtsvollzieherkammer hat ebenso wie die Gerichtsvollzieherkammer nur zwei Organe. Dem Vorstand der Gerichtsvollzieherkammer entspricht dabei das Präsidium. Die Vertreterversammlung ist die Mitgliederversammlung der Bundesgerichtsvollzieherkammer.

Zu § 82 (Präsidium)

In Anlehnung an § 80 BNotO regelt Absatz 1 die Zusammensetzung des Präsidiums. Die Zahl der weiteren Mitglieder ist hier im Gegensatz zum Vorstand der Gerichtsvollzieherkammer (§ 69 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E) begrenzt. Das Präsidium wird aus der Mitte der Vertreterversammlung gewählt. Amtszeit, Geschäftsordnung und Unterhaltung einer Geschäftsstelle sind entsprechend den Bestimmungen über den Vorstand der Gerichtsvollzieherkammer geregelt (§ 69 Gerichtsvollziehergesetz-E).

Zu § 83 (Verschwiegenheitspflicht)

Die Mitglieder des Präsidiums und die Angestellten der Bundesgerichtsvollzieherkammer sind entsprechend den Mitgliedern des Vorstands und den Angestellten der Gerichtsvollzieherkammer (§ 70 Gerichtsvollziehergesetz-E) zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Zu § 84 (Aufgaben des Präsidenten und des Präsidiums)

Ebenso wie der Präsident der Gerichtsvollzieherkammer (§ 72 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E) vertritt der Präsident der Bundesgerichtsvollzieherkammer diese nach außen. Entsprechend der Regelung für den Vorstand der Gerichtsvollzieherkammer (§ 72 Abs. 3 Gerichtsvollziehergesetz-E) führt er in den Sitzungen des Präsidiums den Vorsitz. Absatz 3 verpflichtet das Präsidium entsprechend § 66 Abs. 3 Gerichtsvollziehergesetz-E, der Aufsichtsbehörde einen jährlichen Bericht vorzulegen.

Zu § 85 (Beschlüsse der Bundesgerichtsvollzieherkammer)

Absatz 1 stellt klar, dass die Beschlüsse der Bundesgerichtsvollzieherkammer durch die Vertreterversammlung als oberstes Organ gefasst werden, sofern Gesetz oder Satzung die Willensbildung nicht dem Präsidium übertragen. Eine solche Übertragung enthält Absatz 2. Danach obliegt die Erstattung von Gutachten nach § 80 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Gerichtsvollziehergesetz-E dem Präsidium zur selbständigen Erledigung, da eine Beschlussfassung durch die Vertreterversammlung zu unerwünschten Verzögerungen führen könnte. Die Vertreterversammlung ist aber grundsätzlich anzuhören.

Zu § 86 (Vertreterversammlung)

Da Mitglieder der Bundesgerichtsvollzieherkammer die einzelnen Gerichtsvollzieherkammern sind, setzt sich die Vertreterversammlung nach Absatz 1 aus deren Vertretern zusammen. Jede Gerichtsvollzieherkammer hat nur einen Vertreter. Dazu kann sie ihren Präsidenten oder jedes andere Mitglied bestimmen. Ausnahmsweise ermöglicht Absatz 2 die Zulassung weiterer Gerichtsvollzieher zur Vertreterversammlung in beratender Funktion.

Zu § 87 (Einberufung und Beschlussfassung der Vertreterversammlung)

Die Regelungen über die Einberufung und die Beschlussfassung der Vertreterversammlung der Bundesgerichtsvollzieherkammer sind den Parallelvorschriften für die Einberufung der Kammerversammlung der Gerichtsvollzieherkammer (§ 73 Abs. 1 bis 3 Gerichtsvollziehergesetz-E) nachgebildet. Die Regelung von Form und Frist der Einberufung bleibt allerdings der Satzung überlassen; in dringenden Fällen ist die Einhaltung einer Frist entbehrlich. Die Abweichung von § 73 Gerichtsvollziehergesetz-E rechtfertigt sich durch die grundsätzlich geringere Zahl von Teilnahmeberechtigten. Vor diesem Hintergrund lässt Absatz 3 entsprechend § 85 Abs. 3 BNotO auch eine schriftliche Beschlussfassung zu.

Zu § 88 (Beschlüsse der Vertreterversammlung)

Das Stimmgewicht der Mitglieder der Vertreterversammlung richtet sich nicht nach der Größe der von ihnen vertreten Gerichtsvollzieherkammern, sondern nach Köpfen. Sofern die Satzung nichts anderes regelt, sind Beschlüsse grundsätzlich mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu fassen. Dies gilt auch für Beschlüsse über Satzungen. Die Regelung für den Fall der Stimmengleichheit entspricht § 86 Abs. 3 Satz 2 BNotO.

Zu § 89 (Berichterstattung des Präsidiums)

Die Verpflichtung des Präsidiums, der Vertreterversammlung über alle wichtigen Angelegenheiten zu berichten, ermöglicht dieser die Überwachung der Geschäftsführung des Präsidiums.

Zu § 90 (Ehrenamtliche Tätigkeit der Organe)

Entsprechend der Regelung in § 88 BNotO für die Bundesnotarkammer und in § 69 Abs. 3 Gerichtsvollziehergesetz-E für den Vorstand der Gerichtsvollzieherkammer sind die Mitglieder des Präsidiums und der Vertreterversammlung der Bundesgerichtsvollzieherkammer ehrenamtlich tätig.

Zu § 91 (Satzung)

Entsprechend § 74 Gerichtsvollziehergesetz-E kann die Bundesgerichtsvollzieherkammer ihre Binnenorganisation durch autonomes Satzungsrecht gestalten.

Zu § 92 (Einforderung von Berichten und Gutachten)

In Anlehnung an § 90 BNotO kann die Bundesgerichtsvollzieherkammer die Gerichtsvollzieherkammern zur Vorlage von Berichte und Gutachten verpflichten. Zu Weisungen gegenüber den Gerichtsvollzieherkammern ist die Bundesgerichtsvollzieherkammer aber nicht befugt.

Zu § 93 (Beiträge an die Bundesgerichtsvollzieherkammer)

Die Regelung stellt entsprechend § 91 BNotO klar, dass die Bundesgerichtsvollzieherkammer zur Deckung ihres persönlichen und sachlichen Bedarfs Beiträge von den Gerichtsvollzieherkammern erhebt. Wie jede öffentlichrechtliche Körperschaft kann die Bundesgerichtsvollzieherkammer dabei nur Beiträge zur Deckung des Aufwands erheben, der durch die Erfüllung ihrer gesetzlichen und satzungsmäßigen Aufgaben entsteht. Über die Höhe der Beiträge entscheidet die Vertreterversammlung.

Zu Teil 3 (Rechtsaufsicht, Disziplinarverfahren)

Die Vorschriften des Dritten Teils regeln Zuständigkeit, Aufgaben und Befugnisse der Aufsichtsbehörden und enthalten grundsätzliche Bestimmungen zum Disziplinarverfahren gegen Gerichtsvollzieher. Sie lehnen sich an die bewährten Regelungen der Bundesnotarordnung an, soweit die besonderen Verhältnisse der Gerichtsvollzieher nicht abweichende Bestimmungen erfordern.

Zu Abschnitt 1 (Rechtsaufsicht)

Zu § 94 (Aufsichtsbehörden)

Zu Absatz 1

Die Regelung entspricht § 92 BNotO. Nachwuchskräfte im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E (z.B. Fachhochschulstudenten) unterliegen der Dienstaufsicht nur während ihrer praktischen Ausbildungsphasen.

Zu Absatz 2

Absatz 2 ermöglicht es den Landesregierungen, andere oder weitere Aufsichtsbehörden unterhalb der Ebene der Land- oder Amtsgerichtspräsidenten zu bestimmen, beispielsweise den aufsichtsführenden Richter am Amtsgericht für diejenigen Gerichtsvollzieher, deren Geschäftsstelle im Bezirk des Amtsgerichts liegt. Damit können die bestehenden, bewährten Strukturen der Dienstaufsicht durch die bei den Amts-, Land- und Oberlandesgerichten tätigen Gerichtsvollzieherprüfungsbeamten auch nach Umstellung auf das Beleihungssystem grundsätzlich beibehalten werden.

Zu § 95 (Prüfung und Überwachung der Amtsführung)

Aufgabe der Aufsichtsbehörden ist die Prüfung und Überwachung der Amtsführung der Gerichtsvollzieher, um eine ordnungsgemäße Erledigung der von diesen in eigener Verantwortung durchgeführten hoheitlichen Aufgaben zu gewährleisten. Die Vorschrift regelt die zur effektiven Wahrnehmung der Aufsicht notwendigen Mitwirkungspflichten der Gerichtsvollzieher sowie Befugnisse der Aufsichtsbehörden.

Zu Absatz 1

Im Unterschied zu § 93 Abs. 1 bis 3 BNotO wird von einer näheren Regelung von Inhalt, Umfang und Durchführung der Geschäftsprüfungen abgesehen. Der Erlass entsprechender Bestimmungen bleibt den Landesjustizverwaltungen vorbehalten.

Zu Absatz 2

Die Vorschrift entspricht § 93 Abs. 4 BNotO.

Zu den Absätzen 3 und 4

Um die Erfüllung der in Absatz 2 konstituierten Mitwirkungspflichten des Gerichtsvollziehers effektiv durchsetzen und für Gläubiger oder Schuldner unzumutbaren Verfahrensverzögerungen rechtzeitig entgegenwirken zu können, benötigen die Aufsichtsbehörden wirksame Instrumente. Die dienstaufsichtliche Praxis im bisherigen System der beamteten Gerichtsvollzieher sowie die Erfahrungen im Notarbereich haben gezeigt, dass es mit den bisherigen aufsichts- und disziplinarrechtlichen Maßnahmen kaum möglich ist, schnell auf vom Vertreter des Gerichtsvollziehers oder der Aufsichtsbehörde für das Verfahren dringend benötigte Akten oder sonstige Gegenstände zuzugreifen, wenn diese im Geschäftszimmer oder in der Wohnung des Gerichtsvollziehers verwahrt werden und sich dieser hartnäckig weigert, sie an die Aufsichtsbehörde herauszugeben. Dies kann zu schwerwiegenden Nachteilen für Gläubiger oder Schuldner führen, beispielsweise wenn das Vollstreckungsgericht mangels Sonderakte des Gerichtsvollziehers nicht über die Erinnerung des Schuldners gegen eine unmittelbar bevorstehende Räumung entscheiden kann, Pfändungen sich so lange verzögern, dass sie ins Leere gehen oder dringend benötigte Gegenstände, die einem Pfändungsverbot unterliegen, nicht herausgegeben werden. Die Aufsichtsbehörden erhalten deswegen die Befugnis, in solchen Fällen das Büro, die Wohnung oder Behältnisse des Gerichtsvollziehers nach den Akten oder sonstigen Sachen zu durchsuchen, dabei notfalls Gewalt anzuwenden und sich gegebenenfalls polizeilicher Hilfe zu bedienen. Sie sollen hierzu nicht nur dann berechtigt sein, wenn der Gerichtsvollzieher die Herausgabe der Gegenstände verweigert, sondern auch, wenn er aus sonstigen Gründen dazu nicht in der Lage ist. Die oben beschriebene Gefahrensituation stellt sich in diesem Fall nicht anders dar.

Zu Absatz 5

Im Hinblick auf Artikel 13 Abs. 2 GG sind Durchsuchungen der Geschäftsstelle oder der Wohnung des Gerichtsvollziehers nur auf Grund einer richterlichen Anordnung zulässig, es sei denn, es liegt Gefahr im Verzug vor.

Zu Absatz 6

Absatz 6 trägt Artikel 19 Abs. 1 Satz 2 GG Rechnung.

Zu § 96 (Missbilligung)

Der Aufsichtsbehörde wird entsprechend § 94 Abs. 1 BNotO die Möglichkeit eröffnet, dem Gerichtsvollzieher bei leichteren Pflichtverletzungen nachdrücklich die Pflichtwidrigkeit der Handlung vor Augen zu führen und ihn dadurch zu pflichtgemäßem Handeln anzuhalten, ohne deswegen ein förmliches Disziplinarverfahren einleiten zu müssen. Stellt sich nach Ausspruch der Missbilligung heraus, dass die Pflichtverletzung doch erheblicher war als zunächst angenommen oder werden weitere Pflichtverletzungen bekannt, bleibt es der Aufsichtsbehörde unbenommen, zusätzlich noch ein Disziplinarverfahren durchzuführen. Der betroffene Gerichtsvollzieher kann die Rechtmäßigkeit der Missbilligung vor dem Disziplinargericht überprüfen lassen.

Zu Abschnitt 2 (Disziplinarverfahren)

Der beliehene Gerichtsvollzieher ist zwar nicht Beamter, nimmt jedoch als Organ der gerichtlichen Zwangsvollstreckung hoheitliche Aufgaben wahr und ist damit Träger eines öffentlichen Amtes. Zur Sicherstellung seiner pflichtgemäßen Aufgabenerfüllung wird der Gerichtsvollzieher als Amtsträger wie der Notar einem der Rechtslage bei den Beamten vergleichbaren Disziplinarrecht unterworfen.

Zu § 97 (Dienstvergehen)

§ 97 Gerichtsvollziehergesetz-E beschreibt den Tatbestand des Dienstvergehens. Nachwuchskräfte im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E können kein Dienstvergehen begehen, da sie im Gegensatz zu Nachwuchskräften im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E nicht in einem Dienstverhältnis zum Staat stehen.

Zu § 98 (Verfolgungsverjährung)

Die Vorschrift entspricht § 95a BNotO. Sie regelt die Verfolgungsverjährung bei leichteren Dienstvergehen.

Zu § 99 (Disziplinarmaßnahmen)

§ 99 Gerichtsvollziehergesetz-E regelt abschließend, welche Disziplinarmaßnahmen gegen Gerichtsvollzieher und Nachwuchskräfte im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E zulässig sind. Wie bei den entsprechenden Regelungen des Notar- und Beamtenrechts (§ 97 Abs. 1 BNotO, § 5 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BDG) stehen die Disziplinarmaßnahmen des § 99 Nr. 1 bis 4 Gerichtsvollziehergesetz-E in einem aufsteigenden Stufenverhältnis zueinander. Der im Vergleich zu § 97 Abs. 4 BNotO niedrigere Höchstbetrag der Geldbuße orientiert sich am zu erwartenden Einkommen des beliehenen Gerichtsvollziehers. Geldbußen gegen Nachwuchskräfte sind auf Grund deren deutlich geringerer Einkünfte in der Regel niedriger zu bemessen als solche gegen Gerichtsvollzieher. Die Verhängung mehrerer Disziplinarmaßnahmen nebeneinander kommt nicht in Betracht.

Zu § 100 (Zuständigkeit für Disziplinarverfügungen)

Entsprechend § 98 Abs. 1 BNotO kann die Verhängung der leichteren Disziplinarmaßnahmen durch die Aufsichtsbehörden erfolgen, nur die schwerwiegenderen Eingriffe bleiben einer Entscheidung des Disziplinargerichts vorbehalten.

Zu § 101 (Ergänzende Vorschriften)

Die nähere Ausgestaltung des Aufsichts- und Disziplinarverfahrens, auch des disziplinargerichtlichen Verfahrens obliegt dem jeweiligen Landesgesetzgeber. Für eine bundesgesetzliche Regelung besteht insoweit kein Bedürfnis. Eine Zuständigkeit von Bundesbehörden oder -gerichten ist nicht vorgesehen.

Zu Teil 4 (Übergangsbestimmungen)

Zu § 102 (Übergangsregelung zum Bestellungsverfahren)

§ 102 enthält die Übergangsregelungen zur Bestellung beliehener Gerichtsvollzieher.

Zu Absatz 1

Die Bestellung beliehener Gerichtsvollzieher soll grundsätzlich erst zum 1. Januar 2012 erfolgen, ab dem für einen siebenjährigen Übergangszeitraum beliehene und beamtete Gerichtsvollzieher parallel tätig sein werden (Parallelphase). Die Bestellung eines beliehenen Gerichtsvollziehers bedarf aber eines zeitlichen Vorlaufs, um das in § 6 vorgeschriebene Ausschreibungsverfahren durchführen zu können. Nach Artikel 8 treten die Bestimmungen der §§ 4 bis 7 Gerichtsvollziehergesetz-E deshalb vor dem allgemeinen Inkrafttreten dieses Gesetzes in Kraft. Absatz 1 stellt klar, dass die Bestellung eines beliehenen Gerichtsvollziehers dennoch frühestens mit Wirkung ab dem Beginn der Parallelphase erfolgen darf.

Zu Absatz 2

Um sicherzustellen, dass zum Beginn der Parallelphase eine ausreichende Anzahl von beliehenen Gerichtsvollziehern zur Verfügung steht und dass die gegenwärtigen beamteten Gerichtsvollzieher bis zum Ende der Übergangszeit vollständig abgebaut werden können, soll den gegenwärtig beamteten Gerichtsvollziehern der Wechsel in den Status des beliehenen Gerichtsvollziehers ermöglicht werden. Absatz 2 stellt dazu klar, dass zum beliehenen Gerichtsvollzieher nicht nur bestellt werden kann, wer die für die Zukunft vorgesehenen Ausbildungsmodelle durchlaufen hat, die in § 5 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E geregelt werden, sondern auch derjenige, der sich zum Zeitpunkt des Systemwechsels durch eine gewisse Berufserfahrung als Gerichtsvollzieher bewährt hat. Dazu muss der betreffende mindestens für den Zeitraum von drei Jahren unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit als Gerichtsvollzieher tätig gewesen sein.

Zu Absatz 3

Während der Phase des parallelen Einsatzes beamteter und beliehener Gerichtsvollzieher ist die Bedürfnisprüfung durch die Landesjustizverwaltungen an den "Kopfzahlen" zu orientieren, unabhängig von der Stellung als beamteter oder beliehener Gerichtsvollzieher. Das Bedürfnis nach einer angemessenen Versorgung mit den Leistungen eines Gerichtsvollziehers, die wirtschaftliche Auskömmlichkeit einer Amtsstelle und die Wahrung einer geordneten Altersstruktur im Gerichtsvollzieherberuf hängen nicht von der Stellung als beamteter oder beliehener Gerichtsvollzieher, sondern von der Anzahl der tatsächlich tätigen Gerichtsvollzieher ab.

Zu Absatz 4

Um einen besonderen Anreiz für wechselwillige beamtete Gerichtsvollzieher für einen schnellen Wechsel in den Beliehenenstatus zu schaffen, soll im ersten Jahr der Parallelphase als ausdrückliche Ausnahme von der Regelausschreibung die Möglichkeit der bevorzugten Besetzung von Beliehenenstellen mit in den Beliehenenstatus wechselnden beamteten Gerichtsvollziehern bestehen. Dieser Privilegierung steht Artikel 33 Abs. 2 GG nicht entgegen. Zunächst sind Personen, die bereits seit längerer Zeit als Gerichtsvollzieher eingesetzt sind, regelmäßig für die Gerichtsvollziehertätigkeit besonders geeignet. Hinzu kommt, dass die Übernahme einer möglichst großen Zahl derzeit beamteter Gerichtsvollzieher in den Beleihungsstatus für das Gelingen des Strukturwandels entscheidend ist; stünde Artikel 33 Abs. 2 GG dem entgegen, würde er die gegenwärtigen Strukturen zementieren. Schließlich ist zu bedenken, dass die Regelung dazu dient, die berechtigten Interessen der beamteten Gerichtsvollzieher zu berücksichtigen, weiterhin als Gerichtsvollzieher tätig zu sein.

Zu Absatz 5

Die Regelung stellt sicher, dass im Beamtenstatus begangene Pflichtverletzungen und Dienstvergehen auch nach einem Wechsel des beamteten Gerichtsvollziehers in den Beleihungsstatus adäquat geahndet werden können.

Zu § 103 (Übergangsregelung zur Schaffung der Gerichtsvollzieherkammern und der Bundesgerichtsvollzieherkammer)

Die Vorschrift regelt die Konstituierung der Selbstverwaltungskörperschaften der beliehenen Gerichtsvollzieher. Da sowohl die Gerichtsvollzieherkammern auf Länderebene als auch die Bundesgerichtsvollzieherkammer Personalkörperschaften sind, können sie nicht vor dem Zeitpunkt entstehen, an dem die erste Bestellung eines beliehenen Gerichtsvollziehers wirksam wird. Da die Organe der Gerichtsvollzieherkammern und der Bundesgerichtsvollzieherkammer durch Wahl ihrer Mitglieder gebildet werden müssen, werden die entsprechenden Körperschaften nicht unmittelbar ab Beginn der Paralleltätigkeit von beliehenen und beamteten Gerichtsvollziehern am 1. Januar 2012 handlungsfähig sein. Dies macht Sonderregelungen für die Zwischenzeit erforderlich.

Zu Absatz 1

Absatz 1 regelt zunächst die Konstituierung der Gerichtsvollzieherkammern auf Landesebene. Konstituierendes Organ ist in diesem Fall die Kammerversammlung, die aus allen zum Zeitpunkt ihrer Einberufung in einem Land bestellten Beliehenen besteht. Diese wählt nach § 69 Abs. 2 Satz 2 Gerichtsvollziehergesetz-E den Vorstand und damit auch den Präsidenten. Vor diesem Hintergrund kann die Einberufung der ersten Kammerversammlung nicht, wie in § 73 Abs. 3 Gerichtsvollziehergesetz-E vorgesehen, durch den Präsidenten erfolgen. An seine Stelle tritt die Landesjustizverwaltung, die allerdings an die Einberufungsfrist gebunden ist. Da die Gerichtsvollzieherkammer vor der ersten Kammerversammlung noch kein durch die Satzung bestimmtes Veröffentlichungsblatt hat, tritt an dessen Stelle entsprechend § 32 Gerichtsvollziehergesetz-E ein zur Veröffentlichung geeignetes Amtsblatt. Die Landesjustizverwaltung bestimmt außerdem, wer an Stelle des Präsidenten gemäß § 72 Abs. 3 Gerichtsvollziehergesetz-E die erste Kammerversammlung leitet. Schließlich wird die Gerichtsvollzieherkammer verpflichtet, unmittelbar nach der Wahl ihrer Organe eine Satzung zu beschließen, die die notwendigen organisatorischen Regelungen enthält. Dazu gehören insbesondere die näheren Bestimmungen zu den Organen und ihren Zuständigkeiten im Sinne von § 74 Gerichtsvollziehergesetz-E sowie die Bestimmung des Veröffentlichungsorgans nach § 73 Abs. 3 Satz 1 Gerichtsvollziehergesetz-E und der Kammerbeiträge nach § 73 Abs. 4 Nr. 3 Gerichtsvollziehergesetz-E, nicht aber die Richtlinien im Sinne des § 67 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E.

Zu Absatz 2

Absatz 2 trifft eine Bestimmung für den Zeitraum vom Beginn der Parallelphase bis zur Herstellung der Handlungsfähigkeit der Gerichtsvollzieherkammer mit dem Zusammentreten der ersten Kammerversammlung. In diesem Zeitraum werden die Aufgaben der Gerichtsvollzieherkammer von der Landesjustizverwaltung wahrgenommen. Dies gilt insbesondere für die Aufgaben nach § 67 Abs. 3 Gerichtsvollziehergesetz-E (wirtschaftliche Verwaltung der von einem Gerichtsvollzieherverwalter wahrgenommenen Gerichtsvollzieherstellen, Einrichtung eines Bereitschaftsdienstes, Veröffentlichung eines Gerichtsvollzieherverzeichnisses) oder das Aussprechen von Ermahnungen nach § 77 Gerichtsvollziehergesetz-E bei ordnungswidrigem Verhalten leichterer Art. Die Anhörung der Gerichtsvollzieherkammer entfällt damit bis zur ersten Kammerversammlung kraft Konfusion. Zur Klarstellung ist der Erlass von Satzungen ausdrücklich von der Übertragung der Befugnisse auf die Landesjustizverwaltung ausgenommen. Da entsprechende Rechtsnormen der Sache nach Rechtsverordnungen wären, könnten sie wegen Artikel 80 GG nur auf Grund einer ausdrücklichen Verordnungsermächtigung erlassen werden. Diese erscheint allerdings entbehrlich, da die Satzung der Gerichtsvollzieherkammer überwiegend organisatorische Regelungen enthält und eine Konkretisierung der berufsrechtlichen Pflichten durch die nach § 67 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E durch Satzung zu regelnden Richtlinien nicht schon zu Beginn der Parallelphase erforderlich ist.

Zu Absatz 3

Absatz 3 regelt entsprechend Absatz 1 die Konstituierung der Bundesgerichtsvollzieherkammer. Da sich diese erst konstituieren kann, wenn die Gerichtsvollzieherkammern auf Länderebene handlungsfähig sind, sind im Verhältnis zu Absatz 1 längere Fristen vorgesehen.

Zu Absatz 4

Für diejenigen Länder, die ihre Gerichtsvollzieherausbildung am Akademiemodell ausrichten, sind schließlich Übergangsregelungen zur Kostentragung zu treffen, um zu verhindern, dass die im Aufbau befindlichen Gerichtsvollzieherkammern mit finanziellen Lasten überfordert werden, die sie angesichts ihrer anfänglich noch geringen Mitgliederzahl nicht oder nur unter Inkaufnahme von Wettbewerbsnachteilen für die Beliehenen bewältigen können.

Im Akademiemodell erhält die Nachwuchskraft eine Ausbildungsvergütung von der Gerichtsvollzieherkammer, die diese ganz oder teilweise von dem Gerichtsvollzieher ersetzt verlangen kann, bei dem die Nachwuchskraft eingesetzt wird. Soweit während der Übergangsphase Nachwuchskräfte nicht nur bei Beliehenen, sondern auch bei Beamten eingesetzt werden, erstreckt Satz 1 diesen Erstattungsanspruch auf die Landesjustizverwaltung, die für den Beamten erstattungspflichtig ist. Der Umfang der Erstattung orientiert sich dabei am Umfang, den die Gerichtsvollzieherkammer nach § 67 Abs. 2 Nr. 12 Gerichtsvollziehergesetz-E ihren Mitgliedern abverlangt.

Nach § 67 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a Gerichtsvollziehergesetz-E hat die Gerichtsvollzieherkammer im Akademiemodell über die Ausbildungsvergütung hinaus auch im Übrigen die Mittel für die Ausbildung bereit zu stellen. Diese Mittel muss sie aus den Beiträgen ihrer Mitglieder aufbringen. Während der Übergangsphase bedarf sie dazu aber staatlicher Zuschüsse. In der Übergangsphase werden neben den Beliehenen auch Beamte eingesetzt, die zwar Gebühren vereinnahmen, aber keine Beiträge an die Kammer leisten. Da die Beamten für Rechnung der Staatskasse tätig sind, verpflichtet Satz 2 die Landesjustizverwaltung während der Übergangsphase, einen Zuschuss zu den Ausbildungskosten zu leisten. Der Zuschuss bemisst sich nach dem anteiligen Beitrag, der auf die von der Landesjustizverwaltung eingesetzten beamteten Gerichtsvollzieher entfiele, wenn diese Mitglied der Gerichtsvollzieherkammer wären.

Zu § 104 (Anwendung des Gerichtsvollziehergesetzes auf beamtete Gerichtsvollzieher)

Zu Absatz 1

Absatz 1 ordnet die entsprechende Geltung einzelner Vorschriften des Gerichtsvollziehergesetzes für beamtete Gerichtsvollzieher an, die während der siebenjährigen Parallelphase neben den Beliehenen tätig sind, soweit eine einheitliche Regelung für Beliehene und Beamte geboten ist und sich die entsprechenden Regelungen für beamtete Gerichtsvollzieher nicht bereits aus dem allgemeinen Beamtenrecht der Länder ergeben.

Das Gerichtsvollziehergesetz übernimmt an vielen Stellen Bestimmungen, die bisher in den bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschriften der GVO und der GVGA enthalten sind. Während der Phase des parallelen Einsatzes beamteter und beliehener Gerichtsvollzieher sollen sich diese für alle Gerichtsvollzieher relevanten Regelungen allein aus dem Gerichtsvollziehergesetz ergeben. Die Bestimmungen des Gerichtsvollziehergesetzes treten deshalb an die Stelle der entsprechenden Bestimmungen der GVO und der GVGA. Dies gilt insbesondere für folgende Regelungen:

§ Gerichtsvollziehergesetz-E vgl. § GVO vgl. § GVGA § Gerichtsvollziehergesetz-E vgl. §§ GVO vgl. §§ GVGA
2 11 25 48
9 46 und 49 26 2
10 20 ff., 29 27 5, 6
12 26 28 10a
13 Abs. 1 4 29 55-60
16 50 30 61
18 51 31 12
22 7 33-37 27, 109-113
23 8 45 9

Das Gerichtsvollziehergesetz enthält darüber hinaus neue Regelungen, die während der Phase des parallelen Einsatzes für alle Gerichtsvollzieher gelten sollen, unabhängig von der Stellung als Beamter oder Beliehener. Zu diesen Vorschriften gilt im Einzelnen:

Soweit eine Verweisung auf die Bestimmungen des Gerichtsvollziehergesetzes für beamtete Gerichtsvollzieher unterbleibt, beruht dies entweder darauf, dass die entsprechenden Bestimmungen des Gerichtsvollziehergesetzes wegen der Besonderheiten der Beamtenstellung nicht anwendbar sind oder Regelungen enthalten, die für beamtete Gerichtsvollzieher nicht relevant sind bzw. die bereits im allgemeinen Beamtenrecht der Länder enthalten sind. Dazu gilt im Einzelnen:

Schließlich entspricht eine Reihe von Vorschriften des Gerichtsvollziehergesetzes bereits den Regelungen des allgemeinen Beamtenrechts der Länder, so dass sie auf beamtete Gerichtsvollzieher nicht zu erstrecken sind:

§ / Ggst. GesetzE BW BY BE BB HB HH HE MV NI NW RP SL SN ST SH TH
§ 13 Abs. 2 Ermäßigung Arbeitszeit / Beurlaubung § 153b LBG Art. 80b BayBG § 35e LBG § 39c LBG § 71a BremBG §§ 76a, 95a HmbBG § 85a HBG § 79 LBG §§ 80a, 87a NBG § 85a LBG § 87a LBG UrlaubsVOSL § 142a SächsBG § 79a BGLSA § 88a LBG § 76 ThürBG
§ 14 Nebentätigkeit §§ 82 ff. LBG Art. 73 ff. BayBG §§ 28 ff. LBG §§ 30 ff. LBG §§ 63 ff. BremBG §§ 68 ff. HmbBG §§ 78 ff. HBG §§ 67 ff. LBG §§ 72 ff. NBG §§ 67 ff. LBG §§ 72 ff. LBG §§ 78 ff. SBG §§ 81 ff. SächsBG §§ 64 ff. BG LSA §§ 80 ff. LBG §§ 66 ff. Thür BG
§ 15 Amtsverschwiegenheit §§ 79 ff. LBG Art. 69 ff. BayBG § 26 f. LBG §§ 25 ff. LBG §§ 61 f. BremBG § 65 HmbBG §§ 75 ff. HBG §§ 64 ff. LBG § 68 NBG §§ 64 ff. LBG § 70 LBG §§ 75 ff. SBG §§ 78 ff. SächsBG §§ 61 ff. BGLSA §§ 77 ff. LBG § 63 ThürBG
§ 17 Fortbildungspflicht Allgemeine, nicht ausdrücklich normierte Dienstpflicht im Rahmen der allgemeinen Beamtenpflichten
Die Pflicht zur vollen Hingabe an den Beruf umfasst die Pflicht zur Fortbildung (vgl. Zängl, in: GKÖD, K § 54 BBG Rdnr. 7).
§ 20 Amtshaftung § 96 LBG Art. 85 BayBG § 41 LBG § 44 LBG § 77 BremBG § 82 HmbBG § 91 HBG § 86 LBG § 86 NBG § 84 LBG § 86 LBG § 93 SBG § 97 SächsBG § 78 BGLSA § 94 LBG § 69 ThürBG
§ 38 Beendigung des Amtes § 39 LBG Art. 38 ff. BayBG §§ 63 ff. LBG §§ 92 ff. LBG §§ 34 ff. BremBG §§ 32 ff. HmbBG §§ 38 ff. HBG § 33 LBG §§ 35 ff. NBG §§ 30 ff. LBG §§ 37 ff. LBG §§ 43 ff. SBG § 38 SächsBG §§ 27a ff. BGLSA §§ 39 ff. LBG §§ 33 ff. ThürBG
§ 39 Altersgrenze § 50 LBG Art. 55 BayBG § 76 LBG § 110 LBG § 42 BremBG § 45 HmbBG § 50 HBG § 44 LBG § 51 NBG § 44 LBG § 54 LBG § 51 SBG § 49 SächsBG § 41 BG LSA § 53 LBG § 45 ThürBG
§ 40 Entlassung auf Antrag § 42 LBG Art. 41 BayBG § 66 LBG § 94 LBG § 37 BremBG § 35 HmbBG § 41 HBG § 36 LBG § 38 NBG § 33 LBG § 40 LBG § 46 SBG § 41 SächsBG § 30 BG LSA § 42 LBG § 35 ThürBG
§§ 41, 42 Entfernung aus dem Amt §§ 5, 11 LDO Art. 6, 11 BayDG §§ 5, 10 DiszG §§ 5, 10 LDG §§ 5, 10 BremDG §§ 3, 8 HmbDG §§ 5, 9 HDO § 12 LDG §§ 6, 11 NDiszG §§ 5, 10 LDG §§ 3, 8 LDG §§ 5, 9 SDG §§ 4, 8 SächsDO §§ 5, 11 DO LSA §§ 5, 10 LDG §§ 3, 8 ThürDG
§§ 43, 44 Ermäßigung Arbeitszeit / Beurlaubung § 153b LBG Art. 80b BayBG § 35e LBG § 39c LBG § 71a BremBG §§ 76a, 95a HmbBG § 85a HBG § 79 LBG §§ 80a, 87a NBG § 85a LBG § 87a LBG UrlaubsVOSL § 142a SächsBG § 79a BG LSA § 88a LBG § 76 Thür BG
§ 46 Führung Amtsbezeichnung § 105 LBG Art. 89 BayBG §§ 47, 70 LBG § 99 LBG § 41 BremBG § 39 HmbBG § 97 HBG § 94 LBG § 89 NBG § 37 LBG § 91 LBG § 50 SBG § 105 f. SächsBG § 81 f. BGLSA § 46 LBG § 90 Thür BG
§ 48 vorläufige Amtsenthebung § 89 LDO Art. 39 BayDG § 28 DiszG § 39 LDG §§ 38 ff. BremDG § 37 HmbBG § 83 HDO § 40 LDG § 38 NDiszG § 38 LDG § 45 LDG § 38 SDG § 83 SächsDO § 78 DOLSA § 38 LDG § 42 ThürDG
§ 57 Ermittlung des Sachverhalts § 27 LDO Art. 22 BayDG § 20 DiszG §§ 21 ff. LDG § 20 BremDG § 23 HmbDG § 22 HDO §§ 23 ff. LDG § 21 NDiszG § 20 LDG § 26 LDG § 20 SDG § 24 SächsDO § 26 DO LSA § 20 LDG § 26 ThürDG
§ 58 Personalakten / Datenerhebung §§ 113 ff. LBG Art. 100 ff. BayBG § 56 LBG §§ 57 ff. LBG §§ 93 ff. BremBG §§ 96 ff. HmbBG §§ 107 ff. HBG § 100 LBG § 40 LDG §§ 101 ff. NBG §§ 102 ff. LBG §§ 102 ff. LBG §§ 108 ff. SBG §§ 117 ff. SächsBG §§ 90 ff. BGLSA §§ 106 ff. LBG §§ 97 ff. ThürBG
§ 59 Personalakten § 113 LBG Art. 100 BayBG § 56 LBG § 57 LBG § 93a BremBG § 96a HmbBG § 107 HBG § 100 LBG § 101a NBG § 102 LBG § 102 LBG § 108 SBG § 117 SächsBG § 90 BG LSA § 106a LBG § 97 ThürBG
§ 60 Anhörung § 113b LBG Art. 100c BayBG § 56b LBG § 59 LBG § 93c BremBG § 96c HmbBG § 107b HBG § 101 LBG § 101c NBG § 102b LBG § 102b LBG § 108b SBG § 119 SächsBG § 90b BGLSA § 106c LBG § 99 ThürBG
§ 61 Einsichtnahme in Personalakten § 113c LBG Art. 100d BayBG § 56c LBG § 60 LBG § 93d BremBG § 96d HmbBG § 107c HBG § 102 LBG § 101d NBG § 102c LBG § 102c LBG § 108c SBG § 120 SächsBG § 90c BG LSA § 106d LBG § 100 ThürBG
§ 62 Vorlage Personalakten § 113d LBG Art. 100e BayBG § 56d LBG § 61 LBG § 93e BremBG § 96e HmbBG § 107d HBG § 103 LBG § 101e NBG § 102d LBG § 102d LBG § 108d SBG § 121 SächsBG § 90d BG LSA § 106e LBG § 101 ThürBG
§ 63 Entfernung Unterlagen aus Personalakten § 113e LBG Art. 100f BayBG § 56e LBG § 62 LBG § 93f BremBG § 96f HmbBG § 107e HBG § 104 LBG § 101f NBG § 102e LBG § 102e LBG § 108e SBG § 122 SächsBG § 90e BGLSA § 106f LBG § 102 ThürBG
§ 64 Automatisierte Verarbeitung Personalakten § 113g LBG Art. 100h BayBG § 56g LBG § 64 LBG § 93g BremBG § 96h HmbBG § 107g HBG § 107 LBG § 101 NBG § 102f LBG § 102g LBG § 108g SBG § 124 SächsBG § 90g BGLSA § 106g LBG § 104 ThürBG
§§ 94, 95 Aufsichtsbehörden / Rechtsaufsicht jeweils §§ 2, 3 des BBG und der LBG
§ 96 Arten Disziplinarmaßnahmen § 5 LDO Art. 6 BayBG § 5 DiszG § 5 LDG § 5 BremDG § 3 HmbDG § 5 HDO § 7 LDG § 6 NDiszG § 5 LDG § 3 LDG § 5 SDG § 4 SächsDO § 5 DOLSA § 5 LDG § 3 ThürDG
§§ 97-101 Disziplinarverfahren Regelungen des BDG und der jeweiligen LDG oder LDO
Zu Absatz 2

Da die Mitwirkung der Gerichtsvollzieherverteilerstelle bei der Erteilung der Vollstreckungsaufträge nach § 753 Abs. 2 ZPO angesichts der Einführung des Wettbewerbs unter den Gerichtsvollziehern nicht beibehalten werden kann, ist die Vermittlung der Vollstreckungsaufträge an beamtete Gerichtsvollzieher neu zu regeln, ohne diesen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Beliehenen zu verschaffen. Parallel zu § 67 Abs. 3 Nr. 6 Gerichtsvollziehergesetz-E hat deshalb die Landesjustizverwaltung ein Verzeichnis der in ihrem Geschäftsbereich tätigen beamteten Gerichtsvollzieher mit Namen und Amtsbereich zu führen. Dieses Verzeichnis und seine Aktualisierungen übermittelt sie der Gerichtsvollzieherkammer, welche die Daten gemeinsam mit denen der Beliehenen der Öffentlichkeit zugänglich macht und damit den Auftraggebern die selbständige Auswahl eines im fraglichen Amtsbereich tätigen Gerichtsvollziehers ermöglicht.

Da die beamteten Gerichtsvollzieher infolge der Erstreckung des § 12 Abs. 4 Gerichtsvollziehergesetz-E verpflichtet sind, an dem von der Gerichtsvollzieherkammer nach § 67 Abs. 3 Nr. 7 Gerichtsvollziehergesetz-E einzurichtenden Bereitschaftsdienst teilzunehmen, muss diese auch die beamteten Gerichtsvollzieher in den Bereitschaftsdienst einbeziehen. Um die berechtigten Interessen der Beamten angemessen zu berücksichtigen, hat dies im Einvernehmen mit der Landesjustizverwaltung zu geschehen.

Zu § 105 (Einkommenssicherung für ehemals beamtete Gerichtsvollzieher)

Um möglichst viele beamtete Gerichtsvollzieher zu einem Wechsel in das freie System zu bewegen, ist es erforderlich, die mit dem Systemwechsel verbundenen finanziellen Risiken für einen Übergangszeitraum abzufedern. Daher ist für eine Übergangszeit dieses Risiko durch eine Einkommensbeihilfe abzusichern. Die damit verbundenen Aufwendungen während des Übergangszeitraums sind zwar nicht bezifferbar, da nicht absehbar ist, wie viele Gerichtsvollzieher vom Beamten - in den Beleihungsstatus wechseln. Sie dürften aber durch die Gebührenmehreinnahmen aus der Anwendung des neuen Gerichtsvollzieherkostenrechts auf die Tätigkeit der übergangsweise noch eingesetzten Beamten kompensiert werden.

Zu Absatz 1

Die Regelung, die an Einkommensbeihilfen im Bereich des Notarwesens angelehnt ist, garantiert dem ehemals beamteten Gerichtsvollzieher bis zum Ende des Übergangszeitraums ein Einkommen von 30 000 Euro jährlich, das sich an den jährlichen Bruttobezügen eines Gerichtsvollzieher in der Besoldungsgruppe A8 orientiert. Dies entspricht zum einen der Funktion der Einkommensbeihilfe als Mindestsicherung und ist andererseits geboten, um Missbrauch zu verhindern.

Orientierte sich die Einkommensbeihilfe nicht an den Bezügen eines beamteten Gerichtsvollziehers, sondern an dem im Rahmen der kostendeckenden Ausgestaltung des Gerichtsvollzieherkostenrechts zu Grunde gelegten, mit 50 000 Euro jährlich deutlich höheren Durchschnittseinkommen des beliehenen Gerichtsvollziehers, bestünde die Gefahr, dass ehemals beamtete Gerichtsvollzieher ausschließlich in den Beleihungsstatus wechselten, um von der Beihilfe zu profitieren, anschließend aber unter Nutzung des in § 106 vorgesehenen Rückkehrrechts in den Beamtenstatus zurückkehren. Zur Verhinderung von Missbrauch dient auch der Ausschluss der Einkommensbeihilfe, für den Fall, dass das Mindereinkommen selbst verschuldet wurde.

Zu Absatz 2

Maßgeblich für die Gewährung der Einkommensbeihilfe ist das Berufseinkommen, dass sich durch Absatzung der Ausgaben von den Einnahmen errechnet.

Zu den Absätzen 3 und 4

Maßgeblich sind dabei jeweils nur die Einnahmen und Ausgaben, die aus den freiwilligen bzw. obligatorischen Aufgaben nach § 2 Abs. 1 und 2 Gerichtsvollziehergesetz-E erzielt werden. Absatz 4 Satz 2 zählt die berücksichtigungsfähigen Ausgaben beispielhaft auf. Sie umfassen sowohl den Sach- als auch den Personalaufwand sowie angemessene Vorsorgeaufwendungen und andere beruflich veranlasste Ausgaben wie z.B. die Beiträge für die Gerichtsvollzieherkammer, soweit sie zur Führung des Amtes notwendig und angemessen sind.

Zu Absatz 5

Die Entscheidung über die Gewährung der Einkommensbeihilfe obliegt der Landesjustizverwaltung. Die Gerichtsvollzieherkammer bereitet die Entscheidung der Landesjustizverwaltung vor.

Zu Absatz 6

Absatz 6 ermöglicht Vorschusszahlungen zur Vermeidung von Liquiditätsschwierigkeiten im Vorgriff auf eine nach Abschluss des Geschäftsjahres zu erwartende Einkommensbeihilfe.

Zu § 106 (Rückkehrmöglichkeit in das Beamtenverhältnis)

Ehemals beamteten Gerichtsvollziehern soll durch eine spezielle gesetzliche Regelung während eines beschränkten Zeitraums die Rückkehr in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit des Landes ermöglicht werden, in dessen Diensten sie zuletzt standen.

Zwar käme alternativ zu einer Wiedereinstellung in das Beamtenverhältnis nach dem allgemeinen Beamtenrecht der Länder eine Beurlaubung in Betracht, an die sich die Entscheidung anschließen könnte, ob die Beurlaubung beendet oder die Entlassung verlangt wird. Da die Schaffung von Rückkehrmöglichkeiten im Zuge des Übergangs zum Beleihungssystem aber nicht nur in Einzelfällen, sondern für eine Vielzahl derzeit beamteter Gerichtsvollzieher geboten sein wird, ist das Rückkehrrecht im Rahmen der Übergangsbestimmungen des Gerichtsvollziehergesetz-E ausdrücklich zu regeln. Die Verlagerung der Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Landesbeamten auf die Länder steht dem nicht entgegen. Zum einen betrifft die Schaffung eines Rückkehrrechts trotz Ausscheidens aus dem Beamtenverhältnis die Statusrechte des Beamten, deren Regelung nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 27 GG weiterhin dem Bund obliegt. Zum anderen handelt es sich um einen Sachverhalt, der angesichts seiner Bedeutung für das Gelingen des Systemwechsels notwendig mit den übrigen Regelungen zur Einführung des Beleihungssystems mit zu regeln ist.

Zu Absatz 1

Die Regelung des Rückkehrrechts durch den Bundesgesetzgeber beschränkt sich auf die Kerninhalte. Satz 1 räumt dem beamteten Gerichtsvollzieher, der in den Beliehenenstatus gewechselt ist, den Anspruch gegen seinen vormaligen Dienstherren ein, auf Antrag wieder in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen zu werden. Die Sätze 2 und 3 stellen klar, dass zwar die Übernahme in das zuletzt innegehabte Amt im statusrechtlichen Sinne zu erfolgen hat, eine Bestellung zum beamteten Gerichtsvollzieher aber angesichts der Schließung dieser Laufbahn ausscheidet.

Im Hinblick auf die berechtigten personalwirtschaftlichen Belange der Länder begrenzt Satz 4 das Rückkehrrecht auf fünf Jahre nach dem Wechsel in den Beleihungsstatus. Diese Frist gewährt dem Betroffenen ausreichend Zeit, sich über seinen neuen Status zu vergewissern und die nötigen Mindestanwartschaften in einem neuen Versorgungssystem aufzubauen.

Den Landesregierungen bleibt nach Satz 5 überlassen, das Rückkehrrecht durch Rechtsverordnung näher auszugestalten. Dabei ist der Verordnungsgeber allerdings an bestimmte Mindestinhalte gebunden, die zur Erreichung des mit dem Rückkehrrecht verfolgten Ziels unverzichtbar scheinen.

Dazu zählt nach der Nummer 1, dass das Rückkehrrecht zwar an das Vorliegen der allgemeinen beamtenrechtlichen Voraussetzungen gebunden werden darf; die Rückkehr darf aber nicht unter Berufung auf ein Höchstalter für Einstellungen verweigert werden. Das Rückkehrrecht darf außerdem nicht an den Fortbestand der Dienstfähigkeit geknüpft werden. Damit wird der Statuswechsler für einen Zeitraum von fünf Jahren gegen das Risiko der Dienstunfähigkeit geschützt, gegen das er sich wegen des Erfordernisses von Mindestanwartschaften regelmäßig nicht sofort umfassend absichern kann. Der ehemalige Dienstherr wird dadurch nicht schlechter gestellt, da er das Risiko der Dienstunfähigkeit des Betroffenen ohne dessen Wechsel in den Beleihungsstatus ebenfalls getragen hätte.

Nummer 2 trägt dem Umstand Rechnung, dass die Landesjustizverwaltungen nach Schließung der Laufbahn des beamteten Gerichtsvollziehers nur in begrenztem Umfang über Planstellen der Besoldungsgruppen A8, A9 und A9Z verfügen werden. Deshalb kann das Rückkehrrecht nur realisiert werden, wenn der Rückkehrer auch nicht amtsangemessen beschäftigt werden darf, soweit zwingende dienstliche Gründe eine amtsangemessene Verwendung nicht zu lassen. Dies entspricht den Vorschriften der Länder über die Verwendung der Beamten, die bei aufgelösten Behörden beschäftigt waren.

Nummer 3 stellt klar, dass der Rückkehrwillige verpflichtet werden kann, sich zu qualifizieren, um eine amtsangemessene Beschäftigung zu ermöglichen.

Zu Absatz 2

Über den Antrag des Rückkehrwilligen entscheidet nach Satz 1 die Landesjustizverwaltung; dabei handelt es sich um eine gebundene Entscheidung. Satz 2 stellt klar, dass der Rückkehrwillige von der Landesjustizverwaltung in eine Planstelle eingewiesen werden muss. Da die Landesjustizverwaltungen nicht in der Lage sein werden, für eine unbekannte Anzahl Rückkehrwilliger Planstellen über fünf Jahre vorzuhalten, ist die Einweisung allerdings an die Verfügbarkeit einer Planstelle geknüpft. Dies hat zur Folge, dass der Rückkehrwillige im Einzelfall möglicherweise nicht sofort in das Beamtenverhältnis zurückkehren kann, sondern das Freiwerden der nächsten geeigneten Planstelle abwarten muss. Angesichts der Gewährung von Einkommensbeihilfen nach § 105 Gerichtsvollziehergesetz-E wird er hierdurch aber nicht unzumutbar beeinträchtigt.

Zu Absatz 3

Die Regelung stellt sicher, dass durch einen beliehenen Gerichtsvollzieher begangene Pflichtverletzungen und Dienstvergehen auch nach dessen Rückkehr in das Beamtenverhältnis adäquat geahndet werden können.

Zu Teil 5 (Schlussbestimmungen)

Zu § 107 (Rechtsmittel und Rechtsbehelfe)

Die Vorschrift stellt im Hinblick auf § 40 Abs. 1 VwGO klar, dass für sämtliche Streitigkeiten, die ein Verwaltungshandeln der Justizverwaltung, der Aufsichtsbehörden oder der Gerichtsvollzieherkammer nach dem Gerichtsvollziehergesetz oder einer nach diesem Gesetz erlassenen Verordnung betreffen, die Regelungen der Verwaltungsgerichtsordnung Anwendung finden und der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist, sofern das Gerichtsvollziehergesetz keine Sonderregelungen trifft (beispielsweise für das Disziplinarverfahren). Denkbar sind grundsätzlich alle nach der Verwaltungsgerichtsordnung zulässigen Rechtsbehelfe. Für eine Sonderrechtswegzuweisung an die ordentliche Gerichtsbarkeit entsprechend § 111 Abs. 3 und 4 BNotO besteht keine Notwendigkeit.

Zu § 108 (Übertragung von Befugnissen)

Um das Verwaltungsverfahren nach diesem Gesetz und den Erlass von Rechtsverordnungen gemäß § 8 Abs. 3, § 11 Abs. 2, § 43 Abs. 3 und § 94 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E zu vereinfachen, sieht § 108 Gerichtsvollziehergesetz-E Delegationsermächtigungen für die jeweilige Landesjustizverwaltung beziehungsweise Landesregierung vor. Die Aufgaben und Befugnisse der Landesjustizverwaltung im Zusammenhang mit der Aufsicht über die Gerichtsvollzieherkammer (§ 66 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E) sind nicht übertragbar.

Zu Artikel 2 (§ 184 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 - neu - SGB VI)

Ist auf landesrechtlicher Grundlage die Aufrechterhaltung einer im Beamtenverhältnis erworbenen Versorgungsanwartschaft nicht gewährleistet, wäre gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI mit dem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis eine Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung oder eventuell einer berufsständischen Versorgungseinrichtung durchzuführen. Zur Vermeidung unnötiger Nachversicherungslasten sowie einer etwaigen Überversorgung wird die gesetzliche Voraussetzung für den Aufschub der Nachversicherung geschaffen, solange eine Rückkehrmöglichkeit in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit auf Grund von § 106 des Gerichtsvollziehergesetzes besteht.

Zu Artikel 3 (Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes)

Zu Nummer 1 (Änderung der Inhaltsübersicht)

Die Aufhebung des zwölften Titels wird in der Inhaltsübersicht nachvollzogen.

Zu Nummer 2 (Aufhebung des zwölften Titels)

Mit dem zwölften Titel werden die §§ 154, 155 GVG aufgehoben.

An die Stelle der Verwaltungsvorschriften, die auf Grund der in § 154 GVG enthaltenen Ermächtigung derzeit die Rechtsverhältnisse der Gerichtsvollzieher regeln, tritt künftig das in Artikel 1 enthaltene Gerichtsvollziehergesetz. Soweit dazu ergänzend noch Verwaltungsvorschriften benötigt werden, können diese auf Grund der in § 32 Gerichtsvollziehergesetz-E vorgesehenen Ermächtigung erlassen werden. Nach der Regelung in § 104 Gerichtsvollziehergesetz-E finden die Bestimmungen des Gerichtsvollziehergesetzes grundsätzlich auch auf beamtete Gerichtsvollzieher Anwendung, soweit diese in der Übergangszeit nach dem Inkrafttreten des Gerichtsvollziehergesetzes noch tätig sind.

Vor diesem Hintergrund ist auch die Regelung zur Ausschließung des Gerichtsvollziehers von der Ausübung seines Amtes in bestimmten Fällen der Interessenkollision (§ 155 GVG) entbehrlich. Eine neu gegliederte, aber inhaltlich mit § 155 GVG übereinstimmende Regelung findet sich künftig in § 26 Gerichtsvollziehergesetz-E, der nach § 104 Gerichtsvollziehergesetz-E in der Phase paralleler Tätigkeit von beamteten und beliehenen Gerichtsvollziehern auf beide Gruppen Anwendung findet.

Zu Artikel 4 (Änderung der Zivilprozessordnung)

Zu Nummer 1 (Ergänzung der Inhaltsübersicht)

Die Inhaltsübersicht wird um den neu eingefügten § 121a ZPO-E ergänzt.

Zu Nummer 2 (§ 117 Abs. 1 Satz 3 ZPO)

§ 117 Abs. 1 Satz 3 ZPO stellt im Zusammenspiel mit § 119 Abs. 2 ZPO klar, dass Prozesskostenhilfe auch für die Zwangsvollstreckung bewilligt werden kann. Nach § 117 Abs. 1 Satz 3 ZPO ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung bei dem jeweils für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen. Für die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen und zur Erwirkung von Handlungen oder Unterlassungen ist das Prozessgericht zuständig. Für die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen wird derzeit eine Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts angenommen, obwohl in weiten Teilen der Gerichtsvollzieher zuständig ist. Nicht auszuschließen ist, dass dies angesichts des geänderten Status des Gerichtsvollziehers im Beleihungssystem in Frage gestellt wird. Nicht wünschenswert wäre es aber, den Antrag für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe beim Gerichtsvollzieher zu stellen, da dieser ansonsten nach dem mit der 2. Zwangsvollstreckungsnovelle eingeführten Prinzip der pauschalen Bewilligung von Prozesskostenhilfe für alle denkbaren Vollstreckungshandlungen betreffend das bewegliche Vermögen (vgl. § 119 Abs. 2 ZPO) auch über Prozesskostenhilfe für gerichtliche Handlungen entscheiden würde. Darüber hinaus sind mit Bewilligungsentscheidungen bislang nur Richter und Rechtspfleger (vgl. § 20 Nr. 5 RPflG) befasst. Deshalb ist klarzustellen, dass der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bei der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen auch insoweit beim Vollstreckungsgericht zu stellen ist, als Vollstreckungsmaßnahmen des Gerichtsvollziehers in Betracht kommen. Dies gilt auch für die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung.

Zu Nummer 3 (§ 121a - neu - ZPO-E)

Nach dem Prinzip der pauschalen Bewilligung von Prozesskostenhilfe für alle denkbaren Vollstreckungshandlungen betreffend das bewegliche Vermögen (vgl.

§ 119 Abs. 2 ZPO) umfasst die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung nicht notwendig auch die Beiordnung eines Gerichtsvollziehers. Eine gesonderte Beiordnungsentscheidung war bislang entbehrlich, da für jede Vollstreckungsmaßnahme nur ein zuständiger Gerichtsvollzieher in Betracht kam. Durch die Einführung des Wettbewerbsprinzips kommen nunmehr allerdings mehrere Gerichtsvollzieher in Betracht. Nach dem Vorbild der Anwaltsbeiordnung hat das die Prozesskostenhilfe bewilligende Gericht deshalb künftig einen bestimmten Gerichtsvollzieher beizuordnen. Dies gilt selbstverständlich nur, wenn die bedürftige Partei eine Vollstreckungshandlung beabsichtigt, für die der Gerichtsvollzieher zuständig ist. Aus dem Prinzip der pauschalen Bewilligung der Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung folgt, dass die Beiordnungsentscheidung alle dem Gerichtsvollzieher zugewiesenen Vollstreckungshandlungen umfasst.

Entsprechend dem Wettbewerbsprinzip und nach dem Vorbild der Anwaltsbeiordnung hat das Gericht der bedürftigen Partei grundsätzlich in Anlehnung an § 121 Abs. 1 ZPO einen zur Übernahme des Vollstreckungsauftrags bereiten Gerichtsvollzieher ihrer Wahl beizuordnen. Findet die Partei keinen zur Übernahme des Vollstreckungsauftrags bereiten Gerichtsvollzieher, ordnet ihr der Vorsitzende in Anlehnung an § 121 Abs. 5 ZPO einen Gerichtsvollzieher zu. Dieser ist berufsrechtlich zur Übernahme des Vollstreckungsauftrags verpflichtet (§ 2 Abs. 1 Gerichtsvollziehergesetz-E).

Zu Nummer 4 ( § 122 ZPO)

Wird Prozesskostenhilfe bewilligt, darf die bedürftige Partei von der Staatskasse nur nach Maßgabe der in der Bewilligungsentscheidung festgesetzten Zahlungen in Anspruch genommen werden. Eine parallele Inanspruchnahme wegen der rückständigen bzw. entstehenden Gerichtskosten und Gerichtsvollzieherkosten wird durch § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a ZPO ausgeschlossen. § 122 Abs. 1 Buchstabe b ZPO erstreckt diese Sperrwirkung auf die Ansprüche des beigeordneten Rechtsanwalts, die nach § 59 Abs. 1 RVG auf die Staatskasse übergegangen sind. Da im Fall der Beiordnung eines beliehenen Gerichtsvollziehers nach § 17e Abs. 1 GvKostG dessen Vergütungsansprüche künftig ähnlich § 59 Abs. 1 RVG ebenfalls auf die Staatskasse übergehen, ist die Sperrwirkung auf diese Ansprüche zu erstrecken.

Einer Erweiterung bedarf auch § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Während § 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die Durchsetzung der Ansprüche der Staatskasse gegen die bedürftige Partei hemmt, sperrt § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO die Durchsetzung der Vergütungsforderung des beigeordneten Rechtsanwalts. Im Beleihungssystem hat der beigeordnete beliehene Gerichtsvollzieher ebenso einen eigenen Vergütungsanspruch gegen die bedürftige Partei wie der beigeordnete Rechtsanwalt. Die Sperrwirkung der Bewilligung muss deshalb auf diese Fälle ausgedehnt werden. Soweit während der Übergangsphase ein beamteter Gerichtsvollzieher beigeordnet wird, ist die bedürftige Partei dagegen schon nach § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a ZPO vor einer Inanspruchnahme geschützt, da die Vergütungsforderung hier nicht dem Gerichtsvollzieher selbst, sondern der Staatskasse zusteht.

Weiterer Änderungen bedarf es weder bei beliehenen noch bei beamteten Gerichtsvollziehern. § 125 Abs. 1 ZPO schützt als Gegenstück zu § 122 Abs. 1 ZPO den Gegner vor einer Inanspruchnahme, solange er nicht rechtskräftig in die Prozesskosten verurteilt ist. Da die Regelung nicht auf die Ansprüche der Staatskasse beschränkt ist, muss sie nicht auf die Vergütungsforderungen des beliehenen Gerichtsvollziehers ausgedehnt werden. Einer gesonderten Regelung der Einforderung anwaltlicher Vergütungsforderungen beim Gegner in § 126 Abs. 1 ZPO bedarf es nur, weil dem Rechtsanwalt kein eigenes Einziehungsrecht zusteht. Dem Gerichtsvollzieher kommt ein Einziehungsrecht gegen den Vollstreckungsschuldner aber schon aus § 13 Abs. 1 Nr. 2 GvKostG zu. Die Durchsetzung dieses Einziehungsrechts ist entsprechend dem Einziehungsrecht des Rechtsanwalts aus § 126 Abs. 1 ZPO nach § 125 Abs. 1 ZPO gehemmt, bis der Gegner rechtskräftig in die Kosten verurteilt ist.

Zu Nummer 5 ( § 753 ZPO)

§ 753 regelt den Auftrag an den Gerichtsvollzieher und die Verteilung der Geschäfte über die Gerichtsvollzieherverteilerstelle. Der Gläubiger kann künftig unter allen Gerichtsvollziehern des Amtsbereichs nach § 8 Gerichtsvollziehergesetz-E wählen. Die Einteilung in Gerichtsvollzieherbezirke (§ 16 GVO) entfällt. Damit ist auch die Möglichkeit, zur Beauftragung des Gerichtsvollziehers die Geschäftsstelle des Amtsgerichts heranzuziehen, entbehrlich. Während der Zuschnitt des Gerichtsvollzieherbezirks den Gläubigern und ihren anwaltlichen Vertretern eher unbekannt war, ist der Amtsbereich, der mit dem Landgerichtsbezirk identisch ist, klar definiert. Der bisherige Absatz 2 des § 753 ist damit entbehrlich. Um den gewünschten Wettbewerb, der in der Übergangsphase auch zwischen beamteten und beliehenen Gerichtsvollziehern stattfinden soll, zu ermöglichen, wird die Landesjustizverwaltung in den Übergangsvorschriften (§ 104 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E) verpflichtet, ein dem Verzeichnis der beliehenen Gerichtsvollzieher der Gerichtsvollzieherkammer nach § 67 Abs. 3 Nr. 6 entsprechendes Verzeichnis der beamteten Gerichtsvollzieher der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, aus dem die Gläubiger auswählen können.

Zu Nummer 6 ( § 754 ZPO)

§ 754 enthält eine allgemeine Regelung über den bereits nach § 753 Abs. 1 zum Beginn der Zwangsvollstreckung notwendigen Auftrag des Gläubigers an den Gerichtsvollzieher, nicht jedoch darüber, wie ein Auftrag zu behandeln ist, bei dem die Zwangsvollstreckung voraussichtlich fruchtlos verlaufen würde. Dies ist bislang nur durch Verwaltungsvorschrift bestimmt, nämlich durch § 63 der bundeseinheitlichen Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher (GVGA). Ohne dass der Gläubiger den Auftrag zurückgenommen hat, kann der Gerichtsvollzieher diesen danach als zurückgenommen ansehen und dem Gläubiger zurücksenden. Bei gleichzeitigem Auftrag zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung erfolgt die Rücksendung erst nach Durchführung dieses Verfahrens; hat der Gläubiger ein erkennbares Interesse, die Zwangsvollstreckung in jedem Fall durchzuführen oder soll der Gerichtsvollzieher den Schuldtitel zustellen, ist der Gläubigerauftrag trotz voraussichtlicher Fruchtlosigkeit der Vollstreckung durchzuführen. Hierbei handelt es sich um die Rechte des Gläubigers als Herrn der Zwangsvollstreckung berührende Verfahrensvorschriften, die einer gesetzlichen Grundlage bedürfen. Mit der Schaffung eines neuen § 754 Abs. 2 wird der wesentliche Regelungsinhalt des § 63 GVGA ohne die dort enthaltenen Erläuterungen in die ZPO integriert.

Zu den Nummern 7 und 8 (§§ 775, 776 ZPO)

Obwohl in Rechtsprechung und Literatur anerkannt ist (vgl. Baumbach/Lauterbach/ -Albers/Hartmann, ZPO, 64. Aufl. München 2006, § 754 Rn. 13 m.w.N.), dass der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nicht nur in den in § 775 Nr. 1 bis 5 ZPO genannten Fällen, sondern auch dann einstellen und beschränken muss, wenn der Gläubiger ihn dazu anweist, ist dies bislang ebenfalls nicht gesetzlich geregelt, sondern ergibt sich lediglich aus der Verwaltungsvorschrift des § 111 Nr. 1 Satz 1 GVGA. Durch Aufnahme dieser Fallvariante in den Katalog des § 775 ZPO wird eine gesetzliche Grundlage für die bislang geübte Praxis geschaffen. In § 776 wird klargestellt dass in einem solchen Fall bereits durchgeführte Vollstreckungsmaßnahmen grundsätzlich aufzuheben sind, jedoch ausnahmsweise bestehen bleiben, wenn der Gläubiger dem Schuldner die geschuldeten Leistungen stundet. Diese Regelung entspricht dem bisherigen § 111 Nr. 2 Satz 1 in Verbindung mit Nr. 1 Satz 1 GVGA.

Zu Nummer 9 ( § 899 ZPO)

§ 899 enthält heute eine gegenüber § 764 speziellere Regelung für die örtliche Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers und des Vollstreckungsgerichts, soweit dies bei der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung noch Funktionen hat, ohne beide Bereiche gesondert zu erwähnen. Die Zuständigkeitsbestimmung ist künftig aufzugliedern, weil nach § 10 Gerichtsvollziehergesetz-E jeder Gerichtsvollzieher des Amtsbereichs und damit des Landgerichtsbezirks zuständig ist, die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts als Vollstreckungsgerichts für die gerichtlichen Maßnahmen nach § 900 Abs. 4 und § 901 ZPO aber unverändert bestehen bleibt. Die bislang in Verwaltungsvorschriften geregelte Abgabe des Auftrags vom unzuständigen Gerichtsvollzieher an einen anderen regelt nunmehr § 10 Abs. 7 Gerichtsvollziehergesetz-E. Für die Abgabe vom unzuständigen Vollstreckungsgericht an ein anderes bleibt die Spezialvorschrift des Absatzes 2 bestehen.

Zu Artikel 5 (Änderung des Gerichtsvollzieherkostengesetzes)

Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)

Die Inhaltsübersicht ist an die Änderungen anzupassen.

Zu Nummer 2 (§ 1 GvKostG)

Mit dem Wegfall des Beamtenstatus des Gerichtsvollziehers handelt dieser künftig im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Vor diesem Hintergrund erscheint es notwendig, ebenso wie für den Notar in § 140 Satz 2 KostO ausdrücklich festzuschreiben, dass Gebührenvereinbarungen unzulässig sind. Der beliehene Gerichtsvollzieher ist danach verpflichtet, ausschließlich die gesetzlich festgelegten Gebühren und Auslagen zu erheben.

Zu Nummer 3 (§ 2 GvKostG)

§ 2 GvKostG gewährt derzeit Bund, Ländern und anderen öffentlichrechtlichen Rechtsträgern Kostenfreiheit. Diese Bestimmung beruht auf dem Gedanken, dass eine Kostenerstattung innerhalb des öffentlichen Bereichs nicht erforderlich ist, weil bei einer Kostenerstattung letztlich nur Gelder von einer öffentlichen Kasse in eine andere verlagert werden und sich die Aufwendungen zwischen den einzelnen Bundesländern und dem Bund über längere Sicht wechselseitig ausgleichen dürften (Kompensation). Diese Überlegung ist mit Einführung der Kosten-Leistungs-Rechnung bereits innerhalb des öffentlichen Bereichs fragwürdig geworden. Abgesehen davon, dass die Aufhebung der Kostenfreiheit das Kostenbewusstsein und die Kostensensibilität stärkt, profitiert im Bereich der Gerichtsvollzieher der Bund einseitig von der Kostenfreiheit, da er keine eigenen Vollstreckungsorgane unterhält. Schon das geltende Recht sieht deshalb in § 2 Abs. 1 Satz 1 GvKostG Ausnahmen bei der Räumungsvollstreckung vor. Erst Recht kann die Kostenfreiheit nicht aufrechterhalten bleiben, wenn der Gerichtsvollzieher in einem Beleihungssystem selbständig wirtschaften muss. Auch eine Gebührenermäßigung für bestimmte öffentliche Auftraggeber nach dem Vorbild des § 144 KostO erscheint nicht sachgerecht. Die Festgebühren der Gerichtsvollzieher sind mit den ungleich höheren Wertgebühren der Notare nicht vergleichbar. Sie sind auch nach den vorgeschlagenen Erhöhungen allenfalls kostendeckend.

Die Regelungen in § 2 des geltenden Rechts bereiten in der Praxis der Gerichtsvollzieher erhebliche Schwierigkeiten. Dies gilt insbesondere für die Bestimmung des Kreises der von den Kosten befreiten Beteiligten. Die Aufhebung der Kostenbefreiungen führt daher zudem zu erheblichen Vereinfachungen.

Zu Nummer 4 (§ 3 GvKostG)

Es handelt sich um eine Anpassung an die Einfügung eines neuen Abschnitts 4 in das Kostenverzeichnis.

Zu Nummer 5 (§ 4 GvKostG)

Die Ergänzung von § 4 Abs. 1 Satz 3 GvKostG soll sicherstellen, dass wegen der neu eingeführten Erfolgsgebühren des Abschnitts 4 des Kostenverzeichnisses ein Vorschuss nicht erhoben werden kann. In diesen Fällen soll folgerichtig auch die Abhängigmachung nach Satz 2 ausgeschlossen werden. Da die Gebühren an den Beitreibungserfolg bei der Durchführung des Auftrags anknüpfen und sich dieser regelmäßig nicht voraussehen lässt, erscheint eine Vorschusserhebung nicht angezeigt. Bei der Gebühr Nummer 400 kommt hinzu, dass sie aus dem an den Gläubiger abzuliefernden Betrag entnommen werden soll. Eine Sicherung des Kosteneingangs beim Gerichtsvollzieher durch Vorschuss und Abhängigmachung ist mithin nicht erforderlich.

§ 4 Abs. 1 Satz 4 GvKostG schließt derzeit einen Vorschuss bei der Vollstreckung arbeitsgerichtlicher Entscheidungen oder Vergleiche aus. Diese Regelung kann in einem Beleihungssystem nicht beibehalten werden. Dem beliehenen Gerichtsvollzieher darf das Kostenrisiko der Vollstreckung in diesen Fällen nicht aufgebürdet werden. Bedürftigen Auftraggebern kann durch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung geholfen werden.

Die Erhebung eines Vorschusses für die voraussichtlichen Kosten und die Abhängigmachung der Durchführung des Auftrags von der Zahlung des Vorschusses können im Tätigkeitsbereich der Gerichtsvollzieher erhebliche Auswirkungen für den Auftraggeber haben. Es ist deshalb notwendig, ihm eine gerichtliche Überprüfung entsprechender Anordnungen des Gerichtsvollziehers zu ermöglichen. Das in § 6 GvKostG-E auch zur gerichtlichen Überprüfung der geltend gemachten Kosten vorgesehene Festsetzungsverfahren ist erst nach Fälligkeit der Kosten zulässig. Es sollen deshalb gegen Anordnungen des Gerichtsvollziehers, die Vorschuss oder Abhängigmachung betreffen, besondere Rechtsbehelfe vorgesehen werden. Der neue Absatz 4 des § 4 GvKostG schafft ein besonderes Erinnerungsverfahren. Zuständig ist das Vollstreckungsgericht. Das Verfahren der Erinnerung und Beschwerde richtet sich nach § 17c GvKostG-E.

Zu Nummer 6 (§ 5 GvKostG)

Die Regelung der Kostenerhebung erfolgt in Anlehnung an die Regelungen für Rechtsanwälte ( § 10 RVG) und Notare (§ 154 KostO). Sie soll dem Auftraggeber die Nachprüfbarkeit der Berechnung ermöglichen. Die geltenden Regelungen über den Kostenansatz sowie über Erinnerung und Beschwerde passen in einem Beleihungssystem nicht mehr.

Zu Nummer 7 (§ 6 GvKostG)

Das in Anlehnung an § 11 RVG ausgestaltete Verfahren zur Festsetzung der Kosten tritt an die Stelle der bisherigen öffentlichrechtlichen Beitreibung nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 JBeitrO, die rechtssystematisch für ein Beleihungssystem nicht mehr passt. Vielmehr soll der Gerichtsvollzieher künftig für die Beitreibung seiner Kosten selbst verantwortlich sein. Dazu soll ein vereinfachtes, das Klageverfahren ersetzendes Festsetzungsverfahren geschaffen werden. Antragsberechtigt sind der Zahlungspflichtige und der Gerichtsvollzieher sowie der Verwalter, dem nach § 54 Abs. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E bei Fortführung der Geschäfte eines ausgeschiedenen Gerichtsvollziehers die Kostenberechnung obliegt.

Das Festsetzungsverfahren ermöglicht eine gerichtliche Überprüfung der geltend gemachten Kosten. Insoweit ersetzt das neue Festsetzungsverfahren die Regelungen des geltenden Rechts zur Erinnerung und Beschwerde gegen den Kostenansatz, die künftig nur noch bei der Vorschusserhebung vorgesehen sind. Zuständig soll der Rechtspfleger des Vollstreckungsgerichts sein; vgl. die Ergänzung des § 21 RPflG in Artikel 6 des Gesetzentwurfs. Mit dieser Übertragung sind gegen die Festsetzung die Rechtsbehelfe des § 11 RPflG i.V.m. § 6 Abs. 2 Satz 3 GvKostG-E, § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO gegeben. Die Vorschriften des § 788 ZPO bleiben unberührt. Insbesondere bleibt die Festsetzung nach § 788 Abs. 2 ZPO selbstständig neben der neuen Festsetzung nach dem GvKostG bestehen. Beide Verfahren haben eigenständige Bedeutung und zwar für Auftraggeber, Schuldner und Gerichtsvollzieher. Im Spannungsverhältnis dieser drei Verfahrensbeteiligten muss ein gerichtliches Verfahren zur Verfügung stehen, um schnell und zuverlässig die vom Gerichtsvollzieher geltend gemachten Kosten zu überprüfen. Dazu dient das neu geschaffene Festsetzungsverfahren. Die Bedeutung des Verfahrens nach § 788 Abs. 2 ZPO liegt dagegen in der Titulierung der Vollstreckungskosten zu Gunsten des Gläubigers, wenn diese vom Schuldner oder einem Vollstreckungsorgan bestritten werden.

Die geltenden Regelungen zur Nacherhebung von Kosten wegen unrichtigen Kostenansatzes passen in einem Beleihungssystem nicht mehr und sollen daher entfallen.

Zu Nummer 8 (§§ 6a, 6b GvKostG - neu - )

Die im geltenden § 5 Abs. 2 GvKostG enthaltenen Verweisungen auf die §§ 5a und 69a GKG können in einem System beliehener Gerichtsvollzieher nicht beibehalten werden. Aus diesem Grund sind eigenständige Vorschriften zur Abhilfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und zur elektronischen Akte aufzunehmen.

Zu Nummer 9 (§ 7 GvKostG)

Während wie bisher Kosten infolge unrichtiger Sachbehandlung nicht erhoben werden sollen, passt § 7 Abs. 2 GvKostG, der die Entscheidungszuständigkeit und das Verfahren betrifft, für beliehene Gerichtsvollzieher nicht mehr. Er ist daher aufzuheben. Streitigkeiten zwischen dem Auftraggeber und dem Gerichtsvollzieher über die Berücksichtigungsfähigkeit von Kosten sind daher im Verfahren zur Titulierung des Kostenanspruchs auszutragen.

Zu Nummer 10 (§ 10 GvKostG)

Die Neufassung des Satzes 3 gewährleistet, dass die dort aufgeführten Gebühren innerhalb eines Auftrags auch mehrfach erhoben werden können.

Im Übrigen handelt es sich um Anpassungen an die Einfügung eines neuen Abschnitts 4 in das Kostenverzeichnis.

Zu Nummer 11 (§ 12 Abs. 1 Satz 1 GvKostG)

Es handelt sich um eine Anpassung an die Einfügung eines neuen Abschnitts 4 in das Kostenverzeichnis.

Zu Nummer 12 (§ 14 Satz 2 GvKostG)

Die in Nr. 400 KV GvKostG-E neu eingeführte Erfolgsgebühr entsteht jeweils mit der Ablieferung von Geld an den Auftraggeber. Da sich die Gebühr prozentual nach dem abgelieferten Geld bemisst, soll der Gerichtsvollzieher jeweils bei der Ablieferung zur Erhebung der Gebühr bzw. zu ihrer Entnahme aus dem abzuliefernden Betrag befugt sein. Nach der allgemeinen Fälligkeitsbestimmung des § 14 Satz 1 GvKostG wäre dies nur möglich, wenn der Auftrag mit der Ablieferung des Geldes vollständig erledigt wäre. Um dem Gerichtsvollzieher die Erhebung bzw. Entnahme der Erfolgsgebühr bei der erfolgreichen Vollstreckung von Teilbeträgen schon bei Ablieferung des jeweiligen Teilbetrages zu ermöglichen, wird die nach § 14 Satz 2 GvKostG schon jetzt für Auslagen geltende Fälligkeitsregelung übernommen. Entsprechendes gilt für die übrigen Fälle der Erfolgsgebühr nach Nr. 401 bis 404 KV GvKostG-E. Erfolgsgebühren werden danach bereits mit ihrer Entstehung fällig.

Zu Nummer 13 (§ 17 Satz 2 GvKostG)

Es handelt sich um Anpassungen an die Einfügung eines neuen Abschnitts 4 in das Kostenverzeichnis.

Zu Nummer 14 (Abschnitte 4 und 5 - neu - )

Zu Abschnitt 4

Der neue Abschnitt 4 trifft Regelungen zu den Kosten beigeordneter Gerichtsvollzieher. Beim Auftraggeber können bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe Gerichtsvollzieherkosten gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nur nach Maßgabe der bei der Bewilligung festgesetzten Zahlungen erhoben werden. Der Gerichtsvollzieher kann seinen Vergütungsanspruch deshalb gegen seinen Auftraggeber nicht durchsetzen. Bislang waren besondere Regelungen über die Vergütung des Gerichtsvollziehers in diesen Fällen entbehrlich. Die Vollstreckungstätigkeit des beamteten Gerichtsvollziehers wird durch seine allgemeinen Bezüge abgegolten, eine Regelung bezüglich der Auslagen im Falle der Prozesskostenhilfebewilligung enthält § 11 Nr. 3 GVO. Dem beliehenen Gerichtsvollzieher, der auf eigene Rechnung tätig ist, sind in diesen Fällen allerdings Vergütungsansprüche gegen die Staatskasse einzuräumen.

Zu § 17a

Nach Absatz 1 Satz 1 hat der beigeordnete Gerichtsvollzieher einen Anspruch gegen die Staatskasse. Die Bestimmung lehnt sich an die vergleichbare Regelung für Rechtsanwälte in § 45 Abs. 1 RVG an. Eine Ausgestaltung entsprechend § 17 Abs. 2 BNotO, wonach der Notar seine Urkundstätigkeit unter den für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe in der Zivilprozessordnung geltenden Voraussetzungen gebührenfrei oder gegen Zahlung der Gebühren in Monatsraten zu erbringen hat, würde der unterschiedlichen Struktur der Notargebühren einerseits und der Gerichtsvollziehergebühren andererseits nicht gerecht. Während die Notare den mit § 17 Abs. 2 BNotO verbundenen Gebührenverlust durch ein regelmäßig kostendeckendes Wertgebührensystem ausgleichen können, zeichnet sich das Gerichtsvollzieherkostenrecht durch relativ nahe beieinander liegende Festgebühren aus, die erst an die Kostendeckung herangeführt werden müssen.

Der Anspruch gegen die Staatskasse richtet sich auf die gesetzlichen Kosten. Eine Ermäßigung der Gebühren ist nicht vorgesehen, da das Niveau der Festgebühren so moderat ist, dass eine weitere Absenkung nicht gerechtfertigt erscheint. Auch beigeordnete Rechtsanwälte müssen bis zu einem Gegenstandswert von 3000 Euro, bei dem die 1,0-Gebühr 189 Euro beträgt, keine Einbuße hinnehmen.

Absatz 1 Satz 2 stellt den Umfang des Anspruchs klar und ist im Zusammenhang mit § 119 Abs. 2 ZPO zu sehen. Absatz 1 Satz 3 dient der Beschränkung der Kosten auf das erforderliche Mindestmaß und ist an der für Rechtsanwälte geltenden Regelung des § 46 Abs. 1 RVG ausgerichtet.

Absatz 2 regelt das Vorschussrecht des gerichtlich beigeordneten Gerichtsvollziehers. Es soll ihm ersparen, Auslagen vorstrecken und auf seine Kosten längere Zeit warten zu müssen. Bei den Auslagen beschränkt sich das Vorschussrecht anders als bei der vergleichbaren Regelung für Rechtsanwälte in § 47 RVG auf die voraussichtlich entstehenden Auslagen. Schon entstandene Auslagen sind gemäß § 14 Satz 2 GvKostG bereits fällig und können daher ohnehin gegenüber der Staatskasse geltend gemacht werden. Hierdurch ist gewährleistet, dass der Gerichtsvollzieher die insbesondere bei Räumungen nicht selten in beträchtlicher Höhe anfallenden Auslagen auch dann umgehend abrechnen kann, wenn er vor ihrer Entstehung keinen oder keinen ausreichenden Vorschuss verlangt hat.

Zu § 17b

Die Vorschrift regelt die Zuständigkeit und Verfahrensfragen zur Festsetzung der Kosten bzw. des Vorschusses.

Zu § 17c

Die Vorschrift hat Erinnerung und Beschwerde gegen die erfolgte Festsetzung zum Gegenstand. Das Verfahren ist in Anlehnung an § 56 Abs. 2 und § 33 Abs. 3 bis 8 RVG geregelt.

Zu § 17d

Die Vorschrift enthält die Anrechnungspflicht von Vorschüssen und Zahlungen, die der Gerichtsvollzieher vom Auftraggeber oder von dritter Seite erhalten hat.

Zu § 17e

Die Regelung ordnet - vergleichbar § 59 RVG - einen gesetzlichen Forderungsübergang an. Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2 GvKostG hat der Gerichtsvollzieher auch einen Anspruch gegen den Vollstreckungsschuldner. Wie bei § 59 RVG sollen für die Geltendmachung des übergegangenen Anspruchs die Vorschriften über die Einziehung der Kosten des gerichtlichen Verfahrens entsprechend anwendbar sein. Dies ist insbesondere von Bedeutung wenn die Kosten des Gerichtsvollziehers - beispielsweise wegen § 125 Abs. 1 ZPO - nicht zugleich mit dem zu vollstreckenden Anspruch durch den Gerichtsvollzieher eingezogen werden können.

Zu Abschnitt 5

Für den Übergang vom System beamteter Gerichtsvollzieher in das Beleihungssystem ist eine Gesamtdauer von 10 Jahren vorgesehen. Dabei sollen während einer Parallelphase vom vierten bis zum zehnten Jahr der Übergangszeit beamtete und beliehene Gerichtsvollzieher nebeneinander tätig werden und zwar prinzipiell unter den gleichen Bedingungen. Die uneingeschränkte Anwendung der für beliehene Gerichtsvollzieher geltenden Bestimmungen auf beamtete Gerichtsvollzieher ist jedoch nicht sachgerecht, da in verschiedenen Regelungsbereichen einerseits die auf beliehene Gerichtsvollzieher zugeschnittenen Vorschriften für beamtete Gerichtsvollzieher nicht passen und andererseits eine Gleichbehandlung unter dem im Vordergrund stehenden Gesichtspunkt der Wettbewerbsgleichheit nicht geboten ist, weil ein Wettbewerbsvor- bzw. -nachteil durch die unterschiedlichen Regelungen nicht entsteht. Abschnitt 5 enthält daher die erforderlichen Sondervorschriften für beamtete Gerichtsvollzieher.

Zu § 17f

Keine Anwendung auf beamtete Gerichtsvollzieher sollen die Vorschriften über die Einforderung und Festsetzung der Kosten (§§ 5, 6 GvKostG-E) finden. Die Neuregelungen der §§ 5 und 6 sind darauf ausgerichtet, dass Gläubiger der Gebühren ein außerhalb des Staates stehender Gerichtsvollzieher ist. Werden die Gebühren aber zur Staatskasse erhoben, so besteht keine Veranlassung von dem bestehenden System des Kostenansatzes und der Beitreibung abzuweichen, denn ein Wettbewerbsnachteil der beliehenen Gerichtsvollzieher entsteht insoweit nicht und die Umstellung des Systems wäre für die Länder unpraktikabel. Auch bei den Notaren im Landesdienst finden bei Gebührengläubigerschaft der Staatskasse für den Kostenansatz und die Beitreibung die Vorschriften für die Gerichte entsprechende Anwendung (vgl. §§ 141, 142 KostO). Für beamtete Gerichtsvollzieher sollen daher in den §§ 17g und 17h die bisher geltenden Vorschriften inhaltlich beibehalten werden, mit der Folge, dass auch § 4 Abs. 4 - neu - GvKostG-E von der Anwendung auszunehmen ist.

Die §§ 6a und 6b entsprechen inhaltlich den §§ 5a und 69a GKG, auf die in § 17g Abs. 2 GvKostG-E verwiesen wird. Ihr Ausschluss hat daher keine inhaltlichen, sondern systematische Gründe. Da § 17g GvKostG-E für das Verfahren auf das Gerichtskostengesetz verweist, ist es folgerichtig, auch bezüglich der Anhörungsrüge und der Regelung der elektronischen Akte bzw. des elektronischen Dokuments die Bestimmungen des Gerichtskostengesetzes heranzuziehen. Dies gilt umso mehr als auf beamtete Gerichtsvollzieher keines der Verfahren Anwendung findet, wegen der die §§ 6a und 6b GvKostG-E der Aufnahme bedürfen (§ 4 Abs. 4, §§ 6, 17b, 17c GvKostG-E) und die Frage aufkommen könnte, ob die §§ 6a und 6b auf die Sonderbestimmung des § 17g überhaupt anzuwenden sind. Der Verweis auf das Gerichtskostengesetz dient mithin zugleich der Rechtsklarheit und gewährleistet, dass auch im Falle einer künftigen Divergenz der Regelungen der §§ 6a und 6b GvKostG-E einerseits und der §§ 5a und 69a GKG andererseits auf beamtete Gerichtsvollzieher die sachgerechte, nämlich die für Gerichtskosten geltende Regelung Anwendung findet.

Von der Anwendung ausgeschlossen sind schließlich die den beigeordneten Gerichtsvollzieher betreffenden Regelungen des Abschnitts 4. Die §§ 17a ff. GvKostG-E sind deshalb erforderlich, weil dem beliehenen Gerichtsvollzieher, der seine Gebühren in eigenem Namen und für eigene Rechnung erhebt, nicht zugemutet werden kann, seine Kosten gemäß § 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nur nach Maßgabe der bei der Prozesskostenhilfebewilligung festgesetzten Zahlungen zu erheben. Diese Überlegung greift bei beamteten Gerichtsvollziehern nicht durch, denn die Kosten werden zur Staatskasse erhoben. Die Anwendung der Vorschriften des vierten Abschnitts brächte daher eine aufwändige und unsinnige Hin- und Herzahlung mit sich. Auch insoweit soll es daher für beamtete Gerichtsvollzieher bei der bisherigen Rechtslage bleiben.

Zu § 17g

Die Regelung entspricht dem geltenden § 5 GvKostG. Auf die Begründung zu § 17f wird verwiesen.

Zu § 17h

Die Regelung entspricht dem geltenden § 6 GvKostG. Auf die Begründung zu § 17f wird verwiesen.

Zu § 17i

Die Bestimmung entspricht dem geltenden § 7 Abs. 2 GvKostG und trifft so die bei beamteten Gerichtsvollziehern erforderliche Regelung der Zuständigkeit.

Zu Nummer 15

Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Einfügung eines neuen Abschnitts 4.

Zu Nummer 16 (Anlage zu § 9)

Zu Buchstabe a bis p

Abgesehen von den erforderlichen Anpassungen infolge der sich durch den neuen Abschnitt 4 ergebenden Nummernverschiebung, bedarf es zur Verbesserung der Kostendeckung der linearen Anhebung aller Gebührentatbestände um den Faktor 2,30.

Dies gilt auch für die Gebühren für die persönliche Zustellung (Nr. 100) und die sonstige Zustellung (Nr. 101). Damit liegen zwar die Kosten für die Zustellung unter Mitwirkung der Post über den Preisen einzelner privater Postdienstleistungsunternehmen für die Durchführung der Zustellung. Der Gerichtsvollzieher verfügt allerdings regelmäßig über ein höheres Ausbildungsniveau als die von privaten Postdienstleistungsunternehmen eingesetzten Zustellkräfte. Auch wenn er die eigentliche Durchführung der Zustellung einem privaten Postdienstleistungsunternehmen überlässt, erbringt er durch die Prüfung des Vorgangs und die Übernahme der Verantwortung für den Zustellungserfolg eine eigene Leistung, die angemessen zu vergüten ist. Angesichts der Höhe der Zustellungsgebühren in unseren europäischen Nachbarländern erscheint die Erhöhung der Zustellungsgebühren im Übrigen gut vertretbar.

Im Bereich der Auslagen ist keine Erhöhung vorgesehen, da die derzeitigen Beträge auskömmlich sind und im Übrigen bei der Dokumentenpauschale ein Gleichlauf mit dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und allen anderen Kostengesetzen beibehalten werden muss.

Zu Buchstabe q (Abschnitt 4 - neu - )

Zu Nummer 400

Gemäß Nummer 400 KV GvKostG-E soll für die Ablieferung von Geld an den Auftraggeber oder an einen von diesem benannten Dritten eine Erfolgsgebühr in Höhe von 5 Prozent des abzuliefernden Betrages anfallen. Die Regelung orientiert sich im Kern an der bisherigen Gebühr nach Nummer 430 KV GvKostG, die im Zuge der Einführung von Erfolgsgebühren aufzuheben ist. Während die gegenwärtige Hebegebühr aber einen Ausgleich für Mühe und Verantwortung bei freiwilligen Zahlungen darstellt, soll nach Nummer 400 KV GvKostG-E ein Leistungsanreiz zur Herbeiführung des Vollstreckungserfolgs geschaffen werden. Dazu soll der Gerichtsvollzieher gezielt am Beitreibungserfolg partizipieren, wenn die Befriedigung des Auftraggebers zumindest auch auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist. Messgröße für den Erfolg und damit Anknüpfungspunkt für die Gebühr soll die Ablieferung von Geld an den Auftraggeber oder an einen von diesem benannten Dritten sein. Unerheblich ist dabei, welche Handlungen der Ablieferung vorausgegangen sind. Die Gebühr fällt daher bei Weiterleitung freiwilliger Zahlungen ebenso an wie bei Auskehr eines Verwertungserlöses oder Ablieferung gepfändeten Geldes.

Grundsätzlich ist eine Gebühr in Höhe von 5 Prozent des abzuliefernden Betrages angemessen. Eine Untergrenze ist erforderlich, um dem Gerichtsvollzieher eine Mindesthonorierung des erzielten Erfolges zu gewährleisten. Die Mindestgebühr gilt im Gegensatz zur derzeitigen Regelung in Nr. 430 KV GvKostG nicht für jede Ablieferung, sondern fällt nur einmal je Vollstreckungsauftrag an. Sie soll deshalb nicht 3 Euro sondern 10 Euro betragen. Auf diese Weise wird verhindert, dass die Erfolgsgebühr die Vollstreckung von kleinen Forderungen überproportional stark belastet. Eine Orientierung der Mindesterfolgsgebühr an der Regelung in Nr. 430 KV GvKostG würde dem Gerichtsvollzieher zwar die gegenwärtigen Gebühren bei der Vereinnahmung von Zahlungen sichern. Eine Verringerung der Gebühreneinnahmen ist aber nur bei der Einziehung von Kleinstraten zu befürchten, die ohnehin regelmäßig unwirtschaftlich ist und deshalb die nach § 806b Satz 2 ZPO erforderliche Zustimmung des Gläubigers nicht finden wird.

Um zu verhindern, dass die Erfolgsgebühr im Einzelfall bei ungewöhnlich hohen Vollstreckungserlösen außer Verhältnis zur Leistung des Gerichtsvollziehers steht, ist sie auf 500 Euro begrenzt. Dies entspricht einem Vollstreckungserlös von 10 000 Euro. Zwar erreichen die zu vollstreckenden Forderungen nur selten diese Höhe. Soll die Erfolgsgebühr ihre Funktion als Leistungsanreiz nicht verlieren, darf der Höchstbetrag aber nicht zu gering angesetzt werden, da der Gerichtsvollzieher für die erfolgreiche Vollstreckung einer Forderung über 10 000 Euro regelmäßig deutlich mehr leisten muss als für die Vollstreckung einer Forderung über 1 000 oder 5 000 Euro.

Nach § 14 Satz 2 GvKostG-E wird die Gebühr mit der Ablieferung des Geldes fällig. Sie kann deshalb gemäß § 15 GvKostG vom Gerichtsvollzieher vorweg aus dem abzuliefernden Geld entnommen werden. Entsprechend der Rechtslage bei der Hebegebühr der Notare gemäß § 149 KostO bleibt bei der Berechnung der Gebühr ihre Entnahme unberücksichtigt, d.h. die Gebühr wird aus dem nicht durch die Gebühr gekürzten Auszahlungsanspruch des Auftraggebers erhoben.

Die Anmerkung zu dem neuen Gebührentatbestand übernimmt Satz 2 der Anmerkung zur gegenwärtigen Hebegebühr der Nummer 430 KV GvKostG (keine Gebührenerhebung bei Entgegennahme der Schecksumme). Keiner Aufnahme bedurfte die 1. Variante des Satzes 1 der Anmerkung zu Nummer 430 KV GvKostG, da die Einziehung eines Schecks durch den Gerichtsvollzieher letztlich zur Ablieferung von Geld führt und damit der Gebührentatbestand bereits nach seinem Wortlaut eingreift.

Zu Nummer 401

Entsprechend der Anmerkung zur gegenwärtigen Hebegebühr Nummer 430 KV GvKostG (2. Variante des Satzes 1) wird die Gebühr auch im Fall der Weiterleitung eines Schecks erhoben, da es der Auftraggeber in der Hand hat, dem Gerichtsvollzieher die Einziehung zu überlassen und dies auch keine weiter gehenden Gebühren auslöst. Die Gebühr entsteht nicht, wenn nicht der Auftraggeber die Weiterleitung des Schecks an ihn verlangt, sondern der Schuldner hierum bittet, da der Auftraggeber in diesem Fall zur Annahme des Schecks nicht verpflichtet ist.

Die Höhe der Erfolgsgebühr richtet sich nach der Schecksumme. Durch die Regelung des § 14 Satz 2 GvKostG wird die Gebühr bereits bei der Weiterleitung des Schecks an den Auftraggeber fällig. Um zu vermeiden, dass der Auftraggeber mit der Erfolgsgebühr belastet wird, obwohl er tatsächlich keinen Erlös erhält, bestimmt Absatz 2 der Anmerkung zu dem neuen Gebührentatbestand, dass die Gebühr entfällt, soweit die Scheckeinlösung scheitert. Ein Aufschub der Fälligkeit bis zur Einlösung des Schecks erschiene demgegenüber unangemessen, da die Einlösung weder in der Hand des Gerichtsvollziehers liegt noch von diesem überwacht werden kann.

Zu Nummer 402

Wenn der Gerichtsvollzieher am Abschluss einer Zahlungsvereinbarung mitwirkt, hat er - soweit die Vereinbarung eingehalten wird - Anteil daran, dass der Auftraggeber Befriedigung erlangt. Das nach § 806b ZPO gebotene Hinwirken des Gerichtsvollziehers auf eine gütliche und zügige Einigung erweist sich dabei in der Praxis als besonders aufwändig und legt in aller Regel den Grundstein für die Befriedigung des Auftraggebers. Es ist deshalb geboten, ihm hierfür eine erfolgsbezogene Gebühr zuzugestehen. Sofern der Gerichtsvollzieher mit der Entgegennahme und Weiterleitung der Zahlungen an den Auftraggeber betraut ist, ist der Gerichtsvollzieher schon über die dann einschlägige Nummer 400 KV GvKostG-E angemessen entlohnt. In Absatz 1 der Anmerkung ist daher bestimmt, dass die Gebühr nicht neben der Gebühr Nummer 400 KV GvKostG-E erhoben wird. Nummer 402 KV GvKostG-E erlangt demzufolge nur in den Fällen Bedeutung, in denen die (Raten-)Zahlungen ohne Einschaltung des Gerichtsvollziehers abgewickelt werden.

Entsprechend der Gebührenhöhe in Nummer 400 KV GvKostG-E soll die Erfolgsgebühr 5 Prozent der vereinbarten Zahlungen, mindestens aber 10 Euro und höchstens 500 Euro je Auftrag betragen.

Nach § 14 Satz 2 GvKostG wird die Gebühr bereits beim Abschluss der Zahlungsvereinbarung fällig. Um zu verhindern, dass der Auftraggeber mit der Gebühr belastet wird, obwohl der Schuldner die Vereinbarung nicht erfüllt, sieht Absatz 2 der Anmerkung vor, dass die Gebühr entfällt, soweit der Schuldner seiner Zahlungspflicht nicht nachkommt.

Zu Nummer 403

Nummer 403 stellt der Ablieferung von Geld die Hinterlegung von Geld gleich. Auch in diesem Falle trägt der Gerichtsvollzieher dazu bei, den Auftraggeber ganz oder teilweise zu befriedigen. Zwar erlangt der Auftraggeber durch die Hinterlegung ähnlich wie im Fall der Scheckweiterleitung oder des Abschlusses einer Zahlungsvereinbarung noch keine Befriedigung. Eine Hinterlegung kommt aber nur in zwei Fällen in Betracht. Dies gilt zum einen für den Fall der Sicherungsvollstreckung in hinterlegungsfähige Gegenstände; in diesem Fall erfolgt die Hinterlegung zu Gunsten von Gläubiger und Schuldner als möglichen Empfangsberechtigten. Dies gilt zum anderen, falls die Vollstreckung zugleich für mehrere Gläubiger durchgeführt wird und Ungewissheit darüber besteht, welcher Gläubiger in welchem Umfang an dem Erlös zu beteiligen ist. Im erstgenannten Fall tritt der Vollstreckungserfolg bereits mit der Hinterlegung ein. Falls der hinterlegte Betrag später an den Schuldner herausgegeben wird, weil der Vollstreckungstitel keinen Bestand hat, liegt dies nicht im Verantwortungsbereich des Gerichtsvollziehers und kann deshalb seinen Gebührenanspruch nicht schmälern. Bei der Ungewissheit über die Berechtigung mehrerer Gläubiger erfolgt die Hinterlegung nur zu deren Gunsten; eine Herausgabe an den Schuldner scheidet aus. Auch der Streit über den Umfang der Berechtigung mehrerer Gläubiger kann aber nicht zu Lasten des Gerichtsvollziehers gehen, der mit der Hinterlegung des Vollstreckungserlöses alles seinerseits Erforderliche getan hat. Ein Aufschub der Entstehung des Gebührenanspruchs bis zur Herausgabeverfügung der Hinterlegungsstelle oder ein Wegfall des Gebührenanspruchs je nach dem Inhalt der Herausgabeverfügung ist daher nicht gerechtfertigt.

Zu Nummer 404

Die Gründe, die eine Erfolgsgebühr des Gerichtsvollziehers bei der Geldvollstreckung rechtfertigen, gelten auch im Rahmen der Herausgabevollstreckung nach dem dritten Abschnitt des achten Buchs der Zivilprozessordnung. Der Gebührentatbestand Nummer 404 KV GvKostG-E trägt dem Rechnung.

Die Höhe der Gebühr soll sich nach dem Gegenstandswert richten. Es erscheint sachgerecht, wenn sich der Wert grundsätzlich nach dem Wert der herauszugebenden Sache bestimmt. Als alleiniger Maßstab scheidet diese Größe indessen aus, da es anderenfalls nicht selten zu unbilligen Ergebnissen käme. Als Beispiel lässt sich die Räumung und Herausgabe von Immobilien anführen. Eine am Wert der Sache orientierte Erfolgsgebühr könnte exorbitante Höhen erreichen. Den Wert der Sache zugrunde zu legen wäre auch deshalb nicht sachgerecht, weil sich der Wert der Herausgabe für den Gläubiger regelmäßig im Nutzungswert erschöpft. Da die Aufnahme eigenständiger und abschließender Wertbestimmungsregeln in das Gerichtsvollzieherkostengesetz angesichts der zu beachtenden Besonderheiten zu aufwändig wäre und das Gerichtskostengesetz sachgerechte Regelungen bereit hält, wird auf dessen Vorschriften verwiesen, d.h. es ist auf den Wert abzustellen, der bei einer entsprechenden Klage auf Herausgabe anzunehmen wäre. Häufig wird eine Wertbestimmung bereits im Vollstreckungstitel enthalten sein. Dieser Wert wird regelmäßig, nämlich soweit keine zwischenzeitlichen Wertänderungen erfolgt sind, übernommen werden können.

Die Begrenzung auf 500 Euro stellt dabei sicher, dass die Erfolgsgebühr bei besonders hohen Werten wie im Fall der Herausgabe eines Grundstücks nicht außer Verhältnis zur Leistung des Gerichtsvollziehers steht.

Nach Absatz 2 der Anmerkung ist die Erfolgsgebühr nicht zu erheben, wenn die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers für die Ablieferung der herauszugebenden bzw. zu räumenden Sache nicht ursächlich war. Mit dieser Regelung sollen die Fälle erfasst werden, in denen der Erfolg der Vollstreckung, wie z.B. bei einer freiwilligen Räumung durch den Schuldner, ohne besonderes Zutun des Gerichtsvollziehers eingetreten ist.

Zu Buchstabe r bis w

Durch die Einführung des neuen Abschnitts 4 verschieben sich ab dem bisherigen Abschnitt 4 die Nummern der Gebührentatbestände. Die Änderungsbefehle vollziehen die erforderlichen Anpassungen. Im Übrigen wird auf die Begründung zu Buchstabe a bis p verwiesen.

Zu Buchstabe x (Nummer 430)

Die bisherige Gebühr Nummer 430 KV GvKostG geht in den Gebühren des neuen Abschnitts 4 auf und ist folglich aufzuheben.

Zu Buchstabe y bis a8

Auf die Begründung zu Buchstabe r bis w wird verwiesen.

Zu Buchstabe a9 (Nummer 703)

Auch bei Nummer 703 KV GvKostG ist die Nummernverschiebung durch die Einführung des neuen Abschnitts 4 zu berücksichtigen.

Inhaltlich ist im Beleihungssystem der Ausschluss der Erhebung von Auslagen für die Heranziehung von Gebärdensprachdolmetschern nicht länger gerechtfertigt. Die Vorschrift soll daher an die Rechtslage für Gebührennotare (§ 152 Abs. 2 Nr. 3 KostO) angepasst werden.

Zu Buchstabe a10

Auf die Begründung zu Buchstabe r bis w wird verwiesen.

Zu Buchstabe a11 (Nummer 811)

Die Einführung des Wettbewerbs unter den Gerichtsvollziehern führt dazu, dass die Bereiche, in denen der Gerichtsvollzieher örtlich zuständig ist, künftig erheblich größer werden. Zwar ist davon auszugehen, dass der Auftraggeber bei der Auswahl des Gerichtsvollziehers auch die örtliche Nähe zum Schuldner berücksichtigen wird. Nicht auszuschließen ist aber, dass der Gerichtsvollzieher im Einzelfall auch längere Wege zurücklegen muss. Dem wird beim Wegegeld durch eine neue Stufe für zurückgelegte Wegstrecken von mehr als 50 Kilometern Rechnung getragen.

Die Vorgaben zur Berechnung des Wegegeldes werden grundsätzlich unverändert übernommen. Die Absätze 1 und 2 der Anmerkung sind allerdings an die neuen Regelungen des Gerichtsvollziehergesetzes anzupassen. An die Stelle des dem Gerichtsvollzieher zugewiesenen Bezirks innerhalb seines Amtsgerichtsbezirks bzw. des Bezirks eines anderen Amtsgerichts tritt danach sein Amtsbereich im Sinne von § 10 Gerichtsvollziehergesetz-E. Zur Berechnung der Entfernung ist künftig nicht mehr auf das Amtsgericht, sondern ausschließlich auf die Geschäftsstelle des Gerichtsvollziehers abzustellen, da der Gerichtsvollzieher künftig nicht mehr über die Gerichtsvollzieherverteilerstelle, sondern unmittelbar beauftragt wird.

Zu Buchstabe a12 (Nummer 812)

Der beliehene Gerichtsvollzieher kann unter bestimmten Umständen, besonders in den Fällen des § 12 Gerichtsvollziehergesetz-E, auch außerhalb seines Amtsbereichs tätig werden. Hierfür ist eine spezielle Reisekostenregelung notwendig, da das Wegegeld der Nummer 811 nur Reisen innerhalb des Amtsbereichs abgilt. Die Neufassung orientiert sich an den entsprechenden Bestimmungen für Rechtsanwälte und Notare.

Zu Buchstabe a13 (Nummer 813)

Die Erhöhung der Gebühren bewirkt mittelbar eine Erhöhung der Pauschale für sonstige bare Auslagen, die prozentual an die zu erhebenden Gebühren anknüpft. Zwar könnte durch eine solche Erhöhung der Aufwand der Gerichtsvollzieher für die Vereinnahmung von Teilzahlungen besser abgedeckt werden, sofern zugleich die bisherigen Unter- und Obergrenzen von 3 bzw. 10 Euro angehoben werden. Dies würde die Vollstreckung von Kleinforderungen aber besonders belasten. Da ein Anstieg der baren Auslagen aus Anlass der Einführung des Beleihungssystems nicht ersichtlich ist, soll die Pauschale im wesentlichen unverändert bleiben. Dies wird durch eine Halbierung des Prozentsatzes erreicht.

Zu Buchstabe a14 (Nummer 814)

Aus steuerrechtlichen Gründen ist die Schaffung eines neuen Auslagentatbestandes notwendig. Die Umsätze der beliehenen Gerichtsvollzieher unterliegen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) der Umsatzsteuer, da die beliehenen Gerichtsvollzieher Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 UStG sind. Obwohl sie ihre Leistungen hoheitlich und in Erfüllung öffentlicher Aufgaben erbringen, findet die Ausnahmevorschrift des § 2 Abs. 3 UStG auf sie keine Anwendung. Der Umfang der Umsatzsteuerbarkeit ist europarechtlich durch Artikel 4 Abs. 1, 2 und 5 der 6. Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage - vom 17. Mai 1977 festgelegt. Danach unterliegen beispielsweise auch die Amtshandlungen der nach niederländischem Recht beliehenen Gerichtsvollzieher der Umsatzsteuer.

Ausgehend von der Umsatzsteuerpflicht beliehener Gerichtsvollzieher wird in Anlehnung an die für Notare geltende Bestimmung des § 151a KostO und entsprechend der Rechtslage bei den Rechtsanwälten ein Auslagentatbestand geschaffen, der es dem Gerichtsvollzieher ermöglicht, die Umsatzsteuer an den Kostenschuldner weiter zu reichen. Der Auslagentatbestand wird sprachlich ebenso wie die zum 1. Juli 2004 in Kraft getretene Regelung bei den Rechtsanwaltsgebühren in Nummer 7008 VV RVG gefasst.

Die Umsatzsteuerbarkeit von Auslagen führt für den Gläubiger bei den oft hohen Speditionskosten im Rahmen einer Räumungsvollstreckung zu keiner wirtschaftlichen Mehrbelastung gegenüber dem derzeitigen System. Schließt der Gerichtsvollzieher entsprechend den Gepflogenheiten der Praxis den Vertrag mit dem Spediteur nicht als Vertreter des Gläubigers, sondern in eigenem Namen, stellt die Weiterreichung der Speditionskosten an den Gläubiger zwar einen umsatzsteuerpflichtigen Vorgang dar. Dabei kommt es aber nicht zum Ansatz von Umsatzsteuer auf die vom Gerichtsvollzieher gegenüber dem Spediteur zu entrichtende Umsatzsteuer. Auf Grund der ihm nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG zustehenden Vorsteuerabzugsberechtigung erfährt der Gerichtsvollzieher aus dem Ansatz der Umsatzsteuer durch den von ihm beauftragten Spediteur keine wirtschaftliche Belastung, die es an den Gläubiger weiterzureichen gilt. Statt dessen stellt der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger den nach Abzug der Umsatzsteuer verbleibenden Nettobetrag der von ihm an den Spediteur zu zahlenden Vergütung in Rechnung und erhöht diesen Betrag gemäß Nr. 814 KV GvKostG-E um die von ihm an den Spediteur entrichtete, sodann aber als Vorsteuer abgezogene Umsatzsteuer.

Zu Artikel 6 (Änderung des Rechtspflegergesetzes)

Das neu geschaffene Festsetzungsverfahren nach § 6 GvKostG soll dem Rechtspfleger übertragen werden. Das Verfahren orientiert sich stark an bereits bestehenden Festsetzungsverfahren, z.B. nach den §§ 103 ff. ZPO oder § 11 RVG. Die Sachnähe des Rechtspflegers zu solchen Festsetzungsverfahren gebietet eine Übertragung auch des neuen Verfahrens.

Zu Artikel 7 (Änderung des Umsatzsteuergesetzes)

Während Leistungen beliehener Gerichtsvollzieher der Umsatzsteuerpflicht unterfallen (vgl. Begründung zu Artikel 5 Nr. 16 Buchstabe a11), sind nach dem geltenden Umsatzsteuergesetz Leistungen beamteter Gerichtsvollzieher mit Blick auf § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG keine steuerbaren Umsätze. Da beliehene Gerichtsvollzieher die Umsatzsteuer an den Kostenschuldner weiterzugeben haben (vgl. Nr. 814 KV GvKostG-E), hätte dies zur Folge, dass in dem während der Übergangsphase bestehenden Parallelsystem von beamteten und beliehenen Gerichtsvollziehern die Höhe der Kosten für die gleiche Leistung unterschiedlich wäre. Zur Herstellung der Wettbewerbsgleichheit ist daher eine Regelung in das Umsatzsteuergesetz aufzunehmen, die sicherstellt, dass auch die Leistungen beamteter Gerichtsvollzieher umsatzsteuerpflichtig sind.

Zu Artikel 8 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.

Grundsätzlich sollen das Gerichtsvollziehergesetz, das die Rechte und Pflichten des beliehenen Gerichtsvollziehers regelt, die kostenrechtlichen Änderungen zur Erzielung kostendeckender Gebühren durch den Gerichtsvollzieher und die verfahrensrechtlichen Änderungen zur Einführung des Beleihungssystems erst zu Beginn der siebenjährigen Parallelphase in Kraft treten, während der beliehene neben beamteten Gerichtsvollziehern tätig sein werden. Nach der allgemeinen Regelung in Satz 2 treten die Regelungen dieses Gesetz deshalb erst zu Beginn des vierten Jahres der Übergangszeit in Kraft.

Einzelne Regelungen sind allerdings vorzeitig in Kraft zu setzen, um sicherzustellen, dass die vor der Parallelphase notwendigen Vorbereitungsarbeiten ordnungsgemäß durchgeführt werden können. Diese Regelungen sollen nach Satz 1 bereits am Tag nach der Verkündung dieses Gesetzes gelten.

Dies gilt zunächst für die Regelungen zur Bestellung der beliehenen Gerichtsvollzieher in Artikel 1 §§ 4 bis 7. Die Bestellung eines beliehenen Gerichtsvollziehers bedarf eines zeitlichen Vorlaufs, um das in Artikel 1 § 6 vorgeschriebene Ausschreibungsverfahren sowie die eigentliche Auswahlentscheidung und Bestellung nach Artikel 1 § 5 durchführen zu können. In diesem Zusammenhang sind auch Artikel 1 § 4, der die Kriterien für die im Rahmen der Bestellungsentscheidung zu treffende Bedürfnisprüfung enthält, sowie die Regelung des Amtseids in Artikel 1 § 7 vorzeitig in Kraft zu setzen. Im Hinblick auf die Möglichkeit der Anfechtung einer Bestellungsentscheidung muss sich das vorzeitige Inkrafttreten auf die Rechtswegebestimmung des Artikels 1 § 106 erstrecken. Einer Regelung zum vorzeitigen Inkrafttreten bedarf es auch in Bezug auf Artikel 1 § 102, der besondere Übergangsvorschriften für Bestellungsentscheidungen in den ersten drei Jahren der Übergangszeit enthält. Etwas anderes gilt für Artikel 1 § 104, der lediglich die Anwendbarkeit des Gerichtsvollziehergesetzes auf beamtete Gerichtsvollzieher nach Beginn der siebenjährigen Parallelphase regelt.

Da die Ausbildung der Gerichtsvollzieher durch das Gerichtsvollziehergesetz selbst nicht geregelt wird, kann mit der Ausbildung der künftigen beliehenen Gerichtsvollzieher nach den in § 5 Abs. 2 enthaltenen Modellen unabhängig vom Inkrafttreten dieses Gesetzes unmittelbar nach dem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens begonnen werden. Soweit mit der Umsetzung der in § 5 Abs. 2 enthaltenen Ausbildungsmodelle bereits in der Vorlaufphase begonnen wird, ist allerdings zu bedenken, dass die praktischen Ausbildungsabschnitte dann nicht bei einem Beliehenen, sondern nur bei einem beamteten Gerichtsvollzieher abgeleistet werden können, der noch das alte Verfahrens- und Kostenrecht anwendet. Die vor diesem Hintergrund für die praktischen Ausbildungsabschnitte in den ersten drei Jahren des Übergangszeitraums zu treffenden besonderen rechtlichen Vorgaben obliegen nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Gerichtsvollziehergesetz-E dem Verordnungsgeber.

Um den Verordnungsgebern in den Ländern ausreichend Zeit zur Vorbereitung und zum Erlass der ab dem Beginn der Parallelphase nötigen Rechtsverordnungen zu geben, treten sämtliche Verordnungsermächtigungen bereits am Tag nach der Verkündung dieses Gesetzes in Kraft. Verordnungsermächtigungen finden sich neben Artikel 1 § 5 Abs. 3 insbesondere in Artikel 1 § 8 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 3 zum Amtsbereich sowie in Artikel 1 § 11 Abs. 2, § 43 Abs. 3 und § 94 Abs. 2. Das vorzeitige Inkrafttreten erstreckt sich auch auf die in Artikel 1 § 108 enthaltene Subdelegationsermächtigung. Da der Erlass von Verwaltungsvorschriften im Gegensatz zum Erlass von Rechtsverordnungen keiner gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedarf, ist ein vorzeitiges Inkraftsetzen der entsprechenden Bestimmungen (z.B. Artikel 1 § 32) entbehrlich. Anderes gilt für Artikel 1 § 100 und Artikel 1 § 65 Abs. 3. Im ersten Fall wird den Länder eine Gesetzgebungsbefugnis zu Teilen der im Übrigen vom Bund abschließend geregelten Materie eingeräumt; diese Öffnung muss angesichts der Dauer eines Gesetzgebungsverfahrens bereits zu Beginn der Übergangszeit wirksam werden. Ähnlich verhält es sich im zweiten Fall, der den Ländern die Möglichkeit zur Einrichtung einer Gerichtsvollzieherkammer für den Bereich mehrerer Länder durch Staatsvertrag einräumt; auch diese Option muss bereits in der Vorlaufphase zur Verfügung stehen.