Empfehlungen der Ausschüsse
Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs

946. Sitzung des Bundesrates am 17. Juni 2016

Der federführende Rechtsausschuss (R), der Finanzausschuss (Fz) und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) empfehlen dem Bundesrat zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf allgemein

Die Länder werden unstreitig mit einem erheblichen finanziellen Aufwand belastet. Der Verweis auf eine nicht mehr aktuelle Grobkalkulation, welche zudem den Aufwand über alle Gerichtsbarkeiten hinweg darstellt, genügt nicht, wenn hieraus der Aufwand für den Bereich der Strafsachen nicht ermittelt werden kann. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, gemeinsam mit den Ländern den Aufwand genauer herauszuarbeiten, zu beziffern und darauf hinzuwirken, dass im weiteren Gesetzgebungsverfahren die für die Länder und Kommunen entstehenden Kosten soweit als möglich begrenzt werden.

2. Zum Gesetzentwurf insgesamt

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren Regelungen über die verbindliche elektronische Aktenführung in allen gerichtlichen Verfahrensordnungen ab dem 1. Januar 2026 vorzusehen.

Begründung:

Der Gesetzentwurf sieht die verpflichtende Einführung der elektronischen Akte ab dem 1. Januar 2026 in Straf- und Bußgeldverfahren vor. In den übrigen gerichtlichen Verfahrensordnungen - in der ZPO, im FamFG, im ArbGG, in der VwGO, in der FGO und im SGG - ist die elektronische Aktenführung derzeit nicht verbindlich geregelt. Gemäß § 298a ZPO können die Verfahrensakten im Zivilprozess elektronisch geführt werden. Die Bundesregierung und die Landesregierungen bestimmen danach für ihren Bereich durch Rechtsverordnung den Zeitpunkt, von dem an elektronische Akten geführt werden, sowie die hierfür geltenden organisatorischtechnischen Rahmenbedingungen für die Bildung, Führung und Aufbewahrung. Die übrigen Verfahrensordnungen enthalten vergleichbare Regelungen ( § 48e ArbGG, § 14 FamFG, § 135 GBO, § 52b FGO, § 65b SGG, § 55b VwGO).

Gleichwohl ist durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 der elektronische Rechtsverkehr in Zivilverfahren ab dem 1. Januar 2018 nach § 130a ZPO n.F. eröffnet, wobei bis zum 1. Januar 2020 für die Länder die zeitlich befristete Möglichkeit besteht, die spätere Eröffnung zu bestimmen. Entsprechende Regelungen finden sich in anderen Verfahrensordnungen. "Professionelle Einreicher" wie Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts sind gemäß § 130d ZPO sogar ab dem 1. Januar 2022 verpflichtet, Schriftsätze und Anträge elektronisch einzureichen. Auch diesbezüglich bestehen entsprechende Regelungen in den übrigen Verfahrensordnungen.

Die verbindliche Einführung der elektronischen Akte auf den Straf- und Bußgeldbereich zu beschränken erscheint inkonsequent. Im Interesse einer einheitlichen Vorgehensweise in rechtlicher wie auch in organisatorischer Hinsicht sollten die Verfahrensordnungen gleichlaufend gestaltet werden. Ein verbindlicher Einführungstermin für alle Verfahrensordnungen schafft Planungssicherheit für die Länder. Gleichzeitig eröffnet die Wahl eines vergleichsweise späten festen Einführungstermins genügend Spielraum für Entwicklung, Test und Pilotierung der elektronischen Akte.

Auch in den übrigen Verfahrensordnungen sollte die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs aus organisatorischen und wirtschaftlichen Gründen nicht ohne die zeitnahe Einführung einer elektronischen Akte erfolgen. Anderenfalls entstünden Medienbrüche, die zum einen nicht zeit- und technikgemäß sind und zum anderen Verfahrensabläufe künstlich verlangsamen sowie den wirtschaftlichen Aufwand der Justiz unnötig erhöhen. Nach der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs sind professionelle Anwender verpflichtet, Schriftsätze in elektronischer Form einzureichen. Auch wenn es den Bürgerinnen und Bürgern sowie Privatunternehmen weiterhin freistehen wird, sich in Papierform an die Justiz zu wenden, werden die Eingänge in elektronischer Form mittelfristig die Papiereingänge deutlich übersteigen. Elektronische Eingänge müssten, um zum Gegenstand der Papierakte zu werden, auf Kosten der Justiz ausgedruckt werden. Eine Beibehaltung der Papierakte würmnach eine erhebliche Steigerung der Druckkosten verursachen, die mit der elektronischen Akte zu vermeiden wären.

Ein fester Einführungstermin als Zielvorgabe beschleunigt die Einführung der elektronischen Akte, da die Umsetzung eine gesetzliche Verpflichtung wäre. Ohne die Verpflichtung zur Einführung besteht die Möglichkeit, dass die elektronische Akte sehr spät oder überhaupt nicht eingeführt wird, da anderweitige Vorhaben, die gesetzlich zwingend angeordnet sind, möglicherweise vorgezogen werden.

Ohne eine Regelung zur verbindlichen Einführung der elektronischen Akte in den übrigen Prozessordnungen würden unterschiedliche Standards in den Ländern entstehen. Insbesondere bei länderübergreifenden Verweisungen und länderübergreifenden Abgaben von Verfahren würde dies zu Mehraufwänden führen.

Eine bundeseinheitliche Anordnung der elektronischen Aktenführung in allen Verfahrensordnungen erhöht die Akzeptanz in der Richterschaft, da alle Verfahrensbereiche gleichermaßen in den Umstellungsprozess eingebunden wären.

3. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 32a Absatz 2 Satz 3 - neu - StPO)

In Artikel 1 Nummer 2 ist dem § 32a Absatz 2 folgender Satz anzufügen:

"Die Rechtsverordnung kann bestimmen, dass Verteidiger und Rechtsanwälte neben dem elektronischen Dokument bestimmte Angaben in strukturierter maschinenlesbarer Form zu übermitteln haben."

Begründung:

Die Potenziale des elektronischen Rechtsverkehrs können nur dann vollständig genutzt werden, wenn neben dem unveränderbaren elektronischen Dokument zugleich ein Datensatz mit den für eine automatisierte Verarbeitung erforderlichen Angaben beigefügt wird. Hierdurch können im Vorgangsverwaltungssystem der Strafverfolgungsbehörden und Gerichte die notwendigen Eintragungen automatisch erzeugt werden; vermeidbarer Aufwand zur manuellen Erfassung und daraus resultierende Fehlerquellen fallen weg. Mit Hilfe der Angaben in strukturierter maschinenlesbarer Form kann das elektronische Dokument automatisiert im System der elektronischen Akte erfasst und in dem zutreffenden Aktenbereich abgespeichert werden. Die Kategorisierung der elektronischen Akte und die entsprechende Einordnung der elektronischen Dokumente in die Aktenstruktur bieten gegenüber der Papierakte den Vorteil der besseren Übersichtlichkeit und schnelleren Recherche; Nachteile der elektronischen Aktenführung (z.B. Aufwand durch Scannen) werden dadurch kompensiert. Der für professionelle Verfahrensbeteiligte durch die Erstellung des strukturierten Datensatzes entstehende Mehraufwand ist überschaubar und kann durch spezielle Software reduziert werden.

Bei den Registergerichten konnten bereits seit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und des elektronischen Handelsregisters im Jahr 2007 umfangreiche praktische Erfahrungen mit der parallelen Übermittlung strukturierter Datensätze gewonnen werden, die sowohl die Machbarkeit als auch den Vorteil eines solchen Vorgehens belegen.

4. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 32b Absatz 1 Satz 2 StPO)

In Artikel 1 Nummer 2 sind in § 32b Absatz 1 Satz 2 die Wörter "mit einer qualifizierten elektronischen Signatur aller verantwortenden Personen versehen sein." durch die Wörter "von den unterzeichnenden Personen in geeigneter schriftformersetzender Weise signiert werden." zu ersetzen.

Begründung:

Eine "Unterzeichnung" mit qualifizierter elektronischer Signatur durch alle Mitzeichner führt zu einem unverhältnismäßig hohen Aufwand. Dies gilt vor allem im Bereich der Ordnungswidrigkeiten. Im Vergleich zu einer Mitzeichnung in papiergebundenen Vorgängen reichen bei digitalen Dokumenten schon die gegebene Transparenz, etwa durch Änderungsmodus oder Aufnahme der Mitzeichnungshinweise in den Vorgang, sowie das Hinzufügen der Namen zur Mitzeichnung. Bei der Mitzeichnung handelt es sich um einen behördeninternen Vorgang, der keine Relevanz nach außen besitzt.

Aus dem aktuellen Wortlaut und der Begründung lässt sich nicht hinreichend erkennen, ob rein interne Mitzeichnungen vom Wortlaut erfasst sein sollen. Eine Klarstellung ist daher angezeigt, so dass nicht alle internen Mitzeichner "verantwortende Personen" sind, sondern nur die Personen, die das Dokument auch nach außen erkennbar unterzeichnen.

Im Übrigen sollte eine Vorfestlegung auf die qualifizierte elektronische Signatur vermieden und eine technikoffene Formulierung gewählt werden. So sieht etwa auch § 3a VwVfG unterschiedliche Varianten des Schriftformersatzes vor.

5. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 32b Absatz 5 Satz 3 - neu - StPO)

In Artikel 1 Nummer 2 ist dem § 32b Absatz 5 folgender Satz anzufügen:

"Die Rechtsverordnung kann bestimmen, dass neben dem elektronischen Dokument bestimmte Angaben in strukturierter maschinenlesbarer Form zu übermitteln sind."

Begründung:

Die Potenziale des elektronischen Rechtsverkehrs können nur dann vollständig genutzt werden, wenn neben dem unveränderbaren elektronischen Dokument zugleich ein automatisch verarbeitbarer Datensatz beigefügt wird. Hierdurch wird es ermöglicht, im Vorgangsverwaltungssystem der Staatsanwaltschaft und des Gerichts die notwendigen Eintragungen automatisch zu erzeugen und manuelle Erfassungsaufwände zu vermeiden. Ferner dienen die verarbeitbaren Strukturdaten dazu, das elektronische Dokument automatisch im System der elektronischen Akte zu erfassen und in dem zutreffenden Aktenbereich abzuspeichern. Die Kategorisierung der elektronischen Akte und die entsprechende Einordnung der elektronischen Dokumente in die Aktenstruktur bieten gegenüber der Papierakte einen Vorteil auf Grund der besseren Übersichtlichkeit und schnelleren Recherche, wodurch Nachteile der elektronischen Aktenführung (z.B. Aufwand durch Scannen) kompensiert werden können. Ohne strukturierte Datensätze und die hierdurch mögliche automatische Kategorisierung und Einordnung müssen diese Arbeiten manuell durchgeführt werden, wodurch ein erheblicher zusätzlicher Arbeitsaufwand auf Dauer entsteht. Der für Strafverfolgungsbehörden und Gerichte durch die Erstellung des strukturierten Datensatzes entstehende Mehraufwand ist überschaubar und kann durch spezielle Software reduziert werden.

Bei den Registergerichten konnten bereits seit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und des elektronischen Handelsregisters im Jahr 2007 umfangreiche praktische Erfahrungen mit der parallelen Übermittlung strukturierter Datensätze gewonnen werden, die sowohl die Machbarkeit als auch den Vorteil eines solchen Vorgehens belegen.

6. Zu Artikel 1 Nummer 2 ( § 32d Satz 2 StPO)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine Ausweitung des Katalogs der Dokumente des § 32d Satz 2 StPO-E zu prüfen, in denen die Übermittlung durch Verteidiger und Rechtsanwälte als elektronisches Dokument erfolgen muss.

Begründung:

§ 32d StPO-E beschränkt die Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs für den Verteidiger oder einen Rechtsanwalt auf bestimmte, konkret bezeichnete Dokumente. Nach der Begründung des Gesetzentwurfes sollen Verteidiger und Rechtsanwälte demgegenüber grundsätzlich verpflichtet sein, alle innerhalb eines Strafverfahrens zu übermittelnden Dokumente dem Adressaten als elektronisches Dokument zu übermitteln. Von dieser Regelpflicht darf der Begründung des Gesetzentwurfes zufolge nur in Ausnahmefällen abgewichen werden.

Es wäre sinnvoll, § 32d StPO-E entsprechend den Ausführungen in der Begründung des Gesetzentwurfes weitgehend in Form eines Regel-AusnahmeVerhältnisses auszugestalten.

Sollte nach der obligatorischen Einführung der elektronischen Strafakte in der Justiz seitens der Verteidiger und Rechtsanwälte weiterhin ein Großteil der eingereichten Dokumente in Papierform vorgelegt werden, müssten diese bei den Staatsanwaltschaften und Gerichten eingescannt werden. Dies würde einen erheblichen personellen und sachlichen Mehraufwand verursachen. Ferner müssten die eingescannten Papierdokumente gemäß § 32e Absatz 4 Satz 1 StPO-E im Anschluss an die Übertragung in elektronische Form mindestens sechs Monate lang aufbewahrt werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Serviceeinheiten müssten folglich neben der elektronischen Akte faktisch eine "Papier-Zweitakte" führen, was einen weiteren erheblichen Mehraufwand verursachen würde. Letzteres insbesondere auch deshalb, da die Verfahrensbeteiligten gemäß § 32e Absatz 5 StPO-E befugt sind, sämtliche Papierdokumente einzusehen.

Dies erscheint weder notwendig noch sachgerecht, insbesondere da die Voraussetzungen für eine elektronische Übermittlung von den Rechtsanwälten ohnehin vorgehalten werden müssen.

Um das volle Potenzial der elektronischen Aktenführung auszuschöpfen, bedarf es eines weitgehend einheitlichen Workflows, der Medienbrüche vermeidet und in den neben den staatlichen Behörden und Gerichten auch Rechtsanwälte und Verteidiger voll einbezogen sind. Die Nutzungsverpflichtung für den Verteidiger oder einen Rechtsanwalt ist daher grundsätzlich auf alle bei der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht einzureichenden Dokumente zu erstrecken, um auch hier eine möglichst medienbruchfreie Kommunikation zu gewährleisten. Dies schafft auch Klarheit für alle Beteiligten.

7. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 32f Absatz 1 Satz 1 bis 3 StPO)

Der Bundesrat weist ergänzend darauf hin, dass sich aus dem in § 32f Absatz 1 Satz 1 StPO-E beschriebenen Regelfall der Gewährung der Einsicht in die elektronische Akte durch Bereitstellen des Inhalts der Akte auf Abruf aus seiner Sicht keine Verpflichtung der Länder ergibt, Gefangenen den unmittelbaren Abruf der elektronischen Akte über ein öffentliches Telekommunikationsnetz (insbesondere das Internet) zu ermöglichen. Dem Akteneinsichtsrecht von Gefangenen wird aus Sicht des Bundesrates auch dadurch genügt, dass der Abruf durch Vermittlung der Anstalt erfolgt und die Daten den Gefangenen nach Maßgabe der rechtlichen Rahmenbedingungen der Landesjustizvollzugsgesetze in geeigneter Form zur Verfügung gestellt werden.

Begründung:

In keinem Land wurde Gefangenen bisher ein flächendeckender Zugang zum Internet eröffnet. Mehrere Länder sehen darüber hinaus nicht einmal Öffnungsklauseln für einen Internetzugang für Gefangene vor. Hierfür gibt es gute Gründe, insbesondere die mit der Bereitstellung eines Internetzugangs für Gefangene verbundenen Gefährdungen von Sicherheit und Ordnung der Anstalt sowie der Allgemeinheit. Um einen Internetzugang nicht gleichsam durch die Hintertür einzuführen, beginnend mit einem Anspruch auf Akteneinsicht über das Internet, der später sukzessive etwa auch durch die Rechtsprechung unter Bezugnahme auf die bereits erfolgte grundsätzliche Bereitstellung eines Internetzugangs auf weitere Bereiche erweitert wird, ist die ergänzende Klarstellung erforderlich. Auf diese Weise wird auch effektiv einer gesetzlichen Regelung vorgebeugt, die mit der Verpflichtung zur Eröffnung eines Internetzugangs für 8.

Zu Artikel 1 Nummer 15 (§ 147Absatz 4, Absatz 6 Satz 2 und Absatz 7 StPO),

Nummer 34 (§ 385 Absatz 3 StPO),

Nummer 36 (§ 406e Überschrift, Absatz 3, 5 und 6 StPO), Artikel 8 Nummer 2 (§ 49 Absatz 1 und 2 Satz 2 OWiG)

Begründung:

Von der im Gesetzentwurf anlässlich der Einführung der elektronischen Akte in Strafsachen vorgesehenen Einräumung eines unmittelbaren und selbständigen Akteneinsichtsrechts für unverteidigte Beschuldigte sowie nicht anwaltlich vertretene Privatkläger, Verletzte und Betroffene sollte abgesehen werden.

Strafakten enthalten regelmäßig eine Vielzahl von höchst sensiblen personenbezogenen Daten. Eine ungefilterte elektronische Weitergabe aller dieser Daten an Privatpersonen kann - trotz des Verbreitungsverbots nach § 32f Absatz 4 StPO-E - geradezu zum Missbrauch bis hin zur Verbreitung im Internet einladen.

Die individuelle Herausnahme bzw. Unkenntlichmachung besonders sensibler Dokumente oder Daten nach sorgfältiger Prüfung des gesamten Akteninhalts, die aus datenschutzrechtlichen Gründen erforderlich wäre, führt zu einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand und ist daher keine gangbare Alternative.

Auch die in § 32f Absatz 3 Satz 2 StPO-E grundsätzlich vorgesehenen Schutzmechanismen wie digitale Wasserzeichen vermögen die bestehenden Risiken nicht hinreichend zu kompensieren, nachdem sie sich zum einen mit vergleichsweise einfachen technischen Mitteln wieder entfernen lassen und zum anderen entsprechende Kennzeichnungen zwar gegebenenfalls eine Rückverfolgbarkeit bezüglich der erstmaligen Weitergabe ermöglichen, was jedoch nichts daran ändert, dass eine digitale Akte erst einmal in der Welt ist und sich beliebig oft durch Dritte duplizieren und verbreiten lässt.

Soweit die Begründung des Gesetzentwurfes hinsichtlich des selbständigen Akteneinsichtsrechts des Beschuldigten maßgeblich auf die mit der elektronischen Aktenführung entfallende Manipulationsgefahr abstellt, überzeugt dies jedenfalls mit Blick auf die jeweiligen Ausgangsdokumente nicht, nachdem der Beschuldigte über § 32e Absatz 5 StPO-E die Möglichkeit erlangt, diese selbst zu besichtigen und mithin auch zu manipulieren.

Zu befürchten ist schließlich, dass von den neuen umfassenden Akteneinsichtsrechten in großem Umfang Gebrauch gemacht werden wird und die Justiz in der Folge mit einer Vielzahl von querulatorischen Eingaben, Dienstaufsichtsbeschwerden und ähnlichem zusätzlich belastet werden wird. In einer Zeit, in der sogenannte Reichsbürger, Germaniten, Selbstverwalter und ähnliche Gruppierungen die Justiz vor erhebliche Herausforderungen stellen, sollten keine zusätzlichen Angriffsflächen eröffnet werden.

Schließlich geht mit einem vollständigen, originären Akteneinsichtsrecht für Nebenkläger und Verletzte auch das Risiko in Richtung einer manipulativen Beeinflussung des Strafverfahrens einher. Es wird die Möglichkeit erleichtert, weitere Eingaben bzw. Aussagen auf den Inhalt der Akten, vor allem auf die Aussagen anderer Zeugen, abzustimmen.

Es sollte daher an den derzeit geltenden Regelungen, die eine vollständige Gewährung von Akteneinsicht ausschließlich über den Verteidiger oder einen Rechtsanwalt vorsehen, festgehalten werden. Den Verteidigern und Anwälten als Organen der Rechtspflege kommt insoweit eine bedeutende Filterfunktion zu, auf die nicht verzichtet werden sollte.

Eine vollständige Akteneinsicht nur über den Verteidiger respektive Rechtsanwalt wahrt wie bisher die rechtsstaatlichen Anforderungen hinreichend. Der Schutz von Persönlichkeitsrechten, der Wahrheitserforschung sowie der Arbeitsfähigkeit der Staatsanwaltschaften und Gerichte bilden gewichtige Gründe, die auch weiterhin eine Beschränkung des Rechts von Privatpersonen auf Auskünfte und Abschriften aus Akten zu rechtfertigen vermögen.

9. Zu Artikel 1 Nummer 40 (§ 474 Absatz 2 Satz 2 -neuStPO)

Artikel 1 Nummer 40 ist wie folgt zu fassen:

'40. § 474 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Die Ergänzung dient der Klarstellung:

Nach § 474 Absatz 2 Satz 2 StPO richtet sich die Erteilung von Auskünften aus Strafverfahrensakten an die Nachrichtendienste nach § 18 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG), § 10 des MAD-Gesetzes und § 8 des BND-Gesetzes sowie den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften. Die StPO öffnet den Datenabfluss bzw. gestattet die Übermittlung aus dem Strafverfahren ("1. Tür" der "Doppeltür" im Sinne des Beschlusses des BVerfG vom 24. Januar 2012 - 1 BvR 1299/05 -) mithin, soweit die genannten bundes- und landesrechtlichen Vorschriften den Nachrichtendiensten einen Datenabruf gestatten ("2. Tür" der "Doppeltür"). Dadurch wird im Rahmen des Verweises ein Gleichlauf von Übermittlung (Datenabfluss) und Datenabruf (Datenzufluss) hergestellt.

Unklar bleibt hingegen, wonach sich die Erteilung entsprechender Auskünfte an Nachrichtendienste für Zwecke von Sicherheitsüberprüfungen richtet:

Zwar bestehen auch insoweit bundes- und landesrechtliche Datenabrufbefugnisse (§ 12 Absatz 5 SÜG, § 12 Absatz 6 ThürSÜG, "2. Tür"). Eine entsprechende Regelung der StPO für die Übermittlung (Datenabfluss, "1. Tür") lässt sich insoweit jedoch nicht zwanglos herleiten. Der Verweis in § 474 Absatz 2 Satz 2 StPO auf § 18 BVerfSchG hilft hier nicht ohne weiteres. Nach § 18 Absatz 3 Satz 1 BVerfSchG darf zwar das Bundesamt für Verfassungsschutz unter den dort genannten Voraussetzungen Behörden um Übermittlung der zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Informationen ersuchen.

Zu den Aufgaben des Bundesamts für Verfassungsschutz zählt nach § 3 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 BVerfSchG auch die Mitwirkung bei Sicherheitsüberprüfungen von Personen. Entsprechende Regelungen bestehen im Landesrecht (z.B. in Thüringen § 4 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 ThürVerfSchG).

§ 3 Absatz 2 Satz 2 BVerfSchG (sowie § 4 Absatz 2 Satz 2 ThürSÜG) verweist für die Befugnisse des Bundesamts für Verfassungsschutz (bzw. des Amtes für Verfassungsschutz beim Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales) bei der Mitwirkung an Sicherheitsüberprüfungen jedoch auf das Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG sowie ThürSÜG), so dass eine Inanspruchnahme der Befugnisse aus § 18 Absatz 3 Satz 1 BVerfSchG (siehe auch z.B. §§ 19, 20 ThürLVerfSchG) für Zwecke der Sicherheitsüberprüfung dem Wortlaut nach nicht zweifelsfrei zulässig sein dürfte, obgleich die Regelungen in den Sicherheitsüberprüfungsgesetzen den Willen sowohl des Bundes- als auch des Landesgesetzgebers deutlich machen, dass den Verfassungsschutzbehörden entsprechende Informationen aus Strafverfahren für Zwecke der Sicherheitsüberprüfung zur Verfügung stehen sollen.

Die beabsichtigte Einfügung des § 12 SÜG in die Liste der Vorschriften, auf die § 474 Absatz 2 Satz 2 StPO für die Übermittlung an Nachrichtendienste verweist, stellt auch für die Übermittlung von Auskünften aus Strafverfahren an Nachrichtendienste für Zwecke der Sicherheitsüberprüfung eine klare Rechtsgrundlage zur Verfügung. Wegen des Verweises auf entsprechende landesrechtliche Vorschriften in § 474 Absatz 2 Satz 2 StPO gilt dies für Sicherheitsüberprüfungen sowohl nach Bundesrecht als auch nach Landesrecht.

10. Zu Artikel 1 Nummer 46 (§ 498 Absatz 2 StPO)

In Artikel 1 Nummer 46 ist § 498 Absatz 2 wie folgt zu fassen:

(2) Der maschinelle Abgleich personenbezogener Daten mit elektronischen Akten oder elektronischen Aktenkopien ist innerhalb der jeweiligen Strafverfolgungsbehörde zur Aufklärung einer Straftat oder zur Ermittlung des Aufenthaltsortes einer Person, nach der für Zwecke eines Strafverfahrens gefahndet wird, zulässig. Entgegenstehende besondere bundesgesetzliche oder entsprechende landesgesetzliche Verwendungsregelungen bleiben unberührt."

Begründung:

§ 498 Absatz 2 StPO-E verbietet in seiner derzeitigen Fassung den maschinellen Abgleich personenbezogener Daten mit elektronischen Akten gemäß § 98c StPO, soweit er nicht mit einzelnen, zuvor individualisierten Akten erfolgt. Diese Regelung ist so weit gefasst, dass dadurch wichtige Ermittlungsansätze abgeschnitten werden könnten, ohne dass dies durch datenschutzrechtliche Vorgaben zwingend geboten wäre.

Die Begründung des Gesetzentwurfes führt dazu aus, dass dadurch den spezifischen tatsächlichen Gefahren entgegengewirkt werden soll, die mit der elektronischen Aktenführung einhergehen; insbesondere sei es einfacher als bei papierbasierter Aktenführung möglich, die Akten verschiedener Verfahren zu einem einzigen Datenbestand zu verbinden.

Es ist jedoch kein sachlicher Grund ersichtlich, warum es etwa einem staatsanwaltschaftlichen Sachbearbeiter verwehrt sein sollte, mehrere Akten, auf die er in Papierform in seiner Behörde uneingeschränkt Zugriff hätte, in elektronischer Form nach einzelnen Suchbegriffen abzugleichen, um z.B. Serientaten einem bestimmten Täter zuzuordnen. Um eine Verschlechterung gegenüber der derzeitigen Rechtslage nach § 98c StPO zu vermeiden, sollte der Anwendungsbereich der Vorschrift eingeengt werden.

Die Beschränkung auf die jeweilige Strafverfolgungsbehörde (dies bedeutet in der Regel eine Beschränkung auf die Verfahren und den elektronischen Aktenbestand einer Staatsanwaltschaft) soll aber sicherstellen, dass auch bei einer landes- oder bundesweit zentralisierten Speicherung keine landes- oder bundesweite Abfrage erfolgen kann. Auf diesen Aktenbestand kann ein staatsanwaltschaftlicher Sachbearbeiter auch bei papierbasierter Aktenführung nicht ohne weitere zugreifen. Die Einführung der elektronischen Akte darf aber in dieser Hinsicht nicht zu einer Schlechterstellung der Strafverfolgungsbehörden führen.

11. Zu Artikel 8 Nummer 2 Buchstabe a (§ 49 Absatz 1 Satz 2 OWiG)

In Artikel 8 Nummer 2 Buchstabe a sind in § 49 Absatz 1 Satz 2 die Wörter "können anstelle der Einsichtnahme in die Akten Kopien aus Akten übermittelt werden." durch die Wörter "kann die Verwaltungsbehörde Einsicht in die Akten unter Aufsicht gewähren oder Kopien aus Akten übermitteln" zu ersetzen.

Begründung:

Die generelle Übermittlung von Kopien stellt einen sehr hohen personellen und finanziellen Aufwand dar (bis zu 100 000 Akteneinsichtsgesuche im Jahr). Es muss deswegen in der Entscheidung der Behörde liegen, ob die Akteneinsicht in der Behörde oder durch Übermittlung von Kopien gewährt wird. Die Einsicht in Originalakten muss selbstverständlich unter Aufsicht erfolgen, um die Integrität der Akten zu gewährleisten. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass im Rahmen der technischen Verkehrsüberwachung auch bei in Papierform geführten Akten teilweise elektronische Aktenbestandteile vorliegen (zum Beispiel Videosequenzen aus der digitalen Abstandsmessung). Die Datenformate sind für Externe meist nicht lesbar. Eine Übersendung von Kopien ist in diesen Fällen nicht zweckmäßig.

Es muss deswegen sichergestellt werden, dass die Behörde über die Art der Akteneinsicht, sei es durch Akteneinsicht in der Behörde unter Aufsicht oder durch Übersendung von Kopien, entscheiden kann.

12. Zu Artikel 11 Nummer 01 - neu - (§ 130a Absatz 2 Satz 1a - neu - ZPO), Artikel 21 Absatz 2 (Inkrafttreten)

Begründung:

Zu Buchstabe a

Die Potenziale des elektronischen Rechtsverkehrs können nur dann vollständig genutzt werden, wenn neben dem unveränderbaren elektronischen Dokument zugleich ein Datensatz mit den für eine automatisierte Verarbeitung erforderlichen Angaben beigefügt wird. Hierdurch können im Vorgangsverwaltungssystem der Gerichte die notwendigen Eintragungen automatisch erzeugt werden; vermeidbarer Aufwand zur manuellen Erfassung und daraus resultierende Fehlerquellen fallen weg. Mit Hilfe der Angaben in strukturierter maschinenlesbarer Form kann das elektronische Dokument automatisiert im System der elektronischen Akte erfasst und in dem zutreffenden Aktenbereich abgespeichert werden. Die Kategorisierung der elektronischen Akte und die entsprechende Einordnung der elektronischen Dokumente in die Aktenstruktur bieten gegenüber der Papierakte den Vorteil der besseren Übersichtlichkeit und schnelleren Recherche; Nachteile der elektronischen Aktenführung (z.B. Aufwand durch Scannen) werden dadurch kompensiert. Der für professionelle Verfahrensbeteiligte durch die Erstellung des strukturierten Datensatzes entstehende Mehraufwand ist überschaubar und kann durch spezielle Software reduziert werden.

Eine der beantragten Regelung vergleichbare Verordnungsermächtigung besteht in § 135 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 Buchstabe b der Grundbuchordnung (GBO). Im Bereich des allgemeinen Zivilprozesses ist die Verpflichtung zur Übermittlung von strukturierten Daten in maschinenlesbarer Form bislang nach § 130c Satz 2 ZPO lediglich bei elektronischen Formularen möglich. Diese Möglichkeit sollte auf sämtliche Schriftsätze erweitert werden.

Bei den Registergerichten konnten bereits seit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und des elektronischen Handelsregisters im Jahr 2007 umfangreiche praktische Erfahrungen mit der parallelen Übermittlung strukturierter Datensätze gewonnen werden, die sowohl die Machbarkeit als auch den Vorteil eines solchen Vorgehens belegen.

Zu Buchstabe b

Die Verordnungsermächtigung für die Länder sollte sogleich in Kraft treten. Zwar ist ebenfalls die Aufnahme einer entsprechenden Ermächtigung für den Bund in § 130a ZPO in der künftigen Fassung durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3786) vorgesehen.

§ 130a ZPO n.F. tritt aber erst zum 1. Januar 2018 in Kraft. Sofern ein Land von der im E-Justice-Gesetz vorgesehenen Optout-Möglichkeit Gebrauch macht, verschiebt sich das Inkrafttreten der Neufassung sogar bis zum 1. Januar 2019 oder 2020. Bis zu diesen Zeitpunkten werden einige Länder neben dem elektronischen Rechtsverkehr jedoch auch bereits die elektronische Akte in breiterem Umfang bei den Gerichten eingeführt haben. Die Einführung der elektronischen Akte neben dem elektronischen Rechtsverkehr ist mittelfristig notwendig, um dauerhafte nachteilige Medienbrüche zu vermeiden, die durch das Ausdrucken der vermehrt eingehenden elektronischen Dokumente entstehen. Um die oben dargelegten Potenziale von Anfang an voll ausschöpfen zu können, sollten die Länder bereits in der Übergangsphase bis zum Inkrafttreten des § 130a ZPO künftiger Fassung die Möglichkeit haben, die professionellen Verfahrensbeteiligten zur zusätzlichen Einreichung eines strukturierten Datensatzes neben dem elektronischen Dokument zu verpflichten.

13. Zu Artikel 11 Nummer 1 (§ 299 Absatz 3 ZPO)

Die Bundesregierung wird gebeten, dem § 299 Absatz 3 ZPO-E gleichlautende Vorschriften zur Akteneinsicht in elektronisch geführte Akten in alle Verfahrensordnungen mit Ausnahme der Strafprozessordnung einzufügen, und in den Verfahrensordnungen, die bereits Vorschriften zur Akteneinsicht in elektronisch geführte Akten enthalten, diese entsprechend zu ändern.

Begründung:

Der Bundesrat begrüßt die in § 32f StPO-E und § 299 Absatz 3 ZPO-E vorgesehenen Regelungen des Gesetzentwurfes zur Einsicht in elektronisch geführte Akten. Der Gesetzentwurf sieht das "Bereitstellen zum Abruf" als Regelfall der Einsicht in elektronisch geführte Akten des Straf- und Zivilprozesses vor. Diese Form der Akteneinsicht wird derzeit in Gestalt eines bundesweiten Akteneinsichtsportals für alle Länder und den Bund entwickelt. Für die technischorganisatorische Umsetzung ist von grundlegender Bedeutung, dass es - entgegen der geltenden Rechtslage - nicht mehr erforderlich ist, die Gesamtheit der elektronischen Dokumente einer Verfahrensakte mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen. Hierdurch werden wesentlich flexiblere und praktikablere Umsetzungen der elektronischen Akteneinsicht über das Akteneinsichtsportal ermöglicht. Insbesondere wird die Differenzakteneinsicht, bei der anstelle der Gesamtheit der Dokumente lediglich die seit der letzten Einsicht hinzugekommenen Dokumente übermittelt werden, rechtlich abgesichert.

Eine Regelung, die eine effiziente Umsetzung des Akteneinsichtsportals ermöglichen will, kann sich jedoch nicht auf die Strafprozessordnung und die Zivilprozessordnung beschränken. Daher ist es notwendig, die Regelungen des Gesetzentwurfes zur Akteneinsicht in elektronisch geführte Akten auf alle Verfahrensordnungen, die eine elektronische Aktenführung vorsehen oder zukünftig vorsehen werden, auszudehnen. Würden unterschiedliche Verfahrensordnungen unterschiedliche Regelungen zur elektronischen Akteneinsicht enthalten, müssten die Länder für die jeweiligen Verfahrensordnungen unterschiedliche Arbeitsabläufe und technische Lösungen schaffen. Das Akteneinsichtsportal müsste auch dauerhaft unterschiedlich aufbereitete Formen der Akte abbilden können. Daher ist eine an dem Wortlaut des § 299 Absatz 3 ZPO-E ausgerichtete einheitliche Handhabung über die Verfahrensordnungen hinweg anzustreben.

14. Zu Artikel 11a - neu - (§ 130a Absatz 2 Satz 3 - neu - ZPO), Artikel 21 Absatz 2a - neu - (Inkrafttreten)

Begründung:

Zu Buchstabe a

Die Potenziale des elektronischen Rechtsverkehrs können nur dann vollständig genutzt werden, wenn neben dem unveränderbaren elektronischen Dokument zugleich ein Datensatz mit den für eine automatisierte Verarbeitung erforderlichen Angaben beigefügt wird. Hierdurch können im Vorgangsverwaltungssystem der Gerichte die notwendigen Eintragungen automatisch erzeugt werden; vermeidbarer Aufwand zur manuellen Erfassung und daraus resultierende Fehlerquellen fallen weg. Mit Hilfe der Angaben in strukturierter maschinenlesbarer Form kann das elektronische Dokument automatisiert im System der elektronischen Akte erfasst und in dem zutreffenden Aktenbereich abgespeichert werden. Die Kategorisierung der elektronischen Akte und die entsprechende Einordnung der elektronischen

Dokumente in die Aktenstruktur bieten gegenüber der Papierakte den Vorteil der besseren Übersichtlichkeit und schnelleren Recherche; Nachteile der elektronischen Aktenführung (z.B. Aufwand durch Scannen) werden dadurch kompensiert. Der für professionelle Verfahrensbeteiligte durch die Erstellung des strukturierten Datensatzes entstehende Mehraufwand ist überschaubar und kann durch spezielle Software reduziert werden.

Eine der beantragten Regelung vergleichbare Verordnungsermächtigung besteht in § 135 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 Buchstabe b der Grundbuchordnung. Im Bereich des allgemeinen Zivilprozesses ist die Verpflichtung zur Übermittlung von strukturierten Daten in maschinenlesbarer Form bislang nach § 130c Satz 2 ZPO lediglich bei elektronischen Formularen möglich. Diese Möglichkeit sollte auf sämtliche Schriftsätze erweitert werden.

Bei den Registergerichten konnten bereits seit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und des elektronischen Handelsregisters im Jahr 2007 umfangreiche praktische Erfahrungen mit der parallelen Übermittlung strukturierter Datensätze gewonnen werden, die sowohl die Machbarkeit als auch den Vorteil eines solchen Vorgehens belegen.

Zu Buchstabe b

Artikel 11a betrifft eine Ergänzung des § 130a ZPO in der künftigen Fassung durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3786). Letzteres bestimmt in Artikel 26 Absatz 1 ein Inkrafttreten von § 130a ZPO n.F. zum 1. Januar 2018.

Artikel 11a tritt gemäß Artikel 21 Absatz 1 ebenfalls zum 1. Januar 2018 in Kraft.

Artikel 21 Absatz 2a ist notwendig, um ein gemeinsames Inkrafttreten der Änderungen von § 130a ZPO durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und durch Artikel 11a dieses Gesetz auch für den Fall sicherzustellen, dass ein Land von der im E-JusticeGesetz vorgesehenen Optout-Möglichkeit Gebrauch macht. In diesem Fall tritt § 130a ZPO n.F. insgesamt erst zum 1. Januar 2019 oder 2020 in Kraft.

15. Zu Artikel 13 Nummer 1a - neu - (§ 14 Absatz 4 Satz 2a - neu - FamFG), Artikel 21 Absatz 2 und Absatz 7 - neu - (Inkrafttreten)

Begründung:

Zu Buchstabe a

Die Potenziale des elektronischen Rechtsverkehrs können nur dann vollständig genutzt werden, wenn neben dem unveränderbaren elektronischen Dokument zugleich ein Datensatz mit den für eine automatisierte Verarbeitung erforderlichen Angaben beigefügt wird. Hierdurch können im Vorgangsverwaltungssystem der Gerichte die notwendigen Eintragungen automatisch erzeugt werden; vermeidbarer Aufwand zur manuellen Erfassung und daraus resultierende Fehlerquellen fallen weg. Mit Hilfe der Angaben in strukturierter maschinenlesbarer Form kann das elektronische Dokument automatisiert im System der elektronischen Akte erfasst und in dem zutreffenden Aktenbereich abgespeichert werden. Die Kategorisierung der elektronischen Akte und die entsprechende Einordnung der elektronischen Dokumente in die Aktenstruktur bieten gegenüber der Papierakte den Vorteil der besseren Übersichtlichkeit und schnelleren Recherche; Nachteile der elektronischen Aktenführung (z.B. Aufwand durch Scannen) werden dadurch kompensiert. Der für professionelle Verfahrensbeteiligte durch die Erstellung des strukturierten Datensatzes entstehende Mehraufwand ist überschaubar und kann durch spezielle Software reduziert werden.

Eine der beantragten Regelung vergleichbare Verordnungsermächtigung besteht in § 135 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 Buchstabe b der Grundbuchordnung (GBO). Im Anwendungsbereich des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist die Verpflichtung zur Übermittlung von strukturierten Daten in maschinenlesbarer Form bislang nach § 14a Satz 2 FamFG lediglich bei elektronischen Formularen möglich. Diese Möglichkeit sollte auf sämtliche Schriftsätze erweitert werden.

Bei den Registergerichten konnten bereits seit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs und des elektronischen Handelsregisters im Jahr 2007 umfangreiche praktische Erfahrungen mit der parallelen Übermittlung strukturierter Datensätze gewonnen werden, die sowohl die Machbarkeit als auch den Vorteil eines solchen Vorgehens belegen.

Zu Buchstabe b Doppelbuchstabe bb

Die Verordnungsermächtigung für die Länder sollte sogleich in Kraft treten. Zwar ist ebenfalls die Aufnahme einer entsprechenden Ermächtigung für den Bund in § 130a ZPO in der künftigen Fassung durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3786) vorgesehen, die über die Verweisung in § 14 Absatz 2 Satz 2 FamFG künftiger Fassung auch für den Bereich des FamFG gelten wird. Die §§ 14 FamFG, 130a ZPO n.F. treten aber erst zum 1. Januar 2018 in Kraft. Sofern ein Land von der im E-Justice-Gesetz vorgesehenen OptoutMöglichkeit Gebrauch macht, verschiebt sich das Inkrafttreten der Neufassung sogar bis zum 1. Januar 2019 oder 2020. Bis zu diesen Zeitpunkten werden einige Länder neben dem elektronischen Rechtsverkehr jedoch auch bereits die elektronische Akte in breiterem Umfang bei den Gerichten eingeführt haben. Die Einführung der elektronischen Akte neben dem elektronischen Rechtsverkehr ist mittelfristig notwendig, um dauerhafte nachteilige Medienbrüche zu vermeiden, die durch das Ausdrucken der vermehrt eingehenden elektronischen Dokumente entstehen. Um die oben dargelegten Potenziale von Anfang an voll ausschöpfen zu können, sollten die Länder bereits in der Übergangsphase bis zum Inkrafttreten des § 14 Absatz 2 Satz 2 FamFG in Verbindung mit § 130a ZPO künftiger Fassung die Möglichkeit haben, die professionellen Verfahrensbeteiligten zur zusätzlichen Einreichung eines strukturierten Datensatzes neben dem elektronischen Dokument zu verpflichten.

Zu Buchstabe b Doppelbuchstabe cc

Wie dargelegt wird die vorliegend einzuführende Verordnungsermächtigung für die Länder mit Inkrafttreten des § 14 Absatz 2 Satz 2 FamFG in Verbindung mit § 130a ZPO künftiger Fassung zum 1. Januar 2018 (oder zum 1. Januar 2019 oder 2020, falls ein Land von der im E-Justice-Gesetz vorgesehenen Optout-Möglichkeit Gebrauch macht) obsolet.

Durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 wird § 14 FamFG - anders als etwa § 130a ZPO, der durch dieses komplett neu gefasst wird - allerdings nur punktuell geändert. Deshalb bedarf es einer gesonderten Vorschrift, die das Außerkrafttreten des neu eingefügten und später nicht mehr benötigten § 14 Absatz 4 Satz 2a FamFG zu den oben genannten Zeitpunkten ausdrücklich regelt.

16. Zu Artikel 16 (Anmerkung zu Nummer 9000 Absatz 4 KV GKG), Zu Artikel 17 (Anmerkung zu Nummer 2000 Absatz 4 KV FamGKG), Zu Artikel 18 (Anmerkung zu Nummer 31000 Absatz 5 KV GNotKG) und Zu Artikel 19 (Anmerkung zu Nummer 2000 Absatz 4 KV JVKostG)

Die Artikel 16 bis 19 sind zu streichen.

Begründung:

Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung soll die Einsicht in eine elektronisch geführte Akte im Wege des Bereitstellens des Inhalts der Akte zum Abruf kostenfrei sein. Auch die Akteneinsicht durch elektronische Übermittlung einer elektronischen Datei wäre kostenfrei. Die Länder streben an, ein bundesweites, zentral erreichbares Akteneinsichtsportal mit Download-Funktionalität in die künftige IT-Architektur der Landesjustizverwaltungen zu integrieren. Der kostendeckende Betrieb dieses Portals ist nicht gewährleistet, wenn die Akteneinsicht bei einem Bereitstellen des Inhalts der Akte zum Abruf und bei einer rein elektronischen Übermittlung kostenfrei gewährt werden muss.

Auch nach derzeitigem Kostenrecht ist die elektronische Akteneinsicht nicht kostenlos. Im Unterschied zu den vorgeschlagenen Regelungen sieht etwa Nummer 9000 Ziffer 3 KV GKG eine Kostenpflicht für die Überlassung von elektronisch gespeicherten Dateien oder deren Bereitstellung zum Abruf vor.

Diese Regelung - sowie die gleichlautenden Bestimmungen in den übrigen Justizkostengesetzen - wurde erst zum 1. August 2013 durch das Zweite Kostenrechtsmodernisierungsgesetz neu gefasst. Mit diesem Gesetz wurde die bis dahin gültige Pauschale für die elektronische Übermittlung einer elektronisch geführten Akte in Nummer 9003 KV GKG gestrichen, weil sich die Auslagenpauschale auch bei der elektronischen Übermittlung der Akte künftig nach Nummer 9000 KV GKG bestimme (vgl. BT-Drucksache 17/11471, S. 249). Gleichzeitig wurr Auslagentatbestand in Nummer 9000 Ziffer 3 KV GKG bewusst um den Fall der Bereitstellung zum Abruf ergänzt, um der elektronischen Aktenführung Rechnung zu tragen. So heißt es in der Begründung zur parallelen Bestimmung im GNotKG, dass der Auslagentatbestand ferner um den Fall der Bereitstellung zum Download ergänzt werden solle; von dieser Möglichkeit werde bei der elektronischen Aktenführung bzw. bei laufenden Pilotprojekten bereits Gebrauch gemacht (vgl. BT-Drucksache 17/11471, S. 235).

Die derzeitigen kostenrechtlichen Auslagentatbestände erfassen daher nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte gerade auch die elektronische Akteneinsicht in elektronisch geführte Akten, sofern es dabei zu einer Überlassung oder Bereitstellung von Dateien kommt.

Auch die Einsicht in die Papierakte ist derzeit nicht kostenfrei, sondern nur, wenn die Papierakte hierzu nicht versendet oder kopiert werden muss. Im Falle einer Versendung der Papierakte fällt derzeit nach Nummer 9003 KV GKG eine Pauschale von zwölf Euro an. Zusätzlich muss der Einsichtnehmende die Kosten einer etwa selbst angefertigten Kopie und die Kosten der Rücksendung der Akte tragen.

Um einen kostendeckenden Betrieb des künftigen Akteneinsichtsportals sicherzustellen, müssen auch bei einer elektronischen Aktenführung die Überlassung elektronischer Dateien und deren Bereitstellung zum Abruf gebührenpflichtig bleiben. Den Ländern entstehen hohe sachliche und personelle Aufwendungen für die Einrichtung, den Betrieb und die Wartung der technischen Infrastruktur. Überlassung und Bereitstellung elektronischer Daten gehen über die reine Einsicht hinaus und bringen für die Verfahrensbeteiligten einen erheblichen Mehrwert, da diese die elektronische Akte dauerhaft erhalten, sich keine eigene Kopie anfertigen müssen und außerdem die Vorteile bei der Arbeit mit einem elektronischen Dokument genießen. Im Gegenzug ist es gerechtfertigt, den für die Länder entstehenden Mehraufwand durch den Betrieb elektronischer Abruf- und Übermittlungssysteme durch eine angemessene Gebühr abzudecken.

Aus europarechtlichen Vorgaben ergibt sich nichts anderes: Artikel 7 der Richtlinie 2012/13/EU sieht die Unentgeltlichkeit der Einsicht in die strafrechtliche Verfahrensakte vor. In Erwägungsgrund 34 der Richtlinie wird aber klargestellt, dass die Unentgeltlichkeit unbeschadet der innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten gilt, nach denen Gebühren für von den Akten anzufertigende Kopien oder für die Übersendung von Unterlagen an die betreffende Person oder deren Rechtsanwalt zu entrichten sind. Diese Öffnungsklausel erfasst auch die einzurichtende Infrastruktur für Übermittlung oder Abruf elektronischer Dateien, da diese Vorgänge funktional gleichwertig zur Anfertigung von Kopien und zur Übersendung von Unterlagen sind.

Wenn der Einsichtnehmende die geringen Kosten für Übermittlung oder Abruf der elektronischen Akte scheut, bleibt die bloße Einsicht der elektronischen Akte an einem Computer in den Diensträumen des Gerichts oder der Staatsanwaltschaft weiterhin kostenfrei.

Im Übrigen begegnet auch die vorgeschlagene Formulierung "bei der Gewährung von Einsicht in Akten" Bedenken. Zumindest für eine Übergangszeit werden in den nächsten Jahren auch Papierakten geführt werden müssen. Die Beschränkung, dass eine Dokumentenpauschale nur erhoben wird, wenn auf besonderen Antrag ein Ausdruck einer elektronischen Akte oder ein Datenträger mit dem Inhalt einer elektronischen Akte übermittelt wird, würde die Erhebung der Dokumentenpauschale beispielsweise auch dann ausschließen, wenn die Anfertigung eines Aktenauszugs aus einer Papierakte begehrt wird (etwa Kopie eines Sachverständigengutachtens).

17. Zu Artikel 20a - neu - (§ 17c -neuGVG) *

Nach Artikel 20 ist folgender Artikel 20a einzufügen:

'Artikel 20a
Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes

Nach § 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird folgender § 17c eingefügt:

" § 17cs

Als Folge ist in Artikel 21 Absatz 2 die Angabe "und Artikel 20" durch die Angabe ", Artikel 20 und Artikel 20a" zu ersetzen.

* Bei gleichzeitiger Annahme der Ziffern 17 und 18 werden diese redaktionell zusammengefasst.

Begründung:

Verschiedene bundesgesetzliche Regelungen ermöglichen Zuständigkeitskonzentrationen, so z.B. §§ 13a oder 23d GVG sowie § 33 Absatz 3 JGG oder § 105 UrhG.

Die demographische Entwicklung stellt viele Länder vor eine Herausforderung. Während die Bevölkerung in einigen Ballungsräumen konstant bleibt oder zunimmt, sehen sich insbesondere ländlich geprägte oder strukturschwächere Gegenden Deutschlands mit einem Bevölkerungsrückgang konfrontiert. Dies spiegelt sich auch bei den Gerichten wider.

Vor diesem Hintergrund besteht in den Ländern verbreitet ein Bedürfnis für Strukturreformen bei den Gerichten. Während einige Länder entsprechende Reformen bereits vorgenommen haben, wollen andere diese in Angriff nehmen.

Auch bei solchen Reformen ist prima facie der allgemeine Grundsatz der perpetuatio fori, § 17 Absatz 1 Satz 1 GVG, zu beachten. Danach wird die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Selbst gesetzliche Zuständigkeitsänderungen nach Rechtshängigkeit lassen die Zuständigkeit des Gerichts unberührt (RG, Urteil vom 28. Oktober 1921 - VII 584/20 -, RGZ 103, 102-104; BGH, Beschluss vom 26. August 1992 - XII ARZ 018/92 ; BGH, Beschluss vom 22. Januar 1992 - XII ARZ 034/91 ). Der Grundsatz gilt auch für die Zuständigkeiten innerhalb der Gerichte eines Rechtswegs (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 8. Auflage, § 17 Rn. 10). Auch in den Prozessordnungen bestehen teilweise Ausprägungen des Grundsatzes der perpetuatio fori. So sieht § 261 Absatz 3 Nummer 2 ZPO vor, dass nach Eintritt der Rechtshängigkeit die Zuständigkeit des Prozessgerichts durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt wird. Auch nach § 2 Absatz 2 FamFG bleibt die örtliche Zuständigkeit eines Gerichts bei Veränderung der sie begründenden Umstände erhalten.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz soll klarstellend geregelt werden.

Mit einer Regelung in § 17c GVG-E soll klargestellt werden, dass Zuständigkeitskonzentrationen in der ordentlichen Gerichtsbarkeit auf bundesgesetzlicher Regelungsgrundlage eine bundesgesetzliche Durchbrechung des Grundsatzes der perpetuatio fori darstellen und daher auch bereits rechtshängige Verfahren auf das neu zuständige Gericht übertragen werden können. Damit soll in allen Verfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit vermieden werden, dass "Altverfahren" wegen des Grundsatzes der perpetuatio fori möglicherweise für eine lange Zeit bei dem "alten" Gericht abzuwickeln sind.

Auch die Regelung für die Übertragung anhängiger Verfahren ist klarstellender Natur. Sie soll sicher stellen, dass Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) übertragen werden können, auch wenn der Grundsatz der perpetuatio fori in § 2 Absatz 2 i.V.m. Absatz 1 FamFG nur die Änderung der örtlichen Zuständigkeit, jedoch nach seinem Wortlaut nicht die Änderung der sachlichen Zuständigkeit nach den §§ 23b ff. GVG sperrt.

Die Klarstellung des Verhältnisses zwischen dem Grundsatz der perpetuatio fori und den Regelungen, die eine Konzentration oder Spezialisierung ermöglichen, stärkt die vom Bundesgesetzgeber für sinnvoll erachtete Möglichkeit, Zuständigkeitskonzentrationen vorzunehmen. Soweit die Länder von den Konzentrationsermächtigungen Gebrauch machen, bedarf es keiner weiteren gerichtlichen Abgabe- oder Verweisungsentscheidung in den Einzelverfahren. Sehen prozessrechtliche Regelungen vor, dass das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig ist, ist für eine nach der Konzentration neu anhängig werdende Sache das justizorganisationsrechtlich neue Gericht zuständig, das an die Stelle des bisherigen Gerichts getreten ist.

Mit dem Grundsatz der perpetuatio fori wird überdies sichergestellt, dass während der Rechtshängigkeit die Sache von keiner anderen Partei anderweitig anhängig gemacht werden kann. Doppelprozesse und divergierende Entscheidungen sollen vermieden werden (vgl. Kissel/Mayer, aaO, § 17 Rn. 13). Die vorgeschlagene Klarstellung erhält diesen Grundsatz. Mit der Zuweisung an das neue Gericht wird nur dieses zuständig. Die alte Zuständigkeit entfällt.

Für das Straf- und Bußgeldverfahren ist allerdings in Absatz 2 eine Sonderregelung vorzunehmen. Hier ist die Übertragung rechtshängiger Verfahren nicht ohne weiteres möglich. Die Hauptverhandlung kann nur in ununterbrochener Gegenwart der zur Urteilsfindung berufenen Personen erfolgen, § 226 StPO. Verfahren, in denen die Hauptverhandlung bereits begonnen hat, sollen daher nur übertragen werden können, wenn die zur Urteilsfindung berufenen Personen das Verfahren personenidentisch fortführen. Es muss sich dabei um eine laufende, also bereits begonnene und nicht nach § 228 ausgesetzte Hauptverhandlung handeln.

Das "alte" Gericht bleibt weiterhin zuständig, wenn eine Fortführung in Personenidentität der zur Urteilsfindung berufenen Personen nicht möglich ist.

Mit den Sonderregelungen zum Strafprozess wird sichergestellt, dass eine laufende Verhandlung entweder mit den zur Urteilsfindung berufenen Personen personenidentisch weiter verhandelt wird oder das "alte" Gericht bleibt zuständig. Mit der Erwähnung der Bußgeldverfahren wird dem Gleichlauf der strafprozessualen Regelungen und der des Ordnungswidrigkeitenrechts Rechnung getragen.

18. Zu Artikel 20a - neu - (§ 38 Absatz 3 - neu - GVG)* Nach Artikel 20 ist folgender Artikel 20a einzufügen:

'Artikel 20a
Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes

Dem § 38 des Gerichtsverfassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird folgender Absatz angefügt:

(3) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung Formulare zur Übersendung der Vorschlagsliste in elektronischer Form einführen. Die Rechtsverordnung kann die für die Bearbeitung der Vorschlagsliste geeignete Form sowie Einzelheiten der Datenübermittlung bestimmen. Die Formulare sind auf einer in der Rechtsverordnung zu bestimmenden Kommunikationsplattform im Internet bereit zu stellen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen." '

Begründung:

Es bestehen Rechtsunsicherheiten, ob eine Übersendung der Vorschlagslisten im Rahmen der Schöffenwahlen allein in elektronischer Form den Anforderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes bzw. des Jugendgerichtsgesetzes genügt. Hieran können insbesondere mit Blick auf das Zusammenspiel von § 36 Absatz 3 GVG respektive § 35 Absatz 3 JGG und § 38 GVG Zweifel bestehen. Zahlreiche Länder sind vor diesem Hintergrund dazu übergegangen, den Gemeinden die Vorlage der Listen sowohl in Papierals auch in elektronischer Form abzuverlangen. Dies bedeutet allerdings doppelten Aufwand und läuft dem Ziel einer Vereinfachung der Verfahrensabläufe zuwider.

Mit Blick auf die zunehmende Ausweitung des elektronischen Rechtsverkehrs ist daher eine gesetzliche Klarstellung geboten, die die Übersendung der Vorschlagslisten in elektronischer Form ausdrücklich regelt und ermöglicht.

* Bei gleichzeitiger Annahme der Ziffern 17 und 18 werden diese redaktionell zusammengefasst.