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Regelwerk, Naturschutz, Tierschutz

Schnabelkürzen bei Nutzgeflügel
- Niedersachsen -

Vom 3. Juni 2015
(Nds.MBl. Nr. 20 vom 03.06.2015 S. 520; 12.08.2015 S. 1034; 11.03.2016 S. 531 16; 14.09.2016 S. 914; 31.05.2017 S. 618 17; 18.07.2018 S. 686 18; 14.03.2019 S. 542 19; 28.10.2020 S. 1187 20; aufgehoben)
Gl.-Nr.: 78530



Zur aktuellen Fassung

Archiv: 2005

Bezug:
a) RdErl. v. 21.01.2015 (Nds. MBl. S. 53)
b) RdErl. v. 4.12.2014 (Nds. MBl. S. 804)

1. Grundsatz

1.1 Das Schnabelkürzen bei Geflügel ist eine Amputation nach § 6 des Tierschutzgesetzes (im Folgenden: TierSchG), die grundsätzlich verboten ist und nur unter bestimmten Bedingungen nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 2 TierSchG durch die zuständige Behörde erlaubt werden darf. Durch das Kürzen der Schnabelspitze können die Verletzungen, die sich die Tiere durch Federpicken und Kannibalismus gegenseitig zufügen, im Schweregrad reduziert und Todesfälle vermieden werden. Ungeachtet dessen ist das Kürzen der Schnabelspitze ein für die Tiere schmerzhafter Eingriff, der auch die vielfältige Funktion des Schnabels beeinträchtigt. Dieser Eingriff muss daher so selten und so schonend wie möglich durchgeführt werden.

1.2 Unter Beachtung dieses Grundsatzes ist das Erlaubnisverfahren nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 TierSchG in Ergänzung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes vom 09.02.2000 im Folgenden: AVV - (BAnz. Nr. 36 a vom 22.02.2000) wie folgt durchzuführen:

1.3 Die Erlaubnis kann nach Nummer 4.1.1 der AVV auf Antrag Tierhalterinnen und Tierhaltern, die das Schnabelkürzen durchführen oder durchführen lassen, nach glaubhafter Darlegung der Unerlässlichkeit des Eingriffs gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 TierSchG erteilt werden. Brütereien sind den Tierhalterinnen oder Tierhaltern gleichgestellt, wenn das Schnabelkürzen vor Abgabe der Tiere an die künftige Tierhalterin oder den künftigen Tierhalter erfolgt. Die Erlaubnis wird der Antragstellerin oder dem Antragsteller für die jeweilige Tierart bzw. jeweiligen Tierarten und Methode bzw. Methoden erteilt. Die Erlaubnis erteilende Behörde berücksichtigt die nachfolgenden Anforderungen und überwacht deren Einhaltung.

2. Zuständige Behörde i. S. des § 6 Abs. 3 Satz 1 TierSchG

2.1 Sachlich zuständig sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 10 AllgZustVO-Kom die Landkreise und kreisfreien Städte.

2.2 Örtlich zuständig ist die Behörde, in deren Zuständigkeitsbereich das Schnabelkürzen durchgeführt wird.

3. Unerlässlichkeit des Eingriffs i. S. des § 6 Abs. 3 Satz 2 TierSchG 17 20

3.1 Federpicken und Kannibalismus beim Geflügel sind seit Jahren bekannte Verhaltensstörungen, die als multifaktorielle Geschehen eingestuft werden (beeinflusst z.B. durch die Haltungsumwelt, ungeeignetes Stallklima, Beschäftigungs- und Bewegungsmangel, die Besatzdichte, die Lichtverhältnisse und -qualität, die Fütterung; auch eine genetische Komponente ist anzunehmen).

3.2 Bei ersten Anzeichen von Federpicken und Kannibalismus sind unverzüglich Schritte zur Ermittlung der Ursachen und Abhilfemaßnahmen einzuleiten. Für Legehennen siehe Notfallplan in den als Anhang 1 beigefügten "Empfehlungen zur Verhinderung von Federpicken und Kannibalismus bei Jung- und Legehennen" - 1. Auflage 2017.

3.3 Die Unerlässlichkeit des Eingriffs "Schnabelkürzen" ist entsprechend Nummer 4.1.2 der AVV dann gegeben, wenn nach dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und feststehenden praktischen Erfahrungen potenzielle Faktoren für Federpicken und Kannibalismus so weit wie möglich ausgeschlossen werden können, aber dennoch der Gefahr des Auftretens dieser Verhaltensstörung und der damit verbundenen Schmerz-, Leidens- und Schadenszufügung der Tiere untereinander anders nicht begegnet werden kann.

3.4 Der weitmöglichste Ausschluss der bekannten (mit)ursächlichen Faktoren ist anzunehmen, sofern die entsprechende Tierhaltung nach den fachlich anerkannten Anforderungen ausgerichtet ist. Nach derzeitigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und feststehenden praktischen Erfahrungen ist die Unerlässlichkeit des Eingriffs anzunehmen

3.4.1 bei Eintagsküken der Legerichtung sowie Jung- und Legehennen sowie Legehennen-Elterntieren für Tierhalterinnen und Tierhalter, die

Als anerkannt gelten die Lehrgänge der LWK "top Legehenne - Von der Junghenne bis zum Ei". Dieses gilt auch für die bereits durchgeführten Veranstaltungen vom 13.11.2013 bis 12.2.2014 sowie vom 07.05.2014 bis 2.7.2014.

Als anerkannt glt ferner der von der Hochschule Osnabrück, Fachgebiet "Tierhaltung und Produkte, Studienschwerpunkt angewandte Geflügelwisenschaften (StanGE), angebotene Lehrgang "Tierschutzorientierte Legehennenhaltung - Fokus "Verzicht auf Schnabelkürzen"". Dieses gilt auch für die bereits durcchgeführten Veranstaltungen am 6.11.2014, 9.12.2014 udn 18.2.2015 (Veranstaltung 1) sowie

Die in den Empfehlungen (vgl. Anhang 1) genannten Besatzdichten für die Junghennenhaltung haben zunächst empfehlenden Charakter. Es ist die Etablierung von Mindestanforderungen an die Junghennenhaltung in der TierSchNutztV vorgesehen. Bis dahin kann die Besatzdichte so geplant werden, dass 25 kg Lebendgewicht pro cm2 Nutzfläche bis zum Ausstallungstag nicht überschritten werden. Empfohlen wird, die Besatzdichte unter 20 kg Lebendgewicht pro cm2 Nutzfläche zu halten. Dieses entspricht den Mindestanforderungen an die Junghennenaufzucht für die Boden- und Freilandhaltung (Legerichtung) vom Januar 2000 *;

3.4.2 bei Eintagsküken, Junghennen der Mastrichtung sowie von Masthühner-Elterntieren
für Tierhalterinnen und Tierhalter, die die allgemeinen Bestimmungen der TierSchNutztV i. V. m. dem Europäischen Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen (ETÜ), Empfehlung in Bezug auf Haushühner der Art Gallus gallus, angenommen am 28.11.1995 (Bek. vom 07.02.2000, BAnz. Nr. 89a vom 11.05.2000) - im Folgenden: Europaratsempfehlungen zur Hühnerhaltung - sowie die im Bezugserlass zu a genannten Anforderungen einhalten;

3.4.3 bei Putenküken 19 20
für Tierhalterinnen und Tierhalter, die die niedersächsischen , Empfehlungen zur Vermeidung des Auftretens von Federpicken und Kannibalismus bei Puten sowie Notfallmaßnahmen beim Auftreten von Federpicken und Kannibalismus - Stand: 17.10.2018 -" (vgl. Anhang 5) anwenden und die Teilnahme an einer vom ML anerkannten, entsprechenden Schulungsveranstaltung zu den Empfehlungen bis spätestens zum 31.6.2021 nachweisen. Die von der Hochschule Osnabrück in Zusammenarbeit mit der LWK angebotene "Schulung nach RdErl. d. ML v. 14.3.2019 - 204.1-42503/2-604, Nr. 3.4.3 - Verzicht auf Schnabelkürzen" ist anerkannt.

3.5 19 Der Gefahr des Auftretens der Verhaltensstörung Federpicken/Kannibalismus kann nicht sicher begegnet werden, solange im tierhaltenden Bestand Tiere aufgrund von Verletzungen durch Kannibalismus gemerzt oder tot aufgefunden werden. Die von den Tierhalterinnen und Tierhaltern gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 TierSchNutztV gemachten Aufzeichnungen zu Anzahl und Ursache (z.B. in der Stallkarte) werden von der für den Betrieb zuständigen Behörde auf Anforderung der für die Erteilung der Erlaubnis nach § 6 Abs. 3 Satz 1 TierSchG zuständigen Behörde im Rahmen der Prüfung der Unerlässlichkeit ggf. im Wege der Amtshilfe stichprobenartig überprüft.

3.6 19 Sind Tiere dazu bestimmt, als Legehennen in ausgestalteten Käfigen i. S. des Artikels 6 der Richtlinie 1999/74/EG des Rates vom 19.07.1999 zur Festlegung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen (ABl. EG Nr. L 203 S. 53), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2013/64/EU des Rates vom 17.12.2013 (ABl. EU Nr. L 35 3 S. 8), bzw. in "Kleingruppenhaltungen" gehalten zu werden, ist das Schnabelkürzen gemäß Nummer 4.1.2 Abs. 2 Satz 3 der AVV verboten. In diesem Fall ist ein Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Schnabelkürzen abzulehnen.

4. Antragstellung, glaubhafte Darlegung, Antragsunterlagen

4.1 Für die Antragstellung sollte der in der Anhang 2 abgedruckte Vordruck verwendet werden.

4.2 Die glaubhafte Darlegung der Unerlässlichkeit des Eingriffs i. S. des § 6 Abs. 3 Satz 2 TierSchG, d. h. weitgehender Ausschluss der Risikofaktoren, ist von der Tierhalterin oder dem Tierhalter gemäß des in der Anhang 3 abgedruckten Vordrucks darzulegen. Auf Verlangen ist die Einhaltung der Standards einschließlich der Teilnahme an einem vom ML anerkannten Sachkundelehrgang zu den Inhalten der "Empfehlungen zur Verhinderung des Auftretens von Federpicken und Kannibalismus bei Jung- und Legehennen" (vgl. Nummer 3.4.1) bis zum 31.12.2015 gegenüber der örtlich zuständigen Behörde nachzuweisen.

4.3 Ferner ist in der Brüterei ein Verzeichnis über die durchgeführten Eingriffe gemäß Anhang 4 (sog."Stutzregister") zu erstellen (vgl. auch Nummer 7.3).

4.4 Tierhalterinnen oder Tierhalter, die schnabelgekürzte Tiere aus Brütereien beziehen, haben gemäß § 16 Abs. 3 TierSchG auf Verlangen gegenüber der örtlich zuständigen Behörde zu belegen, dass der Eingriff von einer Erlaubnisinhaberin oder einem Erlaubnisinhaber durchgeführt wurde; ein entsprechender Hinweis auf den Begleitpapieren (z.B. Lieferschein) ist ausreichend.

4.5 Die Angaben der Brüterei sowie der Tierhalterinnen und Tierhalter sind vor Ort ggf. im Wege der Amtshilfe im Rahmen des Erlaubnisverfahrens stichprobenartig zu überprüfen. Gegebenenfalls sind ordnungsbehördliche Maßnahmen in Betracht zu ziehen oder die Erlaubnis ist zu versagen.

5. Vorgaben zu Methoden und Zeitpunkt

5.1 Gemäß Nummer 4.1.5 Satz 3 der AVV wird bei Küken und Junghennen, die als Legehennen, Legehennen-Elterntiere oder Masthühner-Elterntiere gehalten werden sollen, sowie bei Puten grundsätzlich nur noch die Infrarot-Methode in der Brüterei zugelassen. Sollen darüber hinaus im Einzelfall andere Methoden oder Durchführungsmodalitäten gemäß Nummer 4.1.5 Satz 3 der AVV zugelassen werden, soll vor der Erlaubniserteilung der beim LAVES ansässige Tierschutzdienst beteiligt werden. Die in Nummer 4.1.5 Satz 2 der AVV genannten Methoden entsprechen dem Wissensstand bei Erlass der AVV im Februar 2000 und nicht mehr dem Stand der heutigen Technik. Sie sollten daher nur noch im Einzelfall eingesetzt werden.

5.2 Unabhängig von der angewandten Methode haben die durchführenden Personen dafür Sorge zu tragen, dass jederzeit einwandfrei funktionierende und gereinigte Geräte eingesetzt werden.

6. Vorgaben zum Umfang des Kürzens

6.1 Nach Artikel 21 Nr. 2 der Europaratsempfehlungen zur Hühnerhaltung darf maximal die Schnabelspitze entfernt werden.

6.2 Nach Artikel 24 Nr. 2 der Europaratsempfehlungen zur Putenhaltung dürfen höchstens ein Drittel des Oberschnabels, gemessen von der Schnabelspitze bis zu den Nasenlöchern, oder, bei gleichzeitiger Kürzung, die Spitzen von Ober- und Unterschnabel entfernt werden.

6.3 Es ist erforderlich, dass im Verlauf der Haltungsperiode der Schnabelschluss bei den Tieren weitgehend wiederhergestellt wird, d. h. der Unterschnabel darf den Oberschnabel nicht oder nur unwesentlich (maximal 3 Millimeter) überragen. Die Zunge darf keinesfalls verletzt werden.

7. Kenntnisse und Fähigkeiten der durchführenden Personen

7.1 Die Brüterei ist dafür verantwortlich, dass nur eingewiesene, sachkundige Personen den Eingriff durchführen und das Gerät ordnungsgemäß eingestellt ist (vgl. auch Antrag, Anhang 2).

7.2 Die Personen, die das Schnabelkürzen durchführen, haben sich regelmäßig - mindestens einmal jährlich - fortzubilden.

7.3 Das "Stutzregister" (vgl. Nummer 4.3 und Anhang 4) muss insbesondere Art, Herkunft, Verbleib und Anzahl der schnabelgekürzten sowie nicht schnabelgekürzten Tiere, Datum und Ort des Eingriffs, durchführende Personen, besondere Vorkommnisse etc. enthalten. Ferner sind Angaben zur verwendeten Einstellung des Gerätes zur Durchführung der Infrarotmethode, des Nova-Tech-Gerätes, (gemäß dem Alter, der Genetik etc. einzusetzende Nova-Tech-Schablone und Bestrahlungsintensität) aufzunehmen.

8. Vorgaben zu Nebenbestimmungen

Unter Berücksichtigung von Nummer 4.1.5 der AVV sollen die erteilten Erlaubnisse nach § 6 Abs. 3 TierSchG zumindest mit nachfolgenden Nebenbestimmungen versehen werden:

8.1 Angaben zur erlaubten Methode gemäß Nummer 5.1

8.2 Befristung auf jeweils höchstens ein Jahr.

8.3 19 Sofern nach Ablauf dieser Frist eine neue Erlaubnis beantragt wird, sind neben den Anforderungen der Nummern 2 bis 8 die nach dem Niedersächsischen Tierschutzplan vorgesehenen Fristen zu berücksichtigen:

im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 5 TierSchG ist zur Schmerzlinderung beim Kürzen der Schnabelspitze bei Puten spätestens ab 1.3.2020 ein nichtsteroidales Antiphlogistikum zu verabreichen.

8.4 Die Einhaltung der in Nummer 7 genannten Anforderungen ist über Auflagen sicherzustellen.

8.5 Ferner sollen die erteilten Erlaubnisse mit einem Vorbehalt des Widerrufs versehen werden.

9. Aufgaben der Behörde

Stellt die zuständige Behörde fest oder erhält sie auf andere Weise Kenntnis (z.B. im Rahmen der Schlachtgeflügeluntersuchung), dass in einem Betrieb wiederholt der Umfang des Kürzens nicht den Vorgaben der Nummer 6 entspricht, nicht sachkundige Personen eingesetzt werden oder die Unerlässlichkeitserklärung nicht eingeholt wurde, ist die Erlaubnis in der Regel zu widerrufen (§ 49 Abs. 2 VwVfG) und die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens zu prüfen.

10. Gebühren

Die Gebühr für die Erlaubniserteilung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 TierSchG richtet sich nach der Nummer V.1.1.4 zum Kostentarif der GOVV.

Amtliche Kontrollen nach Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. EU Nr. L 165 S. 1, Nr. L 191 S. 1; 2007 Nr. L 204 S. 29), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 652/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.05.2014 (ABl. EU Nr. L 189 S. 1), und zusätzliche amtliche Kontrollen nach Artikel 28 dieser Verordnung, die durch eine Auflage oder eine Beanstandung erforderlich werden, fallen unter die Nummer V. 2.6 zum Kostentarif der GOVV.

11. Schlussbestimmungen 20

Dieser RdErl. tritt am 4.6.2015 in Kraft und mit Ablauf des 31.12.2021 außer Kraft.

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*) Diese sind bei Bedarf beim Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Referat 204.1, Calenberger Straße 2, 30169 Hannover, erhältlich.

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Empfehlungen zur Verhinderung von Federpicken und Kannibalismus bei Jung- und Legehennen Anhang 1 17 18

Archiv: 2013

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Übernahme von Junghennen Anlage 1 17

Archiv: 2013

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Merkblatt zur Vermeidung von Hitzestress bei Lege- und Junghennen Anlage 2 17

Archiv: 2013

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Merkblatt - Anforderungen an Kunstlicht in Geflügel haltenden Betrieben Anlage 3 17 18

Archiv: 2013, 2017

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Anlage 17
(zum Merkblatt - Anforderungen an Kunstlicht in Geflügel haltenden Betrieben)

Archiv: 2013

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Beurteilung von Legehennen
("Schneller Hennenscore" und Einzeltierbeurteilung)
Anlage 4 17

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Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Kürzen der Schnabelspitze bei Nutzgeflügel
nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 Tierschutzgesetz
Anhang 2

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(Name und Anschrift der Brüterei)

Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zum Kürzen der Schnabelspitze bei Nutzgeflügel
nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 Tierschutzgesetz

(Zutreffendes bitte ankreuzen)

A. Allgemeine Angaben

Ich beantrage hiermit für die Abgabe schnabelgekürzter Tiere an Tierhalterinnen oder Tierhalter eine Erlaubnis nach § 6 Abs. 3 Nr. 1 Tierschutzgesetz.

B. Darlegung der Unerlässlichkeit

Folgende Tierhalterinnen oder Tierhalter beziehen von mir schnabelgekürzte Tiere (ggf. in gesonderter Liste aufführen):

Name Anschrift

Als Anlage füge ich von den o. g. Tierhalterinnen oder Tierhaltern, die von mir schnabelgekürzte Tiere beziehen, Erklärungen (Formblatt "Glaubhafte Darlegung der Unerlässlichkeit durch den Tierhalter" - Anhang 3 zum RdErl. des ML vom 03.06.2015, Nds. MBl. S. 520) bei.

C. Tierart und Methode

Das Schnabelkürzen soll

[ ] bei Küken, die zur Aufzucht als Legehennen bestimmt sind,

[ ] bei Küken, die zur Aufzucht als Legehennen-Elterntiere bestimmt sind,

[ ] bei Küken, die zur Aufzucht als Masthühner-Elterntiere bestimmt sind,

[ ] bei Puten-Küken

[ ] mittels Infrarot-Technik durchgeführt werden.

[ ] abweichende Methoden (ausführliche Begründung): 

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D. Durchführende Personen

Die Kürzung erfolgt ausschließlich durch die nachstehend benannten Personen (Name, Vorname, Anschrift):

1. _____________________________________________________

2. _____________________________________________________

3. _____________________________________________________

Für die benannten Personen liegen mir Nachweise über die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten für den beabsichtigten Eingriff vor, die auf Verlangen der zuständigen Behörde vorgelegt werden. Die durchführenden Personen wurden in die Bedienung und Einstellung des Geräts eingewiesen. Die verwendeten Geräte werden regelmäßig gepflegt und nur in einwandfreiem Zustand eingesetzt.

Hinweis: Die Durchführung des Schnabelkürzens beim Geflügel ohne Erlaubnis oder ohne Beleg der dafür erforderlichen Voraussetzungen stellt eine Ordnungswidrigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 8 Tierschutzgesetz dar und kann mit einer Geldbuße bis zu 25.000,-- Euro geahndet werden.

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(Ort, Datum)
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(Unterschrift der Antragstellerin/des Antragstellers)

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Glaubhafte Darlegung der Unerlässlichkeit durch die Tierhalterin oder den Tierhalter  Anhang 3 19

Die Unerlässlichkeit des Eingriffs "Schnabelkürzen" ist nur dann gegeben, wenn nach dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und feststehenden praktischen Erfahrungen potenzielle Faktoren für Federpicken und Kannibalismus soweit wie möglich ausgeschlossen werden, dennoch der Gefahr des Auftretens dieser Verhaltensstörung und der damit verbundenen Schmerz-, Leidens- und Schadenszufügung zumindest bei den bepickten Tieren anders nicht begegnet werden kann. Die Tierhalterin oder der Tierhalter ist insofern verpflichtet, ihre oder seine Haltung so auszurichten, dass Risikofaktoren für Federpicken und Kannibalismus soweit wie möglich ausgeschlossen werden. Bei Einhaltung anerkannter Haltungsstandards (vgl. Nummer 3.4 des RdErl. des ML vom 03.06.2015 [Nds. MBl. S. 520]) kann davon ausgegangen werden, dass seitens der Tierhalterin oder des Tierhalters die tierschutzfachlich gebotenen Mindestvoraussetzungen für die Unerlässlichkeit des Eingriffs "Schnabelkürzen" vorliegen. Die Unerlässlichkeit setzt ferner voraus, dass weiterhin Verletzungen auftreten, die auf Federpicken bzw. Kannibalismus zurückzuführen sind. Dieses muss die Tierhalterin oder der Tierhalter entsprechend dokumentieren, das heißt, bei Totfunden oder gemerzten Tieren muss die Verlustursache dokumentiert werden (vgl. § 4 Abs. 2 Satz 1 TierSchNutztV; auch Nummer 1.2.3 des RdErl. des ML vom 04.12.2014 [Nds. MBl. S. 804]) - z.B. in der Stallkarte. Für die rechtlich geforderte glaubhafte Darlegung ist nachstehende Erklärung gegenüber der Brüterei bzw. der die Erlaubnis erteilenden Behörde abzugeben.

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(Name und Anschrift der Tierhalterin oder des Tierhalters)

Ich bestätige, dass ich gegenüber der für meine Tierhaltung örtlich zuständigen Behörde auf Verlangen glaubhaft darlegen kann, dass in meiner Tierhaltung - neben den rechtsverbindlichen (allgemeinen) Anforderungen der TierSchNutztV und den einschlägigen Europaratsempfehlungen * - nachstehende Haltungsstandards eingehalten werden:

*) Empfehlungen des Ständigen Ausschusses des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen.

(Zutreffendes bitte ankreuzen bzw. streichen)

[ ] bei Eintagsküken der Legerichtung sowie Jung- und Legehennen sowie Legehennen-Elterntieren die niedersächsischen "Empfehlungen zur Verhinderung von Federpicken und Kannibalismus zum Verzicht auf Schnabelkürzen bei Jung- und Legehennen" - 1. Auflage 2017 und

[ ] ich am ______________ an einer entsprechenden Schulung teilgenommen habe bzw. bis zum 31.12.2015 an einer entsprechenden Schulung teilnehmen werde. Ein entsprechender Nachweis kann vorgelegt werden/werde ich zu gegebener Zeit vorlegen,

[ ] für Masthühner-Elterntiere die im RdErl. des ML vom 21.01.2015 (Nds. MBl. S. 53) genannten Anforderungen einhalte,

[ ] für Puten die niedersächsischen "Empfehlungen zur Vermeidung des Auftretens von Federpicken und Kannibalismus bei Puten sowie Notfallmaßnahmen beim Auftreten von Federpicken und Kannibalismus" (Stand: 17.10.2018) und

[ ] ich am ______________ an einer entsprechenden Schulung teilgenommen habe bzw. bis zum 31.12 2020 an einer entsprechenden Schulung teilnehmen werde. Ein entsprechender Nachweis kann vorgelegt werden/werde ich zu gegebener Zeit vorlegen.

Ich bestätige, dass trotz Einhaltung der Empfehlungen in meinem Bestand Verletzungen aufgetreten sind, die auf Federpicken bzw. Kannibalismus zurückzuführen sind. Dieses habe ich entsprechend dokumentiert und kann ich der zuständigen Behörde auf Verlangen vorlegen.

Damit sind in meiner Tierhaltung die Voraussetzungen für eine glaubhafte Darlegung der Unerlässlichkeit des Schnabelkürzens bei Geflügel gegeben.

Mir ist bekannt, dass bei Nichteinhaltung der Voraussetzungen ordnungsbehördliche Maßnahmen durch die zuständige Behörde eingeleitet werden können.

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(Ort, Datum)
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(Unterschrift der Tierhalterin oder des Tierhalters)


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Verzeichnis der Brüterei über durchgeführte Eingriffe nach § 6 Abs. 3 TierSchG Anhang 4

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(Name und Anschrift der Brüterei)

Verzeichnis der Brüterei über durchgeführte Eingriffe nach § 6 Abs. 3 TierSchG

Ort Datum Art Herkunft Anzahl gekürzte Tiere Anzahl ungekürzte Tiere Einstellungsmodalitäten1Nova-Tech-Schablone Einstellungsmodalitäten1 Bestrahlungsintensität Besondere Vorkommnisse Sonstiges

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Empfehlungen zur Vermeidung des Auftretens von Federpicken und Kannibalismus bei Puten sowie Notfallmaßnahmen beim Auftreten von Federpicken und Kannibalismus
(Stand: 17.10.2018)
Anhang 5 19

1. Einleitung

Die vorliegenden Empfehlungen zur Vermeidung des Auftretens von Federpicken und Kannibalismus bei Puten wurden von der Fach-AG Puten des Tierschutzplans Niedersachsen erarbeitet und im Rahmen der "Niedersächsischen Nutztierstrategie - Tierschutzplan 4.0" begleitet und weiterentwickelt. Die Empfehlungen orientieren sich an dem aktuellen Stand der Erkenntnisse von Wissenschaft und Praxis und beziehen sich auf die derzeit in der Praxis üblicherweise eingesetzten Genetiken. In Deutschland werden fast ausschließlich schwere Herkünfte verwendet, deren Vermarktung in Form von Teilstücken und Verarbeitungsprodukten erfolgt. Die Mastdauer beträgt in der Regel bei den Hähnen ca. 20 bis 21 Wochen, bei den Hennen ca. 15 bis 16 Wochen. Hierbei werden bei den Hennen ca. 10 bis 11 kg und bei den Hähnen ca. 20 bis 22 kg Körpergewicht erreicht. Bei der Haltung mittelschwerer Linien und innerhalb anderer Vermarktungsformen (beispielsweise im Öko-/Biobereich) sind abweichende Zeiträume und Zielgewichte möglich.

Bei Puten kann dem Beschädigungspicken neben den Verhaltensstörungen Federpicken und Kannibalismus auch das Picken auf den Kopf zugeordnet werden, das als aggressives Verhalten häufig mit einsetzender Geschlechtsreife der Hähne im Zusammenhang mit Auseinandersetzungen beobachtet wird (= aggressives Picken). Die Ursachen für die Entstehung von schwerwiegendem Federpicken und Kannibalismus scheinen dagegen ein multifaktorielles Geschehen aus Umweltfaktoren, Fütterung und Genetik zu sein.

Die Empfehlungen sollen Tierhalterinnen und Tierhaltern Hilfestellung geben, um Federpicken und Kannibalismus bei Puten vorzubeugen bzw. in Problemfällen wirksame Notfallmaßnahmen einleiten zu können. Auch wenn bei einem multifaktoriellen Geschehen wie Kannibalismus kaum alle Einflussfaktoren ausgeschlossen werden können, bieten die vorliegenden Empfehlungen die Möglichkeit, das Risiko für das Auftreten von Beschädigungspicken deutlich zu senken. Jeglicher Stress für die Tiere kann ein Federpick- und/oder Kannibalismusgeschehen in der Herde auslösen. In den nachfolgenden Empfehlungen werden insofern insbesondere die Einflussfaktoren aufgegriffen, auf die Tierhalterinnen und Tierhalter ein besonderes Augenmerk richten sollten, um Stresssituationen bei den Puten zu vermeiden.

Grundlage der Putenhaltung in Niedersachsen sind die am 1.10.2013 veröffentlichten, überarbeiteten "Bundeseinheitlichen Eckwerte für eine freiwillige Vereinbarung zur Haltung von Mastputen" (im Folgenden: Bundeseinheitliche Eckwerte) zur Auslegung des § 2 des Tierschutzgesetzes (vgl. RdErl. des ML vom 04.12.2014 [ Nds. MBl. S. 804]). Sie stellen somit den Mindeststandard der Putenhaltung dar.

Die in den nachfolgenden Empfehlungen darüber hinaus angegebenen Werte und Maße sind als Orientierung zu verstehen.

Sobald weitere Ergebnisse aus wissenschaftlichen Untersuchungen und Erkenntnisse aus der Praxis vorliegen, sollen diese aufgenommen und die Empfehlungen entsprechend ergänzt werden ("living document").

2. Haltungsumwelt und Beschäftigungsmaterial

Die Anreicherung der Haltungsumwelt und das Angebot von geeignetem Beschäftigungsmaterial (im Folgenden: BM) können zu einer Reduktion des Auftretens von Federpicken und Kannibalismus führen; die Tiere können ihre arteigenen Verhaltensweisen (u. a. Picken und Erkunden) ausleben und sind beschäftigt. Das Auftreten von Federpicken und Kannibalismus kann allerdings nach jetzigem Kenntnisstand durch das Angebot von BM allein nicht in jedem Fall verhindert werden.

2.1 Einstreu

Den Tieren muss ständig geeignetes, manipulierbares Einstreumaterial zum Picken, Erkunden und Staubbaden zur Verfügung stehen. Das eingebrachte Einstreumaterial muss trocken, locker und von guter Qualität sein, d. h. staubarm, frei von Schimmelpilzen und Verschmutzungen. Ein überwiegend aus Exkrementen bestehendes Gemisch ist keine adäquate Einstreu. Die Einstreuschicht, mit der die Puten unmittelbar in Berührung kommen, muss bis zum Ausstallungstag locker und trocken sein! Gegebenenfalls ist die Einstreu im Futter- und Tränkebereich (z.B. bei Hobelspänen) durchzuarbeiten bzw. bei ersten Anzeichen von Feuchtigkeit nachzustreuen (z.B. mit Stroh).

Bezüglich geeigneter Einstreumaterialien und Mengen wird auf die "Managementempfehlungen zur Erhaltung der Fußballengesundheit bei Mastputen" (vgl. Anlage 1 der Bundeseinheitlichen Eckwerte des RdErl. vom 04.12.2014 [ Nds. MBl. S. 804]) verwiesen.

2.2 Strukturierungselemente

Durch eine Strukturierung des Stalles wird den Tieren die Möglichkeit gegeben, sich in bestimmte Stallbereiche zurückziehen und dort auch ruhen zu können. Dabei können Strukturelemente als Sichtschutz, zum Aufbaumen und/oder dem Erkundungsverhalten sowie der Beschäftigung der Tiere dienen. Besonders für Tiere, die bereits von Artgenossen bepickt und verfolgt werden, stellt eine strukturierte Haltungsumwelt eine Möglichkeit dar, den attackierenden Tieren auszuweichen. Die Strukturelemente sollten bis zur Ausstallung zur Verfügung stehen. Die nutzbare Stallgrundfläche wird durch den Einsatz der Strukturelemente nicht verringert, wenn sie über- oder unterquert werden können.

Als Strukturierungselemente können beispielsweise eingesetzt werden:

(Quader-)Strohballen:

Strohballen erfüllen mehrere Funktionen; sie werden u. a. zum Aufsitzen genutzt, dienen als Sichtschutz im Stallabteil und werden von den Tieren bepickt. Auch der geschützte Bereich um die Ballen herum wird von den Tieren häufig zum Ruhen aufgesucht. Da es mit zunehmender Nutzungsdauer zu starken Kotauflagerungen auf der Ballenoberfläche kommen kann, empfiehlt es sich, diese Strohballen dann zum Nachstreuen zu verwenden und sie rechtzeitig durch neue zu ersetzen. Die Strohballen sollten nach dem Ausringen der Tiere (ab der zweiten/dritten Lebenswoche [im Folgenden: LW]) angeboten werden. Zusätzlich kann Grit angeboten werden, um einer Magenverstopfung vorzubeugen.

Menge:

Empfohlen wird mindestens ein Strohballen (mit einer Aufsitzfläche von ca. 2 m x 1,25 m = 2,50 m2) ab der zweiten/dritten LW für 2.000 Tiere, ab der sechsten LW für 400 bis 500 Tiere.

Unterschlupfmöglichkeiten:

Unterschlupfmöglichkeiten können beispielsweise durch schräg (ca. 45°-Winkel) an der Stallwand aufgestellte "Bretter" konstruiert werden. Die darunter entstehenden Räume werden besonders von schwächeren Tieren bevorzugt als Rückzugsmöglichkeit genutzt. Die verwendeten Materialien sollten so gestaltet sein, dass sie vom Stallpersonal für die Tierkontrolle oder Reinigungsarbeiten bewegt werden können, aber ein Umkippen oder Verschieben durch die Tiere selbst nicht möglich ist. Die Unterschlupfmöglichkeiten sollten ab der Mastphase angeboten werden. Bei hohen Stalltemperaturen kann es unter bzw. in den Unterschlupfmöglichkeiten allerdings schnell zum Hitzestau kommen, sodass diese Bereiche besonders kontrolliert und ggf. rechtzeitig entfernt werden müssen.

Erhöhte Ebenen:

Erhöhte Ebenen dienen den Tieren zum Aufbaumen; die darunter entstehenden Räume werden ebenfalls von schwächeren Tieren bevorzugt als Rückzugsmöglichkeit genutzt. Die erhöhten Ebenen sollten bereits nach dem Ausringen (ab der zweiten/dritten LW) angeboten werden. Damit sie über die komplette Haltungsperiode von den Tieren genutzt werden können, hat sich der Einsatz von Rampen bewährt. Bei hohen Stalltemperaturen kann es allerdings auch hier - durch Drücken mehrerer Tiere - zum Hitzestau und Tod der betroffenen Puten kommen, sodass diese Bereiche besonders kontrolliert werden müssen.

Durch das Angebot erhöhter Ebenen dürfen die Besatzdichtevorgaben der Bundeseinheitlichen Eckwerte bezogen auf die nutzbare Stallgrundfläche nicht überschritten werden. Bei Ausschöpfung der Besatzdichtevorgaben der Eckwerte stellen erhöhte Ebenen ein zusätzliches Platzangebot dar.

Sitzstangen und A-Reuter:

Sitzstangen und A-Reuter sind bei schweren Mastlinien vorrangig für jüngere, leichtere Tiere geeignet (bis ca. zwölfte LW bei Hennen bzw. achte LW bei Hähnen), da sie im späteren Verlauf der Mast nur noch selten genutzt werden. Daher sind in der Mastphase Strohballen oder erhöhte Ebenen zu bevorzugen.

Außenklimabereich:

Die Einrichtung eines Außenklimabereiches dient ebenfalls der Strukturierung und Anreicherung der Haltungsumwelt. Umwelt- und Klimareize wirken direkt auf die Tiere ein und die Bewegungsaktivität erhöht sich bei verbesserter Lauffähigkeit. Weitere Ausführungen zum Außenklimabereich sind den "Empfehlungen für die Einrichtung und den Betrieb eines Außenklimabereiches in der Putenmast (Stand: 5.2.2013)" zu entnehmen (vgl. Anlage 2 zum RdErl. des ML vom 04.12.2014 [ Nds. MBl. S. 804]).


2.3 Beschäftigungsmaterial

2.3.1 Ständig verfügbares Beschäftigungsmaterial

Zusätzlich zur Einstreu ist den Tieren ständig manipulierbares, veränderbares Material zur Beschäftigung anzubieten. Wichtig ist, dass diese BM für die Tiere dauerhaft von Interesse sind!

Die verwendeten Materialien dürfen zu keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Tiere führen, d. h. es darf nicht zu Verletzungen, Infektionen oder Vergiftungen kommen, wenn die Tiere die angebotenen Materialien aufnehmen oder "bearbeiten". Auch aus Sicht der Lebensmittelhygiene sowie des Futtermittelrechtes müssen die angebotenen BM unbedenklich sein.

Zu beachten ist, dass auf dem Boden angebotene BM, die von den Tieren aufgenommen werden können, besonders schnell verbraucht werden und somit unter Umständen nicht für eine längerfristige Beschäftigung der Tiere geeignet sind. Längeres Interesse der Tiere an einem BM kann bestehen, wenn sich die Puten dieses "erarbeiten" müssen.

Als für Puten dauerhaft interessante BM haben sich beispielsweise bewährt:

Menge:

Empfohlen wird mindestens ein BM ab der zweiten/dritten LW für 2.000 Tiere, ab der sechsten LW für 400 bis 500 Tiere.

Die Menge richtet sich nach der Akzeptanz der Tiere. Grundsätzlich müssen alle Tiere die Möglichkeit haben, das BM zu nutzen.


Die BM müssen ersetzt bzw. nachgefüllt werden, sobald sie verbraucht sind. Besonders neu eingebrachte Materialien sind für die Puten attraktiv und eine vermehrte Nutzung ist zu beobachten. Wenn die Tiere kein Interesse (mehr) am BM zeigen, muss dieses durch ein anderes geeignetes BM ersetzt werden!

2.3.2 Bei Pickgeschehen einzubringendes Beschäftigungsmaterial

Zusätzlich zum ständig verfügbaren BM muss den Tieren bei ersten Anzeichen eines Pickgeschehens unverzüglich weiteres attraktives BM angeboten werden, um die Tiere sofort abzulenken. Dazu können die in Nummer 2.3.1 aufgeführten BM genutzt werden. Darüber hinaus sind in diesen Fällen auch solche BM geeignet, die für die Tiere nur vorübergehend interessant sind, beispielsweise:

Entsprechende Materialien sollten in ausreichender Menge vorgehalten werden oder kurzfristig beschafft werden können.

Aufgrund der bisherigen Datenlage kann für den Einsatz lebender Insektenlarven (z.B. Larven der Schwarzen Soldatenfliege) als BM im Hinblick auf die Minimierung von Federpicken und Kannibalismus noch keine Empfehlung abgegeben werden.

Insgesamt gilt auch für die bei einem akuten Pickgeschehen eingebrachten BM, dass sie zu keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Tiere führen dürfen, d. h. es darf nicht zu Verletzungen, Infektionen oder Vergiftungen kommen, wenn die Tiere die angebotenen Materialien aufnehmen oder "bearbeiten". Auch aus Sicht der Lebensmittelhygiene sowie des Futtermittelrechtes müssen die angebotenen BM unbedenklich sein.

Wichtig ist die intensive Tierbeobachtung! Sobald die Tiere nicht (mehr) durch das BM abgelenkt werden und die Puten sich weiter bzw. erneut bepicken, muss das BM durch anderes geeignetes Material ersetzt oder ein weiteres BM angeboten werden.

Unabhängig vom Einsatz von BM müssen bepickte Tiere unverzüglich separiert und ggf. behandelt werden (vgl. Nummern 6 und 7).

3. Stallklima

Auch ein unzureichendes Stallklima kann mit Stress für die Puten verbunden und somit Auslöser eines Federpick- und/oder Kannibalismusgeschehens sein. Es ist daher im Stall auf eine den Bedürfnissen der Tiere entsprechende Temperatur, relative Luftfeuchte sowie eine möglichst geringe Schadgas- und Staubkonzentration zu achten. Insbesondere sollte ein maximaler Ammoniakgehalt (NH3) in der Stallluft von unter 10 ppm eingehalten werden. Auf keinen Fall dürfen 20 ppm dauerhaft überschritten werden. Für Kohlendioxid (CO2) sollte der Höchstwert von 3.000 ppm nicht überschritten werden. Staubquellen im Stall sind z.B. Einstreu, Futter, Exkremente und Federfragmente. Staub kann u. a. als Überträger von Krankheitserregern (Mikroorganismen und deren Toxine) zu gesundheitlicher Beeinträchtigung der Tiere führen.

Weitere Ausführungen zum Stallklima sind auch den Bundeseinheitlichen Eckwerten (vgl. Anlage 1 des RdErl. des ML vom 04.12.2014 [ Nds. MBl. S. 804]) zu entnehmen.

In den Sommermonaten sind - rechtzeitig vor Beginn einer Hitzeperiode - besondere (Management-)Maßnahmen einzuleiten, um hitzebedingten Stress und Verluste zu vermeiden. Diese sind im "Merkblatt zur Vermeidung von Hitzestress bei Puten" aufgeführt (vgl. Anlage 2 der Bundeseinheitlichen Eckwerte im RdErl. des ML vom 04.12.2014 [ Nds. MBl. S. 804]).

4. Licht/Beleuchtung

Vor dem Hintergrund des natürlichen Lebensraumes verschiedener Geflügel-Arten muss von unterschiedlichen Mindestanforderungen, die bei einer Stallhaltung von Geflügel an Lichtqualität und -intensität gestellt werden, ausgegangen werden. Während Puten ursprünglich in Mischwald und Steppe beheimatet waren, stammen Hühner aus dem Dschungel bzw. Wald.

Der Einfall von natürlichem Tageslicht ist in Putenställen (Neubauten) zu gewährleisten. Die Größe der Lichtöffnungen muss dabei gemäß den Bundeseinheitlichen Eckwerten mindestens 3 % der Stallgrundfläche entsprechen. Gemäß § 4 Abs. 9 TierSchNutztV muss die tägliche Beleuchtungsintensität und Beleuchtungsdauer bei Tieren, die in Ställen untergebracht sind, für die Deckung der ihrer Art entsprechenden Bedürfnisse ausreichen. Bei hierfür unzureichendem natürlichem Lichteinfall ist der Stall entsprechend künstlich zu beleuchten, wobei bei Geflügel das künstliche Licht flackerfrei entsprechend dem tierartspezifischen Wahrnehmungsvermögen gestaltet sein muss. Im Vergleich zum Menschen kann das Vogelauge höhere Flackerfrequenzen wahrnehmen, d. h. bei Kunstlicht muss die Frequenz deutlich über 160 Hertz liegen, damit es vom Nutzgeflügel nicht als Flackern und damit als Stressor wahrgenommen wird, der Federpicken und/oder Kannibalismus auslösen kann (vgl. Merkblatt "Anforderungen an Kunstlicht in Geflügel haltenden Betrieben" Anlage 3 des Anhangs 1 des RdErl. des ML vom 03.06.2015 [ Nds. MBl. S. 520]).

Besonders in der Aufzuchtphase sollten sich die Lichtintensität und die Beleuchtungsdauer individuell am Alter und Verhalten der Puten orientieren. Bei Einstallung von Eintagsküken wird für den Tag der Einstallung eine Beleuchtungsdauer von 22 bis 24 Stunden empfohlen, um den Küken eine erste Orientierung im Stall zu ermöglichen. In Abhängigkeit von der Vitalität der Küken und der Tieraktivität können aber auch bereits mit Beginn der Einstallung mehrere Dunkelphasen genutzt werden. Als Orientierungswert kann die Beleuchtungsdauer täglich um ca. 1 Stunde reduziert werden, sodass bei künstlicher Beleuchtung ab dem siebten Lebenstag eine zusammenhängende Hellphase von 16 Stunden erreicht wird. Die Länge der Dunkelperiode hat sich am natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus zu orientieren und muss, sofern von den natürlichen, jahreszeitlich schwankenden Dunkelphasen abgewichen wird, mindestens 8 Stunden betragen, die nicht durch eine Hellphase unterbrochen werden sollte (Ausnahme extreme Hitzeperioden, siehe "Merkblatt zur Vermeidung von Hitzestress bei Puten") (vgl. Anlage 2 der Anlage 1 des RdErl. des ML vom 04.12.2014 [ Nds. MBl. S. 804]). Die Einrichtung von Dämmerungsphasen wird in Abhängigkeit von der Stallbauweise und den jahreszeitlichen Bedingungen mit einer Dauer von ca. 30 min empfohlen. Ein Notlicht zur Orientierung (0,5 Lux) kann vorgehalten werden, um z.B. Paniksituationen zu vermeiden.

Die Beleuchtungsintensität sollte gemäß den Bundeseinheitlichen Eckwerten (vgl. Anlage 1 des RdErl. des ML vom 04.12.2014 [ Nds. MBl. S. 804]), gemessen in Augenhöhe der Tiere (Sensorausrichtung senkrecht nach oben), im Mittel mindestens 20 Lux betragen (Messung mit Luxmeter nach DIN 5032 der Klasse L, a oder B). Eine insgesamt gleichmäßige Ausleuchtung des Stalles ist allerdings unter Bezug auf das natürliche Habitat der Pute nicht erstrebenswert, da sie a) physikalisch nur schwer erreichbar ist und b) den Tieren die Möglichkeit der freien Wahl zwischen helleren Bereichen und Zonen mit verminderter Lichtintensität genommen wird. Dadurch werden die Voraussetzungen für eine Strukturierung in Aktivitäts- und Ruhezonen geschaffen.

Direkte Sonneneinstrahlung in Form von Lichtflecken oder -streifen sollte möglichst vermieden werden, um das Risiko für das Auftreten von Federpicken/Kannibalismus zu reduzieren. Vorübergehende Abweichungen vom Beleuchtungsprogramm sind in der Eingewöhnungsphase (d. h. der ersten LW) und während des Ausstallvorgangs, bei tierärztlicher Indikation (z.B. Federpicken/Kannibalismus, siehe Notfallplan), Panikgefahr oder extremen Witterungsverhältnissen zulässig. Aus diesem Grund sollten Möglichkeiten für eine zeitlich begrenzte Reduktion der Lichtintensität durch steuerbare Verdunkelungsmöglichkeiten in den Stallungen vorhanden sein.

Nach gegenwärtigem Kenntnisstand ist davon auszugehen, dass Puten in der Lage sind, neben sichtbarem Licht auch ultraviolettes Licht (UV-A-Strahlung) wahrzunehmen. Eine Senkung der Prävalenz von Hackverletzungen kann möglicherweise durch die Erweiterung des Beleuchtungsspektrums in den UV-A-Bereich erzielt werden. Während es wissenschaftliche Hinweise gibt, dass ein Mangel an UV-Licht in der frühen Entwicklung mit dem Auftreten von Beschädigungspicken verbunden ist, konnte dieser Zusammenhang bei erwachsenen Tieren noch nicht geklärt werden. Forschungsarbeiten zur Beleuchtung mit künstlichen Leuchtmitteln (einschließlich LED) und einem tageslichtähnlichen Lichtspektrum (UV-a Bereich) laufen gegenwärtig, sodass noch keine abschließenden Empfehlungen für die Praxis gegeben werden können. In Versuchen mit Putenhähnen (zwei Durchgänge unter experimentellen Bedingungen) zeigte sich aber beispielsweise, dass bei einem tageslichtähnlichen Spektrum und angereicherter Haltungsumwelt niedrigere Prävalenzen von Hackverletzungen auftraten. Neuere Untersuchungen an Mastputen zeigten, dass das Gefieder UV-fluoreszierende bzw. UV-reflektierende Eigenschaften aufweist. Diese stehen in enger Beziehung zum Mauserstadium (d. h. Lebensalter). Zum jetzigen Zeitpunkt kann allerdings noch keine Aussage darüber getroffen werden, ob und ggf. wie dies auch das Verhalten der Tiere beeinflusst.

5. Fütterung

Die Tiergesundheit, das Wohlbefinden und die Leistung werden u. a. durch die Fütterung beeinflusst. Die Darmgesundheit spielt hierbei eine besondere Rolle.

Durchfallgeschehen können zu Imbalanzen bis hin zu Mangelerscheinungen führen, und sich negativ auf die Uniformität und die Mastleistung der Herden auswirken. Gleichzeitig ist ein Durchfallgeschehen als Stressor zu sehen, der möglicherweise zu Federpicken und Kannibalismus führen kann. Folgende Faktoren werden in diesem Zusammenhang diskutiert:

5.1 Rationsgestaltung

In der Putenhaltung hat sich die mehrstufige Phasenfütterung (z.B. Phasen 1 bis 6) durchgesetzt, um so den Bedarf hinsichtlich der Nährstoffe zu decken. Bei den weiblichen Tieren kommen fünf Fütterungsphasen und bei den männlichen sechs oder mehr Phasen zum Einsatz.

Als Basiskomponenten im Putenfutter werden Weizen, Mais und Soja verwendet. Durch den Einsatz von Fetten und Ölen wird der Gehalt an umsetzbarer Energie reguliert. Proteinträger tierischen Ursprungs werden, mit Ausnahme sehr geringer Mengen an Fischmehl oder Hämoglobinmehl, aufgrund des Verbots innerhalb der EU nicht verfüttert. Nicht jede Futterkomponente ist für Puten in unbegrenzter Menge ins Futter einmischbar. Zum einen unterscheidet sich die Verdaulichkeit der Komponenten je nach Abhängigkeit vom Alter der Tiere und zum anderen wird deren Einsatz beispielsweise durch antinutritive Substanzen begrenzt. Somit werden bestimmte Komponenten in ihrer Einmischung limitiert, um insbesondere die Darmgesundheit zu fördern. So wirken beispielsweise ß-Glucane, Pentosane oder Tannine Durchfall fördernd. Um diesem Problem entgegen zu wirken, werden dem Futter sog. NSP-Enzyme (NSP = Nicht Stärke-Polysaccharide) beigemischt.

Die Qualitätsanforderungen an die Öle und Fette sind ebenfalls zu beachten. Insbesondere Küken und junge Puten sind hinsichtlich der Anteile gesättigter Fettsäuren, die sie schlecht verdauen können, und auch bei Ranzigkeit von Fetten besonders empfindlich.

Durch die Standardrezepturen ist Rohfaser zwischen 3 bis 4 % in der Ration enthalten. Diverse Zulagenversuche in der Praxis sowie wissenschaftliche Studien mit Bezug zum Risiko für Federpicken und Kannibalismus, durch Veränderung der Rohfaser-Gehalte in der Ration, führten bislang nicht zu eindeutigen Ergebnissen.

Berücksichtigt werden muss, dass Konzentrationsveränderungen von Aminosäuren, Mengen- und Spurenelementen sowie Vitaminen zu Konkurrenz, Mangel und negativen Wirkungen dieser Stoffe führen können. Ursache kann das Nutzen gleicher Stoffwechselwege sein, was bei inadäquaten Verhältnissen eine Aufnahme in den Körper behindert (z.B. Kalzium und Magnesium).

5.2 Futterstruktur

Die Futterstruktur unterscheidet sich im Angebot zwischen Küken- und Jungputenfütterung. Um eine gute Akzeptanz und Aufnahme des Futters zu erreichen, wird empfohlen, Küken ein Granulat und/oder ein Pellet, mit einer Partikelgröße von 2 mm Durchmesser anzubieten. Bei älteren Tieren (ab Phase 3) wird eine Pelletgröße von 3 mm eingesetzt.

Eine Anreicherung des Futters ab Phase 3 mit unvermahlenem Getreide (z.B. ganzer Weizen, gecrackter Mais) verlängert die Passagezeit des Futterbreis und kann die Darmgesundheit fördern. Zur Unterstützung der Rohfaserverdauung kann Quarzgrit angeboten werden. Der Einsatz von Muschelschalengrit empfiehlt sich hingegen eher als zusätzliche Kalzium-Quelle, da er aufgrund seiner chemischen Struktur relativ schnell seine Reibewirkung im Muskelmagen verliert.

5.3 Futter- und Nährstoffversorgung

Die Futteraufnahme und damit die Nährstoffversorgung der Puten werden maßgeblich durch den Gehalt an umsetzbarer Energie (metabolische Energie; im Folgenden: ME) im Futter beeinflusst. Bei hohen Energiegehalten des Futters kann die Futteraufnahme infolge eines schneller eintretenden Sättigungsgefühls reduziert sein. Im Gegensatz dazu kann bei Angebot eines energiereduzierten Futters ein höherer Futteraufwand verzeichnet werden.

Das Futter muss bedarfsgerecht, je nach Alter und Gewichtsentwicklung, mit Nährstoffen ausgestattet sein. Ziel muss sein, eine optimale Nährstoffaufnahme zu gewährleisten, den Stoffwechsel zu entlasten und die Darmgesundheit zu fördern.

Weitere Einflussfaktoren auf die Futteraufnahme von Puten sind:

Mit zunehmendem Alter steigt der Bedarf an ME im Futter und der Bedarf an Protein sinkt. Daraus leiten sich für Fütterungsempfehlungen steigende Energiewerte (z.B. 11,4 bis 11,6 MJ ME/kg Starterfutter und 13,1 bis 13,3 MJ ME/kg Futter in der Endmast) sowie sinkende Rohproteingehalte im Futter ab (z.B. 27,5 % Starter und 16 % Endmast).

5.4 Wasser

Die Wasseraufnahme steht in engem Zusammenhang mit der Futteraufnahme. Auch sie wird maßgeblich durch das Alter und Gewicht der Tiere, deren Gesundheitszustand, die Umgebungstemperatur, die Luftfeuchtigkeit, die Futterzusammensetzung u. a. beeinflusst.

Allen Puten muss ständig Wasser zur freien Aufnahme zur Verfügung stehen; es sollte qualitativ mindestens den Empfehlungen zur Tränkwasserqualität (siehe Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft 2018) entsprechen. Ein besonders kritischer Zeitabschnitt ist in diesem Zusammenhang die Aufzuchtperiode, weil hier ein erhöhtes hygienisches Risiko für das Tränkwasser infolge hoher Stalltemperaturen und einer vergleichsweise geringen Wasseraufnahme bei längeren Standzeiten des Wassers besteht.

5.5 Protein und Aminosäuren in der Ration

Die Körperzusammensetzung verändert sich während des Wachstumsverlaufs. Im Jugendstadium entwickelt die Pute vermehrt Knochen- und Muskelmasse, im späteren Alter wird vermehrt Fett angesetzt. Diesem Umstand entsprechend nimmt der Proteingehalt in der Ration ab, ebenso verändert sich auch der Aminosäurebedarf mit fortlaufendem Wachstum des Tieres. Sowohl ein Überschuss als auch ein Mangel an Aminosäuren im Futter kann die Verfügbarkeit an Aminosäuren und Protein für das Tier verringern. Die Bedarfsdeckung orientiert sich in erster Linie an den Aminosäuren Lysin, Methionin und Cystin.

Eine nicht bedarfsgerechte Protein-/Aminosäurenversorgung kann zu einem verringerten Muskelfleischbildungsvermögen führen und die Gefiederausbildung beeinträchtigen.

Es wird diskutiert, ob ein Mangel und/oder ein optisch veränderter Zustand des Gefieders (u. a. Struppigkeit oder Federbrüche) zu Verhaltensstörungen, wie z.B. Federpicken, führt.

Bei Proteinüberschuss muss der nicht verwertete Stickstoff über die Nieren ausgeschieden werden. Dies stellt eine zusätzliche Belastung für den Stoffwechsel dar. Zudem erhöht sich die Wasseraufnahme bei steigender Ausscheidung von Eiweißabbauprodukten. Die Folgen können ein steigender Wassergehalt im Kot und feuchte Einstreu sein.

Die Proteinqualität von Rohkomponenten entscheidet mit über die Menge an verdaulichem Protein und verfügbaren Aminosäuren für das Tier. Die Qualität von Rohkomponenten wird auch durch weitere Schritte im Bearbeitungsprozess, wie z.B. Toasten von Sojabohnen, beeinflusst. Ist die Temperatur bei der Hitzebehandlung zu hoch, zerstört das die Eiweiße, bei zu niedrigen Temperaturen behalten antinutritive Substanzen wie z.B. Trypsininhibitoren ihre Wirksamkeit und verringern die Verdaulichkeit von Aminosäuren. Somit sind, trotz bedarfsentsprechender und korrekter Deklaration des Aminosäuren- und Proteingehalts im Futter, Mangel- und Durchfallerscheinungen in der Herde möglich.

5.6 Mineralstoffe und Spurenelemente

Im Skelett sind ca. 99 % des Körper-Kalziums und ca. 85 % des Körper-Phosphors enthalten, d. h. beide Mineralstoffe sind essentiell für die Ausbildung und das Wachstum sowie die Gesundheit der Knochen. Ebenso bedeutend sind sie an den Stoffwechselaktivitäten von Nerven und Muskeln beteiligt. Bei der Rationsgestaltung ist auf die Verfügbarkeit der Mineralstoffverbindungen zu achten, z.B. hat Monokalziumphosphat im Vergleich zu Dikalziumphosphat eine bessere Phosphorverfügbarkeit. Um die Verfügbarkeit des im Getreide gebundenen Phytin-Phosphors für die Pute zu erhöhen, wird dem Futter standardmäßig das Enzym Phytase zugesetzt. Gleichzeitig soll über diesen Weg eine übermäßige Ausscheidung von Phosphor mit den Exkrementen reduziert werden.

Im Zusammenhang mit Verhaltensstörungen spielt die Natriumversorgung eine bedeutende Rolle. Eine Unterversorgung kann zu Nervosität führen, die sich in erhöhter Pickaktivität zeigen kann. Bei Anzeichen von erhöhter Nervosität und Federpicken wird die Zugabe von Salz in Form von Natriumhydrogencarbonat (NaHCO3) oder Natriumchlorid (NaCl; Kochsalz) zum Tränkwasser empfohlen. Diese Substanzen können nur in geringem Maß gespeichert werden, entsprechend schnell erfolgt ihre Ausscheidung über die Nieren. Kot mit höherem Wassergehalt und eine feuchtere Einstreu sind die Folge. Deshalb sollte die Dosierung und Anwendungsdauer in enger Absprache mit der Tierärztin oder dem Tierarzt erfolgen.

5.7 Futtermanagement

Allen Puten muss ein ausreichendes Angebot an Futter- und Tränkeplätzen, entsprechend den Bundeseinheitlichen Eckwerten (vgl. Anlage 1 des RdErl. des ML vom 04.12.2014 [ Nds. MBl. S. 804]) zur Verfügung stehen. Die Versorgungseinrichtungen müssen so beschaffen sein, dass sie nicht zu Verletzungen der Tiere führen und Verschmutzungen sowie Futter- und Wasserverluste vermieden werden. Futter muss den Tieren dauerhaft in ausreichender Qualität und Menge angeboten werden.

Wasser muss allen Tieren ständig zur freien Aufnahme zur Verfügung stehen.

Kernelemente des Futtermanagements sind:

Jede Stresssituation kann zu Durchfall führen und möglicherweise Federpicken und Kannibalismus nach sich ziehen. Das Auftreten von Infektionskrankheiten ist differenzialdiagnostisch durch eine Tierärztin oder einen Tierarzt auszuschließen. Werden die Ursachen in der Fütterung vermutet, sollte die Futtermittel-Beraterin oder der Futtermittel-Berater hinzugezogen werden.

6. Betreuung, Beobachtung und Gesundheit der Tiere

Die Haltung von Puten mit intaktem Schnabel erfordert eine deutlich aufwendigere Tierkontrolle als die Haltung von schnabelgekürzten Tieren! Eine intensive Tierbetreuung und -beobachtung sind dringend erforderlich, damit jede Änderung des Verhaltens und/oder des Erscheinungsbildes umgehend von der Tierbetreuerin oder dem Tierbetreuer erkannt wird und unverzüglich reagiert werden kann. Hierbei wird empfohlen, die gesamte Herde mindestens drei- bis viermal pro Tag - bei einem akuten Kannibalismusgeschehen noch häufiger - in Augenschein zu nehmen, wobei besonders auf erste Anzeichen von Pickverletzungen geachtet werden muss. Häufig betroffene Körperpartien sind Stirnzapfen, Kopf, Rücken, Flügel und der Kloaken-/Bürzelbereich.

Auch auf allgemeine Krankheitsanzeichen ist zu achten. Klinisch erkennbare Veränderungen, aber auch subklinische Erkrankungen der Tiere können ein Kannibalismus-Geschehen nach sich ziehen. In Untersuchungen zeigte sich, dass "Pickopfer" häufig durch Erkrankungen vorgeschädigt waren. Kritische Phasen, in denen häufiger kontrolliert werden sollte, können z.B. auch Zeiten des Gefiederwechsels oder der Futterumstellung, ein Wetterumschwung sowie das Einsetzen der Geschlechtsreife bei den Hähnen sein. Fehlsortierte Hähne in Hennenherden sollten rechtzeitig separiert werden. Beachtet werden muss das unterschiedliche Pickverhalten von Hähnen und Hennen. Während Hähne - vor allem, wenn sie in die Geschlechtsreife kommen - gezielt und eher aggressiv Kopf bzw. Kopfanhänge der Artgenossen bepicken, ist das Beschädigungspicken bei Hennen weniger intensiv ausgeprägt und eher auf Gefieder/Flügel und Kloake/Bürzel gerichtet.

Beim Stalldurchgang sind insbesondere die Bereiche entlang der Außenwände und der Stallecken sowie unter Futter- oder Wassertrögen bzw. unter oder an Strukturelementen sorgfältig zu kontrollieren, weil sich verletzte oder kranke Tiere häufig dorthin zurückziehen.

Puten sind sensible Tiere, die auf Änderungen in der Betreuung (z.B. wechselndes Personal am Wochenende) oder in der Umgebung sofort reagieren. Genaue Absprachen des Betreuungspersonals sind daher dringend erforderlich.

Merke:

Nur bei einem frühzeitigen Erkennen und Eingreifen kann ein Kannibalismusgeschehen in Grenzen gehalten werden!!!

7. Umgang mit kranken und verletzten Tieren

Sobald ein krankes oder verletztes Tier auffällt, muss dieses sofort aus der Gruppe herausgenommen, separiert und erforderlichenfalls behandelt oder ggf. sachkundig getötet werden. Welche Maßnahmen beim Auffinden eines kranken oder verletzten Tieres im Einzelnen zu ergreifen sind, hängt von der Schwere bzw. Ausprägung der Verletzung (gering-, mittel- oder hochgradig) ab. Puten mit gering- oder mittelgradigen Verletzungen (z.B. Pickverletzungen am Stirnzapfen) müssen in ein Separationsabteil verbracht und dort weiter versorgt werden. Als Schutz gegen weiteres Bepicken und zur Unterstützung der Wundheilung wird die Abdeckung frischer Pickverletzungen mit Zinkspray empfohlen. Nur die Tiere, die selbständig Futter und Wasser aufnehmen können und eine positive Heilungsprognose haben, dürfen im Separationsabteil verbleiben. Die Tiere im Separationsabteil sind besonders häufig und gründlich auf ihre weitere Entwicklung hin zu kontrollieren. Die alleinige Absonderung reicht nicht aus! Da sich im Separationsabteil zur gleichen Zeit Tiere mit unterschiedlich stark ausgeprägten Verletzungen und unterschiedlich stark gestörtem Allgemeinbefinden aufhalten können, muss darauf geachtet werden, dass das gegenseitige Bepicken/Beschädigungspicken dort nicht weiter fortgeführt wird. Gegebenenfalls muss das Separationsabteil unterteilt werden.

Das Separationsabteil muss mit trockener, lockerer Einstreu versehen sein und über Tränke- und Futterschalen verfügen, die für alle Puten erreichbar sind, d. h. ggf. müssen diese tiefer aufgehängt sein. Auch im Separationsabteil ist veränderbares BM (vgl. Nummer 2.3) anzubieten. Die Besatzdichte darf hier maximal 45 kg /m2 Nutzfläche betragen. Das Separationsabteil sollte so eingerichtet werden, dass es bei Bedarf schnell erweitert werden kann. Üblicherweise wird es im selben Stall eingerichtet, aber auch die komplette räumliche Trennung (z.B. in einem anderen Gebäude) kann vorteilhaft sein.

Erst wenn die Verletzungen abgeheilt sind, können die Puten zurück in die Gruppe verbracht werden; ggf. müssen auch Tiere separiert bleiben.

Wenn keine positive Heilungsprognose gestellt werden kann - z.B. bei hochgradigen, schweren Verletzungen mit tiefen Wunden der Muskulatur oder Freiliegen von Knochen -, ist das Tier sofort sachkundig zu töten. Erforderlichenfalls ist eine Tierärztin oder ein Tierarzt hinzuzuziehen. Ist die Notwendigkeit einer Tötung gegeben, so darf diese bei Puten durch die Tierhalterin oder den Tierhalter nur dann durchgeführt werden, wenn sie oder er die erforderlichen (theoretischen) Kenntnisse und (praktischen) Fähigkeiten (Sachkunde) besitzt sowie über die notwendige technische Ausrüstung verfügt. Die Kenntnisse müssen insbesondere die spezifischen rechtlichen Vorgaben, die Risiken, die mit den einzelnen Betäubungs- und Tötungsverfahren verbunden sind, das im Einzelfall schonendste Verfahren, geeignete Schutzmaßnahmen zur Schmerz- und Leidensvermeidung, Anzeichen einer Fehlbetäubung und die Überwachung von Lebenszeichen umfassen. Die praktischen Fähigkeiten beinhalten die psychische und physische Eignung sowie das "Geübt-Sein" in der jeweiligen Betäubungs- und Tötungsmethode.

Als geeignete Betäubungsverfahren für Puten sind der Kopfschlag (bis maximal 5 kg Lebendgewicht), der nichtpenetrierende Bolzenschuss sowie die elektrische Hirndurchströmung zulässig. Nach der erfolgreichen Betäubung muss unmittelbar anschließend ein Tötungsverfahren durchgeführt werden. Zulässige Verfahren dafür sind die Entblutung, der Genickbruch (mittels einer Genickbruchzange) sowie die Herzdurchströmung (vgl. Verordnung [EG] Nr. 1099/2009 des Rates vom 24.09.2009 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung [ABl. EU Nr. L 303 S. 1; 2014 Nr. L 326 S. 6], zuletzt geändert durch Durchführungsverordnung [EU] 2018/723 der Kommission vom 16.05.2018 [ABl. EU Nr. L 122 S. 11]) i. V. m. der TierSchlV vom 20.12.2012 (BGBl. I S. 2982).

Im Stall vorgefundene tote Tiere sind umgehend zu entfernen (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 TierSchNutztV), ordnungsgemäß zu lagern und zu entsorgen.

8. Maßnahmen beim Auftreten von Federpicken und Kannibalismus - Notfallplan

Grundsätzlich gilt, dass bei den ersten Anzeichen von (Feder-)Picken und/oder Kannibalismus sofort Gegenmaßnahmen eingeleitet werden müssen, um die Situation zu beruhigen und das Problem zu kontrollieren. Unverzügliches, angemessenes und situationsabhängiges Reagieren ist erforderlich. Die hier aufgeführten Maßnahmen gelten gleichermaßen für die Aufzucht und Mast.

Sofern Probleme in den Herden auftreten, sollte immer auch externe Hilfe (z.B. Beraterin, Berater, Geflügelfachtierärztin, Geflügelfachtierarzt) hinzugezogen werden, um die Ursachen zu klären.

Die parallel einzuleitenden Sofortmaßnahmen umfassen das unverzügliche Herausnehmen verletzter Tiere aus der Gruppe, das Einbringen von zusätzlichem BM und die Intensivierung der Tierbeobachtung:

Sobald ein BM an Attraktivität verliert und die Puten nicht mehr interessiert sind, muss es durch ein anderes, geeignetes Material ersetzt werden (Abwechslung ist wichtig!). Hierzu ist eine ausreichende Menge an geeignetem Material vorzuhalten.

Weiterhin können nachfolgende Maßnahmen hilfreich sein, die immer in Absprache mit der betreuenden Tierärztin oder dem betreuenden Tierarzt anzuwenden sind:

Achtung: bei Offen- oder Klappenställen muss auch mit Verdunkelung noch eine ausreichende Stalllüftung gewährleistet sein!

Eine zeitweise Einschränkung der Lichtintensität oder die vorübergehende wesentliche Einschränkung des Einfalles des natürlichen Lichtes ist nur mit tierärztlicher Indikation zulässig. Ist ein Bestandsbesuch durch die Tierärztin oder den Tierarzt nicht sofort möglich, hat die Tierhalterin oder der Tierhalter diese oder diesen zeitnah über die eingeleitete Maßnahme in Kenntnis zu setzen. Die Zeiten der Lichtreduktion sind auf einem gesonderten Bogen zu protokollieren und von der Tierärztin oder dem Tierarzt sobald wie möglich gegenzuzeichnen. Auf Verlangen ist das abgezeichnete Protokoll der zuständigen Behörde vorzulegen.

Erfahrungsgemäß sollte ab dem dritten Tag nach Lichtreduktion eine stufenweise Steigerung der Lichtintensität (über mehrere Tage) versucht werden (vgl. Nummer 4). Bei Puten ist es grundsätzlich möglich, innerhalb des laufenden Durchgangs auf die ursprüngliche Lichtintensität zurück zu gehen. Dabei ist eine intensive Tierbeobachtung entscheidend! Bei erneutem Auftreten von (Feder-)Picken und/oder Kannibalismus kann die Lichtintensität erneut reduziert werden.

Im Hinblick auf mögliche Auslöser eines akuten Pick- und/oder Kannibalismusgeschehens müssen folgende Bereiche überprüft und - falls erforderlich - unverzüglich nachgesteuert werden:

9. Verwendete bzw. weiterführende Literatur

BMEL (2018): Hygienische Qualität von Tränkwasser. Orientierungsrahmen zur Futtermittelrechtlichen Beurteilung.

https://www.bmel.de/DE/Tier/Tierernaehrung/_texte/Orientierungsrahmen-Traenkwasser.html (Zugriff am 21.4.2018)

BMEL-Homepage zum Modell- und Demonstrationsvorhaben Tierschutz: https://www.mudtierschutz.de/demonstrationsbetriebe/netzwerk-11putenhaltung/

Dalton, H. A. (2017): The relationships between the performance of injurious pecking and behavioural and physical traits in domestic turkeys. Dissertation, Universität Guelph.

ML-Homepage zum Tierschutzplan Niedersachsen/Nutztierstrategie: http://www.ml.niedersachsen.de/themen/tiergesundheit_tierschutz/tierschutz/tierschutzplan_ niedersachsen/

Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) i. d. F. vom 22.08.2006 (BGBl. I S. 2043), zuletzt geändert durch Artikel 3 Abs. 2 des Gesetzes vom 30.06.2017 (BGBl. I S. 2147)

Verband Deutscher Putenerzeuger (2013): Bundeseinheitliche Eckwerte für eine freiwillige Vereinbarung zur Haltung von Mastputen

ENDE

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